Neuroimaging in der Psychiatrie - Kalus P, Knobel A, Heinz A www.kup.at/ - Krause und Pachernegg
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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Neuroimaging in der Psychiatrie Homepage: Kalus P, Knobel A, Heinz A www.kup.at/ Journal für Neurologie JNeurolNeurochirPsychiatr Neurochirurgie und Psychiatrie Online-Datenbank mit Autoren- 2007; 8 (1), 21-34 und Stichwortsuche Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
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Neuroimaging in der Psychiatrie P. Kalus, A. Knobel, A. Heinz Die Einführung moderner Neuroimaging-Methoden in die psychiatrische Forschung hat in den vergangenen Jahren zu einem enormen Wissenszu- wachs über die Neurobiologie psychischer Erkrankungen geführt. Richtungsweisende Befunde konnten hier insbesondere durch die Anwendung neuer struktureller magnetresonanztomographischer Verfahren, der funktionellen Kernspintomographie, PET- und SPECT-Studien sowie elektroenzephalo- graphischer Untersuchungen gewonnen werden. Der vorliegende Review stellt die für die Psychiatrie wichtigsten bildgebenden Verfahren und einige mit ihrer Hilfe erzielte wesentliche Befunde im Überblick dar. Die derzeit rasch voranschreitende Aufklärung der pathogenetischen Grundlagen komplexer psychiatrischer Störungen wie der Schizophrenie, der affektiven Erkrankungen, der dementiellen Störungen und der Suchterkrankungen legt nahe, daß aus der systematischen Durchführung multimodaler Bildgebungsstudien in naher Zukunft wesentliche, klinisch relevante Erkenntnisse für Diagnostik, Therapie und Prognose dieser Erkrankungen resultieren werden. Schlüsselwörter: Neuroimaging, Psychiatrie, Schizophrenie, affektive Störungen, Alzheimer-Demenz, Suchterkrankungen Neuroimaging in Psychiatry. In recent years, the introduction of modern neuroimaging methods has stimulated an impressive increase in knowledge about the neurobiological basis of psychiatric disorders. Trend-setting results could be achieved especially by the application of new structural magnetic resonance tomographic techniques, functional magnetic resonance tomography, PET and SPECT studies and electroencephalographic methods. The present review discusses the most important neuroimaging methods for psychiatric research and describes some of the most influential results obtained with these techniques. The rapid increase in knowledge about the pathogenetical foundations of complex psychiatric disorders like schizophrenia, affective disorders, neurodegenerative dementia, and substance-related disorders suggests that, in the near future, systematic perform- ance of multimodal neuroimaging studies will result in further fundamental, clinically relevant insights that are important for the diagnostics, therapy, and prognosis of these diseases. J Neurol Neurochir Psychiatr 2007; 8 (1): 21–34. Key words: neuroimaging, psychiatry, schizophrenia, affective disorders, Alzheimer’s disease, substance-related disorders A ngesichts der mittlerweile weitgehend unbestrittenen Annahme, daß viele psychiatrische Störungen Krank- heiten des Gehirns mit strukturellen und funktionellen psychiatrischen Krankheitsbildern. Auch wenn der Groß- teil dieser Methoden noch keinen Eingang in die psych- iatrische Routinediagnostik gefunden hat, hat ihr Einsatz in Veränderungen darstellen, haben bildgebende Methoden der Grundlagenforschung der vergangenen Jahre doch zu in den vergangenen Jahren eine zentrale Position in der einem beeindruckenden Erkenntniszuwachs über die psychiatrischen Forschung gewonnen. Im Gegensatz zu zerebrale Physiologie und Pathophysiologie geführt. den meisten anderen Disziplinen der Medizin ist die Psychiatrie bei der Diagnostik ihrer Erkrankungen noch Der vorliegende Review gibt eine Übersicht über die für immer überwiegend auf die klinische Beobachtung des die aktuelle psychiatrische Forschung bedeutsamen Bild- Patienten angewiesen, während apparative Untersu- gebungsmethoden und stellt einige wesentliche aktuelle chungsmethoden, welche neben einer objektiven Diagno- Befunde zu den wichtigsten psychiatrischen Krankheitsbil- se auch Aussagen über sinnvolle therapeutische Optionen dern vor. und Verlaufsprognosen ermöglichen, noch weitgehend fehlen. Hier bestehen zu Recht große Hoffnungen, daß Methoden sich in nächster Zeit moderne Neuroimaging-Verfahren als diagnostische Standardtechniken etablieren werden. Zum MRI-Morphometrie anderen können bildgebende Methoden erheblich zur Morphometrische Methoden erlauben Aussagen über die Aufklärung der pathophysiologischen Grundlagen psychi- Volumina des Gehirns und seiner Anteile. Die Anwendung atrischer Erkrankungen, über die bislang noch relativ we- schneller Gradienten-Echo-Techniken (z. B. MPRAGE) in nig bekannt ist, beitragen. der MR-Bildgebung erlaubt bei klinisch vertretbaren Meß- Der Bedeutungszuwachs, den die Neuroimaging-Metho- zeiten die dreidimensionale Darstellung des gesamten den für die Psychiatrie in der jüngsten Vergangenheit er- Gehirns mit einer einzigen Sequenz bei Auflösungen von lebt haben, ist nicht zuletzt auch auf die eindrucksvollen unter 1 mm3 und exzellentem Kontrastverhalten des Hirn- methodologischen Verbesserungen bereits eingeführter gewebes. Die resultierenden Datensätze bestehen aus Technologien (z. B. Steigerung des Auflösungsvermögens Voxeln eines dreidimensionalen Koordinatensystems mit und massive Verkürzung der Meßzeiten bei der Magnetre- verschiedenen Grauwerten und können mit Hilfe elabo- sonanztomographie [MRI]), die Verfügbarkeit neuer Bild- rierter Softwarepakete morphometrisch ausgewertet wer- gebungsmodalitäten für den klinischen Gebrauch (z. B. den. Dabei kommen heute verschiedene Verfahren zur Einführung neuer struktureller MRI-Techniken wie Diffu- Anwendung: sion Tensor Imaging [DTI] und Magnetisierungstransfer Bei den ROI- („Region-of-Interest“-) basierten Techniken [MTI]) und den rasanten Fortschritt bei der Entwicklung wird eine a priori definierte Region (ROI) entweder manu- der Auswertungssoftware für die gewonnenen Daten (z. B. ell oder semiautomatisch gegen das umliegende Hirnge- Quellenanalyse im EEG, voxelbasierte Morphometrie) zu- webe abgegrenzt. In der Folge läßt sich das Volumen der rückzuführen. Mittlerweile erlaubt eine ganze Reihe von ROI bestimmen oder ihre geometrische Form und topogra- Neuroimaging-Methoden die differenzierte Analyse zahl- phische Lage im Gehirn analysieren. Mittlerweile wurden reicher verschiedenartiger Aspekte der Hirnstruktur und für zahlreiche psychiatrisch relevante Hirnregionen ROI- -funktion sowie ihrer pathologischen Alterationen bei Tracing-Protokolle entwickelt, welche teilweise bereits anatomisch recht genaue Abgrenzungen kleiner definier- Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité – Univer- ter Hirnareale erlauben [1]. Ein wesentlicher Nachteil der sitätsmedizin Berlin, Campus Mitte Korrespondenzadresse: Dr. med. Peter Kalus, Psychiatrische Universi- ROI-basierten Techniken besteht in der Abhängigkeit der tätsklinik Charité im SHK, D-10559 Berlin, Turmstraße 21; Befunde von den neuroanatomischen Kenntnissen des Un- E-Mail: peter.kalus@charite.de tersuchers und der Güte der verwendeten Tracing-Proto- J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007 21 For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
kolle, weswegen hier besonders großer Wert auf die Relia- zur Evaluation der spezifischen Aktivierung von Hirn- bilität des methodologischen Vorgehens gelegt werden arealen bei bestimmten Aufgabenstellungen (Paradigmen) muß (Ermittlung der Intra- und Interrater-Korrelationen, eingesetzt werden [4]. Einsatz von histologiebasierten Hirnkarten etc.). Aktuelle methodische Weiterentwicklungen streben etwa durch die Durch den Einsatz der fMRI konnte in den letzten Jahren Verwendung von stereotaktisch normalisierten Referenz- gezeigt werden, daß neben lokalisatorisch bereits bekann- gehirnen („atlasbasierte Morphometrie“), welche zusätz- ten „neurologischen“ Hirnfunktionen auch zahlreiche „psy- lich in kleine, anatomisch definierte Würfel unterteilt wer- chische“ Vorgänge des Menschen, wie z. B. das Empfinden den können („Parzellierung“), oder „Wahrscheinlichkeits- von Emotionen, mit der Aktivierung definierter Hirnareale karten“ für die Zugehörigkeit eines bestimmten Voxels zu einhergehen, wodurch sich die besondere Bedeutung dieser einer definierten Hirnregion eine stärkere Automatisierung Methode für die psychiatrische Forschung erklärt. und damit höhere Objektivität der ROI-basierten Ergeb- Magnetresonanzspektroskopie (MRS) nisse an. Die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) erlaubt eine Ein wesentlicher Unterschied der voxelbasierten Morpho- nicht-invasive Messung der lokalen Konzentrationen ver- metrie (VBM) zu den ROI-basierten Verfahren besteht in schiedener zerebraler Metaboliten. Bei der Single-Voxel- dem hypothesenfreien Herangehen an das Datenmaterial MRS wird ein definiertes Gewebsvolumen durch Hochfre- ohne eine vorherige manuelle Segmentierung konkreter quenz- (HF-) Pulse selektiv angeregt. Über die spektrale Hirnareale. Grundsätzlich erfolgt bei der VBM nach einer Zusammensetzung des resultierenden Signals können Normalisierung aller Gehirne auf einen anatomischen dann Rückschlüsse auf die biochemische Zusammenset- Standardraum und einer Segmentierung der verschiede- zung des Gewebes im Zielbereich gezogen werden. Mit nen Kompartimente des Gehirns (graue Substanz, weiße der Protonen-MRS, dem in den meisten Studien ange- Substanz, Liquorraum) ein voxelweiser statistischer Grup- wandten Verfahren, können unter anderem die Konzentra- penvergleich der normalisierten Gehirne unter Anwen- tionen von N-Acetyl-Aspartat (NAA), einem Marker der dung von multipler Regression. Während mit VBM ur- neuronalen Funktion, Cholin, einem Marker für die Intakt- sprünglich vor allem Aussagen über die Dichte der ver- heit von Zellmembranen und Myelin, Kreatin und Phos- schiedenen Hirnkompartimente gemacht wurden, können phokreatin, wichtigen Substanzen im neuronalen Energie- nunmehr auch lokale Volumenalterationen detektiert wer- stoffwechsel, Glutamat, der bedeutendsten exzitatorischen den. Als Ergebnis resultiert eine statistische parametrische Aminosäure, und Laktat, einer Markersubstanz für zere- Karte, aus der eventuell vorhandene Gruppenunterschiede brale Hypoxie und Ischämie, gemessen werden. Eine wei- mit ihrer statistischen Signifikanz direkt abgelesen werden tere wichtige MRS-Technik neben der Single-Voxel-MRS können [2]. ist das Chemical Shift Imaging (CSI), bei dem nicht nur Resonanzspektren in einzelnen Voxeln gemessen werden Eine dritte Gruppe von Techniken sind die konturbasierten können, sondern eine Voxelmatrix über eine den gesamten Verfahren, bei denen eine initial subjektiv vorgegebene Hirnquerschnitt umfassende Schicht gelegt wird, wodurch Kontur durch eine geeignete Verformung iterativ an die eine anatomische Kartierung der Metabolitenverteilung Grenzen einer anatomischen Region, die meist durch möglich wird [5]. Hell-Dunkel-Kontraste bestimmt werden, angepaßt wird (Prinzip der „aktiven Konturen“; [1]). Diffusion Tensor Imaging (DTI) Beim Diffusion Tensor Imaging (DTI) wird mittels diffu- Systematische Vergleichsuntersuchungen der verschie- sionsgewichteter Pulssequenzen die Sensitivität des MR- denen morphometrischen Verfahren stehen derzeit noch Signals für die Bewegungen der in Wassermolekülen ent- aus. Limitierender Faktor morphometrischer Verfahren ist haltenen Protonen zur Bildgebung verwendet [6]. Die der grundsätzlich das begrenzte Kontrastverhalten des Hirn- freien Diffusion unterliegenden Wassermoleküle bewegen gewebes in den klassischen strukturellen MRI-Sequenzen sich gemäß dem Prinzip der Brown’schen Molekularbewe- (T1-, T2- und Protonen-Wichtung), wodurch die für eine gung in allen Richtungen des Raumes gleichmäßig fort exakte Parzellierung der Hirnrinde und des subkortikalen (Isotropie), während sich an Orten mit eingeschränkter oder Graus erforderlichen zytoarchitektonischen Differenzen gestörter Diffusibilität (z. B. entlang von Zellmembranen nicht hinreichend genau wiedergegeben werden. oder im Bereich von ischämiegeschädigtem Hirngewebe) von der isotropen Molekularbewegung abweichende Dif- Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) fusionsgradienten zeigen (Anisotropie). Zur Beschreibung Das Prinzip der fMRI basiert auf Messungen der Hämoglo- und Quantifizierung der anisotropen Protonenbewegung bin-Oxygenierung während der lokalen Blutpassage durch wird das mathematische Modell eines Tensors gewählt [6]. einzelne Hirnareale [3]. Während der Zunahme neurona- Die DTI-Methodik wurde klinisch bislang vor allem zur ler Aktivität kommt es im Gehirn zunächst zu einer kurz- Erforschung und Diagnostik von Erkrankungen im Bereich zeitig vermehrten lokalen Sauerstoffausschöpfung in den der weißen Substanz eingesetzt, da insbesondere entlang Kapillaren mit einem Abfall der relativen Konzentration gebündelter axonaler Fasersysteme hohe Anisotropiewerte von oxygeniertem Hämoglobin. Im weiteren Verlauf zeigt gemessen werden können, die unter pathologischen Bedin- sich dann eine länger anhaltende Verstärkung der lokalen gungen in charakteristischer Weise verändert sein können. Durchblutung mit Zunahme des lokalen Blutflusses und Blutvolumens, die die vermehrte Desoxygenierung aus- Magnetisierungstransfer (MTI) gleicht und zu einer anschließenden Überversorgung mit Der Magnetisierungstransfer (MTI) ist eine weitere struktu- Oxy-Hämoglobin führt („hämodynamische Reaktion“). relle MRI-Methode, bei der das physiko-chemische Phä- Desoxygeniertes Hämoglobin führt in T2-gewichteten nomen des Magnetisierungsaustauschs zwischen in Ma- MRI-Sequenzen zu meßbaren Inhomogenitäten des stati- kromolekülen (z. B. Zellmembranen und Proteinmatrizes) schen Magnetfeldes, die durch die sekundäre Abnahme gebundenen Protonen („gebundener Protonenpool“) und des relativen Anteils an Desoxy-Hämoglobin wieder redu- den Protonen des freien Wassers in deren Umgebung ziert werden. Dieses auch als BOLD- („Blood Oxygen („freier Protonenpool“) zur Bildgebung genutzt wird [7]. In Level Dependent“-) Effekt bezeichnete Phänomen kann der klinischen Anwendung des MTI werden die Relaxa- 22 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007
tionseigenschaften und die Größe des gebundenen Pro- nerseits eine Quantifizierung der verschiedenen beobach- tonenpools sowie die Rate des Magnetisierungsaustauschs teten Wellenformen, andererseits eine möglichst genaue mit dem freien Protonenpool üblicherweise durch den Lokalisierung der abgeleiteten elektrischen Hirnaktivität semiquantitativen Parameter der Magnetisierungstransfer- sind (z. B. LORETA-Methode [17]). Ratio (MTR) ausgedrückt. Experimentelle Studien ergaben, daß die MT-Bildgebung mikrostrukturelle Daten über die Evozierte Potentiale (EP) Gewebszusammensetzung liefern kann, die über die aus Wie die EEG-Wellen sind evozierte Potentiale (EP) zwar klassischer T1- und T2-gewichteter Bildgebung erziel- auch Ausdruck der elektrischen Entladungen zerebraler baren Informationen weit hinausgehen [8, 9]. Erste klini- Neurone, jedoch wird hier nicht die Spontanaktivität des sche Studien ergaben Alterationen der MTR bei Patienten Gehirns, sondern dessen elektrische Reaktion auf definier- mit verschiedenen neurologischen Krankheitsbildern wie te Stimuli gemessen. Während ursprünglich die durch ein- Morbus Parkinson, Multipler Sklerose oder Hirntumoren fache Sinnesreize einer definierten Modalität (z. B. visuell [10–12]. oder akustisch) ausgelösten EP untersucht wurden („exo- gene Potentiale“), haben in der psychiatrischen Forschung Positronenemissionstomographie (PET) vor allem mit einer komplexen kognitiven Verarbeitung Die Positronenemissionstomographie (PET) ist ein nuklear- gekoppelte Reizparadigmen und die dadurch ausgelösten medizinisches Untersuchungsverfahren, bei dem der radio- sogenannten „endogenen“ EP-Komponenten große Be- aktive Zerfall von positronenemittierenden Radionukliden deutung erlangt. Die endogenen EP werden im Vergleich wie dem Fluor-Isotop 18F, dem Kohlenstoff-Isotop 11C oder zu den exogenen EP weniger durch die physikalischen dem Sauerstoff-Isotop 15O zur Bildgebung verwendet wird. Reizeigenschaften als vielmehr von den durch den jeweili- Dazu wird im PET-Scanner mit Hilfe eines Ringdetektor- gen Stimulus ausgelösten kognitiven Prozessen beeinflußt systems die örtliche, zeitliche und quantitative Verteilung und treten daher zeitlich deutlich später als die exogenen der emittierten Quanten analysiert. Je nach eingesetztem EP auf. Die bekanntesten endogenen EP-Komponenten Radionuklid können mit der PET mit einem räumlichen sind die P300-Welle, die mit neuropsychologischen Phä- Auflösungsvermögen von bis zu 3 mm verschiedene Stoff- nomenen wie der Aufmerksamkeit in Zusammenhang ge- wechselfunktionen des Gehirns, wie z. B. die Glukose- bracht wird, und der sogenannte N100-P200-Komplex, utilisation (z. B. mit 18F-Deoxyglukose), der Umsatz von dessen Lautstärkeabhängigkeit Korrelationen zum seroto- Neurotransmittern und deren Rezeptoren (z. B. mit 18F- nergen Neurotransmittersystem zeigt [18, 19]. DOPA zur Darstellung der Dopaminsynthese oder 11C-Flu- mazenil zur Darstellung der GABA- [Gamma-Aminobut- tersäure-] Rezeptoren) oder der zerebrale Blutfluß (z. B. Befunde zu verschiedenen Krankheitsbildern mit 15O-Wasser) bestimmt werden [13]. Schizophrenie Single-Photon-Emissionscomputertomographie (SPECT) Die Neuroimaging-Forschung zur Schizophrenie blickt Bei der Single-Photon-Emissionscomputertomographie auf eine lange Geschichte zurück. Bereits 1928 beschrie- (SPECT) wird die Verteilung intravenös applizierter radio- ben Jacobi und Winkler in einer ventrikulographischen aktiver Pharmaka mit einer um den Kopf des Probanden Untersuchung durch Luftfüllung des Hirnkammersystems rotierenden Gamma-Kamera gemessen. Neben der vor nachgewiesene auffällige Ventrikelerweiterungen bei schi- allem im Bereich der neurologischen Diagnostik relevan- zophrenen Patienten [20]. Mit der Einführung der nicht- ten Untersuchung der regionalen Hirndurchblutung und invasiven Verfahren der Computertomographie und vor al- der Liquorzirkulation sowie dem Nachweis von Hirnmeta- lem der Magnetresonanztomographie in die klinische Dia- stasen wird die SPECT in der psychiatrischen Forschung gnostik entstand rasch eine große Anzahl morphometri- vor allem zur Markierung von Neurotransmittersystemen scher Studien, die in ihrer Mehrheit Volumenreduktionen und synaptischen Transportermolekülen eingesetzt. So kön- des Gesamthirns schizophrener Patienten sowie einer gan- nen etwa mit dem Radiopharmakon 123IBZM Dopamin-D2- zen Reihe einzelner zerebraler Strukturen ergaben [21]. Rezeptoren oder mit 123I-Beta-CIT Dopamin- und Seroto- Obwohl trotz umfangreicher methodischer Fortschritte der nintransporter dargestellt werden. Das räumliche Auflö- morphometrischen Techniken nach wie vor kein Konsens sungsvermögen der SPECT ist mit dem der PET vergleich- über das Ausmaß und die genaue topographische Vertei- bar. Durch Kombination mit genetischen Untersuchungen lung der beobachteten Volumenminderungen besteht, kann der Einfluß genetischer Polymorphismen auf die mit kann heute zumindest die Existenz subtiler volumetrischer PET oder SPECT gemessene Verfügbarkeit von Neuro- Veränderungen in den Gehirnen schizophrener Patienten, rezeptoren oder Transportern gemessen werden [14, 15]. und zwar vorwiegend im Bereich der grauen Substanz, als weitgehend unbestritten angesehen werden. Die robuste- Elektroenzephalographie (EEG) sten Befunde stellen dabei Erweiterungen der Lateralven- Auch die Elektroenzephalographie (EEG) wird zu den trikel sowie Volumenreduktionen in temporalen Strukturen funktionellen Bildgebungsverfahren gezählt. Zur Entste- wie dem Gyrus temporalis superior, dem Hippokampus hung der an der Schädeloberfläche abgeleiteten EEG-Wel- und Gyrus parahippocampalis und der Amygdala dar. len wird heute angenommen, daß diese Summenpoten- Weniger konsistent wurden Volumenminderungen im tiale aus den lokalen postsynaptischen exzitatorischen und Bereich des Frontal- und Parietallappens sowie der Basal- inhibitorischen Potentialen einer großen Zahl von Neuro- ganglien, des Corpus callosum und des Thalamus nachge- nen im Einzugsbereich der Elektrode darstellen [16]. Wäh- wiesen. Die bislang vorliegenden Längsschnittuntersu- rend das räumliche Auflösungsvermögen des an der Schä- chungen mit Schizophrenen ergaben hinsichtlich der Fra- deloberfläche abgeleiteten EEG erheblich schlechter als das ge nach einer Progredienz der Volumenreduktionen wider- der meisten anderen Neuroimaging-Verfahren ist und elek- sprüchliche Ergebnisse. Nur wenige Studien konnten Kor- trodenferne Prozesse nur sehr eingeschränkt beurteilbar relationen zwischen klinischer Symptomatik und Volu- sind, liefert diese Technik eine exzellente zeitliche Auflö- menminderungen aufzeigen. So wurde beispielsweise sung der elektrischen Aktivität des Gehirns. Im Mittelpunkt eine signifikante Assoziation der Ausprägung akustischer moderner EEG-Auswertetechnologien stehen verschiedene Halluzinationen mit reduzierten Volumina des linken pri- quellen- und frequenzanalytische Ansätze, deren Ziele ei- mären akustischen Kortex sowie einzelner frontaler Regio- J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007 23
nen als möglicher Hinweis auf Störungen in den für die Anisotropieverminderungen im linken Zingulum oder das Sprachverarbeitung wichtigen temporofrontalen Funk- Ausmaß der Negativsymptomatik korreliert mit der Aniso- tionssystemen nachgewiesen [22]. Die Beurteilung eines tropie im frontalen Marklager [31, 32]. möglichen Kausalzusammenhangs zwischen Volumen- alterationen und schizophrener Erkrankung wird zusätz- Erste MTI-Untersuchungen ergaben alterierte Werte für die lich erschwert durch in letzter Zeit zunehmende Hinweise, semiquantitative Magnetisierungstransfer-Ratio (MTR) im daß regionale Hirnvolumina auch einer Reihe anderer temporalen Kortex [33], im präfrontalen Kortex und der Einflußfaktoren, wie etwa der medikamentösen Behand- Inselregion [34] sowie im parietookzipitalen Kortex schi- lung mit Neuroleptika (z. B. Volumenzunahme der Basal- zophrener Patienten, wobei letztere Veränderungen mit ganglien unter typischen Neuroleptika und Volumen- der Ausprägung der Negativsymptomatik korrelierten [35]. reduktion unter nachfolgender Clozapingabe [23]) oder Demgegenüber waren die MTR-Werte im Thalamus Schi- dem Nikotinkonsum, unterliegen. Wenn auch die mor- zophrener nicht verändert [36]. Auch verschiedene Berei- phometrische Schizophrenieforschung bislang eine große che der weißen Substanz zeigten MTR-Veränderungen in Anzahl noch offener Fragen hinsichtlich ihrer diagnosti- der Patientengruppe mit Schwerpunkten im Corpus callo- schen Wertigkeit und der pathophysiologischen Implika- sum, im Fornix, in der rechten Capsula interna und im tionen ihrer Befunde hinterlassen hat, so hat sie doch die oberen Fasciculus occipitofrontalis, während im anterio- Formulierung und kontroverse Diskussion von wichtigen ren Zingulum, in der linken inneren Kapsel und im Fasci- Hypothesen zur Pathogenese der Schizophrenie wesent- culus arcuatus keine MTR-Alterationen beobachtet wur- lich befruchtet: Die Entwicklungsstörungshypothese geht den [37]. Diese Befunde machen deutlich, daß die mit der davon aus, daß bereits frühzeitig, nämlich prä- und perina- MT-Bildgebung nachgewiesenen Veränderungen offenbar tal einwirkende Noxen zu Störungen der Gehirnentwick- kein unspezifisches Phänomen darstellen, sondern topo- lung führen, wodurch es dann später im Laufe des Lebens graphische Prädilektionen aufweisen, wobei die Natur der zur schizophrenen Erkrankung kommt. Demgegenüber zugrundeliegenden neuropathologischen Veränderungen postuliert die Neurodegenerationshypothese einen der letztlich noch ungeklärt ist. Mit Hilfe der sensibleren Schizophrenie zugrundeliegenden degenerativen, im quantitativen MTI- ([q]MTI; [quantitative] Magnetisie- Krankheitsverlauf progredienten Prozeß. Follow-up-Stu- rungstransfer-Imaging-) Technik konnte außerdem gezeigt dien ergaben in der Tat Hinweise auf progrediente Volu- werden, daß im Bereich der Amygdala Schizophrener bei menveränderungen, allerdings ohne die für degenerative nicht alterierter MTR verschiedene qMTI-Parameter in Prozesse typische Gliosebildung. Zusammenfassend muß ähnlicher Weise verändert sind, wie dies tierexperimentell davon ausgegangen werden, daß die gegenwärtige Daten- in Regionen mit erhöhter neuronaler Zelldichte beob- lage Evidenzen für beide Hypothesen liefert, die sich somit achtet wurde [29]. Demgegenüber war das normalisierte möglicherweise nicht ausschließen, sondern komplemen- Amygdala-Volumen in der selben Patientengruppe nicht täre Erklärungsmodelle darstellen könnten [24]. vermindert, so daß die MT-Bildgebung hier der Volumetrie überlegene, diagnostisch bedeutsame Informationen lie- Ein Problem der morphometrischen Schizophreniefor- fert. Interessanterweise zeigte der Hippokampus, der in schung besteht darin, daß die üblicherweise verwendeten verschiedenen anderen Untersuchungsmodalitäten bei T1- und T2-gewichteten MRI-Sequenzen trotz ihres mitt- Schizophrenen Veränderungen aufwies, keine Alteratio- lerweile hohen Auflösungsvermögens die strukturellen nen der qMTI-Parameter [38]. Gewebsveränderungen teils wegen ihrer Subtilität nicht Mit der Protonen-MRS wurde bereits eine ganze Reihe von erfassen, vor allem aber auch hinsichtlich ihrer neuropa- Untersuchungen zur Schizophrenie durchgeführt, die thologischen Natur nicht weiter aufklären können. Wäh- weitgehend konsistent lokale Verminderungen der NAA- rend diese klassischen MR-Modalitäten im Bereich des (N-Acetyl-Aspartat-) Konzentrationen als möglichen Hin- Hirngewebes im wesentlichen nicht mehr als den Kontrast weis auf eine Beeinträchtigung der neuronalen Funktion zwischen zellreichen („graue Substanz“) und zellarmen vor allem im präfrontalen Kortex, im Hippokampus und („weiße Substanz“) Bezirken darstellen können, erlauben im Thalamus zeigten [39, 40]. Demgegenüber ergab die neue strukturelle MRI-Techniken wie DTI und MTI die Mehrzahl der MRS-Untersuchungen der Basalganglien Sichtbarmachung von darüber weit hinausgehenden mi- Schizophrener – im Gegensatz zu Patienten mit affektiven krostrukturellen Gewebseigenschaften. DTI-Studien wur- Erkrankungen – keine signifikanten Veränderungen der den zunächst vorwiegend zur Untersuchung von weißer NAA-Konzentrationen [40]. Interessant im Hinblick auf Substanz eingesetzt, vor allem in Hirnregionen mit gro- die Glutamathypothese zur Pathogenese der Schizophre- ßen, geordnet verlaufenden Faserbündeln, da diese beson- nie sind neuere MRS-Befunde, die allerdings sowohl Erhö- ders hohe Anisotropiewerte aufweisen. So wurden bei hungen als auch Erniedrigungen der Glutamatkonzentra- schizophrenen Patienten veränderte Anisotropieparameter tionen im Präfrontalkortex von Schizophreniepatienten in definierten Bahnsystemen wie dem Splenium corporis ergaben [41, 42]. Zusammenfassend sind die bislang vor- callosi, dem Fasciculus uncinatus, einem wichtigen tem- liegenden MRS-Befunde zur Schizophrenie noch relativ porofrontalen Fasersystem, sowie dem Fasciculus arcua- inkonsistent, wobei hier insbesondere der mögliche Ein- tus, der Frontal- und Parietalkortex verbindet, gefunden fluß von psychopharmakologischer Medikation auf die [25–27]. Neuere Studien zeigen allerdings, daß auch Re- Meßergebnisse noch weiterer Abklärung bedarf [43]. gionen mit „grauer Substanz“ charakteristische DTI-Werte aufweisen, die bei Schizophrenen Veränderungen aufwei- SPECT- und PET-Studien wurden in der Schizophreniefor- sen können. So waren die Anisotropieparameter im Hip- schung v. a. zur Untersuchung des Dopaminstoffwechsels pokampus, in der Entorhinalregion und in der Amygdala im Hinblick auf die anfänglich lediglich durch klinische schizophrener Patienten verändert, während sich die (Neuroleptikawirkung) und tierexperimentelle Daten ge- Volumina dieser Regionen im selben Patientenkollektiv stützte Dopaminhypothese zur Schizophrenie eingesetzt. nicht von denen gesunder Kontrollen unterschieden [28– Dabei konnten einige diese Hypothese unterstützende Be- 30]. Einzelne DTI-Studien fanden bei den Patienten Korre- funde, wie etwa eine gesteigerte präsynaptische Aufnahme lationen klinischer Parameter mit den Anisotropiewerten, von 18F-DOPA im Bereich des ventralen Striatums [44], so etwa Störungen der Exekutivfunktionen assoziiert mit eine vermehrte striatale Dopaminfreisetzung durch Am- 24 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007
phetamin [45] und eine erhöhte intrasynaptische Dop- tigten sich mit den gestörten Wahrnehmungsfunktionen aminkonzentration in akut psychotischen Phasen bei schi- schizophrener Patienten. So konnten Dierks et al eine er- zophrenen Patienten [46] erhoben werden. Auch im Hin- höhte Aktivierung im Bereich des primären akustischen blick auf die in jüngster Zeit zunehmend diskutierte patho- Kortex schizophrener Patienten während des Auftretens genetische Bedeutung der Interaktionen des Glutamat- akustischer Halluzinationen zeigen [58]. Eine ganze Reihe systems mit dem dopaminergen System für die Schizo- von fMRI-Studien untersuchte Paradigmen, welche das phrenie leisten PET-Befunde einen wertvollen Beitrag, Arbeitsgedächtnis, eine bei Schizophrenen regelhaft indem etwa eine durch den psychotogenen NMDA- (N- schwer gestörte Exekutivfunktion, testen. Dabei konnte die Methyl-D-Aspartat-) Antagonisten Ketamin ausgelöste, ver- bereits aufgrund älterer PET-Studien postulierte „Hypo- mehrte striatale Dopaminfreisetzung nachgewiesen wer- frontalität“, d. h. verminderte Aktivierung des Präfrontal- den konnte [47]. kortex während des Einsatzes des Arbeitsgedächtnisses, in einem Teil der Studien bestätigt werden (z. B. [59]). Aller- Weitere wichtige PET-Studien betreffen die Untersuchung dings gibt es auch fMRI-Untersuchungen mit Arbeits- der Rezeptorbindungseigenschaften von antipsychotisch gedächtnisparadigmen, welche eine verstärkte [60] oder wirksamen Psychopharmaka. So konnte etwa gezeigt wer- unveränderte präfrontale Aktivierung [61] bei schizophre- den, daß die einmalige Gabe des typischen Neurolepti- nen Patienten fanden. Diese Diskrepanz wurde hypothe- kums Haloperidol in niedriger Dosierung bereits zu einer tisch damit erklärt, daß die Kranken möglicherweise bei rasch auftretenden und lang anhaltenden Blockade von niedrigen Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis eine Dopamin-D2-Rezeptoren führt [48], während atypische Überaktivierung im Sinne einer „physiologischen Ineffizi- Neuroleptika zwar auch D2-Rezeptoren besetzen, sich je- enz“ (Callicott, siehe [60]), bei mittelgradigen Anforderun- doch einerseits rascher wieder von diesen lösen, anderer- gen eine regelrechte präfrontale Aktivierung und erst bei seits auch noch weitere Rezeptortypen wie 5-HT2- (Seroto- hohen Anforderungen eine Aktivierungsverminderung zei- nin-) Rezeptoren besetzen, wodurch wahrscheinlich ihr gen. Funktionelle MRI-Paradigmen zur Untersuchung des atypisches Wirkprofil (weniger extrapyramidalmotorische episodischen Gedächtnisses Schizophrener ergaben unter Nebenwirkungen, bessere Wirkung auf die Negativsym- anderem verminderte Aktivierungen im Bereich des linken ptomatik, geringere Prolaktinfreisetzung) bedingt ist [49, Hippokampus beim Einspeichern sowie im Bereich beider 50]. Insgesamt haben PET-Studien erheblich zur genaue- Hippokampi bei der Wiedererkennung von Wörtern [62]. ren Aufklärung der komplexen Dysfunktionen bei der Beim Einspeichern unbekannter Gesichter zeigten schizo- Schizophrenie, insbesondere des dopaminergen Systems, phrene Patienten eine Minderaktivierung des rechten Hip- beigetragen und werden auch in Zukunft eine wichtige pokampus [63]. Die mit Bezug auf die bei Schizophrenen Rolle bei der Entwicklung neuer rezeptorspezifischer Anti- beobachtete emotionale Verflachung untersuchten Para- psychotika spielen. digmen ergaben unter anderem eine bilaterale Minderakti- Aus der Vielzahl der bei schizophrenen Patienten durch- vierung der Amygdala in der Patientengruppe bei der Be- geführten EEG-Untersuchungen hat sich als konstantes trachtung von Gesichtern mit traurigem Gesichtsausdruck Ergebnis v. a. eine Abnahme der Alpha-Grundaktivität bei [64]. Juckel et al [65] fanden bei schizophrenen Patienten gleichzeitiger Zunahme der Theta-, Delta-, aber auch eine mit der Ausprägung der Negativsymptomatik korrelie- Beta-Aktivitäten gezeigt, wobei diese Befundkonstellation rende Minderaktivierung des ventralen Striatums, einer sich jedoch nicht als krankheitsspezifisch herausstellte, zentralen Struktur des Belohnungssystems, auf beloh- sondern auch bei anderen psychiatrischen Störungs- nungsanzeigende Reize. Auch die bei schizophrenen Pati- bildern auftreten kann [51, 52]. Ein Problem der EEG-For- enten häufig festgestellten Störungen im Bereich der schung besteht darin, daß die EEG-Kurve hinsichtlich des Sprachfunktionen wurden mit fMRI-Paradigmen unter- Einflusses von Psychopharmaka besonders empfindlich sucht. So wiesen Patienten mit einer formalen Denkstö- ist; andererseits gibt es aber auch Ansätze, diese Methode rung bei einem Satzergänzungsparadigma eine nach links als Prädiktor im Hinblick auf die Ansprache auf Neuro- lateralisierte Aktivierung temporaler Strukturen auf, wäh- leptika einzusetzen [53]. Der am häufigsten replizierte rend gesunde Kontrollen sowie nicht denkgestörte Schizo- Befund in der EP-Forschung zu schizophrenen Psychosen phrene eine nach rechts lateralisierte temporale Aktivie- ist eine Verminderung der P300-Amplitude, welche zu- rung zeigten [66]. Eine Studie zur emotionalen Prosodie dem positive Korrelationen mit der Ausprägung einer Nega- fand, daß sich auch die normalerweise bestehende links- tivsymptomatik sowie einer ungünstigen Verlaufsprognose hemisphärische Lateralisierung der temporalen Aktivie- der Erkrankung zeigt [54]. Im Gegensatz dazu konnte bei rung beim passiven Hören von emotional modulierter Patienten mit zykloiden Psychosen eine erhöhte P300- Sprache bei schizophrenen Patienten rechtsbetont dar- Amplitude nachgewiesen werden [55]. stellte [67]. Diese Befunde sind vor allem im Hinblick auf hypothetische Modelle der Schizophrenie als einer hemi- Trotz der methodischen Schwierigkeiten, insbesondere bei sphärischen Lateralisierungsstörung interessant [68]. der Untersuchung schizophrener Patienten (u. a. mangel- hafte Compliance, krankheitsbedingte kognitive Probleme Insgesamt erlauben fMRI-Studien in zunehmender Weise beim Verständnis der Aufgabenstellung des Paradigmas, die Aufklärung der neurobiologischen Grundlagen einzel- medikationsbedingte Bewegungsunruhe), wurde in den ner Symptomkategorien schizophrener Patienten und er- letzten Jahren eine zunehmende Anzahl von fMRI-Studien möglichen so die Erarbeitung von Hypothesen zur topo- zur Schizophrenie veröffentlicht, deren Paradigmen im graphischen und funktionellen Charakterisierung der die- Hinblick auf die vielfältigen psychopathologischen Sym- sen komplexen psychopathologischen Entitäten zugrunde- ptome schizophrener Patienten ausgewählt wurden. Die liegenden neuronalen Systeme. ersten Untersuchungen wurden mit motorischen Paradig- men (z. B. Finger-Tapping-Aufgaben) durchgeführt und Affektive Störungen ergaben reduzierte Aktivierungen motorischer Felder bei Die meisten MR-morphometrischen Untersuchungen zum schizophrenen Patienten, welche laut Folgestudien aber Gesamthirnvolumen bei Patienten mit affektiven Störun- zumindest teilweise medikationsbedingt gewesen sein gen ergaben im Unterschied zur Schizophrenie keine Ver- könnten [56, 57]. Andere fMRI-Untersuchungen beschäf- änderungen [69]. Demgegenüber zeigten aber mehrere J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007 25
Studien übereinstimmend eine lokale Volumenreduktion und sich offenbar während der antidepressiven Therapie des präfrontalen Kortex bei Patienten mit unipolaren De- wieder zurückbildet [89–91]. Im Zusammenhang mit den pressionen [z. B. 70], während die Befundlage zu dieser volumetrischen Befunden einer vergrößerten Amygdala ist Hirnregion bei bipolaren Patienten weniger eindeutig ist der Nachweis einer vermehrten Perfusion der Amygdala [71, 72]. Interessanterweise konnten mehrere neuere volu- bei Depressiven durch Drevets et al [92] besonders inter- metrische Studien eine Vergrößerung der Amygdala so- essant. PET-Untersuchungen zu dem für depressive Störun- wohl bei unipolar depressiven als auch bei bipolaren Pati- gen pathogenetisch relevanten serotonergen Transmitter- enten zeigen [73, 74]. Dagegen wurden für den Hippo- system zeigten in verschiedenen Hirnregionen ein vermin- kampus sowohl Volumenvermehrungen als auch -vermin- dertes Bindungspotential für 5-HT1A-Rezeptoren (unter an- derungen beschrieben, wobei die meisten Studien keine derem in den Raphe-Kernen) wie auch für Serotonin- signifikanten Veränderungen zeigten [75]. Ein weiteres transporter-Protein im Thalamus und im Hirnstamm [93, Hirnareal, das funktionell mit der Verarbeitung emotiona- 94]. Einen besonderen methodischen Fortschritt jüngerer ler Eindrücke in Verbindung gebracht wird und in mehre- PET-Untersuchungen stellt die Co-Registrierung von PET- ren Studien sowohl Volumenverminderungen als auch Bildern und strukturellen MRI-Sequenzen dar, welche eine Perfusionsalterationen aufwies, ist der anteriore zinguläre exakte Zuordnung der Rezeptorbindungspotentiale zu Kortex [76]. Für die weiteren untersuchten Hirnareale, wie anatomischen Regionen ermöglicht [93]. etwa Basalganglien und Thalamus, stellt sich die Daten- Mehrere fMRI-Studien mit visuellen Paradigmen, in denen lage überwiegend kontrovers dar [75]. Insgesamt zeigen traurige Gefühle auslösende Bilder gezeigt wurden, erga- die bislang vorliegenden morphometrischen Ergebnisse zu ben bei bipolar depressiven Patienten eine vermehrte Akti- affektiven Erkrankungen ein erheblich heterogeneres Bild vität der Amygdala sowie eine verminderte Aktivierung des als bei der Schizophrenie, was auch damit zusammenhän- präfrontalen Kortex (u. a. [95]), wobei es unter antidepres- gen kann, daß einerseits ältere Patienten mit zusätzlichen siver Therapie zu einer Normalisierung der amygdalären vaskulären Störungen, andererseits jüngere Patientenkol- Hyperaktivität kam [96]. Die Präsentation von Gesichts- lektive untersucht wurden. ausdrücken mit unterschiedlichem emotionalem Gehalt Eine frühe DTI-Studie zu affektiven Störungen ergab ver- führte bei depressiven Patienten zu einer linear zuneh- minderte Anisotropiewerte in bilateralen frontalen Arealen menden Aktivierung des Gyrus fusiformis und anderer für depressiver Patienten, deren Ausmaß prädiktorisch für die die Gesichtererkennung wichtiger Strukturen beim An- Therapieresponse auf das Antidepressivum Citalopram war blick von zunehmend traurigen Gesichtern, während ge- [77]. In weiteren Untersuchungen wurden bei bipolaren sunde Probanden dieselben Strukturen beim Anblick fröh- Patienten beidseitige orbitofrontale Diffusionsstörungen licher Gesichter linear zunehmend aktivierten [97]. In [78] sowie alterierte Anisotropiewerte in der an die interne einer weiteren fMRI-Studie zeigte sich eine prognostische Kapsel angrenzenden weißen Substanz des Frontalhirns bei Relevanz der durch den Anblick von emotionalen Gesich- gleichzeitig vermindertem frontalem Kortexvolumen gefun- tern evozierten Amygdalaaktivierung im Sinne eines bes- den [79]. In einer MTI-Studie fanden Kumar et al [80] bei seren Outcome bei depressiven Patienten mit höherer älteren depressiven Patienten veränderte MTR-Werte im amygdalärer Response [98]. Eine Untersuchung mit An- Bereich der ansonsten normal erscheinenden weißen Sub- wendung des N-Back-Tasks, eines Paradigmas zur Aktivie- stanz und in verschiedenen subkortikalen Kerngebieten. rung des Arbeitsgedächtnisses, bei dem der Proband einen Bruno et al [81] konnten bei bipolaren Patienten eine Ver- definierten, wenige Sekunden zurückliegenden Reiz diffe- minderung der MTR im anterioren zingulären Kortex ohne renziert quittieren muß, ergab bei Depressiven erhöhte gleichzeitige Volumenreduktion nachweisen, was als Hin- Aktivierungen im Bereich des orbitofrontalen und des an- weis auf die der Volumetrie überlegene Sensitivität der MT- terioren zingulären Kortex bei unveränderter Performance, Bildgebung in bezug auf neuropathologische Veränderun- was im Sinne einer dysfunktionalen vermehrten Rekrutie- gen interpretiert wurde. rung der für das Arbeitsgedächtnis wichtigen Areale ange- sehen und in bezug zu deren kognitiven Störungen gesetzt Magnetresonanzspektroskopische Untersuchungen erga- wurde [99]. ben bei Patienten mit affektiven Störungen reduzierte NAA- Konzentrationen im Bereich des Nucleus caudatus, des Die elektroenzephalographische Forschung war im Zu- Hippokampus, des präfrontalen Kortex sowie der Tem- sammenhang mit affektiven Störungen bislang wenig er- poralrinde [82–85]. Die Befunde wurden insgesamt als Hin- giebig und zeigte eher unspezifische Befunde. Ältere Stu- weise auf eine gestörte neuronale Integrität in diesen Area- dien fanden etwa eine Vermehrung der Alpha- und Beta- len gewertet. In jüngster Zeit konnten erste Untersuchungen Aktivität bei Depressiven oder ein vermehrtes Auftreten zeigen, daß es im Gefolge von antidepressiver Pharmako- diffuser Dysrhythmien oder von „Small Sharp Spikes“ bei therapie zu lokalen Anstiegen von zuvor verminderten bipolaren Störungen, wobei derartige Veränderungen als NAA-Konzentrationen kommen kann, was als Ausdruck von prognostisch günstige Faktoren angesehen wurden [100– neuroplastischen Restitutionsphänomenen gedeutet wurde 102]. Unter den relativ wenigen EP-Studien zu depressi- [86]. MRS-Studien zum glutamatergen System ergaben ver- ven Störungen hat insbesondere die mögliche diagnosti- minderte Glutamatkonzentrationen vor allem im Bereich sche Bedeutung der Lautstärkeabhängigkeit des N100- des anterioren zingulären Kortex von depressiven Patienten P200-Komplexes als Maß für die Intaktheit des seroto- [87]. Zudem konnte gezeigt werden, daß sich ein anteriores nergen Systems Beachtung gefunden [19]. zinguläres Glutamin-/Glutamatdefizit bei schwergradig de- pressiven Patienten nach einer erfolgreichen Elektro- Alzheimer-Demenz (AD) konvulsionsbehandlung wieder normalisiert [88]. Anders als die Schizophrenie oder affektive Störungen zeigt die Alzheimer-Demenz (AD) einen klaren, relativ Der am besten gesicherte Befund in der PET-Forschung zu rasch progredienten hirndegenerativen Prozeß mit einem affektiven Störungen ist eine Verminderung der Glukose- Untergang großer Neuronenpopulationen und ist damit utilisation im Bereich des dorsolateralen und des medialen volumetrischen Untersuchungsmethoden erheblich besser präfrontalen Kortex bei unipolar und bipolar depressiven zugänglich. Zahlreiche morphometrische MRI-Studien Patienten, die mit der Schwere der Depression korreliert konnten Volumenverminderungen im Bereich der bei der 26 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007
AD zuerst befallenen mediotemporalen Hirnstrukturen des strukturellen MRI im Hinblick auf dementielle Früh- wie dem Hippokampus und der Entorhinalregion nach- stadien deutlich verbessert werden kann. weisen, die bereits in frühen Stadien einer klinisch mani- festen Demenz eine hohe diagnostische Treffsicherheit SPECT-Studien bei AD-Patienten ergaben vor allem Hypo- aufweisen [103]. Als weniger sensitiv erwiesen sich mor- perfusionen in temporoparietalen Hirnregionen, wobei phometrische Techniken dagegen bei der diagnostischen unter anderem gezeigt werden konnte, daß die lokalen Abgrenzung von AD-Risikopersonen oder Patienten mit Perfusionsverminderungen im Bereich des Hippokampus einem Mild Cognitive Impairment- (MCI-) Syndrom von mit dem Ausmaß der kognitiven Störungen korrelieren gesunden älteren Kontrollprobanden. Zur weiteren Auf- [113, 114]. Klinisch-histologische Vergleichsstudien zeig- klärung der für die Konversion vom MCI zur AD relevan- ten, daß die Sicherheit der klinischen Diagnose der AD ten Faktoren wurden serielle morphometrische Längs- durch eine zusätzliche SPECT-Untersuchung deutlich ver- schnittstudien durchgeführt, die den progressiven Charakter bessert werden kann [114]. Darüber hinaus ist die SPECT der Neurodegeneration beispielsweise durch den Parameter auch bei der Differentialdiagnostik verschiedener demen- der jährlichen hippokampalen Atrophierate eindrucksvoll tieller Prozesse (z. B. Abgrenzung AD gegen vaskuläre belegen konnten. Diese Untersuchungen zeigten allerdings oder frontotemporale Demenz) hilfreich [115]. Inwieweit auch, daß offenbar ein Kontinuum der Atrophieraten von prämorbide SPECT-Auffälligkeiten eine prognostische Si- gesunden Probanden über MCI bis hin zur manifesten AD gnifikanz hinsichtlich der späteren Entwicklung einer AD besteht [104]. Angesichts des hohen zeitlichen Aufwands haben könnten, ist noch umstritten [116, 117]. ROI-basierter volumetrischer Studien wurden zunehmend PET-Untersuchungen von AD-Patienten zeigten ebenso elaborierte Auswertemethoden entwickelt, welche bei- wie die SPECT ein charakteristisches temporoparietales spielsweise einen weitgehend automatisierten Vergleich se- Alterationsmuster, welches sich von dem anderer De- rieller MRI-Bilder desselben Patienten ermöglichen sollen menzformen unterschied [118]. Darüber hinaus ergaben [105]. Trotz der erheblichen methodologischen Fortschritte erste Follow-up-Studien auch Anhaltspunkte für eine der vergangenen Jahre ist die MRI-Morphometrie jedoch prädiktive Bedeutung des PET-Befallsmusters bezüglich noch weit davon entfernt, als Routinemethode zur De- der weiteren kognitiven Entwicklung bzw. Konversion von menzdiagnostik eingesetzt werden zu können. Im übrigen MCI-Patienten zur AD [119]. Eine Reihe von PET-Aktivie- stellen die gefundenen mediotemporalen Volumen- rungsstudien zeigte bei AD-Patienten Veränderungen des reduktionen auch keinen AD-spezifischen Befund dar, son- zerebralen Blutflusses vor allem bei Gedächtnisaufgaben, dern werden auch bei anderen Demenzformen beobachtet. wobei insbesondere bei Perfusionsverminderungen der in- Aktuelle neuropathologische Studien haben gezeigt, daß volvierten Hirnareale auch charakteristische kompensato- der Befall des Gehirns mit den AD-assoziierten pathologi- rische Aktivierungen anderer Hirnregionen beobachtet schen Proteinablagerungen (Amyloid, Tau-Protein) dem kli- wurden [120]. Besonders interessant im Hinblick auf die nischen Beginn der Demenz um Jahre vorausgeht, und daß AD-Frühdiagnostik erscheinen erste Studien, in denen ein auch der zu Volumenreduktionen führende Nervenzell- Direktnachweis von neurofibrillären „Tangles“ und Amy- untergang erst ein relativ spätes Phänomen im Verlauf der loidplaques in vivo mit Hilfe neuer PET-Tracer erfolgte Erkrankung darstellt. Daher hat der Einsatz neuer struktu- [121, 122]. reller MRI-Techniken wie DTI und MTI in der Frühdia- gnostik der AD einen großen Stellenwert erhalten. Erste MR-spektroskopische Post-mortem-Studien fanden in tem- DTI-Untersuchungen ergaben sowohl bei AD-Patienten poroparietalen Arealen von AD-Gehirnen Konzentrations- als auch bei Menschen mit einem MCI-Syndrom vermin- verminderungen für das neuronale Markerprotein NAA, derte Anisotropiewerte in verschiedenen Bereichen der welche mit der Anzahl neurofibrillärer Tangles negativ weißen Substanz [106], aber auch in definierten grauen korreliert waren [123]. In-vivo-MRS-Untersuchungen mit Regionen, wie dem Hippokampus und der Entorhinal- AD-Patienten bestätigten diese Befunde, wobei die Reduk- region [107, 108]. Als besonders sensitiv und den volume- tionen der NAA-Konzentration zudem mit der Schwere der trischen Daten im Hinblick auf die Detektion von MCI-Pa- dementiellen Erkrankung korrelierten [124]. Obgleich ein- tienten überlegen, erwiesen sich die Anisotropiewerte zelne Studien Unterschiede der Metabolitkonzentrationen im Bereich des Tractus perforans, der ersten von pathologi- zwischen Patienten mit AD und anderen Demenzformen schen Proteinablagerungen befallenen zerebralen Struktur fanden [125], ist die differentialdiagnostische Trennschärfe [108]. Eine erste Follow-up-Studie konnte zeigen, daß Al- der MRS für einen Einsatz in der klinischen Routinedia- terationen der hippokampalen Diffusivität, als deren struk- gnostik bislang noch nicht ausreichend. Von zunehmendem turelles Korrelat Störungen im Bereich der lokalen neuro- Interesse für die Alzheimer-Forschung ist aber die mögliche nalen Verschaltungen angesehen werden, mit einem deut- Bedeutung des Konzentrationsverlaufs der mit der MRS lich erhöhten Konversionsrisiko von MCI zu AD assoziiert meßbaren Metaboliten als Therapiekontrollmarker in Studi- sind [109]. en zum Einsatz von Antidementiva [126]. MTI-Studien zeigten bei MCI- und AD-Patienten signifi- EEG-Untersuchungen ergaben übereinstimmend Hinweise kante Veränderungen der MTR in der weißen Substanz, auf charakteristische Korrelationen zwischen dem Schwe- während deren Volumen nicht reduziert war [110]. Auch regrad dementieller Störungen und der hirnelektrischen im Bereich des Hippokampus wurden bereits bei sehr Aktivität in Form von relativ frühzeitig eintretender Ver- leicht dementen Patienten Reduktionen der MTR nachge- minderung der Beta-Aktivität und später im Verlauf der wiesen [111]. Darüber hinaus waren die hippokampalen Demenz beginnender Reduktion der Alphapower und MTR-Werte bei Patienten mit Lewy-Körperchen-Demenz Anteriorisierung der Alphawellen bei gleichzeitiger Zu- verglichen mit denen bei AD-Patienten signifikant höher nahme zunächst der Theta-, dann der Delta-Aktivität und erlaubten somit eine diagnostische Differenzierung [127]. Differentialdiagnostischer Wert wird dem EEG vor zwischen den beiden Erkrankungen [112]. Insgesamt allem bei der Abgrenzung der vaskulären Demenz von der geben diese noch präliminären DTI- und MTI-Befunde AD zugeschrieben [128]. Des weiteren wurden EEG-Para- berechtigten Anlaß zu der Hoffnung, daß mit Hilfe dieser meter als prädiktorisch bedeutsam hinsichtlich der Pro- neuen MRI-Modalitäten die diagnostische Aussagekraft gression vom MCI zur AD angesehen [129]. In der EP-For- J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007 27
schung konnte gezeigt werden, daß insbesondere die Alkoholabhängigen deutliche Veränderungen der Aniso- P300-Welle diagnostisch zur Abgrenzung der depressiv tropie in großen Teilen der supratentoriellen weißen Sub- bedingten Pseudodemenz bei älteren Menschen (kürzere stanz nachgewiesen werden, welche bei Männern ausge- P300-Latenz) sowie zur Detektion früher AD-Stadien ge- prägter als bei Frauen waren [142]. eignet ist [130, 131]. Durch SPECT- und PET-Studien konnte gezeigt werden, Die ersten fMRI-Studien zur AD beschäftigten sich vor daß die sedierende Wirkung des Alkohols u. a. durch Bin- allem mit Gedächtnisparadigmen. Untersuchungen mit dung an die auch die Benzodiazepinwirkung vermitteln- Aktivierungstasks zum semantischen Gedächtnis ergaben den GABA-A-Rezeptoren hervorgerufen wird, die bei bei AD-Patienten zusätzliche Aktivierungen in frontalen alkoholabhängigen Patienten dementsprechend eine deut- und temporalen Gebieten, die bei gesunden Kontrollen liche Downregulation aufweisen [143]. Weitere PET-Stu- nicht aktiviert wurden [132, 133]. Die Befunde wurden als dien zeigten Veränderungen im Bereich des Dopamin- neuroplastische Phänomene zur Kompensation der gestör- systems von Alkoholabhängigen, so etwa eine Verminde- ten Funktion in den bei Gesunden aktivierten Arealen in- rung von striatalen D2-Rezeptoren und von Dopamintrans- terpretiert. Weitere Alterationen der zerebralen Aktivie- portern nach der Alkoholentgiftung, wobei letztere nach rung konnten bei fMRI-Untersuchungen zu den visuospa- längerer Abstinenz wieder in normalem Ausmaß expri- tialen Funktionen nachgewiesen werden, die bei AD-Pati- miert wurden [144, 145]. PET-Untersuchungen mit dem enten schon in frühen Krankheitsstadien verändert sind. simultanen Nachweis von prä- und postsynaptischen Mar- Bei einem Paradigma zur Steuerung sakkadischer Blickbe- kern der dopaminergen Neurotransmission konnten zei- wegungen zeigte das Aktivierungsmuster von AD-Patien- gen, daß die Dopaminsynthesekapazität und die Verfüg- ten eine Lateralitätsverschiebung im Bereich des intra- barkeit von D2/3-Rezeptoren im Striatum entgifteter Alko- parietalen Sulcus sowie eine vermehrte präfrontale korti- holiker negativ mit dem Alkoholverlangen korreliert sind kale Aktivierung [134]. Prvulovic et al [135] verwendeten [146]. Als Hinweis auf neurotoxisch bedingte Störungen ein visuelles Paradigma, bei dem die Winkelstellung von im Serotoninsystem fanden SPECT-Untersuchungen bei Uhrzeigern als Stimulus diente, und fanden bei AD-Patien- alkoholabhängigen Patienten eine deutliche Reduktion ten eine verstärkte Aktivierung in okzipitotemporalen Be- von 5-HT-Transportern im Bereich der Raphe-Kerne des reichen, vor allem dem Gyrus fusiformis, sowie im supe- Hirnstamms männlicher Alkoholabhängiger, welche eine rioren Parietalbereich. Neuere Studien konzentrierten sich Korrelation mit der Abhängigkeitsdauer und der Schwere auf das MCI-Syndrom als mögliches AD-Vorstadium und von depressiven Symptomen und Angst während der Ent- fanden unter anderem bei Anwendung eines Gedächtnis- zugsphase zeigte [147]. Des weiteren konnte durch PET- paradigmas in der Patientengruppe eine verminderte Akti- Untersuchungen nachgewiesen werden, daß die Verfüg- vierung des rechten Hippokampus beim Einspeichern so- barkeit der µ-Opioid-Rezeptoren, die für die subjektiv be- wie eine verminderte Aktivierung des posterioren zingu- lohnende Wirkung des Alkohols eine entscheidende Rolle lären Kortex beim Wiedererkennen neuer Wörter [136]. In spielen, im Bereich des striatalen Belohnungssystems von jüngster Zeit erschienen erste Ergebnisse zum Einfluß von Alkoholabhängigen deutlich erhöht ist, was wiederum mit Psychopharmaka auf den BOLD-Effekt. So konnte gezeigt dem Alkoholverlangen assoziiert war [148]. werden, daß der antidementiv wirksame Cholinesterase- hemmer Galantamin bei AD-Patienten zu einer akuten Aktuelle fMRI-Studien ergaben bei Alkoholikern eine ver- Steigerung der hippokampalen und posterioren zingulären mehrte Aktivierung des Präfrontalkortex, des anterioren Aktivierung bei einem Gesichtserkennungsparadigma zingulären Kortex und des Striatums auf alkoholassoziierte führt [137]. Inwieweit sich das Pharmako-fMRI tatsächlich als visuelle Reize, wobei das Ausmaß dieser Aktivierung mit Monitoringinstrument für die zerebralen Effekte von Anti- dem Rückfallverhalten der Patienten, nicht aber mit dem dementiva eignet, muß allerdings, insbesondere angesichts Schweregrad des Cravings oder der vor dem Rückfall auf- der hohen Anforderungen an die Compliance der Proban- genommenen Alkoholmenge korrelierte [145, 149, 150]. den, noch in weiterführenden Studien abgeklärt werden. Im Zusammenhang mit der Opiatabhängigkeit wurden Suchterkrankungen verschiedene neuropathologische Veränderungen beschrie- Die meisten morphometrischen Studien in der Suchtfor- ben, deren bekannteste die akute spongiforme Leukenze- schung liegen zur Alkoholabhängigkeit vor. Ein großer Teil phalopathie nach Heroininhalation ist [151, 152]. Syste- der alkoholabhängigen Patienten entwickelt eine generali- matische volumetrische MRI-Studien zur Opiatabhängig- sierte Hirnvolumenminderung, wobei zusätzlich lokale keit liegen bislang jedoch nicht vor. MRS-Untersuchungen Volumenreduktionen, insbesondere im Bereich der tem- von Opiatabhängigen ergaben in der weißen Substanz ver- poralen und frontalen Rinde, des Kleinhirns, des Hippo- minderte NAA- und Kreatinkonzentrationen, während kampus und der Corpora mammillaria, gefunden wurden Laktat und Myo-Inositol erhöht waren [152]. SPECT-Stu- [138]. Die genauen Ursachen für die bei Abstinenz beob- dien konnten eine präfrontal betonte, insgesamt aber zahl- achtete partielle Rückbildung der alkoholinduzierten Atro- reiche Hirnregionen betreffende Minderdurchblutung bei phie vor allem in frontalen Regionen und in der Nachbar- heroinabhängigen Patienten nachweisen [153]. Mit der schaft des dritten Ventrikels [139] sind noch nicht aufge- PET konnte ein striatales Defizit an D2-Rezeptoren bei klärt. Neuere Studien weisen aber darauf hin, daß die be- Opiatabhängigen gezeigt werden [154]. Die wenigen bis obachtete Wiederzunahme des Hirngewebes offenbar be- dato vorliegenden fMRI-Untersuchungen erbrachten unter reits kurz nach Beginn der Abstinenzphase einsetzt und anderem Befunde, die auf Funktionsstörungen im anterio- von einer magnetresonanzspektroskopisch nachweisbaren ren zingulären Kortex als mögliches Korrelat der bei Opiat- Zunahme der NAA-Konzentration als möglicher Hinweis abhängigen beobachteten Impulskontrollstörung hinwei- auf zugrundeliegende neuroregeneratorische Prozesse be- sen [155, 156]. gleitet wird [140]. Frühere MRS-Untersuchungen hatten ergeben, daß die NAA-Konzentrationen im Kleinhirn und Zu den hirnstrukturellen Veränderungen bei Kokainabhän- anderen Hirnregionen von alkoholabhängigen Patienten gigkeit existieren nur wenige Studien. Mit Hilfe voxel- vermindert sind [141]. Mit Hilfe von DTI konnten bei basierter Morphometrie fanden Franklin et al [157] Ver- 28 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2007
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