MünchnerUni Magazin - absolut preisWürdig Wissenschaftliche auszeichnungen - LMU München
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nr. 3 • 2018 MünchnerUni Magazin zeitschrift der ludwig-maximilians-universität münchen Wissenschaftliche Auszeichnungen Absolut preiswürdig
Ein Stipendium – Deutschlandstipendium an der LMU München viele Gesichter Daniel Meierhofer, Zahnmedizin Ich engagiere mich für Minderheiten wie Straßenkinder oder Flüchtlinge. Am meisten Freude bereitet mir aber der Einsatz als Spre- cher für queere Studierende an der LMU. Ich Polina Larina, weiß aus eigener Erfahrung, welche Probleme Interkulturelle Kommunikation ein Outing mit sich bringen kann. Nach dem Tod meines Vaters lernte ich viel, um es von Usbekistan in die große, weite Welt zu schaffen. In München kann ich meinen Gideon Arnold, Traum jetzt verwirklichen: lernen und lehren. Jura Wenn ich für immer an der Uni bleiben dürfte, Nach meiner Ausbildung zum Wirtschaftsme- würde ich das sofort tun. diator habe ich neben meinem Studium einen Verein gegründet. Darin engagieren sich jetzt Juristen aus ganz Deutschland, um mittellosen Caroline Schambeck, Menschen durch Mediation bei der außerge- Geowissenschaft richtlichen Streitschlichtung zu helfen. Neben dem Studium Geld zu verdienen ist wegen meiner Mukoviszidose-Erkrankung unmöglich. Durch das Deutschlandstipendi- um habe ich bald trotzdem meinen Master in der Tasche. Das ist ein kleiner Sieg im Kampf gegen die unheilbare Krankheit. Sybille Veit, Medizin Sinksar Ghebremedhin, Ein Baby während des Studiums bekommen? Medieninformatik Das hat bei mir funktioniert – dank des Meine Eltern mussten selbst vor dem Krieg Deutschlandstipendiums. Jetzt helfe ich als fliehen. Daher unterstütze ich mit meinem Fachschaftsgruppenleiterin anderen Stu- Verein »Students4Refugees« Flüchtlinge dabei, dierenden mit Kind beim Organisieren des ein Studium beginnen oder fortsetzen zu Studienalltags. können – vier haben bereits ihren Abschluss geschafft. Ich möchte ein Stipendium stiften www.lmu.de/deutschlandstipendium Verantwortung übernehmen, Vielfalt fördern: Unterstützen jetzt auch Sie besonders engagierte und talentierte Studierende mit 150 Euro im Monat. Zum Dank verdoppelt der Bund Ihre steuerlich absetzbare Spende.
Editorial 1 1 Das Center for Advanced Studies in der MUM • NR. 3 • 2018 Schwabinger Seestraße EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, in jeder Ausgabe der MUM berichten wir in der Rubrik Preise und Ehrungen über wissenschaftliche Auszeichnungen, geben Informationen zum Preis, zu den Ausge- zeichneten oder zur Höhe der Dotation. Dabei bleiben einige Fragen unbeantwortet: Wie war es für die Wissenschaftler, als sie von der Auszeichnung erfahren haben? Hat es etwas in ihrem Leben verändert und wenn ja, was? Wie verwenden die Preisträge- rinnen und -träger das Geld? Diese Fragen versuchen wir in der Titelgeschichte zu beantworten. Dabei muss die Geschichte zwangsläufig sehr lückenhaft bleiben, weil es so unzählig viele Preise und Auszeichnungen in der wissenschaftlichen Welt gibt. Dass Forscherinnen und Forscher sich aber durchaus nicht nur dem preiswürdigen wissenschaftlichen Wettkampf um die besten Plätze stellen, zeigte das legendäre Dra- chenbootrennen im Juli auf dem Olympiasee, bei dem weniger geistige Power als vielmehr Muskelkraft die entscheidende Rolle spielte. Apropos See: Am Karlsfelder See wurde diesen Sommer der „Global Peace Path“ eröffnet: Studierende der Anglistik für Lehramt haben zusammen mit geflüchteten Menschen Gedichte über den Frieden verfasst. Diese wurden auf Schildern entlang des Sees in Karlsfeld aufgestellt. Der Weltfriedens-Pfad soll auch in anderen Ländern der Erde weitergeführt werden und für eine bessere Welt werben. Für ein besseres Europa setzt sich Politikstudent Thomas Zschocke ein. Und auch für eine größere Wahlbeteiligung bei der anstehenden Landtagswahl in Bayern. Zu diesem Zweck hat der 28-Jährige die Fragen für die App „WahlSwiper“ entwickelt – den Wahl-O-Mat fürs Smartphone. Damit kann vor der Landtagswahl jeder seine Parteienpräferenz prüfen. Viel Freude beim Lesen! Ihre MUM-Redaktion
MUM • NR. 3 • 2018 6 ■ news 3 meldungen ■ titel Wissenschaftliche Auszeichnungen 6 Absolut preiswürdig ■ essay 10 Rede zum LMU-Stiftungsfest Die Vielfalt der Forschung Wissenschaftliche Auszeichnungen Inhalt Absolut preiswürdig ■ profile LMU VS. TUM 14 Kräftemessen beim Drachenbootrennen 2 Fakultätsangebote MUM • NR. 3 • 2018 für Schülerinnen und Schüler 16 studieren probieren Global Peace Path 18 Gedichte für den Frieden 14 Neue App zur Landtagswahl 20 Mit Wischen zum Kreuz Serie: LMU macht Schule – Ein LMU-Projekt gibt Schulen neue Impulse 22 Alien in der Deutsch-Stunde CAS-Direktor Christof Rapp LMU VS. TUM 24 Bilanz: Kräftemessen beim „Ein intellektuell belebter Ort“ Drachenbootrennen Law & Literature 18 28 Den Menschen hinter den Paragraphen sehen LMU forscht über Münchener Stadtverwaltung 30 „Keineswegs bloSSe Befehlsempfänger“ ■ Alumni Global Peace Path Gedichte für den Frieden Axel Drecoll ist neuer Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten 32 32 „Weit mehr als nur ein Beruf“ ■ menschen 34 neuberufen 37 preise & ehrungen 40 Verstorben Alumni Axel Drecoll „Weit mehr als nur ein Beruf“ ■ service
NEWS news 3 MUM • NR. 3 • 2018 1 Professor Stephen Toope, Vice-Chancellor der University of Cambridge, und LMU-Präsident Professor Bernd Huber mit dem Memorandum of Under- standing für eine strategische Partnerschaft Die LMU und die University of Cambridge planen strate- gische Partnerschaft Die University of Cambridge und die LMU haben im Juni eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet: Die beiden Universitäten wollen ihre Zusammen- arbeit in Lehre und Forschung, die bereits in zahlreichen Fachbereichen – von den Geistes- und Sozialwissenschaften über die Naturwissenschaften bis hin zur Medizin – besteht, stärken und künftig weiter ausbauen. Unter der Leitung von Professor Bernd Huber, Präsident der LMU, und seinem Kollegen Professor Stephen Toope, Vice-Chancellor der University of Cam- bridge, zweier Universitäten, die gemeinsam mit fast 150 Nobelpreisträgern aufwarten können, kamen in den letzten beiden Tagen führende Wissenschaftle- rinnen und Wissenschaftler aus Cambridge und München sowie Führungskräfte aus den jeweiligen Universitätsverwaltungen zu Gesprächen zusammen. Als Ergebnis der Konsultationen haben beide Universitäten nun ein Memoran- dum of Understanding unterzeichnet. Ziel ist es, ein gemeinsames Programm zu entwickeln, das für beide Universitäten gleichermaßen von strategischer Bedeutung ist. Das Programm soll bis zum Jahresende ausformuliert werden und voraussichtlich im Frühjahr 2019 starten. Die strategische Partnerschaft soll gemeinsame Forschungsaktivitäten, den Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Postdocs und Dok- toranden sowie Studierenden auf Bachelor- und Masterebene, aber auch ge- meinsame Initiativen in der Lehre und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses umfassen. Die Partnerschaft ist fächerübergreifend angelegt und soll das breite Spektrum aller Wissensgebiete abdecken: von den Geistes- und Kulturwissenschaften über Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bis hin zur Medizin und den Naturwissenschaften. Die Partnerschaft soll sich über die erste fünfjährige Förderphase hinaus weiterentwickeln. ■ kb
NEWS Eröffnung des Zentralen Hörsaalgebäudes in OberschleiSSheim Hörsäle für Studierende der Tiermedizin müssen mehr können anspruchsvollen Ausbildung leisten die Wissenschaftlerinnen und als normale Seminarräume – denn in die Vorlesungen kommen Wissenschaftler der Fakultät Spitzenforschung und ihre Kliniken neben Pferde- und Rinderpatienten auch mal Krokodile oder sorgen für eine umfassende Betreuung der tierischen Patienten. Vögel. Genau dafür ist der neue Hörsaal in Oberschleißheim ausgelegt, der im Juli 2018 eröffnet wurde. Er wurde nach den Die alten Gebäude entsprechen oft längst nicht mehr den heutigen modernsten Aspekten für Lehr- und Vortragsveranstaltungen, Standards, hinzu kommt der Platzmangel im Innenstadtbereich – etwa nach audiovisuellen Gesichtspunkten, errichtet und bietet ein Grund für die Entstehung des Campus Oberschleißheim, der Platz für rund 300 Studierende. 1992 mit dem Umzug zunächst der Klinik für Vögel begründet wur- Gleichzeitig markiert der Hörsaalneubau einen wichtigen de. Vorher befand sich hier bereits das Lehr- und Versuchsgut der Meilenstein im Rahmen des innerhalb der nächsten fünf Jah- Fakultät. Die Kliniken für Schweine beziehungsweise Wiederkäuer, re stattfindenden Umzuges der Tierärztlichen Fakultät vom die Lehrstühle für Lebensmittelwissenschaften und Tierernährung Campus Innenstadt am Englischen Garten auf den Campus sowie eine Erweiterung der Klinik für Vögel, um auch Reptilien, Oberschleißheim. Amphibien und Zierfische betreuen zu können, folgten. ■ cdr Rund 1.500 angehende Tierärztinnen und Tierärzte studieren News an der LMU, etwa ebenso viele bewerben sich jährlich neu für die begehrten Studienplätze – Tendenz steigend. Neben der Das neue Hörsaalgebäude auf dem Campus Oberschleißheim 4 5 MUM • NR. 3 • 2018 Institut für Chemische Epigenetik wird gebaut Die LMU erweitert ihren HighTechCampus in Großhadern/Martinsried um ein zentrales Element. Bis zum Jahr 2020 entsteht dort ein Neubau für das Institut für Chemische Epi- genetik, kurz ICE-M, in dem Forscher wichtige Mechanismen genetischer Steuerung un- tersuchen. Architektonisch wird der Neubau seinem Nachbarn sehr ähneln, die Formensprache aber setzt eigene Akzente – so wie die Forschung in dem Gebäude ihre ganz eigene inhaltliche Fokussierung haben wird. In dem Neubau werden vor allem Forschergruppen arbeiten, die mithilfe chemischer Methoden wichtige Fragen genetischer Steuerung untersuchen. Dabei wird die Entwicklung und Herstellung neuer Substanzen mit großem Anwendungspotenzial im Vordergrund stehen. Die Analyse des sogenannten epigenetischen Codes und seiner chemischen Sprache, so sagt Thomas Carell, Professor für Organische Chemie und Beauftragter für den Neubau, sei ein Forschungsfeld mit großem Innovationspotenzial für die Chemie und die an die Chemie angrenzenden Lebenswissenschaften. Der Standort Großhadern/Martinsried gilt als eine der weltweit ersten Adressen für Natur- wissenschaften – eine nahezu einmalige Ballung renommierter Wissenschaftseinrichtun- gen. Dieses Umfeld bietet eine herausragende Infrastruktur und damit beste Vorausset- zungen für hochkarätige interdisziplinäre Forschung.
NEWS news So wird das ICE-M-Gebäude Rund 34 Millionen Euro zuzüglich der Erstausstattung wird der Bau des neuen Instituts für Chemische 5 1 aussehen Epigenetik kosten. Der Freistaat Bayern übernimmt gut 20 Millionen Euro der Gesamtprojektkosten in Höhe von 39,6 Millionen Euro, der Bund beteiligt sich mit 19,4 Millionen Euro. Im Jahr 2020 soll MUM • NR. 3 • 2018 das Gebäude bezugsfertig sein. Das neue vierstöckige Gebäude wird über eine Hauptnutzfläche von über 3.580 Quadratmetern ver- fügen. Es entsteht am nordwestlichen Ende des LMU-Campus Großhadern – neben seinem baulichen „Bruder“, dem BioSysM, das bereits 2016 eröffnet wurde, an der Ecke von Würmtal- und Butenandt- straße. Das ICE-M-Gebäude wird ebenfalls durch abgerundete Ecken charakterisiert sein. Die Fassade wird durch eine horizontal umlaufende Fensterbänderung gegliedert. ■ math LexCom Informationssysteme – wir sind weltweit der führende Spezialist für Informations-, Kommunikations- und Vertriebssyste- me für die After-Sales-Organisationen unserer renommierten Kunden, insbesondere aus dem Maschinenbau- und Automoti- ve-Umfeld. Wir entwickeln, betreiben und betreuen unsere Systeme und begeistern damit Hersteller, Importeure, Händler und freie Werkstätten gleichermaßen mit Lösungskompetenz und Umsetzungsstärke. An unserem Hauptsitz in München sowie an zahlreichen weiteren Standorten rund um den Globus arbeiten insgesamt rund 300 kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Erfolg unseres Unternehmens. Werden auch Sie Teil unseres starken Teams und bereichern Sie uns am Standort München mit Ihrer Erfahrung und Ihrem Know-how als Java-/Web-Entwickler im After Sales der Automobilbranche Ihre Aufgaben Unser Angebot • Mit agilen Methoden entwickeln Sie neue und spannende Funktionen für unser Multi- Freiraum – Bei uns finden Sie ein interessantes Aufgabenfeld, das Sie eigenverantwort- marken-Portal www.partslink24.com und helfen, diesen erfolgreichen Webauftritt fit für lich bearbeiten und nach Ihren Ideen und Vorstellungen gestalten können. weiter steigende Benutzerzahlen und moderne Browsertechnologien zu machen Atmosphäre – Es erwartet Sie ein moderner Arbeitsplatz in einem offenen, multimedia- • Sie schreiben Unit-Tests, die dazu beitragen, unseren hohen Qualitätsstandard zu len Umfeld in ebenso ruhiger wie zentraler Lage sowie eine kollegiale Zusammenarbeit in sichern einem motivierten und sympathischen Team. • Im Team und in enger Zusammenarbeit mit unserem Produkt-management erarbeiten Sicherheit – Wir bieten Ihnen einen abwechslungsreichen Job in einem erfolgreichen Sie die besten Lösungen für die anstehenden Herausforderungen und international agierendem IT-Unternehmen mit einem mittelständischen Geschäfts- • Da wir unsere Webanwendungen inhouse konzipieren und entwickeln und im eigenen konzept, das auf Kontinuität und Stabilität ausgerichtet ist. Rechenzentrum betreiben, sind Sie in alle Phasen unseres Softwareentwicklungs- prozesses involviert Perspektive – Neben einer intensiven und umfassenden Einarbeitung in unsere Produk- te und Systeme profitieren Sie bei uns von regelmäßigen Schulungen und Trainings für Ihr Profil Ihre fachliche und persönliche Weiterentwicklung. • Sie haben Ihr Informatik-/Software-Engineering-Studium erfolgreich abgeschlossen Bereit Ihrer Zukunft eine spannende Perspektive zu bieten? Wir auch! • Sie haben bereits professionelle Erfahrung in den folgenden Bereichen und/oder Gehen Sie Ihren nächsten Karriereschritt mit uns! Senden Sie uns dafür bitte Ihre voll- bringen die Bereitschaft und das Interesse mit, sich intensiv in folgende Themen ständigen Bewerbungsunterlagen, inklusive Gehaltsvorstellung per E-Mail an: einzuarbeiten: personal@lexcom.de. • Webanwendungsentwicklung mit JEE-Technologien wie Java-Servlets, JSPs und Action basierten Web-frameworks • Moderne Webtechnologien (HTML5, CSS3) und JavaScript-Frameworks • Sie besitzen sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse Wir freuen uns auf einen kommunikativen Teamplayer, der uns mit sehr guten analytischen Fähigkeiten sowie einem lösungsorientierten Arbeitsstil begeistert. Wenn Sie außerdem eine große Portion Eigeninitiative mitbringen und in Ihrer Arbeit hohes Qualitätsbewusstsein an den Tag legen, ist dieser spannende Job genau das Richtige für Sie! LEXCOM INFORMATIONSSYSTEME GMBH Frau Ariane Haß • Rüdesheimer Straße 23 • 80686 München www.lexcom.de
thema Wissenschaftliche Auszeichnungen 6 Absolut preiswürdig MUM • NR. 3 • 2018 Wofür eine Forscherin oder ein Forscher eine der unzähligen wissenschaftlichen Auszeichnungen bekommt – da- rüber berichtet die MUM in jeder Ausgabe. Was es aber bedeutet, derart bedacht zu werden, wofür die Preisgelder verwendet werden oder wie sich das Standing ändert, das blieb ungesagt – bis jetzt. Als Theodor W. Hänsch im Jahr 2005 den Nobelpreis für Physik erhielt, gab das dem ohnehin nicht gerade betulichen Universitätsalltag noch einmal einen ganz besonderen Push: Ohne große Vor bereitungszeit wurden Pressekonferenzen ausgerichtet, nationale und internationale Anfragen kamen zuhauf, Gratulanten gaben sich die Klinke in die Hand. Solche Verleihungen sind nicht planbar, das musste auch der Geehrte selbst einräumen: „Dass ich auf der Liste stehen könnte, damit habe ich gerechnet. Aber es gibt viele Listen und ihre Vorhersagekraft ist im Allgemeinen gering. Ich habe mir aber doch ein kleines Fünkchen Hoffnung erlaubt“, erklärte Professor Hänsch kurz nach dem Anruf aus Stockholm. Er wurde damals für die Erfindung des Frequenzkammes, eines hochgenauen Messgeräts zur Frequenzmessung, ausgezeichnet. Der Preis bot Hänsch die Möglichkeit, seine Forschung in München auch über das Erreichen der formalen Pensionsgrenze von 65 Jahren hinaus fortführen zu können: Unterstützt mit Mitteln der Carl Friedrich von Siemens Stiftung und der LMU blieb er. Die Max-Planck-Förderstiftung ermöglichte die Weiterführung seiner Forschungsarbeiten am MPI für Quantenoptik. Ansonsten wäre er in die USA gegangen, wo Altersgrenzen weniger strikt verlaufen. Die Wahrscheinlichkeit, mit dem Nobelpreis ausgezeichnet zu werden, ist tatsächlich eher gering. Aber Träger ganz gleich welcher wissenschaftlicher Auszeichnungen sind für die Institutionen, an denen sie tätig sind, immer ein wichtiges Aushängeschild. Das kann auch der Biochemiker Professor Karl-Peter Hopfner vom Genzentrum der LMU bestätigen. „Man bekommt tatsächlich auch innerhalb der Universität ein ganz anderes Standing“, sagt er, der im Jahr 2017 für seine Arbeiten zur DNA- Reparatur den Gottfried Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhielt 1 Professor Theodor W. Hänsch – die Nummer 1 der deutschen Wissenschaftspreise, der sogar höher dotiert ist als der Nobelpreis: Zwei 5 Professor Karl-Peter Hopfner Millionen Euro stehen Hopfner für sieben Jahre zur Verfügung, um seine Forschung voranzutreiben. Aber im Gegensatz zum Nobelpreis muss das Preisgeld für die Forschung ausgegeben werden. „Ich finanziere damit vor allem Doktoranden- und Postdoc-Stellen oder investiere in neue Forschungstech- nologien.“ Größter Vorteil des Preises sei für ihn, dass er mehr Zeit für die Forschung habe. Und er sieht noch ein Plus: Der Preis habe in seinem nicht-wissenschaftlichen Verwandten- und Bekanntenkreis einen enormen Eindruck gemacht: „Sie wussten ja nicht wirklich, was ich konkret mache – im Gegensatz etwa zu meinem Bruder, der als Kinderarzt tätig ist. Aber der Leibniz-Preis ist neben dem Nobelpreis die einzige Auszeichnung, die in Deutschland außerhalb der Wissenschaftscommunity bekannt ist und entsprechend gewürdigt wird. Das hat mir tatsächlich ein wenig Autorität verschafft.“ Hopfner wird jetzt schon mal im Heimatort zum Vortrag über seine Forschung eingeladen. Und dass diese herausragend ist, dokumentiert nicht nur dieser Preis. Viele Auszeichnungen fürs Genzentrum Die DFG stellt zuverlässig sicher, dass ihn wirklich nur die Besten erhalten. „Die Vorschläge – etwa 130 bis 150 pro Jahr – kommen unter anderem von den deutschen Universitäten, den Mitgliedern der DFG, der Helmholtz-Gemeinschaft sowie den Sprechern der DFG-Fachkollegien und den bisherigen Leibniz-
7 Dr. h.c. Prinzessin Therese von Bayern 3 Dr. Lucas Jae 5 Professor Veit Hornung Preisträgern. „Sie werden zunächst von einem interdiszi- waren. Es war aber sicherlich nicht plinär besetzten Auswahlausschuss gesichtet und begut- nur Glück – ich hatte mich auch sehr achtet“, erläutert Annette Lessenich, bei der DFG zuständig gut auf die Präsentation vorbereitet“. thema unter anderem für den Leibniz-Preis. Anschließend werden Höchst zufrieden verließ er Brüssel, um die begutachteten Vorschläge dem Hauptausschuss vorgelegt, über Amsterdam nach Hause zu fliegen. Der der schließlich über die Auszeichnung der zehn Kandidatinnen und Schock war groß, als die Piloten schon kurze Kandidaten entscheidet. Zeit nach dem Start eine Notlandung ankündigen Und selbst wenn man nicht zum Zuge kommt – Vorschläge kön- mussten. Grund: ein Triebwerkschaden. „Die Besatzung hat das nen auch mehrfach eingereicht werden. Hopfner selbst wurde auch nicht so kommuniziert, dass man sich beruhigt zurücklehnen konn- 7 schon einmal vorgeschlagen. „Man erkennt das zum Beispiel daran, te. Deswegen fürchtete ich schon, dieser erfolgreiche Tag erlebe dass auf einmal der Lebenslauf angefordert wird. 2017 hatte ich ein ganz jähes Ende.“ Aber alles wurde gut, die Maschine landete aber überhaupt nicht damit gerechnet“, beteuert er. „Aber als ich sicher, der Grant wurde gewährt und schon im November kümmerte im Dezember einen Telefonanruf der DFG erhielt, ahnte ich etwas.“ sich die Fakultät für Kulturwissenschaften um die Einsetzung einer Hopfner hat viele Glückwünsche aus dem In- und Ausland erhal- Berufungskommission, die im Februar eine Entschei- ten und weit über 100 Mails aufgehoben. Derzeit würden die For- dung traf: Stockhammer wurde Professor an der scher des Genzentrums ohnehin mit vielen Preisen bedacht, stellt LMU – ein absoluter Höhepunkt seiner wis- er fest. Das bestätige die gute Arbeit, die hier geleistet werde. Zu senschaftlichen Karriere. „Die Archäologie den 2018 Geehrten gehören Professor Veit Hornung – ebenfalls mit in München ist großartig aufgestellt, ich dem Leibniz-Preis – Dr. Lucas Jae, der den auch von der DFG ver- habe hier Arbeitsbedingungen, wie ich gebenen Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Nachwuchsforscher erhal- sie mir besser nicht vorstellen kann. ten hat, oder Professor Julian Stingele, der mit dem Alfried Krupp- Vor allem, da ich kein prähistorischer Förderpreis ausgezeichnet wurde. „Ich wüsste auf Anhieb mehrere Archäologe im klassischen Sinn bin, Leute, die auch den Leibniz-Preis verdient hätten“, sagt Hopfner. sondern vielmehr eine ‚Brückenstelle‘ Aber neben wissenschaftlicher Exzellenz gehört halt auch immer zwischen den Fächern einnehme.“ ein wenig Glück dazu. Die Mittel von 1,5 Millionen Euro aus dem ERC-Grant verwendet der Vater von In Brüssel spitze zwei Kindern vor allem für Stellen. Er hat Glück hatte auch der prähistorische Archäologe Professor Philipp zwei Doktoranden und drei Postdocs Stockhammer. Eine dänische Kollegin wies ihn bei einem Weih- eingestellt, darunter Chemiker, die 1 Professor Philipp Stockhammer nachtsessen auf das Format des Starting Grants des Europäischen die Analysen etwa von in Zahnstein Forschungsrats (ERC) hin und ermunterte ihn, sich zu bewerben. eingeschlossenen Lebensmittelresten durchführen. Für diese Ana- Just einen Tag später stieß er wie zufällig auf eine Ausschreibung lysen wird ebenfalls ein großer Teil der Mittel ausgegeben. der LMU, die eine Professur mit einem Starting Grant verband. Er Durch die Berufung Stockhammers wechselte auch seine Frau über ging auf die Fakultät für Kulturwissenschaften zu, deren Zustim- den Dual Career Service auf eine Mittelbaustelle an der LMU. Gegen- mung er brauchte, um dort Professor zu werden: Ja, man würde wärtig vertritt die habilitierte Anglistin Dr. Christina Sanchez-Stock- ihn unterstützen, wenn er den Starting Grant erhalte. Stockhammer hammer den Lehrstuhl für Moderne Englische Sprachwissenschaft reichte seinen Antrag ein, wurde im Sommer 2015 nach Brüssel zum an der LMU, während Professor Hans-Jörg Schmid im Rahmen des Vortrag beim ERC eingeladen und war eigentlich davon ausgegan- „Opus Magnum“-Programms der VolkswagenStiftung sein sprach- gen, einem weitgehend fachfremden Gremium seinen Forschungs- wissenschaftliches Werk Entrenchment and conventionalization. ansatz zu erläutern. „Umso erstaunter war ich, als nicht weniger als How usage, mind and society shape linguistic structure, variation and fünf prähistorische Archäologen vertreten waren“, erinnert change verfasst. Das ist Zweck der Auszeichnung: „Wir finanzie- sich der Wissenschaftler, der sich unter anderem mit ren für maximal 18 Monate eine Vertretungsprofessur. So Ernährungsgewohnheiten im östlichen Mittelmeer- kann der Autor oder die Autorin sich dem Schreiben raum in vorgeschichtlicher Zeit befasst und hier- widmen – frei von Lehre und Administration“, erklärt zu auch auf Analysemethoden der Chemie und Vera Szöllösi-Brenig von der VolkswagenStiftung. Genetik zurückgreift. Auf diese Art werden gleich zwei Forscher geför- Es folgte jedoch „die beste Diskussion, die dert – Sanchez-Stockhammer kann ihre wissen- ich je erlebt habe. Es gab viele kritische Fra- schaftliche Laufbahn weiter verfolgen und Hans- gen, aber ich habe sofort gemerkt, dass die Jörg Schmid hat Zeit zum Schreiben. Mitglieder des Gremiums mir wohlgesonnen 7 Professor Julian Stingele
Preise der LMU Die LMU hält zahlreiche Auszeichnungen bereit, um Studieren- de und vor allem Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissen- schaftler zu ermuntern, vom frühesten Zeitpunkt an ihr Bestes in Forschung und Lehre zu geben. So wurden seit ihrer Einführung im Rahmen des Programms Lehre@LMU im Jahr 2012 93 LMU-For- scherpreise ausgelobt – eine Auszeichnung, die exzellente Studierende mit jeweils 1.000 Euro für ihre Forschungsprojekte belohnt. Ebenso wurden 16 Lehrinnovationspreise an Lehrende vergeben, die besonders innovative didak- tische Konzepte ausarbeiten und realisieren, Dotation: 10.000 Euro. Und auch die Münchener Universitätsgesellschaft vergibt auf dem jährlichen Stif- tungsfest der LMU Promotions- und Habilitationsförderpreise an herausragende Nachwuchswissenschaftler. ■ http://kurzelinks.de/x3lf www.lmu.de/studium/lehre_at_lmu/preise_neu/index.html ■ https://erc.europa.eu/funding/starting-grants ■ http://kurzelinks.de/suev thema Für Geisteswissenschaftler ist Zeit das höchste Gut Schmid hatte sich im Rahmen des Opus Magnum nur für ein Jahr beworben, „weil der Zeit durchführen lassen. „Es ist ja im Vorfeld 8 ich schon sehr gut vorgearbeitet hatte“. Und er wird rechtzeitig fertig werden, auch immer ein bisschen schwierig, abzuschätzen, ob wenn es mitunter ganz schön herausfordernd sei. Aber er ist froh über die Möglichkeit, und wie es läuft. Entsprechend spannend waren so zu arbeiten. „Geisteswissenschaftler brauchen Zeit, Zeit zum Nachdenken und die ersten beiden Jahre“, sagt sie, die zeitgleich zu Zeit zum Schreiben, die der Unialltag selten bietet. Deswegen ist Opus Magnum für ihrem Research Fellowship auch noch ein Marie uns das optimale Format. Vor allem für ein größeres Buchprojekt, das auch Neuland Curie-Fellowship der EU erhielt. erschließen soll, ist diese Zeit wichtiger als Mittel für Mitarbeiter.“ Natürlich freue Research Fellows sind wie alle anderen Trägerin- er sich darauf ab Oktober, wenn die Förderung ausläuft, auch wieder zu lehren. Jetzt nen und Träger von Nachwuchspreisen – wie ERC genießt er aber die Freiheit und die Intensität seiner Arbeit. Starting Grants, Emmy Noether Nachwuchsgrup- pe oder Freigeist-Fellowships – für die Dauer der Im Vergleich zu den Auszeichnungen in den Naturwissenschaften und der Medizin sind Förderung Mitglieder des Young Center am Center solche Formate in den Geisteswissenschaften weniger hoch dotiert, ob- for Advanced Studies (CAS) der LMU. In dieser wohl hier genauso exzellente Forschungsarbeit geleistet wird. Prei- Rolle können sie über das CAS etwa Wissenschaft- se wie zum Beispiel der Nobelpreis oder der mit drei Millionen ler einladen, um gemeinsamen Forschungsprojek- Euro sensationell hoch dotierte Breakthrough Prize bleiben ten nachzugehen; sie können Konferenzen veran- für die Geisteswissenschaften verschlossen. Vielleicht liegt stalten oder auch Beratung etwa zu den nächsten es daran, dass Geisteswissenschaftler weniger anwen- Schritten ihrer wissenschaftlichen Karriere erhal- dungsorientiert forschen oder der wirtschaftliche Impact ten. „Ich habe wirklich wichtige Tipps bekommen, nicht unbedingt gleich auf der Hand liegt. Oder daran, die mir weiterhelfen“, lobt Marianne Bauer. „So dass ihre Forschungsinfrastruktur keine so hohen Kosten etwas hatte ich bisher noch nicht.“ Vor allem die verursacht, wie etwa Labore oder Geräte für Naturwissen- Möglichkeit, an Konferenzen teilzunehmen, findet schaftler. Dennoch offerieren Stiftungen spezielle Formate sie gut, würde man doch dabei „unglaublich viel für sie – eben solche wie das Opus Magnum-Programm. lernen, wenn man sich auf Vorträge für verschie- „Wir haben im vergangenen Jahr 51 Prozent unserer För- dene Interessensgruppen vorbereiten muss“. Für dermittel für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften Bauer bergen die Fellowships – sowohl das der ausgegeben“, sagt Vera Szöllösi-Bredig von der Volkswa- LMU als auch des Marie Curie-Programms – ei- 1 Dr. Marianne Bauer genStiftung. Auch Annette Lessenich von der DFG betont, ne gewisse Ambivalenz: Zum einen gebe es die dass der Leibniz-Preis in der ganzen fachlichen Breite Freude über die Anerkennung und den Reputa- vergeben wird – von den Natur- über die Lebens- und Ingenieurwissenschaften bis hin tionsgewinn. Zum anderen entstünde aber auch zu den Geisteswissenschaften. „Es gibt keine Quoten bei uns“, sagt sie ein gewisser Druck, „weil man ja auch alles gut machen will und dafür nur begrenzt Zeit hat“. Für Auszeichnungen der Alma Mater sie ist alles gut gelaufen, im Oktober läuft ihr Re- Aber es sind nicht nur Preise von externen Stiftungen und Institutionen, die über alle search Fellowship aus. Dann geht sie als Postdoc Stufen der wissenschaftlichen Karriere ehren und motivieren. nach Princeton. Aber sie kann sich vorstellen, da- Im Zuge der Exzellenzinitiative hat die LMU passgenaue Programme für heraus- nach an die LMU zurückzukommen. „Mir gefällt ragende Nachwuchsforscher initiiert, zum Beispiel die Research Fellowships, die vor allem, dass es eine Volluniversität ist, die auch fächerübergreifend vergeben werden und mit deren Hilfe Dr. Marianne Bauer am geisteswissenschaftliche Fächer hat.“ Sich mit den Lehrstuhl für Statistische Physik und Biophysik von Professor Erwin Frey forscht. Die Research Fellows aus diesem Bereich zu unter- gebürtige Münchnerin, die nach dem Abitur in Pfaffenhofen zunächst an der Univer- halten, findet sie bereichernd, allein schon wegen sity of St. Andrews in Schottland Physik studierte und anschließend an der University der Erkenntnis, dass „auch in ganz anderen Fä- of Cambridge promoviert wurde, hatte während ihrer Zeit in England schon von den chern hervorragende Forschung betrieben wird“. Fellowships gehört und sich beworben. „Das ging sehr reibungslos und schnell“, Forschung, die in Zukunft vielleicht mit dem ein sagte sie. Sie definierte Forschungsthemen, die sie in der Zeit der vierjährigen För- oder anderen hochkarätigen Wissenschaftspreis derungen anzugehen gedachte, wobei sie hoffte, dass sich die Projekte tatsächlich in ausgezeichnet wird. ■ cg
Prinzessin Therese von Bayern-Stiftung „Private Bürgerinitiative ist gefragt“ Dr. Hadumod Bußmann, ehemalige Frauenbeauftragte der LMU, initiierte im Jahr 1997 die „Prinzessin Therese von Bayern-Stiftung zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft“. Unter anderem zeichnet die Stiftung durch die regelmäßige Vergabe der „Prinzessin Therese von Bayern-Preise“ promovierte Wissenschaftlerinnen aller Fakul- täten aus, wobei die Auswahl sich sowohl auf herausragende Leistungen in Forschung und Lehre gründet als auch auf eine erfolgreiche Bewältigung des Spagats zwischen akademischer Karriere und familiären Verpflichtungen. thema MUM: Frau Dr. Bußmann, was war der Anlass für die Gründung stiftungen von Kolleginnen und ehemaligen Studierenden erbrach- der Stiftung? ten, sicherten damals das mühevolle Überleben der Stiftungsidee. Dr. Hadumod Bußmann: Als ich 1992 Universitätsfrauenbeauftrag- te wurde, gab es in Bayern lediglich drei Prozent Professorinnen. MUM: Sie deuteten an, dass jetzt wieder einmal die bisherigen Deswegen entschied die Landeskonferenz der Frauenbeauftragten, Stiftungsmittel aufgebraucht sind. Wie geht es weiter? beim Staat ein Habilitationsförderprogramm speziell für Frauen zu Bußmann: Die Mittel waren tatsächlich nach der jüngsten Preisver- 9 beantragen, was auch erfolgreich war. Dabei sollten die Mittel zu leihung im Februar dieses Jahres so gut wie aufgebraucht. Aber die MUM • NR. 3 • 2018 gleichen Teilen aus dem Bundes- und dem Landeshaushalt kommen. schon erwähnte bisher wichtigste Stifterin aus den Anfangsjahren In Bayern führte das zur Ankündigung eines gender-unspezifischen war unter den Gästen der Veranstaltung und derart begeistert von Stipendiums, das zudem den Namen des damaligen Wissenschafts- der Feier, dass sie sich spontan entschloss, uns mit weiteren Mitteln ministers tragen sollte, in dem von Frauen keine Rede war. Das zu unterstützen. Damit sind die Preisverleihungen für die kommen- hat mich damals maßlos empört, und ich beschloss, dass – wo der den zehn Jahre gesichert. Dafür bin ich sehr dankbar und zugleich Staat so versagt – private Bürgerinitiative gefragt ist. Das führte zur sehr erleichtert und froh, dass sich die jetzige langjährige Universi- Gründung der Stiftung. tätsfrauenbeauftragte, Dr. Margit Weber, als neue Vorsitzende des Kuratoriums so intensiv und nachhaltig für die Frauenförderung an MUM: Woher hatten Sie die Mittel für Ihre Initiative? der LMU engagiert. Sie hat bereits die nächste, neunte!, Ausschrei- Bußmann: Spontane Zuwendungen von Kolleginnen und Kollegen bung der Preise in die Wege geleitet, deren Verleihung im nächsten sowie ehemaligen Studierenden, eigene Ersparnisse... Vor allem Jahr, diesmal in den Naturwissenschaften, stattfinden wird. aber solidarisierte sich eine Freundin und Studienkollegin mit der Idee, die in der Lage war, in großzügiger Weise Mittel für die ers- MUM: Hat der Therese von Bayern-Preis innerhalb der Fakultä- ten Preisverleihungen zur Verfügung zu stellen – wofür wir ihr alle ten eine gewisse Strahlkraft gewonnen? unendlich dankbar waren: Ohne ihre spontane Unterstützung wäre Bußmann: Ja, ganz gewiss. Die Dekane der Fakultäten sowie ihre die Initiative bereits in ihren Anfängen gescheitert. Professorinnen und Professoren haben den Ehrgeiz, möglichst viele Forscherinnen für eine Bewerbung zu motivieren. Abhängig von der MUM: Wie kamen Sie auf Prinzessin Therese als Namensgeberin Größe der Fakultät variiert natürlich die Zahl der Bewerbungen und der Stiftung? Preise: Seit 1997 haben insgesamt acht Ausschreibungen in den Bußmann: Wir hatten im Jahr 1993 eine Ausstellung für die Hal- verschiedenen Fakultäten stattgefunden, bei denen wir insgesamt le Nord an der LMU erarbeitet unter dem Titel „Stieftöchter der 41 Preise in unterschiedlicher Höhe, je nach Finanzlage der Stiftung, Alma mater? 90 Jahre Frauenstudium in Bayern“. Die letzte von vergeben konnten. insgesamt siebzig reich bebilderten Tafeln stellte eine gewisse, bis dahin weitgehend unbekannte Prinzessin Therese von Bayern vor, MUM: Sie sprachen die Situation von Frauen in der Wissenschaft die erste Ehrendoktorin der Philosophischen Fakultät der LMU und Anfang der 90er-Jahre zu ihrer Zeit als Frauenbeauftragte der – bis heute noch immer – das einzige weibliche Ehrenmitglied der LMU an. Hat sich seitdem etwas verändert? Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Ihre ungewöhnliche Bußmann: Grundsätzlich ja, wenngleich längst noch nicht genug. Lebensgeschichte aus einer Zeit, in der die Tore der bayerischen Die Chancen von Frauen auf eine wissenschaftliche Karriere sind Universitäten für Frauen noch fest verschlossen waren, vor allem deutlich gestiegen, und auch die Zahl der Professorinnen ist in den aber ihre erstaunlichen – im Selbststudium erarbeiteten – natur- vergangenen Jahren auf 20 Prozent angewachsen – wobei dieser wissenschaftlichen Forschungen haben uns sehr beeindruckt. Ein Befund fachabhängig sehr unterschiedlich ist. Auch die Männer besseres Vorbild ließ sich in Bayern nicht finden. haben eine andere Einstellung zur Frage der Gleichberechtigung gewonnen. Die Bereitschaft, die Betreuung der Familie zu teilen, MUM: Woher haben Sie damals weitere Unterstützung bei der ist gewachsen. Errichtung der Stiftung erhalten? Dennoch geht das Umdenken noch immer viel zu langsam, und noch Vonseiten der Universität selbst tatsächlich wenig – abgesehen von immer sind die Vorbehalte gegenüber Frauen in leitenden Positi- vorbildlicher verwaltungstechnischer Fürsorge bei der Verwaltung onen – nicht nur in der Wissenschaft – zu mächtig. Nicht zuletzt der Stiftung bis zum heutigen Tag. Doch sowohl Herzog Franz von aber erweist sich für junge Wissenschaftlerinnen nach wie vor die Bayern – ein Urgroßneffe der Prinzessin – als auch eine großzügige Vereinbarkeit von Hochschulkarriere und Familie als wohl schwie- Zuwendung vonseiten der Haberland-Stiftung sowie die Wirkung rigste Hürde für einen gleichberechtigten akademischen Aufstieg. verschiedener privater Spendenaufrufe, die spontane finanzielle Zu- ■ Interview: cg
ES Sa y Rede zum LMU-Stiftungsfest Die Vielfalt der Forschung essay Um meine Gedanken darüber, was ich in meinem Leben als Wissenschaftler über Forschung gelernt habe, zu teilen, möchte ich einige einfache Fragen stellen, die das Thema „Die Vielfalt der Forschung” illustrieren. 10 Die Fragen lauten: • Ist Forscher oder Forscherin ein Beruf? M U M • N R. 3 • 2 0 1 8 • Was ist ein gutes Forschungsproblem? • Wie kann man ein bedeutendes Resultat erkennen? • Was bringt die Rolle, der Meister zu sein? • Wo liegt Europa im Wettbewerb um Forscherinnen und Forscher? Aber zuvor möchte ich die Diversität der Forschung unterstreichen. Ich bin ein Mathematiker, das heißt, ein besonderer Forscher. Man muss immer im Kopf haben, und ich in erster Linie, dass Forschung auf so viele verschiedene Weisen betrieben wird. Das hat mit der nötigen kritischen Masse und langfristigen Investitionen zu tun, große Projekte zum Schluss zu bringen, um kompetente Teams zu bilden. Gute Beispiele dafür sind die Virgo- und Ligo- Experimente, die zum ersten Mal Gravitationswellen identifiziert haben, und natürlich auch das CERN mit seiner Reihe von erfolgreichen Detektorentwicklungen. Ein anderes gutes Beispiel dafür war auch die Entzifferung des menschlichen Genoms in den 1990er- Jahren. Man kann auch die Transmission von umfangreichen kulturellen Kenntnissen, die über Genera- tionen gesammelt worden sind, erwähnen. Ohne solche Ressourcen wäre die Arbeit der Historiker und 1 Der Mathematiker Professor Jean- Historikerinnen nur Rhetorik. Pierre Bourguignon ist seit 2014 Diese verschiedenen Umgebungen führen zu ganz unterschiedlichen Rollen für Wissenschaftlerinnen Präsident des European Research und Wissenschaftler und zu ganz vielfältigen Methoden für die Entwicklung und die Leitung von Pro- Council (ERC). Zuvor war er Direk- jekten. tor des Institut des Hautes Études Scientifiques (IHÉS). Bourguignon Ist Forscher oder Forscherin ein Beruf? forscht am Centre national de la Für mich ist die Antwort ganz klar: es ist in der Tat ein Beruf, aber ein sehr besonderer Beruf, der ers- recherche scientifique (CNRS). Er tens mit Unterricht eine sehr enge Beziehung hat. Das ist der Grund, warum so viele Forscherinnen und lehrte zudem an der École polytech- Forscher als Universitätsmitarbeiter ihre Karriere entwickeln. Obwohl ich fast mein ganzes Leben als nique. Beamter am CNRS tätig war, konnte ich, und in der Tat war es für meine Arbeit wichtig, auch Vorlesungen an der École polytechnique halten. Es sind Karriereperspektiven erforderlich, um eine motivierende Umwelt für Forschung zu schaffen. Ich möchte hier die Wechselwirkung der Perspektiven, die jungen Forscherinnen und Forschern vorgeschla- gen werden, mit der Qualität der Forschung unterstreichen: Wenn vor der nächsten Bewerbung genug Zeit zur Verfügung steht, können die Forscher ehrgeiziger sein. Ich persönlich hatte das Glück, sehr jung eine Stelle am CNRS zu bekommen. Es erlaubte mir langfris- tig, schwierige Probleme zu betrachten. Deshalb ist es so wichtig, regelmäßig Stellen auszuschreiben. Ihre Abwesenheit führt zur Zerstörung von Kompetenzen, die oft sehr lange brauchen, um aufgebaut zu werden. Unsichere Arbeitsverhältnisse können einen sehr negativen Einfluss haben, sodass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich gegen eine Karriere in der Forschung entscheiden.
Was ist ein gutes Forschungsproblem? Diese Frage ist natürlich im Kopf von vielen Leuten, von Doktorvä- besondere Fähigkeit der Bakterien identifiziert haben, veröffentlicht. tern und Doktormüttern bis zu Doktoranden. Als ein vernünftiger Es war nur eine Bemerkung. Es wurde später weiter studiert, nur Hinweis erscheint, ein gutes Gleichgewicht zwischen technischen weil die Chemie des Prozesses so besonders ist. Dann lernten 2010 Entwicklungen, unvermeidbar in experimentellen Gebieten, und der Jennifer Doudna und Emmanuel Charpentier die Macht dieser Gen- Einführung von echt neuen Begriffen zum Ziel zu haben. Aber in der technologie generisch zu benutzen. Eine Revolution in der Gentech- Tat gibt es keine Regel, da jeder Bereich von Forschung seinen Teil nologie war die Folge! von Überraschungen mit sich bringt. Um noch zu unterstreichen, wie schwierig es ist, den richtigen Wert Der französische Mathematiker René eines neuen Resultats abzuschätzen, zitiere ich ein Dokument der Thom sagte: „Quand on sait où l’on va, Preußischen Akademie der Wissenschaft, das am 12. Juni 1913 von on va rarement très loin“ („Wenn man bedeutenden Wissenschaftlern unterzeichnet wurde. Es beginnt mit weiß, wohin man geht, geht man selten der Entscheidung, Albert Einstein zu einem ordentlichen Mitglied sehr weit“). Das ist eine gute Antwort der Akademie zu machen. Dann geht der Text weiter: „Dass er in auf diejenigen, die glauben, dass die Lö- seinen Spekulationen gelegentlich auch einmal über das Ziel hin- sung für eine effiziente Forschung ist, ausgeschossen haben mag, wie z.B. in seiner Hypothese der Licht- Forscherinnen und Forscher zu sagen, quanten, wird man ihm nicht allzuschwer anrechnen dürfen; denn was sie finden sollen. Sicher ist das der ohne einmal Risiko zu wagen, lässt sich auch in der exaktesten Na- falsche Weg! turwissenschaft keine wirkliche Neuerung einführen.“ Und wer sind die Akademiemitglieder, die diese Sätze geschrieben haben: Max essay Ein anderes Zitat von René Thom gibt Planck, Walther Nernst, Heinrich Rubens, Emil Warburg, und das vielleicht ein etwas positiveres Bild: acht Jahre, nachdem Albert Einstein seine Arbeit über den photo- „Pour atteindre les limites du possible, il faut rêver l‘impossible“ elektrischen Effekt veröffentlicht hatte, vielleicht die bedeutendste („Um die Grenzen des Möglichen zu erreichen, muss man das Un- Arbeit seines „Annus mirabilis“. mögliche träumen.“). Es zeigt, dass eine Forschungsstrategie immer 11 einen Teil von Traum enthalten soll, und dieser Teil kann auch un- Für einen Forscher oder eine Forscherin ist es schwierig, aber so M U M • N R. 3 • 2 0 1 8 terwegs kommen. grundsätzlich, seine oder ihre eigene Arbeit abzuschätzen. Oft hat man das Gefühl, man hätte eine richtig neue Idee eingebracht, die In meinem Fach wird immer verlangt, dass Studierende in ihrer Dok- ein Problem lösen sollte. In solchen Lagen können Kollegen und Kol- torarbeit ihre eigene Sicht wenigstens in einem Teil der Dissertation leginnen, die man in Seminaren regelmäßig oder nur von Zeit zu Zeit entwickeln. Und es gibt in der Tat viele Fälle – ich habe einige erlebt trifft, eine kritische Rolle spielen, gleich, ob sie positive oder negative –, wo Studenten zuvor mit ihren eigenen Ideen kommen und diese Bemerkungen äußern. Es zeigt, wie wichtig es für Forschende ist, fast allein zu einer erfolgreichen Vollständigkeit bringen. solche Netze aufzubauen und zu pflegen. Kollegialität zu organisie- ren, gehört zu den Prioritäten der Forschungsinstitutionen. Es ist be- Wie kann man ein bedeutendes Resultat erkennen? sonders wichtig, dass junge Kollegen und Kolleginnen miteinander Diese Frage birgt das Problem der Evaluierung: erstens die Selbste- sprechen und dazu ermutigt werden. valuierung und natürlich auch die Evaluierung durch andere Kolle- gen und Kolleginnen, die eine so kritische Rolle im Leben der For- Was bringt die Rolle, der LehrMeister zu sein? schenden spielt. Es gibt so viele Beispiele von Resultaten, die zur Zeit In der Wissenschaft gibt es Leute, die die Landschaft verändern und ihrer Veröffentlichung nicht richtig eingeschätzt wurden. bei denen man sagen kann, dass nach ihrer Arbeit ein Gebiet anders als vorher aussieht. Vielleicht kann ich ganz kurz die Änderung der Ich beginne mit einem Beispiel in meinem Fach. Im Jahr 1904 führte Entwicklung der Biologie nach der Entdeckung der Doppelhelix- der italienische Mathematiker Gregorio Ricci-Curbastro einen neuen Struktur der DNA durch Francis Crick und James Watson erwähnen. geometrischen Begriff ein, die sogenannte „Ricci-Krümmung“. Es war eine Vereinfachung des vom deutschen Mathematiker Bernhard In meiner Karriere hatte ich das Glück, von mehreren solchen emi- Riemann 1854 eingeführten Krümmungstensors. Die Definition ist nenten Kollegen Ratschläge zu bekommen. Ich möchte hier zwei explizit, aber heute scheint es so, dass die Bedeutung des Begriffes erwähnen. Beide sind leider nicht mehr bei uns. Der erste ist der in der Definition verborgen ist. Im Jahre 1915 formulierte Albert Ein- chinesisch-amerikanische Mathematiker Professor Chern Shiing stein, in Zusammenarbeit mit dem deutschen Mathematiker David Shen, der mich sehr früh in meiner Karriere zu einem privaten Mit- Hilbert, die Gleichungen, die im Herzen seiner Theorie der allgemei- tagessen in Berkeley einlud. In dieser Zeit war ich mir nicht ganz nen Relativitätstheorie liegen. Dort spielt die Ricci-Krümmung eine sicher über den Wert meiner Arbeit, aber zu sehen, dass er wissen kritische Rolle. Interessiert das nur Akademiker? Sicher nicht, weil wollte, was ich im Kopf hatte, war für mich eine große psychologische das heute von jedem Benutzer des Global Positioning Systems (GPS) Hilfe. Später bemerkte ich, dass er ziemlich oft junge Mathematiker gebraucht wird, da Korrekturen aus dieser Theorie unvermeidbar zum Mittagessen einlud! sind, um die benutzte Präzision zu liefern. So sind wir alle von der Ricci-Krümmung abhängig! Der zweite ist der deutsche Mathematiker Friedrich Hirzebruch, der eine außerordentliche Rolle in der Neuentwicklung der Mathematik Ich hätte auch die Entwicklung der Quantentheorie um 1900 als Bei- in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg und den katastrophalen spiel geben können. Von einer esoterischen Theorie, die damals nur Nazizeiten spielte. In einer Zeit, in der ich voll in der Wissenschaft Theoretiker interessieren konnte, ist heute die Quantenmechanik ein engagiert war, hat er mir gezeigt, wie es möglich ist, noch als Wissen- zentraler Bestandteil geworden, um viele sehr praktische Produkte schaftler aktiv zu sein und zur selben Zeit zeitfressende Aktivitäten herzustellen oder Prozesse im Rahmen der Nanotechnologien und für die Gemeinschaft zu leiten. Es kam aufgrund seiner Einladung der Quanteninformation zu entwickeln. Wer konnte sich eine solche dazu, dass ich Präsident der Europäischen Mathematischen Gesell- Evolution vorstellen? schaft 1995 wurde, der Anfang meines offensichtlichen Interesses an europäischen Fragen. Heute bin ich Präsident des Europäischen Ein anderes sehr interessantes Beispiel wird von der CRISPR/Cas9- Forschungsrates (ERC). Ohne sein Beispiel und seine Inspiration wä- Technologie geliefert. In den 1980-Jahren wurden Arbeiten, die diese re es sicher nicht passiert.
essay 12 Von beiden habe ich auch gelernt, wie wichtig es ist, nicht zu verber- werden, ist diese bedeutende Position nicht mehr lange gesichert. M U M • N R. 3 • 2 0 1 8 gen, dass Forschung Spaß macht. Im Fall von Friedrich Hirzebruch Mehr Investitionen sind sicher nötig, wie es von der deutschen Re- nannte sein Biograph, Winfried Scharlau, das Buch, das seine Bei- gierung in den letzten Jahren gemacht wurde. Aber es genügt nicht, träge erzählt, Das Glück, Mathematiker zu sein. Im Fall von Chern denn es sollte mehr Raum für Initiativen insbesondere von jungen Shiing Shen besagt eine Kalligraphie von ihm „Mathematik macht Forscherinnen und Forscher, wie bei dem ERC, geben. Unter den Spaß!“ Beide sind in meinem Büro in Brüssel. Forschenden vieler Länder wird heute die Frage der Beziehungen zwischen reiner und angewandter Forschung viel besser verstanden. Der Punkt hier ist, wie einflussreich die Qualität der Beziehungen Im Rahmen des ERCs wurde das Programm „Proof-of-concept“ sehr zwischen Studierenden und gestandenen Forschern ist. Meine Emp- erfolgreich: Es unterstützt die Initiative von ERC-Grantees, um die fehlung an die Lehrmeister lautet: ihnen genug Zeit zu widmen, im- ersten Schritte in Richtung Anwendungen während ihres Projekts zu mer offen zu sein und seine eigenen Lösungen nicht zu früh aufzu- gehen. Die Qualität der Anträge und die Originalität der Innovationen zwingen; aber auch ganz klar zu sein, wenn sie nicht engagiert genug dahinter zeigen, dass das Bild „Wissenschaftlerinnen und Wissen- sind. Forschung zu betreiben braucht Leidenschaft! schaftler leben in ihren Elfenbeintürmen“ falsch ist. Man muss ihnen mehr vertrauen und die richtigen Mittel zur Verfügung stellen, um Wo liegt Europa im Wettbewerb um Forscher und ihr Interesse hervorzulocken. Forscherinnen? Es ist ein spezieller, aber wichtiger Gesichtspunkt, mit dem ich anfan- Forschung ist doch ein Gebiet, wo die gemeinsame Arbeit auf eu- gen möchte. Ein Gesichtspunkt, bei dem Europa stetige Fortschritte ropäischem Niveau den größten Mehrwert bringt, wie von vielen macht, obwohl einige, wie ich, das Gefühl haben, die Lage ändere unabhängigen Berichten betont wurde. Für Wissenschaftler ist Eu- sich zu langsam. Das ist die kleine Zahl von Frauen in den wissen- ropa ein natürlicher Raum, in dem sie sich heute leicht austauschen schaftlichen Gemeinschaften. Es hängt natürlich von den Fächern und miteinander kooperieren können. Weitere Fortschritte in diese ab: In einigen ist ein Gleichgewicht schon erreicht, in anderen, wie Richtung müssen in der nahen Zukunft gemacht werden. Das wird meinem, muss man viel mehr Frauen überzeugen, dass sie ihren eine kritische Rolle spielen, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas Platz haben. auf ein höheres Niveau zu bringen. Glücklicherweise sind wir bezüglich dieses Problems nicht mehr am Zum Schluss möchte ich zum allgemeinen Thema dieses Vortrages Ende des 18. Jahrhunderts in der Zeit von Emilie du Châtelet, einer zurückkommen. Dazu werde ich den deutschen Mathematiker Carl für ihre Übersetzung der Arbeit von Isaac NEWTON ins Französische Gustav Jacob Jacobi zitieren. Im Jahr 1830, in einem Brief an ei- wohlbekannten Frau, deren algebraische Fähigkeiten nur sehr spät nen anderen Mathematiker, schrieb er: „M. Fourier avait l’opinion anerkannt wurden. que le but principal des mathématiques était l’utilité publique et l’explication des phénomènes naturels ; mais un philosophe comme Leider muss ich gestehen, dass die Wahl einer Frau in die Académie lui aurait dû savoir que le but unique de la science, c’est l’honneur des Sciences de Paris erst 1979 geschah. Es war Yvonne Choquet- de l’esprit humain, et que sous ce titre, une question de nombres Bruhat, die erste Person, die 1954 eine allgemeine Lösung der Ein- vaut autant qu’une question du système du monde“ („M. (Monsieur) stein-Gleichungen gefunden hat. Man würde sicher erwarten, dass Fourier war der Meinung, dass das Hauptziel der Mathematik der es viel früher für Marie Skłodowska-Curie geschehen wäre! Es muss öffentliche Nutzen und die Erklärung der Naturphänomene sei; aber Europa gelingen, mehr kreative Frauen in der Forschung anzulocken. ein Philosoph wie er hätte wissen müssen, dass das einzige Ziel der Europa braucht sie! Wissenschaft die Ehre des menschlichen Geistes ist und dass unter diesem Vorzeichen eine Frage zu den Zahlen genauso viel zählt wie Zurzeit produziert Europa ein Drittel der neuen Forschungspublika- eine Frage zum System der Welt...“) . Ich fühle, dass diese Spannung tionen weltweit. Durch die schnellen Fortschritte, die von China und heute weiterhin gilt, aber es ruft die kritische und unersetzbare Rolle anderen asiatischen Ländern wegen massiver Investitionen gemacht der Forschungsfreiheit für die Entwicklung in Erinnerung.
LMU VS. TUM Profile Kräftemessen beim 14 Drachenbootrennen MUM • NR. 3 • 2018 Ein Münchener Arzt brachte 2010 das Drachenbootrennen von England nach München. Nach dem Vorbild der Universitäten Oxford und Cambridge messen sich jetzt auch Studierende und Professoren von LMU und Technischer Universität München (TUM) jährlich beim Drachenbootrennen auf dem Olympiasee. Der Wettstreit steht aber nicht im Vordergrund. Es ist alles vielmehr eine „superlustige Riesengaudi“. Pfeilschnell gleiten die Drachenboote bei Kaiserwetter durch das Wasser des Münchener Olympiasees. Doch was leicht aussieht, ist hartes Training. Denn es ist gar nicht so leicht, die schweren Boote nach dem Start in Bewegung zu bekommen – und über 230 Meter auf der Spur zu halten. Es gibt zwar einen Steuermann, der das Schiff lenkt. Und einen Trommler, der den Takt vorgibt und die Paddler durch Anbrüllen zusätzlich anpeitscht. Aber wenn die Kräfte der auf jeder Seite acht Paddler ungleich verteilt sind, ist es gar nicht so einfach, geradeaus zu fahren. In diesem Jahr haben es aber wieder alle 18 Mannschaften ins Ziel geschafft. Die Drachenbootrennen in München gibt es seit 2010. Viele Mannschaften haben sich verkleidet – schließlich wird neben der besten Zeit auch die beste Verkleidung gekürt. Besonders ins Auge stechen dieses Jahr die „Taffen Mädels“ ganz in Pink – zu deren Team auch Männer gehören. Oder das Boot der „Dynamo Paddelschwinger“, die sich wie die Figuren aus dem Super-Mario-Computerspieluniversum angezogen haben. Andere wiederum haben sich als Tiere der Arche Noah verkleidet oder tragen Wi- kingerhelme. Drachenkönige gegen Piraten Das Studierendenrennen hat dieses Jahr die LMU gewonnen. Die „Drachenkönige“ konnten sich auf den letzten Metern an den TUM-„Piraten“ vorbeischieben und waren zwei Zehntel- sekunden schneller im Ziel. „Zum Glück hat uns keiner von der TUM übel genommen, dass wir gewonnen haben“, sagt die Kapitänin des LMU-Studierendenboots, Dana Hemmer, und lacht. Den Gesamtsieg im Hauptren- nen von 2017 konnten die Drachenkönige allerdings nicht verteidigen: Nach zehn Wertungsläufen lagen sie auf Platz zwei. Master of the Olympic Lake wurde „Break ya leg“, die unfallchirurgische Mannschaft der TUM. Nach München gebracht hat das Drachenbootrennen Dr. Lothar Schmittdiel. Der Allgemeinmediziner hat an der LMU studiert und sein Praktisches Jahr an der Uni- versität in Oxford verbracht. Dort fechten bereits seit 1829 die Universitäten Oxford und Cambrigde ihr jährliches „Boat Race“ aus. „Eine tolle Sache“, dachte sich Schmittdiel, der
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