WEG MIT 219a. #KeineKompromisse! - KOFRA München
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
163 Zeitschrift für Feminismus und Arbeit Januar/Februar 2019 38. Jg. ISSN 0949-0000/ISSN 1862-5568 WEG MIT §219a. #KeineKompro- misse! ●§218 ist das nächste Ziel! ●Veranstaltungen in 30 Städten ●Aktion auf demMünchner Marienplatz ●Manifest von RadFem Munich ●ELLA- Netzwerk für Frauen in und nach der Prostitution ●“Hepeater“ kapern Ideen von Frauen ● Stoppt das Töten von Frauen #saveXX ●Frauenmorde in Australien ●Stadt München verbietet sexistische Werbung ●“Gendersternchen“ ●Knesset beschließt Freierbestrafung ●#women- standup
KOFRA 163/2019______________________________________________ __ Inhalt Schwerpunkt: Abtreibung ist Frauenrecht 3 ● Wir sind erst am Anfang: weg mit §218 ist das Ziel!! ● Weg mit §219a – keine Kompromisse. Sexuelle Selbstbestimmung ist nicht verhandelbar, Veranstaltungen in 30 Städten. ● Aktion auf dem Münchner Marienplatz, Reden von Carolina Vidal, Radfem München; Juliane Beck, AKF Berlin; Anita Heiliger, Kofra München Resolutionen/Aktionen/Netzwerke 10 ● MANIFEST von Radfem Munich: Radikaler Feminismus untersucht und bekämpft die Wurzeln der Frauenunterdrückung, ● ELLA –das Netzwerk für Frauen in und aus- gestiegen aus der Prostitution, ●#womenstandup. Am 26.Januar startete eine welt- weite Woche des Aufstandes von Frauen! von Dagmar Willhalm, ● Offener Brief an Merz und Seehofer, die Vergewaltigung in der Ehe für kein Verbrechen halten, von Stephanie Krämer, ● Stoppt das Töten von Frauen #saveXX, von Dr.Kristina Wolff Themen 15 ● Gendersternchen: eine Annäherung, oder: Das Verschwinden des Wortes „Frau“ Von Sophia Horster, ● Das Gender-Imperium an der Uni Köln, von Luise F. Pusch, ● Frauenmorde und Bestrafung weiblicher Selbstverteidigung in Australien: der Doppelstandard der patriarchalen Justiz. Minimale Strafverfolgung für mordende Män- ner, maximales Strafmaß für sich wehrende Frauen, von Sonia Giovanotti Nachrichten 23 Mehrheit für Debatte um sexuelle Belästigung, Stadt München verbietet sexistische Werbung, Israel: Knesset beschließt Freierbestrafung, Weibliche Erwerbsarbeit von systematscher Abwertung betroffen, Neues Online-Archiv informiert über die Frauen- bewegung in Deutschland, „Hepeater“ kapern Ideen von Frauen Literatur 26 Michelle Obama: Becoming; Selbstbestimmt. Perspektiven von Filmemacherinnen; Lesben&Alter, Dokumentation der 7. Fachtagung Termine 28 ELLA, das Netzwerk von Frauen in und ausgestiegen aus der Prostitution, Anne- Klein-Frauenpreis, 10. meccanica feminale, Aussteigerinnen aus der Prostitution: was Prostitution wirklich ist du warum sie beendet werden muss, 3. Weltkongress zu sexueller Ausbeutung von Frauen und Mädchen, Wo steht die Arbeit gegen Gewalt gegen Frauen? Fachtagung in Wien. Impressum: Herausgeberin: Kommunikationszentrum für Frauen zur Arbeits- und Lebenssituation e.V., Baaderstr. 30, 80469 München, Tel: 089/20 10 450, www.kofra.de, kofra-muenchen@mnet-online.de. Verantwortlich: Anita Heiliger Abonnement: 6 Ausgaben in ca. 3monatiger Folge zum Preis von € 18.60 plus Porto, Einzel- heft: € 3.20, Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft, Konto: IBAN: DE28700205000007805500, BIC: BFSWDE33MUE 2
KOFRA 163/2019 WEG MIT §219a – keine Kompromisse Wir sind erst am Anfang! Sexuelle Selbstbestimmung Ziel muss die Streichung ist nicht verhandelbar. des §218 sein! Weg mit § 219a! Es war einerfolgreicher Aktionstag bun- Von Anita Heiliger desweit: Tausende waren am 26.1.2019 Die Machenschaften der sogenannten „Le- auf der Straße für die Streichung von § bensschützerInnen“, die alles andere als 219a StGB in über 30 Städten. Am Leben schützen und Leben lebenswert 26.01.2019 forderte ein breites gesell- machen wollen, haben es übertrieben mit schaftliches Bündnis2 in über 30 Städten ihrer Anzeige von Kristina Hänel wegen verteilt über das Bundesgebiet, dem „Kom- Werbung für Abtreibung. Sie haben damit promissvorschlag“ der Bundesregierung erst aufmerksam gemacht auf den §219a in zur Neuregelung des § 219a StGB eine unserem Gesetzbuch, ein Relikt aus der klare Absage zu erteilen. 5000 bis 6000 Nazizeit, mit dem es Frauen erschwert Menschen beteiligten sich bundesweit an werden soll, Informationen über über Ab- den Aktionen. Im Sinne der Informations- treibungsmethoden und -ÄrztInnen zu er- freiheit für ungewollt Schwangere sowie halten. der Entkriminalisierung von ÄrztInnen wur- Die Politik ist zur Zeit noch nicht einmal be- de der Bundestag aufgefordert, § 219a reit, wenigstens erst einmal diesen unsägli- endlich aus dem Strafgesetzbuch zu strei- chen § aus dem Gesetzbuch komplett zu chen. streichen. So stark ist immer noch der Ein- fluss der Kirche und erzkonservativer Krei- Freitag beginnend, fanden im Laufe des se und Denkweisen in unserer, sich aufge- Samstags vielfältige, bunte Aktionen von kärt verstehenden, Gesellschaft. Flensburg bis Freiburg, von Aachen bis Wenn nun gegen diesen § mobil gemacht Dresden statt. ÄrztInnen, PolitikerInnen, wird durch eine breite Solidariserung mit ExpertInnen, Schwangerschaftskonfliktbe- den ÄrztInnen, die denjenigen Frauen hel- raterInnen sowie AktivistInnen und Künstle- fen, die ein Kind nicht zur Welt bringen wol- rInnen sprachen sich für die Streichung von len oder können, dann erkennen wir die § 219a StGB aus und kritisierten die Eck- Phalanx gegen die erzkonservativen Strö- punkte der Bundesregierung aufs Schärfs- mungen in Deutschland, die wir nicht mehr te. dulden wollen. Der jetzige Kampf gegen den §219a kann Die pro familia Bundesvorsitzende Prof. eh nur der Einstieg sein, den §218 endgül- Davina Höblich erklärte: „Die Proteste am tig zu löschen aus dem Gesetzbuch und allen lebensfeindlichen Kräften den Boden zu entziehen. Dass die Politik nun die In- 2 Das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ formation erlaubt, ist nicht akzeptabel1 und ist ein breites Bündnis aus Beratungsstellen, verschiedener feministischer und allgemeinpoli- darf nicht dem beliebten politischen Mittel tischer Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften folgen, durch ein kleines Zugeständnis die und Parteien sowie Einzelpersonen. Gegründet Kraft der Bewegung gegen §218/219a zu wurde es 2012 in Berlin und organisiert seither schwächen:Wir sind erst am Anfang! Proteste gegen den dort jährlich stattfindenden, bundesweiten “Marsch für das Leben”. 1 Kristina Hänel kommentiert: Die neue Einigung be- 2018 haben sich bereits einige weitere Pro- deutet nur, dass Ärztinnen informieren dürfen, dass Choice Bündnisse im Bundesgebiet gegründet, sie Abbrüche machen. Weitere Informationen sind weitere Bündnisgründungen sind für 2019 an- nicht erlaubt. Meine Homepage bleibt weiter strafbar! gekündigt. 3
KOFRA 163/2019 _ heutigen Samstag sind ein deutlicher Hin- angeklagte Frauenärztin Natascha Nick- weis auf die Stimmung im Land. Es ist nicht laus sprach: „Als 1995 der aktuelle § 218 nachzuvollziehen weshalb der § 219a StGB beschlossen wurde, blieb der § 219a StGB immer noch im Gesetz steht. Er kri- StGB bestehen. Das ursprünglich beab- minalisiert Ärzte und Ärztinnen und behin- sichtigte „Werbeverbot“ ist durch Anwen- dert Frauen, Männer und Paare in der dung auf das Internet zum Informations- Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte verbot verkommen. Wir fordern dezentral auf Information und selbstbestimmte Ent- Informationen zu Voraussetzungen und scheidungen rund um Familienplanung. Die Möglichkeiten für Schwangerschaftsabbrü- Folge sind eine anhaltende Tabuisierung che in Deutschland. Diese Informationen des Schwangerschaftsabbruchs, ein fort- müssen im Internet – gerade auch auf ärzt- bestehendes stigmatisierendes Frauenbild lichen Internetseiten – allen Interessierten und eine sich verschlechternde medizini- zugänglich sein. Der § 219a ist im Informa- sche Versorgungslage. Ich fordere daher tionszeitalter nicht mehr zeitgemäß und insbesondere die Abgeordneten von SPD, muss abgeschafft werden.“ Grüne, Linke und FDP auf, sich für diese sinnvolle Reform des Strafgesetzbuches Die Organisatorinnen und MitstreiterInnen weiterhin stark zu machen: Der § 219a des Bündnisses werden nicht locker las- muss weg.“ sen, bis § 219a aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden ist. Es fehlt noch viel Heike Spohr vom Aktionsbündnis Pro zum umfassenden Schutz von Frauenrech- Choice Gießen erklärte auf der dortigen, ten in Deutschland, die Streichung des § mit 600 TeilnehmerIinnen bestens besuch- 219a StGB ist ein wichtiger Schritt dahin. ten Veranstaltung: „Besonders wichtig finde Weitere Aktionen für das Jahr 2019 sind ich, dass heute nicht nur hier bei uns in geplant. Quelle: www.sexuelle-selbstbe- Gießen, sondern in vielen Städten die stimmung. de SPD-Basis gemeinsam mit uns auf der Die Aktion in München Straße ist und die ersatzlose Streichung des § 219a fordert. Dies ist ein klarer Ap- auf dem Marienplatz: pell an die SPD-Spitze, über die Aufhebung Statement von Radfem München, Caro- des Fraktionszwangs eine Gewissensent- lina Vidal scheidung im Bundestag zu ermöglichen. Liebe Frauen, liebe Verbündete, Eine Mehrheit in der Bevölkerung ist für die heute, am 26. Januar, demonstriert Mün- Streichung des § 219a, eine Mehrheit im chen erstmals gemeinsam mit 25 anderen Bundestag ist dafür. Es wird höchste Zeit, deutschen Städten in Solidarität mit Kristi- dass entsprechend gehandelt wird.“ na Hänel, Bettina Gaber und allen ande- ren von Paragraph 219a betroffenen In Münster wurde bei der Kundgebung vom Frauenärztinnen. Diese FrauenärztInnen dortigen Bündnis für sexuelle Selbstbe- sollen nach dem derzeitigen Kompromiss- stimmung bereits auf die Gegenproteste vorschlag der Bundesregierung weiter an- gegen den anstehenden „1000 Kreuze geklagt und unter Umständen verurteilt Marsch“ radikaler AbtreibungsgegnerIinnen werden können. Die Möglichkeiten von im März hingewiesen: „Hier in Münster sind Frauen, in Notsituationen Abbrüche zu be- die Anknüpfungspunkte der sogenannten kommen, werden damit immer weniger. Lebensschutzbewegung an die rechte Sogar in streng katholisch geprägten Län- Szene beim „1000 Kreuze Marsch“ beson- dern wie Spanien und Irland sind Schwan- ders gut sichtbar. Wir werden im März er- gerschaftsabbrüche nach Fristen legali- neut gegen diese reaktionären Bewegun- siert. Damit sind diese Länder fortschrittli- gen auf die Straße gehen und für das cher als Deutschland, wo Schwanger- Recht auf Selbstbestimmung eintreten.“ schaftsabbrüche nicht legal sind, sondern Das Frauenbündnis Kassel organisierte nur unter engen Bedingungen straffrei. unter dem Motto „Genug geredet“ eine Paragraph 218 des deutschen Strafge- Kundgebung mit Musik, bei der auch die setzbuches beurteilt den Schwanger- schaftsabbruch immer noch als ein Delikt. 4
KOFRA 163/2019 Der Paragraph §218 stammt aus dem Jahr sich rechtfertigen, weil sie Mutter 1871, aus der Zeit Kaiser Wilhelm I. als werden wollen. Warum sollen sie Frauen nicht wählen und nicht über ihren sich dann rechtfertigen, wenn sie es eigenen Körper verfügen durften. nicht wollen? Frauen wissen selbst, Der § 219a StGB stammt aus dem Jahre was sie wollen, was sie leisten 1933 und verbietet jede neutrale Ankündi- können, und wann sie Hilfe oder gung einer legalen Abbruchmöglichkeit Beratung benötigen! wegen " Werbung zum Schwanger- - Mangelnde Informationen: Fragen schaftsabbruch". sind nur zu bestimmten Aspekten Abtreibung ist aber kein Delikt, sondern ein zugelassen oder möglich, ÄrztInnen Frauenrecht: Es hat selbstverständlich zu und andere Fachpersonen dürfen sein, dass Frauen, wie alle anderen Men- Klientinnen zum Teil nicht infor- schen auch, das Recht haben, über ihren mieren Körper, ihre Gesundheit und ihre Lebens- - Mangelnde Ressourcen: Immer weise selbst zu entscheiden. weniger Kliniken und ÄrztInnen Nicht alle Frauen wollen Mütter sein, und bieten Abtreibungen an nicht jede Zeit ist die richtige Zeit, um Mut- - Die Hexenjagd auf ÄrztInnen, die ter zu werden. Mutterschaft und Erziehung Abtreibungen durchführen oder In- bedeuten eine große Veränderung im Le- formationen anbieten, durch Funda- ben, die Vorbereitung und Hingabe erfor- mentalistInnen dert. Ohne die notwendigen Bedingungen - entstehen unglückliche und dysfunktionale Aus diesen Gründen fordern wir: Familien. Frauen dürfen nicht gezwungen - die sofortige Aufhebung der §§ 218 werden, ihre Lebensentwürfe und damit ihr und 219a StGB Recht auf Selbstbestimmung aufzugeben. - die Streichung der Beratungspflicht Die Freigabe zur Adoption eines uner- - den schnellen und diskreten Zugriff wünschten Kindes kann eine Option sein, auf Informationen und eine aber nicht die einzige. Schwangerschaft freiwillige Inanspruchnahme von kann mit großen körperlichen und psychi- Beratungsangeboten schen Veränderungen und manchmal mit - das Erlernen von Abbruchmethoden einer emotionalen Belastung verbunden im Rahmen des gynäkologischen sein. Eine Schwangerschaft hat Auswir- Abschlusses kungen auf das tägliche Leben; sie kann - Schutz und Unterstützung für motorische sowie schwerwiegende Ge- Einrichtungen, die Abbrüche sundheitsrisiken mit sich bringen. durchführen, wie Kliniken und Frauen sind nicht die einzigen, die für eine Arztpraxen unerwünschte Schwangerschaft verant- wortlich sind, aber sie sind diejenigen, die Schwangerschaftsabbruch darf nicht wei- die Folgen tragen. Deswegen sollten auch ter kriminalisiert werden! nur Frauen über diese Folgen entscheiden Frauen dürfen nicht weiter stigmatisiert dürfen. Wir wollen freie und erfüllte Frauen, werden! glückliche Mütter und glückliche Kinder. Frauen haben ein Recht auf Information! Wir, die Veranstalterinnen, verurteilen die Und Frauen haben das Recht, über ihren bestehende Situation: Körper und ihre Lebensgestaltung zu ent- - Frauendiskriminierung: Frauen scheiden. werden behandelt, als seien sie nicht fähig, die richtige Statement von Juliane Beck für AKF e.V. Entscheidung über ihr Leben und Berlin ihre Zukunft zu treffen. Schon die Ich spreche hier als Vorstandsfrau für den Frage nach einer Abtreibung führt Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, dazu, bevormundet und/oder Psychotherapie und Gesellschaft e.V. Ber- schlecht behandelt zu werden. lin. kurz AKF. Er ist das größte Bündnis Frauen, die ihr Kind behalten von Frauengesundheitsorganisationen im wollen, müssen sich auch keiner deutschsprachigen Raum. Die größte Mit- Zwangsberatung unterziehen und gliedergruppe sind die Frauenärztinnen, 5
KOFRA 163/2019 _ etwa 100 sind sie. Sie unterstützen sich gegen das Grundrecht auf Selbstbestim- gegenseitig in Fachfragen, organisieren mung in der Medizin. "Ohne Information regelmäßig Fortbildungen zur bestmögli- sind wir ausgeliefert", steht daher auf unse- chen Versorgung der Frauen. Sie wenden ren Bannern. sich gegen die Ökonomisierung der Medi- Es sind so vielfältige Konfliktlagen, die zin, wie auch gegen überflüssige Gebär- Frauen und ihre Partner oder Partnerinnen mutterentfernungen und Hormontherapien, dazu bringen, sich eine Fortsetzung der setzen sich für eine gute Geburtshilfe ein. Schwangerschaft nicht vorstellen zu kön- Mit dem AKF und der Gesellschaft für evi- nen. Das habe ich neun Jahre lang als denzbasierte Medizin führen sie im März Rechtsberaterin in einer Schwangerenbe- einen Fachtag zum letzten Wissensstand ratungsstelle in München mitbekommen. bezüglich Verhütung durch. Die Sicht von Die Entscheidung gegen die Schwanger- Frauen wie Männern ist uns dabei wichtig! schaft macht sich kaum jemand leicht. Pro Alle Ärztinnen, die jetzt wegen "Werbever- Familia kann dazu sicher mehr berichten. bot" angeklagt oder verurteilt sind, sind Psychisch belastend ist der Abbruch für Mitglied im AKF: Kristina Hähnel, Nora einige Frauen auch, weil er in der Gesell- Szasz, Natascha Niklaus, Eva Waldschütz schaft nach wie vor tabuisiert wird. und andere. Deshalb bekommen wir genau Meine Arbeit als Rechtsberaterin setzte mit, was ihre Beweggründe sind. Sie alle erst ein, wenn die Schwangerschaft fortge- haben auf ihren Websites bekannt gege- setzt wurde. Da fangen die Probleme ja ben, dass sie straffreie Schwangerschafts- erst an. Frauen wissen das im Voraus. Sie abbrüche durchführen, äußerst verantwort- entscheiden, so fand schon vor 30 Jahren lich immer dann, wenn ihre Patientinnen Carol Gilligan, nicht kategorisch - mora- diesen Ausweg aus einem Konflikt brau- lisch, nach Begriffen wie richtig-falsch. Sie chen. Sie kennen die Nöte der Frauen und entscheiden vielmehr aus einem Kontext wissen, wie absurd der Vorwurf ist, Frauen der Bindung und Zusammengehörigkeit mit würden sich leichtfertig gegen den Embryo anderen. Dazu passt das Schwarz-Weiss- entscheiden. Schema der selbsternannten Lebensschüt- In Deutschland ist es allen Personen außer zer nicht. Leben in Beziehung ist so viel Behörden, Krankenkassen und Schwange- komplexer. Es ist kein Kampf Gut gegen renberatungsstellen verboten, in der Öf- Böse. Wir sind nicht im James-Bond-Film. fentlichkeit über Abbruchmöglichkeiten zu Selbst die Primatenforschung belegt inzwi- informieren. So dürfen auch ÄrztInnen („I“) schen: wir sind auf Kooperation angelegt, und Kliniken nicht auf ihren Websites be- nicht auf Kampf ums Überleben. Wir Men- kanntgeben: schen haben überlebt, weil wir kooperieren. 1. dass Abbrüche durchgeführt werden und Übrigens zu Bond: Schauen Sie sich mal 2. Welche Methoden und Verfahren sie im Internet den aktuellen James Bond Da- nutzen. niel Craig mit Tochter im Tragetuch an, wie Eine absurde Situation: Gerade zu dieser er dafür als unmännlich angegriffen wird. wichtigen Entscheidung sind durch das Und wie viele Männer sich jetzt mit ihm so- Strafrecht Patientinnenrechte ausgehebelt. lidarisieren! Ermutigend! Nur die allgemeine, neutrale Information zu Mütter und ihre Partner und Partnerinnen Schwangerschaftsabbruch ist im Internet brauchen enorm viel Unterstützung in die- bei der Bundeszentrale für gesundheitliche ser Gesellschaft, und sie wissen genau: die Aufklärung, der profamilia und anderen zu- ist knapp. Wie lange schon kämpfen wir um gänglich. Kita-Plätze und Vereinbarkeit von Familie Die Methoden des Abbruchs sind nicht und Beruf? Und wie weit sind wir mit Steu- überall gleich. Zum Teil werden sie in Nar- ergerechtigkeit und Frauenarmut jetzt und kose durchgeführt, zum Teil nicht. Aber wie im Alter? In dieser Situation unterstellen jeder Arzt/Ärztin das macht, das kann die Gesetzgebung, Regierung und Gerichte Frau erst in der Praxis erfahren. Sie kann immer noch, die Frauen bräuchten eine nicht vorab vergleichen, beurteilen, abwä- Pflichtberatung, weil sie leichtfertig ent- gen. Und das muss sie in Zeitnot und per- scheiden. Das ist würdelos und frauen- sönlicher Bedrängnis tun. Das verstößt feindlich. In wessen Körper sind denn wir 6
KOFRA 163/2019 alle hier auf diesem Platz geschützt wor- sind: dann in der Frist nochmal hinlaufen?? den? Würden wir leben ohne den vorge- Was wenn die Frau nicht gut schreiben burtlichen Schutz unserer Mütter? An sehr kann? frühgeborenen Kindern können wir sehen, Hier in München darf offiziell also nur die wie essentiell der schützende weibliche städtische Beratungsstelle, mit 2,5 Stellen Körper für sie ist. Ihr Risiko, lebenslang die kleinste Schwangerenberatung, für eine behindert zu sein, ist sehr hoch. Mich be- Millionenstadt Adressen herausgeben. Der drückt der derzeitig weltweit zu beobach- am meisten verwendete Strafrechtskom- tende Trend, das Kind gegen die Mutter zu mentar Fischer und praktisch alle Politike- schützen. Die steigende Anzahl der Inob- rInnen gehen aber davon aus, dass die In- hutnahmen in München. formation der Schwangeren durch alle Schwangerenberatungsstellen gesichert Wegen dieser grundlegenden Frauenver- sei. Schließlich haben diese ja keinen achtung ist der AKF für die Abschaffung Vermögensvorteil von der Vermittlung der des derzeitigen § 218 StGB zugunsten ei- Adressen, und ihre Information kann wohl ner Fristenlösung, wie sie der Bundestag kaum per se als grob anstößig angesehen bereits 1992 beschlossen hatte. Leider hat- werden, oder? te das Bundesverfassungsgericht sie da- So aber nicht die Dienstanweisungen der nach auf Verfassungsklage von Bayern Regierung von Oberbayern, und das baye- aufgehoben. rische Staatsministerium für Gesundheit Wenn es aber zur Abschaffung der Fristen- und Pflege. Die nichtstädtischen Bera- lösung käme, dann müssen wir darauf be- tungsstellen bekommen Aufforderungen, stehen, das jetzige Angebot der Schwan- die Weitergabe der Adressen zu unterlas- gerenberatungsstellen zu erhalten. Sie bil- sen. den eine wichtige Unterstützungsstruktur Hierzu hat die Grünen- Stadträtin Anja für Schwangere und junge Mütter / Väter in Berger im letzten Sommer einen Stadtrats- dieser Stadt. Und das für alle Bevölke- antrag auf Veröffentlichung aller Münchner rungsgruppen. Das kann fast kein anderes Abbruchadressen gestellt - die Zustimmung psychosoziales Beratungsangebot von sich der Praxen und Kliniken vorausgesetzt -. behaupten. Ich kann daher alle verstehen, Die Stadt München soll die Adressen auch die den § 218 - auch aus taktischen Grün- auf ihre Homepage setzen. In Berlin, Ham- den - nicht antasten wollen. burg, Bremen und vielen anderen Städten Die Bundesregierung will nun im ausge- wird das so gehandhabt. Ein gerade aktua- handelten Kompromiss ansatzweise die lisierter großer Strafrechtskommentar zu § Abschaffung des sogenannten Werbever- 219a bestätigt: Informationen, die öffentli- botes für Abbrucheinrichtungen und Onli- che Behörden online stellen, sind von dem ne-Informationen über sie umsetzen.. Aber Verbot ausgenommen. Wir brauchen das immer noch mit dem Drohfinger "Lebens- auch in München, sofort, und nicht erst schutz" gegenüber den Frauen und ÄrztIn- dann, wenn sich die Bundesregierung viel- nen!. leicht doch noch auf bundesweite Online- Besonders absurd ist die Situation aller- veröffentlichung verständigt. Bitte sprechen dings hier in Bayern: das bayerische Sie alle PolitikerInnen wie z.B. StadträtIn- Schwangerenhilfeergänzungsgesetz be- nen auf den laufenden Antrag an. Dies stimmt in Art. 6, dass die unteren Gesund- muss sich mindestens ändern. heitsbehörden (hier: die Stadt München) und die Krankenkassen allein das Recht Zurück zu den Ärztinnen des AKF. Sie wei- haben, Abbruchadressen herauszugeben. gern sich, den einfachen Hinweis auf die Und das auch nicht per Liste und nicht zum Abbruchmöglichkeit in ihrer Praxis von ihrer Kopieren oder Abfotografieren. Nein, jede Website zu nehmen. Sie wollen das grund- Schwangere darf sich in der städtischen sätzlich durchfechten, für uns Frauen, Beratungsstelle oder bei ihrer Krankenkas- durch die Instanzen. Es kostet sie viele se Adressen per Hand abschreiben. Und 1000 € Anwalts- und Prozesskosten. Der wenn die notierten Praxen nicht erreichbar Arbeitskreis Frauengesundheit unterstützt sind oder keine Termine mehr haben oder sie inhaltlich, führt Kampagnen für sie, wie die ÄrztInnen inzwischen in Ruhestand hier in vielen Städten. Der AKF kann keine 7
KOFRA 163/2019 _ Finanzmittel an Privatpersonen geben. Heute ist es mehr als 50 Jahre her, dass Aber Sie können z.B. auf der Website von Frauen sich massenhaft aufmachten, um pro familia Kassel ein Spendenkonto fin- für ihre Selbstbestimmung zu kämpfen! den. Lassen Sie sie nicht allein, sage ich Dazu gehört die ersatzlose Streichung des hier, weil ich sie kenne! Sie sind großartig. §218, die Beendi-gung der Kriminalisierung Das Bündnis für sexuelle Selbstbestim- von Abtreibung, die Kontrolle über den ei- mung startet jetzt endlich auch in München. genen Körper, das eigene Leben! Gut wäre, wenn sich noch viel mehr Orga- Bereits die erste Frauenbewegung be- nisationen ihm anschließen würden! Seine kämpfte das 1871 eingeführte Abtrei- Ziele gehen weit über das Recht auf Ab- bungsverbot. 100 Jahre später haben sich bruch hinaus: jede Frau, jeder Mann, jede 374 Frauen im Stern öffentlich bekannt, Person soll das leben können, was sie als abgetrieben zu haben, um das Verbot end- lebbar empfindet, in ihrem Körper. Spüren, lich aufzuheben. Die Aktion fand ein enor- was jetzt für mich wichtig ist, und danach mes Echo und löste eine breite Soli- handeln, in Verbindung und Zusammenge- darisierung für die Forderung nach Ab- hörigkeit mit denen, die uns wichtig sind. schaffung des §218 aus, nach Beendigung Selbstbestimmung ist der Inbegriff eines heimlicher, illegaler und gesundheitsge- guten, gelingenden Lebens. Nur auf ihrer fährdender Abtreibungen. Basis können Kinder sich mit uns wohl füh- Die „Aktion 218“ hier in München war die len und bei uns wachsen. aktivste Gruppe in der Bundesrepublik. Po- Ich zitiere abschließend die ehemalige lizei und Justiz waren umgekehrt hier die Bundesministerin Süssmuth. Ihr war sehr Repressivsten: Sie reagierten mit Haus- wichtig, dass das im Jahr 1992 noch exis- durchsuchungen und Vorladungen. Am 22. tierende Abtreibungsverbot gegen die Juni 1971 stürmte um 6 Uhr früh die Polizei Würde der Frauen verstieß. Sie sagte in die Wohnungen zwei-er Aktivistinnen und der entscheidenden Sitzung, als der Bun- beschlagnahmten rund 2000 Solidaritätser- destag in der Nacht des 26. Juni 1992 in klärungen und 150 Selbstbe-zichtigungen. Bonn die Fristenregelung verabschiedete: Sie wollte einschüchtern, aber Fehlanzei- „Niemand wird das Kind gegen die Mutter ge! retten können, deswegen geht es nur mit Das Thema hatte enorme Sprengkraft. Die der Mutter. Und so gilt es auch nicht, beide Frauen begriffen, dass das Abtreibungs- gegeneinander auszuspielen ... Und des- verbot den zentralen Punkt patriarchaler wegen hören wir endlich auf, die Frauen für Dominanz und Fremdbestimmung darstellt. entscheidungsunfähig, für nicht verantwor- Sie begannen, sich über ihre gesellschaftli- tungsfähig zu halten. Geben wir endlich chen Erfahrungen und Analysen auszutau- dem Leben eine Chance.“ schen, Selbsthilfe- und Aktionsgruppen, Und immer noch sind wir nicht bei vollen Frauenzentren und Frauenprojekte zu Entscheidung und reproduktiver Selbstbe- gründen. Die zweite Frauenbewegung war stimmung der Frauen angekommen. Des- geboren! halb: Ich bin so froh, dass Ihr jungen und Die Gedanken und Forderungen der akti- wir alten Frauen den Kampf weiterführen, ven Frauen radikalisierten sich rasch. Der im Grundsatz und im Konkreten. Ich erlebe Wille, sich von patriarchaler Bestim- junge Männer heute so viel klarer darin, mungsmacht zu befreien, über ihren Kör- dass dieser Kampf unterstützenswert ist per, ihr Leben, ihre Identität selbst zu be- und auch für sie Freiheit und Lebensquali- stimmen, war unbändig. Die katholische tät bringt. Machen wir weiter, geben wir Kirche versuchte, mit ihrer „Aktion für das nicht auf, gemeinsam! Leben“ diese Entwicklung aufzuhalten, die Frauen wieder zurückzudrängen. Gegen Statement von Anita Heiliger, Kofra e.V., eine Kundgebung von Kardinal Döpfner München: 1973 auf dem Odeonsplatz zur Beschimp- Abtreibung ist Frauenrecht! Mehr als 50 fung abtreibender Frauen als „Mörderin- Jahre Kampf um Selbstbestimmung für nen“ gab es heftigen Protest der Frauen. Frauen, um Abschaffung des §218. Die Polizei schützte die frauenfeindliche 8
KOFRA 163/2019 Kirche und verhaftete 50 der Protestieren- Erst nach der Wiedervereinigung kam ein den. neuer Vorstoß, die Abtreibungsfreiheit der Doch die Aktivistinnen ließen sich nicht DDR zu übernehmen. Dafür demonstrier- einschüchtern, für ihr Frauenrecht zu ten wir 1990 auf dem Münchner Marien- kämpfen. Sie richteten Beratungsdienste platz! 1992 wurde die Fristenlösung noch ein, vermittelten Abtreibungsadressen – vor einmal beschlossen. Aber wieder klagte die allem in Österreich und Holland - , infor- CDU/CSU und erreichte, dass eine „Aus- mierten über Verhütungsmittel, demons- tragungspflicht“ der Frau weiterhin besteht, trierten zu Tausenden auf den Straßen und eine Abtreibung nach Zwangsberatung in- Plätzen, agitierten mit phantasievollen nerhalb der ersten 12 Wochen zwar Kundgebungen z.B. auf dem Münchner rechtswidrig, aber nicht strafbar ist. Marienplatz. Ein Desaster für Frauen in Deutschland, während die umliegenden europäischen Der Druck auf die Politik war erfolgreich: Staaten längst die Fristenlösung haben. 1974 beschloss der Bundestag die Fristen- Hier aber wollen Kirche und CDU/CSU mit lösung, freie Abtreibung bis zur 12. allen Mitteln die Macht über den Frauen- Schwangerschaftswoche. Aber die körper, über die Gebärfähigkeit der Frau CDU/CSU klagte beim Bundesverfas- behalten, sie an einem selbstbestimmten sungsgericht dagegen und heraus kam Leben hindern. Der Schutz des ungebore- 1976 die Indikationslösung mit Zwangsbe- nen Lebens wird über den des geborenen ratung: Abtreibung blieb strafbar, wurde Lebens gestellt. Das Leid der Frauen mit durch Nachweis einer „Notlage“ aber nicht ungewollten Schwangerschaften interes- strafverfolgt. Das war eine heftige Nieder- siert sie nicht, Kinder, die nicht gewollt sind lage für die Aktivistinnen und alle Frauen in und nicht ausreichend versorgt werden der BRD. Das neue Gesetz schuf eine un- können, interessieren sie nicht. Doch wenn würdige, demütigende Prozedur für die be- Frauen ihre Neugeborenen töten, weil sie troffenen Frauen, besonders schlimm in keinen Ausweg wissen, ist das Geschrei Bayern, in Berlin dagegen gab es eine sehr groß und die Strafe hart! liberale Handhabung. Hier in Bayern wei- gerten sich viele ÄrztInnen und Kranken- Zwang, Angsterzeugung, Demütigung und häuser, die Abtreibungen durchzuführen, Bestrafung sind Mittel patriarchaler Herr- kirchliche Beratungsstellen übten Druck auf schaft des 19. Jahrhunderts. Wir befinden die ratsuchenden Frauen aus, das Kind uns aber im 21. Jahrhundert, in dem welt- auszutragen. Wieder mussten Fahrten weit für Frauenrecht als Menschenrecht nach Wien organisiert werden, um den gekämpft wird. Wir fordern: Befreiung von Frauen zu helfen, die massenhaft in das Mutterpflicht, Beendigung von Zwangsmut- Frauenzentrum in der Gabelsbergerstraße. terschaft, von Sexual- und Lebensfeind- strömten. lichkeit, Selbstbestimmung des Frauenle- Die Situation war skandalös! Aber Feminis- bens mit und ohne Kindern, Befreiung von tinnen begannen über alternative, natürli- patriarchaler Bestimmungsmacht und jeder che Abtreibungsmethoden zu forschen, Form von Sexismus. suchten nach dem verloren gegangenen Wissen. Abtreibungskliniken in Frauenhand medica mondiale: wurden angedacht, junge Ärztinnen ließen Weg mit dem § 219a sich in Holland, Italien und Frankreich in "Das juristisch verbriefte Selbstbestim- der schonenden Absaugmethode ausbil- mungsrecht von Frauen auf ihren Körper ist den. Doch die tollen Pläne wurden nicht ein Gradmesser für die demokratische Ver- umgesetzt: es fehlte an Mut, Unterstützung fasstheit einer Gesellschaft, und dafür, wie und Geld. Eine historische Chance war ver- wichtig ihr Geschlechtergerechtigkeit ist. Es tan. Viele Aktivistinnen wandten sich vom gibt keinen Kompromiss zur Abschaffung Kampf gegen den §218 ab und ihren indi- des § 219a." Monika Hauser, Gynäkologin viduellen Befreiungsstrategien zu. Eine li- und Gründerin der Frauenrechtsorganisati- beralere Handhabung des §218 setzte sich on medica mondiale, kritisiert das soge- bundesweit durch und nahm den Hand- nannte Eckpunktepapier zur ,Verbesserung lungsdruck gegen das Abtreibungsverbot. der Information und Versorgung in 9
KOFRA 163/2019 _ Schwangerschaftskonflikten' der Bundes- Formen von Landwirtschaft und Tier- / regierung. Es zeige, dass es nicht um die Viehhaltung. Gebären ist ein übergroßes Rechte von Frauen geht, sondern um ihre Gut. Leider haben wir nicht die Fähigkeit Bevormundung. Es sollte selbstverständ- auch Leben zu bewahren, und die Kinder, lich sein, betont die Aktivistin, dass ÄrztIn- die wir gebären, sterben auch. Damit war nen ungewollt schwangeren Frauen in die- unsere Begabung nur halbwertig und wir ser Notlage sämtliche Informationen zur wurden deswegen verachtet. Verfügung stellen und sie umfassend bera- Diese Geringschätzung hat sich in eine ten können, ohne sich strafbar zu machen. Machtausübung entwickelt. Frauen sollen Seit Jahrzehnten gehöre dies zum Reper- sich um private Angelegenheiten kümmern, toire ärztlichen Handelns in europäischen versuchen ihre Hauptaufgabe in den Griff Ländern."Jetzt, da rechtspopulistische und zu bekommen. Auf der anderen Seite kön- anti-feministische Menschen zunehmend nen Männer sich um das Leben der Ge- die Politik vor sich hertreiben, werden Auf- meinde kümmern. Das ist die Entstehung klärung und Fortschritt gekippt und Frauen- von Gender: bestimmte Merkmale, Aufga- rechte als erstes beschnitten", erklärt Hau- ben, Verhaltensweisen, die von Männern ser. "Frauen, geht auf die Barrikaden, es als minderwertig eingestuft wurden (da der muss ihnen endlich wehtun!" Einflusskreis kleiner ist), wurden und wer- den Frauen zugeordnet. Als unfähige, machtlose und untergeordnete Wesen Netzwerke/ Aktionen bleibt als unser einziger Nutzen in der Ge- sellschaft nur die sexuelle Befriedigung und Resolutionen die Fortpflanzung von Männern. Und die direkten Folgen davon sind Prostitution, Radfem Munich Pornografie, Abtreibungsverbot, Entbin- MANIFEST: Radikaler Feminismus un- dungsgewalt, Mietmutterschaft, Menstrua- tersucht und bekämpft die Wurzeln der tionsverachtung, Genitalverstümmelung, Frauenunterdrückung. Kinderehen, Vergewaltigungen, Erzie- Frauen erleiden keine Diskriminierung, hungsverbot, physische und psychische sondern strukturelle Ungleichheit. Die Ge- Gewalt, Exklusion aus der Wissenschaft, sellschaft ist auf drei Achsen hierarchisch der Philosophie, der Politik oder der Kunst, gebaut: Geschlecht, Klasse und Rasse. gläserne Decke, Gehaltsunterschied, Unabhängig von Kultur / Region werden Schönheitsvorschriften, ungerechte Jus- die Personen, die nicht die führende Klas- tiz…. se, Geschlecht und Rasse haben, von dem Um die Hierarchie der Geschlechter end- Wohlstand aus Bildung, Gesundheit, Ver- lich zu vernichten, kämpfen wir, die radika- mögen, Selbstbestimmung ausgegrenzt. len Feministinnen, gegen Gender, was Die Diskriminierung ist die Stigmatisierung dem Patriarchat als Unterwerfungswerk- von Minderheiten aufgrund von Vorurteilen zeug dient, sowie allen seine Auswirkun- (sexuelle Orientierung, Gender Ausdruck, gen. Religion, Behinderung, Herkunft). Diskrimi- nierung variiert zwischen den Kulturen oder ELLA – Ländern, und es ist zu der globalen sozia- das Netzwerk für Frauen in und ausge- len Hierarchie dazu zu addieren. stiegen aus der Prostitution Die Suche nach dem Ursprung unserer Un- Ziele von Ella: terdrückung bringt uns unabdingbar zur Wir sind Frauen, die in der Prostitution wa- Suche nach der Differenz zwischen uns ren oder noch sind. und den Unterdrückern. Wenn wir zu den Wir verstehen uns als solidarisch mit allen Anfangszeiten zurückgehen, bleibt nur das anderen Frauen, auf die das zutrifft, aber Geschlecht. Es gibt zwei Körpertypen, und wir distanzieren uns von den Interessen eine davon hat Lebewesen geschöpft. Um jener, die von der Prostitution anderer profi- ihr Leben zu verbessern haben Menschen tieren. angefangen, die Natur zu kontrollieren und Wir nehmen Prostitution als sexuelle Ge- zu beeinflussen. Es entstanden die ersten walt wahr und setzen uns dafür ein, dass 10
KOFRA 163/2019 dies anerkannt wird. Prostitution ist keine Sexindustrie zu legalisieren und zu entkri- Dienstleistung und kein Beruf, sondern Ur- minalisieren und den Zuhältern und Käu- sache und Auswirkung eines ungerechten fern die Erlaubnis zur Ausnutzung der Geschlechterverhältnisses. Frauen in der Prostitution zu geben. Deswegen folgen wir dem abolitionisti- http://netzwerk-ella.de schen Kurs, gegen Prostitution, aber für #womenstandup Prostituierte zu agieren. Prostitution ist sexuelle Gewalt. Deswegen Am 26.Januar startete eine weltweite Wo- ist es richtig, die, die diese Gewalt ausü- che des Aufstandes von Frauen! ben, in die Verantwortung zu nehmen. Eine von Dagmar Willhalm Freierbestrafung ist die logische Folgerung. Wir sehen aber, dass es damit nicht getan Aufgrund der jüngsten Vorkommnisse der ist. Die von Prostitution betroffenen Frauen Zensur von Frauen durch das Löschen von zu kriminalisieren ist ein Unrecht, für des- feministischen Accounts durch Twitter und sen Abschaffung wir uns einsetzen. Wir feministischen Blogs durch WordPress, brauchen keine Regulierung und keine einschließlich das Bannen von Feministin- Kriminalisierung – wir brauchen Alternati- nen auf Facebook schlicht für den Aus- ven, andere Optionen, Ausstiegshilfen und druck: „Frauen sind erwachsene, weibliche auch Traumatherapien. Menschen!“, sind Frauen weltweit nun auf- Das alles sehen wir verwirklicht im Nordi- gerufen, sich gegen diese Beeinträchtigung schen bzw. im Abolitionistischen Modell. von Frauenrechten und Aushebelung von Für dieses setzen wir uns ein. Meinungsfreiheit zur Wehr zu setzen. Außerdem schließen wir uns dem Manifest In Deutschland müssen sich Frauen zu- der Prostitutions- und Menschenhandels- sammentun um das zu verhindern, was z. überlebenden an, welches 2005 im Euro- B. in USA, Canada, Australien, Neusee- päischen Parlament verlesen wurde: land, Irland schon still, heimlich und leise -Prostitution muss beseitigt werden. Daher gesetzlich verankert wurde und in UK ver- sollte sie nicht legalisiert oder gefördert abschiedet werden soll, OHNE Frauen werden. überhaupt dazu anzuhören: Es geht um die -Gehandelte und prostituierte Frauen brau- gesetzliche Verankerung von „Selbstidenti- chen Unterstützungsangebote, die ihnen fikation“. Das beschreibt das Recht eines dabei helfen sich eine Zukunft außerhalb jeden Menschen, ohne Prüfung und weite- der Prostitution aufzubauen, dazu gehören ren Aufwand, auf das Standesamt gehen rechtliche und finanzielle Amnestie, finan- zu können und sein Geschlecht beliebig, zielle Unterstützung, Praktika, Arbeit, Un- gesetzlich wirksam ändern zu können. Ein- terkunft, Gesundheitsversorgung, rechtli- fach so. che Vertretung, Bleiberechte und kulturelle Manche fragen sich nun: Ist das nun so Mediator_Innen und Sprachschulung für schlimm?!? JA!!! Ist es! Hier sind die Fol- Opfer des internationalen Menschenhan- gen: dels. Alle Frauenschutzgesetze und sichere -Frauen in der Prostitution brauchen Regie- Frauenplätze sind nutzlos. Fraueneinrich- rungen, die Menschenhändler_Innen, Zu- tungen wie Frauenhäuser für Opfer von hälter_Innen und Männer, die Frauen in der häuslicher Gewalt müssen dann auch für Prostitution kaufen, bestrafen und die Si- biologische Männer zugänglich sein, die cherheit und Schutz vor denen bieten, die sich als Frau eintragen lassen. Veranstal- ihnen schaden wollen. tungen nur für Frauen oder nur für Männer, -Hört endlich auf, Frauen festzunehmen gibt es nicht mehr, Frauensport wird von und nehmt die Täter des Menschenhandels biologischen Männern dominiert, Quoten und der Prostitution fest. für Frauen in der Politik und Wirtschaft -Stoppt die Polizeischikanen gegen die werden von biologischen Männern besetzt Frauen in der Prostitution und die Abschie- (eine Frauenbeauftragte der Labour Party bung gehandelter Frauen. in UK ist ein 19 jährige Jüngelchen), Heb- -Prostitution ist nicht „Sexarbeit“ und Men- ammenordnungen müssen umgeschrieben schenhandel ist nicht „Migration für Sexar- werden, da jetzt auch Männer Kinder be- beit“. Regierungen sollten aufhören, die kommen, Homosexuellen Veranstaltungen 11
KOFRA 163/2019 _ und Räume werden unmöglich gemacht, Offener Brief an Merz und Seehofer, (biologische Männer behaupten Lesben zu die Vergewaltigung in der Ehe für sein und übernehmen die Dyke Marches), kein Verbrechen halten Frauen wird es nahezu unmöglich ge- Vor 21 Jahren haben Sie im Bundestag macht, ihre Unterdrückung zu artikulieren, abgestimmt, um die Strafbarkeit der Ver- da die Sprache, die Definitionen von Ge- gewaltigung in der Ehe zu verhindern. Heu- schlechtsklassifizierung verwässert werden te ignorieren sie Frauen, die Sie dazu zur und Kriminalstatistiken werden verfälscht Rede stellen. (viele Sexualstraftäter haben die Chancen Von Stephanie Krämer. erkannt und identifizieren sich jetzt als Frau, um in Frauengefängnissen unterge- An die Herren Merz und Seehofer, bracht zu werden, eine reale Bedrohung am 28. November 2018 wurden Sie, Herr von Frauen, oder aus dem Grund seine Merz, von Frauen auf Facebook gefragt, ob kriminelle Vergangenheit zu vertuschen). Sie bereuen in der Bundestagsabstimmung Die Auswirkungen auf Kinder und Jugend- 1997 gegen die Strafbarkeit von Vergewal- liche sind fatal, da Organisationen Einfluss tigung in der Ehe gestimmt zu haben. Eine auf Vorgaben für Lehrkräfte und Lehrplan Position, die auch Sie, Herr Seehofer, ver- nehmen. Kindern ab 11 werden Pubertäts- treten haben. blocker verabreicht, die sie ihr Leben lang Sie beide, Herr Merz und Herr Seehofer, verkrüppeln. gehörten zu den 138 Abgeordneten, die selbst noch am 15. Mai 1997 gegen den DIE Frage, die sich jede und jeder stellen Gesetzesentwurf stimmten, der Frauen sollte: WER steckt hinter dieser giganti- endlich eine rechtliche Grundlage für die schen Lobbyarbeit, die es geschafft hat, Verurteilung vergewaltigender Ehemänner solche Gesetze sang-und klanglos, ohne geben sollte. Nur durch die parteiübergrei- dass die Öffentlichkeit es groß erfahren fende Mehrheit von 470 anderen gelang hat, durchzubringen! es, das Gesetz einzuführen. Völlig zurecht fragen sich Frauen – heute wie vor 21 Jah- WER steckt hinter dem kolossalen Angriff ren – wie um alles in der Welt Männer ver- auf die Meinungsfreiheit, die eine öffentli- treten können, dass die eine Form von che Diskussion verbietet und Leuten die es Gewalt gegen Frauen besser sein soll als doch tun, erheblichen beruflichen Schaden die andere. durch Rufmordkampagnen und persönliche Verstehen wir uns richtig – das Gesetz ist Bedrohungen zufügen? In Universitäten ist patriarchal. Änderungen, die Männer ahn- es verboten kontrovers zu diskutieren! Pro- den und Frauen schützen sollen, sind fessoren, die es doch tun droht die Entlas- praktisch unmöglich zu erwirken und selbst sung! Politiker, die dieses Gesetz diskutie- im positiven Falle werden sie von Anwälten ren wollen werden von der Partei zurück- und Richtern oft so ausgelegt, dass Män- gepfiffen, werden in Social Media mit ei- ner mit ihren Gewalttaten davonkommen nem Shitstorm überzogen und persönlich und Frauen im Zweifel dafür bestraft wer- bedroht! den überhaupt “aufgemuckt zu haben”. Das ist ein vehementer Angriff auf demo- So beispielsweise beim “Nein heißt nein”- kratische Werte, wenn nicht sogar auf Gesetz, für das Frauen jahrelang gekämpft Menschenrechte! Und Frauen haben die haben und das Frauen in so manchem Fall gleichen Menschenrechte wie Männer!! zum Nachteil gereicht. Da wird am „Nein“ so lange hinterfragt, heruminterpretiert und Bitte informiert Euch! Bitte tut Euch zu- es werden metaphysische Betrachtungen sammen und wehrt Euch! Schreibt an Poli- angestellt, bis das Nein zur Worthülse ver- tiker und Politikerinnen! Es muss einen an- kommen ist, mit der Vergewaltiger freige- deren Weg geben, Transsexuellen einen sprochen werden können: „Könnte es sein, gleichberechtigten Status zu geben, als die dass der Angeklagte dachte, Sie seien ein- Abschaffung von Frauenrechten!“ verstanden?“ wurde im Jahre 2016 ein Vergewaltigungsopfer gefragt, das von eine Mann über vier Stunden lang gefoltert wur- 12
KOFRA 163/2019 de. Die Frau hatte „Nein!“ und „Aufhören!“ und gegen das Sie, Herr Merz und Herr gerufen. Sie kratzte ihren Peiniger. Der Seehofer, gestimmt haben. Mann klemmte ihren Kopf zwischen die Erst diesen Sommer endete ein Prozess Metallstäbe seines Bettes und vergewaltig- gegen einen Vergewaltiger, der mehrfach te sie stundenlang. seine Ehefrau vergewaltigt hatte, mit einem Doch weil der aus dem Ausland stammen- Freispruch. de Mann, wie das Gericht befand, aus kul- Das Opfer, das mehrmals in Tränen aus- turellen Gründen das “Nein” und den phy- brach, habe zu wenig Gefühle gezeigt, hieß sischen Widerstand des Opfers möglicher- es vom Gericht in der Urteilsbegründung. weise missverstanden haben könnte, wur- Sie sei nicht glaubwürdig gewesen, befand de er freigesprochen. Männerunrecht geht das hohe Gericht, weil sie viel zu detailliert vor Frauenrecht. (!) über die Gewalttaten berichten konnte. Doch nicht nur werden Gesetze, die Frau- Inzwischen wissen wir ja, Herr Merz, Herr en schützen sollen, missachtet – das Ge- Seehofer, dass jede Tatsachenverdrehung setz wird gegen uns verwendet. Gina-Lisa und alle kognitive Dissonanzreduktion recht Lohfink wurde bekanntermaßen verurteilt sind, um Frauen ihr Recht zu verwehren. dafür, ihre eigene Vergewaltigung ange- Doch in diesem Falle hatte der angeklagte zeigt zu haben. Die Täter, die Videoauf- Vergewaltiger und Ehemann die Taten aus nahmen mit dem Titel „Vergewaltigungsvi- den Jahren 2013 und 2014 selbst einge- deo Gina-Lisa Lohfink“ an verschiedene standen. Seine Verteidigung plädierte auf- Zeitungen verkaufen wollten, wurden frei- grund seines Geständnisses höchstselbst gelassen, obwohl die Aufzeichnungen be- (!) auf eine Bewährungsstrafe. Doch das legen, dass Gina-Lisa Lohfink sich gegen Gericht entschied, dass das pauschale Ge- die beiden Gewalttäter wehrte und sie ständnis des Angeklagten keinen Wert ha- mehrmals “Hör auf” rief. Doch dabei blieb be, weil er nicht genug Details (jawohl, es nicht, denn die Täter zeigten ihr Opfer nicht genug Details!) genannt hätte. an und gewannen im nächsten Prozess Merken Sie was, Herr Merz? Klingelt es 24.000€ wegen angeblicher Falschaussage auch bei Ihnen, Herr Seehofer? Lohfinks. „Ich kann keine Gewalt erken- Sie und ihre Kollegen sind auch niemals nen“, sagte die Richterin nach Abspielen auch nur aus dem Takt gekommen in ihrer des Videos im Gerichtssaal zu Lohfink. misogynen Kakophonie. Dröhnend und Welche Frau kann sich in einer Gesell- schallend haben Sie die Frauen verlacht, schaft sicher wähnen, in der Männer unge- die in offiziellen Sitzungen für das Recht straft vergewaltigen können? Wenn Frauen auf körperliche Unversehrtheit von Frauen sich wehren, erfahren sie zusätzliche Ge- gegenüber ihren Ehemännern eingestan- walt. Ihre Anzeigen werden abgetan, belas- den sind. Schief und krass waren Ihre Ge- tende Prozesse ziehen sich jahrelang hin genreden, als Sie oder Ihre Parteikollegen und die Täter werden freigesprochen oder behaupteten, Vergewaltigungen könnten ja mit derart unzureichenden Strafen bedacht, nicht immer gleichermaßen schlimm oder dass sie ihr Verbrechen propagandistisch strafbar sein. Aggressiv und unpassend wie einen Kavaliersdelikt vor sich herum- war der Ton gegenüber Wählerinnen, die tragen können. völlig zurecht von einem gewählten Vertre- Wie kann eine Frau die Stimme erheben, ter einer demokratischen Partei und einem wenn sie nicht sicher sein kann, dass das Rechtsgelehrten erwarteten, dass er Posi- Gesetz ihre Rechte schützen wird? tion für das Recht bezieht. Wie kann eine Frau die Stimme erheben, Vier Anläufe im Bundestag brauchte es, um wenn sie hingegen sicher sein kann, dass das Gesetz endlich ins Strafgesetzbuch zu das Gesetz gegen sie verwendet wird? bringen. Vier Anläufe – doch wie viele De- So, wie auch das “Nein heißt Nein”-Gesetz batten voller mansplaining und Ignoranz? keine Garantie dafür ist, dass bei der An- Wie viele unwürdige, unnötige Erschöpfung zeige, vor Gericht und in der Gesellschaft von Lebensenergie unserer Schwestern? das “Nein” von Frauen als “Nein” gelten Wie viele vergewaltigte Frauen? darf, so unnütz gemacht wurde in vielen Vier Anläufe – doch den Weltuntergang der Fällen auch das Gesetz, das “Nein” zur westlichen Zivilisation und ihrer Bastion, Vergewaltigung in der Ehe bedeuten sollte der Ehe, basierend auf der Verfügung über 13
KOFRA 163/2019 _ den Frauenkörper, haben Sie zu verhin- Was uns zusteht, ist eine Einsicht in Bezug dern gewusst. Sie, die das Gesetz nie ge- auf ihr frauenfeindliches, frauengefährden- schärft und nie überwacht habt; Ihre Kolle- des und frauenmissachtendes Verhalten. gen, die es in der Praxis nutzten, um Frau- Und Reue in Bezug die unterlassene Hilfe- en zu erklären, dass es keine Vergewalti- leistung von 1997 sowie den mangelnden gung war. Respekt heute, wo Sie die Stimmen von Denn Gesetze, das wissen Sie, Herr Merz, Frauen als wertlos abtun. So wie sie als als Anwalt nur allzu gut, nutzen nur, wenn wertlos abgetan werden im Gerichtssaal. sie im Sinne des Schutzes der Opfer inter- So wie Sie sie als wertlos abtun wollten, pretiert werden. Wenn die Betroffenen ge- egal welcher Gewalt sie in der Ehe ausge- hört und verstanden werden. Wenn sie setzt waren. nicht ignoriert werden. Also, wie sieht’s aus, Herr Merz und Herr So wie Sie, Herr Merz und Herr Seehofer, Seehofer? Vertreten Sie weiterhin nur Frauen vor und nach 1997 ignoriert haben. Männerinteressen? Stehen Sie weiter für Ihre Not, ihre Bedürfnisse, ihre Rechte. das Unrecht der männlichen Gewalt ge- Es verwundert mich daher nicht im Mindes- genüber Frauen ein? ten, dass Sie, Herr Merz, auch im Jahre Haben Sie seit 1997 auch nur irgend etwas 2018 Frauenstimmen völlig ignorieren. gelernt? Sie behaupten uns zu vertreten, Seit zwei Wochen häufen sich die Anfragen während wir Ihre Diät finanzieren und doch bezüglich ihrer frauenfeindlichen Ignoranz warten wir vergeblich auf Ihre Reaktion und von vor 21 Jahren, doch Sie sagen nichts. reale Wiedergutmachung. Es sind betroffe- „Ich würde gerne von Ihnen wissen, ob Sie ne Frauen wie auch die Töchter und Enke- Ihre damalige Positionierung bereuen?“ linnen der Gattinnen, die Sie und ihre Poli- initiierte eine Facebook-Userin den Dis- tiker-Buddys verkannt haben und in unhalt- kurs. „Würden Sie heute wieder so ab- baren Zuständen schutzlos ausgeliefert stimmen?“ Eine Frage, die bislang über 50 wissen wollten. Nutzerinnen unterstützen. Doch Sie halten Die Frauen und Wählerinnen sind es, de- eine Antwort auf die Fragen von Frauen nen Sie Rechenschaft über ihr Unrecht nicht für nötig. Sie posten unbeirrt weiter – schuldig sind. wen kümmert es schon, was Frauen für Welche diesen offenen Brief unterstützen Weh-wechen haben! möchte, kann sich per Email an die Redak- Narzisstische Selbstdarstellungen, schein- tion wenden heilige Dankesreden an Ihre Parteifreunde (info@kritischeperspektive.com). Quelle: und natürlich die Glorifizierung eines ande- Kritische Perspektive v. 9.12.18 ren, US-amerikanischen Sexisten. Ihre großen politischen Aspirationen sollen blü- Stoppt das Töten von Frauen hen und gedeihen. Die Stimmen der Frau- #saveXX en sollen hingegen verstummen? https://www.change.org/p/savexx Eine Frau schrieb „Eine Stellungnahme ist hier eigentlich längst schon überfällig“. Die Professorin Dr. Kristina Wolff hat diese Aber wissen Sie was? Eine Stellungnahme Petition an Bundesministerin der Justiz und können Sie sich meinethalben schenken. für Verbraucherschutz Dr. Katarina Barley Wer auch immer Ihre Reden schreibt, soll und an 1 mehr gestartet. sich einen Kaffee gönnen und sich weiß- Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Barley, waschende Beschwichtigungen, infame sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Giffey, Ausreden und irreführendes Geblubber in die WELT thematisiert derzeit „Die toten Ihrem Namen ersparen. Frauen von Österreich“ - weshalb der Blick Was Frauen von damals und von heute in’s Nachbarland? Aber, gut, einmal den von Ihnen wollen, Herr Merz, ist keine Stel- Begriff „Femizid“ recherchiert und -oh, lungnahme, sondern eine Entschuldigung. Schreck!- laut Wikipedia wird in Italien je- Gleiches gilt auch für Sie, Herr Seehofer, den 3. Tag eine Frau umgebracht. Zu der Sie doch neuerdings tönen keinerlei Deutschland lediglich ein veralteter Eintrag. Ängste um ihren Job zu haben. Dabei liegt der statistische Wert der ge- waltsamen Tötung einer Frau in der Bun- 14
KOFRA 163/2019 desrepublik zwischenzeitlich weit über dem kunde zum "Übereinkommen des Europa- unserer Nachbarn: 364 offiziell erfasste rats zur Verhütung und Bekämpfung von Frauen. Anders formuliert: Ab dem 02. Ja- Gewalt gegen Frauen und häuslicher Ge- nuar pro Tag eine gewaltsam zu Tode ge- walt" reicht als alleinige Maßnahme bei kommene Frau. weitem nicht aus. FEMIZIDE SIND TEIL IHRER BERUFLI- Wie viele Frauen müssen noch sterben, CHEN VERANTWORTUNG. bevor Sie aktiv und damit der bereits im Der Ist-Zustand ist unerträglich: Das ge- Januar 2007 von der Generalversammlung schlechtsbedingte Töten geht, aktuellen der UN verabschiedeten Resolution Pressemeldungen zufolge, auch in 2019 (A/RES/61/143) gerecht werden? nahtlos weiter, die korrelierende öffentliche Die Petition #saveXX ist verbunden mit Ignoranz ebenfalls: dem dringenden Appell, den akuten Hand- 01.01.2019: Dreifache Mutter in Silvester- lungsbedarf zu: nacht erschossen (Schönberg, Schleswig- - einem ad hoc greifenden, umfassenden Holstein) Schutz für Gefährdete 04.01.2019: 25-jährige Frau erschossen, - einer rigiden Gesetzgebung: die Einfüh- zwei Tatverdächtige festgenommen (Berlin) rung des Straftatbestandes des Frauen- 04.01.2019: Passanten finden tote Frau im mordes (Femizid), d.h. eines Gesetzes, Straßengraben, Mordermittlungen laufen das, die auf ungleichen Machtverhältnissen (Freiberg, Sachsen) beruhende Tötung einer Frau, weil sie Frau 11.01.2019: Schwangere Patientin in Kran- ist, ahndet, ist überfällig. Selbstverständli- kenhaus von Besucher niedergestochen: ches Ziel eines Sozialstaates muss es sein, Baby tot (Bad Kreuznach, Rheinland-Pfalz) die Menschenrechte der Frauen zu schüt- 12.01.2019: In Torgelow ist ein sechsjähri- zen und ihnen ein Leben frei von Gewalt zu ges Mädchen eines nicht natürlichen To- garantieren. des gestorben, tatverdächtig: der flüchtige - einer länderübergreifenden Erfassung, Vater. (Mecklenburg-Vorpommern) Auswertung und Publikation der Daten und 13.01.2019: Zwei Deutsche sind auf Mal- der daraus resultierenden Maßnahmen, lorca tot aufgefunden worden, Medienbe- bzw. Ergebnisse richten zufolge gehen die Ermittler davon anzuerkennen und zeitnah korrigierende aus, dass der Mann die Frau getötet und Maßnahmen einzuleiten: Kümmern Sie dann Suizid begangen hat. sich endlich darum, dass das, mittlerweile 14.01.2019: Paderborner Unternehmer er- fast tägliche, Töten von Frauen endet! sticht seine Frau, tötet sich dann selbst Mit freundlichem Gruß (Nordrhein-Westfalen) Prof. Dr. Kristina Wolff 14.01.2019: 72jährige in Schwerte getötet, (*) Quelle: gegen einen 49jährigen wurde Haftbefehl https://www.welt.de/vermischtes/article187 wegen Mordes erlassen (Nordrhein- 072758/Vier-Opfer-in-zwei-Wochen-Die- Westfalen) toten-Frauen-von-Oesterreich.html 15.01.2019: 87-jährige Küchenhilfe tot in (**) Quelle: Hintergrundmeldung „Frauen Keller gefunden, Verdächtiger in U-Haft vor Gewalt schützen“ des Bundesministeri- (Jena, Thüringen) ums für Familie, Senioren, Frauen und Ju- 16.01.2019: Dinslakener in U-Haft, er soll gend vom 21.11.201 seine Frau getötet haben (Nordrhein- Westfalen) Bereits zehn Tötungsdelikte (Stand Themen 17.01.2019). Frauen leben in Deutschland, allein auf Grund ihres Geschlechts, nicht sicher. Die öffentliche Debatte über Femi- Gendersternchen: zide hat bereits in vielen Ländern, u. a. in eine Annäherung Mexiko und Nicaragua zu Strafrechtsrefor- Das Verschwinden des Wortes „Frau“ men auf nationaler Ebene geführt. Nicht so Von Sophia Horster in Deutschland. Begonnen hatte es im November mit der Die von der BRD beim Generalsekretär des Entscheidung des Rats der deutschen Europarats in 2017 hinterlegte Beitrittsur- Rechtschreibung gegen das Genderstern- 15
Sie können auch lesen