MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

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MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
AUSGABE 01 | 1. QUARTAL 2019

MAGAZIN
DER HEINRICH-HEINE-UNIVERSITÄT DÜSSELDORF

                                                      HHU
                                                      DIE BÜRGER­
                                                      UNIVERSITÄT

     ERMANISTIK:
    G                            J URA:                       EDIZIN:
                                                              M
  	Woraus ist Morgen          	Tagung zur Reichs-         	Neuartiger Schmerzschritt-
    gemacht?                      bürgerbewegung              macher implantiert
MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
für dich ist es ein Stich und 45 Minuten
                deiner Lebenszeit. für jemand anderen
                kann es die Entscheidung zwischen Le-
                ben oder Sterben sein. Denn: Dein blut
                bedeutet Leben. nicht nur für dich.
                Durch eine blutspende kannst du ein
                Leben retten. Oder mehrere. Das blut-
                spenden schadet dir nicht. im Gegen-
                teil: regelmäßiges blutspenden regt
                das Knochenmark zur blutbildung an,

Ein Stich
für Ein LEbEn
            Geh‘ blut spenden!
                so dass sich innerhalb kurzer Zeit die
                blutzellen erneuern. blut zu spenden,
                ist „Jogging für’s Knochenmark“. Zwei
                Drittel der Menschen in Deutschland
                brauchen ein Mal im Leben eine blut-
                spende oder Produkte, die aus einer
                blutspende gewonnen werden. Schau
                dich um. Es könnte jeden treffen. Auch
                dich. Deshalb: heute noch informieren!
                Und morgen blut spenden.

                          Blutspendezentrale
                    Universitätsklinikum Düsseldorf

                               Mehr Infos:
   Telefon 0211 81-18575 / Blutspendezentrale@med.uni-duesseldorf.de

                    ...oder einfach vorbei kommen:
Mo + Mi 08.00 –13.00 Uhr, Di + Do 07.00 –19.00 Uhr und Fr 07.00–12.00 Uhr
                   Geb. 12.41 (Chirurgie, Erdgeschoß)
MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
EDITORIAL

Editorial

                                                                                                                                Foto: Lukas Piel
Was macht denn die OASE neben dem Rheinturm? Warum                     Haben Sie schon einmal über eine Unternehmensgrün-
ist die Kuppel des Botanischen Gartens plötzlich vor dem            dung nachgedacht? Oder suchen Sie gerade einen Influencer,
Dreischeibenhaus? Und wieso ist das Heine-Denkmal ans Rhein­        der Ihr Unternehmen in den Sozialen Medien so richtig be-
ufer gezogen? Für alle diejenigen, die die Heinrich-Heine-          kannt macht? Sonderbare Fragen? Was das soll, lesen Sie in
Universität nicht kennen, und für die HHU-Kenner, die gerade        unserer Geschichte aus der Wirtschaftswissenschaftlichen Fa-
etwas verunsichert sind: Unser Titelbild stellt kein neues archi-   kultät ab Seite 21.
tektonisches City-Konzept vor. Wir haben frech, aber aus gu-           Viel Engagement beweisen die Jura-Studierenden, die die
ten Gründen, die Wahrzeichen der Uni in die Stadt verpflanzt.       Initiative Refugee Law Clinic Düsseldorf e. V. gegründet haben.
Da möchte die Uni nämlich künftig verstärkt hin – in die Stadt,     Seit vier Jahren beraten sie Flüchtlinge bei Rechtsfragen –
zu den Bürgerinnen und Bürgern, zu allen, die Interesse an          jetzt wurden sie von der Stadt Düsseldorf mit dem Martins-
Wissenschaft haben. Und zwar zum beiderseitigen Nutzen:             taler ausgezeichnet. Ab Seite 42 erfahren Sie mehr über die
Die Bürger sollen mehr von der Forschung, die hier geleistet        engagierten Studierenden.
wird, erfahren und die Hochschule möchte gern vom Aus-                 Lahme wieder gehen zu lassen, so würden die Neurobiolo-
tausch mit der Stadtgesellschaft profitieren. Die Heinrich-         gen ihr Ziel sicher nicht beschreiben. Dennoch beschäftigen
Heine-Universität ist Bürgeruniversität – dieser nun Wirklich-      sie sich seit Jahrzehnten mit der Frage, ob und wie die Regene-
keit gewordene Gedanke von Rektorin Prof. Dr. Anja Steinbeck        ration des verletzten Rückenmarks möglich gemacht werden
ist unsere Titelgeschichte.                                         könnte. Den Ansatz aus der Mikrosystem-Technologie stellen
    Hinaus aus der Uni zieht es derzeit vor allem die Naturwis-     wir Ihnen ab Seite 52 vor.
senschaftler, genauer die Pharmazeuten: Drei von ihnen reisen
regelmäßig mit ihren „Erstis“ ins Sauerland. Warum das einen        Einen vergnüglichen Frühling wünscht
ganz neuen Zugang zum Pharmaziestudium bringen kann, das
erfahren Sie auf den Seiten der Mathematisch-Naturwissen-
schaftlichen Fakultät.
    Die Studierenden des Fachs Jüdische Studien wie auch die
Universitäts- und Landesbibliothek profitieren von einem span-
nenden Fund: Alte Pergamente, die seit Jahren in einem Keller
lagen, entpuppten sich als Tora-Fragmente. Wie diese fach-
kundig aufgearbeitet wurden, lesen Sie ab Seite 13.                 Dr. Victoria Meinschäfer

Magazin 1 | 2019                                                                                                                      3
MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
INHALT

TITEL                                                                             SEITE 24 – 35

24	Bürgeruniversität: Die Welt verstehen –
    und nicht nur ein Planquadrat
26	Interview mit Prof. Dr. Anja Steinbeck
                                                      Mit der Etablierung der
                                                   Bürgeruniversität macht die
                                                                                        24
    und Prof. Dr. Stefan Marschall                  HHU einen großen Schritt

                                                                                                     Foto: Düsseldorf Tourismus, Composing: Paul Schwaderer
29	Bürgeruniversität fördert                         in die Stadtgesellschaft.
    Feldstudie auf Elba
32	Bürgerbeteiligung: Von allen gewünscht,
    doch selten zufriedenstellend
34	Das Exzellenzcluster CEPLAS
    hat ein breites Angebot für
    Bürgerschaft und Politik

CAMPUS & INTERNATIONALES                                                          SEITE 06 – 11

    Campus
06 Neujahrsempfang 2019
08 Interdisziplinäre KI-Forschung an der HHU
                                                       Die Zeichen stehen auf
                                                     Wachstum: 361 Deutsch-
                                                                                         10
09	Meilenstein für das Diversity-Management         landstipendien vergeben.
    der HHU
10	361 Deutschlandstipendien im
    Jubiläumsjahr 2018 vergeben

    Internationales

                                                                                                     Foto: Ivo Mayr
12	Internationales Gütesiegel „HR Excellence in
    Research Award“ verliehen

FAKULTÄTEN                                                                        SEITE 13 – 23

    Philosophische Fakultät
13  Studierende der Jüdischen Studien
     analysieren Tora-Fragmente
                                                       Romanisten haben ein
                                                          Online-Tutorial zur
                                                                                         18
16	„Woraus ist Morgen gemacht?“                      Phraseologie entwickelt.
18 Tutorial zur Phraseologie:
    Wissen, wie die Phrase läuft
                                                                                                     Fotos: Still aus dem Einführungstutorial

19 Meyer-Struckmann-Preis 2018 für
     Barbara Stollberg-Rilinger

     Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
21   Wie effektiv ist die Influencer-Kampagne?

4                                                                                 Magazin 1 | 2019
MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
INHALT

                                  FAKULTÄTEN                                                                                      SEITE 36 – 55

                                                                                                      Mathematisch-
                                                              36       Auf der Suche nach einer
                                                                       umfassenden Theorie des
                                                                                                      Naturwissenschaftliche Fakultät
                                                                                                  36	Theoretische Biologie an der HHU
                                                                       Lebens.                    38	Ungewöhnliche Einführung in das
                                                                                                      Pharmaziestudium
                                                                                                  40	iGEM-Wettbewerb

                                                                                                  	    Juristische Fakultät
Foto: Christoph Kawan

                                                                                                  42    Martinstaler für Refugee Law Clinic
                                                                                                         Düsseldorf
                                                                                                  44    Reichsbürger lehnen den Staat ab:
                                                                                                       „Wenn niemand an das Recht glaubt,
                                                                                                         kann man mit dem Recht nichts machen“

                                                                                                      Medizinische Fakultät
                                                                                                  47	Eine fast vergessene Krankheit:

                                   47                                  Eine fast vergessene
                                                                       Krankheit: Kriegszittern
                                                                                                      Kriegszittern
                                                                                                  50	Chronische Schmerzen:
                                                                                                      Ein neuartiger Schrittmacher hilft
                                                                                                  52	Schritt für Schritt: Forschung zur
                                                                                                      Querschnittslähmung
                                                                                                  55	Aussagefähigeres radiologisches
                                                                                                      Verfahren bei Prostatakrebs
                                                                                                  55	Was geschieht nach dem Herzinfarkt?
Foto: Frédéric Batier / X Filme

                                  PERSONALIA                                                                                      SEITE 57 – 63

                                                                                                  57	Kathrin Kessen übernimmt die Leitung
                                                                                                      der ULB
                                                                                                  58	Nachrufe: Prof. Dr. Flohr, Prof. Dr.
                                                                                                      Gattermann, Prof. Dr. Gössmann,
                                                                                                      Prof. Dr. med. Hadding
                                                                                                  62	Ernennungen: Prof. Dr. Curdts, Prof. Dr.
                                                                                                      Fraune
                                                                                                  63	Ausschreibung: Forschungspreis 2019 der
                                                                                                      Dr.-Günther- und Imme-Wille-Stiftung,
                                                                                                      Junior-Professuren
                                  03	Editorial
                                  56	Neuerscheinungen der d | u | p
                                  63	Impressum

                                  Magazin 1 | 2019                                                                                                5
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                Neujahrsempfang 2019
                                      Rektorin Steinbeck
                                   mahnt Forschungsfreiheit an

                                                     VON CAROLIN GRAPE

V
          or rund 700 geladenen Gästen begrüßte Rektorin            abwarte, ob und welche Kunstwerke nach so manch zerrisse-
          Prof. Dr. Anja Steinbeck Vertreterinnen und Vertre-       ner Skizze entstünden. Und um im Bild zu bleiben: „Ministe-
          ter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesell-     rin Anja Karliczek hingegen möchte den Wissenschaftlern
          schaft zum Neujahrsempfang. Die Rektorin äußerte          ein Ausmalbuch in die Hand drücken. Dabei mögen schöne
sich in ihrer Rede zur Freiheit und Verantwortung von For-          Bilder entstehen, aber Kunst sicherlich nicht! Ein solch kurzfris-
schung und Wissenschaft.                                            tiges Denken kann zu langfristigem Schaden führen.“

Gleich zu Beginn sprach Prof. Dr. Anja Steinbeck Klartext: Sie
kritisierte die Haltung von Bundesbildungsministerin Anja                          Forschung will mehr
Karliczek, die „die Anwendbarkeit zur Tonika der Wissen-
schaft erkläre“, und stellte die grundgesetzlich garantierte For-
                                                                                   als nur nüchtern sein
schungsfreiheit dagegen: „Forschungsfreiheit bedeutet Ergeb-
nisoffenheit. Erst in Freiheit und Unabhängigkeit von staat-           Laut Rektorin ist die Forderung der Anwendbarkeit von For-
lichen Vorgaben kann sich die Kreativität wissenschaftlicher        schungsergebnissen angesichts drängender globaler Heraus-
Forschung entfalten und so das Fundament für Innovationen           forderungen wie Klimawandel, Überbevölkerung und Ressour-
und Perspektiven kommender Generationen legen und damit             cenverbrauch ein berechtigtes Anliegen, sie darf jedoch nicht
die Voraussetzungen für zivilisatorischen Fortschritt schaffen.“    zum leitenden Motiv werden. „Grundlagenforschung hat einen
Auch in der Kunst stelle sich notwendige Kreativität nur ein,       Nutzen, auch wenn sie kein unmittelbares praktisches Ziel hat.“
wenn man dem Künstler lediglich Papier und alle Arten von           Gleichzeitig appellierte sie an die Wissenschaft, sich ausrei-
Schreib- und Malgeräten zur Verfügung stelle und geduldig           chend zu erklären. „Ich bin der Überzeugung, dass die Wissen-

      Unter den Gästen beim Neujahrs-
    empfang: NRW-Justizminister Peter
                                                                                                                                        Fotos: Wilfried Meyer

     Biesenbach, Rektorin Prof. Dr. Anja
     Steinbeck, Staatsekretärin Kerstin
    Griese, Anne-José Paulsen und Ober-
     bürgermeister Thomas Geisel (v. l.)

6                                                                                                                    Magazin 1 | 2019
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                                                                                                Die Ehrensenatoren der Universität: Hans-Heinrich Grosse-
                                                                                                Brockhoff, Prof. Dr. Dr. h.c. Detlev Riesner, Dr. Esther Betz,
                                                                                                Bernd Hebbering, Prof. Dr. Hannelore Riesner, Roland Oetker
                                                                                                und Dr. Gustav Adolph von Halem (v. l.)

    Staatssekretärin Kerstin Griese appellierte an die Studierenden, sich gesellschaftlich zu
 engagieren: „Heute ist es wichtiger denn je, sich für Demokratie und Toleranz, für Freiheit,
        für das Lernen aus unserer Geschichte und für den Zusammenhalt der Gesellschaft
     einzusetzen. Ich erlebe das jede Woche im Bundestag, wenn von rechts außen unsere
       Demokratie verachtet und verhöhnt wird. Dagegen müssen alle Demokratinnen und
      Demokraten zusammenhalten. Es ist gut, wenn die Universitäten ein Teil davon sind.“

schaft ihre gedanklichen Grundlagen, ihre Methoden und ihre                          bünde verlängert und finanzielle Mittel für neue Projekte ein-
Erkenntnisse in verständlicher Form nach außen sichtbar ma-                          geworben werden. Exemplarisch stellte sie eines dieser neu-
chen muss. Nur so kann sie am sachlichen öffentlichen Dis-                           en interdisziplinären Projekte vor: Künstliche Intelligenz (KI)
kurs mitwirken, Vertrauen in der Bevölkerung aufbauen und                            und Data Science. Hier forschen erstmals Wissenschaftler
die Meinungsbildung mitgestalten. Sie darf das Feld nicht                            und Wissenschaftlerinnen aller fünf Fakultäten an gesellschaft-
anderen wirkmächtigen Interessengruppen überlassen.“                                 lichen, politischen, ethischen, rechtlichen und wirtschaftlichen
   Mit der NRW-Hochschulpolitik und insbesondere mit der                             Herausforderungen der KI.
Novelle des Landeshochschulgesetzes zeigte sich die Rektorin                            Lehre: Auch in die Lehre wird das Thema KI mit dem neuen
dagegen zufrieden. Sie begrüßte die Neuregelung, verbind-                            Masterstudiengang ‚Artificial Intelligence and Data Science‘
liche Anwesenheitspflichten einführen zu können: „Sie muss                           Einzug halten. Zudem wird es ein Studienmodul ‚KI für Alle‘
in den Lehrveranstaltungen möglich sein, die den Studieren-                          geben, das Studierenden aller Fakultäten grundlegendes Wis-
den Wissen so vermitteln können wie kein anderes Format –                            sen vermittelt und ihnen zu beurteilen hilft, wie KI-Methoden
beispielsweise Exkursionen, Labortätigkeiten oder Veranstal-                         in der Forschung eingesetzt werden können.
tungen mit Schwerpunkt auf dem wissenschaftlichen Diskurs.                              Schließlich äußerte sich die Rektorin zum Profil Bürger­
Wir haben an der HHU gemeinsam mit Studierenden genaue                               universität. Hierbei agiere die HHU ganz im Sinne ihres Na-
Leitlinien verfasst, die auf unserer Homepage abrufbar sind.“                        menspatrons: Heinrich Heine setzte sich für eine bürgerliche
                                                                                     aufgeklärte Gesellschaft ein, in der die Werte von Freiheit,
                                                                                     Gleichheit, Toleranz und Weltoffenheit gelten.
                    KI und Data Science                                                 Prof. Dr. Lothar Michael sowie Kerstin Griese, Mitglied des
                                                                                     Deutschen Bundestages und Parlamentarische Staatssekretä-
                                                                                     rin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, erhielten die
   Nachfolgend wandte Professorin Steinbeck ihren Blick auf                          HHU-Ehrenmedaillen in Anerkennung ihrer Verdienste um die
die Erfolge der letzten zwölf Monate und skizzierte die Per­                         Universität. Kerstin Griese hatte als Teil des damaligen AStA-
spektiven der Heinrich-Heine-Universität für das Jahr 2019 in                        Vorstands maßgeblich zur Namensgebung der Universität
den Bereichen Forschung, Lehre und dem Profil als Bürgeruni-                         Düsseldorf nach Heinrich Heine beigetragen.
versität.                                                                               Ein Novum bei der musikalischen Begleitung: Mitglieder
   Forschung: Hier spielt die HHU mit der 2018 erfolgten Be-                         des Unichores überraschten die Anwesenden mit der Perfor-
stätigung des Exzellenzclusters CEPLAS im Rahmen der „Ex-                            mance moderner Songs von Adele, Clean Bandit sowie Elton
zellenzstrategie“ weiterhin in der akademischen Bundesliga.                          John – Höhepunkt war die Interpretation der Bohemian Rhap-
Daneben konnten die Finanzierung aller HHU-Forschungsver-                            sody von Queen.

Magazin 1 | 2019                                                                                                                                                 7
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JÜRGEN MANCHOT STIFTUNG
FÖRDERT NEUE FORSCHUNGSGRUPPE

Interdisziplinäre KI-Forschung
an der HHU
Am 1. Januar 2019 hat die Manchot-For-              Die Manchot-Forschungsgruppe star-           ordinator. Dieses sind Prof. Dr. Rainer
schungsgruppe „Entscheidungsfindung              tet mit drei Anwendungspilotprojekten –         Haas in der Medizinischen, Prof. Dr. Bar-
mit Hilfe von Methoden der Künstlichen           sogenannten „Use Cases“ – aus drei Fa-          bara Weißenberger in der Wirtschafts-
Intelligenz“ an der Heinrich-Heine-Uni-          kultäten der HHU, die gefördert werden.         wissenschaftlichen, Prof. Dr. Gerhard Vo-
versität Düsseldorf ihren Betrieb aufge-         Alle diese Projekte verfolgen einen inter-      we in der Philosophischen und Prof. Dr.
nommen. Ziel ist es, die KI-Forschung an         disziplinären Ansatz: Die fachlichen As-        Stefan Harmeling in der Mathematisch-
der HHU zu vernetzen und ihre Anwen-             pekte werden durch die KI-Methoden-             Naturwissenschaftlichen Fakultät.
dung in allen Fakultäten der Universität         expertise aus der Informatik flankiert,            Die HHU flankiert die Forschungsgrup-
voranzutreiben. Die Jürgen Manchot Stif-         Juristen untersuchen die rechtlichen            pe mit weiteren Initiativen. So wird das
tung fördert die interdisziplinäre For-          und Philosophen die ethischen Aspekte          Thema Künstliche Intelligenz Einzug in
schungsgruppe über drei Jahre.                   der Anwendungsszenarien.                        die Lehre halten. An der Mathematisch-
                                                                                                 Naturwissenschaftlichen Fakultät wird
„Die Künstliche Intelligenz wird in Zukunft                                                      dazu zum Wintersemester 2019/20 der
 in allen Lebensbereichen eine zentrale Rol-                 Use Cases                           neue Masterstudiengang „Artificial Intel-
 le spielen“, so Prof. Dr. Klaus Pfeffer, Pro-                                                   ligence and Data Science“ eingerichtet.
 rektor für Strategisches Management und
                                                            und Strategie                        Prof. Mauve: „Es gibt heute zu wenige
 Chancengerechtigkeit der HHU und einer                                                          KI-Experten und -Expertinnen auf dem
 der beiden Sprecher der neuen Forschungs-           Im Bereich der Biomedizin sollen Me-        Markt. Wir werden also unsere Fachleu-
 gruppe. Inzwischen sind sowohl die Tech-         thoden zur Vorhersage von Erfolgschan-         te selbst ausbilden, um sie in den For-
 nik als auch die Methoden der Künstlichen        cen und Komplikationen bei Knochenmark­        schungsprojekten an der HHU einzuset-
 Intelligenz so weit fortgeschritten, dass        transplantationen (Clinical Reasoning /        zen.“ Neben diesem spezifischen Studien-
 man Anwendungen in vielen alltäglichen           Data Intelligence) entwickelt werden, die      gang, in dem die Studierenden jeweils
 Bereichen findet. Prof. Pfeffer: „Es ist von     Ärzte und Ärztinnen bei Therapieentschei-      eng in ein Anwendungsprojekt eingebun-
 entscheidender strategischer Bedeutung           dungen unterstützen können. In einem           den werden, wird es ein Studienmodul
 für unsere Universität, hier unsere Kräfte       gemeinsamen Projekt der Betriebswirt-         „KI für Alle“ geben, das Studierenden aller
 zu bündeln und weiter auszubauen.“               schaftslehre und der Rechtswissenschaf-        Fakultäten grundlegendes Wissen vermit-
     An der HHU gibt es bereits an verschie-      ten geht es um „Good Governance und            telt und ihnen zu beurteilen hilft, wie
 denen Stellen Expertise in der Methoden-         Compliance“, bei der gute Unternehmens-        KI-Methoden in der Forschung eingesetzt
 entwicklung und der Anwendung von                führung unterstützt werden soll. Im drit-      werden können.
 Künstlicher Intelligenz. Noch ist die HHU        ten Use Case aus der Kommunikationswis-           Thomas Manchot, Ehrensenator der
 aber kein KI-Standort; dies soll sich in         senschaft und den Politikwissenschaften        HHU und Kuratoriumsvorsitzender der
Zukunft ändern, indem Forschende aus              sollen politische Entscheidungsprozesse        Jürgen Manchot Stiftung, stellt die För-
 verschiedenen Bereichen und mit unter-           analysiert werden, die durch KI beein-         derung der Forschungsgruppe in einen
 schiedlichen Schwerpunkten vernetzt              flusst sind. Sowohl Wähler als auch Par-       besonderen Kontext: „In diesem Jahr fei-
 werden. Ko-Sprecher Prof. Dr. Martin             teien stehen dabei im Fokus. Prof. Pfeffer:    ert unsere Stiftung ihr 30-jähriges Be-
 Mauve, Dekan der Mathematisch-Natur-            „Neben diesen ‚Use Cases‘ werden wir in         stehen. Zu diesem Anlass ist die neue
 wissenschaftlichen Fakultät: „Unser Ziel         einem übergeordnete Projekt eine KI-Stra-      Manchot-Forschungsgruppe auch unser
 ist die Anwendung von Methoden der KI            tegie für die gesamte HHU entwickeln.“         besonderes Geschenk an die Universität
 in allen Fakultäten der HHU. Mit der neu-           Neben den beiden Sprechern Prof.            Düsseldorf. Sie soll die Forschung und
 en Forschungsgruppe werden wir KI-An-            Mauve und Prof. Pfeffer gibt es in den         Anwendung der Künstlichen Intelligenz
 wendungen implementieren und bereits             Fakultäten jeweils eine Projektkoordina-       an der HHU nachhaltig unterstützen und
 vorhandene Ansätze stärken.“                     torin beziehungsweise einen Projektko-         voranbringen.“                       A. C.

8                                                                                                                         Magazin 1 | 2019
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Meilenstein für das
Diversity-Management der HHU
Zertifikatsverleihung des Stifterverbandes in Berlin

                                                                                         Foto: Peter Himsel / Stifterverband
                                                                                                                               Prof. Dr. Klaus Pfeffer und Dr. Isabell Lisberg-
                                                                                                                               Haag, Auditorin des Diversity-Audits „Vielfalt
                                                                                                                               gestalten“, nahmen das Zertifikat für die HHU
                                                                                                                               entgegen.

W
             enn man die Studierenden und die Beschäftigten         pen „Barrierefreiheit“, „Buddy-Programm“, „Image-Kampagne“
             der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf betrach-     und „Qualifizierung“ habe sich die Vielfalt in der Verwaltung
             tet, dann sind diese ein „Spiegel der Gesellschaft“.   und in den Hörsälen widergespiegelt. „Wir verstehen Chancen-
Und diese unsere Gesellschaft wird immer bunter. Das erken-         gerechtigkeit als Querschnittsaufgabe!“, ergänzt der Prorektor.
nen nicht nur Unternehmen, die im Wettbewerb um kluge               Unter dem Motto „Wir sind HHU“ standen folgende strategi-
Köpfe stehen, das haben auch Universitäten und Hochschulen          sche Ziele im Fokus des Audits:
im Blick. Bildungshintergründe, Lebensentwürfe, körperliche
                                                                    	
                                                                     die Sensibilisierung der Studierenden und der
sowie geistige Fähigkeiten, Weltanschauungen oder Geschlecht:
                                                                     Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter für Diversity-Themen
Die Studierenden und Beschäftigten der HHU zeichnen sich
                                                                     und der Abbau von Vorurteilen
durch Vielfalt aus.
                                                                    	
                                                                     die Förderung der Akzeptanz von Unterschieden
                                                                    	
                                                                     die Implementierung einer Kultur der gegenseitigen
 Im Rahmen des 5. Diversity Forums am 20. Februar in Berlin
                                                                     Wertschätzung
 nahm Prof. Dr. Klaus Pfeffer, Prorektor für Strategisches Ma-
                                                                    	
                                                                     die Vermeidung von Ungleichbehandlungen und
 nagement und Chancengerechtigkeit, das Audit-Zertifikat
                                                                     Diskriminierungen
„Vielfalt gestalten“ des Stifterverbandes für die HHU entgegen.
                                                                    	
                                                                     die Verbesserung der Barrierefreiheit auf dem Campus
    Das Diversity-Audit hat neue Ideen und Maßnahmen für
                                                                    	
                                                                     die Umsetzung der im NRW-Hochschulgesetz formulierten
 den Umgang mit Vielfalt an Universitäten und Hochschulen im
                                                                     Aufgabe im Bereich Diversity-Management
 Kontext der Strategie- und Organisationsentwicklung hervor-
 gebracht. Vor dem Beginn des (Auditierungs-) Prozesses, der        Die Umsetzung des Auditprojekts übernahm die „Koordinie-
 an der HHU 2016 begann, wurde Diversity-Management als             rungsstelle Diversity“. Um die Aktivitäten an der HHU sicht-
 Entwicklungsziel im Hochschulentwicklungsplan verankert.           bar zu machen, wurde im Rahmen einer Image-Kampagne
   „Ein Lenkungskreis, der sich aus Vertreterinnen und Vertre-      das Diversity-Portal implementiert.
 tern der Statusgruppen an der Universität zusammensetzte,             Auf den Portalseiten www.diversity.hhu.de finden Sie In-
 ermöglichte es, Sichtweisen und Ideen sowohl von Studie-           formationen, Terminhinweise und Lernmaterialien. Der Pro-
 renden, von Vertreterinnen und Vertretern der Lehrenden, der       rektor dankt allen Mitwirkenden und unserer externen Audi-
 Administration als auch vom Rektorat zu entwickeln und zu          torin, Dr. Isabell Lisberg-Haag, für das hervorragende Enga-
 diskutieren“, erläutert Prof. Pfeffer. In den vier Arbeitsgrup-    gement.                                                 A. H.

Magazin 1 | 2019                                                                                                                                                                  9
MAGAZIN DIE BÜRGER-UNIVERSITÄT - HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
CAMPUS

         361 Deutschland­
         stipendien im Jubiläums-
         jahr 2018 vergeben
         Erstmalig fördert die HHU als familien­
         gerechte Hochschule über dieses Programm
         auch Studierende mit Kind(ern)

         VON CAROLIN GRAPE

         B
                   ei der zehnten Übergabe der Urkunden     betonte: „Das nachhaltige Engagement unserer
                   des Stipendienprogramms „Chancen         Stiftenden sowie der persönliche Kontakt und
                   nutzen – Das Deutschlandstipendium       die individuelle Betreuung machen den seit
                   an der HHU“ wurde nicht nur ein Jubi-    knapp 10 Jahren anhaltenden Erfolg unseres Pro-
         läum gefeiert, sondern auch ein Rekord erzielt:    gramms aus. Seit dem Start konnten wir die An-
         Mit rund 1,3 Millionen Euro finanzieren insge-     zahl der Stipendien fast um das Fünffache stei-
         samt 81 Privatpersonen, Stiftungen und Unter-      gern. Dass wir die Zahl der Förderer wie auch
         nehmen in der aktuellen Förderrunde 361 be-        der Geförderten gegenüber dem Vorjahr wieder
         sonders leistungsstarke Studierende. Zum Ver-      erhöht haben und damit NRW-weit auf Platz 2
         gleich: Bei der ersten Urkundenvergabe 2009        liegen, macht uns sehr stolz. Allen, die daran
         konnte die HHU 76 Stipendiaten mit insgesamt       beteiligt waren, gilt unser großer Dank!“
         rund 274.000 Euro unterstützen. Seit der Pro-         Das Jubiläum war Grund genug für NRW In-
         grammgründung sind über 9,3 Millionen Euro         novations-Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart,
         an erfolgreiche und talentierte Studierende der    das Grußwort zu übernehmen: „Das Deutschland-
         HHU geflossen. Rektorin Prof. Dr. Anja Steinbeck   stipendium würdigt und unterstützt herausragen-   Foto: Ivo Mayr

10                                                                                         Magazin 1 | 2019
CAMPUS

„EINE INVESTITION IN DIE ZUKUNFT
 UNSERER GESELLSCHAFT – AUCH
 DESHALB SIND VIELE FÖRDERER SEIT
 BEGINN DABEI.“
Prof. Dr. Hannelore Riesner, Vorsitzende des Beirats Universitätsförderung der HHU

de Studierende. Mit dieser Förderung von Spit-        den gleichen Regelstudienzeiten wie alle ande-
zenleistungen setzen wir wichtige Impulse für         ren Studierenden. Da viele Studierende mit Kind
individuelle akademische Exzellenz und Leis-          neben dem Studium einem Nebenjob nachgehen,
tungsbereitschaft, die auch zukünftig lebendiger      sind 300 Euro monatlich zusätzlich zum Bafög
und innovativer Kern des Wissenschafts- und           sicherlich eine maßgebliche und sehr konkrete
Hochschulstandorts Deutschland sind.“                 Unterstützung für den Studienalltag mit Kind.“
   Als damaliger NRW-Wissenschaftsminister
hatte er 2009 die Initiative ergriffen und mit
dem „NRW- Stipendium“ ein Leistungsstipendi-               Finanzielle Unterstützung
um für begabte Studierende an den Hochschulen
des Landes eingeführt. 2011 ging es über in das
                                                             und ideelle Förderung
vom Bundesministerium für Bildung und For-
schung (BMBF) geförderte Deutschlandstipen-               Für die Zukunft sind weitere Maßnahmen
dium. Das zugrunde liegende Matching-Prinzip          geplant, zum Beispiel ein Studium in Teilzeit zu
blieb das Gleiche: Studierende aller Fachbereiche     ermöglichen oder durch mehr Digitalisierung in
mit überdurchschnittlichen Leistungen werden          der Studienorganisation die Präsenzzeiten zu sen-
mit 300 Euro monatlich unterstützt – jeweils zur      ken. Wesentlich an der HHU für das leistungs-
Hälfte finanziert von Bund (ehemals vom Land          orientierte Deutschlandstipendium ist von An-
NRW) und privaten Geldgebern.                         fang an neben der finanziellen Unterstützung die
                                                      ideelle Förderung der Stipendiaten und Stipen-
                                                      diatinnen. Durch zahlreiche innovative Vernet-
           Stipendien für                             zungsmaßnahmen und -möglichkeiten verspricht
                                                      es Einblicke in unterschiedliche Bereiche der Wis-
        Studierende mit Kind                          senschaft und Wirtschaft sowie des kulturellen
                                                      und gesellschaftlichen Lebens in Stadt und Regi-
    Ein Novum der diesjährigen Jubiläums-Veran-       on Düsseldorf. Dazu zählen von der Universität
staltung: Erstmals hat die HHU aus ihrem Selbst-      organisierte gemeinsame Museums- und Opern-
verständnis als familiengerechte Hochschule Sti-      besuche oder stadthistorische Führungen und
pendien mit einem erweiterten Leistungsspek-          der Austausch mit Unternehmen inklusive mög-
trum an Studierende mit einem oder mehreren           licher Praktikums- oder Jobchancen.
minderjährigen Kindern vergeben. „Universitäten          „Auch wenn darin viel Arbeit steckt – alle Sei-
sollen vordenken – auch in Fragen zur Verein-         ten profitieren von diesem interdisziplinären
barkeit von Beruf und Familie. Wir wollen mög-        und generationsübergreifenden Austausch. Die
lichst gute Studienbedingungen für alle und spe-      Studierenden lernen über den eigenen Horizont
ziell mehr Chancengleichheit für Studierende          hinauszuschauen und bereits erworbenes Wis-
mit Kindern schaffen. Die Etablierung von fami-       sen neu zu interpretieren und zu erweitern. Die
liengerechten Studien- und Arbeitsbedingungen         Stiftenden sehen genau, wohin ihr Geld geht.
ist schließlich von zentraler Bedeutung für die       Eine Investition in die Zukunft unserer Gesell-
Attraktivität und Zukunftsfähigkeit einer Univer-     schaft – auch deshalb sind viele Förderer seit
sität“, so die Rektorin. „Studierende Eltern in mo-   Beginn dabei“, so Prof. Dr. Hannelore Riesner,
dularisierten Bachelor- und Masterstudiengängen       Vorsitzende des Beirats Universitätsförderung
tragen die gleiche Prüfungslast und unterliegen       der HHU.

Magazin 1 | 2019                                                                                                11
INTERNATIONALES

                                                                                                                                              Foto: istockphoto.com – Kkolosov
                                   INTERNATIONALES GÜTESIEGEL
                                   „HR EXCELLENCE IN RESEARCH AWARD“
                                   VERLIEHEN

                                   Sehr gute Arbeits- und
                                   Forschungs­bedingungen
                                   an der HHU

                                   D
                                             ie Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf    nahmenpaket: Mit insgesamt 19 Maßnahmen
                                             erfüllt internationale Standards in der     will die HHU die Bedingungen für Wissen-
                                             Personalentwicklung und bietet ein at-      schaftlerinnen und Wissenschaftler an der HHU
                                    traktives Forschungsumfeld für Wissenschaft-         weiter verbessern. So geht es zum Beispiel nicht
                                    lerinnen und Wissenschaftler. Das bescheinigt        nur um eine Vereinfachung von Prozessen, son-
                                    ihr ein im Dezember 2018 verliehenes Gütesiegel      dern es soll auch der Zugang – gerade für inter-
                                    der EU-Kommission. Damit trägt die HHU neben         nationale Forschende – zu wichtigen Informati-
                                    nur 13 weiteren deutschen Organisationen den         onen erleichtert werden. Zudem ist geplant, die
                                   „HR Excellence in Research Award“.                    Angebote zur Karriereentwicklung und Weiter-
                                                                                         bildung auszubauen.
                                    Die EU-Kommission will im Rahmen ihrer Initia-           Das Konzept durchlief ein Begutachtungsver-
                                    tive „Human Resources Strategy for Researchers       fahren einer internationalen Expertenkommissi-
                                    (HRS4R)“ die Arbeitsbedingungen für Wissen-          on, welches schließlich in der Verleihung des
                                    schaftler aller Karrierestufen an europäischen       Siegels „HR Excellence in Research Award“ am
                                    Hochschulen und Forschungseinrichtungen ver-        11. Dezember 2018 mündete. Prof. Westhoff ist
                                    bessern. Niedergelegt sind die Prinzipien hierfür    stolz auf den Erfolg: „Dieses Gütesiegel belohnt
                                    in der „European Charter for Researchers“ und im     die tiefgreifenden Bemühungen der HHU, die
                                   „Code of Conduct for the Recruitment of Research-     besten Arbeitsbedingungen und Entwicklungs-
Der HRS4R-Prozess                   ers“. Hierunter fallen unter anderem faire und       möglichkeiten für unsere Forscherinnen und For-
an der HHU
                                    transparente Auswahlverfahren für zu besetzen-       scher zu schaffen. Hiermit wird Düsseldorf, auch
Für den Prozess wurde eine          de Forschungsstellen, Angebote zur Personal-         im deutschen und europäischen Vergleich, ein
Arbeitsgruppe einberufen, die
von der Abteilung Forschung         entwicklung, die Erleichterung der transnatio-       überaus attraktiver Standort für die wissenschaft-
und Transfer und der Referentin     nalen Mobilität, Chancengleichheit, die Siche-       liche Karriere.“
des Forschungsprorektors koor-      rung wissenschaftlicher Integrität und auch die          Die HHU ist damit in Deutschland gut aufge-
diniert wurde. In der Arbeits-
gruppe waren unter anderem          Gewährleistung guter Arbeitsbedingungen. Die         stellt. Insgesamt lediglich 14 Hochschulen, Uni-
Forschende aus allen Fakultäten,    EU fordert die Einhaltung von Standards in die-      versitäten und Forschungseinrichtungen führen
Vertreterinnen und Vertreter        sen Bereichen, wenn sich eine Universität an eu-     hierzulande dieses Siegel, vier davon aus Nord-
verschiedener Abteilungen der
Verwaltung, der Heine Research      ropäischen Forschungsausschreibungen betei-          rhein-Westfalen. Das Siegel erleichtert die Teil-
Academies (HeRA) und des Juni-      ligen will.                                          nahme an Programmausschreibungen etwa im
or Scientist and International         Auf Initiative von Forschungsprorektor Prof.      Rahmen des EU-Forschungsrahmenprogramms
Researcher Centres (JUNO) ver-
treten. Darüber hinaus waren in     Dr. Peter Westhoff hat die HHU 2017 den HRS4R-      „Horizont 2020“.                             A. C.
einem breit angelegten Prozess      Prozess angestoßen. Die Ergebnisse wurden im
weitere Wissenschaftlerinnen        Mai 2018 bei der Europäischen Kommission ein-        	
                                                                                          Mehr Informationen zu dem Siegel und zum
und Wissenschaftler aller Kar-
rierestufen und aller Fakultäten    gereicht. Neben einer Bestandsaufnahme zählt          HRS4R-Prozess an der HHU: www.hhu.de/
beteiligt.                          hierzu unter anderem ein umfangreiches Maß-           hrs4r

12                                                                                                                        Magazin 1 | 2019
PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

Nach Jahren im Matsch
und im Keller nun wissen-
schaftlich erschlossen
Studierende der Jüdischen Studien
analysieren Tora-Fragmente

                                                                                                    Foto: Uli Oberländer

VON VICTORIA MEINSCHÄFER

5
        0 Stücke Pergament, die lange im Matsch sind offensichtlich Teile von mindestens zwei,
         und noch sehr viel länger in einem Kel- wahrscheinlich sogar drei verschiedenen Tora-
         ler gelegen haben. Beschrieben mit einer rollen“, erklärt Marx. „Die großen sind vermut-
        Schrift, die die meisten nicht lesen kön-
nen. Was sind das für Pergamente, was steht
darauf, gehören sie zusammen? Eine spannende                       Schwierige
Aufgabe für acht Studierende des Faches Jüdische
Studien im Blockseminar von Farina Marx.
                                                             Altersbestimmung

Sie sollten Genaueres über die Schriftstücke he-     lich synagogal benutzt worden, die kleinen stam-
rausfinden, sie wissenschaftlich erschließen. Ins-   men wohl von einer Reisetora.“ Wie viel Text es
gesamt waren es 50 Pergamentstücke, 33 davon         am Ende ist, ist noch nicht klar, eindeutig sind
mit einer Höhe von ca. 54 – 57 cm, die anderen       es aber keine ganzen Rollen. „Eine Torarolle ist
mit einer Höhe von ca. 32 cm. Alle Stücke ent-       für eine Synagoge ein wichtiger und sehr wert-
halten Text der hebräischen Bibel, der Tora. „Es     voller Besitz“, erklärt Prof. Dr. Dagmar Börner-

Magazin 1 | 2019                                                                                                           13
PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                                                                                   päischen Judentum gebräuchlich war. Das passt
„TORASCHREIBER SIND BESTENS                                                        zu ihrer vermuteten Herkunft, die irgendwo auf
                                                                                   der Route zwischen Thessaloniki und Celje im
 AUSGEBILDETE SPEZIALISTEN,                                                        heutigen Slowenien liegen muss. Stück für Stück
 EIN GEÜBTER SCHREIBER ARBEITET                                                    analysieren die Studierenden die einzelnen Frag-
                                                                                   mente, wie sind die Beschädigungen, gibt es
 RUND EIN JAHR AN EINER                                                            Rattenfraß? Und welcher Toratext wird erzählt,
 EINZIGEN TORA.“                                                                   gibt es winzige Abweichungen, die weitere Rück-
                                                                                   schlüsse ermöglichen würden?
Prof. Dr. Dagmar Börner-Klein, Abteilung für Jüdische Studien

                                                                                                 Seltenes Glück
                             Klein. „Toraschreiber sind bestens ausgebildete
                             Spezialisten, ein geübter Schreiber arbeitet rund
                             ein Jahr an einer einzigen Tora“. Dass die Rollen         Für die Studierenden ist diese Arbeit am
                             laut der jüdischen Tradition so penibel und akku-      praktischen Objekt ein großes Glück und in den
                             rat beschrieben werden müssen, keine Änderun-          jüdischen Studien durchaus nicht selbstverständ-
                             gen, Abweichungen in Text oder Schrift erlaubt         lich. „Eine Tora, die nicht mehr im Gebrauch ist,
                             sind, macht nun die Altersbestimmung sehr              muss nach religiöser Auffassung in einer Genisa
                             schwierig. „Die Rollen sind vermutlich im 19. Jahr-    bestattet werden, einem Grab für liturgische
                             hundert geschaffen worden, könnten aber auch          Texte“, erzählt Marx. „Wir arbeiten hier wissen-
                             älter sein. Genauer ließe sich das nur mittels         schaftlich, deshalb haben wir uns nach intensi-
                             einer naturwissenschaftlichen Analyse feststel-        ven Überlegungen dazu entschlossen mit den
                             len“, so Marx. Die ist derzeit aus finanziellen       Texten anders zu verfahren, aber die Bearbeitung
                             Gründen nicht möglich. Eine Torarolle muss nach        solcher Funde ist für Studierende des Faches
                             strengsten Regeln auf koscherem Pergament ge-          sehr selten“.
                             schrieben sein, selbst der Schrifttyp darf nicht          Die Ergebnisse des Seminars werden dann
                             verändert werden. Nach Einschätzungen der              wiederum der ULB zur Verfügung gestellt, die
                             Wissenschaftlerin stammen die Rollen nicht von         ihren Schatz so wissenschaftlich erschlossen hat.
                             derselben Hand, doch selbst das ist kaum fest-        „Für uns war die Restaurierung der Stücke ein
                             stellbar. Die vorliegenden Fragmente sind in asch-     Riesengeschenk“, so Marx, „wir sind froh, uns so
                             kenasischem Schrifttyp verfasst, der im osteuro-       dafür bedanken zu können.“

     Die lange Reise der Pergamente
     Die Fragmente, die seit August 2018 der ULB gehören, haben     feucht oder sogar in nassem Zustand gefaltet wurden und
     eine abenteuerliche Geschichte: Dr. Bernhard Mannheims         sie auf dem langen Weg trockneten, waren sie hart gewor-
     fand sie 1944 oder Anfang 1945 auf dem Rückzug der Deut-       den und in diesem Zustand gleichsam erstarrt.
     schen Armee aus Griechenland. Mannheims war als Arzt
     und Entomologe als unbewaffneter Teil der Wehrmacht mit
     der Schädlingsbekämpfung betraut. Selber kein Parteimit-                      Fragmente bewahren
     glied war er durch sein Studium als Biologe zu dieser Auf-
     gabe verpflichtet worden. Auf dem Rückzug fand er Perga-
     mente, die er nicht lesen konnte und die zum Stopfen von          In Bonn lagen sie dann bis zum Tod Mannheims’ 1971
     Schlaglöchern verwendet worden waren.                          im Keller und gingen dann in den Besitz seines Sohnes
        „Er wusste nicht, was das für Pergamente waren, konnte      Wolfgang über. Nachdem dieser von seinem Vater noch kurz
     die Schrift nicht lesen. Trotzdem war da wohl der Eindruck,    vor dessen Tod gebeten worden war, die Fragmente zu ver-
     dass es sich um etwas Wichtiges handeln würde – jeden-         wahren, entschied er sich nach vielen Jahren, auch die wei-
     falls hat er sie im Rucksack mitgenommen und bis nach          tere Verwahrung sicherzustellen und diese schließlich der
     Hause in Bonn getragen“, erzählt Marx. Da die Fragmente        ULB zu schenken.

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PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                       MIT GEDULD UND WASSERDAMPF
                       Die geknickten und vom Schmutz unleserlich ge-         die Eigenschaft des Pergaments, hohe Feuchtig-        ßend wurden die Pergamente über Wochen zwi-
                       wordenen Dokumente wurden in der Universitäts-         keitsmengen aufnehmen zu können, um es da-            schen Pappen getrocknet, da sie einer Luftfeuch-
                       und Landesbibliothek (ULB) im vergangenen Jahr         durch wieder weich und flexibel zu machen. Sie        tigkeit von 99 Prozent ausgesetzt waren. Erst dann
                       einer konservatorischen Behandlung unterzogen.         legten jedes Stück einzeln in eine mobile Klimakam-   konnten sie konservatorisch verpackt werden.
                       Die Bearbeitung sollte jedoch nicht die Spuren         mer, in der die Pergamente mit kaltem Wasser-             Von welchem Tier das Pergament stammt und
                       der Geschichte auf den Pergamenten verwischen,         dampf aus einem Ultraschallverdampfer vorsichtig      ob es unterschiedlich gefertigt wurde, kann bis-
                       sondern diese Spuren bewahren und die Perga-           befeuchtet wurden.                                    lang noch nicht zweifelsfrei bestimmt werden. Das
                       mente der Wissenschaft mit all ihren Informatio-          „Im Laufe eines Tages nahmen die Pergamente        Porenbild des Pergaments, das eine Zuordnung
                       nen zur Verfügung stellen. So wurden sie nur an        die Feuchtigkeit auf, wurden langsam geschmei-        erlauben würde, ist von Schlammablagerungen
                       stark verschmutzen Stellen soweit gereinigt, bis       dig und konnten aufgelegt werden“ erklärt Schlüter.   überdeckt und geschlossen. Es bleibt also span-
                       sich die Schrift wieder erkennen und lesen ließ.      „Bei einigen Pergamenten musste der Befeuchtungs-      nend an diesen Pergamenten zu forschen, zu res-
                       Ulrich Schlüter, Leiter der Restaurierungswerkstatt    prozess über Nacht weiter laufen. Sie konnten erst    taurieren und sie – je nach wissenschaftlicher Re-
                       der ULB, und sein Kollege Otmar Wetten, nutzten        nach 24 Stunden plan gelegt werden.“ Anschlie-        levanz – in eine digitale Welt zu überführen.
  Fotos: Agnes Lucas

Magazin 1 | 2019                                                                                                                                                                         15
PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                  „Woraus ist
                Morgen gemacht?“

                   Forschend, lernend, lehrend,

                                                                                                                                   Foto: dpa – Klaus-Dietmar Gabbert
             analog und digital das Bauhaus erfahren

                                              VON VICTORIA MEINSCHÄFER

A
           us der Universität hinaus in die Gesellschaft gehen   „Woraus wird Morgen gemacht sein? Ein transdisziplinäres
           und die dortigen Erfahrungen dann wieder in die        Bildungsprojekt im Bauhaus-Jahr 2019“ ist der Seminartitel
           Hochschule einbringen, das ist der Ansatz der Ger-     im Rückgriff auf Victor Hugo, „eine Frage, die ja schon einmal
           manistin Dr. Angela Weber vom Lehrstuhl für            davon ausgeht, dass wir unsere Zukunft gestalten können –
Neuere Deutsche Literaturwissenschaft (Prof. Dr. Volker C.        im Sinne der Teilhabe sowie der Möglichkeit, zukunftsträch-
Dörr). Ein Gedanke, der auch den vor 100 Jahren im Bauhaus        tige Themen – wie das der Bildung – in die Öffentlichkeit zu
tätigen Künstlern und Denkern nicht fremd war. Und so hat         bringen“, so Weber. Das wollte sie gemeinsam mit der Kunst-
Weber in diesem Semester das hochaktuelle Thema auf­
gegriffen und zunächst in einem Blockseminar gemeinsam
mit Studierenden der Literaturwissenschaft und der Kunst-                    Unterschiedliche Projekte
geschichte untersucht, ob die damals neuen Denkansätze des
Bauhauses auch nach 100 Jahren noch Anregung sein können.
Danach ist sie mit ihren Studierenden in Gesamtschulen und       pädagogin Dr. Sabine Sutter von der Universität Duisburg-
Gymnasien gegangen, um die Frage nach unserem Morgen             Essen und rund 20 Studierenden auch den Schülerinnen und
dort mit Schülerinnen und Schülern zu diskutieren und im         Schülern von acht weiterführenden Schulen vermitteln, die
Sinne einer „Ästhetischen Praxis“ zu gestalten.                  in der Auseinandersetzung mit dem Bauhaus und unserer Ge-

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PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                                                                  die Studierenden nicht einfach in den Schulen für ein paar
„DIEJENIGEN, DIE DIE ZUKUNFT                                      Stunden die Lehrerrolle einnehmen, sondern vielmehr Ver-
                                                                  mittler einer lebendigen Wissenschaft sein. „Die Studieren-
 JA ERLEBEN WERDEN, SOLLEN                                        den sind ja auch vom Alter her den Schülerinnen und Schü-
 ERFAHREN, DASS SIE DIESE SCHON                                   lern sehr nahe, da ist ein Gespräch auf Augenhöhe möglich“,
                                                                  so die Erfahrung der Germanistin. Zudem machten die Stu-
 JETZT GESTALTEN KÖNNEN.“                                         dierenden von Anfang an deutlich, dass sie den kreativen Pro-
                                                                  zess wieder in die Universität zurücktragen und die Stimmen
Dr. Angela Weber, Institut für Germanistik                        der Jugendlichen in die Öffentlichkeit hineintragen. „Aktive
                                                                  Demokratie“, nennt das Weber: „Diejenigen, die die Zukunft
                                                                  ja erleben werden, sollen erfahren, dass sie diese schon jetzt
genwart sehr unterschiedliche Projektideen entwickelt haben.      gestalten können.“
Über sechs Wochen boten die Studierenden jeweils zwei bis            Und so werden die vielfältigen Austauschprozesse am En-
drei Stunden wöchentlich ihr Projekt an, mal als Teil des         de auch der Öffentlichkeit vorgestellt: in einer filmischen
Kunstunterrichts, mal im Fach Pädagogik oder Geschichte.          Dokumentation, einer Ausstellung im Kunsthaus in Essen im
Immer gebunden an die zeitgemäße und gestaltende Ausein-          September und bei dem Zukunftscamp in der Erich Kästner-
andersetzung mit dem Bauhaus und dessen unterschiedli-            Gesamtschule. Zudem ist eine Buchpublikation geplant.
chen Bildungskonzepten, die als Inspiration dienen und den
gesamten Prozess über als kreativer Rahmen erkennbar blei-         	Zukunftscamp: 27. September, 15 – 20 Uhr und 28. Sep-
ben sollten. „Das Bauhaus, 1919 zunächst als Kunstschule ge-         tember 2019, 10 – 18 Uhr, Erich Kästner-Gesamtschule Es-
gründet, war etwas ganz Neues, verknüpfte Kunst, Handwerk,           sen (Standort Stadtwald), Frankenstraße 200, 45134 Essen
Architektur, Design und wollte dadurch auch dem Menschen
neue Handlungsmöglichkeiten geben“, erklärt Angela Weber.          	Ausstellung „Woraus wird Morgen gemacht sein?“ im
Eine theoretische Basis für das Seminar boten neben den              Kabinett des Kunsthaus Essen: 8. September 2019 (Eröff-
Schriften der Bauhäusler die Texte des französischen Philoso-        nung) – 13. Oktober 2019, Kunsthaus Essen, Rübezahl-
phen Jacques Rancière: „Er versteht Kunst als Praxis und Me-         straße 33, 45134 Essen
tapolitik, die in der Lage ist, gesellschaftliche Veränderungen
nicht nur zu formalisieren, wie es in Politik und Rechtspre-
chung geschieht, sondern diese auch zu realisieren und aktu-
alisieren“, so Weber.                                                                               Dr. Jasmin Grande und Dr.
                                                                                                    Angela Weber arbeiten
                                                                                                    im Projekt „Woraus wird
             Ideen erläutern und                                                                    Morgen gemacht sein?‘
                                                                                                    Ein inter- und transdiszi-
         Bezug zur Gegenwart suchen                                                                 plinäres Bildungsprojekt
                                                                                                    im Bauhausjahr 2019“ zum
   Die Studierenden wollten den Schülerinnen und Schülern                                           Potenzial des Bauhauses
dabei das Projekt Bauhaus näher bringen, ihnen einzelne As-                                         als Denkbild für Moder-
pekte dieser so umfassenden Idee erläutern und den Bezug                                            ne. Als Bildungsinstitution
zur Gegenwart suchen – zeitgleich mit der Gründung des                                              steht das Bauhaus im Fo-
Bauhaus hatte Deutschland seine erste demokratische Ver-                                            kus eines Transfers an
fassung bekommen. Die Themen gestalteten die Studieren-                                             Schulen, während ein Wiki
den im Transfer zwischen Bauhaus und unserem Morgen, so             über das „Bauhaus im Westen“ das Potenzial des Digi-
dass am Ende die Bandbreite von einem Projekt über „Schule          talen im Bereich der Hochschuldidaktik erprobt. Das Pro-
und Natur bzw. Ökologie: #neuesbauennow“ und „Der neue              jekt ist Teil des Verbunds „100 Jahre Bauhaus im Westen“
Mensch / Personal Design: social media experiences“ bis zu          des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft, des Land-
der Frage nach dem „(Alltags-)Theater der Zukunft: eine sub-        schaftsverbands Rheinland und des Landschaftsver-
versive Theaterwerkstatt“ und einer öffentlichen Kampagne           bands Westfalen-Lippe.
zur Schule der Zukunft (Social Design) reichten. Dabei sollten

Magazin 1 | 2019                                                                                                                  17
PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                     Wissen, wie
                     die Phrase läuft
                      Ein Online-Tutorial zur Phraseologie

                      Warum heißt es im Deutschen „Zähne putzen“ und im Italienischen
                      und Französischen „Zähne waschen“ und übersetzt man „den Tisch
                      decken“ wirklich mit „to lay the table“? Die Beschäftigung mit
                      Fragen wie diesen und die Auseinandersetzung mit Sprichwörtern,
                      Kollokationen, Redewendungen sowie Routine- und Gesprächs­
                      formeln machen die Phraseologie zu einem beliebten Thema bei
                      Studierenden der Sprachwissenschaften aller Sprachen.

                      VON VICTORIA MEINSCHÄFER

                      D
                                   ie wissenschaftliche Beschäftigung      che nicht nur interessant, sondern verdeutlichen
                                   mit Phraseologismen ist jedoch ex­      prägnant manche Zusammenhänge und werden
                                   trem komplex und eine Vielzahl von      gerne für Wortspiele gebraucht.“ Formeln, Sprich-
                                   Fachbegriffen und theoretischen An-     wörter, Redewendungen, die oft über den Kul-
                      sätzen muss hierfür erlernt werden. Zudem ist        turbestand eines Landes reflektieren und päda-
                      die phraseologische Forschung bisher vor allem       gogisch wertvoll sind, gehören ebenso dazu wie
                      durch ihre Fokussierung auf eine einzelne Spra-      kurze feststehende Wendungen wie „Was soll
                      che und nicht durch den Sprachvergleich geprägt.     das“ oder „Komm mal runter!“
                      Für den Romanisten Prof. Dr. Elmar Schafroth war
                      dies der Anlass, ein digitales Phraseologie-Tuto-
                      rium zu erstellen, das neben der deutschen und                     Brücke in die
                      englischen Sprache insbesondere die französi-
                      sche, italienische und spanische Sprache berück-
                                                                                          Lebenswelt
                      sichtigt und den aktuellen Forschungsstand die-
                      ser Sprachen abdeckt.                                   Gefördert durch den eLearning Förderfonds
                                                                           der HHU erstellte Elmar Schafroth seit April 2016
                     „Muttersprachler erkennen Phraseologismen nicht       in Zusammenarbeit seinen Mitarbeiterinnen
                      immer als solche, sondern benutzen sie meist         Cornelia Delbos und Anita Pasquariello und den
                      intuitiv. Für Fremdsprachenlerner stellen sie je-    Mitarbeitern des Medienlabors der Philosophi-
                      doch oftmals eine große Schwierigkeit dar, da        schen Fakultät, Frederic Labudda und Koray Co-
                      sie nicht frei konstruierbar sind und unterschied-   ban, eine Tutorialreihe zur Phraseologie. Durch
                      lich in den einzelnen Sprachen gebildet werden.      ihre kreative Konzeption fördert sie eine indivi-
                      Dabei sind diese Verbindungen kommunikativ           duelle Auseinandersetzung mit der Thematik und
                      sehr effizient und stilistisch und rhetorisch ein-   schlägt oftmals eine Brücke zur Lebenswelt der
                      drucksvoll“, erklärt Schafroth. „Sie machen Spra-    Studierenden. In den zwölf Grundlagen-Tutorials,

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PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                                            fünf Zusatz- und vier Expertenvideos werden die Nachbereitung für Seminare zum Thema Phra-
                                            einzelnen Phraseologismustypen des Italieni- seologie aber auch zu themenaffinen Seminaren
                                            schen, Französischen, Spanischen und Englischen (wie bspw. zur Lexikologie oder Werbesprache)
                                            erklärt und mit vielen Beispielen versehen. „Für eingesetzt werden und den Studierenden die
                                                                                              Möglichkeit zur orts- und zeitunabhängigen Re-
                                                                                              zeption der Lerninhalte im eigenen Tempo bie-
                                                    Von Muttersprachlern                      ten. Ergänzende Übungen auf ILIAS festigen die
                                                                                              vermittelten Lerninhalte und helfen den Studie-
                                                            gesprochen                        renden bei der Prüfungsvorbereitung. „Durch
                                                                                              die Tutorialreihe möchten wir die Studierenden
                                            jedes Thema haben wir zunächst die Inhalte stu- noch stärker für die Phraseologie einer Fremd-
                                            dierendengerecht aufbereitet, ein Drehbuch er- sprache sensibilisieren und sie motivieren, sich
                                            stellt und die Videos konzipiert“, erklärt Schaf- möglichst viele der zwei- bis dreitausend Phra-
                                            roth. „Das Medienlabor war für den Dreh, die seologismen pro Sprache anzueignen.“ Um zu
                                            komplette technische Umsetzung und die krea- wissen, wie die Phrase läuft, muss man sich also
                                            tive Gestaltung der Videos verantwortlich. Wich- auf den Hosenboden setzen.
                                            tig war uns, dass alle fremdsprachlichen Texte
                                            stets von Muttersprachlern gesprochen werden.“      Die Tutorials sind auf der Website phraseologie.
                                            Die Tutorials sollen sowohl zur Vor- als auch zur    phil.hhu.de zu finden.

                                                                                                                                                                                            Foto: privat
                                                                                                       Guilia erlebt im Einführungstutorial einen
                                                                                                       Tag voller Phraseologismen.

                                                                                                                                                       Prof. Dr. Elmar Schafroth
                                                                                                                                                       erhält für das Forschungsprojekt
                                                                                                                                                      „Gebrauchsbasierte Phraseologie
                                                                                                                                                       des Italienischen (GEPHRI)“ eine
                                                                                                                                                       Förderung der Deutschen For-
                                                                                                                                                       schungsgemeinschaft (DFG) in
                                                                                                                                                       Höhe von rund 460.000 Euro.
                                                                                                                                                       Das Projekt läuft bis Juni 2021,
                                                                                                                                                       unter anderem werden durch die
                                                                                                                                                       Förderung zwei Doktoranden-
                                                                                                                                                       und mehrere Hilfskraftstellen
                                                                                                                                                       finanziert. Ziel des Projektes ist
                                                                                                                                                       die Erstellung einer Online-
                                                                                                                                                       Plattform zur italienischen
                                                                                                                                                       Phraseologie, die sich vor allem
                                                                                                                                                       an fortgeschrittene Fremd- und
                                                                                                                                                      Zweitsprachlernende, aber
                                                                                                                                                       auch an Spezialisten (wie z. B.
                                                                                                                                                       Italianisten, Übersetzer, Lexiko-
                                                                                                                                                       graphen), richtet. Dazu werden
                                                                                                                                                       die 600 häufigsten Redewen-
                                                                                                                                                       dungen des Italienischen nach
Fotos: Stills aus dem Einführungstutorial

                                                                                                                                                       allen relevanten linguistischen
                                                                                                                                                       Kriterien beschrieben (z.B. for-
                                                                                                                                                       male Varianten, (Kontext-)
                                                                                                                                                       Bedeutungen, rhetorisch-prag-
                                                                                                                                                       matisches Potenzial). Eine inter-
                                                                                                                                                       aktive Schnittstelle für User-
                                                                                                                                                       Kommentare und -Fragen ist
                                                                                                                                                       ebenfalls vorgesehen.

                                            Magazin 1 | 2019                                                                                                                          19
PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

                                         MEYER-STRUCKMANN-PREIS 2018
                                         FÜR BARBARA STOLLBERG-RILINGER

                                         Unverstandenes
                                         verstehbar machen

      Dekan Prof. Dr. Ulrich Rosar,
     Preisträgerin Prof. Dr. Dr. h. c.
        Barbara Stollberg-Rilinger,

                                                                                                                                                 Foto: Jochen Müller
      Rektorin Prof. Dr. Anja Stein-
       beck und Prof. Dr. Dres. h. c.
     Gert Kaiser, Vorsitzender der
      Meyer-Struckmann-Stiftung

                                         M
                                                    it dem diesjährigen Meyer-Struck-        Historiker und Historikerinnen Deutschlands,
                                                    mann-Preis für geistes- und sozialwis-   wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass „ent-
                                                    senschaftliche Forschung wurde am        scheidende Erkenntnis bei den Forschungen Bar-
                                         14. November 2018 die Historikerin Prof. Dr. Dr.    bara Stollberg-Rilingers daraus erwächst, dass
                                         h.c. Barbara Stollberg-Rilinger ausgezeichnet.      das in der Regel Nicht-Beachtete, die kulturellen
                                         Der mit 20.000 Euro dotierte Preis wird jährlich    Rand- und Rahmenbedingungen des Geschehens
                                         von einer Jury vergeben, die sich aus Mitglie-      als Voraussetzungen für das Handeln aufge-
                                         dern der Philosophischen Fakultät der Heinrich-     deckt werden.“ Weiter verwies sie auf Stollberg-
                                         Heine-Universität Düsseldorf und Vertretern der     Rilingers Biographie Maria Theresias, einen
                                         Stiftung zusammensetzt.                             Bestseller, der auf der Leipziger Buchmesse 2017
                                                                                             als bestes Sachbuch ausgezeichnet wurde: „Meis-
                                          Mit Barbara Stollberg-Rilinger wurde der Meyer-
                                          Struckmann-Preis einer international herausra-
Meyer-Struckmann-Stiftung                 genden Historikerin im Bereich der Geschichte                Neue Seiten zum
                                          der Frühen Neuzeit zuerkannt. Prof. Dr. Wolfgang
Die Meyer-Struckmann-Stiftung
fördert Wissenschaft und For-             Löwer, der Präsident der Nordrhein-Westfäli-
                                                                                                      Vorschein gebracht
schung, insbesondere im Be-               schen Akademie der Wissenschaften und Küns-
reich der Kultur- und Geistes-
wissenschaften, und verleiht              te, beschrieb ihre Arbeit in seinem Grußwort:      terhaft entwickelt sie einen die tausend Seiten
jährlich die mit 20.000 Euro             „Unsichtbares und Unverstandenes wird durch         mit Leichtigkeit tragenden Spannungsbogen, in-
dotierte Auszeichnung. Die                Barbara Stollberg-Rilinger wieder sichtbar und     dem sie konsequent das im 19. Jahrhundert ent-
Mittel stammen aus dem Nach-
lass des Stifters, Fritz Meyer-           verstehbar.“ Die Historikerin, die seit 1997 den   worfene monumentale Bild der Maria Theresia
Struckmann, Bankier in Essen.             Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an     einem bisweilen brüchigen und widersprüchli-
Die Jury entscheidet in jedem             der Universität Münster innehatte und seit Sep-    chen der zeitgenössischen Quellen gegenüber-
Jahr neu über das Forschungs-
feld, aus dem der Preisträger /           tember 2018 Präsidentin des Berliner Wissen-       stellt, und eine Frau zum Vorschein bringt, die
die Preisträgerin zu bestimmen            schaftskollegs ist, hat zu zahlreichen Themen-     keineswegs überzeitlich modern war, sondern
ist. 2018 verleiht die Philoso-           gebieten wegweisende Forschungsarbeiten vor-       mit ihren vielen Rollen vielmehr tief in der spät-
phische Fakultät der Heinrich-
Heine-Universität Düsseldorf              gelegt. Prof. Dr. Eva Schlotheuber, Düsseldorfer   barocken Lebens- und Gedankenwelt ihrer Zeit
zum 13. Mal die Auszeichnung.             Historikerin und Vorsitzende des Verbands der      verhaftet blieb.“                            V. M.

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WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT

               Wie effektiv ist die
             Influencer-Kampagne?

                                                                                                                             Illustration: Guilherme Furtado from the Noun Project
                   CEDUS unterstützt fünf Studierende
                     bei der Unternehmensgründung

                                                 VON CAROLIN GRAPE

W
                as haben die Zwillinge Lisa und Lena, Bibi,   HHU, die sich für das Thema Gründung interessieren, jeweils
                Caro Daur, Julien Bam und Stefanie Giesinger  im Sommersemester offensteht – unabhängig von ihrem Stu-
                gemeinsam? Sie alle sind Influencer und ge-   diengang. Basierend auf eigenen Ideen lernen die Studie-
                rade schwer in den sozialen Netzwerken an-    renden in praktischen Schritten ein neues Unternehmen zu
gesagt. Jugendliche und Erwachsene folgen ihnen auf Insta-    gründen. Anhand von Markt-, Kundenbedarfs- und Wettbe-
gram, Youtube und Facebook, schauen sich deren Fotos und      werbsanalysen entwickeln sie in Teams ein eigenes Produkt,
Videos an, finden ihre Hashtags cool und hätten am liebsten   das sie durch die Konzeption einer geeigneten Marketingstra-
einen ähnlichen Lifestyle wie ihre Idole.                     tegie an Kunden testen. Am Ende des Seminars versuchen
                                                              Studierende durch einen Investoren-Pitch relevante Interes-
Während noch vor zehn Jahren die klassischen Medien ent- sengruppen von ihrem Unternehmen zu überzeugen.
schieden haben, wer zur Berühmtheit wird und wer nicht
(Gatekeeper-Rolle), entscheidet heute die digitale Allgemein-
heit, um wen ein Hype veranstaltet wird. Die neue Währung                    Geschäftsidee prüfen
ist die Anzahl der Menschen, die den Influencern folgt – also
die Follower. Die Nähe zu ihren Followern macht Influencer
äußerst attraktiv für Unternehmen. Bei ihrer Suche nach Auf- Lara Lauc: „In der ‚Startup Werkstatt‘ wollten wir zunächst
merksamkeit und Sichtbarkeit im digitalen Dickicht ist Influ- mit ‚Groupfluencer‘ eine Matching-Plattform für Unterneh-
encer-Marketing zu einem wichtigen Baustein ihrer Marke- men und Micro-Influencer aufbauen. Wir haben aber dann
ting-Strategien geworden. Doch für welche Unternehmen lohnt nach einer intensiven Marktanalyse und Kundenbefragungen
es sich wirklich, was bringt es und welchen Anteil haben von Unternehmen und Influencern festgestellt, dass es diese
Influencer am Erfolg?                                         bereits en masse gibt – das Alleinstellungsmerkmal fehlte.
    Das Team von Nadja Chylla, Lara Lauc, Pranjal Dhole, Jo- Bei der Auswertung unserer Bedarfsanalysen hat sich aber
nas Winkelmann sowie Mehmet Karakus hat mit seinem Pro- auch herauskristallisiert, dass es für Unternehmen, die Influ-
jekt Valuencer eine Geschäftsidee entwickelt, mit deren Hilfe encer-Marketing betreiben, bislang eine große Herausforde-
erstmals der Mehrwert einer Influencer-Kampagne in Euro rung ist, den Return on Investment (ROI) anzugeben – der
berechnet werden kann. Gefunden hatte es sich bei der„Start­ Ausgangspunkt für die Überarbeitung unseres Tools in diese
up Werkstatt“, einem Praxis-Lehrangebot des Center for Entre- Richtung. Wir wollen erstmalig den Mehrwert der Kampagne
preneurship Düsseldorf (CEDUS), das allen Studierenden der durch Influencer berechnen. In einem zweiten Schritt sollen

Magazin 1 | 2019                                                                                                       21
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