Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien

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Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
Team Wien

Neue Arbeit –
Neues soziales
Wohnen?

     SYMPOSIUM
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
INHALTSVERZEICHNIS

                Begrüßung 			5

                Vorwort    		        7
                Kontext
                Team Wien & PARK     9

                                         Symposium
                                         „Neue Arbeit – Neues
                                         soziales Wohnen?“

2
                                         Fünf Wünsche an             3
                                         die IBA_Wien           17

                                         Workshop 1 		          31

                                         Workshop 2 		          33

                                         IBA-Talk 			35

                                         Kommentare		 41

                PARK – ein Zentrum
                für Neue Arbeit		  49

                Impressum 			63

    Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
BEGRÜSSUNG
                            Team Wien

                            Kein anderer Bereich greift so tief in unser     on von Stadt und unserem direkten Wohn-
                            Leben ein, definiert unseren Alltag und un-      und Arbeitsumfeld einbringen können.
                            sere zwischenmenschlichen Beziehungen            Diese neuartigen Formen von Beschäfti-
                            so sehr wie die Arbeit. Angetrieben durch        gung wie Eigen- und Gemeinschaftsarbeit,
                            die Digitalisierung und Automatisierung          die zumindest in Teilen die traditionelle
                            erfährt die Arbeitswelt derzeit tiefgreifen-     Erwerbsarbeit ablösen werden, verlangen
                            de Veränderungen, die unsere Vorstellung         nach neuen städtischen Räumen und Infra-
                            und unseren Begriff von Arbeit von Grund         strukturen.
                            auf erneuern.
                                                                             Das Projekt PARK stellt in diesem Kontext
                            Auch wenn wir noch nicht genau wissen,           eine mögliche Antwort auf diese neuen
                            wie die prognostizierten Veränderungen           Raumbedürfnisse dar. Das Team Wien
                            in der Arbeitswelt konkret aussehen und          wirft mit der temporären Installation PARK
                            welchen Einfluss sie auf unseren Alltag          Fragen nach Neuer Arbeit und ihren zukünf-
                            nehmen werden, ist es sehr wahrschein-           tigen Räumen in der Stadt auf – und bindet
                            lich, dass diese Entwicklungen den mo-           andere ExpertInnen und die Öffentlichkeit
                            dernen Wohnungsverbund herausfordern             ein, um gemeinsam und prozesshaft mög-
                            und früher oder später auflösen werden.          liche Antworten zu entwickeln.
4                           Schon heute erleben wir eine zunehmen-                                                        5
                            de zeitliche und besonders auch räumliche        Besonders dankbar sind wir in diesem
                            Flexibilisierung der Arbeit: Arbeit endet        Zusammenhang auch über den offenen
                            nicht mehr an den Toren der Fabrik, son-         Prozess, den das Team der IBA_Wien initi-
                            dern findet gleichermaßen auch, oder             iert hat. Durch die Einbindung Vieler ent-
                            ausschließlich, in der Freizeit, in der priva-   wickelt sich die IBA_Wien zu einem breiten
                            ten Wohnung sowie im öffentlichen Raum           gemeinschaftlichen Projekt, das weit über
                            statt.                                           das Jahr 2022 hinausreichen wird. Wir
                                                                             hoffen mit dem Symposium Neue Arbeit
                            Um heute ein zukunftsweisendes Neues             – neues soziales Wohnen und den hierbei
                Team Wien   soziales Wohnen zu denken, müssen wir            erarbeiteten Wünschen einen Teil dazu
                            diesen Wandel der Arbeitswelt zu seinem          beigetragen zu haben und, dass diese auf
                            Ausgangspunkt machen: Wohnen kann                die eine oder andere Weise weitergeführt
                            nicht mehr getrennt vom Arbeiten gedacht         werden. Wir bedanken uns im Namen des
                            werden.                                          Team Wien bei der IBA_Wien und allen, die
                                                                             zu dem Gelingen des Symposiums beige-
                            Hier sehen wir das positive Potential, das       tragen haben.
                            eine mögliche Veränderung hin zur Neuen
                            Arbeit (Frithjof Bergmann) in sich birgt,
                            als Schlüsselmoment für die Entwicklung
                            eines neuen, sozialen Wohnens. Eine Folge
                            der Neuen Arbeit wird sein, dass uns mehr
                            Zeit zur Verfügung steht. Zeit, in der wir
                            uns aktiv in die Gestaltung und Organisati-

    Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
„Neues Arbeiten – neues                      Vorwort
    soziales Wohnen”                             Wolfgang Förster

                                                 Eine „Ausnahmesituation auf Zeit“ postu-       wechsel: „form follows function“ setzte
                                                 liert das Memorandum der IBA_Wien              ja bislang voraus, dass die Funktion eines
                                                 (2017). Und das IBA-Thema „Neues sozia-        Gebäudes eindeutig – auf immer? – defi-
                                                 les Wohnen“ zieht immer weitere Kreise...      niert war. Muss sich also nun Planung von
                                                                                                allen funktionellen und daher auch äs-
                                                 Ohnehin wurde schon von Anfang an be-          thetischen Vorgaben lösen, sich von einer
                                                 wusst nicht etwa auf „sozialen Wohnbau“        dreidimensionalen Ordnung zu einem
                                                 gesetzt, sondern auf das Wohnen in seiner      mehrdimensionalen fließenden Prozess
                                                 Gesamtheit, also nicht nur auf die bauli-      entwickeln, der auch die zeitliche Dimen-
                                                 che „Hardware“ in Form der neuen oder          sion („urbane Sukzession“) umfasst? Wird
                                                 sanierten Wohnbauten, sondern auch auf         sich die „harte“ Planung verflüssigen?
                                                 die „Software“ des (Zusammen-)Lebens in        Schon jetzt zeigt sich ja, dass verstärkt
                                                 Wohnhäusern und Stadtvierteln. Im Laufe        soziologische, ökonomische und politische
                                                 eines Jahres und vieler gut besuchter IBA-     Aspekte in die Planungsdiskussion einflie-
                                                 Talks stellte sich jedoch heraus, dass der     ßen. Anders gesagt: Wo es bislang primär
                                                 Begriff des Wohnens noch weiter gefasst        um die physische Gestaltung von Räumen
                                                 werden muss: Es geht nicht mehr primär         für bereits bekannte – oder als bekannt
                                                 um das Wohnen allein (auch wenn die            angenommene – Funktionen ging, müssen
6                                                IBA_ Wien politisch und administrativ in       wir uns heute zunehmend fragen, welche       7
                                                 der Geschäftsgruppe Wohnen angesiedelt         Aufgaben ein Raum (und hier vor allem
                                                 ist); es geht vielmehr um alle Bereiche        der öffentliche Raum als Teil der Commons)
                                                 des Lebens in städtischen Gebieten. Dazu       in der zukünftigen Stadtgesellschaft über-
                                                 passt, dass das Team Wien in Kooperation       nehmen wird.
                                                 mit der IBA mit dem Projekt PARK das The-
                                                 ma „Neues Arbeiten“ aufgegriffen hat.          Es ist dem Team Wien dafür zu danken,
                                                                                                dass es im Sommer 2017 beim Naschmarkt
                                                 Wenn wir heute Gebäude – also Gefäße –         diesem Thema Zeit und Raum gewidmet
                                                 für zukünftige Aktivitäten des Wohnens         hat. Mit der vorliegenden Broschüre wer-
                                                 wie des Arbeitens planen, stehen wir vor       den die Ergebnisse dieser Arbeit doku-
                                                 einem Dilemma: zwar müssen wir anneh-          mentiert. Ich hoffe, dass wir diese Koope-
                                                 men, dass sich die Ansprüche an beide,         ration im Laufe des weiteren IBA-Prozesses
                                                 wie auch an den Bereich der Freizeit in den    fruchtbringend fortsetzen können.
                                                 nächsten Jahrzehnten dramatisch verän-
                Wolfgang Förster                 dern werden; wir wissen aber nicht wie         Wolfgang Förster
                Koordinator der IBA_ Wien 2022   diese Veränderung genau aussehen wird.         Koordinator der IBA_ Wien
                                                 Die Antwort darauf scheint zunächst nahe-      Oktober 2017
                                                 liegend: neutrale „Gefäße“ zu entwickeln,
                                                 deren Aufnahmefähigkeit im Detail noch
                                                 nicht festgelegt sein muss.

                                                 Architektur, so zeigt sich dabei, unterliegt
                                                 aktuell einem gewaltigen Paradigmen-

    Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
PARK – ein Prototyp für
                Neue Arbeit

                Wie können wir den prog-      isches Gemeingut zu eta-
                nostizierten Wandel in der    blieren, das die Frage nach
                Arbeitswelt für neue For-     Neuer Arbeit in den Mittel-
                men des Zusammenarbei-        punkt rückt.
                tens und Zusammenlebens
                nutzen?                       PARK ist als räumlicher und
                                              organisatorischer Prototyp
                Dieser Frage und Herausfor-   zu verstehen – als konkre-
                derung ist das Team Wien      ter Vorschlag für eine jener
                im Sommer 2017 mit der        Infrastrukturen, die es zu-
                temporären und partizipativ   künftig in der Stadt für die
8               angelegten Rauminstallati-    sogenannte Neue Arbeit*        9
                on PARK nachgegangen und      – Arbeit, bei der Menschen
                hat den Parkplatz am Rande    nur „tun, was sie wirklich,
                des Wiener Naschmarkt in      wirklich wollen” – brau-
                ein öffentliches Experiment   chen wird.
                verwandelt: Vier Wochen
                lang stand die vom Team       Das Team Wien
                Wien konzipierte und ge-
                baute Holzstruktur mit ih-    Das Team Wien – als inter-
                ren Arbeitsinfrastrukturen    disziplinärer Zusammen-
                allen StadtbewohnerInnen      schluss von 17 jungen
                zur gemeinschaftlichen Pro-   Wiener Gestalter und Ge-
                grammierung offen. Ziel       stalterinnen – agiert dabei
                war es, PARK als nicht-kom-   selbst in einer für Neue
                merziellen Ort und städt-     Arbeit typischen Konstel-

    Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
lation: Entstanden ist das    von StadtbewohnerInnen
                                                                         Team als Initiative ver-      und anderen ExpertInnen
                 *                                                       schiedener Architekturbü-     Prozesse, die darauf abzie-
                 Neue Arbeit
                                                                         ros die, anstatt in Wettbe-   len den kollaborativen und
                 Der Begriff Neue Arbeit geht auf Frithjof Bergman
                 zurück, der vor dem Hintergrund des massiven            werben gegeneinander          gemeinschaftlichen Ansatz
                 Jobabbaus in der amerikanischen Automobilindus-
                 trie der 80er nach einer nachhaltigen Lösung für die    anzutreten außerhalb von      von Stadtentwicklungs-
                 schwindende Lohnarbeit suchte. Im Zentrum seiner
                 Definition steht eine neue Zeiteinteilung: 1/3 seiner   Konkurrenzdenken und          prozessen zu stärken.
                 Zeit wird für Lohnarbeit, 1/3 für Selbstorganisation
                 und Erhaltungsaufgaben und 1/3 für Arbeit, die wir      Wettbewerbskultur tem-
                 wirklich, wirklich wollen aufgewendet.
                                                                         porär im Kollektiv zusam-
                 Heute bezeichnet der Ausdruck Neue Arbeit vielfach
                 Arbeit in kreativen Bereichen und dem Wissens-          menarbeiten wollen. Heu-
                 sektor. Der Job auf Lebenszeit wird durch flexiblere
                 Beschäftigungsmodelle mit freierer Zeiteinteilung       te bildet der Verein Team
                 ersetzt. Dabei lösen Phasen der intensiven Arbeit,
10
                 Phasen der privaten Beschäftigung ab. Soweit sich
                 diese Trennung überhaupt noch klar ausmachen
                                                                         Wien – Initiative für ge-                                   11
                 lässt.                                                  meinschaftliche Stadtent-
                 Wir leben in einer Zeit in der es absehbar ist, dass
                 die Zukunft der Arbeit eine andere sein wird als
                                                                         wicklung den rechtlichen
                 die Gegenwart. Die größten Unterschiede bringen
                 Digitalisierung und Automatisierung mit sich: Die
                                                                         und organisatorischen
                 meisten Jobs, die wir heute haben wird es in einigen
                 Jahren schon nicht mehr geben. Das Konzept der
                                                                         Rahmen für diese gemein-
                 Neuen Arbeit sieht in dieser Veränderung ein Poten-
                 tial: Dank einem geringeren Anteil an Erwerbsarbeit
                                                                         wirtschaftlich orientierte,
                 (die zukünftig im besten Fall auch eine Arbeit, die
                 wir wirklich machen wollen, bedeutet) entstehen         projektbezogene Arbeit.
                 Zeitreserven, die für Selbsterhaltung und Arbeiten
                 für die und an der Gemeinschaft genutzt werden.

                                                                         Fokus der Praxis des Team
                                                                         Wien ist das Machen, das
                                                                         aktive Gestalten und kon-
                                                                         krete Austesten von Visi-
                                                                         onen. Das Team Wien löst
                                                                         keine Probleme, sondern
                                                                         initiiert unter Einbindung

     Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
1.8–31.8.                                          1.9.–17.9.                           1.09.–17.9.                     18.9.–21.9.

                                        AUFBAU                                             Let‘s Build!                         Let‘s PRiNT!                    „neue arbeit – neues
                                        PARK AM PARKPLATZ DES                              Park trifft mostlikely’s             Park trifft Viadukt             soziales wohnen?“
                                        WIENER NASCHMARKT                                  sudden workshop                      screenprints
                                                                                           Gemeinsam mit mostlikely‘s sud-                                      Symposium mit zwei Work-
                                                                                                                                Die temporäre Werkstatt wird
                                        In zwei Bauphasen wird die                         den workshop wird die temporäre                                      shops und abschließendem,
                                                                                                                                mit dem Verein Viadukt Screen
                                        temporäre Holzinstallation PARK                    Werkstatt von PARK bespielt: Aus                                     öffentlichen IBA-Talk.
                                                                                                                                Prints als Siebdruckwerkstatt
                                        von Team Wien und Nut und Feder                    vorgeschnittenen Holzbausätzen       eingerichtet. und zum Be-
                                        auf dem Parkplatz am Rande des                     kann Mobiliar für PARK gebaut                                        Kooperationspartner:
                                                                                                                                drucken der bereits gebauten
                                        Wiener Naschmarkt aufgebaut.                       werden. Begleitet wird der offene                                    IBA_Wien 2022
                                                                                                                                PARK-Möbel verwendet.
                                                                                           Workshop mit einer Reihe von
                                        Kooperationspartner:                               Vorträgen zum Thema Selbstbau in     Kooperationspartner:
                                        Nut und Feder                                      der Stadt.                           Viadukt Screen Prints

                                                                                           Kooperationspartner:
                                                                                           mostlikely‘s sudden workshop

12                                                                                                                                                                                               13
                                                                  PARK
                                                               MACHT PLATZ
                                                                                           21.6.–1.10.
     19.6–10.7.                                      1.9.–24.9.
                                                                                           DEMONSTRATOR IM RAH-
     CROWDFUNDING-                                                                         MEN DER VIENNA BIENNA-
                                                     PARK IST OFFEN
     KAMPAGNE                                                                              LE 2017                                                              22.9.–26.9.
                                                     Die temporäre, partizipativ ange-
     Online-Kampagne zur Finanzie-                   legte Rauminstallation PARK wird      Im Rahmen der Vienna Biennale                                        ABBAU PARK
     rung des Projektes PARK – in-                   vom Team Wien mit Fokus auf das       2017 Roboter. Arbeit. Unsere                                         Das Experiment PARK am
     nerhalb der Kampagne können                     Thema Neue Arbeit kuratiert und       Zukunft, neue Produktions - und                                      Wiener Naschmarkt-Parkplatz
     UnterstützerInnen über die wei-                 mit einem Rahmenprogramm              Arbeitskulturen. wird PARK als ei-                                   schließt mit öffentlichem Pro-
     tere Ausgestaltung des Projektes                bespielt.                             ner von sechs Demonstratoren der                                     gramm und Möbelflohmarkt.
     mitbestimmen.                                                                         StadtFabrik, einem Forschungs-
                                                     Zuästzlich bringen sich mehr als 40   labor für neue kreativwirtschaft-                                    Kooperationspartner:
     Kooperationspartner:                            externe Privatpersonen, Institutio-   liche Felder, gelistet und in der                                    mostlikely‘s sudden work-
     wemakeit.com                                    nen, Vereine aktiv in die Program-    Ausstellung StadtFabrik: Neue                                        shop
                                                     mierung von PARK ein.                 Arbeit. Neues Design. im MAK Wien
                                                                                           kontextualisiert.

                                                                                           Veranstalter:
                                                                                           StadtFabrik (departure-Programm
                                                                                           der Wirtschaftsagentur Wien & Mu-
                                                                                           seum für Angewandte Kunst Wien)

     Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
Symposium

                 „Neue Arbeit – Neues
                 soziales Wohnen?”

                            Wie wollen wir in Zukunft in der
                            Stadt arbeiten? Wenn Roboter
                            unsere Jobs übernehmen –
                            was machen wir dann mit unserer
                            freien Zeit? Suchen wir uns eine
14                          Neue Arbeit? Eine, die wir          15

                            wirklich gerne machen? Bei der
                            wir gemeinschaftlich und
                            gemeinwohlorientiert arbeiten?
                            Und wie verändert sich die Stadt,
                            wenn alle nicht mehr ständig
                             arbeiten?

     Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
Fünf Wünsche
                 an die IBA_Wien

                 „Neue Arbeit – Neues sozi-    In Form von fünf Wün-
                 ales Wohnen?“ lautet der      schen an die IBA überge-
                 Titel des Symposiums, das     ben wir hiermit Ideen und
                 wir im September 2017         Erkenntnisse aus dem
                 gemeinsam mit der IBA_        Symposium an das Team
                 Wien organisiert haben.       der IBA_Wien. Diese Wün-
                 Der Titel impliziert einen    sche wurden im Rahmen
                 Perspektivenwechsel: er       zweier Workshoptage von
                 schlägt vor, das Wohnen       TeilnehmerInnen, Work-
                 von der Arbeit her zu den-    shopleiterInnen und dem
                 ken.                          Team Wien erarbeitet und
16                                             im Anschluss innerhalb des    17
                 Das Neue soziale Wohnen,      öffentlichen IBA-Talks prä-
                 das bis zum Jahr 2022         sentiert, vom Podium dis-
                 den Forschungsschwer-         kutiert, kommentiert und
                 punkt der IBA_Wien dar-       ergänzt.
                 stellt, kann sich nur dann
                 zu einem wegweisenden         Wir sehen diese fünf Anre-
                 Lösungsvorschlag entwi-       gungen als gesammelten
                 ckeln, wenn der Wandel        Beitrag unterschiedlicher
                 der Arbeitswelt – als eine    Akteure und möchten sie
                 die Gesellschaft nachhaltig   an dieser Stelle mit dem
                 prägende Veränderung –        Wunsch übergeben, sie
                 miteinbezogen und mitge-      in das Programm der IBA_
                 dacht wird.                   Wien 2022 aufzunehmen.

     Team Wien
Neue Arbeit - Neues soziales Wohnen? - SYMPOSIUM - Team Wien
Fünf Wünsche                                         1
     an die IBA_Wien                                      Experimente wagen!

                                                          Der prognostizierte Wandel
                                                          (Automatisierung, Digitali-
                                                          sierung) in der Arbeitswelt
                                                          wird unsere Gesellschaft
                                                          und somit auch die Stadt
                                                          maßgeblich transformieren
                                                          – für eine Annäherung an
                                                          diese Zukunft benötigt es
                                                          Experimente.

                                                          Die IBA_Wien sollte einen
18
                                                          „Ausnahmezustand auf Zeit”      19
                                                          darstellen: Um visionäre
                                                          und neuartige Konzepte
                       „Der (Kosten-) Spielraum in
                                                          nicht nur entwickeln, son-
                       räumlicher und materieller Hin-    dern auch umsetzen zu kön-
                       sicht ist minimal. Ich würde die
                       Forderung gerne ergänzen, um
                                                          nen, müssen baurechtliche
                       zu erreichen, dass wieder mehr     Verordnungen für den Zeit-
                       Experimente gemacht werden
                       können. Mein Wunsch wäre es,       raum der IBA aufgehoben
                       dass die IBA einen solchen Raum    werden (Einführung des
                       eröffnet, der vier Jahre lang
                       Experimente erlaubt.“              §2022 – Ausnahmeklausel).
                       Sabine Pollak
                                                          Angestrebt werden sollten
                                                          Ausnahmen, die Projekte
                                                          nutzungsoffener gestalten
                                                          und die Gesellschaft in ihrer
                                                          Selbstorganisation stärken.

     Team Wien
Fünf Wünsche                                                                                 2
     an die IBA_Wien                                                                              Funktionale Trennung aufgeben!

                                                  „Wie können wir nun insbeson-
                                                  dere dort, wo wir monostruk-
                                                                                                  Die Veränderungen der Ar-   germodelle unterstützen
                                                  turiertes Wohnen haben, Stadt-                  beitswelt werden den mo-    und etablieren.
                                                  strukturen zurückbringen, von
                                                  denen wir gelernt haben, dass
                                                                                                  dernen Wohnungsverbund
                                                  sie adaptiv sind – auch für Ar-                 herausfordern und zumin-    Im Sinne einer nutzungs-
                                                  beitsstrukturen. Und dann kön-
                                                  nen wir noch über öffentliche                   dest teilweise auflösen.    offenen, nachhaltigen
                  „Zu bedenken ist aber, dass     Räume, in denen sich Menschen                                               Planung sollte die Wid-
                 in einer marktbestimmten         treffen, um einer Vereinsamung
                 Stadt, Widmungen auch eine       vorzubeugen, reden.“                            Im Rahmen der IBA sollten   mungstrennung von Woh-
                 Schutzfunktion aufweisen. Die
                 Funktion der Widmung von         Christoph Chorherr
                                                                                                  daher Möglichkeiten von     nen und Gewerbe für die
                 Betriebsbaugebieten ist nicht                                                    Mischnutzungen und nut-     IBA-Projekte aufgehoben
                 nur der Emissionsschutz, son-              „Wir müssen Gebäude und öf-
                 dern auch die, andere Nutzun-              fentliche Räume konstruieren,         zungsoffenen Planungs-      werden. Die bestehende
                 gen – die rentierlicher wären              die offen sind für Änderungen.
                                                            Gerade im großvolumigen Bau,
                                                                                                  strategien ausgetestet      Wohnbauförderung sollte
                 – auszuschließen. Werden diese
20               Widmungen in der Stadt aufge-              wo wir in den 1960ern unglaub-        werden. Gebäudestruk-       auf die Errichtung von mi-   21
                                                            liche Monostrukturen errichtet
                 hoben, werden weniger rentier-
                                                            haben, aber eben nicht „Stadt”
                                                                                                  turen sollten den Anfor-    schgenutzten Immobilien
                 liche Nutzungen – wie Produk-
                 tion – im Haufischbecken des               gebaut haben. Aktuell wird es         derungen an langfristige    ausdehnt werden.
                                                            jedoch durch weitere Verdich-
                 Marktes verdrängt und müssen
                 Handel oder Wohnen weichen.“               tungen oder Ergänzungen zu            Flexibilität (Umnutzung,
                                                            mehr städtischen Strukturen           einfache Um- und Ausbau-
                 ThomaS Madreiter                           kommen.
                                                            Hierfür möchte ich zwei Beispie-      barkeit, keine Schotten-
                                                            le nennen: Die Firma TTTech, ei-
                                                            nes der erfolgreichsten Wiener
                                                                                                  bauweise) entsprechen,
     „Eine großer Anteil der Stadt-                         Unternehmen mit 450 Mitarbei-         wodurch auch der Le-
                                                            tern, betreibt ihr Büro in einem
     bewohnerInnen möchte jedoch
                                                            Altbau – in einer Struktur, die vor   benszyklus von Gebäuden
     die reine Privatheit des Woh-
     nens. Wohnen ist sehr privat und                       über 150 Jahren gebaut wurde          maßgeblich verlängert
                                                            und den heutigen Anforde-
     regenerativ. Arbeiten hingegen
     ist viel gemeinschaftlicher. Das                       rungen auch gerecht wird. Das         werden kann.
     belebte Bild der Stadt beinhal-                        zweite Beispiel ist das Gewer-
     tet immer das Arbeiten. Dieses                         behaus am Margaretengürtel,
     in den Wohnbau zurückzuho-                             eines der modernsten Beispiele,       Für die Realisierung von
                                                            das seit über 100 Jahren etwa
     len kann einer der wichtigsten
                                                            100 Betriebe in einer Ökonomie
                                                                                                  mischgenutzten Gebäuden
     Schlüsselmomente für die Stadt
     sein.“                                                 als Stiftung organisiert, sodass      muss die IBA neue Bauträ-
                                                            man permanent im gesamten
     Mark Neuner                                            Haus nicht mehr als 4€ pro Qua-
                                                            dratmeter bezahlt."

     Team Wien                                              Christoph Chorherr
Fünf Wünsche                                             „Natürlich ist es wünschenswert
                                                              wenn mechanisierte Tätigkeiten
                                                                                                 3
     an die IBA_Wien                                          wegfallen, aber die Frage ist      Mehr Eigenverantwortung zulassen!
                                                              was kommt danach? Das ist eine
                                                              der Fragen, über die wir uns
                                                                                                 Mehr Eigenverantwortung fordern!
                                                              wirklich den Kopf zerbrechen
     „Für die IBA Wien ist der Quar-
     tiersgedanken“ in dem unter-
                                                              müssen – auf die wir tatsächlich
                                                              Antworten finden müssen. Die
                                                                                                 Eine Folge von Neuer Arbeit – wobei gilt: Mitbestim-
     schiedliche Ideen stattfinden,                           Arbeit wird uns nicht abhan-       wird sein, dass uns mehr      mung heißt auch Mitver-
     von hoher Wichtigkeit. Plätze                            denkommen, aber wir werden
     und Räume für diese sollen                               fundamental die Wertschätzung
                                                                                                 Zeit zur Verfügung steht.     antwortung. Dafür müssen
     bereits in der Ausschreibungen                           gegenüber anderen Tätigkeiten      Zeit, in der wir uns aktiv in gezielt Anreize für länger-
     verankert werden. In der Selbst-                         und Arbeitsformen – die wir
     organisation stecken große                               bisher geringer schätzten – ver-   die Gestaltung und Organi- fristige selbstorganisierte
     Chancen aber auch Gefahren,                              ändern müssen."                    sation der Stadt und unse- Verwaltung und Organi-
     dass öffentliche Aufgaben auf
     die Schwächeren abgeschoben                              ThomaS Madreiter                   rem direkten Wohnumfeld sation geschaffen werden
     werden.“
                                                                                                 einbringen können.            – zum Beispiel durch finan-
     Wolfgang Förster                                                                                                          zielle Förderungen oder
                                                                                                 Im Rahmen der IBA muss        räumliche Vorteile.
             „Das, was ich unter Neue Arbeit                                                     die Expertise lokaler, ge-
             verstehe, wird nicht erst in 10 oder
22           15 Jahren eintreten – es ist bereits
                                                                                                 meinnütziger Initiativen                                    23
             existent. Eine Flexibilisierung,                                                    prozessbegleitend gehört
             die die klare Trennung zwischen
             Arbeiten und Wohnen aufgehoben                                                      und aktiv mit eingebun-
             hat: Durch den technologischen                                                      den werden. Hier gilt es,
             Fortschritt und das Wegfallen
             fester Strukturen habe ich die
                                                    „Was uns dabei auffällt ist, dass
                                                                                                 niederschwellige Betei-
             Möglichkeit zuhause zu arbeiten.
             Es ist notwendig diese flexiblen
                                                    es – wenn wir uns in eine sehr               ligungsverfahren die ge-
                                                    leere, sehr unbeschreibbare
             Strukturen auch im Wohnbau zu
                                                    Zukunft aufmachen – immer
                                                                                                 meinschaftsbildend wir-
             berücksichtigen und zu unterstüt-
             zen. Wir sind aber nicht nur tags-
                                                    wieder um eine intrinsische                  ken, auf das Neue soziale
                                                    Motivation der Menschen geht.
             über flexibler, es gibt auch Zeiten
                                                    Aus diesem Grund fände ich es                Wohnen zu übertragen.
             in denen ich mehr arbeite und
             Zeiten in denen ich weniger arbei-
                                                    schön – zusammen mit breit                   Von Beginn an soll die
                                                    aufgestellten Initiativen – ver-
             ten werde, wodurch Lücken in der
             Erbwerbsbiografie entstehen. Die-
                                                    schiedene Wohnprojekte für                   Eigenverantwortung der
                                                    diese Zukunft zu ermöglichen.
             se Lücken können etwa zur Grün-
                                                    Eines unserer Projekte, bei dem
                                                                                                 StadtbewohnerInnen
             dung diverser Initiativen führen.
             Um diesen Entwicklungen gerecht
                                                    das Thema der Neuen Arbeit eine              durch die Einbindung zivil-
                                                    wichtige Rolle einnimmt, ist der
             zu werden, gilt es Wohnraum zu
                                                    Grüne Markt, wo eine Fischzucht              gesellschaftlichen Engage-
             schaffen, der das unterstützt.“
                                                    ihren Platz finden wird. Wir                 ments gestärkt werde
                                                    finden das ist ein schönes Mo-
             Cornelia Gerdenitsch
                                                    dell das man auch im sozialen
                                                    Wohnbau mitdenken kann."

     Team Wien                                      Thomas Schneider
Fünf Wünsche                                                                        4
     an die IBA_Wien                                                                     Die Erdgeschosszone als städtisches Gemeingut!

                                                       „Der öffentliche Raum wird im-
                                                       mer weiter fragmentiert. In den
                                                                                         Die Erdgeschosszone stellt    Nutzungen zur Verfügung
                                                       großen Quartieren baut zum        als ebenerdig erreichbarer    gestellt werden. Diese
                                                       Beispiel jeder seinen eigenen
                                                       Spielplatz. Was wäre aber, wenn
                                                                                         Raum eine Erweiterung         Räume müssen a) bedarfs-
                                                       es einen Beitrag gäbe den jeder   des öffentlichen Stadt-       offen und b) flexibel – im
                                                       Bauträger zahlt, sodass wieder
             "Betrachtet man diese Idee aus
                                                       gemeinsame Infrastrukturen        raums dar. Sie kann so Teil   Sinne einer einfachen Aus-
             der Praxis, muss das Erdgeschoss
             kommerziell verwertbar sein – es
                                                       gebaut werden können?“            des städtischen Gemein-       und Umbaubarkeit – reali-
             muss vermietet werden. Oft ver-
             langen wir für die ersten drei bis
                                                       Andreas rumpfhuber                guts werden und güns-         siert werden.
             fünf Jahre nur die Betriebskosten                                           tigen Raum für gemein-
             – weniger ist nicht möglich.
                                                                                         wohlorientierte Arbeit zur
             Trotzdem erleben wir, dass Mie-                                             Verfügung stellen.
             terInnen trotz vieler interessanter
             Ideen die Finanzierung nicht zu-
24
             stande bringen, es nicht schaffen                                           Hierfür sollten verbesserte                                25
             den Betrieb auf die Beine zu stel-
             len. Dass interessante Ideen sich                                           Rahmenbedingungen und
             nicht langfristig finanzieren kön-
             nen, liegt auch an der wirtschaft-
                                                                                         ein explizites Raumange-
             lichen Situation in Österreich. In                                          bot geschaffen werden: In
             den Erdgeschosszonen des siebten
             Bezirks ist die isolierte neue Arbeit                                       den für die IBA_Wien er-
             deutlich sichtbar. Die Leute arbei-                                         richteten Gebäude soll die
             ten bereits in ihren Wohnungen
             und benötigen daher Räume, um                                               Erdgeschosszone zu 50%
                                                     „Alle, die hier sitzen, glauben,
             sich zu treffen.“
                                                     man müsse ebenerdige Schach-        als städtisches Gemein-
             Andrea Reven-Holzmann                   teln am Stadtrand bauen. Nein,      gut deklariert werden.
                                                     man kann auch verdichtet bauen!
                                                     Nun versucht man mühsam, Ge-        Als Weiterführung des öf-
                                                     werbehäuser in den Stadterwei-
                                                     terungsgebiete zu etablieren. Die
                                                                                         fentlichen Raums sollten
                                                     Kammer sagt das ginge aber nur      diese einsehbaren und
                                                     ebenerdig – darüber mache ich mir
                                                     Gedanken.“                          niederschwelligen Flächen
                                                                                         nicht-kommerziellen und
                                                     Christoph Chorherr
                                                                                         gemeinwohlorientierten

     Team Wien
Fünf Wünsche                               „Man denkt solche Konzepte
                                                [Anm.: Selbstbau und Verklei-
                                                                                      5
     an die IBA_Wien                            nerung des individuellen Wohn-        Größere und hochwertigere Gemeinschaftsflächen!
                                                raums] an. Ihre Utopie ist: wie
                                                kann man das in einem großen
                                                                                      Kleinerer individueller Wohnraum!
                                                Wohnbau erreichen? Ich halte
                                                jedoch nicht viel von der Planung
                                                immer kleiner und kleiner wer-
                                                                                      Wir interpretieren die Ziel-   tausch und Kooperationen
                                                denden Wohnräumen. Man sollte         setzung der IBA Neues          fördern (= soziales Mitein-
                                                sich hingegen im Wohnungsbau
                                                mehr öffnen, um der Individuali-
                                                                                      soziales Wohnen nicht nur      ander).
                                                sierung, Vereinsamung und Frem-       als Forderung eines leist-
                                                denfeindlichkeit entgegenhalten
                                                zu können.“                           baren Wohnens für Alle,        Dabei können Hausbewoh-
                                                                                      sondern insbesondere           nerInnen als neue Hausbe-
                                                Sabine Pollak
                                                                                      auch als Unterstützung         sorgerInnen die Pflege und
                                                                                      einer sozialen, am Gemein-     Verwaltung dieses erwei-
                                                                                      schaftlichen orientierten      terten Raumangebotes
                                        „Wir wollen dort [Anm.: bei dem
                                        IBA Selbstbauprojekt] auch mit                Gesellschaft.                  übernehmen.
                                        dem AMS [Arbeitsmarktservice]
                                        und dem Waff [Wiener Arbeiter-
26
     „Es gibt tolle gebaute Beispiele   nehmerInnen Förderungsfond]                   Zu Gunsten eines gemein-                                     27
     wie Schwimmbäder am Dach,          zusammenarbeiten, um Lang-
     die jedoch nicht der Allgemein-    zeitarbeitslose und Flüchtlinge               schaftlich nutzbaren Raum-
     heit zugänglich sind, während
     die Stadt Wien selbst aber keine
                                        gleichzeitig zu qualifizieren – also          angebots für Wohnen und
                                        Neues Arbeiten und Wohnen zu
     Schwimmbäder mehr baut.            verbinden.“                                   Arbeiten soll das individu-
     Im Workshop wurde daher
     diskutiert, wie man diese Ge-                                                    elle Raumangebot in den
                                        Wolfgang Förster
     meinschaftsräume und Erdge-                                                      IBA-Projekten verringert
     schosszonen im Quartier anders
     nutzen kann. Dabei kam die Fi-                                                   werden. Fokussiert wer-
     gur eines Kümmerers mehrmals
     zur Sprache.“
                                                                                      den sollten kleinere aber
                                                   „Denkt man diese angesproche-
                                                   nen Entwicklungen der Flexibi-     hochwertige Wohneinhei-
     Andreas rumpfhuber                            lisierung im Großen, muss man      ten (= günstigere Mieten)
                                                   fragen, was mit einer Gesell-
                                                   schaft passiert, die zuhause       und das zusätzliche Ange-
                                                   sozial vereinsamt, weil all ihre
                                                   sozialen Kontakte in der Ar-
                                                                                      bot von gemeinschaftlich
                                                   beit stattfinden. Wie kann man     genutzten (Arbeits-)Flä-
                                                   daher Wohnraum schaffen, der
                                                   diese flexible Art des Arbeitens
                                                                                      chen innerhalb des Gebäu-
                                                   unterstützen kann?“                des die Begegnung, Aus-
                                                   Cornelia Gerdenitsch

     Team Wien
Symposium „Neue Arbeit –
                 Neues soziales Wohnen?”

                 Der prognostizierte Wandel in der Arbeits-   es, das Themenfeld der IBA _Wien Neues
                 welt (Automatisierung, Digitalisierung)      soziales Wohnen mit dem der Neuen Arbeit
                 wird zwangsläufig auch massive Verände-      zu verknüpfen.
                 rungen für die Stadt Wien und ihre Bewoh-
                 nerInnen mit sich bringen.

                 Wie können diese Entwicklungen von
                 ArchitektInnen und StadtplanerInnen
                 für eine andere, gemeinwohlorientierte
                 Wohnbaupolitik genutzt werden? Wer
                 definiert die geforderten Gemeinwohlkri-
                 terien und stellt deren Umsetzung sicher?
                 Welche Finanzierungs- und Verwaltungs-
                 formen müssen hierfür entwickelt wer-
                 den? Wie kann die Stadt für neue Arbeits-
                 modelle und daraus resultierende neuen
                 Wohnformen adaptiert werden? Welche
                 (selbstinitiierten) Gemeinschaftsräume
28               erfordert dieser Wandel? Welche Rolle                                                   29
                 spielen dabei neuartige Kommunikations-
                 medien und wie können diese von Stadt-
                 bewohnerInnen und PlanerInnen genutzt
                 werden?

                 Zwischen dem 18. und 21. September
                 2017 befasste sich das Symposium Neue
                 Arbeit – Neues soziales Wohnen? – organi-
                 siert von Team Wien in Kooperation mit
                 der IBA_Wien 2022 – diesen Fragen und
                 diskutierte konkrete Umsetzungs- und
                 Handlungsstrategien für die Stadt Wien.

                 Den inhaltlichen Rahmen hierfür boten
                 zwei aufeinanderfolgende Workshop-
                 tage, die sich aus dem Workshop selbst,
                 sowie Inputvorträgen und Diskussionen
                 mit geladenen Gästen zusammensetzen.
                 Im abschließenden IBA-Talk wurden die
                 Ideen und Wünsche aus den Workshops
                 mit VertreterInnen aus Politik, (Bau-)
                 Wirtschaft und Architektur diskutiert und
                 konkretisiert. Ziel des Symposiums war

     Team Wien
Symposium                             Workshop 1
                                           18. September 2017
     „Neue Arbeit – Neues                  IG Architektur

     soziales Wohnen?”
                                           Nach einer Begrüßung der Workshop-
                                           teilnehmer und -teilnehmerinnen durch         Workshopleitung
                                           das Team Wien gibt Daniel Glaser einen        Cornelia Gerdenitsch*
                                           Einblick in die Themenschwerpunkte und        Andreas Rumpfhuber*
                                           Zielsetzung der IBA_Wien.
                                                                                         Ablauf
                                           Danach übernehmen Andreas Rumpfhu-
                                           ber und Cornelia Gerdenitsch die Leitung      Teil 1 mit Anmeldung
                                                                                         14:00 - 14:15 Uhr
                                           des Workshops. Zu Beginn steht die Frage      Einführungsauftakt durch das Team
                                           nach der Bedeutung des Begriffs Arbeit:       Wien und Daniel Glaser (IBA)
                                           Unterschiedliche Interpretationen der
                                                                                         14:15 - 14:45 Uhr
                                           TeilnehmerInnen werden gesammelt,             Vorstellung der Workshopleiter_innen,
                                           diskutiert und systematisch geordnet. Die     Zielsetzung des Workshops
                                           Begriffsfelder Arbeit und Mobilität, Arbeit
                                                                                         14:45 - 17:15 Uhr
                                           und Alltag, Arbeit als Fürsorge, Arbeit als   Workshop
                                           Selbstoptimierung werden in vier Arbeits-
                                           gruppen vertieft und in Bezug auf ihre
                                           möglichen Auswirkungen auf den zukünf-        Teil 2 öffentlich, ohne Anmeldung
                                                                                         17:45 - 20:00 Uhr
30                                         tigen Wohnbau untersucht.                     Zusammenfassung der Workshops             31
                                                                                         und Diskussion mit den geladenen
                                                                                         ExpertInnen Thomas Kerekes +
                                                                                         Sabine Pollak + Christoph Reinprecht
     Begrüßung durch Daniel Glaser,
     Team IBA_ Wien                                                                      → im Anschluss Inputvorträge von:

                                                                                         Sabine Pollak
                                                                                         Architektin und Architekturtheore-
                                                                                         tikerin, gibt einen Einblick in ihre
                                                                                         Forschungsarbeit Wiener Typologien
                                                                                         und stellt ihre Wohnbauprojekte Oase
                                                                                         22 und das Frauenwohnprojekt
                                                                                         [ro*sa] vor.

                                                                                         Christoph Reinprecht
                                                                                         Soziologe und Professor am Institut für
                                                                                         Soziologie, Uni Wien, präsentiert seine
                                                                                         Erkenntnisse aus der Motivationsfor-
                                                                                         schung und wirft eine soziologische
                                                                                         Perspektive auf die Veränderung des
                                                                                         Wohnens aufgrund der Fragmentie-
                                                                                         rung der Arbeitswelt.

                                                                                         Thomas Kerekes*, Landschafts-
                 Workshopauftakt                                                         architekt und Volkswirt, stellt die
                 mit Cornelia                                                            Vernetzungsplattform Kreative Räume
                 Gerdenitsch und Andreas                                                 Wien - Büro für Leerstandsaktivierung
                 Rumpfhuber                                                              der Stadt Wien vor.

     Team Wien
Symposium                                                     Workshop 2
                                                                   19. September 2017
     „Neue Arbeit – Neues                                          IG Architektur

     soziales Wohnen?”
                                                                   Der zweite Workshoptag – unter der Lei-
                                                                   tung von Georg Kogler und Thomas Schnei-
                 Zusammenfassung                                   der – beginnt mit einem Inputvortrag zum
                 des Workshops                                     Thema Neue Arbeit von Thomas Schneider.
                 durch Georg Kogler

                                                                   Anschließend wird das Themenfeld der IBA
                                                                   – Neues soziales Wohnen – über eine ganz-
                                                                   heitliche Vision der Stadt der Neuen Arbeit
                                                                   2050 (Thomas Schneider), sowie konkre-
                                                                   ten Erfahrungen aus der Wiener Wohnbau-
                                                                   praxis (Georg Kogler) bearbeitet.

                                                                                                                 Workshopleitung
                                                                                                                 Thomas Schneider*
                                                                                                                 Georg Kogler*

32                                                                                                                                                         33
                                                                                                                 Ablauf

                                      Input                                                                      Teil 1 mit Anmeldung
                                      Thomas Schneider                                                           14:00 - 14:15 Uhr
                                                                                                                 Einführungsauftakt durch das
                                                                                                                 Team Wien
                                                   Inputvortrag
                                                                                                                 14:15 - 14:45 Uhr
                                                   Angie Schmied
                                                                                                                 Vorstellung der Workshopleiter,
                                                                                                                 Zielsetzung des Workshops

                                                                                                                 14:45 - 17:15 Uhr
                                                                                                                 Workshop

                                                                                                                 Teil 2 öffentlich, ohne Anmeldung
                                                                                                                 17:45 - 20:00 Uhr
                                                                                                                 Zusammenfassung der Workshops
                                                                                                                 und Diskussion mit der geladenen
                                                                                                                 Expertin Angie Schmied

                                                                                                                 → im Anschluss Inputvortrag von:

                                                                                                                 Angie Schmied
                                                                                                                 Architektin und Sozialanthropologin,
                                                                                                                 verschafft einen Überblick der Arbeit
                                                                                                                 von NEST – Agentur für Leerstands-
                                                                                                                 management mit Fokus auf das
                                                                                                                 aktuelle Projekt CREAU an der Trabrenn-
                                                                                                                 bahn Kriau

     Team Wien
Symposium              IBA-Talk
                            21. September 2017
     „Neue Arbeit – Neues   PARK am Wiener Naschmarkt

     soziales Wohnen?”
                            Den Abschluss des Symposiums „Neue
                            Arbeit – neues soziales Wohnen?” bildet
                            am 21. September die öffentliche Podi-
                            umsdiskussion. Mehr als 60 Interessierte
                            haben sich trotz der widrigen Wetterum-
                            stände bei Park am Naschmarktparkplatz
                            eingefunden, um über die Ausrichtung
                            der IBA_Wien 2022. gemeinsam mit Chris-
                            toph Chorherr, Wolfgang Förster, Cornelia
                            Gerdenitsch, Andrea Reven-Holzmann,
                            Thomas Madreiter, Sabine Pollak, Andreas
                            Rumpfhuber und Thomas Schneider zu
                            diskutieren.

                            Nach einer Begrüßung durch die Vertre-
                            terInnen des Team Wien Linda Lackner,
                            Daniela Mehlich und Mark Neuner und
                            einer Kurzvorstellung des Projektes PARK    Moderation
34                          präsentiert Mark Neuner einen Rückblick     Mark Neuner                              35
                            auf die zuvor stattgefunden Workshops.      Mitglied Team Wien, Architekt
                            Grundlage der anschließenden Podiums-
                            diskussion bilden die aus den Workshops
                            hervorgegangenen Wünsche, Forderungen       PODIUM
                            und Fragen, die an das Podium übertragen
                                                                        Christoph Chorherr
                            und diskutiert werden. Im Zentrum der       Landtagsabgeordneter Grüne Wien
                            Diskussion steht die Forderung des Team
                            Wien das Konzept von Neuer Arbeit im        Wolfgang Förster
                                                                        Koordinator der IBA_Wien
                            Rahmen der IBA_Wien zu integrieren und
                            planerisch umzusetzen.                      Andrea Reven-Holzmann
                                                                        Geschäftsführerin der WBV-GPA

                                                                        Thomas Madreiter
                                                                        Planungsdirektor der Stadt Wien

                                                                        Sabine Pollak
                                                                        Architektin + Architekturtheoretikerin

                                                                        Cornelia Gerdenitsch
                                                                        Forscherin am Austrian Institute of
                                                                        Technology

                                                                        Andreas Rumpfhuber
                                                                        Architekt und Architekturtheoretiker

                                                                        Thomas Schneider
                                                                        Künstler, Plattform NANK

     Team Wien
Symposium

     „Neue Arbeit – Neues
     soziales Wohnen?”
                                                                                           Etwa 60 Interessierte
                                                                                           fanden sich anlässlich
                                                                                           des Symposiums bei
                                                                                           PARK ein

36                                                                                                                  37

                              Sabine Pollack im Gespräch mit
                              Thomas Madreiter
                                                               Begrüßung durch Daniela
                                                               Mehlich und Linda Lackner
                                                               (Team Wien)

                            Mark Neuner vom Team
                            Wien moderiert die
                            öffentliche Podiumsdiskussion

     Team Wien
Symposium

     „Neue Arbeit – Neues
     soziales Wohnen?”

38                                                                            39

                                                      Cornelia Gerdenitsch
                                                      mit Werner Taibon und
                                                      Wolfang Förster

                            von links: Mark Neuner,
                            Andreas Rumpfhuber,
                            Andrea Reven-Holzmann

     Team Wien
Kommentar
                 Thomas Schneider

                 Wir brauchen wieder mehr Schürfrechte             gen. Vom Leben her die Arbeit denken wird
                 am Leben                                          die Maxime bei Zukunftsfragen des Lebens,
                                                                   Wohnens und Arbeitens in Architektur und
                 „Es gibt viele Hinweise darauf, dass wir uns      Design.
                 in einem Übergangsstadium befinden, wo
                 etwas auf dem Weg hinaus ist und etwas            Die Fragen die die Neue Arbeit da von nun
                 anderes unter Schmerzen geboren wird.             an mehr und mehr beschäftigen werden,
                 Es ist so, als ob etwas taumelt, schwankt,        kreisen um neue Organisationsformen und
                 schwindet und sich selbst erschöpft – wäh-        Ökonomiefelder; um Mikroproduktion und
                 rend etwas anderes, noch Unbestimmtes,            Digitalisierung; um Innovationsprozesse
                 langsam beginnt, sich zu erheben.“                und deren Gewinnverteilung; um lokale
                 Vaclav Havel                                      Kreislauf-Ökonomie, Regionalwert und
                                                                   Allmende.
                 Der moderne westliche Materialismus
                 funktioniert nur mehr schleppend. Es ist          Ein Ort wo wir diese Fragen verhandeln
                 eine Zeit, die sich anfühlt, als würde sich et-   werden ist der Grüne Markt. Dort wird sich
                 was Grundsätzliches verlagern und sterben,        alles um Wohnen, Arbeiten und Produzie-
                 während gleichzeitig etwas Anderes gebo-          ren in seiner Mutation drehen und dort
40               ren werden möchte. Die sozialen Struktu-          wollen wir aufzeigen, worin und wohin         41
                 ren, die wir derzeit aufbrechen und ein-          sich das alte Industrie-Modell transfor-
                 stürzen sehen entstammen vormodernen              miert. Mit diesem Quartiershaus mit seinen
                 traditionellen und industriellen Formen des       Übergangsräumen zwischen Wohnen und
                 Denkens und Funktionierens und sie gera-          Arbeiten entsteht nahe dem Hauptbahnhof
                 ten gegenüber dem Lauf der Dinge immer            Wien eine konkrete Utopie inklusive der
                 weiter aus dem Takt.                              Forderung nach offenen Fabriken, die allen
                                                                   Produktionsinfrastruktur zur Verfügung
                 Die Symptome des Zerfalls und des Auf-            stellt.
                 bruchs sind auch ein Ausdruck eines tiefer
                 liegenden Transformationsprozesses der            Das Projekt wird einerseits ein Display mit
                 Gesellschaft. Eine neue Präsenz – eine sozi-      umfassenden Informationen, andererseits
                 ale Software ist im Entstehen. Eine andere        eine Sphäre, wo es sehr praktisch zugeht.
                 Qualität der Verknüpfung untereinander            Man arbeitet an Maschinen, um sich Dinge
                 im Werden, eine neue Art des miteinander          selbst herzustellen, man wird in neuen
                 im Sein, und mit dem, was entstehen will.         Technologien beraten, man erfährt über
                 Für dieses Navigieren in Unsicherheit haben       Strategien der Nachhaltigkeit und man
                 wir emotionales und digitales Werkzeug.           wird in der Sehnsucht unterstützt, das zu
                 Mut und Wille. Bits und Meme. Digitalisie-        tun, was man wirklich will.
                 rung und Intuition.
                                                                   Thomas Schneider
                 Worum es jetzt geht ist eine Umkehr der           NANK Co:llaboratory
                 Perspektive um zu Räumen der Transforma-
                 tion und zu gelingenden Bildern zu gelan-

     Team Wien
Kommentar
                 Georg Kogler

                 Neue Arbeit & neues soziales Wohnen.            Kindern. Unserer Projekte bauen auf eine
                                                                 von Experten initiierte Projektentwicklung
                                                                 nutzungsoffener Gebäude und einer stark
                                                                 von Nutzerinnen und Nutzern geprägten
                                                                 Programmierung, von Beginn an unter-
                 Unsere Leben verlaufen nicht mehr geradli-      stützt von unserer Community-Entwick-
                 nig. Berufliches und Privates fließen zuneh-    lung.
                 mend ineinander. Wir stehen mitten in der
                 digitalen, 4. industriellen Revolution und      Neue Häuser für Wohnen und Arbeiten mit
                 wohl vor einem beachtlichen gesellschaft-       Kindern und vieles mehr.
                 lichen Wandel:
                                                                 Georg Kogler
                 Für wen bauen wir? Welche Vision vom Le-        für
                 ben hat die Generation der heute 20-jähri-      Stadt, Werk und Wohnen
                 gen? Wie sieht die Arbeitswelt in 30 Jahren
                 aus? Was heißt heute langfristig? 50, 100
                 Jahre. Für Immobilien? Für Nutzerinnen und
                 Nutzer? In der Stadt.
42                                                                                                            43
                 Wenn wir Bilder unserer Städte von 1917
                 betrachten und uns die damaligen gesell-
                 schaftlichen Realitäten vor Augen führen,
                 wird offensichtlich: Gleichbleibende Nut-
                 zungen sind aufgrund der immer schneller
                 werdenden Veränderungen unserer Ge-
                 sellschaft nicht weiter anzunehmen. Was
                 wir aber an Gebäudestrukturen in Beton
                 gießen, ist zumindest im Kern auf langfris-
                 tige Nutzungsdauer angelegt. Sollen diese
                 nachhaltig tragfähig bleiben, müssen sie
                 variabel, um- und ausbaufähig sein. Dies
                 insbesondere in dynamischen urbanen
                 Lagen und innerstädtisch dichten Entwick-
                 lungsgebieten.

                 Offene und variable Häuser

                 Unser Ziel ist daher die Entwicklung von
                 Gebäudetypen großer Robustheit und Va-
                 riabilität. Wir zielen darüber hinaus auf die
                 Themen Aneignung / Empowerment, Stadt
                 selber machen und aktive Communities mit

     Team Wien
Expertinnen und Experten

                                                                                                INPUTVORTRÄGE

44                                                                                                                                                                                          45
     WorkshopleitERINNEN +                                                                      Thomas Kerekes
     WORKSHOPLEITER                                                                             Kreative Räume Wien                          Christoph Reinprecht
                                                                                                                                             Institut für Soziologie, Uni Wien
                                                                                                studierte Umweltsystemwissenschaften
     Cornelia Gerdenitsch                         Andreas Rumpfhuber                            mit Fachschwerpunkt Volkswirtschafts-        studierte Soziologie in Wien und promo-
     Austrian Institute of Technology             Expanded Design                               lehre in Graz sowie Landschaftsarchitektur   vierte 1994 mit dem Buch Rolle des Erin-
                                                                                                mit Spezialisierung in Urban Design an       nerns bei der gesellschaftlichen Transforma-
     studierte Psychologie in Graz und pro-       studierte Architektur an der TU Graz, an      der Universität Kopenhagen.                  tion in Ost-Mitteleuropa. 2006 Habilitation
     movierte 2016 an der Universität Wien        der Bartlett School of Architecture und am    Er ist Mitbegründer der Website Urbalize.    zum Thema der Lebenssituation der ersten
     über die Gestaltung von Räumlichkeiten       SCI-arc in Los Angeles und promovierte        com sowie des Urbanistik Kollektivs Cre-     Generation der Arbeitsmigration.
     (Umwelten) und Arbeitsbedingungen            2009 zum Thema der Bürolandschaft als         ative Roots in Kopenhagen dem Berliner       Reinprechts Forschungsschwerpunkte
     für digital und flexibel Arbeitende. Seit    Architektur immaterieller Arbeit.             Netzwerke stadt:gestalten. Seit 2017         reichen von der angewandten Stadt-
     2017 forscht Gerdenitsch am AIT (Austrian    Der Fokus seines Büros Expanded Design        leitet er Kreative Räume Wien – Büro für     forschung hin zur reflexiven Soziologie
     Institute of Technology) zu den Themen       liegt auf der Beschäftigung mit Räumen        Leerstandsaktivierung.                       (Versuch einer Archäologie der österrei-
     Mensch-Computer Interaktion, Ange-           des Arbeitens und des Wohnens.                                                             chischen Soziologie), Migrationsforschung
     wandte Psychologie, Medienpsychologie                                                                                                   oder politischen Soziologie.
     und Arbeitspsychologie.                                                                    Sabine Pollak
                                                  Thomas Schneider                              Köb&Pollak Architektur
                                                  NANK – neue Arbeit neue Kultur                                                             Angie Schmied
     Georg Kogler                                                                               studierte Architektur in Graz und Wien,      NEST, Agentur für Leerstandsmanagement
     KOKA ZT GmbH                                 ist Künstler und seit 2007 Vorstand von       promovierte 1995 mit der Arbeit Program-
                                                  NANK – neue Arbeit neue Kultur in Stuttgart   me und Strategien in der Architektur und     studierte Kultur- und Sozialanthropologie
     studierte Architektur an der TU Graz und     und Wien.                                     habilitierte sich 2003 mit dem Buch Leere    und Architektur in Wien und gründete
     ist in den Feldern der Architektur, Pro-     Mit dem Label V_BAY arbeitet Schneider        Räume. Wohnen und Weiblichkeit in der        2015 NEST, Agentur für Leerstandsmanage-
     jektentwicklung und Stadtentwicklung         seit 1992 in den Feldern Bild, Video und      Moderne.                                     ment. Die Agentur initiierte und betreut
     tätig. Kogler ist Mitglied von Stadt, Werk   Projektion. Derzeit arbeitet er unter         Sie arbeitet in den Bereichen Urbanistik,    Creau, Trabrennbahn Kriau und diverse
     und Wohnen und Begründer von KOKA ZT         anderem an dem Projekt Quartiershaus          Wohnbau, Architekturtheorie und Gender-      Zwischennutzungsprojekte in Wien
     GmbH, die in Kooperation mit nonconform      Grüner Markt (Sandbichler Architekten) bei    forschung. Seit Oktober 2008 leitet Pollak   (Schwerpunkt: Co-Working und Pop-Up
     zt GmbH das nonconform Stadthaus in Wien     dem eine Vision von Neue Arbeit schon im      die Abteilung Architektur | Urbanistik an    Studios).
     planen.                                      Planungsstadium integriert wurde.             der Kunstuniversität Linz.

     Team Wien
PARK –
                 ein Zentrum für Neue Arbeit

46                                             47

                 1.–24. September 2017

                 Parkplatz am
                 Wiener Naschmarkt

     Team Wien
PARK
                 als Prototyp für ein Zentrum für Neue Arbeit

                 PARK ist eine temporäre, partizipativ           nentesten Beispiele sind sicherlich die
                 angelegte Rauminstallation, die vier            Wiener Schrebergärten, die in Form eines
                 Wochen lang den Parkplatz am Rande des          Erholungsraumes als Antwort auf den
                 Naschmarkts in ein öffentliches Experi-         sich verschlechternden Gesundheitszu-
                 ment verwandelt hat. Mit Hilfe von PARK         stand des Großstadtproletatiats gelesen
                 sollen stadtpolitische Fragen und neue          werden können und während der beiden
                 kreative Arbeit in den Mittelpunkt gerückt      Weltkriege durch den Eigenanbau von
                 und ausgetestet werden, wie wir den pro-        Nahrung vielfach als Überlebenshilfe
                 gnostizierten Wandel in der Arbeitswelt         galten. Oder aber auch das Tröpferlbad als
                 für neue Formen des Zusammenarbeitens           Maßnahme zur Steigerung der Körperhy-
                 nutzen können. PARK versteht sich dabei         giene der StadtbewohnerInnen. Weitere
                 selbst als Prototyp für einen Ort – ein Zent-   Beispiele finden sich im sozialen Wohnbau,
                 rum – das es künftig für diese sogenannte       wo bereits vor 100 Jahren Wege gesucht
                 Neue Arbeit in der Stadt braucht.               wurden, um den Haushalt für Familien
                                                                 mit erwerbstätigen Eltern zu erleichtern,
                 Mit PARK soll der zentral gelegene Park-        indem zum Beispiel Gemeinschaftsküchen
                 platz, der aktuell nur zu 30 Prozent ausge-     geschaffen wurden.
                 nutzt ist, als städtische Ressource aktiviert
48               und möglichst Vielen zugänglich gemacht         Unsere Grundbedürfnisse satt und sau-           49
                 werden. Daher ist PARK als nicht-kom-           ber zu sein, sind heute in den meisten
                 merzieller Ort konzipiert, der von allen        Fällen bereits erfüllt. Nicht erfüllt ist das
                 Interessierten unter gemeinschaftlichen         Versprechen nach individueller Selbstent-
                 Nutzungsbedingungen genutzt und pro-            faltung. Dazu braucht es Räume, in denen
                 grammiert werden kann. PARK testet so           (gemeinsam) kreiert, ausprobiert, und
                 Möglichkeiten einer kooperativen Stad-          experimentiert werden kann. Welche Orte
                 tentwicklung konkret aus.                       eignen sich also am besten für solche Ex-
                                                                 perimente? Wir glauben es sind moderne
                 Den größten Anstoß zur Veränderung              Werkstätten: wo sinnvolle Tätigkeiten – oft
                 der Arbeitswelt bringt die Digitalisierung      mit den bloßen Händen, aber durchaus
                 mit sich – die meisten Jobs, die wir heute      und vor allem in Verbindung mit digitalen
                 haben, wird es in einigen Jahren schon          Technologien. Ganz bestimmt aber im Mit-
                 nicht mehr geben. Dadurch wird sich unser       einander von unterschiedlichsten Mensch
                 Verständnis von Arbeit, aber auch das von       und Talenten. Freizeit kann sich auf diesem
                 Freizeit und damit unser Zusammenleben          Weg immer mehr zum aktiven Tun entwi-
                 verändern. Wir wollen diese Veränderung         ckeln und weniger fürs passive Konsumie-
                 als Chance nutzen.                              ren genutzt werden.

                 Die Geschichte der Stadt Wien ist voller        Wir stellen uns eine Stadt vor, in der es in
                 Beispiele von gemeinwohlorientierten            jedem Bezirk ein Zentrum für neue, kre-
                 Antworten und Lösungsvorschlägen auf            ative Arbeit gibt. Im kleineren Rahmen
                 akute Verschlechterungen der Bedürfnisse        existieren diese bereits in sogenannten
                 ihrer BewohnerInnen. Eines der promi-           Maker Spaces oder Fab Labs. Damit diese

     Team Wien
ihre volle Kraft entwickeln und freilegen
                 können, müssen sie größer und in einem
                 Gebäude gebündelt werden. Wir glauben,
                 dass diese Orte zentral gelegene Plätze
                 sein müssen. Genau das ist auch der Grund
                 warum wir PARK genau hier am Wiener
                 Nacshmarkt-Parkplatz platziert haben.
                 Dieser sehr zentrale Ort zeichnet sich durch
                 seine gute Erreichbarkeit und Sichtbarkeit
                 aus.

                  Zentrale Orte, die sich nicht der Wahrneh-
                  mung der StadtbewohnerInnen entziehen,
                  bilden eine Plattform, Ideen und Anliegen
                  an ein breites Publikum zu kommunizie-
                  ren. Solche Zentren – wie PARK eines ist
                 – stellen als Typologie eine Chance für die
                  künftige Stadtplanung dar, da sie als wich-
50                tige Orte des Austauschs funktionieren. Die     51
                  Stadt Wien sollte sich verstärkt für die Ent-
                  wicklung solcher Zentren neuer kreativer
                  Arbeit als Wissensorte und Anlaufstellen
                  einsetzen und diese Aspekte und Räume
                  im (geförderten) Wohnbau von Beginn an
                  mitdenken.

     Team Wien
PARK
     ein Zentrum für Neue Arbeit

                                                                                                                                              Lin ke Wien ze ile
                                    PARK – EINE TEMPORÄRE INSTALLATION
                                    AUS HOLZ

                                    Am Anfang von PARK stand die Vision einer groß-
                                                                                                                              Flohmarkt

                                                                                                                      U4
                                                                                                                              am Naschmarkt

                                    maßstäblichen, modularen Arbeitsinfrastruktur die
                                    sich entlang der Wienzeile vom Karlsplatz bis zum
                                    Schloss Schönbrunn erstreckt. Die realisierte Installa-
                                    tion PARK stellt einen kleinen Prototyp einer solchen
                                    Infrastruktur dar, mit dessen Hilfe Fragen zur Neuen
                                    Arbeit konkret ausgetestet werden sollen.

                                    Die Installation besteht aus vier unabhängig von-         ner mostlikely’s sudden workshop betrieben wurde.
                                    einander stehenden Modulen: Ein Informations-             Zusätzlich wurde hier mit der Unterstützung von via-
                                    und Aufenthaltsmodul, ein Werkstattmodul, ein             dukt screenprints eine Siebdruckwerkstatt aufgebaut.
                                    Koch- und Barmodul, sowie ein Bühnenmodul. Die            Das überdachte Modul beinhaltete neben verschließ-
                                    einzelnen Elemente bestehen aus einfachen Holz-           baren Kästen auch zwei große Werkbänke.
52                                  rahmenkonstruktionen mit spezifischen, am Rah-                                                                                 53
                                    menprogramm orientierten Ausbauten. Realisiert            Im räumlichen Zentrum der Installation wurde das
                                    wurde PARK ausschließlich aus nachhaltigem, 100%          Koch- und Barmodul aufgebaut. Hier wurde während
                                    PEFC-zertifiziertem Holz. So konnte die Installation      der Öffnungszeiten eine Bar ohne Konsumzwang be-
                                    in verhältnismäßig kurzer Zeit auf- und auch wie-         trieben. Für den Programmpunkt Lange Tafel bei PARK
                                    der abgebaut werden. Darüber hinaus konnte das            wurde das Modul in eine einfache Küche umgerüstet.
                                    gesamte Konstruktionsmaterial nach Projektabbau
                                    weiterverwendet werden.                                   Das Bühnenmodul bestand aus einem barrierefrei
                                                                                              zugänglichen Podest und technischem Equipment
                                    Das Informations- und Aufenthaltsmodul (8 x 4             wie Boxen, Mischpult, Projektor und einer Projek-
                                    Meter) ist mit sieben Metern deutlich höher als die       tionsfläche. Außerhalb der Veranstaltungszeiten
                                    anderen Module (4 Meter) und trägt auf rotierenden        konnte es als Sitzgelegenheit und zum Skaten und
                                    Lamellen den schon aus weiter Ferne sichtbaren            Roller fahren verwendet werden.
            Visualisierung von      Schriftzug PARK. Im unteren Bereich des Moduls sind
            PARK zu Projektbeginn   ein langer Tisch und zwei Sitzbänke fest installiert,     Die vier Module wurden durch einen fast 500 Quad-
                                    die über die gesamte Dauer des Projektes 24/7 zur         ratmeter großen Freiraum zwischen und neben den
                                    freien Benutzung offenstanden. Die Tischfläche            Modulen ergänzt. Während der Öffnungszeiten von
                                    diente nicht nur als Picknick, Ablage- und Sitzfläche,    PARK luden diese Flächen, ausgestattet mit etwa 20
                                    sondern funktionierte gleichzeitig auch Informati-        Stühlen, 40 Hockern und Tischen, Interessierte und
                                    onsfläche: Unter einer Plexiglasscheibe waren wei-        Passanten zum Verweilen ein.
                                    terführende Informationen zum Projekt ausgestellt.
                                    Die Scheibe selbst diente als Tafel, auf der Besucher     Der Fokus des Projektes lag – nicht nur aus finan-
                                    und Besucherinnen eingeladen waren, ihre eigene           ziellen Gründen und der kurzen Laufzeit von nur
                                    Vision für den Parkplatz am Naschmarkt aufzuzeich-        24 Tagen – darauf, eine räumliche und technische
                                    nen.                                                      Basisinfrastruktur zur Verfügung zu stellen, die von
                                                                                              möglichst vielen Interessierten für unterschiedlichste
                                    Das Werkstattmodul war über die gesamten Dauer            Programmpunkte genutzt werden konnte. Essentiell
                                    PARK hinweg das Zentrum des Rahmenprogramms:              hierfür war auch die kostenlose Bereitstellung von
                                    Hier wurde eine Holzwerkstatt – ausgestattet unter        Strom, Wasser und WiFi.
                                    anderem mit Tischkreissäge und Tischbohrmaschinen
                                    – eingerichtet, die von unserem Kooperationspart-

     Team Wien
PARK
     ein Zentrum für Neue Arbeit

                                       FINANZIERUNG DURCH FÖRDERUNGEN UND
                                       PRIVATES ENGAGEMENT

                                       Das Projekt PARK konnte nur mittels öffentlicher,
                                       institutioneller und privater Finanzierung umgesetzt
                                       werden. Trotz der Fülle an Förderstellen, die es für
                                       die freie Szene in Österreich – und speziell in Wien –
                                       gibt, war es teilweise nicht einfach bzw. unmöglich,
                 Ausschnitte aus dem   diese für ein prozesshaft angelegtes Projekt in An-
                 Crowdfundingvideo     spruch zu nehmen. Schlussendlich haben wir sowohl
                                       Förderungen von dem Bundesministerium für Kunst
                                       und Kultur (BKA) als auch von der Kulturabteilung
                                       der Stadt Wien (MA7) erhalten.

                                       Eine Crowdfunding-Kampagne, die wir vom 19.6 -
                                       10.7.2017 auf der Online-Plattform wemakeit.com          ZUSAMMENARBEIT VON BEGINN AN
                                       geschaltet haben, war entscheidend für die Kommu-
                                       nikation des Projektes und seine breitere öffentliche    PARK möchte das Potenzial von Kooperationen in
                                       Wahrnehmung. Von großer Wichtigkeit war es,              öffentlichen, städtischen Räumen aufzeigen. Pro-
                                       das Crowdfunding nicht ausschließlich als Finanzie-      jekte wie dieses sind nur möglich, wenn sie von
                                       rungstool, sondern gleichzeitig auch als Werkzeug        einer Vielzahl engagierter Personen getragen
                                       für eine digitale Mitbestimmung am Projekt selbst        werden. PARK wurde daher von Anfang an als
                                       zu nutzen: Interessierte konnten das Projekt drei        partizipatives Projekt gedacht, das ein öffentliches
54                                     Wochen lang nicht nur finanziell fördern, sondern        Rahmenwerk zur Verfügung stellt, das zusammen           55
                                       mit ihrer Unterstützung auch über die Größe und den      mit Interessierten Personen weitergeführt und –
                                       Charakter von PARK entscheiden. Zur Wahl standen         gedacht werden kann. Diese Zusammenarbeit kann
                                       unter anderem unterschiedliche Bauteile, Lichtele-       sich daher nicht als klassische Auftraggeber-Auftrag-
                                       mente, sowie das Mobiliar selbst. Der erfolgreiche       nehmer-Beziehung gestalten, bei der die finanzielle
                                       Ausgang der Kampagne und das Erreichen der Förder-       Entlohnung den Hauptanreiz bietet, sondern über die
                                       summe haben uns in der Umsetzung des Projektes           Möglichkeit sich anhand der gemeinsamen Zusam-
                                       bestärkt, da damit auch das Konzept und die Frage        menarbeit weiterzuentwickeln können. PARK konnte
                                       nach externem Interesse überprüft werden konnte.         Sichtbarkeit und einen experimentellen Rahmen
                                                                                                bieten, um eine Weiterentwicklung und Etablierung
                                       Ebenso wichtig war die Verortung des Projekts            solcher Modelle voranzutreiben.
                                       innerhalb der Vienna Biennale 2017 Roboter. Arbeit.
                                       Unsere Zukunft, neue Produktions- und Arbeitskul-        Kooperationspartner von PARK waren etwa Urban
                                       turen.: PARK wurde als einer von sechs Demonstra-        Sync, eine digitale Mitbestimmungs-App die Be-
                                       toren der StadtFabrik – einem Forschungslabor für        wohnerInnen aktiv in Stadtentwicklungsprojekte
                                       neue kreativwirtschaftliche Felder – ausgewählt          einbindet. Oder aber auch die Werkstatt Nut und
                                       und unterstützt. Durch die Präsenz in der Ausstellung    Feder (ehemals Bockwerk), die sich im sozialen
                                       StadtFabrik: Neue Arbeit. Neues Design. im Rahmen        Geschäftsfeld betätigt und mit Hilfe von PARK ihre
                                       der Biennale im MAK wurde PARK kontextualisiert.         Bekanntheit steigern und die Größe des Projekts
                                       Darüber hinaus gab es eine Kooperation des Team          als neue Herausforderung und Testfeld für zukünf-
                                       Wien mit der IBA_Wien 2022: Gemeinsam wurde bei          tig weitere Arbeiten nutzen konnte. Während der
                                       PARK das Symposium zum Thema Neue Arbeit – neues         einjährigen Vorarbeit zu PARK wurde laufend nach
                                       soziales Wohnen? veranstaltet. Zudem wurde die           möglichen Kooperationspartnern in der Stadt ge-
                                       Umsetzung des Projekts PARK von zahlreichen Mate-        sucht, die zu beidseitigen Synergien führen könnten.
                                       rialsponsoren unterstützt.                               Diese Kooperationspartner waren zumeist Vereine,
                                                                                                Initiativen, Communities oder engagierte Firmen und
                                       Eine Realisierung war trotz der genannten Förde-         StadtbewohnerInnen die sich allesamt einer gemein-
                                       rungen und anderen finanziellen Unterstützungen          nützigen Idee verschrieben haben. Ihre Tätigkeiten
                                       nur durch den hohen Anteil an Eigenleistung und          und ihr Engagement haben einen direkten, positiven
                                       zahlreichen unbezahlten Arbeitsstunden des Team          Einfluss darauf, wie wir Stadt täglich nutzen und
                                       Wien möglich.                                            erleben können.

     Team Wien
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