Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen

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Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Tabakabhängigkeit
- Rauchen zwischen Genuss und
   Behandlungsbedürftigkeit -

       – Fachtagung –

       26. - 28. März 2001
              Hagen
Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Inhaltsverzeichnis

                                                                                                            Seiten
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        5

Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit und ihre Behandlung .                                                       7
Dr. Martina Pötschke-Langer, Heidelberg

Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe? . . . . . . .                                               15
Dr. Christoph Kröger, München

Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930 . . . . . . .                                            23
Prof. Dr. Klaus Dieter Stumpfe, Düsseldorf

Strategien der Raucherentwöhnung I
- Gegenwärtige Methoden und neue Zielrichtungen
in der medikamentösen Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                29
Dr. Anil Batra, Tübingen

Strategie der Raucherentwöhnung II
– gegenwärtige Methoden und neue Zielrichtungen
in der psychotherapeutischen Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . .                                     37
Prof. Dr. Klaus Dieter Stumpfe, Düsseldorf

Motivation zur Raucherentwöhnung
- Chancen während der stationären Behandlung? . . . . . . . . . .                                             51
Dr. med. P. L. Bölcskei, A. Kohaut, Nürnberg

Förderung des Nichtrauchens in der Schwangerschaft:
Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt „EURO-scip“ .                                                      59
Peter Lang, Bremen

Raucherentwöhnung in der Praxis
– Fallbeispiele für die Intervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          85
Peter Lindinger, Heidelberg

„smoking cessation services“
ein etabliertes ambulantes Angebot in England . . . . . . . . . . . .                                         97
Dawn Milner, London

Stationäre Rauchertherapie – Projekt Josefhof
– Erste Resultate des Modellprojektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                              109
Prof. Dr. Rudolf Schoberberger, Wien

                                                                                                                3
Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Vorwort

Tabakabhängigkeit - Rauchen                vermehrt von der unabhängigen
zwischen Genuss und Behand-                Suchtforschung und Suchthilfe aufge-
lungsbedürftigkeit                         griffen.
                                           Mit der Fachtagung ‚Tabakabhängig-
Christopher Columbus erwähnte 1492
                                           keit - Rauchen zwischen Genuss und
in seinem Tagebuch die von den Indi-
                                           Behandlungsbedürftigkeit' gab die
anern hoch geschätzten Tabakblätter.
                                           Koordinationsstelle Sucht Fachkräften
Erst nach 1950 - vor allem durch den
                                           der Suchthilfe die Möglichkeit, sich
sog. Terry-Report 1964 - wurde durch
                                           über neueste Erkenntnisse und Initiati-
epidemiologische Untersuchungen in
                                           ven zum Thema Tabakabhängigkeit zu
den USA der Zusammenhang zwi-
                                           informieren. Beispielhaft wurden kon-
schen Tabakkonsum und verschiede-
                                           krete Praxisprojekte aus England und
nen Krankheiten, insbesondere Lun-
                                           Österreich vorgestellt. Mit dieser Pu-
genkrebs und Herz-Kreislauf-Erkran-
                                           blikation möchten wir einer größeren
kungen, deutlich. Inzwischen ist wis-
                                           Fachöffentlichkeit die Ergebnisse die-
senschaftlich unumstritten, dass Rau-
                                           ser Veranstaltung ebenfalls zur Verfü-
chen das größte vermeidbare Sterbe-
                                           gung stellen.
risiko überhaupt ist.
                                           Eine intensivere Auseinandersetzung
Die Generaldirektorin der WHO, Frau
                                           mit dem Thema und die Entwicklung
Dr. Brundtland, hat der Gesundheits-
                                           spezieller Angebote der Suchthilfe ist
förderung durch Reduzierung des
                                           aus unserer Sicht dringend erforder-
Rauchens oberste Priorität einge-
                                           lich. Gerade Fachkräfte, die mit der
räumt. Ihre Aktivität wird auch von der
                                           Dynamik einer Suchterkrankung ver-
Europäischen Kommission unter-
                                           traut sind, bringen das notwendige
stützt. Im Gegensatz zu anderen Län-
                                           Grundwissen mit. Zum Erwerb spezifi-
dern wie z.B. USA, Australien, Polen
                                           scher Fachkenntnisse wird die Koordi-
hat sich die deutsche Gesundheitspo-
                                           nationsstelle spezielle Fortbildungen
litik bisher zurück gehalten, eindeutige
                                           anbieten.
Signale zu setzen.
In den letzten 10 Jahren hat sich -
auch durch Veröffentlichung entspre-
chender Informationen der Tabakindu-
strie im Rahmen amerikanischer
Gerichtsverfahren in den letzten Jah-      Dr. Wolfgang Pittrich
ren - die Überzeugung durchgesetzt,        Landesrat
dass Tabakkonsum eine Abhängigkeit
erzeugt, die den Mechanismen einer         Wolfgang Rometsch
Heroin- und Kokainabhängigkeit ent-        Leiter der Koordinationsstelle
sprechen. Das Abhängigkeitspotenzial
wird als mindestens gleichstark einge-     Doris Sarrazin
schätzt. Damit wurde dieses Thema          Fort- und Weiterbildung

                                                                                5
Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit
und ihre Behandlung

Dr. Martina Pötschke-Langer
Deutsches Krebsforschungszentrum
Stabsstelle Krebsprävention
Im Neuenheimer Feld 280

69120 Heidelberg

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Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Gegenwärtig rauchen weltweit mehr         nen, dass ab dem Jahr 2020 mehr als
als eine Milliarde Menschen im Alter      zehn Millionen Menschen weltweit an
über 15 Jahren. Und täglich werden        ihrem Konsumverhalten sterben wer-
es mehr. Die Weltgesundheitsorgani-       den. Rauchen ist das größte vermeid-
sation (WHO) berechnete auf der           bare Gesundheitsrisiko. Das volle
Basis fundierter epidemiologischer        Ausmaß der Tabakepidemie wurde
Studien, dass im Jahr 2001 weltweit       erst im letzten Jahrzehnt erkannt, als
vier Millionen Menschen an den Fol-       DOLL und Kollegen die Ergebnisse
gen ihres Rauchverhaltens sterben.        einer 40 – Jahre – Beobachtungsstu-
Sollte das Rauchverhalten nicht weiter    die an englischen Ärzten vorlegten
reduziert werden, so ist damit zu rech-   (DOLL et al., 1994).

    Einfluss des Zigarettenrauchens auf die Überlebensrate

                                                                                   Von der gleichen Arbeitsgruppe wur-     gezogen. Dies trifft nicht auf rauchbe-
                                                                                   den die englischen Daten auf Europa     dingte Todesfälle zu. Sie sterben un-
                                                                                   übertragen und festgestellt, dass von   spektakulär und sie sterben einsam,
                                                                                   1000 20jährigen Rauchern in Europa,     häufig mit Schuldgefühlen, insbeson-
                                                                                   die auch im Erwachsenenalter weiter     dere wenn sie in ihren mittleren Le-
                                                                                   rauchen, 1 an den Folgen einer Ge-      bensjahren sterben und ihre Familien
                                                                                   walttat, 6 an den Folgen von Ver-       unversorgt zurück lassen. Zunehmend
                                                                                   kehrsunfällen und 250 an den Folgen     befinden sich junge Mütter und Väter
                                                                                   des Rauchens in den mittleren Jahren    unter den Sterbenden – Frauen und
                                                                                   sowie weitere 250 an den Folgen des     Männer, die im Alter von 10 bis 15
                                                                                   Rauchens im Alter versterben werden.    Jahren zu rauchen begonnen haben
                                                                                   Dies bedeutet, dass die Hälfte aller    und nach 20 bis 30 Jahren, d. h. im
Anhand dieser Daten wurde der Ein-        retten pro Tag konsumieren. Auch das     Raucher bei fortgesetztem Rauchver-     Alter von 35 bis 45 Jahren beispiels-
fluss des Zigarettenrauchens auf die      hohe Alter von 85 Jahren erreichen       halten an den Folgen sterben wird.      weise an Lungenkrebs sterben.
Überlebensrate deutlich: 80 % aller       noch 33 % aller Nichtraucher, im Ge-
                                                                                   Auch Deutschland ist von der Tabak-     Obwohl seit Jahrzehnten vor den
regelmäßigen Nichtraucher haben die       gensatz zu 8 % der Raucher mit ei-
                                                                                   epidemie nicht verschont geblieben.     Gefahren des Rauchens gewarnt wird,
Chance, das Alter von 70 Jahren zu        nem Konsum von 25 und mehr Ziga-
                                                                                   In diesem Land sterben jährlich über    rauchen zunehmend mehr Kinder und
erreichen, im Gegensatz zu nur 50 %       retten.
                                                                                   100 000 Menschen, d. h. täglich etwa    Jugendliche, sodass die Raucherquo-
aller Raucher, die 25 und mehr Ziga-
                                                                                   300 Menschen an den Folgen ihres        te unter den 18-25jährigen mittlerwei-
                                                                                   Rauchverhaltens (PETO et al., 1994).    le bei durchschnittlich 50% liegt
                                                                                   Wenn 300 Tote jeden Tag durch Flug-     (BzgA, 1998). Mit Sorge beobachten
                                                                                   zeugabstürze oder Zugunglücke zu        Präventionsexperten eine Stabilisie-
                                                                                   beklagen wären, würden sofortige        rung des Rauchverhaltens von Kin-
                                                                                   Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und      dern und Jugendlichen in Richtung
                                                                                   die Verursacher zur Verantwortung       „Selbstbewusste Raucher“.

8                  Die Bedeutung von Kurzinterventionen in der Suchthilfe          Die Bedeutung von Kurzinterventionen in der Suchthilfee                      9
Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Parallel zum gewachsenen Selbstbe-         business of selling nicotine, an addicti-
                                                                              wusstsein jugendlicher Raucher sank        ve drug.“(YEAMAN, 1963).
                                                                              ihre Bereitschaft, innerhalb der näch-
                                                                                                                         Inzwischen liegen auch für Deutsch-
                                                                              sten fünf Jahre das Rauchen zu been-
                                                                                                                         land erste Berechnungen zum Ausmaß
                                                                              den um über 20 % bei den ständigen
                                                                                                                         der Tabakabhängigkeit vor. Unter
                                                                              Rauchern im Alter von 12 bis 25 Jah-
                                                                                                                         Tabakabhängigkeit wird der zwanghaf-
                                                                              ren auf 41 % und um 11 % bei den
                                                                                                                         te und der anhaltende Konsum trotz
                                                                              Gelegenheitsrauchern auf 15 %
                                                                                                                         Wissens um die Gesundheitsschäd-
                                                                              (BZgA, 1998).
                                                                                                                         lichkeit des Produktes, die Toleranz-
                                                                              Die Folgen des verstärkten Rauchver-       entwicklung, d. h. zunehmend höherer
                                                                              haltens werden in Kürze zu beobach-        und intensiverer Konsum sowie das
                                                                              ten sein: Je früher geraucht wird,         körperliche Entzugssyndrom bei
                                                                              desto früher entwickeln sich Nikotin-      Reduktion oder Absetzen verstanden.
                                                                              Rezeptoren, mit der Folge früher Ta-       Danach sind 70 bis 80 % aller Rau-
                                                                              bakabhängigkeit. Und je früher ge-         cherinnen und Raucher tabakabhän-
                                                                              raucht wird, desto größer ist die Wahr-    gig, dies sind fünf bis sechs Millionen
                                                                              scheinlichkeit, frühzeitig Folgekrank-     Frauen und acht bis neun Millionen
                                                                              heiten zu entwickeln.                      Männer in Deutschland (BATRA &
                                                                                                                         FAGERSTRÖM, 1997).
                                                                              Auch wenn die Tabakindustrie jahr-
Zwischen 1993 und 1997, den beiden    fragte dieser Altersgruppe an, dass     zehntelang in der Öffentlichkeit leugne-   Die Tabakabhängigkeit ist nicht allein
letzten Befragungszeiträumen der      sie gern rauchen und ihnen Zigaretten   te, dass Zigarettenrauchen abhängig        ein Problem deutscher Raucher/innen.
Bundeszentrale für gesundheitliche    schmecken und sie beruhigen.            macht, wusste sie frühzeitig vom           In Europa sind Millionen von Rauchern
Aufklärung, gaben deutlich mehr be-                                           Suchtpotential ihres Produktes: Bereits    betroffen. Jedoch unterscheidet sich
                                                                              1963 erklärte Addison Yeamann, Jurist      die Einstellung der deutschen Raucher
                                                                              der US Firma Brown and Williamson, in      von denen anderer europäischer Län-
                                                                              einem internen Konzernpapier: „Nicoti-     der durch ein beharrliches Festhalten
                                                                              ne is addictive. We are, then, in the      am Konsumverhalten.

10             Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit und ihre Behandlung        Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit und ihre Behandlung                          11
Tabakabhängigkeit - Rauchen zwischen Genuss und Behandlungsbedürftigkeit-Fachtagung- 28. März 2001 Hagen
Angesichts dieses raucherfreund-           - Pharmakologische Therapien müs-
                                                                                   lichen Klimas ist es sicherlich nicht        sen angeboten werden,
                                                                                   verwunderlich, dass Raucherentwöh-         - eine zeitlich begrenzte, kostenlose
                                                                                   nungsangebote nur zögerlich genutzt          Abgabe von Nikotintherapeutika an
                                                                                   werden und auch die Gesundheitsbe-           sozial benachteiligte Raucher ist
                                                                                   rufe bisher in der Tabakprävention und       sinnvoll, wie dies in England bereits
                                                                                   Raucherentwöhnung nicht sonderlich           praktiziert wird,
                                                                                   engagiert tätig waren. Hinzu kommt,        - Nikotintherapeutika müssen von der
                                                                                   dass Beratungsgespräche von Kran-            Rezeptpflicht befreit werden,
                                                                                   kenkassen nur bedingt und wenn,            - Schulungsprogramme für Gesund-
                                                                                   dann auch nicht in vollem Umfang,            heitsberufe (Aus-, Fort- und Weiter-
                                                                                   bezahlt werden.                              bildung) müssen entwickelt und
                                                                                   Eine neue Orientierung in der Raucher-       durchgeführt werden.
                                                                                   entwöhnung in Deutschland ist drin-        - Angesehene        Fachgesellschaften
                                                                                   gend erforderlich – darin sind sich vie-     müssen für die Thematik gewonnen
                                                                                   le Gesundheitsverbände, insbesonde-          werden,
                                                                                   re Experten in der Suchttherapie, einig.   - Rauchersprechstunden müssen in
                                                                                                                                Praxen und Kliniken eingeführt wer-
                                                                                   Seit 1999 besteht ein WHO-Partner-           den,
                                                                                   schaftsprojekt Tabakabhängigkeit,          - Regionale Rauchertelefone müssen
                                                                                   das in Deutschland von der Koalition         eingerichtet werden,
In einer europäischen Vergleichsstudie   gleichzeitig ein Entwicklungsland für     gegen das Rauchen koordiniert und
                                                                                                                              - Rauchfreie Praxen und Kliniken
wurden Daten aus Repräsentativbe-        Raucherentwöhnungsmaßnahmen               vom Bundesministerium für Gesund-
                                                                                                                                müssen Standard werden,
fragungen von Rauchern im Jahre          und für Tabakkontrolle. In keinem         heit finanziert wird. Im Rahmen des
                                                                                                                              - Persönliche Glaubwürdigkeit der
1999 zusammengefasst. Dabei wurde        anderen Land weltweit ist der Erwerb      WHO Projektes wurden Grundsätze
                                                                                                                                Gesundheitsberufe ist herzustellen;
deutlich, dass deutsche Raucher/in-      für Kinder und Jugendliche so einfach;    für eine Neuorientierung in der Rau-
                                                                                                                                Therapeuten und Berater müssen
nen im Vergleich zu Raucher/innen        denn auf 100 Einwohner kommt ein          cherentwöhnung in Deutschland erar-
                                                                                                                                selbst Nichtraucher sein!
vieler anderer europäischer Länder am    frei zugänglicher Zigarettenautomat. In   beitet. Hierzu gehören:
wenigsten motiviert sind, auf das Rau-   Deutschland können sich Kinder und                                                   Im Rahmen des WHO-Partnerschafts-
                                                                                   - Rauchverhalten muss endlich als
chen zu verzichten. Deutschland liegt    Erwachsene an über 800.000 Zigaret-                                                  projektes Tabakabhängigkeit wurden
                                                                                     Suchtverhalten erkannt und behan-
sowohl bei der Frage nach minde-         tenautomaten Tag und Nacht und an                                                    bereits erste Realisierungen möglich
                                                                                     delt werden,
stens einem ernsthaften Rauchstopp-      fast jeder Straßenecke bedienen.                                                     gemacht. Ein Curriculum zur Tabakab-
                                                                                   - Hochrisikogruppen wie rauchende
versuch als auch bei der Motivation                                                                                           hängigkeit wurde entwickelt, das Be-
                                         Ein weiteres gesundheitspolitisches         Schwangere, Herzkreislaufpatienten,
der Raucher, in naher Zukunft einen                                                                                           ratungskonzept „Die Rauchersprech-
                                         Problem stellt die Zigarettenwerbung        Asthmatiker und Krebspatienten
Rauchstopp zu planen, an drittletzter                                                                                         stunde“ für Gesundheitsberufe wurde
                                         dar, die „mitten ins Herz“ von Kindern      müssen gezielt angesprochen wer-
Stelle (BOYLE et al., 2000).                                                                                                  publiziert und Leitlinien zur Behand-
                                         und Jugendlichen zielt. Coole, trendi-      den,
                                                                                                                              lung der Tabakabhängigkeit von ver-
Eine deutsche Studie aus dem Jahre       ge und strahlende jugendliche Models      - Raucher müssen stadienspezifisch
                                                                                                                              schiedenen Organisationen verab-
1998 gibt noch geringere Ausstiegs-      verkünden an jeder Straßenecke und          angesprochen werden,
                                                                                                                              schiedet.
versuche innerhalb der letzten zwei      häufig direkt vor Schuleingängen: Ich     - Raucher müssen zielgruppenspezi-
Jahre (Männer 24,3 %, Frauen, 26,0       rauche gern.                                fisch angesprochen werden: Frauen        Es wird sehr darauf ankommen, ob es
%) an. Auch haben nach dieser Studie                                                 sind anders anzusprechen als Män-        der deutschen Sucht- und Drogenpo-
                                         Millionen deutscher Raucher, darunter       ner, Jugendliche anders als Erwach-      litik gelingt, die Tabakabhängigkeit als
nur 31 % der Männer und 38,4 % der
                                         auch führende Politiker wie Bundes-         sene,                                    zentrales gesundheitspolitisches Pro-
Frauen gegenwärtig ernsthaft die Ab-
                                         kanzler Schröder oder Bundespräsi-        - Empfehlungen nationaler und inter-       blem anzuerkennen und wirksam-
sicht, das Rauchen aufzugeben
                                         dent Rau, rauchen ungeniert in der          nationaler Leitlinien müssen in be-      keitsorientierte Maßnahmen einzulei-
(KRAUS & BAUERNFEIND, 1998).
                                         Öffentlichkeit und demonstrieren den        stehende Konzepte integriert wer-        ten. Es wird auch höchste Zeit, dass
Deutschland ist ein Raucherland und      Typ „Selbstbewusster Raucher“.              den,                                     die Tabakabhängigkeit einen höheren

12              Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit und ihre Behandlung            Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit und ihre Behandlung                         13
Stellenwert gewinnt als die Alkohol-      PETO, R.; LOPEZ, A.D.; BOREHAM,
und Drogenabhängigkeit. Alle Ge-          J.; THUN, M. & HEATH jr., C. (1994),       Raucherentwöhnung
sundheitsberufe, insbesondere aber        Mortality from smoking in developed
die Suchttherapeutinnen und -thera-       countries 1950-2000, Oxford Univer-        - ein Thema für die Suchthilfe?
peuten sind aufgerufen, an dieser ge-     sity Press, Oxford
sundheitspolitischen Änderung mitzu-
                                          WHO (1997), Dritter Aktionsplan für
wirken.
                                          ein tabakfreies Europa 1997-2001.
                                          Kopenhagen: Weltgesundheitsorgani-         Dr. Christoph Kröger
                                          sation                                     IFT Institut für Therapieforschung
                                          WHO (1999). Framework Convention           Parzivalstraße 25
Literatur (ausgewählt):                   on Tobacco Control. Geneva: World          80804 München
                                          Health Organization
BATRA, A. & FAGERSTRÖM, K.-O.                                                        Inhalt
                                          WHO & Koalition gegen das Rauchen
(1997), Neue Aspekte der Nikotinab-
                                          (1999), Raucherentwöhnung leichter
hängigkeit und Raucherentwöhnung.                                                    Rauchen als Risikofaktor
                                          gemacht – Empfehlungen für Gesund-
Sucht 43. S. 277-282
                                          heitsberufe.
BOYLE, P.; GANDINI, S.; ROBERT-                                                      Rauchen als Abhängigkeitserkrankung
                                          WHO (2000), Beiträge 1999/2000.
SON, C.; ZATONSKI, W.; FAGER-
                                          Hrsg., WHO-Partnerschaftsprojekt           Literatur
STRÖM, K.-O.; SLAMA, K.; KUNZE,
                                          gegen Tabakabhängigkeit, Bonn
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                                          www.who.ch/inf/fs/fact160.html
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                                          (1963), Implications of Battelle Hippo
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                                          1 & 11 and the Griffith Filter, 17 July,
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                                          Memo, Document ID 1802.05, S. 4
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14               Die Bedeutung der Tabakabhängigkeit und ihre Behandlung             Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?   15
Zwei Perspektiven lassen sich bei der        für die Krebsabwehr wichtigen Erb-      Abhängigkeitserkrankung und somit           ten Zigaretten oder fortgesetztes
Beschreibung der Raucherentwöh-              gut                                     zu einer psychischen Störung führen.        Rauchen, um das Auftreten von Ent-
nung voneinander abgrenzen: Rau-           - Erblindung, Rauchen schädigt die        Diese Sichtweise wird von den inter-        zugssymptomen zu vermeiden.
chen als Risikofaktor und Rauchen als        Netzhaut, starke Raucher erblinden      nationalen Klassifikationen für Erkran-
                                                                                                                                - Eine Toleranz gegenüber den phy-
Abhängigkeitserkrankung.                     doppelt so häufig wie Nichtraucher      kungen gestützt. In diesen Klassifika-
                                                                                                                                  siologischen Auswirkungen des
                                                                                     tionssystemen wird die Abhängigkeit
                                           Neben dem Risiko für die Gesundheit                                                    Rauchens – im Laufe der Raucher-
                                                                                     von Tabak bzw. Nikotin in derselben
                                           des Rauchers besteht ein erhöhtes                                                      karriere hat eine Erhöhung der Zahl
                                                                                     Klassifikationsgruppe wie Abhängig-
                                           Risiko für Personen, die dem Zigaret-                                                  der täglich gerauchten Zigaretten
                                                                                     keit von anderen psychoaktiven Sub-
I. Rauchen als                             tenrauch in der Umwelt ausgesetzt                                                      stattgefunden.
                                                                                     stanzen wie Alkohol, Kokain oder
   Risikofaktor                            sind. Auch für die gesundheitlichen       Heroin subsumiert.                         - Eine fortschreitende Vernachlässi-
                                           Schäden des Passivrauchens gibt es                                                     gung anderer Tätigkeiten zugunsten
                                           zwischenzeitlich hinreichend abgesi-      In der Internationalen Klassifikation
Die Betrachtungsweise, dass Rau-                                                                                                  des Rauchens.
                                           cherte Daten.                             von Krankheiten der WHO, der ICD-
chen ein Risiko für die körperliche
                                                                                     10, wird Tabakabhängigkeit als Krank-      - Fortgesetztes Rauchen trotz des
Gesundheit darstellt, ist allgemein        Die Sichtweise „Rauchen als Risiko-       heit mit der Ziffer F17.2x verschlüsselt     Nachweises eindeutig gesundheits-
bekannt. Rauchen ist der größte ver-       faktor“ ist also vielfach untermauert.    (ICD-10, Kapitel V; DILLING et al.,          schädlicher Folgen.
meidbare Risikofaktor für das Entste-      Sie ist eine wichtige Perspektive ins-    1991). Eine Tabakabhängigkeit liegt
hen und die Verschlimmerung körper-        besondere im medizinischen Versor-                                                   International wird meist der Fager-
                                                                                     vor, wenn mindestens drei der sechs
licher Erkrankungen. Rauchen kann          gungssystem. Aufgrund des durch                                                      ström-Test zur Messung der Ausprä-
                                                                                     folgenden Kriterien erfüllt sind:
nicht nur Lungenkrebs auslösen; auch       das Rauchen hohen Risikos für das                                                    gung der Nikotinabhängigkeit einge-
das Erkrankungsrisiko für fast alle        Auslösen bzw. die Verschlimmerung         - Ein anhaltend starker Wunsch oder        setzt. Dieser kurze Fragebogen (Abbil-
Krebsarten ist unter Rauchern erhöht.      von körperlichen Erkrankungen ist der       eine Art Zwang zu rauchen.               dung 1) enthält sechs Items, deren
Die häufigsten gesundheitlichen Schä-      Arzt daran interessiert, dass die                                                    Antwortvorgaben ein Punktwert zuge-
                                                                                     - Eine verminderte Kontrollfähigkeit
digungen sind jedoch die Folgeerkran-      Patienten das Rauchen einstellen. Aus                                                ordnet ist. Je nach erreichtem Punkt-
                                                                                       bezüglich des Beginns, der Beendi-
kungen des Herz-Kreislauf-Systems          der Sichtweise „Rauchen als Risiko-                                                  wert wird von einer sehr geringen (0
                                                                                       gung und der Menge des Tabakkon-
(Durchblutungsstörungen bis zum            faktor“ sind noch keine Informationen                                                bis 2 Punkte), geringen (3 bis 4 Punk-
                                                                                       sums.
Herzinfarkt). Die Liste der durch das      über mögliche Veränderungsstrate-                                                    te), mittelschweren (5 Punkte), schwe-
Rauchen mitverursachten oder durch         gien ableitbar. Ein Arzt, der sich z.B.   - Das Auftreten von körperlichen Ent-      ren (6 bis 7 Punkte) oder sehr schwe-
das Rauchen verschlimmerten Krank-         überwiegend mit der Behandlung von          zugssymptomen bei Tabakabstinenz         ren Form der Abhängigkeit (8 bis 10
heiten lässt sich noch um vieles erwei-    Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkran-          oder Reduktion der täglich gerauch-      Punkte) ausgegangen.
tern.                                      kungen beschäftigt, wird sich daher in
                                           den meisten Fällen auf die Therapie       Abbildung 1:
Erkrankungen, an denen Raucher mit                                                   Items und Skalenwerte des ”Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit“
sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit      der akuten Erkrankung konzentrieren
leiden als Nichtraucher sind:              und weniger auf die Behandlung des        Fragen                                         Antworten                 Punkte
- Krebserkrankungen (Lunge, Mund-          Rauchens.
                                                                                     1. In welcher Zeitspanne nach dem Auf- Innerhalb von 5 Minuten                3
  höhle, Kehlkopf, Speiseröhre, Nie-                                                    wachen rauchen Sie ihre erste Zigarette? 6 bis 30 Minuten                  2
  ren, Blase, Magen, Darm)                                                                                                       31 bis 60 Minuten                 1
- Arterienverkalkung                                                                                                             Nach 60 Minuten                   0
- Durchblutungsstörungen (Raucher-
  bein, Herzinfarktgefahr, Schlaganfall,   II. Rauchen als Abhän-                    2. Empfinden Sie es als schwierig, an Orten, Ja                               1
  Impotenz)                                    gigkeitserkrankung                       an denen das Rauchen verboten ist, nicht Nein                              0
- Magen- und Zwölffingerdarmge-                                                         zu rauchen; z.B.: in der Kirche, Bibliothek,
  schwüre                                                                               im Kino etc.?
                                           Um eine gezielte Behandlung des
- Lungenentzündung, Bronchitis, Lun-       Rauchens zu gewährleisten ist es          3. Welche Zigarette möchten Sie am allerwe- Die erste am Morgen               1
  genemphysem (übermäßige Erwei-           wichtig, die Perspektive auf das Rau-        nigsten aufgeben?                        Alle anderen                      0
  terung der Lungenbläschen)               chen und die Raucherentwöhnung zu
- Genschäden, Veränderungen in dem         erweitern. Rauchen kann zu einer

16                       Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?           Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?                             17
Fragen                                         Antworten               Punkte     Substanz einmal in ihrem Leben pro-      haltens über die kurzfristigen Konse-
                                                                                  biert hatten, wurde gesucht, wie hoch    quenzen (die negative Verstärkung)
4. Wie viele Zigaretten pro Tag rauchen Sie?   10   oder weniger             0    der Prozentsatz von Personen ist, die    mit einzubeziehen und die hohe Rück-
                                               11   bis 20                   1    davon abhängig wurden (s. Abbildung      fallgefährdung nach einem Aufhören
                                               21   bis 30                   2    2). So wurde eine Lebenszeitpräva-       zu akzeptieren.
                                               31   oder mehr                3    lenz von 75% in Bezug auf Nikotin
                                                                                  gefunden. Unter diesen Personen wie-
5. Rauchen Sie oft mehr in den ersten Stun- Ja                               1
                                                                                  sen zum Untersuchungszeitpunkt           Die Angebotssituation
   den nach dem Aufwachen als am Rest des Nein                               0
                                                                                  31,9% die Kriterien für eine Abhängig-   in Deutschland
   Tages?
                                                                                  keitserkrankung auf. Unter denen, die
6. Rauchen Sie, wenn Sie so krank sind, Ja                                   1    mindestens einmal im Leben Alkohol       Aufhörwilligen Rauchern stehen ver-
   dass Sie die meiste Zeit des Tages im Bett Nein                           0    konsumiert hatten, wurden 15,4% al-      schiedene Hilfsmaßnahmen zur Verfü-
   verbringen?                                                                    koholabhängig. Heroin wurde von nur      gung (vgl. KRÖGER, 20001).
                                                                                  1,5% der Bevölkerung einmal im Le-
                                                                                                                           Tabelle 2: Hilfsmaßnahmen zur Rau-
Folgende Entzugserscheinungen kön-       mit dem Rauchen aufgehört wird. Ent-     ben konsumiert und unter diesen wie-
                                                                                                                           cherentwöhnung
nen bei einer Reduktion des Zigaret-     zugserscheinungen erschweren den         sen 23,1% die Kriterien einer Abhän-
                                                                                                                           - Selbsthilfe
tenkonsums oder der Abstinenz auf-       Entwöhnungsprozess und erhöhen           gigkeit auf.
                                                                                                                           - Selbstmedikation (insbesondere Ni-
treten:                                  das Risiko für einen Rückfall.           Abbildung 2: Entwicklung einer Ab-         kotinsubstitution)
- Reizbarkeit                                                                     hängigkeit von verschiedenen psy-        - Medien: Bücher, Auditive Medien
                                         Im Unterschied zu anderen Abhängig-
                                                                                  choaktiven Substanzen                    - Aufhörprogramme im Internet
- depressive Verstimmung                 keitserkrankungen führt die Tabakab-
                                                                                                                           - Expertensysteme, die per Post oder
- Angstzustände                          hängigkeit in der Regel nicht zu einer                Lifetime
                                                                                                                             email verschickt werden
- Herzklopfen                            Verelendung und zieht keine psychi-                  Prävalenz Abhängigkeit
                                                                                                                           - Rauchertelefone
- niedriger Blutdruck                    schen Beeinträchtigungen nach sich.      Nikotin/
- Müdigkeit                              Zudem ist die gesellschaftliche und      Tabak          75%         31,9%         Somatische Therapie
- Schlaflosigkeit                        soziale Akzeptanz des Rauchens im                                                 - Medikation (Nikotinsubstitution, Bu-
- Gewichtszunahme                        Vergleich zu den illegalen Substanzen    Heroin         1,5%        23,1%           propion (Zyban))
- Verdauungsstörungen                    deutlich besser und auch im Vergleich    Cocain         16%         16,7%         - Akupunktur
- starkes Verlangen nach einer Ziga-     zu Alkohol wird das Rauchen in vielen
                                                                                  Alkohol        91%         15,4%         Beratung/Psychotherapie
  rette (Craving)                        Situationen akzeptiert (z.B. vormit-
                                                                                                                           - Kurzinterventionen, Beratung
- Gefühl von Frustration, Unzufrieden-   tags, in Arbeitspausen). Mehr als        Cannabis       46%         9,1%          - Einzelbehandlung
  heit                                   andere Substanzen schädigt jedoch
                                                                                  Aus der Sichtweise, dass es sich bei     - Gruppenbehandlung
- Konzentrationsschwierigkeiten          der Tabakkonsum die Gesundheit.
                                                                                  der Tabakabhängigkeit um eine starke     - Programme für spezielle Zielgruppen
- erhöhter Appetit, Hungergefühl
                                         Ein wesentlicher - häufig unterschätz-   Abhängigkeitserkrankung und somit        Die verhaltenstherapeutisch orientier-
Entzugserscheinungen       beginnen      ter - Aspekt der Tabakabhängigkeit ist   eine psychische Erkrankung handelt,      te Gruppenbehandlung hat in
wenige Stunden nach der letzten          das hohe Abhängigkeitspotenzial die-     ergeben sich klare Perspektiven für      Deutschland eine über zwanzigjährige
Zigarette, erreichen nach 24 bis 48      ser Substanz. So wird das Abhängig-      die Behandlung. Es wird klar, dass       Geschichte. Das wohl am weitesten
Stunden ihren Höhepunkt und dauern       keitspotenzial von Nikotin dem von       eine kurze Beratung oder das Aus-        verbreitete Programm ist „Rauchfrei in
einige Tage bis Wochen. Sie treten in    Heroin und Kokain gleichgesetzt. In      händigen einer Broschüre meist nicht     10 Schritten“ wurde damals im Auf-
den meisten Fällen nur tagsüber und      einer in den USA durchgeführten Stu-     für eine erfolgreiche Behandlung aus-    trag der Bundeszentrale für gesund-
abends auf. Oft sind sie nach etwa       die wurde das Abhängigkeitspotenzial     reichen. Eine intensive Behandlung er-   heitliche Aufklärung (BZgA) entwickelt.
einer Woche stark abgeklungen oder       sogar als noch höher eingestuft als      scheint angebracht. Z.B. ist es wich-    Über viele Jahre wurde eine Infrastruk-
verschwunden. Das Craving und das        das anderer psychotroper Substan-        tig, die Entzugserscheinungen mit in
Hungergefühl können sechs Monate         zen. In dieser Studie wurde zunächst     die Behandlung einzubeziehen, die        1
                                                                                                                             Lesern, die weitere Informationen über Hilfs-
oder länger andauern. Die Angst vor      erhoben, wie viele Personen über-        starke Ambivalenz- und Motivations-      maßnahmen zur Raucherentwöhnung wün-
dem Auftreten von Entzugserschei-        haupt jemals eine Substanz probiert      problematik der Abhängigen zu be-        schen, sei dieses kostenlos bei der BZgA
nungen verhindert, dass überhaupt        hatten. Unter den Personen, die eine     rücksichtigen, die Steuerung des Ver-    (www.bzga.de) erhältliche Buch empfohlen.

18                      Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?         Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?                                   19
tur geschaffen, über die Raucherent-     lich, dass diese Berufsgruppen sich       Literatur:
wöhnungskurse angeboten wurden           zukünftig in der Raucherentwöhnung
und werden. Die Raucherentwöhnung        in so einem Ausmaß engagieren wer-        DILLING, H., MOMBOUR, W. &
wurde in dieser Zeit von den Ange-       den, dass der zu erwartende Bedarf        SCHMIDT, M.H. (1991), Internationale
hörigen der Gesundheitsberufe je-        an Maßnahmen gedeckt werden               Klassifikation psychischer Störungen,
doch nur wenig akzeptiert. So wurden     kann.                                     Bern, Göttingen, Toronto: HUBER
kaum Ärzte und Psychologen in die-                                                 IFT - Institut für Therapieforschung
sem Bereich ausgebildet. Vielmehr        Als logische Konsequenz aus der Tat-
                                                                                   (1997), Rauchfrei in 10 Schritten, Balt-
waren engagierte Laien mit entspre-      sache, dass es sich bei vielen Rau-
                                                                                   mannsweiler: Schneider
chenden Vorerfahrungen in der Er-        chern um eine Abhängigkeitserkran-
wachsenenbildung, aber auch Berufs-      kung handelt und dass für diese Er-       KRÖGER, C. (2000), Raucherentwöh-
anfänger aus verschiedenen Gesund-       krankung ein spezielles therapeuti-       nung in Deutschland, Köln: Bundes-
heitsberufen bereit, sich für das The-   sches Wissen notwendig erscheint,         zentrale für gesundheitliche Aufklä-
ma Raucherentwöhnung zu interes-         das insbesondere aus dem Suchtbe-         rung
sieren, sich ausbilden zu lassen und     reich herleitbar ist, klingt die Forde-
entsprechende Kurse anzubieten. In       rung plausibel, Raucherentwöhnung
den neunziger Jahren nahmen Kran-        über die Suchtkrankenhilfe anzubie-
kenkassen mit ihrem Auftrag, Präven-     ten. Die Suchtkrankenhilfe ist eine
tion und Gesundheitsförderung zu         gewachsene Struktur, die sich seit vie-
betreiben, Raucherentwöhnung in ihr      len Jahren mit der Thematik der Ab-
Programm auf. Als jedoch der diese       hängigkeitserkrankungen beschäftigt
Versorgung regelnde Paragraph 20         und deren Professionalisierung weit
des SGB V geändert wurde und somit       fortgeschritten ist. Die Kostenerstat-
die Finanzierung über Krankenkassen      tung für die Behandlung Suchtkranker
nicht mehr möglich war, gab es einen     und die Finanzierung der Beratungs-
großen Einbruch in den Angeboten         stellen hat sich in den letzten Jahren
der verhaltenstherapeutisch orientier-   flexibilisiert. So werden Gelder aus
ten Raucherentwöhnung. Erst seit         verschiedenen Quellen in Beratungs-
kurzem haben die gesetzlichen Kran-      stellen zusammengefasst. Von daher
kenkassen wieder die Möglichkeit, die    ist aus fachlicher wie auch aus organi-
Maßnahmen zur Raucherentwöhnung          satorischer Sicht zu fordern, dass sich
zu erstatten. Jedoch sind sie nicht in   die Suchtkrankenhilfe zukünftig inten-
der Lage, eine entsprechende Infra-      siv mit dem Thema Raucherentwöh-
struktur für diese Angebote aufzubau-    nung und mit der Bereitstellung ent-
en. Die Raucherentwöhnung ist            sprechender Angebote beschäftigt.
weiterhin in dem Bereich Prävention
angesiedelt und fällt nicht in den Be-
reich Behandlung psychischer Störun-
gen, wie man es aufgrund der interna-
tionalen Klassifikationen psychischer
Störungen fordern könnte. Dies be-
deutet auch, dass über die Kassen-
ärztliche Vereinigung keine Vergütung
für die Anbieter von Gesundheits-
maßnahmen (Ärzte, Psychotherapeu-
ten, andere Heilhilfsberufe) vorgese-
hen ist. So ist es auch unwahrschein-

20                      Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?          Raucherentwöhnung - ein Thema für die Suchthilfe?   21
Nikotinvergiftung und
Trinkerheilanstalten seit 1930

Prof. Dr. med. Klaus-Dietrich Stumpfe
Forschungsstelle Rauchen und Nikotinabhängigkeit
Fachhochschule
Fachbereich Sozialarbeit
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf

Inhalt
I.   Beziehungen zwischen Alkoholtrinken und Nikotinrauchen
II. Geschichte
III. Rauchen bei Alkoholikern
     1. Fakten
     2. Warum rauchen die Alkoholiker soviel?
     3. Die Motivation zur Rauchabstinenz
IV. Warum wollen die Ex-Alkoholiker nicht mit einer
    gleichstarken Motivation das Rauchen beenden?
V. Unterschiede zwischen Alkoholikern und Nikotinikern
VI. Schlusswort
Literatur

Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930          23
I. Beziehungen                             für diese umfangreiche Problematik          III. Rauchen bei                             Alle Patienten rauchten jetzt
                                           zur Verfügung. Deswegen kann ich                                                         durchschnittlich 30 Zig./Tag.
   zwischen Alkohol-                       auch nur Hinweise auf die Probleme
                                                                                            Alkoholikern
   trinken und Nikotin-                    und die Ergebnisse der Untersuchun-
                                                                                                                                    Die Vielraucher hatten also ihren
   rauchen                                                                             Die Problematik wird hier in einigen         Konsum reduziert, die Wenigrau-
                                           gen vortragen. Es wäre zu wünschen,
                                                                                       Kernaussagen dargestellt.                    cher hatten ihn erhöht.
                                           dass vielleicht auf einer späteren
Mein Interesse an dem Thema ent-           Tagung zu dem Thema „Alkohol und                                                     1.3 Abstinente Alkoholiker bleiben
stand vor ca. 25 Jahren. In der Aera       Nikotin“ diese Probleme ausführlich         1. Fakten                                    (meist) weiterhin Nikotiniker.
vor der Einführung des Nikotinersat-       diskutiert werden.
zes habe ich in Gruppentherapien                                                       1.1 Rauchen ist bei Alkoholikern weit        Eine Erläuterung erübrigt sich
größere Gruppen mit ca. 30 Teilneh-                                                        verbreitet, d. h. Alkoholiker sind       hierzu, da keine Behandlung der
mern als Arzt während der Tabak-Ent-                                                       (meist) auch „Nikotiniker“.              Nikotinabhängigkeit erfolgt.
wöhnung begleitet. In diesen Gruppen                                                       Die Angaben in den Untersuchun-      1.4 Viele abstinente Alkoholiker ster-
waren oft 1- 2 Alkoholiker dabei, die      II. Geschichte                                  gen liegen zwischen 80 - 90%.            ben deswegen frühzeitiger an
sich mir offenbarten.                                                                                                               rauchbedingten Krankheiten.
                                                                                       1.2 Alkoholiker rauchen mehr Zigaret-
Seitdem weiß ich, dass einige Ex-          „Sehr häufig addieren sich die Wirkun-
                                                                                           ten.                                     HURT u. a. (1996) untersuchten
Alkoholiker auch mit dem Rauchen           gen der erwähnten Intoxikationen.
                                                                                                                                    die Ursachen der Sterblichkeit
aufhören wollen. Diese berichteten         Starke Trinker sind gewöhnlich auch             Der Zigarettenkonsum verschiebt          nach einer stationären Behand-
auch, dass anderen Mitglieder der          starke Raucher“ (STINTZING 1910).               sich bzw. vermehrt sich im Durch-        lung von Abhängigkeitskranken.
Selbsthilfe-Gruppen auf eine Rauch-                                                        schnitt während einer Entgiftung.        In einem Zeitraum von 10 - 20
                                           „Viel wichtiger, aber auch längst stu-
abstinenz oft abwehrend reagierten.                                                                                                 Jahren verstarben 222 Patienten
                                           diert, ist die Kombination mit dem              Eine Untersuchung aus der letz-
In den letzten zehn Jahren besteht ein     Alkoholismus: dass starke Trinker               ten Zeit (HARRIS 2000) soll aus-         und von 96% (= 214) konnten
vermehrtes Interesse an dem Thema,         auch oft starke Raucher sind, ist ja all-       führlich dargestellt werden. 135         die Totenscheine ausgewertet
besonders in Amerika, und es werden        gemein bekannt: dass aus dieser                 Patienten einer stationären Alko-        werden. Das Ergebnis war, dass
darüber in der letzten Zeit mehr Unter-    Kombination schwere Krankheiten re-             hol- und Drogen-Entgiftungssta-          50,9 % eine tabakbezogene und
suchungen veröffentlicht.                  sultieren, wird wohl niemand bezwei-            tion in London wurden unter-             34,1% eine alkoholbezogene To-
                                           feln“ (FRANKL-HOCHWART 1912).                   sucht. Bei der Aufnahme waren            desursache aufzeigten.
Viele Faktoren sind aber noch unklar
                                                                                           92% Raucher, die durchschnittlich
bzw. die Forschung ist noch im Fluss.      „Nikotinsucht, Alkoholismus, Morphin-           27 Zigaretten/Tag rauchten.
Viele Untersuchungen wurden im             sucht und Kokainismus sind gleich-                                                   2. Warum rauchen die
Labor durchgeführt und dadurch spie-       geartet... Wenn wir unsere Trinker hei-         83 Patienten wurden nach einer          Alkoholiker soviel?
geln sie nur sehr begrenzt die reale       len wollen, so müssen wir sie zugleich          Woche der Behandlung erneut
Situation im Alltag wider. Ebenfalls       auf Lebenszeit vom Nikotin entwöh-              befragt:                             2.1 Alkohol wirkt im Gehirn an mehre-
gibt es Tierversuche, wie zurzeit in der   nen“ (HILDEBRANDT 1931).                                                                 ren Transmitter-Systemen und
ganzen Suchtforschung.                                                                     Vielraucher (40 und mehr Zig./           auch an den Nikotinrezeptoren.
                                           Heute wird viel mehr geraucht, auch             Tag) verringerten ihren Konsum
Ich werde deswegen keine genauen           öffentlich. Da hätten die Kollegen              um durchschnittlich                      Das Nikotin führt zu einer Erre-
Zahlen angeben und auch nicht auf          sicher gestaunt über das heutige Aus-               10,5 Zig./Tag;                       gung, die die Sedierung bzw.
konkrete Einzelheiten der Untersu-         maß des Rauchens. Diese Feststellun-                                                     Dämpfung des Alkohols vermin-
chungen eingehen. Was ich hier aus-                                                        Mäßigraucher (20-39 Zig./Tag)            dert oder aufhebt ( Abb. 1 ).
                                           gen - von vor 100 und vor 70 Jahren -
führe, ist mehr oder weniger bewiesen                                                      vermehrten ihren Konsum um
                                           gelten aber heute immer noch bzw.                                                        Diese beiden Abhängigkeiten sind
und weitgehend übereinstimmende                                                            durchschnittlich
                                           wohl erst recht. Die Situation ist heute                                                 anscheinend getrennte oder
Meinung in der Literatur bzw. der          noch viel schlimmer, in dem Sinne,                  4,9 Zig./ Tag und
                                                                                                                                    unabhängige psychische Störun-
Fachleute. Einige Untersuchungen           dass heute mehr konsumiert wird.                Wenigraucher (1-19 Zig./Tag) ver-        gen im Sinne einer Komorbidität.
zitiere ich exemplarisch.
                                                                                           mehrten ihren Konsum um durch-           Wenn es eine begleitende Symp-
Da diese Fragen nicht das Hauptthe-                                                        schnittlich                              tomatik wäre, müsste sich die Ni-
ma der Tagung sind, steht wenig Zeit                                                          8,6 Zig./Tag.                         kotinabhängigkeit nach der Hei-

24                       Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930          Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930                        25
Das ist auch verständlich; wenn       IV. Warum wollen die                     Beim Rauchen wird durch das Nikotin
                                            ein Mensch sich von allen stoffge-                                             ein Lustgefühl erzeugt, auf das der
                                            bundenen Abhängigkeiten löst
                                                                                      Ex-Alkoholiker nicht                 Nicht-Entwöhnungswillige nicht ver-
                                            bzw. einen klaren Schlussstrich           mit einer gleich-                    zichten will oder kann. Diese Wirkung
                                            zieht, sind auch seine Chancen            starken Motivation                   ist der entscheidende Faktor des Rau-
                                            besser, nicht wieder mit dem              das Rauchen been-                    chens und dürfte wohl bei Alkoholi-
                                            einen oder dem andern Stoff                                                    kern und Nicht-Alkoholikern gleich
                                            anzufangen.
                                                                                      den ?                                sein.
                        Alkohol         3.4 Eine Rauchentwöhnung scheint          In diesem Zusammenhang ist das eine
                                            die Rückfallgefahr zum Alkohol        wichtige Frage. Es hätte ja sein kön-
                                            nicht zu verstärken.                  nen, dass mit dem Abstinenzwunsch        V. Unterschiede zwi-
                                            Die Argumente wie oben treffen
                                                                                  gegenüber Alkohol auch ein genauso          schen Alkoholikern
                                                                                  starker Wunsch zur Nikotinabstinenz
                                            hier wohl ebenso zu: eine klare       entsteht.
                                                                                                                              und Nikotinikern
                                            Distanz zu allen Suchtstoffen.
                                                                                  Ex-Alkoholiker sind Suchtexperten        Zwischen Alkoholabhängigen und Ni-
                                        3.5 Die normalen Nikotintherapien         bzw. Experten in eigener Sache           kotinabhängigen gibt es eine Reihe
                                            scheinen auch für die Alkoholiker                                              von weiteren Unterschieden.
                                            geeignet zu sein - aber mit häufi-    - durch ihre eigenen Erfahrungen und
     lung der Alkoholabhängigkeit zu-
                                            geren Rückfällen.                       (eventuell)                            Der Nikotiniker erlebt oder hat
     rückbilden.
                                                                                  - durch die Therapie.                    a) keine Berauschung oder Störung
                                            Da es hier allein um die Abstinenz
                                                                                                                              der Bewusstheit,
                                            vom Nikotin geht, ist es verständ-    In der französischen Schweiz wurden
3. Die Motivation zur                                                                                                      b) keine Beeinträchtigung der Hirnlei-
                                            lich, dass die Methodik auch          im Jahre 1997 (ZULLINO 2000) insge-
   Rauchabstinenz                                                                                                             stung,
                                            gleich wirksam ist.                   samt 88 Alkoholiker, die sich in einem   c) keine speziellen psychosozialen
3.1 Alkoholiker und Ex-Alkoholiker      3.6 Spezielle Formen einer Nikotin-       stationären universitären Entzugspro-       Schädigungen, z. B. Beruf, Familie
    sind an einer Rauchabstinenz in-        therapie bei Alkoholikern sind        gramm befanden, über ihre Bereit-           usw.,
    teressiert.                             noch nicht erprobt.                   schaft befragt, das Rauchen zu been-
                                                                                                                           d) kein negatives mitmenschliches
                                                                                  den und über eventuelle diesbezügli-
     Der Hauptgrund sind hier auch                                                                                            oder gesellschaftliches Image,
                                        3.8 Eine Ausbildung der Suchtberate-      che Barrieren. Es wurden die be-
     die gesundheitlichen Schäden.          rinnen und -berater über die Wir-                                              e) keine Änderung der Lebenssitua-
                                                                                  kannten Entzugsbeschwerden ange-
     Ca. 40 - 50% der befragten Alko-       kungen und die Therapie der Ni-                                                   tion bei einem Rückfall (!),
                                                                                  geben.
     holiker gaben an, an einer Rau-        kotinabhängigkeit erhöht die Sen-                                              f) die körperliche Schädigung allein
     cherentwöhnung Interesse zu            sibilität für die Probleme der Rau-   Bei den verschiedenen Stadien der           durch das Rauchen ist natürlich
     haben.                                 cher.                                 Bereitschaft mit dem Rauchen aufzu-         geringer als bei dem Konsum bei-
                                                                                  hören zeigten sich signifikante Diffe-      der Suchtstoffe.
3.2 In Behandlung befindliche Alko-         Das ist das Ergebnis einer ent-       renzen. Von den Alkoholikern, die sich
    holiker und Ex-Alkoholiker können       sprechenden Untersuchung in                                                    Der „exalkoholische Nikotiniker“ hat
                                                                                  im Stadium der Überlegung und der
    das Rauchen beenden.                    Amerika und dies dürfte ebenso                                                 also eine deutlich geringere Beein-
                                                                                  Planung zu einer Nikotinabstinenz
     Die wenigen diesbezüglichen Un-        auf deutsche Verhältnisse zutref-     befanden, gab                            trächtigung seines Lebens als in der
     tersuchungen aus Amerika über          fen.                                                                           Zeit als Alkoholiker. Bei dem Vergleich
                                                                                  - ein Drittel an, dass der „Verlust an   kann er natürlich sagen, dass Rau-
     Raucherentwöhnung bei Alkoholi-
                                                                                    Lust“ (Loss of pleasure) ein Hinder-   chen - insgesamt gesehen - gar nicht
     kern geben Abstinenzerfolge von
                                                                                    nis sei                                so schlimm wie früher ist.
     8 -10% an. Manchmal auch deut-
     lich höhere Werte.                                                           gegen
3.3 Eine Rauchentwöhnung scheint                                                  - zwei Drittel im Stadium eines Rück-
    die Ergebnisse der Alkoholthera-                                                falles oder ohne entsprechende Ab-
    pie zu verbessern.                                                              sicht.

26                     Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930       Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930                         27
VI. Schlusswort                           Literatur
                                                                                      Strategien der Raucherentwöhnung I
                                          FRANKL-HOCHWART, L. v.: Die ner-
Antwort eines Alkoholikers auf die Fra-
ge: „Erleben Sie einen Unterschied
                                          vösen Erkrankungen der Tabakrau-
                                          cher, Hölder, Wien,1912, S. 62
                                                                                      - Gegenwärtige Methoden und neue
zwischen der Alkohol- und der Niko-
tinabhängigkeit ?“ (OLM 1992)             HILDEBRANDT, W. : Nikotinvergiftung         Zielrichtungen in der medikamentösen
                                          und Trinkerheilanstalt, Blätter für prak-
„Alkohol zerstört das Leben -             tische Trinkerfürsorge 1931, 15, 24 -       Behandlung
Nikotin auch, aber viel unauf-            27
fälliger.“
                                          HARRIS, J.; D. BEST; L. MAN u.a.:           Priv. Doz. Dr. Anil Batra
Wenn rauchende Alkoholtrinker ganz        Changes in cigarette smoking among
geheilt werden sollen, müssen sie                                                     Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
                                          alcohol and drug misusers during            Osianderstraße 24
auch zugleich vom Nikotin entwöhnt        inpatient detoxification, Addiction Bio-
werden. Wenn das nicht erfolgt, dann                                                  72076 Tübingen
                                          logy 2000, 5, 443 - 450
ist nur eine Hälfte des Menschen
geheilt worden, die andere Hälfte         HURT, R.; K. OFFORD; I. CROGHAN
bleibt weiterhin abhängig.                u. a.: Mortality following inpatient        Inhalt
                                          addictionstreatment, J. American
Auf Grund der oben dargestellten          Medical Association 1996, 275, 1097         I.   Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
Fakten ist die Forderung zu erheben,      - 1103
dass jede Suchteinrichtung eine/n
                                          OKM, H.-P.: Raucherentwöhnung in            II. Der Stellenwert der Nikotinsubstitution
Raucherbeauftragte/n haben sollte,
                                          der ambulanten Arbeit mit Alkoholab-            1. Nikotinkaugummi
um allen Alkoholikern die Problematik
                                          hängigkeit, Die berufliche Sozialarbeit         2. Nikotinpflaster
zu verdeutlichen und ihnen, wenn sie
                                          1992, Heft 2, S. 28 - 32                        3. Nikotinnasenspray
es wünschen, bei einer Entwöhnung
eine Hilfe zu sein. Dazu ist aber eine    STINTZING, R.: Allgemeine Prophyla-         III. Diskussion
spezielle Ausbildung über das Rau-        xe und Diätetik der Krankheiten des
chen erforderlich.                        Nervensystems, in PENZOLDT, F. u.           Literatur
                                          STINTZING, R.: Handbuch der Thera-
                                          pie. 4. Bd., Fischer, Jena, 1910, S. 18
                                          ZULLINO, D., J. BESSON; Ch.
                                          SCHNYDER: Stage of change of ciga-
                                          rette smoking in alcohol-dependent
                                          patients, European Addiction Rese-
                                          arch 2000, 6, 84 - 90

                                          Weitere Literatur beim Verfasser.

28                      Nikotinvergiftung und Trinkerheilanstalten seit 1930          Strategie der Raucherentwöhnung I                       29
I. Medikamentöse                            II. Der Stellenwert der                     Die Verträglichkeit der Nikotinersatz-   Derzeit sind zwei verschiedene Pfla-
                                                                                        produkte ist bei bestimmungsgemä-        stersysteme mit unterschiedlicher Ap-
   Behandlungsmög-                              Nikotinsubstitution                     ßer Anwendung gut. Die Gefahr der        plikationsdauer (von 16 bzw. 24 Stun-
   lichkeiten                                                                           Entstehung einer neuen Abhängigkeit      den) im Handel; Unterschiede in der
                                            Nikotinpräparate haben einen wichti-
                                                                                        scheint bei allen Applikationsformen     Wirksamkeit konnten bislang nicht
Vielen Raucherinnen und Rauchern ist        gen, unverzichtbaren Stellenwert in-
                                                                                        gering. Nur wenige Ex-Raucher wen-       nachgewiesen werden. Die Hautver-
trotz des Wissens um die gesundheits-       nerhalb der Raucherentwöhnungsthe-
                                                                                        den regelmäßig über längere Zeit         träglichkeit des Nikotinpflasters wird
schädigenden Wirkungen des Tabak-           rapie (FAGERSTRÖM 1991).
                                                                                        Nikotinkaugummi oder –nasenspray         als gut beschrieben. Aus suchtthera-
konsums eine Tabakabstinenz nicht           Nikotin wurde 1983 erstmals als Me-         an. Das Pflaster scheint überhaupt       peutischer Sicht liegt der wesentliche
möglich. Neben den durch Lernvor-           dikament zugelassen. Seither wurde          keine Abhängigkeit hervorzurufen.        Vorteil dieser Anwendung in der Ent-
gänge fest verankerten Verhaltenswei-       eine Reihe von Darreichungsformen                                                    koppelung des Zufuhrverhaltens von
sen und den mangelhaften Copings-           entwickelt: Zur Verfügung stehen in                                                  der Substanzwirkung.
trategien für rückfallgefährliche „Versu-   Deutschland Nikotinpflaster, -kau-          1. Nikotinkaugummi
chungssituationen“ stellen Entzugs-         gummi und –nasenspray. Zugelassen,                                                   Als Voraussetzungen für eine erfolgrei-
symptome (vermehrte Irritierbarkeit,        wenn auch nicht im Handel befindlich,       Das Nikotinkaugummi hat sich in zahl-    che Pflasterbehandlung werden ne-
verminderte Frustrationstoleranz, dys-      sind außerdem die Nikotintablette und       reichen placebokontrollierten Studien    ben einer guten Eingangsmotivation
phorische oder depressive Stimmung,         der Nikotininhaler.                         als effektiv erwiesen (SILAGY et al      der Teilnehmenden eine ausreichende
Ärger, Aggressivität, Angst, Konzentra-                                                 1994). Nebenwirkungen können als         Dosierung der Nikotinersatztherapie
                                            Im Folgenden beziehen sich die Darle-       Reizungen im Magen-Darm-Bereich          und eine ausreichende Behandlungs-
tionsstörungen, Unruhe, eine relative
                                            gungen auf die im Handel befindlichen       auftreten; Prothesenträgern ist die      länge über wenigstens drei Monate
Bradykardie, Schlafstörungen, gestei-
                                            Präparate.                                  Anwendung nicht zu empfehlen.            genannt (GLOVER 1993).
gerter Appetit und Rauchverlangen
(Craving)) die wichtigsten Rückfall-        Mit allen Nikotinersatzpräparaten soll      Nikotinkaugummi steht in zwei Dosie-
gründe dar.                                 der Entwöhnungsprozess erleichtert          rungen zur Verfügung: 2 mg und 4
                                            werden. Raucherinnen und Raucher            mg. Die höhere Dosierung soll eine       3. Nikotinnasenspray
Hier setzen die Raucherentwöhnungs-                                                     höhere Effektivität aufweisen. Der
                                            haben also die Chance, sich mit der                                                  Nikotinnasenspray ist in Deutschland
programme an: Während verhaltens-           Abstinenzvorbereitung, -einhaltung und      maximale Nikotinspiegel wird bei bei-
therapeutisch orientierte Gruppen-                                                                                               seit Ende 1997 im Handel erhältlich.
                                            -bewahrung ohne eine hinderliche Ent-       den Formen innerhalb von 30 min
oder Einzeltherapien die Fertigkeiten                                                                                            Es ist die einzige verfügbare Darrei-
                                            zugssymptomatik auseinanderzuset-           erreicht. Der Einsatz von Nikotin-
des Rauchers erhöhen sollen, mit                                                                                                 chungsform, die noch rezeptpflichtig
                                            zen. Dem Prinzip der Nikotinsubstitu-       kaugummi wird leicht- und mittel-
rückfallkritischen Situationen und                                                                                               ist.
                                            tion liegt die Nikotinzufuhr zur Abmilde-   schwer abhängigen Rauchern emp-
Rückfälligkeit besser umgehen zu ler-       rung der Entzugssymptomatik, wie z.B.       fohlen. Nur in sehr seltenen Fällen      Vor allem schwer abhängige Rauche-
nen, soll die initiale medikamentöse        Reizbarkeit, Herzklopfen, erniedrigter      kommt es zu einer Abhängigkeitsent-      rinnen und Raucher scheinen von der
Unterstützung die Entzugssymptome           Blutdruck, Müdigkeit, Hungergefühl,         wicklung von Nikotinkaugummi (HURT       nasalen Nikotinsubstitution besser zu
zu Beginn der Abstinenz unterdrük-          Schlafstörungen, Verdauungsstörun-          et al 1995).                             profitieren als von Nikotinpflaster oder
ken. Im Folgenden sollen die verfüg-        gen, Frustration, Konzentrations-                                                    -kaugummi. Nikotinnasenspray hat
baren medikamentösen Therapiefor-           schwierigkeiten und des Rauchverlan-                                                 gegenüber dem Kaugummi den Vor-
men vorgestellt werden.                     gens zu Grunde, wenn auch unter-                                                     teil der rascheren und effektiveren
                                                                                        2. Nikotinpflaster
                                            schiedliche Strategien hierfür gewählt                                               Substitution (maximale Nikotinspiegel
Unter den medikamentösen Verfah-                                                                                                 werden bereits nach ca. 10 Min er-
                                            werden.                                     Die Pflasterbehandlung ist in Deutsch-
ren stehen die vorübergehende Un-                                                                                                reicht). In mehreren Studien wurden
                                                                                        land seit 1990 zugelassen.
terstützung mit Nikotin (Nikotinpfla-       Nikotinkaugummi und Nikotinnasen-                                                    langfristige Erfolgsquoten von 18% -
ster, -kaugummi, oder -nasenspray)          spray können beim Auftreten von Ent-        Während der Behandlung – am bes-         27% erzielt (HJALMARSON et al.
oder mit dem Antidepressivum Bu-            zugssymptomen kurzfristig eingesetzt        ten über einen Gesamtzeitraum von 8      1994, SCHNEIDER et al. 1995) – da-
propion als die zur Zeit wirkungsvoll-      werden. Das Nikotinpflaster dagegen         - 12 Wochen – wird täglich ein neues     mit gilt das Nasenspray als effektivste
sten Methoden zur Verfügung. Die            baut einen gleichmäßigen Nikotin-           Pflaster appliziert. Begonnen wird in    Form der Nikotinsubstitution. Neben-
Nikotingabe kann als Substitutionsbe-       spiegel im Blut auf, der Entzugssymp-       der Regel mit der höchsten der drei      wirkungen treten - zumindest zu
handlung verstanden werden, wäh-            tome und insbesondere das Rauch-            verfügbaren      Pflasterdosierungen,    Behandlungsbeginn - häufiger auf als
rend Bupropion ein völlig anderes           verlangen gar nicht erst aufkommen          nach jeweils 2-4 Wochen wird die         bei den anderen Substitutionsformen.
Wirkprinzip verfolgt.                       lassen soll.                                Dosierung um eine Stufe gesenkt.         Die häufig berichteten starken Irritatio-

30                                          Strategie der Raucherentwöhnung I           Strategie der Raucherentwöhnung I                                              31
nen der Schleimhäute lassen aller-           von relativ hohen Nikotinmengen und       Abb. 2: Effektivität der Nikotinersatz-
dings nach den ersten Tagen nach             die relativ rasch ansteigenden Nikotin-   therapie (aus: SILAGY et al, Cochrane
und werden bereits nach einer Woche          spiegel im Blut höher als das von         Database 4/2000)
gut toleriert. Der Einsatz ist insbeson-     Nikotinkaugummi oder –pflaster (siehe
dere auch bei Rauchern mit Unver-            Abbildung 1).
träglichkeiten gegenüber Nikotinkau-
gummi oder -pflaster gut möglich.            Abb. 1: Pharmakokinetik von Nikotin
                                             bei verschiedenen Substitutionsprä-
Das Abhängigkeitspotential von Niko-         paraten (aus: JARVIK & SCHNEIDER,
tinnasenspray ist durch die Freigabe         1992)

                                     Zigarette    Pflaster
                                     Nasenspray   Kaugummi

                                                                                       Abb. 3: Effektivität von Bupropion in
                                                                                       der Raucherentwöhnung (Punktpräva-
                                                                                       lenz nach 12 Monaten, Quelle: JO-
                                                                                       RENBY et al 1999)
                                                                                       Bupropion

Verschiedene Metaanalysen belegen            der Nikotinersatztherapie wurden von
die Effizienz der verschiedenen Ni-          der Cochrane Research Group ausge-
kotinersatztherapien im Vergleich mit        wertet und in einer Metaanalyse dar-
einer Placebobehandlung. Die Niko-           gestellt. Die Wirksamkeit einer Tabak-
tinsubstitution scheint die Abstinenz-       entwöhnungstherapie wird demnach
wahrscheinlichkeit im Rahmen eines           durch die Gabe von Nikotin um den
Entwöhnungsversuches nahezu zu               Faktor 1,7 gesteigert. Die relative
verdoppeln (siehe Abb. 2). Umfangrei-        Wirksamkeit variiert wenig zwischen
che Untersuchungen zur Effektivität          den einzelnen Darreichungsformen.         Einen neuen Ansatz verfolgt das im        mehemmung von Noradrenalin und
                                                                                       Juli 2000 zugelassene Entwöhnungs-        Dopamin. Dies erklärt sowohl Wirk-
                                                                                       mittel Bupropion (Zyban). Bupropion       weise (Reduktion von Rauchverlangen
                                                                                       erfuhr in den USA 1988 zunächst eine      und Gewichtszunahme) als auch das
                                                                                       Zulassung als Antidepressivum. Die        Nebenwirkungsprofil (Schlafstörun-
                                                                                       Wirkung als Medikament zur Unter-         gen, Mundtrockenheit, Kopfschmer-
                                                                                       drückung des Rauchverlangens wur-         zen und Übelkeit) der Substanz.
                                                                                       de erst später entdeckt. 1997 wurde       Anwender berichten über eine signifi-
                                                                                       die Substanz in den USA zur Rau-          kante Reduktion des Rauchverlan-
                                                                                       cherentwöhnung zugelassen. Die            gens. Raucher mit einer Zuckerkrank-
                                                                                       Aminoketon-Verbindung wirkt vermut-       heit, einer Epilepsie oder einer psychi-
                                                                                       lich über eine zentrale Wiederaufnah-     schen Erkrankung sollten das Medika-

32                                           Strategie der Raucherentwöhnung I         Strategie der Raucherentwöhnung I                                              33
ment allerdings wegen der Gefahr von       die Effektivität und die Akzeptanz von                 Literatur                                 SCHNEIDER NG, OLMSTEAD R,
Nebenwirkungen (insbesondere des           Raucherentwöhnungsbehandlungen                                                                   MODY FV, DOAN K, FRANON M,
Auftretens von epileptischen Anfällen      erhöht werden. Zielgruppen sind Rau-                   FAGERSTRÖM KO, Towards better             JARVIK ME, STEINBERG C, Efficacy
bei Patienten, die hierzu eine Prädi-      cherinnen und Raucher, die aufgrund                    diagnoses and more individual treat-      of a nicotine nasal spray in smoking
sposition aufweisen) nur in Rückspra-      besonderer gesundheitlicher Gefähr-                    ment of tabacco dependence. Br J          cessation: A placebo controlled, dou-
che mit ihrem Arzt einnehmen.              dungen dringend einer wirksamen                        Addict. 1991; 86:543-547                  ble blind trial, Addiction, 1995;
                                           Therapie zugeführt werden sollten,                                                               90:1671-1682
In der umfangreichsten Studie, die                                                                GLOVER ED, What can we expect
                                           oder starke Raucher, die auch in
bislang zu dieser Substanz vorliegt, ist                                                          from the nicotine transdermal patch?      SILAGY C, MANT D, FOWLER G,
                                           üblichen, professionell geleiteten Rau-
der Wirkstoff der Placebobehandlung                                                               A theoretical/practical approach,         LANCASTER T (2000), Nicotine repla-
                                           c h e re n t w ö h n u n g s b e h a n d l u n g e n
eindeutig überlegen (Abb.3, JOREN-                                                                Health Values. 1993; 17:69-79             cement therapy for smoking cessa-
                                           (Verhaltenstherapie und Nikotinsubsti-
BY et al. 1999). Allerdings wird sich                                                                                                       tion, Cochrane Database, Issue 4,
                                           tution) geringe Abstinenzaussichten                    HJALMARSON A, FRANZON M,
erst in den nächsten Jahren endgültig                                                                                                       2000. Oxford
                                           haben.                                                 WESZIN A, WIKLUND O, Effect of
beurteilen lassen, ob die Substanz                                                                nicotine nasal spray on smoking ces-      SILAGY CA, MANT DC, FOWLER GH,
auch anderen Therapiestrategien            Abschließend soll betont werden,
                                                                                                  sation, Arch Intern Med. 1994;            LODGE M, Meta-analysis on efficacy
überlegen ist, ob das Nebenwirkungs-       dass sich die Wirksamkeit einer medi-
                                                                                                  154:2567-2572                             of nicotine replacement therapies in
profil den breiten Einsatz ermöglicht      kamentösen Behandlung nur in Ver-
                                                                                                                                            smoking cessation, Lancet, 1994;
und ob die Substanz in bestimmten          bindung mit einer zusätzlichen moti-                   HURT RD, OFFORD KP, LAUGER GG,
                                                                                                                                            343:139-142
Untergruppen (z.B. Raucher mit             vierenden oder besser noch verhal-                     MARUSIC Z, FAGERSTRÖM KO, EN-
depressiven Episoden in der Anamne-        tenstherapeutischen Unterstützung                      RIGHT PL, SCANLON PD, Cessation
se) eine besonders hohe Effektivität       entfalten kann. Weder Motivationsar-                   of long-term nicotine gum use - a pro-
besitzt.                                   beit noch Fertigkeiten im Umgang mit                   spective, randomized trial, Addiction,
                                           Versuchungssituationen lassen sich                     1995b; 90:407-413
                                           durch ein Medikament ersetzen! Die
                                                                                                  JARVIK ME, SCHNEIDER NG, Nicoti-
                                           medikamentöse Behandlung ist stets
                                                                                                  ne. In: LOWINSION JH, RUIZ P, MILL-
III. Diskussion                            wirksamer, wenn begleitend verhal-
                                                                                                  MAN RB (eds). Substance Abuse: A
                                           tenstherapeutische Beratungen oder
                                                                                                  Comprehensive Textbook, Ed II. Balti-
Die Abstinenzerfolge mit Hilfe der         Unterstützungen gegeben werden.
                                                                                                  more, Md, Williams and Wilkins, 1992
medikamentösen Behandlungen sind           Andernfalls werden im klinischen All-
angesichts der geringen spontanen          tag bedeutend niedrigere Erfolgsraten                  JORENBY DE, LEISCHOW SJ, NIDES
Abstinenzquote von weniger als 5%          (um 5%) erreicht, als in den wissen-                   MA, RENNARD SI, JOHNSTON JA,
langfristigem Erfolg respektabel, an-      schaftlichen Studien berichtet wurden                  HUGHES AR, SMITH SS, MURAMO-
dererseits auch wieder als nur „mäßig“     (RINGBECK 1994).                                       TO ML, DAUGHTON DM, DOAN K,
zu bezeichnen. Die langfristige Ab-                                                               FIORE MC, BAKER TB, A controlled
stinenzwahrscheinlichkeit liegt selbst                                                            trial of sustained-release bupropion, a
bei Anwendung multimodaler Thera-                                                                 nicotine patch, or both for smoking
pien (Kombinationen aus medikamen-                                                                cessation, N Engl J Med. 1999;
tösen Entwöhnungshilfen und verhal-                                                               340:685-689
tenstherapeutischer Unterstützung)                                                                RINGBECK DM. Raucherentwöhnung
oft unter 30%. Insbesondere stark                                                                 mit dem Nikotinpflaster - Niedrige
abhängige Raucher, sowie Raucher                                                                  Erfolgsquoten unter Alltagsbedingun-
mit comorbiden Störungen (z.B. Dro-                                                               gen, Fortschr Med. 1994; 112-336
gen- oder Alkoholabhängigkeit oder
Depressionen) haben geringe Absti-
nenzaussichten - diese liegen zumeist
noch unter 10%. Durch die Entwick-
lung sogenannter risikogruppenspezi-
fischer Programme könnte in Zukunft

34                                         Strategie der Raucherentwöhnung I                      Strategie der Raucherentwöhnung I                                           35
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