Neue Initiative Die MDM stärkt regionale Fachkräfte und Dienstleister - Mitteldeutsche Medienförderung
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#2 2021 Magazin der Mitteldeutschen Medienförderung Neue Initiative Coup in Cannes In Produktion Die MDM stärkt regionale „Bergman Island“ im Wettbewerb, Hochkarätige Kinofilme zu fünf weitere Titel im Programm Gast in Mitteldeutschland Fachkräfte und Dienstleister
Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, in den letzten Wochen zeigte sich einmal mehr die Attraktivität und Leis- tungsfähigkeit des Medienstandorts Mitteldeutschland. So machten die Dreharbeiten zu hochkarätigen neuen Kinofilmen wie „Die Känguru- Verschwörung“, „Der Räuber Hotzenplotz“ oder „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ an zahlreichen Locations in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Station. Zudem wurden mit „Bergman Island“, „Große Freiheit“, „Evolution“, „Magnetic Beats“, „Invisible Demons“ und der VR-Experience „Biolum“ gleich sechs außergewöhnliche Projekte zu den Internationalen Filmfestspielen in Cannes eingeladen, die mit regionaler Beteiligung und MDM-Förderung entstanden sind. Trotzdem ist der Personalmangel in der Film- und Medienbranche auch in Mitteldeutschland deutlich spür- bar. Um dieser Situation aktiv entgegenzuwirken, startet die MDM eine Auftaktveranstaltung Fachkräfte-Initiative Fachkräfte-Initiative. Ihre umfassenden Maßnahmen sollen dazu beitra- gen, die Beschäftigungs- und Aufstiegschancen von mitteldeutschem Per- sonal sowie die Wettbewerbsfähigkeit ansässiger Dienstleister nachhaltig zu verbessern. Auch darüber lesen Sie in der vorliegenden Ausgabe. Eine spannende Lektüre wünscht Ihr Redaktionsteam Rückblende Thema: Szene: Förderentscheidungen Veranstaltungen, Dreharbeiten, Fachkräfte Werkleitz Festival 10.03.2021 Premieren und Preise Um dem Personalmangel in der „Move to …“ Seite 20 und 21 Seite 4 und 5 Film- und Medienbranche aktiv Soziale, ökologische und technologi- entgegenzuwirken, startet die MDM sche Tendenzen standen von Mitte eine Fachkräfte-Initiative mit um- Juni bis Anfang Juli auf der Agenda Förderentscheidungen Festival: Cannes fassenden Maßnahmen. Sie soll die des diesjährigen Werkleitz-Festivals 02.06.2021 Beschäftigungs- und Aufstiegschan- „Move to...“. Der hybriden Veranstal- Im Wettbewerb der 74. Internatio Seite 22 und 23 cen von mitteldeutschem Personal tung mit Vorträgen, Gesprächsrun- nalen Filmfestspiele von Cannes sowie die Wettbewerbsfähigkeit den, Performances und künstleri- (6. bis 17. Juli) stellt die französische regionaler Dienstleister nachhaltig schen Arbeiten der European Media Filmemacherin Mia Hansen-Løve ihr Drama „Bergman Island“ mit verbessern. Parallel werden in Sach- Art Platform (EMAP) folgt im Creative Europe News sen, Sachsen-Anhalt und Thüringen September eine Online-Ausstellung Tim Roth, Vicky Krieps, Mia Push Boundaries: Das Creative aktuell weitere Angebote zur Aus- im Rahmen der Ars Electronica. Wasikowska und Anders Danielsen Europe Programm 2021-2027 läuft und Weiterbildung von Filmpersonal Seite 12 und 13 Lie in den Hauptrollen vor. an sowie weitere Informationen und auf den Weg gebracht. In Görlitz Deutscher Koproduzent ist die Kurzmeldungen entsteht mit der Sächsischen Film Leipziger Neue Bioskop Film. Seite 24 und 25 akademie sogar eine feste Institution. Seite 6 und 7 Zudem spricht Jürgen Kleinig von In Produktion der Leipziger Neue Celluloid Fabrik Berichte von den Dreharbeiten zu über den konsequenten Einsatz „In einem Land, das es nicht mehr Termine & von Nachwuchs- und Fachkräften gibt“ (Regie: Aelrun Goette), „Der Veranstaltungen aus Mitteldeutschland bei eigenen Räuber Hotzenplotz“ (Regie: Michael Kinostarts, Einreichtermine Projekten. Krummenacher), „Die Känguru- und Veranstaltungstermine Seite 8 bis 11 Verschwörung“ (Regie: Marc-Uwe in Mitteldeutschland Kling, Alexander Berner) sowie zur Seite 26 Produktion des Animationskurz- films „My Name is Fear“ (Regie: Eliza Plocieniak-Alvarez). Plus eine Über- sicht weiterer MDM-geförderter Projekte in Produktion. „Bergman Island“ Seite 14 bis 19 © Weltkino Filmverleih 3
Rückblende Acht MDM-geförderte Filme in der Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis In die Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis 2021 haben es acht von der MDM unterstützte Filme geschafft. In der Kategorie Spielfilm haben „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ (Regie: Dominik Graf), „Ivie wie Ivie“ (Regie: Sarah Blaßkiewitz), „Das Mädchen mit den goldenen Händen“ (Regie: Katharina Marie Schubert) und „Die Welt wird eine andere sein“ (Regie: Anne Zohra Berrached) Chancen auf eine Nominierung. Für die Kategorie Dokumentarfilm wurden „Scars“ (Regie: Agnieszka Zwiefka) und „Space Dogs“ (Regie: Elsa Kremser, Levin Peter) ausgewählt. „Mei- ne Wunderkammern“ (Regie: Susanne Kim) und „Träume sind wie wilde Tiger“ (Regie: Lars Montag) gehen in der Kategorie Kinderfilm ins LOLA-Rennen. Die finalen Nomi- nierungen werden am 19. August verkündet. Die Verleihung der Deutschen Filmpreise findet dann am 1. Oktober statt. „Evolution“ abgedreht Mitte Mai gingen in Leipzig die Dreharbeiten des epi- sodischen Dramas „Evolution“ zu Ende. Der ungarische Arthouse-Regisseur und Theatermacher Kornél Mun- druczó („Jupiter’s Moon“) analysiert darin anhand einer Familiengeschichte die Prägung von drei Generationen durch den Holocaust. Die Hauptrollen in der deutsch- ungarischen Produktion von Match Factory Productions und Proton Cinema (HU) in Koproduktion mit ZDF/Arte und Proton Theatre (HU), die auch an Locations in und um Budapest entstand, spielen Lili Monori, Annamária Láng, Jule Böwe und Bernd Grawert. Seine Weltpremiere feiert der Film bereits bei den Filmfestspielen von Cannes (siehe auch Seite 7). Auf dem Foto: Autorin Kata Wéber, Regisseur Kornél Mundruczó, Creative Producer Tobias Pausinger und Produzentin Viola Fügen (Match Factory). Olivia Vieweg erhält MDM-Förderpreis der Akademie für Kindermedien Im Rahmen der virtuellen Abschlusspräsentation der Akademie für Kindermedien 2020/2021 ist die Weimarer Autorin Olivia Vieweg („Endzeit“, Foto) am 10. Juni für ihren Serienstoff „Blasmusik des Todes“ mit dem För- derpreis der Mitteldeutschen Medienförderung ausge- zeichnet worden. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird jährlich an ein herausragendes Projekt jedes Akademiejahrgangs vergeben. Zudem sprach die MDM in diesem Jahr eine lobende Erwähnung für Lena Goreliks Drehbuchdebüt „Dann eben mit Pferd“ aus. Für den Jahr- gang 2021/2022 der Akademie für Kindermedien können sich Autor*innen und andere Kreative bis zum 20. August mit einer Projektidee bzw. einem Exposé für die Bereiche Film, Buch, Story World und Serie bewerben. 4
Grimme-Publikumspreis für „Afghanistan. Das verwundete Land“ Die vierteilige Doku-Serie „Afghanistan. Das verwundete Land“ von Marcel Mettelsiefen und Mayte Carrasco gehört zu den Preisträgern beim diesjährigen Grimme-Preis: Sie erhält den Publikumspreis der Marler Gruppe. Mettelsiefen und Carrasco beleuchten darin, wie der asiatische Staat im Laufe der letzten 40 Jahre von einer weltoffenen Hippie- und Tourismusdestination zu einem Land werden konnte, dessen nicht enden wollender Krieg in Form von Terrorismus schließlich auch die westliche Welt erreichte. „Afghanistan. Das verwundete Land“ ist eine Produktion der Leipziger LOOKSfilm für NDR/Arte, Al Jazeera Documentary Chan- nel, Česká televize und Format TV, gefördert von der MDM und dem MEDIA-Programm der EU. Die Verleihung des 57. Grimme-Preises findet am 27. August statt. Preise für „Mission Ulja Funk“ und „Into the Beat“ beim Festival GOLDENER SPATZ Beim 29. Deutschen Kinder-Medien-Festival GOLDENER SPATZ wurden am 11. Juni zwei von der MDM unterstützte Filme prämiert. „Mission Ulja Funk“, der bei der diesjährigen Berlinale in der Sektion Generation Kplus seine Urauffüh- rung erlebt hatte, gewann den Goldenen Spatzen für den besten Langfilm. Er ist verbunden mit dem Sonderpreis des Thüringer Ministerpräsidenten, den Regisseurin Barbara Kronenberg (links) erhielt. Mit dem Urkunden-Preis des MDR-Rundfunkrates für das beste Drehbuch, dotiert mit 4.000 Euro, wurden Hannah Schweier und Stefan Westerwelle („Into the Beat – Dein Herz tanzt“, Regie: Stefan Westerwelle) ausgezeichnet. Beide Filme entstanden im Rahmen der Initiative „Der besondere Kinderfilm“. „Die Odyssee“ in Annecy prämiert Beim Annecy International Animation Film Festival, dem weltweit bedeutendsten Festival seiner Art, gehörte Mitte Juni „Die Odyssee“ (Foto) von Florence Miailhe zu den Gewinnern: Das in der außerge- wöhnlich aufwendigen Öl-auf-Glas-Animationstechnik realisierte Werk, eine Koproduktion der Dresdner Balance Film, erhielt eine besondere Erwähnung der Jury. Daneben liefen in Annecy noch zwei weitere MDM-geförderte Produktionen: Außer Konkurrenz feierte der Hybridfilm „Coppelia“ von Jeff Tudor, Steven de Beul und Ben Tesseur seine Weltpremiere, eine einzigartige Mischung aus Live-Action-Ballett und Animationsfilm. Koproduziert wurde er von MotionWorks aus Halle (Saale). Im Wettbewerb VR Works gastierte zudem die narrative VR-Experience „Biolum“ von Abel Kohen. Drei MDM-geförderte Produktionen beim DOK.fest München Beim 36. DOK.fest München, das vom 5. bis 23. Mai als Online- Ausgabe stattfand, wurden drei MDM-geförderte Produktionen gezeigt. Weltpremiere in der Sektion DOK.panorama feierte Manuel Fenns „Die Welt jenseits der Stille“ (Foto), einer der ersten Kino-Dokumentarfilme über die Corona-Pandemie und ihre weltweiten Auswirkungen. Produziert wurde der Film von der Hallenser Sunday Filmproduktion in Koproduktion mit ZDF/3sat. Zudem liefen beim DOK.fest München „Mary Bauermeister – Eins und Eins ist Drei“ von Carmen Belaschk (Sektion Best of Fests) sowie „Wem gehört mein Dorf?“ von Christoph Eder (Sektion Student Award). 5
Festival 74. Internationale Filmfestspiele Cannes Geschichte einer Emanzipation – „Bergman Island“ Im Wettbewerb der diesjährigen Filmfest- spiele von Cannes (6. bis 17. Juli) stellt die französische Filmemacherin Mia Hansen- Løve ihr Drama „Bergman Island“ mit Tim Roth, Vicky Krieps, Mia Wasikowska und Anders Danielsen Lie in den Hauptrollen vor. Deutscher Koproduzent des internationalen Arthouse-Projekts ist die Leipziger Neue Bioskop Film. 1997 wurde Ingmar Bergman in Cannes mit der „Palme der Entstanden ist „Bergman Island“ als internationale Kopro- Palmen“ als bester Filmregisseur aller Zeiten geehrt. Vor duktion von Partnern aus Frankreich, Schweden, Deutsch- diesem Hintergrund erscheint es nur passend, dass an der land, Belgien und den USA. Federführender Produzent war die Croisette in diesem Jahr ein Film Weltpremiere feiert, der Pariser CG Cinéma. Als deutscher Koproduzent fungierte die zahlreiche Bezüge zu Leben und Werk der schwedischen Ende 2017 gegründete Leipziger Dependance von Neue Bios- Filmikone aufweist. Mia Hansen-Løve, die bei der Berlina- kop Film, die nach der Einladung des Spionagethrillers „Die le 2016 für „Alles was kommt“ den Silbernen Bären für die Agentin“ mit Diane Kruger und Martin Freeman zur Berlinale Beste Regie erhielt, erzählt in „Bergman Island“ vom ameri- 2019 nun zum ersten Mal auch in Cannes mit einem Film ver- kanischen Regisseur Tony Sander, der auf Einladung der Ing treten ist – und das gleich im Wettbewerb. „Ich kenne Charles mar-Bergman-Stiftung auf die schwedische Insel Fårö reist, Gillibert von CG Cinéma schon aus seiner Zeit bei MK2 wo Bergman viele Jahre seines Lebens verbrachte. Begleitet durch gemeinsam entwickelte Projekte“, sagt Neue-Bioskop- wird er von seiner 25 Jahre jüngeren Lebensgefährtin Chris, Geschäftsführer Dietmar Güntsche, der zusammen mit Mi- die ihrerseits ein aufstrebendes Regietalent ist. Beide wollen chael Kölmel auch Geschäftsführer des Weltkino Verleihs ist. den ganzen Sommer auf der Insel bleiben, um dort – inspi- „Zudem hatten wir mit Weltkino in den letzten Jahren gleich riert vom Geist des großen Regisseurs – die Drehbücher zu mehrere von ihm produzierte Filme hierzulande ins Kino ge- ihren nächsten Filmen zu schreiben. Doch dabei verschwim- bracht, darunter ‚Mustang‘, ‚Personal Shopper‘ und auch Mias men zunehmend die Grenzen zwischen Fiktion und Realität. Film ‚Alles was kommt‘. Mia finden wir als Regisseurin inte- „Ich habe begonnen, Bergmans Filme zu schauen, als ich in ressant, weil sie über eine ganz starke eigene Handschrift ver- meinen Zwanzigern war. Daneben habe ich auch einige seiner fügt. Das ist etwas, wonach wir bei Arthouse-Filmen generell Bücher gelesen, darunter seine Autobiographie ‚Laterna Ma- suchen – und ‚Bergman Island‘ ist Arthouse-Kino im allerbes- gica‘, die sehr wichtig für mich war, als ich dabei war, meinen ten Sinne, mit einer erstklassigen Geschichte, tollen Bildern Weg als Regisseurin zu finden. Sein Einfluss auf mich ist über und hervorragenden schauspielerischen Leistungen.“ die Jahre eher noch größer geworden, die Art beispielswei- Ähnlich komplex wie die Finanzierungsstruktur gestalte- se, wie er Frauen und menschliche Beziehungen porträtier- ten sich auch die Dreharbeiten. Sie fanden komplett auf Fårö te. Dennoch hatte ich bei ‚Bergman Island‘ in keiner Weise statt, das mit seiner kargen, von Nadelwäldern, Heideflächen das Gefühl, in Konkurrenz zu ihm zu stehen. Ich habe immer und charakteristischen Kalksteinfelsen geprägten Natur einen versucht, selbst zu denken, meine eigene Sprache zu finden markanten optischen Rahmen für die Filmhandlung liefert. und die Werke, die mich begleitet haben, einfließen zu las- Sogar für Bergmans früheres Wohnhaus erhielt das Team dort sen“, erzählt Mia Hansen-Løve. Ihr Film ist für sie folgerichtig eine Drehgenehmigung. Allerdings liegt keine andere schwe- „die Geschichte einer Emanzipation – die Emanzipation von dische Insel weiter vom Festland entfernt. „Logistisch war das unseren Meistern, aber auch die einer Frau von einem Mann.“ Projekt eine echte Herausforderung, weil wir nicht einfach 6
Weitere MDM-geförderte mal so hinfliegen konnten. Stattdessen mussten wir mit meh- reren LKWs voller Kamera-, Licht- und Bühnentechnik über Projekte in Cannes mehrere Länder anreisen. Auf die Insel selbst kommt man dann nur mit einer Fähre. Gewöhnungsbedürftig war für die Crew auch, dass es auf Fårö im Sommer nicht richtig dunkel wird. Nachts um zwei wurde es schon langsam wieder hell“, Neben „Bergman Island“ feiern mit den Dramen „Große Freiheit“, berichtet Produzent Martin Rohé von Neue Bioskop Film. „Evolution“ und „Magnetic Beats“ sowie dem Dokumentarfilm Für die größte Herausforderung sorgten jedoch kurzfris- „Invisible Demons“ noch vier weitere geförderte Filme ihre Welt- tige Besetzungswechsel. So sollte eigentlich die US-Amerika- premiere bei den Filmfestspielen von Cannes. Im Rahmen von nerin Greta Gerwig die Rolle der Chris spielen. Aber dann Cannes XR wird zudem die VR-Experience „Biolum“ präsentiert. sagte Gerwig überraschend ab, weil ihre zweite Regiearbeit „Little Women“ keinen Aufschub duldete. „Als Greta das Pro- jekt im Mai 2018 verließ, waren wir nur noch zwei Monate vom Dreh entfernt“, erinnert sich Mia Hansen-Løve. „Sie bot UN CERTAIN REGARD CINEMA FOR THE CLIMATE uns an, ein Jahr auf uns zu warten, aber durch die Verschie- bung der Dreharbeiten hätte ich riskiert, Mia Wasikowska Große Freiheit und Anders Danielsen Lie zu verlieren, zwei Schauspieler, die Regie: Sebastian Meise ich ebenfalls sehr liebe und ohne die ich mir den Film nicht Produktion: Freibeuter Film (AUT) und vorstellen konnte! Also haben wir eine riskante Entscheidung Rohfilm Productions getroffen, von der ich aber glaube, dass sie richtig war: die Im repressiven Nachkriegsdeutschland eine Hälfte des Films im Sommer 2018 mit Mia und Anders zu wird Hans wegen seiner Homosexu- drehen, die andere Hälfte im darauffolgenden Sommer.“ alität immer wieder eingesperrt. Der Wasikowska und Danielsen Lie verkörpern Amy und berüchtigte Paragraph 175 macht all seine Invisible Demons Joseph, zwei Figuren, die im Film erscheinen, als die Dreh- Hoffnungen auf ein Leben in Freiheit zu- Regie: Rahul Jain buchideen von Chris ein Eigenleben entwickeln. Als Chris nichte. Im Gefängnis trifft er Viktor, einen Produktion: Ma.ja.de. Filmproduktions GmbH stand 2019 schließlich die Luxemburgerin Vicky Krieps vor verurteilten Mörder. Aus gegenseitiger und Toinen Katse Oy (FI) in Zusammenarbeit der Kamera, die Hansen-Løve in „Der seidene Faden“ von Abscheu wird über die Jahre Liebe. mit Participant Media Paul Thomas Anderson aufgefallen war. Tim Roth schlüpfte In „Invisible Demons“ widmet sich Rahul in die Rolle des Tony, für die zunächst John Turturro vor- CANNES PREMIERE Jain den dramatischen Folgen von Indiens gesehen war. Aufgrund der zwei weit auseinanderliegenden Wirtschaftswachstum am Beispiel seiner Drehblöcke mussten aber auch Teile der Crew neu besetzt Heimatstadt Delhi, wo Umweltverschmut- werden. „Am Ende hat der Film um einiges mehr gekostet als zung und die Folgen des Klimawandels ursprünglich geplant. Aber als Corona kam, waren wir glück- bereits in extremer Weise spürbar sind. licherweise schon in der Postproduktion“, sagt Martin Rohé. Große Teile der Bild- und Tonpostproduktion wurden in QUINZAINE DES Sachsen-Anhalt und Sachsen realisiert, wo auch Effekte im RÉALISATEURS Bereich Technikverleih anfielen. Zudem wirkte die Erfur- terin Dorothea Wiedermann als Chefmaskenbildnerin an Evolution Magnetic Beats „Bergman Island“ mit. In Hansen-Løves Heimat Frankreich Regie: Kornél Mundruczó Regie: Vincent Cardona kommt der Film bereits am 14. Juli direkt nach seiner Urauf- Produktion: Match Factory Productions Produktion: Easy Tiger und Srab Films (FR) führung in Cannes in die Kinos – und damit genau an Ing und Proton Cinema (HU) in Koproduktion in Koproduktion mit Elemag Pictures und mar Bergmans Geburtstag. In Deutschland wird Weltkino mit ZDF/Arte und Proton Theatre (HU) Port au Prince Film & Kultur Produktion das Drama wahrscheinlich im Herbst starten. „Wir hatten ja Kornél Mundruczó verknüpft in In einem Dorf in der Bretagne betreibt 2018 schon Margarethe von Trottas Dokumentarfilm ‚Auf „Evolution“ den Alltag der Budapester eine Gruppe von Freunden um die Brüder der Suche nach Ingmar Bergman‘ herausgebracht, in dem auch Auschwitz-Überlebenden Eva, ihrer in Jérôme und Philippe Anfang der 1980er Mia und ihr früherer Partner Olivier Assayas zu sehen wa- Berlin lebenden Tochter Lena, die sich Jahre einen Piratensender. Beide verlieben ren“, sagt Dietmar Güntsche. „Für Mia und auch für Weltkino vom eigenen Judentum distanzieren will, sich Hals über Kopf in die junge Marianne, schließt sich mit ‚Bergman Island‘ nun quasi ein Kreis.“ sowie von Lenas Teenager-Sohn Jonas, der die aus Paris zugezogen ist. Doch dann wird wegen seiner Herkunft angefeindet wird, Philippe zum Militärdienst in West-Berlin FACTS: Drehbuch/Regie: Mia Hansen-Løve – Darsteller: Tim Roth, Vicky Krieps, zu einem Triptychon über Trauma und eingezogen. Anders Danielsen Lie, Mia Wasikowska, Grace Delrue – Produktion: CG Cinéma Antisemitismus. in Koproduktion mit Neue Bioskop Film, Scope Pictures, Plattform Produktion, Piano und ARTE France Cinéma, entstanden in Zusammenarbeit mit RT Features, Dauphin Film, Talipot Pictures und Scope Invest mit der Unterstützung von ARTE France, Sveriges Television AB, Les Films du Losange und Kinology – MARCHÉ DU FILM – CANNES XR Förderung: MDM, Eurimages, Wallimage, Gotlands Filmfond, Film Capital Stockholm, The Swedish Film Institute – Verleih: Weltkino Biolum Head of Creative: Abel Kohen Produktion: IKO Films (FR) und Reynard Films Videointerviews zu den anderen von der MDM in Koproduktion mit Prefrontal Cortex unterstützten Cannes-Filmen gibt es zum Festivalstart Die narrative VR-Experience entführt bei Facebook sowie auf dem Youtube-Kanal der MDM. den Nutzer in die geheimnisvolle Welt der Tiefsee, wo er auf eine außerirdische Lebensform trifft. 7
Thema Engagement mit Perspektive Um dem Personalmangel in der Film- und Medienbranche aktiv entgegenzuwirken, startet die MDM eine Fachkräfte-Initiative mit umfassenden Maßnahmen. Ihre zentralen Ziele: die Beschäftigungs- und Aufstiegschancen von mitteldeutschem Personal sowie die Wettbewerbsfähigkeit ansässiger Dienstleister nachhaltig zu verbessern. Die Rekrutierung von geeignetem Personal stellt in der Film- Claas Danielsen an. Auch die ansässigen Dienstleister sind branche ein deutschlandweites Problem dar. Trotz der Aus- eingeladen, in einer Selbstauskunft ihre Leistungen und Ka- bildung an den nationalen Filmhochschulen fehlen für die pazitäten darzustellen. Besetzung vieler Stabpositionen sehr häufig qualifizierte Um die Arbeit im Film- und Mediensektor gerade für jun- Filmschaffende. Mit ihrer neuen Fachkräfte-Initiative re- ge Menschen wieder attraktiver zu machen, richtet die Ini- agiert die MDM auf diese Situation: Sie setzt nicht nur Impul- tiative ihren Blick auch auf das Thema Nachhaltigkeit. Zur se für eine Verringerung des Fachkräftemangels, sondern soll Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen geben Produzenten darüber hinaus zu einer größeren Wertschätzung des mittel- in Zukunft eine Erklärung zur tarifgerechten Bezahlung ab. deutschen Personals und einer optimalen Wettbewerbsfähig- Zudem plant die MDM, ab 2022 in Kooperation mit den an- keit der hier ansässigen Branchendienstleister beitragen. Im deren deutschen Filmförderungen weitere Maßnahmen zum Rahmen einer digitalen Auftaktveranstaltung wurde sie am Grünen Filmen einzuführen. Eine interne Arbeitsgruppe be- 31. Mai der Branche vorgestellt. reitet derzeit die Umsetzung vor. „Mit dieser komplexen Initiative greifen wir Anregungen Auf die radikalen Veränderungen in der Medienbranche aus der Branche auf und schaffen für Fachkräfte und Dienst- durch den digitalen Wandel reagiert die MDM mit der Be- leister eine nachhaltige Perspektive in der Region. Von den willigung von Zuschüssen für die Teilnahme an Aus- und umfassenden Maßnahmen werden alle filmischen Gewerke Weiterbildungsmaßnahmen – und zwar für sämtliche krea- profitieren. In Kombination mit unserer neuen Gründeriniti- tiv-technischen Gewerke. „Produzentinnen und Produzenten ative MEDIAstart, mit der wir die Produktionstätigkeit beför- bieten wir schon seit vielen Jahren Fortbildungsmöglichkei- dern und junge Talente an die Region binden wollen, werden ten bei Trainingsprogrammen wie EAVE oder ACE. Künftig sie den Medienstandort Mitteldeutschland dauerhaft stärken“, berücksichtigen wir in dieser Hinsicht auch Fachkräfte. Sie ist MDM-Geschäftsführer Claas Danielsen überzeugt. können bei uns bis zu 90 Prozent ihrer Weiterbildungskosten Gemäß dem Kerngeschäft der MDM setzt die Initiati- als Zuschuss beantragen“, so Claas Danielsen. ve vor allem bei der Projektförderung an: So sollen Produ- Für die Förderung dieser Branchencoachings steht ab so- zenten mitteldeutsche Kreative, Fachkräfte und Nachwuchs fort ein jährliches Budget von 30.000 Euro bereit. Darüber noch stärker als bisher in die Realisierung geförderter Pro- hinaus unterstützt die MDM Aus- und Weiterbildungsträger jekte einbinden und ihnen Qualifizierungs- und Aufstiegs- aus der Region, die sich vor dem Hintergrund des allumfas- möglichkeiten bieten. Außerdem werden die Produzenten bei senden Wandels bevorzugt auf zukunftsorientierte Angebote Antragstellung und im weiteren Projektverlauf gebeten, eine konzentrieren. Entsprechende Maßnahmen wird die MDM Selbstauskunft zur Nutzung von regionalen Dienstleistungen zum Teil fachlich begleiten. in Bereichen wie Technikverleih, Bild- und Tonpostproduk- Zur Vernetzung regionaler Fachkräfte ruft die MDM tion, VFX oder Animation auszufüllen. einen jährlichen Branchentag ins Leben, der sie im Rahmen „Ihr Engagement für die Region wird bei Förderentschei- von moderierten Speed-Dating-Sessions vor allem mit Heads dungen künftig in höherem Maße berücksichtigt“, kündigt of Departments aus dem gesamten Bundesgebiet zusammen- 8
bringen soll. Um die Abwanderung von jungen Menschen (siehe Kasten) informieren. Zusätzlich werden potenzielle nach Studium oder Ausbildung zu verhindern, aber auch um Quereinsteiger mit Berufsbildern im Filmsektor vertraut ge- Absolvent*innen von Hochschulen in anderen Bundeslän- macht. Zur besseren Sichtbarkeit der ansässigen Fachkräfte dern zurück in die Region zu holen, wird die MDM sie unter und Dienstleister trägt nach ihrem baldigen Relaunch auch dem Label „Young Professionals“ über Karriereperspektiven die MDM-Webseite bei: Sie wird um neue Rubriken zu ge- in Mitteldeutschland, MDM-geförderte Qualifizierungs- förderten Projekten erweitert. Überdies wird der MDM Pro- programme wie den TP2 Talentpool sowie über ihre eigenen duction Guide als Branchenverzeichnis dann neue hilfreiche Aktivitäten und Förderprogramme im Nachwuchsbereich Funktionen bieten. MDM Talents – In Zukunft investieren Ihre bewährten Nachwuchsaktivitäten und -förderprogramme ergänzt die MDM im Zuge der Fachkräfte-Initiative um Branchencoachings und das Programm Young Professionals. Zudem hat die MDM-Gründerinitiative MEDIAstart im Mai zehn mitteldeutsche Unternehmen für ihren ersten Jahrgang ausgewählt. MDM Nachwuchstag KONTAKT: Jedes Jahr MDM-Gründerinitiative MEDIAstart: Am 1. Januar 2021 bietet er talentierten Autor*innen und Regisseur*innen aus gestartet, wird sie jährlich bis zu zehn neue Medienunternehmen aus Mitteldeutschland eine Bühne. Sie stellen im Rahmen eines Mitteldeutschland dabei unterstützen, rasch und dauerhaft auf dem Pitchings Projektideen vor, um Mitstreiter für die Realisie- Markt Fuß zu fassen. Sie richtet sich sowohl an Absolvent*innen rung zu finden und Kontakte zu knüpfen. Erlaubt sind Stoffe von Hochschulen als auch an bereits in der Branche tätige Personen, sämtlicher Genres und Formate – von kurzen oder langen die sich mit einer Firma in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen Spiel-, Dokumentar-, Animations- und Hybridfilmen bis hin niederlassen wollen oder diese nach dem 1. Januar 2018 gegründet zu Projekten aus dem Bereich Neue Medien. Der beste Pitch haben. Das von MDM-Geschäftsführer Claas Danielsen geleitete erhält den KONTAKT-Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro. siebenköpfige Kompetenzteam mit erfahrenen Expert*innen aus allen drei mitteldeutschen Bundesländern hat im Mai aus den 29 MDM Pilotprogramm: Ausgewählte mitteldeutsche Bewerbern zehn vielversprechende Unternehmen für den ersten Kreative realisieren in seinem Rahmen originelle und mit MEDIAstart-Jahrgang ausgewählt. Die Bandbreite ihrer Geschäfts- überschaubarem Aufwand umsetzbare Microbudget-Filme. modelle reicht von der klassischen Filmproduktion über Videospiele Intensiv betreut werden sie dabei von erfahrenen Tutor*innen. und interaktive Lernformate bis hin zum Filmtourismus. Daneben gewährt ihnen das Pilotprogramm auch finanzielle Unterstützung: Die Fördersumme beträgt für jedes Projekt bis Sachsen zu 250.000 Euro und wird als Zuschuss vergeben. Filme aller Black Elephant Films GmbH (Leipzig) Gattungen sind zulässig, außerdem gibt es keine Längen- oder Heartucate UG (Leipzig) Formatvorgaben. Entscheidend sind die Originalität der Stoffe Mitmalfilm UG (Leipzig) sowie das Potenzial der Filmschaffenden. New Matter Films GmbH (Leipzig) Förderprogramm „Fifty-Fifty”: Es wurde 2019 von Sachsen-Anhalt MDM und ZDF/Das kleine Fernsehspiel ins Leben gerufen Hug Films GbR (Halle/Saale) und ist zunächst auf einen Zeitraum von vier Jahren ange- Maywood Media GmbH (Magdeburg) legt. Sein Förderetat beträgt bis zu einer Million Euro pro Set Jetting TV UG (Halle/Saale) Jahr, die Anzahl der geförderten Projekte gestaltet sich dabei flexibel. Unterstützt werden TV-Produktionen zeitgenössi- Thüringen scher Stoffe und vielfältiger Genres. Die Herstellung sollen Cala Film Central GmbH & Co. KG (Erfurt) mitteldeutsche Produktionsfirmen unter Einbeziehung von Pabstein Games GmbH (Jena) möglichst dort wohnhaften Nachwuchstalenten aus den Rosa Krokodil UG (Eisenach) Sparten Drehbuch und Regie übernehmen. Die ausgewählten Unternehmen werden nun im Rahmen von MEDIA- Young Professionals: Die MDM informiert Studie- start mit regionalen und überregionalen Firmen sowie potenziellen rende, Berufsanfänger und Quereinsteiger über Berufsbilder Auftraggebern vernetzt, nehmen an eigens konzipierten Workshops und Karriereperspektiven in Mitteldeutschland sowie über teil und bekommen erfahrene Mentor*innen sowie Business-Coaches ihre eigenen Aktivitäten im Nachwuchssektor. zur Seite gestellt. Des Weiteren erhalten sie einen monatlichen Be- triebskostenzuschuss in Höhe von bis zu 1.000 Euro. Branchencoaching: Ab sofort bewilligt die MDM Fachkräften Zuschüsse für die Teilnahme an Aus- und Ansprechpartner bei der MDM: Weiterbildungsmaßnahmen für sämtliche kreativ- Bea Wölfling (Fachkräftefortbildung) technischen Gewerke. Dafür steht ein jährliches Budget Dana Messerschmidt (Nachwuchs) von 30.000 Euro bereit. Jürgen Vogel-Jahn (Gründerinitiative MEDIAstart) 9
Neues Filmpersonal made in Mitteldeutschland Parallel zur Fachkräfte-Initiative der MDM werden in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aktuell Angebote zur Aus- und Weiterbildung von Filmpersonal auf den Weg gebracht. In Görlitz entsteht mit der Sächsischen Filmakademie eine feste Institution. Filmdreharbeiten haben in Görlitz eine lange Tradition. In mit abgeschlossener Ausbildung und entsprechender Berufs- der 2017 zu „Europas Filmlocation des Jahrzehnts“ gewähl- erfahrung, die sich spezielle Kenntnisse für die Mitarbeit bei ten Stadt machten Hollywood-Großprojekte wie „Der Vor- Filmproduktionen aneignen möchten. Bewerbungen werden leser“, „Grand Budapest Hotel“ oder „Inglourious Basterds“ in Kürze möglich sein, ausgewählt werden aller Voraussicht ebenso Station wie zahlreiche nationale Produktionen. nach zwischen zehn und 15 Personen. Weitere Kurse in Ge- Zuletzt drehte hier Dominik Graf 2019 große Teile seiner werken wie Bild, Licht, Ton oder Ausstattung sollen in den Erich-Kästner-Verfilmung „Fabian oder Der Gang vor die kommenden Jahren folgen. Hunde“, die im März im Berlinale-Wettbewerb uraufgeführt Die International Academy of Media and Arts e.V. in Hal- wurde. „Fabian“-Produzent Felix von Boehm (Lupa Film) ge- le (Saale) bietet im Herbst in Kooperation mit APostLab aus hört neben weiteren namhaften Filmschaffenden wie Stefan Amsterdam und dem Postpro Network Halle eine von der Arndt (X Filme Creative Pool), Peter Hartwig (Kineo Film), MDM geförderte Weiterbildung zum Postproduction Su- Ingelore König (Kinderfilm/Grown up Films) oder Markus pervisor an. Im Rahmen der Filmmusiktage Sachsen-Anhalt Bensch (Studio Babelsberg) zu den Unterstützern der Säch- veranstaltete die Academy mit „Film-Sound-Post“ (2019) und sischen Filmakademie Görlitz, die im Herbst ihren Betrieb „Game-Sound-Post“ (2020) bereits zwei Workshops zum The- aufnimmt. Sie verknüpft die Beliebtheit von „Görliwood“ als ma Tonpostproduktion. Das neue Weiterbildungsangebot soll Drehort mit einem Platz für die fundierte, praxisnahe Aus- nun dem generellen Fachkräftebedarf im Bereich Postproduk- und Weiterbildung in Filmberufen. Künftige Produktionen tion Rechnung tragen. Geplant sind zwei Online-Workshops sollen so vor Ort auf ausreichend Personal zurückgreifen à zwei Tage im Oktober und ein anschließender zweitägiger können. Gleichzeitig wird damit auch dem Fachkräfteman- Präsenzworkshop in Halle (Saale) bei den Filmmusiktagen gel allgemein entgegengewirkt. Am Prozess der Ideenfindung Sachsen-Anhalt (31. Oktober bis 6. November). Bewerbungen für die Filmakademie war neben der Stadt Görlitz um OB sind seit Anfang Juli mit oder ohne Projekt möglich. Will- Octavian Ursu, dem Land Sachsen, der Hochschule Zittau/ kommen sind neben Fachkräften auf dem Gebiet der Postpro- Görlitz und zahlreichen Akteuren der Filmwirtschaft auch duktion auch Filmschaffende anderer Gewerke. Maximal 25 die MDM beteiligt. Zum Wintersemester 2021/22 startet der Teilnehmer*innen werden aus allen Bewerbern ausgewählt. erste Vollzeitkurs „Assistenz Filmproduktionsmanagement“, Auf Initiative des Mitteldeutschen Film- und Fernsehpro- für den eine Dauer von 16 bis 20 Wochen angesetzt ist. In den duzentenverbands (MFFV) und von Marcel Lenz (Ostlicht ersten Wochen werden theoretische Inhalte zu Filmtechnik, Filmproduktion, Weimar) ist außerdem eine Weiterbildung Finanzierung, Kalkulation, Umwelt- und Arbeitsschutzrecht zum/zur 1. Aufnahmeleiter/-in Film und Fernsehen in Pla- oder auch Teamentwicklung vermittelt. Anschließend folgt nung. Sie wird voraussichtlich im nächsten Jahr erstmalig ein mindestens dreimonatiges Set-Praktikum bei einer Film- in Thüringen stattfinden und soll sich sowohl an Leute mit produktion. Der zertifizierte Kurs richtet sich an Personen Filmerfahrung als auch an Quereinsteiger richten. „Viele feste Partnerschaften“ Mit seiner Leipziger Firma Neue Celluloid Fabrik realisiert Jürgen Kleinig inhaltlich und künstlerisch außergewöhnliche Dokumentarfilme wie „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“, „Muhi – Generally Temporary“ oder zuletzt „Stollen“. Dabei setzt er konsequent auch auf Nachwuchs und Fachkräfte aus Mitteldeutschland. Wie entdecken Sie Nachwuchstalente und neue Projekte? Ganz wichtig sind regionale Weiterbildungsprogramme wie die Professional Media Master Class oder der TP2 Talent- pool. Auch beim MDM Nachwuchstag KONTAKT lernt man immer wieder Talente kennen. Und wir schauen auf den Fo- ren von Filmhochschulen, zum Beispiel im Rahmen der Ber- linale oder des DOK.fest München. Laura Reichwald, die im Januar mit „Stollen“ in Saarbrücken den Preis für den Besten Dokumentarfilm gewonnen hat, ist ein gutes Beispiel. Wir haben sie bei einem Projektforum der Filmuni Babelsberg kennengelernt, wo sie „Stollen“ mit ihrem Producer Stephan Bernardes präsentiert hat. Laura hat uns nicht nur mit dem 10
„Hüter der Erde“ Stoff überzeugt, der ins Herz der Erzgebirgsregion und ihrer 2020 übernommen haben. Trotz Corona wollten wir uns Menschen schaut, sondern auch mit ihrem künstlerischen personell noch etwas breiter aufstellen. Eva hat in Mittweida Anspruch und ihrer Klugheit. Sie lebt inzwischen wieder in Medienmanagement studiert und dann für die Cine Impuls Sachsen-Anhalt. Filmproduktion und Lumalenscape in Leipzig gearbeitet. Va- leska hat in Dresden und Hildesheim Kulturwissenschaften Können Sie weitere Beispiele nennen? mit Schwerpunkt Film studiert. Beim MDM Nachwuchstag ist uns vor ein paar Jahren Tom Fröhlich mit seinem Projekt „Das perfekte Schwarz“ Nach was für Kriterien wählen Sie Ihre Projekte aus? aufgefallen, das wir dann produzieren durften. Leider wurde Viele unserer Filme drehen sich um für uns relevante die Auswertung durch Corona erschwert. Aber es ist trotz- Themen wie Umwelt und Ernährung, wenn man an „10 Mil- dem ein toller Film geworden, der uns unter anderem eine liarden – Wie werden wir alle satt?“, „Gut – besser – vegan?“ Einladung zu den Hofer Filmtagen und CPH:Dox beschert oder zuletzt „Hüter der Erde“ denkt. Eine weitere wichtige hat. Für Mark Michel hingegen war die Professional Media inhaltliche Säule sind gesellschaftspolitische Themen wie Di- Master Class eine wichtige Etappe, um seine künstlerische versität, sexuelle Identität, Menschenrechte oder Diskrimi- Handschrift weiterzuentwickeln. In ihrem Rahmen entstand nierung. In unserer Koproduktion „Muhi – Generally Tem- sein Film „Sandmädchen“, der mich sehr beeindruckt hat. Mit porary“, die bei DOK Leipzig die Goldene Taube gewann, ging Mark haben wir dann als Doku-Serie und Langfilm „Hüter es zum Beispiel um ein behindertes palästinensisches Kind im der Erde“ entwickelt und produziert, die sich mit Hirtenvöl- Mahlstrom des Israel-Palästina-Konflikts. kern beschäftigen. Wir waren dafür in fünf Ländern auf ver- schiedenen Kontinenten unterwegs, darunter Uganda, Peru Haben manche dieser Themen auch Auswirkungen auf und Indien. Dennoch haben wir mit einem regionalen Kern- die Produktionspraxis? team gearbeitet, zu dem unter anderem die Kameramänner Wir haben bei Neue Celluloid Fabrik schon früh ein in- Johannes Praus und Mitja Hagelüken, Tonmeister Jens Matt- ternes Konzept zum Grünen Drehen festgelegt. So verzichten ner und Cutter Steffen Werner gehörten. wir beispielsweise komplett auf Inlandsflüge oder Firmenwa- gen und verwenden ausschließlich grünen Strom. Im Zusam- Welche regionalen Dienstleister engagieren Sie regel- menhang mit Nachhaltigkeit ist uns auch ein faires Arbeiten mäßig für Projekte? ganz wichtig, mit angemessenen Löhnen und Gagen und Über die Jahre haben sich vor allem in Leipzig viele feste Drehtagen, die nach Möglichkeit nicht länger als acht Stun- Partnerschaften herausgebildet. Bei Kinoproduktionen arbei- den sind. Das wird von den Mitarbeitern honoriert. ten wir für Sounddesign und Mischung fast immer mit Kai Tebbel zusammen, fürs Grading mit der Trickkiste von Kay Welche Filme stehen als Nächstes bei Ihnen an? Dombrowsky. Beide sind anerkannte Experten auf ihren Ge- „Queens of Poland“ vom Leipziger Sebastian Franke und bieten. Mit Kay Dombrowsky haben wir vor Kurzem „Mit- „Feuerjahre“ von Anne Scheschonk aus Halle (Saale) sind in gefühl“ fertiggestellt, eine internationale Koproduktion, die der Entwicklung schon weit fortgeschritten. Bei beiden hoffen Weltkino im September ins Kino bringt. Mastering, Unterti- wir, bald in Produktion gehen zu können, zumal es auch re- tel und Credits erledigt für uns meist Sebastian Brauer, Tech- ges Senderinteresse gibt. „Queens of Poland“, ein Projekt, das nik mieten wir fast ausschließlich bei Anbietern wie Maier uns 2020 beim MDM Nachwuchstag begegnet war, taucht in Bros. oder Ludwig Kameraverleih. die Drag-Queen-Szene in Polen ein, wo es bekanntermaßen heftige homophobe Tendenzen gibt. „Feuerjahre“ begleitet Ziehen Sie mit Neue Celluloid Fabrik auch eigenen ein transsexuelles Mädchen, das in der brandenburgischen produzentischen Nachwuchs heran? Provinz mit ähnlichen Vorurteilen zu kämpfen hat. Mit Lau- Tatsächlich hatten wir in den letzten Jahren viele Prakti- ra Reichwald haben wir gleich zwei neue Projekte in Arbeit. kanten oder Volontäre im Bereich Produktion. Wie Franziska Eins ist noch geheim, das andere heißt „Nachts träume ich vom Weser, die jetzt mit Heartucate ein eigenes Start-up in Leipzig Ordnen“ und wird in einem kleinen Dorf in der Altmark ent- gegründet hat. Oder Britta Senn, die anschließend lange bei stehen. Auch bei diesen Filmen werden wir wieder jede Menge DOK Leipzig aktiv war. Aktuell arbeiten mit Valeska Rediger Personal aus der Region einsetzen. So wird beispielsweise bei und Eva Hahn zwei Nachwuchsproducerinnen bei uns. Beide „Feuerjahre“ Markus Kloth aus Leipzig die Kamera überneh- haben zunächst ein Praktikum absolviert, bevor wir sie Ende men, der schon Annes letzten Film „Myselfie“ bebildert hatte. 11
Szene ehemalige Stasizentrale in Halle (Saale) rechts: „Kissing Data Symphony”, Der Zukunft zugewandt: „Vibrations Prototype” Werkleitz Festival „Move to …“ Soziale, ökologische und technologische Tendenzen, betrachtet mit den Mitteln von Kunst und Wissenschaft, standen von Mitte Juni bis Anfang Juli auf der Agenda des diesjährigen Werkleitz-Festivals „Move to …“. Der hybriden Veranstaltung mit Vorträgen, Gesprächsrunden, Performances und künstlerischen Arbeiten der European Media Art Platform (EMAP) folgt im September eine Online-Ausstellung im Rahmen der Ars Electronica. Die allgegenwärtige Corona-Pandemie, polarisierende Wahl- 20. Juni) legte den Fokus auf soziale, politische und ökonomi- kämpfe und der bedrohlich über allem schwebende Klima- sche Herausforderungen, in der „ecosphere“ (25. bis 27. Juni) wandel haben die Brüche in der Gesellschaft in letzter Zeit wurde der Einfluss des Menschen und der fortschreitenden deutlich wie nie hervortreten lassen. Kultur- und Informati- Digitalisierung auf unser Ökosystem analysiert. Die „bodyda- onskämpfe im Internet und überwachungsähnliche Praktiken tasphere“ (2. bis 4. Juli) widmete sich der Tatsache, dass Kör- von Technologie-Konzernen gehören ebenso längst zum All- per und Sinneseindrücke zunehmend in technologische Um- tag wie ein auf scheinbar endloses Wachstum ausgerichtetes gebungen eingebunden und viele Aspekte des menschlichen Wirtschaftssystem. Zu den dringlichsten Herausforderungen Lebens immer häufiger in computerbasierte Daten verwan- in einer globalisierten und digitalisierten Lebenswelt forsch- delt werden. Nachdem das Werkleitz-Festival schon im Vor- ten in den letzten vier Jahren Künstler und Kollektive im Kon- jahr teilweise im Netz stattgefunden hatte, entschied man sich text der European Media Art Platform, kurz EMAP, an der elf auch dieses Jahr für eine hybride Variante: Das gesamte Kon- Institutionen aus ganz Europa beteiligt sind. Hauptorganisator ferenzprogramm wurde live aus der ehemaligen Stasizentrale der EMAP ist die Werkleitz Gesellschaft in Halle (Saale). „Die in Halle (Saale) gestreamt. In dem heute leerstehenden, sehr Plattform hat sich aus dem Stipendienprogramm EMARE ent- weitläufigen Gebäude am Gimritzer Damm wurden an allen wickelt, das wir 1995 initiiert hatten“, sagt Festivalleiter Peter drei Wochenenden auch ausgewählte EMAP-Arbeiten ausge- Zorn. „Daraus ist eines der ältesten Medienkunstprogramme stellt. Sie konnten jeden Tag für einige Stunden von einer be- der Welt geworden, dessen Bandbreite von Filmen und Vi- grenzten Anzahl registrierter Personen begutachtet werden. deoinstallationen über Virtual Reality bis hin zu Bioart reicht. „Zusätzlich haben wir die Arbeiten von mitteldeutschen Pro- Die Symbiose von Kunst und Wissenschaft, also die künst- duktionsteams abfilmen lassen, sodass wir sie auch auf un- lerische Forschung, die nützliche Impulse für unser künfti- serer Webseite präsentieren konnten. Das Setting glich also ges Leben liefern soll, steht bei der EMAP im Vordergrund.“ mehr einer Studiosituation als einer Ausstellung“, resümiert Von den insgesamt 44 Arbeiten, die bislang bei der EMAP Peter Zorn. Die Wahl der Location hatte dabei nicht nur prag- entstanden sind, leitete das Werkleitz Festival 2021 seine in- matische Gründe, fügt er hinzu: „Nach der Wende hatte in der haltliche Ausrichtung ab. Ein umfangreiches Konferenz- und Stasizentrale unter anderem das Finanzamt Halle seinen Sitz. Diskursprogramm namens „new world dis/order“ führte an Es gab somit konkrete Bezüge zu Themen des Festivals wie drei Wochenenden mit Vorträgen, Diskussionsrunden sowie Finanzpolitik und Überwachung, die im digitalen Zeitalter künstlerischen Performances und EMAP-Exponaten durch eine Dimension angenommen hat, von der die Stasi seinerzeit drei Themenwelten: Das Programm der „sociosphere“ (18. bis nur träumen konnte.“ 12
Programmhöhepunkte gab es reichlich: So entführte „The Bei der Eröffnungsveranstaltung am 18. Juni wurde in Great Offshore“, eine Arbeit des französischen Künstlerkol- Kooperation mit dem SILBERSALZ Science & Media Festival, lektivs rybn.org, seine Betrachter anhand von Dokumenten, das Mitte September zum vierten Mal in Halle (Saale) stattfin- Fotos und anderen Objekten in einige der weltweit bedeu- det, die Installations-Performance „Vibrations Prototype“ des tendsten Steueroasen. Teil des Filmprogramms auf der Festi- Dresdners Moritz Simon Geist vorgestellt, bei der robotische val-Webseite waren zwei Teile der Videoserie „Bottled Songs Antriebselemente mit Aluminiumstäben elektronische Mu- of Lost Children“ von Kevin D. Lee und Chloé Galibert-Laîné, sik erzeugen. Gesteuert werden sie via Computer durch einen die sich mit Begehren, Macht und Terrorismus in Online-Me- KI-basierten Kompositionsalgorithmus. Bei der Performance dien und sozialen Netzwerken beschäftigt. James Bridle, Autor „Empathy Swarm – Telehabitats“ von Katrin Hochschuh und des Buches „New Dark Age. Der Sieg der Technologie und das Adam Donovan konnten interessierte Personen über das Inter- Ende der Zukunft“ untersuchte in seiner Keynote die Potenzi- net einen Schwarm aus 50 Robotern steuern, die auf Emotio- ale maschineller Intelligenz sowie die ökologischen Auswir- nen reagieren und dadurch im Gegenzug auch beim Menschen kungen von Technologie. Dabei warf er auch die Frage auf, wie wieder Reaktionen auslösen. Der Optimierungslogik großer wir unsere Beziehungen zu anderen Lebewesen im Dienste ei- Konzerne hinsichtlich des Einsatzes von Künstlicher Intelli- ner sozial gerechteren und das Überleben sichernden Zukunft genz setzt das Projekt einen auf Empathie und Mitgefühl be- neu gestalten können. Phoebe V. Moore von der Universität ruhenden Umgang zwischen Mensch und Maschine entgegen. Leicester sprach über die Folgen des zunehmenden Einsatzes Ein weiteres Highlight war die „Kissing Data Symphony“ von von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt. Die Philoso- Karen Lancel und Hermen Maat, die als partizipative Perfor- phin Anna-Verena Nosthoff und der Kultur- und Wirtschafts- mance die Hirnströme zweier sich küssender Personen mit am wissenschaftler Felix Maschewski richteten ihren Blick auf die Kopf angebrachten EEG-Sensoren misst. Die so entstehenden immer beliebter werdenden Wearables wie Fitnesstracker oder Wellen wurden als farbiges Bild auf den Boden des Raums pro- Smartwatches, mit denen Technologiekonzerne Körperdaten jiziert und zudem in Töne umgewandelt. „In Zeiten von Social für das neu entdeckte Geschäftsfeld Gesundheit erfassen und Distancing war das ein echter Hoffnungsmacher“, findet Zorn. auswerten. Zu sehen war in Halle (Saale) auch „FANGo“, ein „Wir haben aber darauf geachtet, dass die Teilnehmer nach subversives Tool des Spaniers Martin Nadal zum Schutz der Möglichkeit aus dem gleichen Haushalt stammten.“ Privatsphäre im Internet. Es sieht aus wie ein Ladegerät für Rund die Hälfte der 44 EMAP-Arbeiten waren – verteilt Mobiltelefone, stört nach dem Einstöpseln durch das Senden über die drei Wochenenden – in und von Halle (Saale) aus zu falscher oder zufälliger Signale aber gezielt die systematische sehen. In ihrer Gesamtheit werden sie dann vom 8. bis 12. Datenerfassung großer Suchmaschinen und Online-Plattfor- September bei der virtuellen Ausstellung EMAP Garden im men. Die vier Versalien seines Namens sind ein Akronym für Rahmen der Ars Electronica präsentiert. Das weltweit ältes- Facebook, Amazon, Netflix und Google. „Quasi alles, was wir te Festival für elektronische Künste, das sonst im Schnitt gut im Netz tun, wird von globalen Wirtschaftsunternehmen 100.000 Besucher ins österreichische Linz zieht und eben- in Datenform abgefasst. Daraus ergeben sich verschiedene falls Mitglied der EMAP ist, setzt 2021 auf ein umfangreiches mögliche Szenarien, zum Beispiel eine Digitaldiktatur wie in Online-Programm. „Wir werden da einen sehr prominenten China, wo der Staat seine Bürger über die Medien auf Schritt Platz bekommen“, freut sich Peter Zorn. „Sämtliche Arbeiten und Tritt überwachen kann. Wahrscheinlicher für uns hier- werden als dokumentarische Kurzfilme vorgestellt. Hinzu zulande ist aber die Dystopie eines Plattformkapitalismus à la kommen begleitende Dokumentationen, die die gezeigten Silicon Valley, bei dem wir alle nur noch zum Wohle einiger Arbeiten erläutern, sowie filmische Beiträge zu unseren drei weniger Konzerne agieren und am Ende des Tages alles über Sphären, für die das vorhandene Material noch mal in alter- KI und Algorithmen gesteuert wird“, befürchtet Peter Zorn. nativer Form aufbereitet wird.“ 13
In Produktion Sinnliche Zeitreise: „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ Für ihren neuen Kinofilm greift Aelrun Goette ein schillerndes, weitgehend vergessenes Kapitel DDR-Geschichte auf: „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ (AT) taucht in die Modeszene des ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaates ein. 18 Drehtage der Produktion von Ziegler Film fanden ab Mitte April in Altenburg, Gera und Zwickau statt. „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ spielt im Frühsommer damals selbst erlebt. Gerade Ende der Achtziger gab es eine 1989 in Ost-Berlin: Protagonistin ist die 17-jährige Susanne, sehr solidarische und visionäre Kreativszene. Viele der Fo- genannt Suzie, die kurz vorm Abi von der Schule fliegt und tografen, die damals für die „Sibylle“ tätig waren, sind noch im Kabelwerk Oberspree eine Lehre zur Zerspanungsfachar- heute sehr erfolgreich“, sagt Susa Kusche. beiterin beginnen muss. Als ein Foto von ihr in der populä- Für „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ scheuten ren DDR-Modezeitschrift „Sibylle“ erscheint, macht sie rasch Goette und ihr Team keine Mühen, um die Modewelt der als Model Karriere. Dadurch lernt sie auch den extravagan- DDR stilecht wieder aufleben zu lassen – auf der einen Seite ten Rudi und seine Freunde kennen, die mit großer Fantasie die elegante Luxusmarke „Exquisit“, hergestellt vom gleich- Underground-Mode entwerfen. Im rebellischen Fotografen namigen VHB, auf der anderen Seite die Kreationen aus dem Coyote, der mit einem Berufsverbot belegt wurde, findet sie Untergrund, wo selbst aus Duschvorhängen extravagante ihre erste große Liebe. Doch eines Tages muss sich Suzie ent- Kleider hergestellt wurden. scheiden, welchen Preis sie für die Lebenslust zu zahlen bereit „Es ist ein glücklicher Zufall, dass die Mode der späten ist – und wo sie ihre Freiheit findet. Achtziger und frühen Neunziger gerade wieder angesagt ist. „Ich möchte einen Film machen, in dem die DDR nicht Wir haben viel in Second-Hand-Läden und diversen Fun- nur ein Ort des Schreckens und der Diktatur ist. Die Welt, die dus gefunden. Unsere Kostümbildnerin Regina Tiedeken ich erzähle, beschreibt eine Zeit kurz vor dem Fall der Mauer, hat wirklich einen super Job gemacht, obwohl sie viel online in der eine ganz besondere Art von Abenteuer, Leidenschaft erledigen musste, was die ganze Sache sehr erschwert hat. und Sinnlichkeit in der Luft lag“, sagt Regisseurin und Dreh- Schließlich möchte man Kleidung normalerweise in den Hän- buchautorin Aelrun Goette. Über einen Zeitraum von fast 14 den halten“, erzählt Tanja Ziegler. Auch Originalstücke von Jahren arbeitete sie an der Geschichte, in die sie auch viele damaligen Modenschauen und Exquisit-Kollektionen fanden eigene Erfahrungen einfließen ließ. Wie ihre Hauptfigur beim Dreh Verwendung. Daneben kooperierte man mit ei- musste sie in der DDR die Schule verlassen und jobbte danach ner Modeklasse der Hochschule für Technik und Wirtschaft als Model. Nach der Wende holte sie ihr Abitur nach, studier- Berlin unter der Leitung von Professorin und Ex-Ost-Model te zunächst Philosophie und danach Regie an der Filmhoch- Grit Seymour, die Entwürfe für die Underground-Mode bei- schule Potsdam-Babelsberg. Zu ihren Kommilitoninnen ge- steuerte. hörten auch Tanja Ziegler und Susa Kusche von Ziegler Film. Um die Hauptrolle der Suzie zu besetzen, wurden über „Viele Dinge, die Aelrun im Film schildert, habe ich im Osten Monate hinweg fast 400 Mädchen gecastet. Am Ende fiel die 14
Entscheidung auf Marlene Burow. „Sie bringt eine große Na- Drahtseilwerk Zwickau wird im Film zum Kabelwerk Ober- türlichkeit mit und wirkt so, als ob sie noch nie etwas von spree. In Gera erweckte das Team im ehemaligen Kaufhaus Social Media gehört hat. Man nimmt ihr ab, dass sie aus der Tietz die Bürowelt des VHB Exquisit zum Leben, im Kultur- Zeit des Films kommt“, findet Susa Kusche. An ihrer Sei- und Kongresszentrum wurden Szenen gefilmt, die auf der te spielen unter anderem David Schütter als Coyote, Sabin Messe Leipzig spielen, wo bei einer Modenschau eine neue Tambrea als Rudi, Claudia Michelsen als Dr. Elsa Wilbrodt, Exquisit-Kollektion vorgeführt wird. Weitere Dreharbeiten Chefkoordinatorin des VHB Exquisit, und Jördis Triebel als fanden in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern statt, ein Gisela, eine Arbeitskollegin von Suzie im Kabelwerk Ober- finaler Dreh in Los Angeles ist für November geplant. Dort spree. Am 13. April fiel im thüringischen Altenburg die erste will Aelrun Goette eine in der Nachwendezeit angesiedelte Klappe für das Projekt – fast ein Jahr nach dem ursprünglich Rahmenhandlung inszenieren. „Die USA sind bis heute für anvisierten Drehbeginn. Obwohl zu diesem Zeitpunkt die viele ein Synonym für Freiheit, deshalb wollte ich Suzies Frei- dritte Corona-Welle in vollem Gange war, konnte der Dreh heitstraum in einem Land, das es nicht mehr gibt, dazu ins nicht länger aufgeschoben werden. „Doch in der Zwischenzeit Verhältnis setzen“, sagt sie. Im Rahmen der Postproduktion haben wir gelernt, mit der Pandemie zu leben. Vor einem Jahr kommt der Film dann noch einmal nach Mitteldeutschland. wären alle viel unsicherer und unerfahrener im Umgang mit So wird beispielsweise der Leipziger Kai Tebbel das gesamte Corona gewesen. Deswegen war die Verschiebung eine kluge Sounddesign übernehmen. Spätestens Anfang 2022 soll der Entscheidung“, resümiert Goette – und Tanja Ziegler ergänzt: Film dann fertig sein. „Wir würden uns mit ihm nämlich gern „Außerdem gab es 2020 keinen Ausfallfonds. Das Risiko hätte für die Berlinale bewerben“, so Tanja Ziegler. ich als Produzentin nicht alleine tragen können.“ Für insgesamt 18 Drehtage kamen Cast und Crew im Ap- FACTS: Drehbuch/Regie: Aelrun Goette – Darsteller: Marlene Burow, David Schütter, Sabin Tambrea, ril und Mai nach Thüringen und Sachsen. Im historischen Claudia Michelsen, Jördis Triebel, Peter Schneider – Produktion: Ziegler Film in Koproduktion mit Tobis Marstall Altenburg entstanden alle Szenen in Rudis Atelier- Film, Babelsberg Film, Gretchenfilm sowie RBB, ARD Degeto, WDR, Arte, MDR und SWR – Förderung: wohnung, zudem fand das Team in der Stadt passende Motive MDM, Medienboard Berlin-Brandenburg, MFG Baden-Württemberg, BKM, DFFF – Verleih: Tobis – für Coyotes Wohnung und diverse Ost-Berliner Straßen. Das Kinostart: 2022 Ein immergrünes Abenteuer: „Der Räuber Hotzenplotz“ Sachsen-Anhalt war im Mai und Juni Kulisse für hochkarätiges Family Entertainment. Regisseur Michael Krummenacher („Preis der Freiheit“) und sein Team zog es für die Verfilmung des Kinderbuch-Klassikers „Der Räuber Hotzenplotz“ unter anderem in den Harz. Für die federführende Claussen + Putz Filmproduktion ist das archaische, zeitlose Erzählmuster aufweisen. Gleichzeitig hat Projekt nach „Krabat“ (2008), „Das kleine Gespenst“ (2013) und seine Familie immer darauf geachtet, dass alle Preußler-Stoffe „Die kleine Hexe“ (2017) bereits die vierte Otfried-Preußler- als Marken liebevoll gepflegt werden und kein Ausverkauf mit Adaption. Alle drei Vorgänger lockten mehr als eine Million ihnen stattfindet. Wir versuchen, unsere Interpretationen an- Zuschauer in die deutschen Kinos. Mit „Der Räuber Hotzen- gemessen hochwertig umzusetzen“, sagt Produzentin Uli Putz. plotz“ nimmt sich das Münchner Unternehmen nun der viel- Das Drehbuch von Matthias Pacht („Die kleine Hexe“) leicht bekanntesten Figur des 2013 verstorbenen Kinderbuch- kombiniert Elemente aller vier Hotzenplotz-Bände. Der junge autors an, dessen Werke in mehr als 50 Sprachen übersetzt Kasperl und sein Freund Seppel, die eigentlich mit den Start- wurden. „Preußlers Geschichten sind eine ideale Basis, weil sie vorbereitungen ihrer selbstgebauten Mondrakete beschäftigt 15
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