Offene Grenzen - nur für Ukraine-Flüchtlinge? Steht zur Wahl: Schleswig-Holstein Einwanderungsland Geteiltes Leid: Syrien, Afghanistan, Kolumbien ...
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26. Jahrgang – Nr. 103 frühling 2022 Magazin für Migration und Flüchtlingssolidarität in Schleswig-Holstein Offene Grenzen – nur für Ukraine-Flüchtlinge? Steht zur Wahl: Schleswig-Holstein Einwanderungsland Geteiltes Leid: Syrien, Afghanistan, Kolumbien www.frsh.de
Editorial „‘s ist Krieg“ Am 26. Februar, zwei Tage nach dem Einmarsch russischer ren, überschlagen sie sich gleichzeitig vor Begeisterung über Truppen in der Ukraine, kamen 5.000 Menschen auf dem die – zwar nicht weniger zum Wehrdienst verpflichteten – hel- Kieler Rathausplatz zusammen, um gegen diesen neuen denhaften Soldaten der ukrainischen Verteidigungsarmee. “‘s Krieg in Europa zu protestieren. Zu dieser Kundgebung hatten ist leider Krieg - und ich begehre, Nicht schuld daran zu sein!“ demokratische Parteien aufgerufen. Redner*innen waren sich Ihren Matthias Claudius haben die vorwiegend christ-unio- weitgehend einig in der Forderung nach umgehendem Rück- nistischen Hinterbänkler, die in dieser Stimmung mit der For- zug der russischen Armee und Friedensverhandlungen. Ole- derung nach umgehender Wiedereinführung der Wehrpflicht ksandra Zapolska, eine seit 2008 in Kiel lebende Ukraine- noch eins draufsetzen, offenbar nicht gelesen. „O Gottes Engel rin erklärte indes, man könne nicht mit jemandem verhan- wehre, Und rede Du darein!“ deln, der nicht bei Sinnen sei. Als Zapolska aber von der Bun- In Russland werden die Medien zum Verschweigen der Wirk- desregierung die ultimative Aufnahme von Waffenlieferungen lichkeit des Krieges gezwungen. Im „Westen“ verliert sich der- an die Ukraine verlangte, wurde das bei der bis dahin eher weil eine freie Presse nicht selten in rassistischen Attitüden. beschaulichen Veranstaltung mit einem Beifallssturm bedacht. CBS News erklärte, dass die Ukraine nicht mit dem Irak oder Schon am darauffolgenden Sonntag hat die Ampel-Koali- Afghanistan vergleichbar sei, weil es sich um ein „europäi- tion im Bund eine bedeutende, nein, eine historische Wende sches“ und „zivilisiertes“ Land handele. Der ukrainische Gene- vollzogen. Mit bedeutungsschwerem Tembre erklärt Bundes- ralstaatsanwalt David Sakvarelidze berichtete im Interview, kanzler Olaf Scholz im Deutschen Bundestag: „Wir müssen es nicht ertragen zu können, wie „europäische Menschen mit uns daher fragen: Welche Fähigkeiten besitzt Putins Russ- blauen Augen und blonden Haaren“ täglich getötet würden. land, und welche Fähigkeiten brauchen wir, um dieser Bedro- Der britische Daily Telegraph findet den Krieg in der Ukra- hung zu begegnen, heute und in der Zukunft?“ Das bisherige ine deshalb besonders schlimm, weil die Opfer „aussehen Mantra, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, sei obsolet. wie wir“. Der Journalist Gabor Steingart darf unhinterfragt Mehr noch: Mit einem Wehretat von 100 Mrd. Euro solle die bei Hart aber Fair über Ukrainer*innen daher parlieren, die ja Bundeswehr „befähigt“ werden. Wer in dieser Situation stille Christen seien und zu „unserem Kulturkreis“ gehörten, warum Betroffenheit im Bundestag erwartet hat, wurde eines Besseren es wohl mit der Flüchtlingsaufnahme „diesmal funktioniere“. (?) belehrt: Mit Standing Ovations feierten Regierungsfrakti- Solcherart mediales rassistisches Geplapper bleibt nicht fol- onen und die der Union die größte Aufrüstung seit dem Zwei- genlos. Aussiedler*innen und russischstämmige oder nur ten Weltkrieg – mit derselben Begeisterung, wie weiland am -sprachige Menschen erleben quasi über Nacht einen aggres- selben Ort der Reichstag für die Kriegsanleihen. siven Rassismus im Alltag, am Arbeitsplatz oder auf dem Als der digital zugeschaltete Präsident Wolodymyr Selenskyj Schulhof. Anonyme Trolle hetzen im Netz gegen Geflüchtete am 17. März in seiner Rede an die deutsche Regierung und die aus Drittstaaten. das Volk Vertretenden an die Verbrechen von SS und Wehr- In dieser Stimmungslage müssen die europäischen Regie- macht in Babi Yar und anderen ukrainischen Orten erinnert rungen nicht fürchten, für die von ihnen beschlossene Qua- und eingedenk dieser historischen Verantwortung im aktuel- lität der Anwendung der Massenzustromrichtlinie geschol- len Krieg über diplomatische Floskeln hinausgehende wirk- ten zu werden. Demnach sollen nämlich geflüchtete ukraini- liche Solidarität einfordert, klatschen die Abgeordneten und sche Staatsangehörige mit einer bis zu dreijährigen Aufent- gegen zur Tagesordnung über. haltserlaubnis, mit Arbeitsmarktzugang, Sprachförderung und An dieser Frage geht der Riss tief durch die Gesellschaft. Auch der Freiheit der Wohnsitznahme gegenüber geflüchteten Dritt- im Flüchtlingsrat herrscht Uneinigkeit darüber, ob Waffenlie- staatenangehörigen bevorzugt behandelt werden. Für die, die ferungen in ein Konfliktgebiet geeignete Strategien zur Befrie- aus anderen Kriegen entkommen, z. B. aus dem Jemen, Syrien dung sein könnten, oder ob sie nur zur Verlängerung oder oder Süd-Sudan, gelten auch weiterhin Kasernierung, Arbeits- sogar Eskalation des entfesselten massenweisen Mord und verbot und soziale Isolierung im Asylregime. Todschlags beitrügen. Letzteres erscheint in niemandes Inter- Unbeschadet dessen herrschen in Schleswig-Holstein esse zu sein. gespannte Erwartung auf die Geflüchteten aus dem Krieg in In den ersten 19 Tagen des Krieges sind 3 Mio. Menschen der Ukraine. In den Kreisen und kreisfreien Städten vernetzen geflohen, weitere 4 Mio erwartet das UNHCR im Zuge einer sich die zuständigen Verwaltungen im Bemühen um eine gute Verschärfung der Lage. Eine der global durchschlagendsten Aufnahme der Schutzsuchenden mit Migrationsfachdiensten, Kriegsfolgen der kriegsbedingt zurückgehenden russischen Verbänden und Bürgerinitiativen. Da kommt es gut, dass auch und ukrainischen Nahrungsmittelexporte sind laut Welter- das Kieler Innenministerium zur Optimierung der Zusammen- nährungsprogramm acht bis 13 Millionen mehr unterernährte arbeit mit den zivilgesellschaftlichen Akteur*innen zu einem Menschen in 50 vollständig Getreideimport-abhängigen Staa- Runden Tisch eingeladen hat. Die Solidarität im Land ist groß. ten, darunter Afghanistan, Irak, Syrien, Libanon, Ägypten, Und wer sie nach 2015 schon totgesagt hat, sieht sich landes- Kenia und Süd-Sudan. weit eines Besseren belehrt. Während sich Medien hierzulande derweil über die Zwangs- War da noch was? Ja! Wählen wollen wir auch. Und zwar verpflichtungen der in der Ukraine verheizten und über den alle! Einsatz belogenen blutjungen russischen Rekruten echauffie- Martin Link Kiel, 17.03.2022 2 · 4/2022 * Der Schlepper Nr. 103 * www.frsh.de
Inhalt LANDTAGSWAHL 2022 Leuchtturm des Nordens – Ein Licht am Ende des Horizonts Für ein gemeinsames solidarisches Leben als Shabdiz Mohammadi .......................................... 20 Normalfall Martin Link . ....................................................... 4 Quo vadis, Abschiebungshaft? Axel Meixner .................................................... 23 Eine Herausforderung, der wir uns mit der Zivilgesellschaft engagiert stellten Thorsten Geerdts ............................................... 6 FLUCHTGRÜNDE Ein Kommunalwahlrecht für alle! Syrien / Ukraine – Geteiltes Leid Ari Kehr .............................................................. 8 Interview mit Omar Sharaf ................................ 25 Es braucht eine postmigrantische Partei Afghanistan – Taliban grenzen Frauen und Interview mit Naika Foroutan ........................... 10 Mädchen aus UN-Menschenrechtsrat ................................... 28 SCHLESWIG-HOLSTEIN Kolumbien – Eine heiße Grenze Yezid Arteta Dávila .......................................... 30 Viel Solidarität mit Ukraine-Flüchtlingen Martin Link . ..................................................... 12 Faire Integration – Kooperationspartner*innen EUROPÄISCHE ABSCHOTTUNGSPOLITIK gesucht! The real crime is the border regime! Johanna Frank .................................................. 13 Kampagne Grenzenlose Solidarität ................... 32 Alle an Bord! – Perspektive Arbeitsmarkt EU – Gar nicht erst nach Europa kommen lassen! Mareike Röpstorff ............................................. 14 Mareike Röpstorff ............................................. 34 Familiennachzug – Ein schier undurchdringlicher Libyen – „Wir wollen, dass ihr unsere Geschichten Paragraphendschungel weitertragt“ Tamanna Assad ................................................. 16 Interview mit Yambiu David ................................ 36 Wie kann wirkliche Teilhabe nachhaltig funktionieren? WILLKOMMENSKULTUR Ludmilla Babayan .............................................. 18 Flüchtlingssolidarität – „Vorsichtiger Menschen stärken Menschen gesellschaftlicher Rückenwind“? Jan Rademann . .................................................. 19 Jan Rademann . .................................................. 38 www.frsh.de * Der Schlepper Nr. 103 * 4/2022 · 3
Landtagswahl 2022 Für ein gemeinsames solidarisches Leben als Normalfall Blick nach vorn Flüchtlings- und gute Bleibeperspektive und damit auch senschaft bei 60 Prozent. Das bundes- die frühe Sprachförderung und Zugang deutsche Asylregime weist dieser Ziel- einwanderungspolitische zu anderen Integrationsförderangebo- gruppe gegenüber allerdings noch immer ten zugestanden. Warum Geflüchte- Schutz- und Versorgungsdefizite auf. Problemanzeigen und ten z.B. aus Afghanistan, Äthiopien, dem Jemen, Libyen keine über 50-Prozen- Impulse des Flüchtlingsrats tige Anerkennungsquote und mithin keine Aufenthaltsbeendigungen vor der Landtagswahl gute Bleibeperspektive zugesprochen Eine normierte ordnungspolitische Fan- wird, bleibt unverständlich. Die Anwen- tasie nimmt pauschal an, dass es in ver- 2022 für die dung der EU-Massenzustromrichtlinie meintlich sicheren Herkunftsländern bei den aus dem Krieg in der Ukraine und Drittstaaten keine Verfolgung oder 20. Legislaturperiode. hierher Geflüchteten zeigt, dass es auch anders gelagerte schutzwürdige Notlagen anders geht. Ukrainische Geflüchtete gäbe und die Rückkehr dorthin zumut- Im Jahr 2019 hatten nach Zahlen des Mik- können sich niederlassen, wo sie wollen bar sei. Die systematische Diskriminie- rozensus 21,2 Millionen Menschen, d.h. und bekommen eine Aufenthaltserlaubnis, rung, z.B. von Rom*nja und anderen eth- 26 Prozent der Bevölkerung, in Deutsch- Sprachkurs- und Arbeitmarktzungang von nische Minderheiten auf dem Balkan, die land einen Migrationshintergrund. In Anfang an. Überlebensnöte von Drittstaatsangehö- Schleswig-Holstein sind 9,4 Prozent der Am 19. Tag des Krieges wurden bis rigen z.B. in Griechenland, Italien, Polen Bevölkerung nichtdeutscher Staatsange- dahin 160.000 Geflüchtete aus der Ukra- oder Ungarn als zumutbar zu klassifizie- hörigkeit, 17,2 Prozent haben einen Mig- ine in Deutschland gezählt. Im Schatten ren, wird inzwischen allerdings auch von rationshintergrund. der großzügigen Aufnahmepolitik gegen- Obergerichten – leider nicht in Schleswig- über Geflüchteten aus der Ukraine setzen Holstein – infrage gestellt. Über 82 Millionen Menschen befinden sich nicht selten von durch Kolonialismus, sich allerdings bei Einreiseversuchen von Das Verhältnis der staatlich vollzogenen Globalisierung und westliche Interessen- Geflüchteten aus Drittstaaten an den Aufenthaltsbeendigungen bewegt sich bei durchsetzungspolitik verursachte politi- Grenzen der EU – z.B. in Kroatien, Grie- 62 Prozent „freiwilligen“ Ausreisen, 13 sche Verfolgung und Kriegsgewalt welt- chenland oder den spanischen Enkla- Prozent Dublin-Rücküberstellungen und weit auf der Flucht. 86 Prozent der welt- ven Ceuta & Melilla und nicht zuletzt im 25 Prozent zwangsweisen Abschiebungen weit Schutzsuchenden finden in den Mittelmeer – opferreiche und regelmä- in Herkunftsländer oder zur Aufnahme Anrainerstaaten der Herkunftsländer ßig rechtswidrige Push Backs fort. Wer es bereite Drittstaaten. oder in Drittstaaten im Trikont Aufnahme von dort trotzdem hierher schafft, wird zunächst kaserniert, dabei sozial isoliert, Bundesweit sind ca. 300.000 Personen, – aktuell z.B. 3,7 Mio. in der Türkei, 1,7 beim Zugang zu Bildung und Beschäfti- ca. 12.000 in Schleswig-Holstein, formal Mio. in Kolumbien und jeweils 1,4 Mio gung und bei der gesellschaftlichen Teil- ausreisepflichtig. Gegen ihre Aufent- in Pakistan und Uganda. Nach Berech- habe rechtlich und administrativ benach- haltsverfestigung wirken i.d.R. die beste- nungen der Weltbank werden bis 2050 teiligt. henden aufenthaltsrechtlichen Hürden wegen der durch Industrie- und Schwel- und der fehlende einwanderungspoliti- lenländer verursachten Klimafolgen noch Die bis dato bundesweit und in Schles- sche Wille. Für die sogenannte „freiwil- einmal ca. 200 Millionen Umweltflücht- wig-Holstein um Schutz Nachsuchenden lige Rückkehr“ und die zwangsweise Auf- linge dazu kommen. sind zu fast 50 Prozent weiblich. Dieser enthaltsbeendigung werden von Bund und Anteil wird sich durch die geflüchteten Land erhebliche Mittel aufgewendet. Flüchtlingsaufnahmen Frauen und Kinder aus der Ukraine noch vergrößern. Der Anteil der Frauen, die im Schleswig-Holstein kooperiert seit August Von zuletzt 190.000 in Deutschland Asyl- Fluchtherkunftsland und auf den Flucht- 2021 mit den Bundesländern Hamburg antragstellenden wird nur denen aus wegen erhebliche, regelmäßig auch sexu- und Mecklenburg-Vorpommern beim Syrien, Eritrea und Sudan wegen der alisierte Gewalt erfahren haben, liegt nach Betrieb des jährlich bis zu 18 Mio. Euro Schutzquote von über 50 Prozent eine Schätzungen von Fachdiensten und Wis- teuren Abschiebungsgefängnisses mit 60 4 · 4/2022 * Der Schlepper Nr. 103 * www.frsh.de
Landtagswahl 2022 Haftplätzen in Glückstadt. Der Europäi- rende Beschäftigungspraxis in der Wirt- von relevantem Umfang, auch mit Blick sche Gerichtshof hat am 10. März 2022 schaft, insbesondere der Tendenzbetriebe, auf die an Europas Rändern Gestrande- (AZ: C-519/20) eingefordert, dass eine nicht justiziabel. Fachverbände fordern ten, initiativ werden. Abschiebungshafteinrichtung „nicht einer schon lange eine Modernisierung des AGG. Die Landesregierung wird Bleibepers- Inhaftierung in einer Gefängnisumgebung Die zivilgesellschaftliche Antidiskriminie- pektiven garantieren und den Spurwech- gleichkommt“. Ob die Hochsicherheits- rungsarbeit wird allerdings in SH durch sel für alle ermöglichen! Sie wird für alle infrastruktur des Glückstädter Gefängnis- das Land nicht gefördert. Eine Regelung Geflüchteten – egal woher sie kommen ses diesem Anspruch gerecht wird, darf für ein Verbandsklagerecht, die instituti- – auf Erleichterungen bei der Einwande- bezweifelt werden. onelle Förderung behördenunabhängigen rung, großzügiges Bleiberecht und erleich- Beistands und Beratung sowie ein Landes- terte Einbürgerungen abstellen. Einwanderungsbedarfe antidiskriminierungsgesetz fehlen. Die Landesregierung wird Diskriminie- Gleichzeitig besteht in Deutschland laut rungsschutz normieren! Sie wird mit dem Bundesagentur für Arbeit ein Bedarf von Visionen Ziel einer diversen Einwanderungsgesell- jährlich 400.000 in den Arbeitsmarkt Ein- schaft Antirassismus, Antidiskriminierung Die Landesregierung wird niemanden in und die Förderung des gesellschaftlichen wandernden. 2035 werden ohne eine for- aufenthaltsrechtlich und sozial noch so Zusammenhalts zur Querschnittaufgabe cierte Einwanderung und systematische prekärer Lage die zustehende Rechts- einer guten Regierungs- und Verwaltungs- Arbeitsmarktintegration der nichtdeut- dienstleistung verweigern. Sie wird lan- praxis erheben. Ein Landesantidiskriminie- schen Inländer 180.000 Beschäftigte auf desweit zugängliche rungsgesetz wird geschaf- dem schleswig-holsteinischen Arbeits- Rechtsberatungsange- fen und zivilgesellschaft- markt fehlen. Das Institut für Arbeits- bote für Geflüchtete in liche Beratungs- und marktforschung (IAB) erklärt, dass im behördenunabhängiger Unterstützungsangebote Bundesland schon bis 2025 die Zahl der Trägerschaft fördern. werden gestärkt. Erwerbspersonen um rund 70.000 (-9,5 Prozent) zurückgehen wird, bis 2050 Die Landesregierung Die Landesregierung wird sogar um bis zu 30 Prozent. wird zivilgesellschaftli- das ihr mögliche tun, um che Angebote zur Ver- die Solidarität in der Ein- Dass also der Staat weiterhin viel Geld besserung des Schut- wanderungsgesellschaft und exekutive Potenz für die Aufenthalts- zes von weiblichen zu stärken! Die Landes- beendigung hier i.d.R. gut sozial vernetzt Asylsuchenden und politik wird die Expertise lebender Menschen ausgibt, anstatt es in unbegleiteten minder- der Zivilgesellschaft, ihrer ihre sprachliche, Bildungs- und arbeits- jährigen Kindern in Fachdienste, Bürgerinitiativen und Selb- marktliche Förderung zu investieren, ist zentraler wie dezentraler Unterbringung storganisationen, wertschätzen. Im Zuge humanitär und auch volkswirtschaftlich fördern. eines rechtverstandenen einwanderungs- fragwürdig. Die Landesregierung wird den Paradig- politischen Subsidiaritätsprinzips sollen Doch etwa 20 Prozent der autochthonen Selbstorganisationen insbesondere im menwechsel weg von einer auf Aufent- Bevölkerung in Deutschland sind getra- ländlichen Raum gestärkt werden. haltsbeendigung angelegten Politik vollzie- gen von rechtsextremistischen und ras- hen. Sie wird die Politik und das Verwal- Dass sich auch das parlamentarische sistischen Überzeugungen. Tatbestände tungshandeln stattdessen auf eine syste- System in der Einwanderungsgesellschaft richten sich mit regelmäßiger Hass- und matisch nachhaltige Integration der noch interkulturell weiterentwickeln muss, Angriffskriminalität gegen Migrant*innen, Aufenthaltsungesicherten ausrichten. ist eine zentrale Bedingung für eine par- vermeintlich Nichtdeutsche sowie reli- giöse und andere Minderheiten. Der Die Landesunterkunft für Ausreisepflich- tizipative Parteiendemokratie. Die Par- Lebensalltag von People of Color ist tige (LukA) und das Abschiebungsgefäng- teien werden am Migrant*innenanteil in gekennzeichnet durch alltägliche Diskri- nis Glückstadt werden ersatzlos geschlos- der Bevölkerung orientierte Quoten bei minierungen und strukturelle Ausgren- sen. Auf die Inanspruchnahme von der Besetzung von Personalstellen, Funk- zungen. Abschiebungshaft oder Abschiebungsge- tionen, Aufstellungen von Kandidat*innen wahrsam qua Amtshilfe in anderen Bun- und aussichtsreichen Listenplätzen ein- desländern wird verzichtet. führen. Diskriminierung Wenn diese Visionen in der 20. Legisla- Die Landesregierung wird gegenüber Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes turperiode Realpolitik werden, sind wir dem Bund mit einer Gesetzesinitiative konstatiert 2020 eine Zunahme der Bera- einer Einwanderungsgesellschaft, in der zur Streichung des grundrechtswidrigen tungsanfragen ethnisch diskriminierter ein gemeinsames solidarisches Leben den Asylbewerberleistungsgesetzes vorstellig Personen, darunter zahlreiche Geflüch- Normalfall bildet, ein gutes Stück näher- werden. Bis dahin wird auf die Förderung tete, um 10 Prozent. Die bundesdeut- gekommen. der Ausreisebereitschaft im Zuge des aus- sche Rechtsumsetzung der Anforderun- länderamtlichen Verwaltungshandelns gen aus der EU-Antidiskriminierungsricht- mithilfe von verfassungswidrigen Kürzun- Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. besteht linie im Zuge des Allgemeinen Gleichbe- gen oder Streichungen des Existenzmini- seit 1991. Mehr Informationen über die laufende handlungsgesetzes (AGG) war von Beginn mums vollständig verzichtet. Arbeit des Vereins, die landesweit bestehenden an defizitär. Danach sind normierte und Netzwerke und unsere politischen Erwartungen gibt Die Landesregierung wird durch regelmä- es im Internet: www.frsh.de strukturelle Diskriminierungen öffentli- cher Stellen ebenso wie die diskriminie- ßige eigenständige Aufnahmeprogramme www.frsh.de * Der Schlepper Nr. 103 * 4/2022 · 5
Landtagswahl 2022 „Eine Herausforderung, der wir uns mit der Zivilgesellschaft engagiert stellten“ Torsten Geerdts Blick zurück nach vorn Anlässlich einer Sie erwarten sicherlich ein paar konkrete politische Wunder geschah, dass ausge- Aussagen oder Ausblicke zur derzeitigen rechnet ein als sehr konservativ beschrie- Veranstaltung zum Migrationspolitik in Schleswig-Holstein bener Bundesminister ein Fachkräfteein- und zur Umsetzung des Koalitionsvertra- wanderungsgesetz in kurzer Frist vor- 30-jährigen Bestehen ges im Bund. Ich werde Sie da nicht ent- legte, dessen Wirkungen wir bis heute täuschen. pandemiebedingt nicht wirklich beurtei- des Flüchtlingsrats len können. Aber die Erkenntnis war und Nun der Blick nach vorn, der sich nicht Schleswig-Holstein richtete ausschließlich mit dem Koalitionsver- ist in der Jamaika-Koalition bei allen Betei- ligen gewachsen, dass gerade in diesem trag im Bund auseinandersetzen wird. Integrationsstaatssekretär Der Flüchtlingsrat hat den migrationspo- Bereich der legalen Einwanderung noch viele Lücken geschlossen und Widersprü- Torsten Geerdts am litischen Teil des Ampel- Koalitionsver- che aufgelöst werden müssen. trages schnell kommentiert. Unter der Weltmenschenrechtstag im Überschrift „Innovationen bei der Flücht- lingsintegration versus Kontinuität bei Bleiberechts- und Abschiebe- Dezember 2021 den Blick der Aufenthaltsbeendigung“ (https://bit. stoppregelung kombinieren ly/3I3l5CU). Dieser schlaglichtartigen zurück nach vorn auf die Bewertung kann ich durchaus zustim- Wir haben uns in der Jamaika-Koali- schleswig-holsteinische men. Ich sehe an vielen Stellen im Koali- tion sehr häufig über das Thema der tionsvertrag einen Paradigmenwechsel, Sicherheitslage in Afghanistan und Blei- Flüchtlings- und Sie nennen das Innovationen, dem ich und berechte für Afghaninnen und Afgha- weite Teile der hiesigen Jamaika-Koalition nen ausgetauscht. Durchaus kontrovers, Migrationspolitik. viel abgewinnen können. Einige Ansätze aber immer konsequent vor dem Hin- der Ampel machen sich sogar Gedanken tergrund geltenden Rechts. Dabei ent- oder praktisches Handeln in Schleswig- stand der Gedanke durch einen Beschluss Holstein zu eigen. der Innenministerkonferenz, Bleiberechte und eine generelle Abschiebestopprege- Die neue Bundesregierung hat sich im lung zu kombinieren mit der Möglichkeit, migrationspolitischen Teil viel vorgenom- sich weiter zu integrieren um ein festes men. Ich zitiere: „Wir streben ein in sich Bleiberecht zu bekommen. Es gab schon stimmiges, widerspruchsfreies Einwande- innerhalb der Jamaika-Koalition Vorbe- rungsrecht an, dass anwenderfreundlich halte, und Gespräche mit anderen Län- und systematisiert idealerweise in einem dern verhießen wenig bis keine Zustim- Einwanderungs- und Aufenthaltsgesetz- mung. Nun sehen wir im Ampel-Koali- buch zusammengefasst wird.“ tionsvertrag eine schöne neue Begriff- Vielleicht ist auch diesem Kreis gar nicht lichkeit: Innenministerin Faeser wird ein so bewusst, dass mit der Stimme Schles- Chancen-Aufenthaltsrecht schaffen. wig-Holsteins die Integrationsminister- Zitat: „Menschen, die am 1. Januar 2022 konferenz schon vor fast vier Jahren eine seit fünf Jahren in Deutschland leben, Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die [unter nicht straffällig geworden sind und sich Vorsitz Nordrhein-Westfalens und Schles- zur freiheitlichen demokratischen Grund- wig-Holsteins] Vorstellungen zu so einem ordnung bekennen, sollen eine einjäh- umfassenden gesetzgeberischen Ansatz rige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhal- entwickeln sollte. ten können, um in dieser Zeit die übrigen Über einen Zwischenbericht sind wir Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu nicht hinausgekommen, weil dann das erfüllen (insbesondere Lebensunterhalts- 6 · 4/2022 * Der Schlepper Nr. 103 * www.frsh.de
Landtagswahl 2022 sicherung und Identitätsnachweis gemäß Unser Landesamt übernimmt eine aktive Wesentliche Impulse, §§ 25 a und b AufenthG).“ Rolle in der Zuwanderung bei dem noch die gehört werden weiter zu etablierenden Thema Fachkräf- Das ist genau der gleiche Gedanke, den teeinwanderung. An diesem erfolgrei- Ich weiß, dass der Flüchtlingsrat Schles- wir zum Umgang mit den Schutzsuchen- chen Konzept, mit allen baulichen Verän- wig-Holstein die Arbeit jeder Landes- den aus Afghanistan hatten. Die Innenmi- derungen, die wir vorhaben, sollten wir oder Bundesregierung aufmerksam und nisterkonferenz hat sich ebenfalls in der in Schleswig-Holstein unbedingt festhal- kritisch begleiten wird. Wenn Sie im vergangenen Woche zur Lage in Afgha- ten. Denn das alles organisierten wir aus Flüchtlingsrat zurück blicken auf die letz- nistan geäußert. Wir sind gespannt auf die eigenem Anspruch, nicht weil uns das ein ten 30 Jahre und vielleicht, weil es so nahe Umsetzung dieser Vorhaben im Koaliti- sogenanntes AnkER-Konzept des Bundes liegt, auch besonders auf die letzten vier onsvertrag des Bundes und werden ver- vorgab. Jahre, dann können Sie vielleicht auch mit suchen, die in Schleswig-Holstein vorhan- klammheimlichem Stolz anerkennen, dass dene Expertise in diese Umsetzung einzu- Ihre Impulse zu vielen Themen der Mig- bringen. Landesaufnahme- rationspolitik nie ungehört blieben, son- Aus diesen beiden Beispielen mögen Sie programm 500 dern in manchen Bereichen wesentliche entnehmen, dass Frau Sütterlin-Waack, Impulse für unsere gemeinsame Anstren- Bei allen unterschiedlichen Auffassungen gung lieferten. gestützt durch unsere Erfahrungen in zu dem was Flüchtlingsschutz in einem einer Jamaika-Koalition, die zum Teil sehr Blick nach vorn ausmachen sollte und was Nein, für die Jamaika-Koalition war, um scharfe und spontan geäußerte Kritik am noch zu besprechen sein wird, sollten Minister a.D. Seehofer zu zitieren, die Ampel-Koalitionsvertrag aus der CDU/ wir eines festhalten: Für jede Regierung Migration nie die Mutter aller Probleme, CSU Bundestagsfraktion nicht teilen kann. in Deutschland, sei es im Bund oder sei sondern eine Herausforderung, der wir es in Schleswig-Holstein, muss der Kampf uns jedenfalls in Schleswig-Holstein mit gegen Rassismus und Diskriminierung und der Zivilgesellschaft engagiert stellten und Kontroverse für humanitären Flüchtlingsschutz, das ist zu guten, sehr vorzeigbaren Ergebnis- Abschiebungspolitik ein menschenrechtliches Gebot, höchste sen kamen. Ich bin mir gewiss, dass dieser Nur der Vollständigkeit halber sei dann Priorität haben. Ansatz weder heute noch in den kom- allerdings hinzugefügt: Genauso wenig menden Jahren ein anderer sein wird. können wir die scharfe Kritik [des Flücht- Und deswegen zum lingsrats] an der von Ihnen sogenannten „Abschiebungspolitik“ teilen. Ich denke, Abschluss meines Blickes Torsten Geerdts, CDU, ist Integrationsstaatssekretär unsere Positionen dazu sind hinlänglich zurück und nach vorn: im Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integ- bekannt: Es kann kein Bleiberecht für ration und Gleichstellung Schleswig-Holstein. Eines meiner persönlichen Highlights im Der vollständige Redetext ist online unter: alle geben. Ausreiseverpflichtungen nach Innen- und Integrationsministerium ist bit.ly/3tfW17p langen erfolglos beschrittenen Rechts- das Landesaufnahmeprogramm für 500 wegen müssen konsequent durchgesetzt Frauen, Kinder und weitere Verwandte, werden. Bei Vorrang der freiwilligen Aus- das wir mit einer gemeinsamen Anstren- reise ist Abschiebehaft das allerletzte gung des Schleswig-Holsteinischen Land- Mittel zur Durchsetzung dieses staatlichen tages mit dem vorerst letzten Flug, der Anspruchs. [Anfang Dezember 2021] in Frankfurt Und noch ein für uns wesentlicher Punkt: gelandet ist, zu einem glücklichen Ende Ich scheue mich nicht an dieser Stelle und Anfang für ein Leben in Sicherheit unser Landeskonzept der Aufnahme von und Würde gebracht haben. Flüchtlingen in unseren Landesunter- Dieses Landesaufnahmeprogramm ist bei- künften als gelungen und zielführend zu spielgebend für viele Länder, die nach bewerten. Auch hier gibt es einige unter- uns kamen und in ihren Koalitionsver- schiedliche Vorstellungen bei Flüchtlings- trägen Ähnliches vereinbarten. Auch das rat und Innenministerium, die man nicht Thema „Aufnahmeprogramm“ finden wir klein reden kann. im Ampel-Koalitionsvertrag wieder. Das Ich will in Erinnerung rufen: Wir brauch- ist gut so. ten nicht das sehr umstrittene sogenannte Und das zweite: [Am Weltmenschen- AnkER-Konzept des Bundes, um unser rechtstag] hat Ministerin Sütterlin-Waack Landesamt zusammen mit der Bundes- die [schleswig-holsteinische] Landesauf- amt Außenstelle in ihrer Arbeit für Flücht- nahmeanordnung für syrische Familien linge zusammenzuführen. Mit hohem aus dem Jahre 2013 zum 14ten mal ver- Betreuungsaufwand, mit einem bundes- längert. Bremen ist gerade dazugekom- weit anerkannten ärztlichen Dienst – men. Jetzt sind es immerhin, oder nur – je Schleswig-Holstein hat nach wie vor die nach Betrachtung – fünf Länder die wei- höchste Impfrate bei den uns zugewiese- terhin dabei sind, ein kleines, aber feines nen Flüchtlingen – und bei der guten Ver- Zeichen der Humanität zu setzen. netzung mit den Kommunen, die sozusa- gen Standort Städte und Gemeinden sind. www.frsh.de * Der Schlepper Nr. 103 * 4/2022 · 7
Landtagswahl 2022 Ein Kommunalwahlrecht für alle! Ari Kehr Forderungen in Schleswig-Holstein – Erfahrungen in der Schweiz Vorhandener Wohlstand Ein Kommunalwahlrecht für alle. Das steht zwar nicht in Art. 20 Abs. 2 GG, ist die Forderung im Antrag der Partei aber es wurde so interpretiert. und Arbeitsplätze. Das SSW an die Regierung in Schleswig-Hol- stein. Aber auch ein Wahlrecht für EU- Mit Blick auf andere europäische Länder scheint eine Mehrheit von Bürger*innen auf Landesebene fordert zeigt sich, dass einige europäische Staa- die SPD. Mit ihren Anträgen fordern SSW ten bereits ein Kommunalwahlrecht für Schweizer Wähler*innen und SPD daher eine Bundesratsinitia- Nicht-EU-Bürger*innen eingeführt haben. Dabei ist aber nur Irland wirklich prag- für das kommunale tive. Die Initiative soll bewirken, dass das matisch und inklusiv. Denn das kommu- Grundgesetz ein Kommunalwahlrecht für Wahlrecht von Nicht- Nicht-EU-Bürger*innen möglich macht nale Wahlrecht ist hier nicht an die Staats- (SSW-Antrag). Der Antrag der SPD sieht bürgerschaft, sondern an das Wohn- Staatsbürger*innen zusätzlich eine Ausweitung des Wahl- recht geknüpft. Bereits nach sechs Mona- rechts von EU-Bürger*innen auf die Land- ten Aufenthalt gilt das aktive und passive stimmen zu lassen. tagswahl vor. Wahlrecht. Dies und weitere Die Forderung nach einem Kommunal- Ergebnisse nennt eine wahlrecht für alle ist dabei alles andere Schweizerische Motive als neu (jedoch dringender denn je). Was bewegt eine Mehrheit von Schwei- Studie von 2021. Denn bereits vor über 30 Jahren stand im zer Wähler*innen dazu für das Wahlrecht Schleswig-Holsteinischen Landtag diese von Nicht-Staatsbürger*innen zu stim- Forderung zur men oder was lässt Debatte. Damals sie dagegen stim- hatten Stimmen men? Eine statisti- von SPD und SSW sche Studie aus der am 14. Februar Schweiz hat sich die 1989 das Kom- Situation zwischen munalwahlrecht 1996 und 2016 ange- für Ausländer ein- schaut. geführt. Aller- dings beschränkte Dabei stellen sich das Wahlrecht die Forschenden auf dänische, iri- zunächst einmal fest, sche, niederlän- dass eine Erwei- dische, norwegi- terung des Wahl- sche, schwedische rechts verschiedene und schweizerische Staatsangehörige. Vorteile mit sich bringt. Zu den Vortei- Die heutigen Anträge sollen Nicht-EU- len gehört, dass (1) der Größe und Quali- Bürger*innen und Staatenlose mit in das tät der Informationen über politische Pro- Kommunalwahlrecht einschließen, denn bleme eine Verbesserung wiederfährt. (2) das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Die Legitimität, also die Rechtmäßigkeit, (BVerfG) vom 31. Oktober 1990 machte von politischen Entscheidungen gestärkt das Kommunalwahlrecht für Ausländer wird und (3) der Anreiz für Medien über in Schleswig-Holstein (und Hamburg) politische Themen zu berichten sich ver- zunichte. Laut Argumentation des BVerfG größert. (4) Zuletzt nennen sie eine Ver- gehe der Wähler*innenwille vom „deut- stärkung der politischen Integration von schen Volke“ aus. Der Begriff „deutsch“ Nicht-Staatsbürger*innen. 8 · 4/2022 * Der Schlepper Nr. 103 * www.frsh.de
Landtagswahl 2022 Der Umsetzung des Wahlrechts für alle Migrant*innenfeindliche Einstellungen, der auf kommunaler Ebene stehen aber Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt und Machtinteressen im Weg. So zeigt die ein ökonomischer Abschwung werden statistische Analyse der Studie, dass auch in anderen Studien in einem Zusam- die Feindseligkeit gegenüber Nicht- menhang gebracht. Dabei besteht m. E. Staatsbürger*innen wächst, wenn sich die allerdings das Risiko, dass Rassismus in Gruppe von Nicht-Staatsbürger*innen unserer Leistungsgesellschaft und dessen vergrößert. Die Angst vor dem vermeint- Feindlichkeit gegenüber Armen zum Pro- lichen Verlust der eigenen kulturellen blem „der Armen“ gemacht wird. Von Identität und der ökonomischen Privile- den tatsächlichen Ursachen für Rassismus, gien wird dann größer. Fast immer benut- wie zum Beispiel eine von nicht von Ras- zen rechts-faschistische Parteien genau sismus und/oder Klassismus Betroffenen diese Ängste, um auf Stimmenfang zu durchgesetzte und fortgesetzte Dumping- gehen. lohn-Politik, wird somit abgelenkt. Weitere Ergebnisse der Studie sind, dass Was allerdings die mehrheitliche Bereit- genau wie bei der Einführung des Frau- schaft zu begünstigen scheint, ist die enwahlrechts, (1) die französisch-spra- Größe der sozialdemokratischen Partei. chigen Kantone die Ersten waren, die ein Laut Studie ist sie in der Schweiz die am Wahlrecht für Nicht-Staatsbürger*innen weitesten links positionierte Partei. Je ein einführten. (2) Ein Fortschrittsglaube Prozent Zuwachs der sozialdemokrati- nicht angemessen ist, denn der mehr- schen Partei, wächst die mehrheitliche heitliche Wille ein Wahlrecht für Nicht- Bereitschaft das Wahlrecht zu erweitern Staatsbürger*innen einzuführen folgt um 0,3 Prozent. Demgegenüber stünden keinem positivem Zeittrend. (3) Insbe- wiederum Pensionäre, bei denen davon sondere dann nicht, wenn, wie die Studie ausgegangen wird, dass sie aufgrund einer zeigt, der mehrheitliche Wille ein Wahl- mehrheitlich konservativeren Einstellung recht für Nicht-Staatsbürger*innen einzu- die Bereitschaft wieder zum Sinken brin- führen dann sinkt, wenn die Gruppe der gen. Nicht-Staatsbürger*innen zunimmt. Der generelle Ausblick der Studie ist, dass die Bereitschaft das Wahlrecht auch Zusammensetzung für Nicht-Staatsbürger*innen zu schaf- der Wähler*innenschaft fen, dann wächst, wenn die Konjunktur positiv ist und Erwerbszahlen hoch sind. Im Untersuchungszeitraum der Studie Sie empfehlen für weitere Studien die hat sich der Anteil der Nicht-Schweizer- Berücksichtigung von individuellen Daten Staatsbürger*innen von 17,43 % auf 24,6 der Wähler*innenschaft, um bessere Aus- % vergrößert. Somit ist laut Forschen- sagen über diskriminierende Motive zu den davon auszugehen, dass die mehr- erhalten. heitliche Bereitschaft das Wahlrecht für alle auf kommunaler Ebene einzufüh- Studie: Koukal et. al (2021): Enfranchising ren, gesunken ist. Laut Studie gehört non-citizens: What drives natives‘ willing- zur gesunkenen Bereitschaft die kultu- ness to share power. Journal of Compara- relle „Verschiedenheit“ (Sprache, Reli- tive Economics 49 (1088 – 1108). gion, Einkommen) und die damit ange- Weitere Quellen: FES-Papier (2008): Das nommene vermeintlich schlechtere Ver- kommunale Ausländerwahlrecht im euro- einbarkeit zwischen den Kulturen von päischen Vergleich. Werner T. Bauer. Schweizer Staatsbürger*innen und Nicht- Österreichische Gesellschaft für Politikbe- Staatsbürger*innen. Inwieweit dies auch ratung und Politikentwicklung (ÖGPP). Diskriminierungen gegenüber Nicht- Staatsbürger*innen in der Schweiz bedeu- tet, können die Forschenden jedoch nicht Ari Kehr ist Projektleitung im Projekt „Neue Heimat sagen. – Räume für Begegnung und interkulturelles Han- Wozu sie allerdings doch Aussagen tref- deln“ beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. fen, ist über den Zusammenhang von der Erwerbslosenquote und der mehrheitli- chen Bereitschaft das Wahlrecht zu erwei- tern. Wächst die Erwerbslosenquote, geht laut ihren Berechnungen die mehr- heitliche Bereitschaft zur Ausweitung des Wahlrechts auf Nicht-Staatsbürger*innen zurück. www.frsh.de * Der Schlepper Nr. 103 * 4/2022 · 9
Landtagswahl 2022 „Es braucht eine postmigrantische Partei“ Naika Foroutan Droht den demokratischen Parteien Konkurrenz? Die Themen Migration Frau Foroutan, welche Rolle spielen die könnte damit von großer Bedeutung für Themen Migration und Integration im das Wahlergebnis sein. Und die Bedeu- und Teilhabe finden aktuellen Wahlkampf? tung dieser Bevölkerungsgruppe wird noch wachsen: Bei den Wähler*innen von sich kaum in den Wahl- Naika Foroutan: Praktisch keine. Schauen morgen, bei Jugendlichen und Schulkin- Sie in die Wahlprogramme der Parteien: dern, machen sie bereits rund 40 Prozent programmen der meisten Das Thema Migration ist inzwischen fast aus. Es braucht eine neue postmigranti- verschwunden. Die Parteien denken Parteien. Es sei Zeit für eine offenbar, dass es keine große Bedeutung sche Partei, die diese Menschen direkt anspricht. in der kommenden Legislaturperiode neue, postmigrantische haben wird, weil die Einwanderungs- und Partei, sagt die Migrations- Asylzahlen im Verhältnis zur letzten Bun- Wähler*innen mit Migrationshinter- destagswahl stark nach unten gegangen grund sind allerdings keine homo- forscherin Naika Foroutan sind. Dabei verkennen sie, dass Migration gene Gruppe. Wie könnte eine ein- neben Klima und Digitalisierung das zen- zige Partei die Interessen von EU- im Interview mit Fabio trale Thema des kommenden Jahrzehnts Arbeitsmigrant*innen, Geflüchteten, bleiben wird. Wenn das Thema doch Spätaussiedler*innen und ehemaligen Ghelli. angesprochen wird, geht es meistens um Gastarbeiter*innen und die der späte- Sicherheit, Abwehr oder Regulierung – ren Generationen vertreten? nicht um ein plurales Miteinander, das Klar haben diese Menschen unterschied- auf die Teilhabe der Menschen mit soge- liche Bedarfe. Sie sind keineswegs eine nanntem Migrationshintergrund setzt. homogene Gruppe – ihre Schicht, Berufe, Im Wahlkampf wird deutlich, dass keine Religion oder politischen Positionen sind Partei Migrant*innen und ihre Nachkom- teilweise sehr unterschiedlich. Sie haben men aktiv anspricht. aber auch viel gemeinsam: Der Wer- degang ihrer Kinder ist bewiesenerma- Warum interessieren sich die Parteien ßen steiniger als der von Deutschen ohne so wenig für das Thema? Migrationshintergrund. Viele von ihnen haben – unabhängig von ihrer Herkunft Parteien, die proaktiv mit dem Thema – Formen von Diskriminierung erlebt. Migration für sich werben, verlieren dabei Menschen mit einer Einwanderungsge- in der Regel Wähler*innenstimmen. Die schichte sind zudem viel zu selten an poli- einzigen Parteien, die es für Wahlzwe- tischen Entscheidungen beteiligt: Bei der cke nutzen können, sind die, die ganz klar letzten Bundestagswahl hatten lediglich gegen Einwanderung sind. Es ist also nicht 11 Prozent der Abgeordneten einen soge- verwunderlich, dass die meisten Par- nannten Migrationshintergrund. In der teien das Thema nur nebenbei erwäh- Gesamtbevölkerung sind es mehr als 26 nen. Ob aus Wahltaktik oder Desinter- Prozent der Menschen. esse, das Ergebnis ist das Gleiche: Men- schen mit einer Einwanderungsgeschichte werden als Randgruppe behandelt, um Bildungschancen, Diskriminierung, deren Stimmen zu kämpfen es sich nicht politische Teilhabe – das wären also lohne. Dabei umfasst die Gruppe der Themen für die Partei. Was noch? Wähler*innen mit einem sogenannten Abgesehen von diesen Themen könnte Migrationshintergrund über zehn Pro- die Partei vor allem eine taktische Rolle zent der gesamten Wählerschaft und spielen. 10 · 4/2022 * Der Schlepper Nr. 103 * www.frsh.de
Landtagswahl 2022 Eine neue Partei könnte die etablierten Parteien dazu motivieren, Migrant*innen Gemeinsamer Aufruf als Wählerschaft endlich stärker wahrzu- nehmen und sie auch aktiv zu umwerben. Nur eine Partei, die auf das Thema Mig- ration ihren Schwerpunkt legt und eine Solidarität kennt keine offensive Interessenvertretung und Iden- titätspolitik vertritt, kann Migration ins Nationalität! Zentrum politischer Debatten rücken. Aufnahmebedingungen für alle Schutzsuchenden verbessern Haben Sie keine Sorge, dass der Kon- flikt mit anderen Parteien dadurch Flüchtlingsräte und PRO ASYL fordern Abschaffung des Asylbewerber- eskalieren könnte? leistungsgesetzes, freie Wohnortwahl und dezentrale Unterbringung für Eine Eskalation gab es schon. Der feind- alle Geflüchteten. selige Ton, den die AfD bei den Flucht- Bei ihrer gemeinsamen Konferenz am 11.März in Stuttgart haben die Landes- Debatten eingeschlagen hat, die Hetze flüchtlingsräte und PRO ASYL sich intensiv mit den aktuellen Bedingungen gegen Politiker*innen und Vertreter*innen geflüchteter Menschen in Deutschland auseinandergesetzt. Insbesondere der zivilgesellschaftlicher Organisationen, brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zwingt mehrere Millionen Men- das alles gibt es schon. Die Polarisie- schen zur Flucht. rung ist schon da, dafür braucht es keine Migrant*innen-Partei. Wir begrüßen, dass Menschen, die aus der Ukraine fliehen, jetzt visumsfrei in Deutschland einreisen dürfen und hier großzügig aufgenommen werden. Mit dem „vorübergehenden Schutz“ nach §24 AufenthG erhalten sie unkompliziert Wenn sich Menschen mit Einwande- eine Aufenthaltserlaubnis, können ihren Wohnort frei wählen und unterliegen rungsgeschichte als Partei organisieren keinem Arbeitsverbot. Dies wäre unter den Bedingungen des Asylverfahrens, – heißt das nicht, dass sie in Konflikt das auf Kontrolle und Abschreckung basiert, nicht möglich gewesen. mit der Mehrheitsgesellschaft treten? Aktuell sieht man den politischen Willen, Aufnahmebedingungen für Geflüchtete Nein. Ungleichheit und Diskriminie- zu verbessern. Das sollte nun für alle Schutzsuchenden gelten: „Das diskrimi- rung sind Themen, die nicht nur Perso- nierende Asylbewerberleistungsgesetz, die Zuweisung in Kommunen gegen den nen mit Einwanderungsgeschichte bewe- Wunsch der Betroffenen und die langfristige Unterbringung in Lagern sind nie- gen. Und übrigens: Nicht nur Perso- mandem zuzumuten. Solche Gängelungen müssen endlich für alle Geflüchteten nen mit Migrationshintergrund fühlen abgeschafft werden!“, erklärt Mara Hasenjürgen vom Flüchtlingsrat Branden- sich von diesen Fragen angesprochen. burg. Die Unterbringung in Massenunterkünften darf nur vorübergehend sein. Auch ihre Freunde, Partnerinnen, Nach- Länder und Landkreise müssen sich jetzt vermehrt um dezentrale Unterbrin- barn oder Berufskolleginnen sind schon gung bemühen, um gesellschaftliche Teilhabe für alle Geflüchteten von Beginn an lange in die migrantische Frage invol- zu ermöglichen. viert und wären dementsprechend auch potenzielle Wähler*innen. Es sollte also Flüchtlingsräte und PRO ASYL stehen an der Seite diverser migrantischer Selb- eine Partei sein, die attraktiv für all die- storganisationen, die die ungleiche Behandlung Schutzsuchender scharf kritisie- jenigen ist, die sich aus unterschiedlichen ren. Rassistische Vorfälle an den Grenzen, Teile der Medienberichterstattung Gründen ausgeschlossen und marginali- und die geltende Rechts- und Verordnungslage zeigen die Unterscheidung auf, siert fühlen und sich alliieren wollen, um die Menschen auf der Flucht erfahren müssen. Zentral ist jetzt, dass die Bundes- mehr Kraft zu haben: People of Colour, regierung ihre Spielräume in der Umsetzung des EU-Ratsbeschlusses nutzt. Alle sozial benachteiligte Personen, Mitglie- Menschen, die aus der Ukraine fliehen, müssen die Aufenthaltserlaubnis nach der der LGBTQ+-Community und eben §24 Aufenthaltsgesetz erhalten, auch wenn sie nicht explizit in der EU-Richtlinie ihre politischen und affektiven Partner in 2001/55/EG genannt sind. der Gesellschaft. Wenn die Gleichheits- „Selektive Solidarität ist keine. Es spielt keine Rolle, welche Nationalität oder frage für Migrant*innen und ihre Nach- Hautfarbe Menschen haben, die hier Schutz suchen. Wir sind verpflichtet, allen kommen verhandelt wird, ist diese nicht Schutzsuchenden unsere volle Unterstützung zukommen zu lassen. Ob Men- isoliert zu betrachten, sondern sie betrifft schen vor Bomben oder Hunger fliehen, darf keinen Einfluss auf unsere Aufnah- auch andere Bereiche. mebereitschaft haben“, stellt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat klar. Prof. Dr. Naika Foroutan ist Professorin für Integra- Selbstorganisierte Kämpfe von Migrant*innen, besonders seit dem langen tionsforschung und Gesellschaftspolitik an der Hum- boldt-Universität zu Berlin, Gründungsvorstand des Sommer der Migration 2015/16, aber auch die unzähligen Vereine und Organi- Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrati- sationen, die Geflüchtete seit Jahren unterstützen, haben die Grundlagen gelegt, onsforschung (DeZIM) e.V. und Direktorin des Ber- auf der aktuelle Formen der Solidarität aufbauen können. Trotz der Katastro- liner Instituts für empirische Integrations- und Mig- rationsforschung (BIM) an der Humboldt-Universi- phe in der Ukraine darf die Not der Menschen in Ländern wie Libyen, Belarus, tät zu Berlin. Das hier gekürzte Interview erschien Jemen, Syrien, Äthiopien, Nigeria oder Afghanistan nicht vergessen werden. zuerst beim Mediendienst Integration: www.mediendienst-integration.de Stuttgart, 11.3.2022 www.frsh.de * Der Schlepper Nr. 103 * 4/2022 · 11
Schleswig-Holstein Viel Solidarität Martin Link In Schleswig-Holstein werden zahlreiche Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen Seit dem 24. Februar Zahl tatsächlich höher ist. Schleswig-Hol- len und zivilgesellschaftliche Akteur*innen stein bereitet sich derweil auf größere in den Kreisen und kreisfreien Städten herrscht Krieg in Europa. Zugangszahlen vor und schafft Ressourcen Schleswig-Holsteins eingestellt und regel- für die Aufnahme und Begleitung der vor mäßig aktualisiert: https://www.frsh.de/ Lang angekündigt hat allem Frauen, Jugendlichen und Kinder. artikel/ukraine-informationen/ Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren die russische Armee ihren dürfen nicht aus der Ukraine ausreisen Das Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstel- Überfall auf die Ukraine und werden – soweit sie nicht freiwillig lung Schleswig-Holstein (MILIGSH) hat bereit sind – für den Kriegsdienst zwangs- eine Info-WebSeite mit vielfältigen Infor- wahr gemacht. verpflichtet. mationen für Geflüchtete aus der Ukraine Die Bereitschaft in der Bevölkerung hier- und die Beratungs- und Unterstützungs- Die Vereinten Nationen rechnen mit zulande, den Geflüchteten mit Solidarität, szene online freigeschaltet www.schles- vielen Millionen Menschen, die aus der tatkräftiger und materieller Unterstützung wig-holstein.de/ukraine, die ebenfalls Ukraine in andere europäische Länder das Ankommen zu erleichtern, Trost und regelmäßig aktualisiert wird. flüchten. Um den Ansturm zu bewälti- Orientierung zu geben und in diesem Pro- Mit Fragen und Hinweisen zum Thema gen hat der Europäische Rat ganz tief in zess zu begleiten, ist groß. In den Krei- Aufnahme von Ukrainer*innen im Bun- die bisher geflissentlich verschmähten Ins- sen vernetzen sich öffentliche Stellen mit desland können sich Interessierte an das trumente einer großzügigen Aufnahme Fachdiensten der Verbände und mit Bür- MILIGSH über eine Kontaktmail-Adresse von Geflüchteten gegriffen. Seit 2001 gerinitiativen. Auch auf Landesebene hat Flucht-Ukraine@im.landsh.de und eine gibt es die Massenzustromrichtlinie der sich das Innenministerium mit zivilgesell- Telefon-Hotline 0431 988-3369 wenden. EU, die am 3. März erstmalig zur Anwen- schaftlichen Akteur*innen kurzgeschlos- dung gekommen ist – und die leider einer sen. Der Landeszuwanderungsbeauftragte Ungleichbehandlung zwischen ukraini- Schleswig-Holstein informiert auf seiner schen Staatsangehörigen und genauso aus Web-Seite über rechtliche und andere der Ukraine fliehenden Drittstaatenange- Informationsangebote Fragen im Kontext der in Deutschland hörigen Vorschub leistet. Die Rechtsberatung für Geflüchtete beim und in Schleswig-Holstein schutzsuchen- Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein den Menschen aus der Ukraine: https:// Das inzwischen sozialdemokratisch www.landtag.ltsh.de/beauftragte/fb/ geführte Bundesinnenministerium hat steht auch den aus der Ukraine Geflüch- teten und ihren Unterstützer*innen offen: ukraine/ indes am 5. März Länderhinweise zur Umsetzung des EU-Ratsbeschlusses her- Kontakt per eMail beratung@frsh.de oder Der Flüchtlingsrat sammelt Informatio- ausgegeben, die gleichwohl die Möglich- telefonisch: 0431-734 900. nen über die landesweit für – egal woher keit der unterschiedslosen Aufenthaltsre- Der Flüchtlingsrat gibt auf seiner Home- – neu ankommenden Geflüchteten in den gelungen und von Integrationszugängen page Informationen für aus der Ukra- Kreisen und kreisfreien Städten vorhan- für fast alle aus der Ukraine Geflüchteten ine Geflüchtete und die sie Unterstützen- denen Angebote öffentlicher Stellen, Ver- schafft. Wie das in den Ländern – respek- den. Die Seite hält Informationen über bände und engagierten Initiativen und ist tive hier in Schleswig-Holstein – umge- Beratungsangebote, die relevante Rechts- dankbar für solcherlei Hinweise an: setzt werden wird, steht aufmerksam zu und Verordnungslage von Bund und Län- westkueste.ahoi@frsh.de beobachten. dern auf, informiert über Aufnahme- und Mitte März waren in Deutschland Unterbringungsfragen, enthält Verlinkun- Martin Link arbeitet beim Flüchtlingsrat Schleswig- geschätzt 160.000 Geflüchtete ange- gen zu Seiten Dritter mit Nachrichten Holstein e.V. www.frsh.de kommen. Weil Ukrainer*innen visums- über die Situation an den Grenzen und frei einreisen können und nicht in Erstauf- auf den Fluchtwegen. Regelmäßig werden nahmeeinrichtungen wohn- und melde- hier auch Informationen und Kontakt- pflichtig sind, ist anzunehmen, dass diese daten über zuständige öffentliche Stel- 12 · 4/2022 * Der Schlepper Nr. 103 * www.frsh.de
Schleswig-Holstein Kooperationspartner*innen gesucht! Johanna Frank Informationsveranstaltungen für von prekärer Beschäftigung in Schleswig-Holstein Betroffene Das IQ-Projekt Faire Die Projekte „Faire Integration“, im Bisher konnten wir unsere Informations- Rahmen des Förderprogramms „Integ- veranstaltungen in deutscher Sprache mit Integration bietet an, ration durch Qualifizierung“ des BMAS, gleichzeitiger Übersetzung ins Englische sind bundesweite Beratungs- und Infor- oder Arabische anbieten. Seit dem 01. dezentral im Bundesland mationsprojekte für Migrant*innen, Zuge- Februar dieses Jahres dürfen wir nun eine wanderte und Drittstaatsangehörige. Auf neue Kollegin bei uns im Team begrüßen, für (potentiell) Betroffene Landesebene ist „IQ Schleswig-Holstein Frau Elaham Vatankhah. Sie übernimmt prekärer Arbeitsverhältnisse – Faire Integration“ beim Antidiskriminie- die Beratung in den Sprachen Farsi und rungsverband Schleswig-Holstein (advsh) Dari. Wir sind sehr glücklich über diesen niedrigschwellige Informa- e.V. angesiedelt. Zuwachs und freuen uns darüber, nun auch unsere Informationsveranstaltungen tionsveranstaltungen, in Unser Beratungsangebot umfasst arbeits- mit zusätzlicher Übersetzung in Farsi und und sozialrechtliche Themen, die Dari anbieten zu können. denen über die wichtigsten direkt mit dem Beschäftigungsverhält- Auch wir haben unsere Formate den Standards und Rechte im nis zusammenhängen, z.B. Lohn, Arbeits- herrschenden Umständen angepasst, zeit, Urlaub, Kündigung usw. Es können so dass wir die Veranstaltungen sowohl Arbeitsleben informiert sowohl Personen, die sich bereits in in Präsenz als auch digital durchführen Arbeit, Ausbildung oder Praktikum befin- wird, durchzuführen. den, Rat zu konkreten Fragestellungen können. erhalten, als auch solche Menschen, die Wenn Interesse an der gemeinsamen sich präventiv über Arbeitsrechte und Durchführung einer Informationsver- -pflichten informieren möchten. Wir sind anstaltung besteht, dann freuen wir uns ein juristisch ausgebildetes Team und über eine Rückmeldung. unterstützen die Ratsuchenden, sich (prä- ventiv) vor Ausbeutung und Benachtei- Johanna Frank ist Juristin und Projektleiterin von ligung zu schützen und sich dagegen zur Faire Integration beim Antidiskriminierungsverband Wehr zu setzen. Schleswig-Holstein e.V., Tel: 0431-696 684 55, fi-beratung@advsh.de, www.advsh.de Da die Kenntnis über die eigenen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis ein essentieller Grundstein ist, um sich auf dem Arbeitsmarkt sicher bewegen zu können und prekäre Arbeitsbedingungen zu erkennen, bieten wir entsprechende kostenfreie Informationsveranstaltungen an. Diese passen wir gern an die jeweili- gen Bedürfnisse der Gruppe an. Wir star- ten meist mit einer Übersicht über die Grundlagen und erweitern unsere Inhalte gern um speziellere Themen wie bei- spielsweise Leiharbeit, Minijob, Ausbil- dung. Das Grundverständnis über die gel- tenden Regeln und Rechte ist Grund- lage dafür, prekäre Beschäftigungsbedin- gungen zu überwinden und gute Arbeit in Deutschland zu finden. www.frsh.de * Der Schlepper Nr. 103 * 4/2022 · 13
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