Nachhaltigkeitsstrategie - Gemeinde Kalletal - LAG 21 NRW
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Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Inhalt Inhalt Vorwort 3 1 Einleitung 4 2 Projektkontext 6 2.1 Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung 7 2.2 Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele 8 2.3 Nachhaltige Entwicklung in der EU 10 2.4 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 11 2.5 Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen 12 3 Modell zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien 14 auf kommunaler Ebene 3.1 Aufbauorganisation 15 3.2 Bestandsaufnahme und Vorstellung der Themenfelder einer Nachhaltigen Kommunalentwicklung 17 3.3 Erarbeitung des Handlungsprogramms 26 3.4 Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie 28 3.5 Umsetzung und Monitoring 28 3.6 Evaluation und Fortschreibung 28 4 Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie 30 4.1 Kommunales Kurzportrait 31 4.2 Aufbauorganisation 32 4.3 Projektablauf 35 4.4 Bestandsaufnahme und priorisierte Themenfelder 36 5 Handlungsprogramm der Gemeinde Kalletal 38 5.1 Präambel 40 5.2 Themenfeld 1 · Lebenslanges Lernen & Kultur 42 5.3 Themenfeld 2 · Soziale Gerechtigkeit und zukunftsfähige Gesellschaft 48 5.4 Themenfeld 3 · Globale Verantwortung & Eine Welt 54 5.5 Themenfeld 4 · Nachhaltige Mobilität 60 5.6 Themenfeld 5 · Ressourcenschutz & Klimafolgenanpassung 66 5.7 Gesamtübersicht der Bezüge zur Agenda 2030 74 6 Empfehlungen zur Umsetzung und Verstetigung der Nachhaltigkeitsstrategie 76 6.1 Verstetigung der Aufbauorganisation 77 6.2 Umsetzung und Monitoring 78 6.3 Evaluation und Fortschreibung 79 7 Anhang 80
Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Vorwort Vorwort Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, in Ihren Händen halten Sie das Ergebnis eines anderthalbjährigen Prozesses, den Nachhaltigkeitsstrategie wir in Kalletal Mitte 2019 durch die Teilnahme am Projekt „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ begonnen haben. Der Klimawandel und die damit verbundenen Gemeinde Kalletal Extremwetterereignisse, der demografische Wandel, die Flüchtlingsströme ins- besondere im Jahr 2015, das Artensterben und aktuell die Corona-Krise führen uns vor Augen, dass unser wirtschaftliches, soziales und ökologisches Handeln und deren Auswirkungen eng miteinander verknüpft sind. Wir in Kalletal müssen März 2021 und wollen Verantwortung übernehmen, um die Lebensgrundlagen in unserer Gemeinde und weltweit langfristig zu erhalten. Die Erkenntnis, dass wirtschaft- liches Wachstum nur innerhalb der bestehenden ökologischen Grenzen möglich ist, setzt sich immer mehr durch. Basierend auf dem Grundsatz dieser „Starken Nachhaltigkeit“ hat Kalletal nun eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet, die die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung der Verein- ten Nationen umsetzt. Deutschland und das Land NRW haben ihre Nachhaltigkeits- strategien daran ausgerichtet. Kalletal leistet mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie somit einen Beitrag für die Umsetzung globaler, nationaler und regionaler Nach- haltigkeitsziele auf kommunaler Ebene. In fünf Sitzungen der Steuerungsgruppe wurden Leitlinien, strategische und operative Ziele sowie über 80 Maßnahmen zu fünf Schwerpunktthemenfeldern erarbeitet. In der Steuerungsgruppe wirkten zwischen 20 und 30 Vertreter*innen aus der Zivil- gesellschaft und Vereinen, aus Politik, Kirche, Wirtschaft, Wissenschaft und Ver- waltung mit. Ein Vorteil der nun vorliegenden Nachhaltigkeitsstrategie ist es, dass bei der Maßnahmenumsetzung Mehrarbeit unterschiedlicher Akteursgruppen ver- mieden wird und dass stattdessen Synergieeffekte genutzt werden können. Ich bedanke mich bei allen Akteur*innen, die sich mit ihrer Zeit und ihren Ideen ein- gebracht haben und an der Erarbeitung der Strategie mitgewirkt haben. Kalletal beschreitet den Weg der Nachhaltigkeit bereits seit einigen Jahren durch die Initi- ierung zahlreicher Einzelprojekte, -konzepte und -maßnahmen. Werden bzw. bleiben Sie aktiver Teil dieses Nachhaltigkeits-Prozesses und befüllen Sie die Strategie mit Leben! So gelingt es uns, unseren Kindern und Ekelkindern eine lebenswerte Zukunft zu bereiten. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre, die hoffentlich Ihr Interesse am Thema Nachhaltigkeit und an der (Fortsetzung der) Mitgestaltung weckt! Mario Hecker Bürgermeister der Gemeinde Kalletal
4 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Einleitung Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Einleitung 5 1 Einleitung “Be a global citizen. Act with „Seien Sie globale Bürgerinnen und Bürger. Handeln Sie passion and compassion. Help us make this world safer and mit Leidenschaft und Mitgefühl. Helfen Sie uns, die Welt more sustainable today and for the generations that will follow sicherer und nachhaltiger zu gestalten – sowohl heute als us. That is our moral responsi- auch für nachfolgende Generationen. Dies ist unsere mo- bility." ralische Verantwortung.“ (Ban Ki-Moon, UN-Generalsekretär von 2007-2016) Gruppenfoto zur Auftaktveranstaltung im Projekt GNK NRW am 27.06.2019 in Düsseldorf Im September 2015 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen (engl. United Nations, UN) mit der Agenda 2030 und ihren Globalen Nachhaltig- Die vorliegende Nachhaltigkeitsstrategie ist das Ergebnis eines zweijährigen keitszielen (engl. Sustainable Development Goals, abgekürzt SDGs) ein univer- Beteiligungs- und Erarbeitungsprozesses. Gemeinsam mit Vertreterinnen und selles Zielsystem, um eine weltweite Transformation in Richtung einer Nachhal- Vertretern aus Verwaltung, Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirt- tigen Entwicklung anzustoßen. Das Zielsystem besteht aus 17 Hauptzielen sowie schaft hat die Gemeinde Kalletal in Zusammenarbeit mit der SKEW und der 169 Unterzielen und stellt erstmals einen gemeinsamen Bezugsrahmen für alle LAG 21 NRW die Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet. UN-Mitgliedstaaten dar. Sowohl Industrie- als auch Schwellen- und Entwicklungs- länder („Globaler Süden“) sind damit in der Verantwortung, ihren Beitrag zur Das Projekt wurde begleitet durch einen Projektbeirat, in dem das Ministerium Umsetzung einer global Nachhaltigen Entwicklung zu leisten. für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nord- 7 rhein-Westfalen, die kommunalen Spitzenverbände, die Staatskanzlei NRW, die 6 Für die erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 müssen alle politischen Hand- Verbraucherzentrale NRW, der Naturschutzbund NRW, das Eine-Welt-Netz NRW lungsebenen - international, national, regional und kommunal - einbezogen wer- sowie das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung vertreten waren. 5 den. In Deutschland sind Bund, Länder und Kommunen deshalb aufgefordert, die 4 globalen Ziele auf ihre jeweilige Ebene „herunterzubrechen“. Vor diesem Hinter- 3 grund wurde die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) überarbeitet und ihre • In der vorliegenden Nachhaltigkeitsstrategie der Gemeinde Kalletal wer- 2 inhaltliche Struktur an den 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet. Auch den in Kapitel 2 zunächst der Projektkontext sowie allgemeine Grund- die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen (NHS NRW) orien- lagen erläutert. Hierzu werden die Grundprinzipien einer Nachhaltigen 1 tiert sich an der Agenda 2030 und stellt entsprechende Bezüge zu den SDGs dar. Entwicklung, die Agenda 2030, die DNS und die NHS NRW vorgestellt. • Nachfolgend wird in Kapitel 3 auf das Modell zur Entwicklung und Um- In Wissenschaft, Politik und Praxis herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die setzung von kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien eingegangen. Dies kommunale Ebene eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Umsetzung der SDGs umfasst die einzelnen Elemente der Nachhaltigkeitsstrategie sowie die spielt. So sieht die Agenda 2030 die Kommunen in einer Schlüsselposition und for- jeweiligen Prozessschritte (wie Aufbauorganisation, Bestandsaufnahme, dert eine enge Einbindung lokaler Behörden. Auf der konkreten Umsetzungsebene Evaluation und Fortschreibung). vor Ort werden entscheidende Weichen für die Erreichung vieler SDG-Unterziele gestellt. Vor diesem Hintergrund haben bereits 167 deutsche Kommunen die Mus- • In Kapitel 4 werden die zentralen kommunalspezifischen Arbeitsschritte terresolution „2030 – Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf der Gemeinde Kalletal zur Erarbeitung der integrierten Nachhaltigkeits- kommunaler Ebene gestalten“ (Deutscher Städtetag, Rat der Gemeinden und Regi- strategie beschrieben. Neben einem kommunalen Kurzportrait stehen onen Europas/Deutsche Sektion) unterzeichnet. Die Entwicklung von kommunalen hier der konkrete Projektablauf und die Arbeitsgremien sowie die Ergeb- Nachhaltigkeitsstrategien, die an der Agenda 2030 ausgerichtet sind, steckt jedoch nisse der Bestandsaufnahme im Fokus. noch in den Anfängen. Im Rahmen des Projekts „Global Nachhaltige Kommune • Kapitel 5 stellt das Kernstück der Nachhaltigkeitsstrategie dar. Es be- NRW“ (GNK NRW) werden Kommunen bei diesem Vorhaben begleitet. inhaltet das Handlungsprogramm der Gemeinde Kalletal zu priorisier- ten Themenfeldern. Nach einer einleitenden Präambel werden zu jedem Nachdem von 2016 bis 2018 bereits 15 Kommunen in NRW erfolgreich bei der Ent- Themenfeld 1.) eine Leitlinie, 2.) strategische Ziele, 3.) operative Ziele wicklung von Nachhaltigkeitsstrategien begleitet wurden, ging das Projekt von 2019 sowie 4.) eine Maßnahmen- und Ressourcenplanung vorgestellt. An- bis 2021 mit 15 weiteren Kommunen in seine zweite Runde. Alle Kommunen haben schließend werden die inhaltlichen Bezüge zur Agenda 2030 darge- ihre integrierten Nachhaltigkeitsstrategien im Kontext der Agenda 2030 und der SDGs stellt. sowie unter Berücksichtigung der DNS und der NHS NRW erarbeitet. Das Projekt GNK NRW wurde von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von • Kapitel 6 geht abschließend auf den weiteren kommunalspezifischen ENGAGEMENT GLOBAL in Zusammenarbeit mit der LAG 21 NRW im Auftrag des Prozessverlauf und die Verstetigung der Strategie ein. Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umgesetzt.
2 6 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext 7 2 Projektkontext 2.1 Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung Die im Rahmen des Projekts GNK NRW entwickelten Nachhaltigkeitsstrategien zielen auf die Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung im Kontext der Agenda 2030 ab. Vor diesem Hintergrund orientieren sich die Inhalte der Nachhaltigkeits- strategien an drei Grundprinzipien: 1.) Starke Nachhaltigkeit, 2.) Generationen- gerechtigkeit sowie 3.) Menschenrechte. Im Folgenden werden diese drei Grund- prinzipien kurz vorgestellt. Starke Nachhaltigkeit Im Konzept der Starken Nachhaltigkeit finden wirtschaftliches und soziales Han- deln innerhalb der Ökosystemgrenzen der Erde statt. Die natürlichen Ressourcen und die Umwelt bilden somit die Grundlage für alle menschlichen Entwicklungs- felder inklusive der entsprechenden ökonomischen und sozialen Subsysteme. Am Konzept der Starken Nachhaltigkeit orientiert sich z. B. auch das Konzept des Das folgende Kapitel stellt einführend haltigkeitspolitik, die Deutsche Nach- Ökologischen Fußabdrucks. Abbildung 1 zeigt auf, wie das anthropogene Handeln den Kontext des Projekts GNK NRW haltigkeitsstrategie sowie die Nach- das Naturkapital negativ beeinflusst bzw. inwiefern die natürlichen Planetaren vor. Hierzu wird zunächst auf zentrale haltigkeitsstrategie des Landes NRW Ökologischen Grenzen (engl. planetary boundaries) überschritten werden. Steffen Grundprinzipien einer Nachhaltigen systematisch berücksichtigt. Eine et al. gehen in ihrer Veröffentlichung „Planetary boundaries: Guiding human de- Entwicklung, an denen sich das Projekt Global Nachhaltige Kommune leistet velopment on a changing planet“ davon aus, dass bereits vier der neun definierten orientiert, eingegangen. Im Zentrum somit insgesamt einen Beitrag für die planetaren Belastungsgrenzen (Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Stickstoff- 7 steht hier die integrative Verknüpfung Umsetzung internationaler, nationaler kreislauf und Flächennutzung)1 überschritten werden und diese Überbeanspru- 6 sozialer, wirtschaftlicher und ökologi- und regionaler Nachhaltigkeitsziele chung mittel- bis langfristig die menschlichen Lebensgrundlagen bedroht. scher Belange auf der Grundlage der im Sinne einer nachhaltigen Stadtent- 5 natürlichen planetaren Belastungs- wicklungspolitik, die sektorenübergrei- Generationengerechtigkeit 4 grenzen. Ein entscheidendes Ziel des fendes Denken und Handeln fördert. Klimawandel Biosphären- 3 Projekts besteht dabei in der vertika- Integrität genetische Der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung ist eng mit jenem der Generationenge- Vielfalt 2 len Integration der verschiedenen poli- Neue Substanzen rechtigkeit verbunden. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) funktionale (Chemikalien) tischen Handlungsebenen. Bei der Ent- hat 1987 in ihrem wegweisenden „Brundtland-Bericht“ Nachhaltige Entwicklung 1 Vielfalt wicklung der kommunalen Nachhaltig- ? 1 vgl. Steffen et al. (2015) definiert als eine „[…] Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, keitsstrategien werden entsprechend ? 2 Steffen et al. (2015) ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht die Zielsetzungen auf globaler Ebene (Agenda 2030), die Europäische Nach- Flächennutzung Stratosphärischer Klimawandel Ozonabbau Biosphären- Integrität genetische Vielfalt Neue Substanzen funktionale (Chemikalien) Vielfalt Überblick ? ? ? 2.1 ––– Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung 7 Süßwassernutzung Atmosphärische Stratosphärischer Flächennutzung 2.2 ––– Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele 8 Aerosolbelastung Ozonabbau 2.3 ––– Nachhaltige Entwicklung in der EU 10 Phosphor 2.4 ––– Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 11 Stickstoff Ozeanversauerung Biogeochemische Ströme ? 2.5 ––– Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen 12 Atmosphärische deutliche Überschreitung der planetaren Süßwassernutzung Belastungsgrenzen (hohes Risiko) Aerosolbelastung Überschreitung der planetaren Belastungsgrenzen (steigendes Risiko) Einhaltung der planetaren Grenzen (sicher) Phosphor Stickstoff Ozeanversauerung ? noch nicht quantifiziert Biogeochemische Ströme deutliche Überschreitung der planetaren Belastungsgrenzen (hohes Risiko) Überschreitung der planetaren Abbildung 1: Die Planetaren Ökologischen Grenzen / © LAG 21 NRW nach Steffen et al.2 Belastungsgrenzen (steigendes Risiko) Einhaltung der planetaren Grenzen (sicher) ? noch nicht quantifiziert
8 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext 9 befriedigen können.“ Damit ist die heutige Generation in der Verantwortung, im Interesse der Perspektiven späterer Generationen ihren Ressourcenverbrauch entsprechend zu gestalten und anzupassen. Menschenrechte Die allgemeinen Menschenrechte bilden die Grundlage demokratischer Rechts- systeme. Es handelt sich um universelle Grundrechte, die allen Menschen zu- stehen. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben diese Rechte in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verabschiedet. 3 In den meisten Staaten haben sie Verfassungscharakter, so auch in Deutschland. Im Kontext der Agenda 2030 hat insbesondere der universelle Charakter der Men- schenrechte konzeptionelle Bedeutung. Denn die UN-Mitgliedstaaten haben die Globalen Nachhaltigkeitsziele explizit am Prinzip „niemanden zurücklassen“ orientiert. Auch das Indikatorensystem der Agenda 2030 berücksichtigt dies durch eine ausdifferenzierte Messung der Zielerreichung in Bezug auf verschie- dene gesellschaftliche Gruppen.4 Abbildung 2: Die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele / © United Nations 2.2 Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele Im Jahr 2015 endete der Zeithorizont der acht Millenniums-Entwicklungsziele sind auch in Deutschland für Bund, Länder und Kommunen handlungsleitend. So waren sie im Jahr 2016 bereits die zentrale Grundlage für die Fortschreibung der 7 (engl. Millennium Development Goals, MDGs). Sie stellten ein globales Zielsys- Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) und haben die Landesnachhaltigkeits- 6 tem mit primär entwicklungspolitischen Zielsetzungen dar: Überwindung von strategie für Nordrhein-Westfalen (NHS NRW) entscheidend beeinflusst. Hunger, Armut und Krankheit, das Ermöglichen von Bildungschancen, Ge- 5 schlechtergerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit sowie die Etablierung glo- Die Agenda 2030 und die Globalen Nachhaltigkeitsziele zeichnen sich aus Sicht von 4 baler Partnerschaften. Mit dem Auslaufen der Millenniums-Entwicklungsziele Experten durch eine Reihe von Spezifika aus: 3 stellte sich die Frage, wie die globalen Herausforderungen von allen Staaten 2 gemeinsam auch in Zukunft bewältigt werden können. Die UN entwarfen unter • Die Agenda 21 (Nachhaltigkeitsagenda auf Grundlage der Rio-Deklaration) und Mithilfe von internationalen Experten ein neues Zielsystem, die Globalen Nach- die entwicklungspolitische Agenda mit den Millenniums-Entwicklungszielen 1 haltigkeitsziele. Es ist Teil der UN-Resolution aus dem Jahre 2015 „Transfor- werden erstmals auf globaler Ebene zur Agenda 2030 zusammengeführt. mation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ und bildet die messbare Grundlage für deren Umsetzung. Auf der UN-Vollversammlung • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele umfassen alle Themenfelder einer Nachhal- in New York verabschiedeten am 25. September 2015 die Regierungschef*innen tigen Entwicklung in der Breite: vom Meeres- und Klimaschutz über Armuts- der UN-Mitgliedsstaaten die Resolution zur Agenda 2030.5 bekämpfung bis hin zu menschenwürdiger Arbeit und Rechtsstaatlichkeit. Aufbau und Struktur der Strategie • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele sind ein für alle UN-Mitgliedsstaaten gelten- des Zielsystem, dessen Umsetzung auf UN-Ebene regelmäßig überprüft wird. Die Agenda 2030 besteht zunächst aus einer kurzen Einführung. Diese beinhaltet im Wesentlichen eine Vision, Grundsätze, eine Beschreibung der aktuellen welt- • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele gehen in die Tiefe: Das sehr detaillierte und weiten Herausforderungen, eine Darstellung der inhaltlichen Schwerpunkte sowie ausdifferenzierte Zielsystem umfasst 17 Oberziele und 169 Unterziele. eine Erläuterung des Zielsystems, der Umsetzungsmittel und des Monitorings. Das Zielsystem beinhaltet 17 Hauptziele (goals, siehe Abbildung 2) und 169 Unter- ziele (targets). Die Zielerreichung soll anhand von rund 230 Indikatoren gemessen Aktuelle Entwicklungen werden, die von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Fachorganisationen und Ex- pert*innen der Mitgliedsstaaten, erarbeitet wurden. Die Autorinnen und Autoren der Agenda 2030 regen eine regelmäßige Bericht- erstattung zur Umsetzung auf der nationalen und subnationalen Ebene an. Im Inhaltliche Schwerpunkte und Spezifika Jahr 2016 haben erstmals Mitgliedstaaten auf UN-Ebene freiwillig über die Um- setzung der Agenda 2030 Bericht erstattet, darunter auch die Bundesrepublik Die Agenda 2030 definiert fünf zentrale Themenfelder einer Nachhaltigen Ent- Deutschland. Im Rahmen des sogenannten „Hochrangigen Politischen Forums wicklung als inhaltlichen Kern der Globalen Nachhaltigkeitsziele: Menschen, für Nachhaltige Entwicklung" der UN legen jährlich verschiedene UN-Mitglied- 3 UN-Generalsversammlung (1948) 4 UN-Generalversammlung (2015) Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Die Globalen Nachhaltigkeits- staaten einen entsprechenden Bericht vor. Das Indikatorensystem zur Messung 5 UN-Generalversammlung (2015) ziele bilden erstmals für alle Staaten einen gemeinsamen Bezugsrahmen und der Fortschritte bei der weltweiten Umsetzung der Agenda 2030 wird jährlich
10 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext 11 überprüft und weiterentwickelt. Daten und Erhebungsmethodik liegen im We- zu mobilisieren. Über den sogenannten „Mechanismus für einen gerechten Über- sentlichen für etwa 60 % der Indikatoren vor. Die UN erstellt jährliche Fort- gang“ soll sichergestellt werden, dass Strukturwandelprozesse hin zu einer klima- schrittsberichte zu den SDG-Indikatoren, deren Messbarkeit bereits gegeben neutralen Wirtschaft sozial verträglich verlaufen. Hier sieht die Kommission einen ist. Seit 2018 veröffentlichen weltweite Pionierkommunen (u. a. die Städte Bonn Fonds für die am stärksten betroffenen Regionen vor, der insgesamt 100 Milliar- und Mannheim) freiwillige Berichte zur Umsetzung der Agenda 2030 auf der den Euro im Zeitraum 2021 bis 2027 zur Verfügung stellen soll. kommunalen Ebene an die UN – sogenannte Voluntary Local Reviews (VLR). 2.3 Nachhaltige Entwicklung in der EU 2.4 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Die erste nationale Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland legte die Bundes- Reflexionspapier der Europäischen Kommission regierung im Jahr 2002 zum Weltgipfel der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg vor. Sie kam damit einer auf der UN-Konferenz Als Reaktion auf die Agenda 2030 hat die Europäische Kommission Anfang 2019 für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro formulierten Aufforderung ein Reflexionspapier mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa nach, Nachhaltigkeitsstrategien auf nationaler Ebene zu entwickeln. Seit 2004 bis 2030" vorgelegt.6 Darin werden zentrale Herausforderungen, vor denen Eu- wird die Strategie in Form von Fortschrittsberichten alle vier Jahre regelmäßig ropa steht, bewertet und mögliche Zukunftsszenarien dargestellt. Die EU-Mit- fortgeschrieben. Alle zwei Jahre dokumentieren zudem Indikatorenberichte gliedsstaaten haben anschließend ihre Schlussfolgerungen im Rat verabschiedet. des Statistischen Bundesamtes die Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie. Der Rat betont die Ambition der EU, bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine Vor dem Hintergrund der nationalen Umsetzung der globalen Agenda 2030 ver- führende Rolle zu spielen. Zu den wesentlichen Grundlagen für eine nachhaltige abschiedete die Bundesregierung Anfang des Jahres 2017 eine umfassend über- Zukunft werden folgende Themenbereiche identifiziert: ein Übergang von der line- arbeitete Neuauflage mit dem Titel „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ (DNS). aren zur Kreislaufwirtschaft; eine nachhaltige Ausrichtung der Landwirtschaft und des Lebensmittelsystems; eine zukunftssichere, kohlenstoffarme Gestaltung Aufbau der Strategie und inhaltliche Schwerpunkte 7 der Energieversorgung, Gebäude und Mobilität; die Sicherstellung einer sozial 6 gerechten Nachhaltigkeitswende; der Schutz der biologischen Vielfalt und der Öko- Mit der Verabschiedung der DNS hat die Bundesregierung die Globalen Nachhal- systeme sowie die Bekämpfung des Klimawandels. Das Reflexionspapier führt tigkeitsziele der Agenda 2030 als zentrales Strukturelement für die Nachhaltig- 5 das Projekt GNK als europäisches Best-Practice-Beispiel für SDG 11 („Nachhal- keitsstrategie auf Bundesebene eingeführt. So entsprechen die 17 nationalen 4 tige Städte und Gemeinden“) auf. Ziele den globalen Zielsetzungen.8 Kern der DNS ist ein Nachhaltigkeitsmanage- 3 mentsystem, welches Ziele mit Zeitrahmen zur Erfüllung, Indikatoren für ein kon- 2 Europäischer „Green Deal“ tinuierliches Monitoring, Regelungen zur Steuerung sowie Festlegungen zur in- stitutionellen Ausgestaltung beinhaltet. 1 Ende 2019 stellte die Europäische Kommission den sogenannten „Europäischen Grünen Deal“ vor, als integralen Bestandteil zur Umsetzung der Agenda 2030.7 Die DNS zielt auf eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und öko- Der „Green Deal“ umfasst einen Fahrplan zur Umgestaltung der EU-Wirtschaft logisch verträgliche Entwicklung ab, wobei die „Planetaren Belastungsgrenzen“9 für eine nachhaltige Zukunft. Er stellt als übergeordnetes Ziel auf, Europa zum zusammen mit der „Orientierung an einem Leben in Würde für alle“ die absolute ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Bis 2050 sollen in der EU die Netto- äußere Beschränkung vorgeben. Die Planetaren Ökologischen Grenzen definieren Emissionen von Treibhausgasen auf null reduziert werden. Dieses Ziel wurde im demnach einen ‚sicheren Handlungsraum‘, innerhalb dessen Entwicklung, globa- Frühjahr 2020 in einem Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz verankert. le Gerechtigkeit, Wohlstand und ein ‚gutes Leben‘ dauerhaft gesichert werden Darüber hinaus werden folgende weitere zentrale Themenbereiche identifiziert, können. In der DNS wird außerdem der erforderliche Transformationsprozess, für die im Rahmen des Fahrplans jeweils nächste Schritte der EU formuliert die internationale Perspektive sowie der ebenen- und akteursübergreifende An- werden (insbesondere die Vorlage einer europäischen Industriestrategie, ein satz hervorgehoben. Die Strategie sieht Maßnahmen zur Umsetzung der SDGs auf Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sowie eine neue Landwirtschafts- und drei Ebenen vor: Maßnahmen mit Wirkung in Deutschland, Maßnahmen durch Biodiversitätsstrategie): Deutschland mit weltweiten Wirkungen sowie Maßnahmen mit Deutschland im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Ländern. • Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie • Mobilisierung der Industrie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft Aktuelle Entwicklungen • Energie- und ressourcenschonendes Bauen und Renovieren • Nachhaltige und intelligente Mobilität Ende 2018 beschloss das Bundeskabinett eine Aktualisierung der DNS, welche die • Entwicklung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems bisherige Strategie ergänzt. Die Aktualisierung umfasst neben einer Anpassung • Ökosysteme und Biodiversität erhalten und wiederherstellen der Indikatoren unter anderem neu formulierte Prinzipien einer Nachhaltigen Ent- • Eine schadstofffreie Umwelt wicklung sowie einen Bericht zu institutionellen Strukturen und zum Einbezug gesellschaftlicher Akteursgruppen. Weiterhin wurde das Projekt GNK vom Staats- 6 Europäische Kommission (2019a) Insgesamt soll das Leitbild der Nachhaltigkeit in alle Politikbereiche der EU in- 8 Vgl. Bundesregierung (2017) sekretärsausschuss der Bundesregierung als Leuchtturmprojekt 2018 zur Deut- 7 Europäische Kommission (2019b) tegriert werden. Zur Finanzierung kündigte die Kommission an, eine Billion Euro 9 Vgl. Steffen et al. (2015) schen Nachhaltigkeitsstrategie ausgezeichnet. Zur Weiterentwicklung wurde 2018
12 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Projektkontext 13 ein „Peer Review“-Verfahren vom Rat für Nachhaltige Entwicklung durchgeführt, um Empfehlungen internationaler Expert*innen einzuholen. Für eine breite Kon- Übersicht der 30 Modellkommunen sultation der Öffentlichkeit fanden von Oktober 2019 bis Februar 2020 zudem bun- desweit Dialogkonferenzen statt. Die Ergebnisse der Konsultationen mündeten des Projekts GNK NRW (erste und in eine überarbeitete Dialogfassung der DNS, die Anfang Oktober 2020 veröffent- zweite Projektlaufzeit) licht wurde.10 2.5 Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen Neben der Bundesregierung verfügt die große Mehrzahl der Bundesländer über eigene Nachhaltigkeitsstrategien. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat erstmals im Juni 2016 eine Nachhaltigkeitsstrategie für NRW (NHS NRW) be- schlossen. Diese war die erste Strategie eines Bundeslandes, welche die globale Agenda 2030 und die SDGs systematisch berücksichtigt. Sie wurde im Rahmen einer breiten öffentlichen Konsultation diskutiert, unter anderem auf jährlichen Nachhaltigkeitstagungen und in Online-Beteiligungsphasen. Im September 2020 wurde eine umfangreiche Aktualisierung der NHS NRW durch einen Kabinetts- beschluss der Landesregierung verabschiedet.11 Aufbau der Strategie und inhaltliche Schwerpunkte 7 Den Kern der aktualisierten NHS NRW aus dem Jahr 2020 bilden 67 Ziele und Indi- 6 katoren, die sich analog zur DNS am strukturellen Rahmen der 17 Globalen Nach- haltigkeitsziele orientieren. Jedes SDG wird außerdem durch Nachhaltigkeitspos- 5 tulate und Vertiefungsbeispiele zu praktischen Umsetzungen auf den NRW-spezi- 4 fischen Kontext heruntergebrochen. Themenübergreifende Umsetzungsinstrumen- 3 te und -strukturen werden in spezifischen Unterkapiteln der Strategie aufgeführt 2 und durch die NRW-Nachhaltigkeitsberichterstattung ergänzt, die der Landes- betrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) über das Portal 1 www.nachhaltigkeitsindikatoren.nrw.de veröffentlicht. Aktuelle Entwicklungen Über den Fortschritt der Umsetzung der NHS NRW soll einmal pro Legislatur- periode online Bericht erstattet werden. Begleitet werden soll die Vorbereitung des Fortschrittsberichts von einem breiten Beteiligungsprozess unterschiedli- cher Stakeholder*innen. Auf Grundlage der 67 Ziele und Indikatoren wird IT.NRW den Internet-Auftritt unter www.nachhaltigkeitsindikatoren.nrw.de überarbei- ten. Zudem wird ein Nachhaltigkeitsbeirat von der Landesregierung eingesetzt, der bei der Umsetzung, Evaluierung und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeits- strategie beratend zur Seite steht. GNK NRW Kommunen der ersten Projektlaufzeit GNK NRW Kommunen der zweiten Projektlaufzeit 10 Bundesregierung (2020) Abbildung 3: Die 30 Modellkommunen des Projektes GNK NRW / © LAG 21 NRW 11 Landesregierung NRW (2020)
3 14 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 15 3 Modell zur Entwicklung 2 Bestands- und Umsetzung von aufnahme GA NI S A UOR AT I FB O Nachhaltigkeitsstrate- 1 6 3 AU N Er- und KOORDINATION, Evaluation und Überarbeitung KERNTEAM, Fortschreibung Handlungs- gien auf kommunaler STEUERUNGS- programm GRUPPE Ebene 5 Umsetzung und 4 Formeller Monitoring Beschluss Das GNK NRW-Modell zur Entwicklung Verbesserung und Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien auf kom- der formulierten Inhalte (u. a. themati- munaler Ebene basiert auf einem ko- sche Leitlinien sowie strategische und Abbildung 4: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) / © LAG 21 NRW operativen Planungsverständnis.12 Alle operative Ziele) ab. relevanten Akteure werden von Beginn an im gesamten Planungsprozess ein- Nach dem GNK NRW - Modell gliedert 3.1 Aufbauorganisation 7 gebunden, sodass die Nachhaltigkeits- sich die Entwicklung und Umsetzung 6 strategien gemeinsam in einem partizi- einer Nachhaltigkeitsstrategie in sechs Das Modell sieht für die Entwicklung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstra- pativen Prozess entwickelt werden. wesentliche Arbeitsschritte (siehe Ab- tegie die Bildung von drei Arbeitsgremien vor: 1.) Koordination, 2.) Kernteam und 5 bildung 4): 1.) Einrichtung einer Aufbau- 3.) Steuerungsgruppe (siehe Abbildung 5). Die unterschiedlichen Gruppen sind 4 Die Entwicklung und Umsetzung der organisation, 2.) Bestandsaufnahme, zuständig für die Organisation des Prozesses, die Entwicklung und Umsetzung der 3 Nachhaltigkeitsstrategien ist zudem 3.) Erarbeitung des Handlungspro- Nachhaltigkeitsstrategie, eine regelmäßige Berichterstattung sowie die Versteti- 2 als kontinuierlicher Verbesserungspro- gramms, 4.) Politischer Beschluss der gung der Strategie. Klar definierte Arbeitsstrukturen mit konkreten Verantwort- zess (KVP) angelegt (siehe Abbildung 4). Nachhaltigkeitsstrategie, 5.) Umset- lichkeiten erhöhen dabei die Prozesssicherheit, Transparenz und Effizienz in der 1 12 vgl. Selle (2000) Der KVP stellt als fortwährender Über- zung und Monitoring sowie 6.) Evalua- 13 vgl. Wagner (2015): 72ff. Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure.13 arbeitungszyklus die Wirksamkeits- tion und Fortschreibung. In den fol- und Erfolgskontrolle des Handlungs- genden Kapiteln werden die einzelnen programms der Nachhaltigskeitsstra- Arbeitsschritte modellhaft dargestellt. tegie sicher und zielt auf die stetige AKTEURE Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, Ver- waltung, Politik, i. d. R. 20-30 Personen U N G S GRU E UER PP ST FUNKTION Inhaltliche Schwerpunkte, Erarbeitung der Nachhaltig- E Überblick keitsstrategie 3.1 ––– Aufbauorganisation 15 NTE A M K ER AKTEURE Verwaltung (Planung, Gesundheit. Umwelt, Verkehr, 3.2 ––– Bestandsaufnahme und Vorstellung der Themenfelder einer Soziales, Jugend etc.), i. d. R. 5-8 Personen FUNKTION Analyse und fachübergreifende Planung von Inhalten Nachhaltigen Kommunalentwicklung 17 O RDIN ATI O 3.3 ––– Erarbeitung des Handlungsprogramms 26 KO AKTEURE Verwaltung, eine hauptverantwortliche Person und N Stellvertretung 3.4 ––– Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie 28 FUNKTION Organisatorische und inhaltliche Koordination sowie 3.5 ––– Umsetzung und Monitoring 28 Kontaktpersonen der am Prozess beteiligten Akteure und für die Öffentlichkeit 3.6 ––– Evaluation und Fortschreibung 28 Abbildung 5: Aufbauorganisation / © LAG 21 NRW
16 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 17 Koordination Akteure bzw. Institutionen sollen ein breites thematisches Spektrum abbilden. Potenzielle Akteure können Wirtschaftsunternehmen, wissenschaftliche Einrich- Die Koordination besteht aus einer für den Prozess hauptverantwortlichen Person tungen, Nichtregierungsorganisationen (NRO), Verbände, Jugendinitiativen, Kir- aus der Verwaltung sowie einer Stellvertretung. Die Koordination übernimmt primär chen etc. sein. Die zentrale Aufgabe der Steuerungsgruppe ist die Erarbeitung der die Aufgabe, den Entwicklungs- und Umsetzungsprozess der Nachhaltigkeitsstrate- Nachhaltigkeitsstrategie sowie des Handlungsprogramms. Unter Berücksichti- gie organisatorisch zu steuern. Sie ist die zentrale Anlaufstelle für die unterschied- gung der spezifischen (Fach-) Expertisen entwickeln die in der Steuerungsgruppe lichen Akteure und Projektbeteiligten und darüber hinaus für die Ergebnissicherung beteiligten Akteure gleichberechtigt, konstruktiv und dialogorientiert die Ziele und und die kontinuierliche interne und externe Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit) Maßnahmen des Handlungsprogramms. zuständig. Die Koordination ist dabei Teil des Kernteams (siehe Abbildung 5). Die Entscheidungshoheit über die Nachhaltigkeitsstrategie und die Umsetzung Kernteam der unterschiedlichen Maßnahmen obliegt den formalen Entscheidungsorganen, d. h. den Ausschüssen und Räten der einzelnen Kommunen. Das Kernteam stellt ein verwaltungsinternes Arbeitsgremium dar und setzt sich i. d. R. aus ca. fünf bis acht Personen aus unterschiedlichen Fachämtern zusammen (z. B. Planung, Gesundheit, Umwelt, Verkehr, Soziales, Jugend, Wirtschaftsförder- ung). Zentrale Aufgabe des Kernteams ist die inhaltliche Vor- und Nachbereitung der Steuerungsgruppensitzungen, die Aufarbeitung vorangegangener Prozesse mit 3.2 Bestandsaufnahme und Vorstellung der Themen- felder einer Nachhaltigen Kommunalentwicklung Bezug zur Nachhaltigen Entwicklung und die Beschaffung notwendiger projekt- Die systematische Bestandsaufnahme dient der Beschreibung des derzeitigen Zu- relevanter Informationen. Das Kernteam unterstützt weiterhin die Koordination bei stands einer Kommune.15 Sie ermöglicht eine allgemeine Einschätzung der lokalen der Organisation und Begleitung des Entwicklungs- und Umsetzungsprozesses Entwicklungstrends. Hierzu werden zum einen statistische Daten (quantitative Ana- der Nachhaltigkeitsstrategie. Das Kernteam ist Teil der Steuerungsgruppe (siehe lyse) und zum anderen bestehende Konzepte und Strategien, Projekte, (internatio- Abbildung 5) und nimmt an deren Sitzungen teil. Im Verlauf des Projekts trifft sich nale) Städte- oder Projektpartnerschaften sowie politische Beschlüsse (qualitative 7 das Kernteam zudem regelmäßig zwischen den Steuerungsgruppensitzungen, um Analyse) herangezogen und ausgewertet. Die zentrale Fragestellung dabei ist: 6 deren Inhalte vor- bzw. nachzubereiten. „Welchen Beitrag leistet die Kommune derzeit zur Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung und der SDGs?“. Abbildung 6 gibt einen schematischen Überblick 5 Steuerungsgruppe über die Elemente der Bestandsaufnahme, die im Folgenden beschrieben werden. 4 3 Die Steuerungsgruppe setzt sich aus verschiedenen institutionellen Akteuren zu- Quantitative Analyse 2 sammen, die aufgrund ihrer Stellung oder Funktion unterschiedliche gesamtgesell- schaftliche Interessen vertreten. Dieses Arbeitsgremium versteht sich daher als Die quantitative Analyse beruht auf einem Indikatorenset, das von der LAG 21 NRW 1 Format zur Beteiligung von Stakeholdern und ist ein Spezifikum des Management- im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher- modells für die partizipative Entwicklung von integrierten Nachhaltigkeitsstrategien schutz NRW (MULNV) und in Abstimmung mit dem Deutschen Städtetag, dem der LAG 21 NRW. Es fußt auf dem o. g. Prinzip der kooperativen Planung.14 Städte- und Gemeindebund NRW, dem Landkreistag NRW sowie dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), der Die Steuerungsgruppe setzt sich i. d. R. aus 20 bis 30 Personen zusammen. Als Bertelsmann Stiftung und IT.NRW entwickelt wurde.16 Für eine kommunenspezifi- fester Bestandteil der Steuerungsgruppe sind Vertreterinnen und Vertreter der im sche Vertiefung und Ergänzung wird das Indikatorenset mit zusätzlichen kommu- 14 vgl. Selle (2000) Rat der Kommune vertretenden Fraktionen einzubinden. Weitere zu beteiligende nalen Indikatoren („Add-On-Indikatoren“) ergänzt. TAT IVE AN Qualitative Analyse TI A N LY KERNINDIKATOREN Q UA S WOT SE Lokale Aktivitäten im Bereich einer Nachhaltigen Entwicklung im Kontext der ADD-ON-INDIKATOREN Agenda 2030 umfassen im Projekt GNK NRW lokale Konzepte und Strategien, D S AU F N A AN Projekte und Maßnahmen, (internationale) Städte- oder Projektpartnerschaften STÄRKEN T HM BE S sowie politische Beschlüsse. Diese Punkte sind als Bestandteile der qualitativen E SCHWÄCHEN Analyse definiert und zielen auf einen umfassenden Überblick über die lokalen Ak- CHANCEN E ATIV ANA tivitäten im Kontext einer Nachhaltigen Entwicklung in der Kommune ab. Im Rah- IT KONZEPTE RISIKEN men der qualitativen Analyse werden die relevanten Konzepte und Strategien L LY Q UA PROJEKTE S unter anderem auf bereits formulierte Zieldefinitionen (strategische und opera- E PARTNERSCHAFTEN tive Ziele) durchsucht, sodass Ziele systematisch dargestellt, aber auch Zielkon- BESCHLÜSSE flikte identifiziert werden können. Weiterhin werden Projekte und Maßnahmen, Städte- oder Projektpartnerschaften mit Kommunen im Ausland sowie politische Abbildung 6: Elemente der Bestandsaufnahme / © LAG 21 NRW (Ergänzung / © LAG 21 NRW) 15 vgl. Scholles (2008) Beschlüsse gesammelt, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf eine 16 vgl. Reuter et al. (2016) Nachhaltige Entwicklung und die Globalen Nachhaltigkeitsziele haben.
18 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 19 Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (SWOT) len auch Themen wie Nachhaltigkeitsprüfungen für Ratsbeschlüsse und andere kommunale Entscheidungsprozesse sowie das Thema Divestment eine bedeu- Die zusammengefassten Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Bestands- tende Rolle. Aber auch im Personalbereich oder im Bereich der öffentlichen Be- aufnahme werden in Form von zehn themenfeldspezifischen Stärken-Schwächen- schaffung können Kommunen durch eine entsprechende Ausrichtung eine Nach- Chancen-Risiken-Analysen (SWOT-Analyse) dargestellt. Die zehn vordefinierten haltige Entwicklung vorantreiben. Themenfelder kommunaler Nachhaltigkeit wurden im Vorfeld aus der DNS, der NHS NRW und den in der ersten GNK NRW-Projektlaufzeit erarbeiteten kommu- 2 nalen Nachhaltigkeitsstrategien abgeleitet. Die SWOT-Analyse dient als Entschei- dungshilfe für die Auswahl der priorisierten Themenfelder im Rahmen des parti- Lebenslanges Lernen und Kultur SDG 4: Hochwertige Bildung | SDG 10: Lebenslanges zipativen Erarbeitungsprozesses des Handlungsprogramms. Weniger Ungleichheiten | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | Lernen & Kultur SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen Vorstellung der Themenfelder einer Nachhaltigen Kommunalentwicklung Themenfeld 2 ∙ Lebenslanges Lernen und Kultur Im Rahmen des GNK NRW Modells wird mit zehn Themen- Das Themenfeld Lebenslanges Lernen und Kultur bündelt verschiedene Hand- feldern einer Nachhaltigen Kommunalentwicklung gearbei- lungsfelder der (außer-) schulischen und kulturellen Bildung. Lebenslanges Lernen tet. Die Themenfelder stellen eine Synthese aus den Zielen beschreibt die umfassende Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten im Laufe eines ganzen Menschenlebens. Es befähigt das Individuum zum Erkennen von der Agenda 2030 und kommunalen Handlungsfeldern bzw. Problemen sowie zur Entwicklung der Fähigkeit, sich sachgerecht mit Konflikten Kompetenzbereichen dar. Die Themenfelder werden im Fol- auseinanderzusetzen und vernünftige Lösungsstrategien zu erarbeiten. Der Lern- 7 genden kurz vorgestellt. Hierbei werden globale wie auch prozess ist dabei nicht auf die schulische Ausbildung begrenzt, sondern bezieht 6 nationale Trends und Herausforderungen hervorgehoben sich ausdrücklich auf die gesamte Lebenszeit und umfasst dabei sowohl formelle als auch informelle Formen des Lernens. 5 sowie die Bedeutung des Themenfelds für eine Nachhaltige 4 Entwicklung dargestellt. Außerdem werden für jedes The- Bildung ist eine der zentralen Voraussetzungen für die Überwindung von Armut, 3 menfeld die Kernbezüge zu den Globalen Nachhaltigkeits- das Ausüben menschenwürdiger Arbeit und das Führen eines selbstbestimmten 2 Lebens (Bildungschancen in allen Lernformen und für alle Altersgruppen). In mo- zielen aufgezeigt. Die Texte dienen insgesamt als Einstieg dernen Gesellschaften wird Bildung als wesentliches Element der Demokratisier- 1 und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. ung und der Emanzipation betrachtet. Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung (kurz BNE) hat unter den bildungstheoretischen Prämissen von Offenheit, Reflex- ivität und Zukunftsfähigkeit das Ziel, Lernenden ein systematisch generiertes und 1 begründetes Angebot zu den Themen, Aufgaben und Instrumenten von Nachhal- Nachhaltige Verwaltung SDG 5: Geschlechtergerechtigkeit | SDG 10: Weniger tiger Entwicklung zu machen. Ungleichheiten | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nach- Nachhaltige haltige/r Konsum und Produktion | SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Verwaltung Nachhaltige Entwicklung ist außerdem auch als eine kulturelle Aufgabe zu ver- Institutionen | SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele stehen. Dazu ist die kollektive Entwicklung neuer Narrative ebenso Voraussetzung wie die Überprüfung von Deutungs- und Sinnzusammenhängen. Der Kultursektor – Theater, Museen, Bibliotheken, Rundfunk, Orchester, Bands, Chöre, Ateliers, De- signer, Filmschaffende, Kinos, Kunstmarkt, Musik- und Kunsthochschulen – er- Themenfeld 1 ∙ Nachhaltige Verwaltung reicht Menschen über Wege der informellen Bildung und motiviert zu neuen Sicht- und Denkweisen. Zahlreiche Ansätze zeigen, wie man sich, vermittelt über den Kul- Unter dem Themenfeld Nachhaltige Verwaltung werden verschiedene Handlungs- tursektor, gemeinsam mit Nachhaltigkeitsprozessen auseinandersetzen, innova- felder zusammengefasst, bei denen die Kommune durch ihr eigenes Handeln tive Erfahrungen auch sinnlich anbieten, Dialoge führen, Engagement entwickeln direkten Einfluss auf eine Nachhaltige Entwicklung nehmen kann und dement- und Ergebnisse bündeln kann. sprechend ihrer Vorbildfunktion gerecht werden sollte. Im Besonderen betrifft dies die Kommunalfinanzen (oder kommunale Finanzwirtschaft), worunter an dieser Stelle alle finanzwirtschaftlichen Aktivitäten der kommunalen Gebiets- körperschaften (Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände) einschließlich der Kommunalunternehmen bzw. öffentlichen Unternehmen verstanden werden, wie sie sich im Haushalt (Doppik) oder Jahresabschluss (Doppik) widerspiegeln. Im Zusammenhang mit einer nachhaltigen kommunalen Finanzwirtschaft spie-
20 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 21 Die demografische Entwicklung beschreibt die gegenwärtige Bevölkerungsstruktur (Größe, Altersaufbau, Geburtenhäufigkeit, Zuwanderung usw.). Wesentliche Fakto- 3 Gute Arbeit und Nachhaltiges Wirtschaften SDG 5: Geschlechtergerechtig- ren für die demografische Entwicklung sind das natürliche Bevölkerungssaldo, das keit | SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum | SDG 9: Gute Arbeit & Wanderungssaldo, die Fertilitätsrate sowie die Lebenserwartung. Langfristige Ver- Industrie, Innovation und Infrastruktur | SDG 10: Weniger Ungleichheiten | Nachhaltiges änderungen der Geburtenrate oder der Lebenserwartung, die sich letztlich auf die Wirtschaften SDG 12: Nachhaltige/r Konsum und Produktion | SDG 13: Maßnahmen zum Bevölkerungsstruktur auswirken, werden unter dem Begriff des demografischen Klimaschutz. Wandels diskutiert. Entsprechend dieser Daten werden in Politik und Wirtschaft zukünftige Planungsprozesse gesteuert. Die Schul- und Wohnungsbaupolitik, aber auch die Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik müssen sich rechtzeitig auf künftige demografische Entwicklungen einstellen, ebenso wie Wirtschaftsunternehmen in Themenfeld 3 ∙ Gute Arbeit und Nachhaltiges Wirtschaften Hinblick auf ihre Zukunftspläne. Die demografische Entwicklung stellt somit eine bedeutende Rahmenbedingung für Maßnahmen in verschiedenen Themen- und Das Themenfeld Gute Arbeit und Nachhaltiges Wirtschaften beschreibt die lokale Handlungsfeldern dar, und ist daher als Querschnittsthema zu verstehen. Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung und geht darüber hinaus auf die Situa- tion der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsort ein. In Deutschland zeigt sich seit den 1970er Jahren ein weitestgehend konstanter ne- gativer natürlicher Bevölkerungssaldo, der jedoch temporär durch einen positiven Eine funktionierende Wirtschaft mit genügend Arbeitsplätzen stellt die Basis für die Wanderungssaldo ausgeglichen werden konnte. Vor allem im Rahmen des Zuzugs Entwicklung eines Landes sowie seiner Teilräume dar. Nur mit ausreichendem mater- von Geflüchteten mit Beginn des Jahres 2015 kam es zu einer starken Zuwande- iellen Wohlstand sind Menschen in der Lage, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen rung, die jedoch eine langfristige Bevölkerungsschrumpfung nicht verhindern kann. und ihre individuellen Potenziale zu entfalten. Privatwirtschaftliche Unternehmen, Mit der verstärkten Migration rückten auch die damit verbundenen gesellschaft- die letztlich Arbeitsplätze und Einkommen schaffen, sind im Sinne einer Nachhaltigen lichen Herausforderungen – vor allem in Hinsicht auf Integration und Teilhabe – Entwicklung mehr als rein gewinnorientierte Akteure und tragen eine ökologische in den öffentlichen und politischen Fokus. 7 sowie soziale Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Unternehmen sollen 6 daher neben der Gewinnmaximierung sowohl die Umsetzung von nachhaltigen Pro- Teilhabe und Gleichberechtigung sind die Grundpfeiler zukunftsfähiger Gesellschaf- duktionsmustern (ökologische Verantwortung) als auch die Schaffung und Siche- ten. Um das Ziel der Teilhabe am Sozialleben zu erreichen, bedarf es zum einen 5 rung von guten und fairen Arbeitsplätzen (soziale Verantwortung) anstreben. der Bildung von persönlichen Kompetenzen und zum anderen der Schaffung posi- 4 tiver externer Rahmenbedingungen. Persönliche Kompetenzen befähigen hierbei 3 Besondere Herausforderungen für die wirtschaftliche Entwicklung ergeben sich einen Menschen am sozialen, kulturellen und politischen Leben aktiv teilzunehmen 2 unter anderem durch den fortschreitenden demografischen Wandel und den damit (z. B. durch Lesen, Schreiben, Rechnen). Rahmenbedingungen umfassen unter an- verbundenen Folgen. So wird davon ausgegangen, dass es in Deutschland trotz der derem den Zugang zu sozialen und technischen Infrastrukturen sowie den Zugang 1 in den letzten Jahren steigenden Erwerbsbeteiligung langfristig zu einem sinkenden zum Arbeitsmarkt. Erwerbspersonenpotenzial und Fachkräftemangel kommen wird. Im Zuge der ver- stärkten Zuwanderung in den letzten Jahren gilt es darüber hinaus, Migranten und 5 Migrantinnen in den Arbeitsmarkt sowie in die Gesellschaft zu integrieren. Nicht zuletzt sieht sich die Gesellschaft einer zunehmenden Digitalisierung gegenüberge- Nachhaltiger Konsum und gesundes Leben SDG 2: Kein Hunger | SDG 3: Nachhaltiger stellt, die auch auf dem Arbeitsmarkt zu tiefgreifenden Veränderungen führen wird. Gesundheit und Wohlergehen | SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitärein- Konsum & gesundes richtungen | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nach- Leben haltige/r Konsum und Produktion | SDG 14: Leben unter Wasser. 4 Soziale Gerechtigkeit und zukunftsfähige Gesellschaft SDG 1: Keine Armut | SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen | SDG 4: Hochwertige Bildung | SDG 5: Soziale Gerechtigkeit & Geschlechtergerechtigkeit | SDG 10: Weniger Ungleichheiten | SDG 11: Nach- zukunftsfähige Themenfeld 5 ∙ Nachhaltiger Konsum und gesundes Leben haltige Städte und Gemeinden. Gesellschaft Das Themenfeld Nachhaltiger Konsum und gesundes Leben verbindet die Hand- lungsfelder einer nachhaltigen und gesunden Lebensweise in einer Kommune. Nachhaltiger Konsum ist Teil einer nachhaltigen Lebensweise und ein Verbrau- cherverhalten, das unter anderem Umwelt-, Gesundheits- und soziale Aspekte Themenfeld 4 ∙ Soziale Gerechtigkeit und zukunftsfähige Gesellschaft bei Kauf, Nutzung und Entsorgung von Produkten berücksichtigt. Folgt man dem Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung, ist Konsum dann nachhaltig, wenn er den Das Themenfeld Soziale Gerechtigkeit und zukunftsfähige Gesellschaft umfasst Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger neben der demografischen Entwicklung unter anderem jene Handlungsfelder, Generationen zu gefährden. Im Globalen Norden bedeutet nachhaltiger Konsum die sich mit Integration und Teilhabe aller Bevölkerungsteile sowie einer allge- insbesondere eine Änderung der Lebens- und Konsumstile zur Reduzierung des meinen sozialen Gerechtigkeit beschäftigen. Ressourcenverbrauchs - auch im Hinblick auf die global gerechte Verteilung natür-
22 Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Gemeinde Kalletal Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 23 licher Ressourcen. Idealtypisch besteht nachhaltiger Konsum aus einer Mischung von Suffizienz und Effizienz. Dabei steht die Suffizienz mit der Frage nach dem 7 ausreichenden Maß an Konsum im Zentrum. Die Effizienz, bezogen auf ressourcen- Klimaschutz und Energie SDG 7: Bezahlbare und saubere Energie | SDG 9: schonende Produktionsmuster, gilt als nachgeordnetes Kriterium. Industrie, Innovation und Infrastruktur | SDG: 11 Nachhaltige Städte und Klimaschutz & Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r Konsum und Produktion | SDG 13: Energie Nachhaltiger Konsum geht darüber hinaus mit einem gesunden Lebensstil einher. Maßnahmen zum Klimaschutz. So hat eine bewusste und nachhaltige Ernährung auch positive Effekte auf die per- sönliche Gesundheit. Neben den selbst beeinflussbaren Faktoren wirken sich auch äußere Einflüsse, wie z. B. Luft- und Lärmbelastung, wesentlich auf die Gesund- heit aus. Die gesundheitlichen Belastungen sind nicht gleich verteilt. So zeigt sich, Themenfeld 7 ∙ Klimaschutz und Energie dass der soziale Status sowie die finanzielle Situation über Umfang und Intensität der Belastung maßgeblich entscheidet. Unter dem Themenfeld Klimaschutz und Energie werden Handlungsfelder gebün- delt, die sich mit der Reduzierung der globalen Erderwärmung, der Gewinnung erneuerbarer Energien sowie dem effizienten und bewussten Umgang mit Energie 6 in der Kommune beschäftigen. Globale Verantwortung und Eine Welt SDG 4: Hochwertige Bildung | Globale SDG: 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r Kon- Verantwortung & Eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen im Laufe der vergangenen Jahr- sum und Produktion | SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institu- Eine Welt zehnte belegt fundiert, dass der anthropogene Ausstoß von Treibhausgasen und tionen | SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. Aerosolen das Klima auf der Erde beeinflusst. Die Konzentration von Kohlenstoff- dioxid und anderen Treibhausgasen in der Erdatmosphäre kann vorrangig auf die Nutzung von fossilen Energieträgern und die Landnutzung zurückgeführt werden. Der Klimawandel bedingt weltweit erhöhte Temperaturen und Veränderungen in 7 Themenfeld 6 ∙ Globale Verantwortung und Eine Welt den Niederschlagsmengen und hat so weitreichende Auswirkungen auf Land- und 6 Wasserökosysteme, landwirtschaftliche Produktionsmuster, menschliche Gesund- Individuen, Organisationen und Gemeinschaften handeln global verantwortungs- heit und viele weitere ökonomische, ökologische und soziale Systeme. Vor diesem 5 voll, wenn sie sich für Chancengleichheit bzw. Teilhabegerechtigkeit, eine gerech- Hintergrund liegen die Grundbedingungen einer Nachhaltigen Entwicklung in der 4 te globale Verteilung der Güter, eine friedvolle Entwicklung sowie den Erhalt der Steigerung der Energieeffizienz, der Einsparung von Energie, dem Ausbau der er- 3 natürlichen Lebensgrundlagen und den Schutz der Ressourcen einsetzen. Auf- neuerbaren Energien und der Senkung von Treibhausgas-Emissionen aus anderen 2 bauend auf dieser Definition umfasst das Themenfeld Globale Verantwortung und Quellen. Eine Welt verschiedene Handlungsfelder, die sich von fairer Beschaffung und 1 fairem Handel, über globale Partnerschaften bis hin zu Bildung für Nachhaltige Entwicklung erstrecken. 8 Aktuell zeigt sich eine zunehmende Bedeutung fair gehandelter Produkte trotz Nachhaltige Mobilität SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen | SDG 9: eines noch verhältnismäßig geringen Marktanteils. Fairer Handel stellt eine Mög- Nachhaltige Industrie, Innovation und Infrastruktur | SDG 11: Nachhaltige Städte und Mobilität lichkeit dar, den zunehmenden globalen Ungleichheiten entgegenzuwirken. Ins- Gemeinden | SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz besondere durch den „Billigkonsum“ nimmt der Anteil informeller Arbeitsverhält- nisse in den Produktionsländern zu. Die daraus entstehende mangelnde Absich- erung verstärkt soziale Unsicherheiten und führt langfristig zu Instabilität. Aber auch Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes, wie die Förderung erneuerbarer Energien und die nachhaltige Stadtentwicklung, tragen zum Schutz der Einen Welt Themenfeld 8 ∙ Nachhaltige Mobilität bei und stehen zunehmend im Fokus kommunaler Bemühungen. Insbesondere der Wissensaustausch zwischen dem Globalen Norden und Süden, beispielsweise Das Themenfeld Nachhaltige Mobilität umfasst die Teilbereiche Personenverkehr im Rahmen von Städtepartnerschaften, trägt zu einem gesteigerten Verständnis und Warenverkehr innerhalb einer Kommune sowie die damit verbundenen Infra- der unterschiedlichen Lebensumstände bei und ist ein wichtiger Motor für Inno- strukturen. vationen. Sowohl auf Ebene der Verwaltung als auch im Bildungsbereich oder Gesundheitswesen können durch kontinuierlichen Wissensaustausch auf Augen- Mobilität wird als eines der zentralen Kennzeichen der Moderne gesehen und ist höhe wertvolle Entwicklungen angestoßen werden. Grundvoraussetzung für die soziale und ökonomische Entwicklung. Für wirtschaft- liche Produktionsprozesse, den Gütertransport oder den Handel sind effektive Transportinfrastrukturen bedeutende Einflussgrößen. Den Menschen hingegen ermöglicht Mobilität unter anderem Zugang zu Märkten, Arbeitsplätzen, Bildung und Gesundheit. Mit einem erhöhten verkehrlichen Aufkommen gehen gleichzeitig auch Belastungen für Umwelt und Gesundheit einher.
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