GEW NRW weiterentwickeln: Organisation stärken! - nds ...
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nds 3-2019 Tarifrunde 2019: Gutes Ergebnis! Mehr Elternarbeit mit Geflüchteten 100 Jahre Volkshochschule Lehrerinnen vor Gewalt schützen Bündnis für frühkindliche Bildung DIE ZEITSCHRIFT DER BILDUNGSGEWERKSCHAFT Gewerkschaftstag: GEW NRW wählt GEW NRW weiterentwickeln: Organisation stärken! 71. Jahrgang März 2019 ISSN 0720-9673 K 5141
Fotos: Constantin Film Verleih Mit der GEW NRW ins Kino DER FALL COLLINI Anwalt Caspar Leinen gerät über eine Pflichtverteidigung an einen spektakulären Fall: Mehr als 30 Jahre lang hat der 70-jährige Italiener Fabrizio Collini unbescholten in Deutschland gearbeitet, bis er anscheinend grundlos den Großindustriellen Hans Meyer tötet. Für Caspar (Elyas M‘Barek) steht weit mehr auf dem Spiel als sein erster großer Fall als Strafverteidiger. Das Opfer ist der Großvater seiner Jugendliebe Johanna (Alexandra Maria Lara) und war wie ein Ersatz- vater für Caspar. Zudem hat er mit der Strafverteidigerlegende Richard Mattinger (Heiner Lauterbach) einen Gegner, der ihm haushoch über- legen scheint. Caspar muss herausfinden, warum Fabrizio ausgerechnet einen vorbildlichen Menschen ermordet hat. Auch das öffentliche Inte- resse an dem Fall ist immens, doch Fabrizio schweigt beharrlich zu seinem Motiv. Als Caspar gegen alle Widerstände immer tiefer in den Fall ein- taucht, wird er nicht nur mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert, sondern stößt auf einen der größten Justizskandale der deutschen Ge- schichte und eine Wahrheit, von der niemand wissen will. Basierend auf dem gleichnamigen Roman des Erfolgsautors Ferdinand von Schirach hat Regisseur Marco Kreuzpaintner ein span- nungsgeladenes Drama inszeniert. Vorstellungen für Schulklassen sind ab Kinostart möglich. Der Film eig- net sich unter anderem für die Fächer Deutsch, Geschichte, Sozialwissen- schaften, Politikwissenschaft, Philosophie und Religion. VORSTELLUNGEN FÜR GEW-MITGLIEDER Sonntag, 7. April 2019 Münster Cineplex, Albersloher Weg 14, Beginn: 11.00 Uhr Essen Lichtburg, Kettwiger Straße 36, Beginn: 11.00 Uhr Offizieller Kinostart 18. April 2019 Filmwebsite www.derfallcollini.de Anmeldung und Infos www.gew-nrw.de/veranstaltungen
nds 3-2019 3 Rettet die Strahlkraft! Entwicklung heißt das Thema. In welche Richtung? Auf jeden Fall nach vorne. Eine Organisa- tion wie die GEW muss sich ändern. Sonst ändert sie die Zeit. Organisationsentwicklung ist ein Prozess, nie ein Ziel. Ansagen wie „Mehr soziale Gerechtigkeit!“ führen zur Sprechblase und dann ins Abseits. Wie war nochmal der Spruch von Martin Schulz zur Bundestagswahl 2017? Zerbröselt auf der Zunge, zerbröselt im Hirn. Der ist so allgemein, der führt zu nichts. „Zeit für mehr Gerech- tigkeit.“ Ach ja, na klar – und dann? Fragen, die die GEW beantworten kann. Was wollen die Leute eigentlich von uns? Wer als GEW Ideen für die Zukunft entwickelt, wer werteorientiert arbeitet, dem gehört das Michael Rasch Morgen. Wer sich in Kreisverbänden, Bezirksvorständen und Fachgruppen strukturiert und dies begleitet Gewerkschaften nach außen kommuniziert, schafft Leiden, keine Leidenschaft. Zu oft bezieht sich das Angebot und andere Organisationen der Gewerkschaften auf die Erfolge der Vergangenheit. Dabei wird auf „Sicherheit“ großen Wert als Trainer und Ideengeber gelegt: Schlüsselversicherung und Rechtsschutz lassen grüßen. Können wir damit auf dem Mei- in Veränderungsprozessen. nungsmarkt von morgen überleben? www.krabbenpulen.com Wer kommt aus welchen Gründen zu uns? Das zu wissen, wäre spannend und würde das Handeln einfacher machen. Wer Neue gewinnen will, kann sich auf die Traditionen beziehen. Wer sich darauf zurückzieht, ist verloren. „Früher war alles besser.“ Solche Sätze gehören für junge Menschen in die Sprachschatzkiste ihrer Großeltern. Wer die Berufswelt mit der Lebenswelt verknüpft, gewinnt. Und beide Welten werden zunehmend digital. Deshalb nehmen wir die neuen Herausforderungen an, machen Gewerkschaften digital erlebbar. Hier können wir unsere Geschichten erzählen. Wie begeistern wir andere – und uns selbst? Wenn das Ehrenamt (Was für ein Wort!) Themen findet, die Menschen begeistern, dann haben wir eine Chance auf eine Zukunft. Wenn wir verharren in Worthülsen, dann verlieren wir das Ehrenamt und die GEW. Wir müssen dringend die lokalen Gremien stärken, die sich mit den Themen der Menschen beschäftigen. Oft erlebe ich eine Struktur, in der die Gewerkschaft als Besserwisserin auftritt. Zuhören war nie eine unserer Stärken. Unsere Kraft zu Veränderungen, unser Wille zu Innovation und unser Mut, etwas zu probieren – all das zeichnet eine lebendige Gewerkschaft aus. Detlef Wetzel von der IG Metall drückte es seinerzeit so aus: „Wir müssen wieder Strahlkraft entwickeln.“ Doch die wird oft von Organigrammen verschüttet und kann nicht mehr ans Tageslicht kommen. Die Strahlkraft stirbt. Das ist schade, weil es diese Kraft gibt. „Früher haben wir probiert und experimentiert. Heute“, sagt mir ein Kreisvorsitzender, „schaue ich vorher in alle Richtungen, ob wir uns das inhaltlich leisten können.“ Wo bleibt die Neugier? Die Gier auf Neues? Ich glaube, die Organisation muss sich ständig selbst begeistern, dann strahlt sie auch. Vielfalt zu fördern und Frauen nach vorne zu bringen, kann dabei zum Beispiel helfen. Die Kultur der Veränderung wird ständige Begleiterin. Denn die Kultur bestimmt das Tempo, das Miteinander und das Image der GEW. Der Mensch hinter der Leistung zählt Die Menschen finden Gewerkschaften sinnvoll, wenn sie ihnen etwas nutzen. Lange dachten wir, dass wir überzeugen, indem wir ihnen unseren beeindruckenden Leistungskatalog zeigen. Heute zählt aber nicht mehr die Organisation, sondern der Mensch, der anderen einen Nutzen anbietet. Greta Thunberg ist ein hervorragendes Beispiel dafür: ein Mensch, eine Idee, eine Bewegung. Das alles kann Organisationsentwicklung leisten. Besser werden, ohne Besserwisser*in zu wer- den, das ist das Ziel. Entwickeln und leben statt sterben. Keine dramatischen Bilder mit Uhren, die 5 vor 12 zeigen, keine Särge und keine Schutzschirme. Bilder und Texte, verbunden mit Zukunft und Projekten machen eine starke Gemeinschaft aus. //
4 INHALT THEMA BILDUNG 16 8 GEW NRW weiterentwickeln: Forschung der Uni Bielefeld zu Flucht und Schule Organisation stärken! Elternarbeit ist ein wichtiger Baustein Seite 8 Kommission Generationenwechsel / Generationendialog Herzlich willkommen in der GEW NRW! 100 Jahre Volkshochschule Seite 16 Bildung für alle braucht mehr Personal Seite 10 Stärkung des Ehrenamts in den Niederlanden „Man braucht einen langen Atem.” Kommentar zum Israel-Boykott der BDS-Bewegung Seite 18 Antisemit*innen nicht auf den Leim gehen Seite 12 Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen Neue Möglichkeiten für mehr Beteiligung Seite 20 Zielgruppenspezifische Angebote und Mentoring Junge Frauen stärken und fördern Seite 22
nds 3-2019 5 ARBEITSPL ATZ IMMER IM HEFT GEW-Kino Seite 2 Nachrichten Seite 6 Buchtipps Seite 15 Weiterbildung Seite 33 Infothek Seite 34 Termine Seite 38 Impressum Seite 39 28 Tarifrunde 2019 Gewerkschaften erzielen ein gutes Ergebnis! Seite 24 Sexualisierte Gewalt von Schüler*innen Gemeinsam handeln und Lehrerinnen schützen Seite 26 Wahlen beim Gewerkschaftstag der GEW NRW Das sind die Kandidat*innen! Seite 28 Sozialpädagogische Fachkräfte in der Schuleingangsphase „Die GEW ist meine Ratgeberin.“ Seite 31 Aktionsbündnis für gute frühkindliche Bildung „Wir brauchen viele Hände und Köpfe.“ Seite 32
6 NACHRICHTEN Non-Profit-Sektor: Nachholbedarf bei digitalen Veränderungen Non-Profit-Organisationen fühlen sich auf den digitalen Wan- del nicht optimal vorbereitet. Das geht aus einer Untersuchung Wie gut ist Ihre Organisation auf die folgenden Veränderungen vorbereitet? der Forscher*innen Nicole Dufft, Peter Kreutter, Stephan Peters und Frieder Olfe hervor. Die Vielzahl digitaler Kanäle ermög- licht Non-Profit-Organisationen immer mehr Transparenz und weniger gut gut ,, teilweise gut‘‘ nicht dargestellt erlaubt eine bessere Information der Öffentlichkeit. Doch nur die Hälfte der befragten Mitarbeiter*innen fühlt sich in der Die Vielzahl digitaler Kanäle ermöglicht Lage, die Möglichkeiten für sich zu nutzen, obwohl mehr als 70 mehr Transparenz und bessere Information 16 % 49 % Prozent die Entwicklung für ihre Organisation relevant finden. der Öffentlichkeit. Von allen in der Umfrage betrachteten Bereichen ist die Öffent- lichkeitsarbeit mittels digitaler Kanäle derjenige, in denen Non- Meinungsbildung verändert sich. 34 % 46 % Profit-Organisationen sich derzeit am besten aufgestellt fühlen. Auch im Bereich der digitalen Vernetzung und des Austauschs Austausch und Vernetzung zwischen haben die Befragten noch Nachholbedarf . Nur rund ein Viertel Organisation über digitale Kanäle 26 % 28 % fühlt sich gewachsen, diese digitalen Möglichkeiten verstärkt für werden immer wichtiger. sich und den eigenen Arbeitsbereich zu nutzen. 46 Prozent der Befragten ist darauf nur teilweise und 26 Prozent weniger gut vorbereitet. Mehr ab Seite 16. betterplace lab/kue Quelle: betterplace lab, Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen, 2017 DGB-Mitglieder Bildungselite lernt an Privatschulen Die Anzahl der Mitglieder in Der Anteil der Kinder von Akademiker*innen an Privatschulen hat seit Begreifen DGB-Gewerkschaften sank im ver- Mitte der 1990er-Jahre drastisch zugenommen. Im bundesweiten Durch- zum Eingreifen gangenen Jahr leicht. Insgesamt schnitt kommen zwölf Prozent der Jungen und Mädchen an staatlichen waren es im Dezember 2018 Schulen aus Elternhäusern mit Hochschulabschluss. In Privatschulen ist der 5.974.950 Mitglieder, die in den Anteil dagegen erheblich größer, im Westen Deutschlands sind es 21 und im acht Einzelgewerkschaften GEW, www. Osten 35 Prozent. In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Gesamtzahl Europawahl IG BCE, IG BAU, IG Metall, GdP, der allgemeinbildenden und beruflichen Privatschulen in Deutschland Am 26. Mai 2019 findet die NGG, ver.di und EVG organisiert nahezu verdoppelt: Sie stieg von 3.232 im Schuljahr 1992 / 1993 auf Europawahl statt. Der DGB sind, allein 279.389 Beschäftigte macht sich stark für ein soziales, in der GEW. Im Vergleich zum 5.839 im letzten statistisch erfassten Schuljahr 2017 / 2018. In den neuen solidarisches sowie gerechtes Bundesländern war die Entwicklung besonders brisant: Dort wuchs der Vorjahr waren es 20.487 weniger. Europa und erklärt in einem Dossier, warum diese Wahl eine Insgesamt waren es im Dezember Anteil der Privatschüler*innen seit der Wende von null auf inzwischen Richtungsentscheidung für 2017 5.995.437 DGB-Mitglieder. über zehn Prozent. In der alten Bundesrepublik blieb der Sprung von sechs Arbeitnehmer*innen ist. Mehr unter www.tinyurl.com/ auf neun Prozent im gleichen Zeitraum vergleichsweise moderat. Mehr www.dgb.de/schwerpunkt/ europawahl dgb-mitglieder DGB unter www.tinyurl.com/privatschule-diw DIW / Thomas Gesterkamp Übertragung Neue Initiative: Parents for Future www. Frauenquote Seit drei Jahren gibt es eine Quote für Frauen in Aufsichts- Die GEW NRW begrüßt die Das Engagement vieler Schüler*innen für mehr Klimaschutz hat auch räten. Die Hans-Böckler-Stiftung Ankündigung von NRW-Finanzmi- Eltern motiviert, eine Klimabewegung zu gründen. Angelehnt an „Fridays hat zusammengestellt, was sich nister Lutz Lienenkämper, das Tarif- for Future“ nennen sie sich „Parents for Future“ und unterstützen die in den Gremien verändert hat. www.tinyurl.com/aufsichtsrat- ergebnis 2019 auf die Beamt*innen Schüler*innen in ihrem Protest, bei Auseinandersetzungen mit Behörden, quote in NRW zeitgleich zu übertragen. Politik und der Öffentlichkeit. In einem Brief an die Schulen schrieben die Die GEW-Landesvorsitzende Doro- Initiator*innen der Bewegung: „Verzichten Sie auf Schulverweise oder www. Refugee eleven thea Schäfer sieht die Übertragung andere disziplinarische Maßnahmen. Sie können die weitere Laufbahn Die Bundeszentrale für als ein Signal der Wertschätzung: dieser engagierten Schüler*innen empfindlich schädigen. Zur Lösung politische Bildung hat unter „Die Landesbeschäftigten und der gesellschaftlichen Probleme brauchen wir Zusammenarbeit und dem Titel „Refugee eleven“ Versorgungsempfänger*innen Kreativität statt Hierarchie und Zwang.“ Zum Beispiel sei es denkbar, mit eine Webvideo-Serie über die Erlebnisse von geflüchteten haben es sich verdient.“ Details der ganzen Klasse am Freitag eine Exkursion zu den Demonstrationen zu Amateurfußballer*innen sind noch unklar. Mehr ab Seite machen oder einen Klimatag an den Schulen einzurichten, um verstärkt veröffentlicht. 24 und unter www.tinyurl.com/ über die klimatischen Veränderungen aufzuklären. Mehr unter www. www.refugee11.de uebertragung-tarifergebnis bp parentsforfuture.de kue
nds 3-2019 7 Rund 600 Teilnehmer*innen demonstrierten am Weltfrauentag in Bielefeld unter an- Die Mitglieder der südkoreanischen Gewerkschaft stellten Sebastian Krebs, stellvertre- derem für eine gerechte Bezahlung von Frauen und Männern. Foto: A. Unger tender Vorsitzender der GEW NRW, Fragen zur Personalratsarbeit. Foto: P. Gesthuisen Demo am Internationalen Frauentag Besuch aus Südkorea in NRW Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2019 demons- Eine Delegation der südkoreanischen Bildungsgewerkschaft besuchte trierten rund 600 Teilnehmer*innen in Bielefeld für mehr Frauenrechte Mitte März die GEW NRW. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Lan- und eine gerechtere Bezahlung von Frauen und Männern. Mit Blick auf desvorsitzenden Sebastian Krebs tauschten sich die Gäste unter anderem die anstehende Europawahl im Mai hielt die stellvertretende Vorsitzende über Tarifpolitik und Arbeitskämpfe in Südkorea und Deutschland aus. der GEW NRW Maike Finnern eine Rede. Mehr unter www.tinyurl.com/ Besonders begeistert war der Besuch von der Arbeit der Personalräte in frauentag-2019 und ab Seite 22. kue NRW. kue Hauptschule Equal Pay Day Mütter und Väter im Homeoffice Im laufenden Schuljahr besu- Der Equal Pay Day am 18. März Mütter und Väter nutzen flexible Arbeitszeitmodelle unterschiedlich: chen 62.827 Schüler*innen in 2019 stand in Deutschland unter Während die Männer mehr Überstunden machen, nehmen sich die Frauen NRW eine Hauptschule. Das sind dem Motto „Wertsache Arbeit“. mehr Zeit für Kinderbetreuung. Damit kann flexibles Arbeiten die klas- 9.239 weniger Hauptschüler*innen Damit klärten die Initiator*innen sische Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern verstärken. Mehr als im Schuljahr 2017 / 2018 und über den Wert und die Bewertung Freizeit haben beide Elternteile dadurch nicht. Das zeigt eine Studie der 153.816 weniger als vor zehn Jah- von weiblicher und männlicher Er- Forscherin Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen ren. Insgesamt besuchen 1.905.286 werbsarbeit auf. Frauen verdienen Institut. Sie hat untersucht, wie sich verschiedene Arbeitszeitarrangements Schüler*innen eine allgemeinbil- im Schnitt 21 Prozent weniger als auf die Erholungszeiten auswirken. Mütter, die im Homeoffice arbeiten, dende Schule in NRW (ausgenom- ihre männlichen Kollegen. Ein Teil kommen demnach pro Woche auf drei Stunden mehr Betreuungszeit für men Weiterbildungskollegs). Das der Lohnlücke ist auf strukturelle die Kinder als Mütter, die nicht zu Hause arbeiten können. Väter machen sind 0,7 Prozent weniger als ein Unterschiede zurückzuführen, im Homeoffice mehr Überstunden, nehmen sich aber nicht mehr Zeit für Jahr zuvor. Zuwächse verzeichne- weil immer noch viele Frauen die Kinder. Um Gleichstellung zu fördern, sollte der Forscherin zufolge die ten vor allem die Gesamtschulen: in schlechter bezahlten Berufen Zahl der Partner-Monate beim Elterngeld von zwei auf sechs erhöht werden, 319.587 Schüler*innen besuchten tätig sind, langfristig in Teilzeit um Anreize für Väter zu schaffen, sich stärker in der Kinderbetreuung diese Schulform. Der Anteil stieg arbeiten und seltener Führungs- zu engagieren. Hinzukommen sollte ein Recht auf Familienarbeitszeit, um 37,3 Prozent im Vergleich zum positionen innehaben. Mehr unter das die Teilzeitarbeit in Zukunft insbesondere für Männer interessanter Schuljahr 2007/2008. IT.NRW www.equal-pay-day.de epd/kue macht. Hans-Böckler-Stiftung Beitragsquittungen 2018 Gewonnen! Bislang ist die Beitragsquittung zur Vorlage beim Finanzamt jedes Jeweils zwei Freikarten für die RUHRFESTSPIELE 2019 in Reckling- Jahr mit der Februarausgabe der E&W verschickt worden. Das ist unter hausen haben gewonnen: Hilal Günday, Köln; Dorothee Hiller-Grünberg, anderem aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr möglich. Iserlohn; Tanja Loke, Köln; Annette Köhne, Bochum; Jürgen Vohmann, Deshalb hat die GEW ab 18. März 2019 allen Mitgliedern einen dauer- Köln; Dörte Heydemann, Bochum; Brigitte Jäger, Sprockhövel; Peter haften Mitgliedsausweis und die Beitragsquittung per Post geschickt. Erken, Nörvenich; Elke Kloppenburg, Witten; Edgar Heinevetter, Pader- Sollte Sie dieses Schreiben nicht erreicht haben, wenden Sie sich bitte born. Wir gratulieren allen Gewinner*innen und wünschen viel Spaß an unsere NRW-Mitgliederverwaltung (mitgliederverwaltung@gew-nrw. de). Alternativ können Sie sich auch unter www.gew.de/beitragsbe- bei den Aufführungen unter dem Motto „Poesie und scheinigung ihre Bescheinigung herunterladen. Bitte heben Sie Ihren Politik“! Die Tickets werden in den nächsten Tagen Mitgliedsausweis gut auf. Über das weitere Vorgehen in den nächsten verschickt. Mehr Infos zum Programm unter www. Jahren ist noch nicht entschieden. Christian Peters ruhrfestspiele.de nds-Redaktion
8 BILDUNG Forschung der Uni Bielefeld zu Flucht und Schule Elternarbeit ist ein wichtiger Baustein Geflüchtete Schüler*innen bringen durch ihre komplexen Biografien und Erfah- rungen besondere Herausforderungen mit in die Schule. Wie Lehrkräfte, Politik und Behörden darauf reagieren sollten, erklärt Erziehungswissenschaftler Marc Grimm von der Universität Bielefeld im nds-Interview. nds: Welche Gelingensbedingungen müssen schiedlich um. Es hat sich bewährt, geflüchtete erfüllt sein, damit geflüchtete Kinder und Schüler*innen nicht in eigenen Klassenverbän- Jugendliche im Schulalltag zurechtkommen? den zu unterrichten, sondern in Regelklassen Marc Grimm: Zuerst einmal müssen wir uns zu integrieren. Für Schüler*innen mit geringem ansehen, inwiefern sich die komplexen Biogra- Sprachstand gibt es stundenweise Deutsch- fien und Erfahrungen von Kindern und Jugend- unterricht. lichen mit Fluchthintergrund von denen anderer Dass es für das Lehrpersonal und für die Kinder unterscheiden und inwiefern diese tat- Lernsituation der Kinder besser ist, wenn die Marc Grimm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der sächlich neue Herausforderungen für die Lehr- Lehrer*innen im Tandem unterrichten, versteht Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld. Foto: privat kräfte mit sich bringen. Lehrer*innen sind ja sich von selbst. Die Doppelbesetzung erlaubt nicht erst seit der Ankunft einer großen An- nicht nur, näher auf einzelne Kinder einzuge- zahl von Geflüchteten im Jahr 2015 mit einer hen, sondern auch den Wissenstransfer und Inwiefern müssen also Inklusions- und Inte- heterogenen Schüler*innenschaft konfrontiert gemeinsames Lernen der Lehrer*innen. Dieser grationskonzepte angepasst werden? – unter anderem hinsichtlich der Sprache, Reli- Punkt wird in der Debatte häufig vergessen, ist Auffällig ist erst einmal, dass die Themen In- gion und kulturellen Prägung. Es bestehen also für die Praxis aber enorm wichtig. Unsere For- klusion und Integration politisch aufgeblasen schon Erfahrungen im Umgang mit Diversität. schung hat außerdem gezeigt, dass die Eltern- werden, es aber kein verbindliches integratives Heute gibt es jedoch – anders als noch vor arbeit besonders relevant ist. Die Stabilität des Konzept gibt. Zudem ist offenkundig, dass die einigen Jahren – ein Bewusstsein dafür, dass Familienlebens, ein fester Wohnsitz und ein Idee von Inklusion, individualisiertes Lernen zu Integration im schulischen Kontext eine Auf- funktionierender Kontakt zu den Behörden sind ermöglichen, im offenen Widerspruch zu etab- gabe ist, die mit spezifischen Anforderungen zentrale Bedingungen dafür, dass Kinder und lierten Strukturen und der Selektionsfunktion an alle Involvierten einhergeht und nicht etwa Jugendliche mit Fluchterfahrung an Schulen zu- des Bildungswesens steht. Nimmt man den Ge- ohne Zutun nebenher läuft. Die Gelingens- rechtkommen. Anstatt sich nur auf Beschulung danken von Inklusion einmal ernst, würde das bedingungen lassen sich umreißen: Schüle- und didaktische Konzepte zu fokussieren, wäre heißen, über institutionelle, wohnräumliche r*innen mit Fluchterfahrungen müssen mit ih- es angebracht, Zeit in die Kommunikation mit und soziale Fragen zu reden, die nicht nur im ren konkreten Biografien individuell adressiert den Eltern zu stecken. Dass Briefe immer noch Kontext Schule diskutiert werden können. Sie werden. Die meisten geflüchteten Kinder ha- in Beamt*innendeutsch an Eltern verschickt wer- müssen auch auf gesellschaftlicher Ebene be- ben gemeinsam, dass sie ohne Kenntnisse der den, die noch kein Deutsch sprechen, ist unnö- sprochen werden. deutschen Sprache an die Schulen kommen. tig. Stattdessen sind pragmatische Lösungen Begrenzt man Inklusion auf Schule, wäre Damit gehen Bildungseinrichtungen unter- notwendig. viel gewonnen, wenn es Schulen gelänge, eine
nds 3-2019 9 dass das Wissen fehlt, wer bei welchen Fragen Welche bildungspolitischen Konsequenzen ansprechbar ist. Die verschiedenen außerschu- lassen sich daraus ableiten? lischen Angebote sind leider kaum miteinander Zum einen müsste an der Ausbildung von vernetzt. Aber wenn damit einmal den Eltern ge- Lehrer*innen angesetzt werden: Lehrkräfte holfen wird, sich in Deutschland zurechtzufinden, benötigen eine bessere Vorbereitung auf die dann hat das eine stabilisierende Wirkung auf heterogene Schüler*innenschaft. Das hätte die Familienverhältnisse. Für den erfolgreichen schon längst geschehen können, aber offen- Besuch der Schule ist das sehr förderlich. Und bar bedurfte es der jüngsten Migrationsbewe- Fotos: iStock.com / agrobacter, Weekend Images Inc. nicht zuletzt werden die Eltern so näher an die gung, um das Thema Heterogenität wieder auf Schule und andere Eltern herangeführt. die Tagesordnung zu bringen. Deutschland hinkt Neben den vielen Aufgaben, mit denen im Umgang mit Heterogenität in einigen Be- Lehrkräfte ohnehin konfrontiert sind, bringt reichen hinterher, etwa was den Umgang mit die jüngste Fluchtbewegung spezifisch neue Mehrsprachigkeit im Unterricht angeht. Aber Anforderungen mit sich: Kenntnisse in der Ver- auch die Kenntnis von Methoden gehört hier mittlung von Deutsch als Fremdsprache sind dazu, zum Beispiel wie Deutsch als Fremdspra- notwendig. Eine besondere Herausforderung che vermittelt wird. Nicht zuletzt wäre es not- ist und wird auch in Zukunft bleiben, dass wir wendig, dass Lehrer*innen einige Leitlinien für nicht absehen können, wie sich der Verlust den Umgang mit traumatisierten Kindern an die von geliebten Menschen, Geschwistern und Hand bekommen und psychologische Fachkräfte nicht zuletzt erfahrene auch sexuelle Gewalt systematisch in Schulen eingebunden werden. auf die Gesundheit und Entwicklung der Kin- Eine bildungspolitische Konsequenz wäre, der und Jugendlichen auswirken. Diese Anfor- dass die Familien Klarheit über ihren Aufent- derungen sind auch für Lehrer*innen emotional haltsstatus haben und die Planung der eigenen Kultur zu etablieren, in der Kinder ohne Angst belastend und sie müssen zusätzliche Zeit inves- Zukunft in Deutschland überhaupt erst möglich verschieden sein können und in der sie sich will- tieren – für Absprachen mit anderen Lehrkräf- wird. // Die Fragen stellte Jessica Küppers. kommen fühlen. Darüber hinaus ist die Frage ten, Schulsozialarbeiter*innen und Behörden. gelingender Inklusion auch eine Frage der Res- Eine Unterstützung wäre erst einmal die An- sourcen: Dass es sich mit einer geringen Zahl erkennung, dass Lehrer*innen vielfältige Aufga- Marc Grimm, Sandra Schlupp: Leseprobe von Schüler*innen pro Lehrer*in besser lernt, ist „Flucht und Schule“ ben wahrnehmen und Eltern mit Informationen PDF keine neue Erkenntnis. Auch was differenzierte behilflich sind und dass diese Aufgaben dem www.tinyurl.com/flucht-und-schule didaktische Lernangebote betrifft, können wir Unterricht nach- oder untergeordnet sind. Diese www. ZTK: Flüchtlingskinder und jugendliche in Praxis und Forschung auf Bewährtes zurück- Flüchtlinge Arbeit kann nicht nebenher verrichtet werden www.tinyurl.com/gefluechtete greifen. Das Verständnis schulischer Inklusion und Lehrkräfte müssen dafür an anderer Stelle www. GEW NRW: Themenseite „Inklusion“ kann um die institutionelle Dimension ergänzt entlastet sowie die Zeit bezahlt werden. www.gew-nrw.de/inklusion werden: Wenn Schule als Teil eines institutio- nellen Netzwerks gedacht wird, kommen wir dem Ziel inklusiven Lernens einen Schritt näher. Und wie können Lehrkräfte praktisch bei der Arbeit mit Geflüchteten unterstützt werden? Welche Rolle spielen außerschulische Netz- werke und Einrichtungen? Die Rolle außerschulischer Netzwerke für das Gelingen des Schulbesuchs kann kaum überschätzt werden. Schule kann als Schnitt- stelle zwischen Eltern und Behörden funktio- nieren. Die Eltern geflüchteter Kinder gaben in unseren wissenschaftlichen Interviews an, dass Sozialarbeiter*innen für sie essenziell wa- ren, die in diesem Fall über Mittel des Integra- tionsprojekts „Bem Vindo“ finanziert wurden. Die Fachkräfte waren Mittler*innen zwischen den Eltern und diversen Institutionen und eine Hilfe bei Unklarheiten im Kontakt mit Behörden, Stadtwerken, in Gesundheitsfragen und bei an- deren basalen Alltagsproblemen. Das Problem ist ja nicht, dass es keine Angebote gibt, sondern
10 BILDUNG Fotos: iStock.com / vm, argentum / photocase.de 100 Jahre Volkshochschule Bildung für alle braucht mehr Personal Die Volkshochschule (VHS) ist seit jeher eine Bildungseinrichtung, die für Men- und wurde durch das Weiterbildungsgesetz zu schen verschiedener sozialer Herkünfte, Berufe, Religionen, Weltanschauungen, deren Pflichtaufgabe. Das Gesetz legte nicht politischer Überzeugungen und unterschiedlicher Altersgruppen gedacht ist. nur ein Mindestangebot entsprechend der 100 Jahre nach ihrer Gründung mangelt es aber an den nötigen Ressourcen, um Einwohner*innenzahl fest, sondern gab auch diesem Anspruch auch in Zukunft noch gerecht zu werden. eine Mindestbetriebsgröße und eine nach dem Angebotsvolumen bemessene Stellenzahl für Wenn die Volkshochschulen zum 100. Jubi- vielgestaltige demokratische Bildungsarbeit im hauptberufliches pädagogisches Personal vor. läum in ihren Programmen den Fokus auf Fragen Nationalsozialismus durch die Gleichschaltung Die Finanzierung der Personalkosten durch das des gesellschaftlichen Zusammenhalts richten, im „Deutschen Volksbildungswerk“ beendet Land führte dazu, dass viele neue Stellen für folgen sie einem Leitmotiv, das schon in den worden war, begannen die Volkshochschulen pädagogische Mitarbeiter*innen geschaffen Jahren nach dem ersten Weltkrieg im ganzen nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Arbeit in An- wurden. Zu ihren Aufgaben gehört bis heute Land zu ihrer Gründung führte. Als eine „pädago- knüpfung an Konzeptionen der Weimarer Zeit die Programmplanung und -entwicklung. Die gische Volksbewegung“ beschrieb der deutsche mit jeweils unterschiedlicher Prägung durch die Lehrtätigkeit wird hingegen einer Vielzahl von Philosoph und Pädagoge Herman Nohl das Besatzungsmächte. neben- und freiberuflichen Kräften übertragen. Ziel, durch Bildung für alle der Notsituation In den 1960er-Jahren änderte sich das Selbst- Chancengleichheit als eines zerrissenen Volkes entgegenzuwirken. verständnis der Volkshochschulen: Die Einrich- Herausforderung für die VHS Menschen unterschiedlicher sozialer Herkünfte, tungen wendeten sich stärker der beruflichen Berufe, Religionen, Weltanschauungen, poli- Qualifizierung zu. Die Bildungsreformen der Wer hat, dem wird gegeben. Nach diesem tischer Überzeugungen und verschiedenen Alters 1970er-Jahre brachten mit der vom Deutschen sogenannten Matthäus-Prinzip funktioniert die sollte die VHS zusammenführen. Die Einrichtung Bildungsrat eingeforderten öffentlichen Verant- Beteiligung an der Weiterbildung auch heute sollte offen sein für alle Themen und Methoden, wortung für die Weiterbildung als quartären noch. Weiterbildung hängt daher erheblich ausgehend von der individuellen Lebenswirk- Bereich des Bildungswesens einen deutlichen von der Vorbildung ab und verstärkt bereits lichkeit der Menschen. Schub der Institutionalisierung und Professi- bestehende Bildungsunterschiede. Mit der Ziel- onalisierung. In NRW wurde schließlich 1974 setzung, soziale Ausgewogenheit herzustellen, Die Geschichte der Volkshochschulen wollten die Volkshochschulen dieser Tendenz das Weiterbildungsgesetz verabschiedet, das in Deutschland entgegenwirken und Chancengleichheit fördern. strukturbildend wirkte. Bereits die Weimarer Reichsverfassung be- Doch in den 1980er- und 1990er-Jahren stimmte die Förderung der Volksbildung und Kommunale Pflichtaufgabe sorgte die Finanzkrise für deutliche Kürzungen der VHS als eine staatliche Aufgabe und be- per Gesetz geregelt der Landesmittel. Die Volkshochschulen ver- gründete damit die öffentliche Verantwortung Schon von Anfang an hatte die VHS als lokale suchten, ihre Einnahmen durch höhere Entgelte für die Erwachsenenbildung. Nachdem ihre Einrichtung einen engen Bezug zur Kommune für Teilnehmer*innen zu sichern und erschwerten
nds 3-2019 11 damit den Zugang zu den verschiedenen Wei- werden. Soziale Integration gelingt beispielswei- weiterhin gewährleistet werden kann, brau- terbildungsangeboten erheblich. se auch in der Gesundheits- und der kulturellen chen die Einrichtungen aber mehr Personal. Der Rückzug des Staates aus der Verant- Bildung, wenn die Inhalte anregend angeleitet Dazu gehört auch die Ablösung prekärer Ho- wortung und der Appell an die (finanzielle) und in gut ausgestatteten Räumlichkeiten ver- norararbeit der freiberuflichen Lehrkräfte, die Eigenverantwortung der einzelnen Person für ihre mittelt werden. „hauptberuflich“ für die VHS tätig sind, durch Bildung führte zur Ablösung pädagogischer Ziel- Gerade für eine Generation, die selbstver- reguläre Arbeitsverhältnisse. setzungen durch betriebswirtschaftliche Prioritä- ständlich mit digitalen Medien umgeht, müssen Sollen die Volkshochschulen als kommunale ten. Der Kostendeckungsgrad wurde Maßgabe entsprechende Lernformen angeboten werden. Weiterbildungszentren ihre soziale und program- bei der Veranstaltungsplanung, die VHS wurde Digitales Lernen setzt also digitale Medien vo- matische Offenheit wieder erreichen, bedarf zur Mitbewerberin auf dem Bildungsmarkt. Die raus. In der Praxis verbindet „blended learning“ es deutlich mehr Ressourcen. Die Rücknahme Haushaltskonsolidierung zwang Kommunen zu den Präsenzunterricht in der Gruppe mit dem der letzten Kürzungen und die zweiprozentige massiven Einsparungen, Stellenabbau und höhe- individuellen Lernen online. Ergänzend dazu, Dynamisierung der Finanzierung nach dem Wei- ren Entgelten an den Volkshochschulen. Heute aber auch als originärer Platz des Austauschs für terbildungsgesetz durch das Land im Haushalt erfüllen die kommunalen Einrichtungen zwar mit Lerngruppen, bilden sich online (geschlossene) 2019 ist zu begrüßen. Die strukturelle Unter- Kursen zur Alphabetisierung und Grundbildung, Communitys. Onlinetutor*innen unterstützen finanzierung der Weiterbildung wird damit aber zum Nachholen des Hauptschulabschlusses und die Kursteilnehmer*innen und beraten beim noch nicht aufgehoben. Hierzu sind deutlich Integrationskursen für Migrant*innen weiterhin selbstgesteuerten Lernen. größere Schritte nötig. ihren sozialen Auftrag. Möglich ist das aber nur Die digitale Kommunikationskultur mit Selbst- Die GEW NRW fordert deshalb im Bochumer durch die zunehmende Arbeitsverdichtung für lernzentren und Internetplattformen gehört Memorandum eine mittelfristige Aufstockung im das Personal. also zur VHS-Arbeit unbedingt dazu. Sie wird Umfang von einem Prozent des Bildungsetats. // Präsenzveranstaltungen keineswegs ersetzen. Digitale Lernangebote können Digitales Lernen wird das soziale Lernen im das Portfolio erweitern unmittelbaren persönlichen Austausch nicht GEW NRW: Bochumer Memorandum Globalisierung und Digitalisierung sind schon überflüssig machen. Vielmehr können digitale PDF www.tinyurl.com/bochumer-memorandum jetzt nicht nur Themen von VHS-Veranstaltungen, Angebote das bisherige Portfolio der VHS sinn- www. GEW NRW: Themenseite „Erwachsenen- sie fordern die Institutionen auch heraus: Die voll ergänzen und für potenzielle Interessierte bildung“ Volkshochschule vermittelt zum Beispiel nicht attraktiver machen. www.gew-nrw.de/erwachsenenbildung nur Sprachkenntnisse und damit Fähigkeiten zur www. Rabea Herzog, Helle Timmermann: Ich Teilhabe und zur internationalen Kommunika- VHS braucht dringend mehr will die Anerkennung unserer Leistungen Personal und Ressourcen sehen! (in: nds 2-2018) tion. Sie führt auch Lernende unterschiedlicher www.tinyurl.com/nds-vhs-anerkennung nationaler, ethnischer und kultureller Herkunft Wenn es darum geht, das Versprechen in einem achtsamen Umgang zusammen. „Bildung für alle“ einzulösen, versagt der Markt. Damit auch Menschen unterschiedlicher sozia- Es bedarf deshalb der staatlichen und kommu- Ulrich Jung ler Herkunft und verschiedener Generationen nalen Steuerung und Gestaltung. Nachdrücklich Mitglied des Fachgruppenausschusses Erwachsenenbildung der GEW NRW erreicht und beteiligt werden können, müssen ist die öffentliche Verantwortung für die Struktur über das Programmheft hinaus veränderte und die Arbeitsbedingungen in der Weiterbildung Ansprache- und Beratungsformen entwickelt erneut einzufordern. Damit die Grundversorgung
Foto: iStock.com / tzahiV 12 BILDUNG Kommentar zum Israel-Boykott der BDS-Bewegung Antisemit*innen nicht auf den Leim gehen Die Debatte um die Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) gegen von nicht gerade freundlich gesinnten arabischen den Staat Israel nimmt zunehmend Fahrt auf. Auch in Gremien der GEW NRW Staaten. Es ist zugleich der einzige jüdische wird über die Hintergründe des Israel-Boykotts, die möglichen Auswirkungen der Staat auf der Welt, der einzige Zufluchtsort in Bewegung auf den Bildungsbereich und die gewerkschaftlichen Beziehungen Zeiten des global grassierenden Antisemitismus diskutiert. und Ort von Sehnsucht und Hoffnung in 2.000 Jahren jüdischer Diaspora. Er war eine der weni- Der sogenannte Nahostkonflikt stellt seit Nationalsozialismus, ist die Linke nicht gefeit. gen weltweiten Überlebensmöglichkeiten für Jahrzehnten eine der wichtigsten Bruchlinien Hinzu kommt, dass sich der Nahe Osten als die Opfer des osteuropäischen Antisemitismus innerhalb der deutschen Linken dar; dabei ist Projektionsfläche für allerhand Fantasien von ausgangs des 19., eingangs des 20. Jahrhunderts schon die Bezeichnung grundfalsch, denn der Freiheitskämpfen und antikolonialen Bewe- und schließlich für diejenigen, die dem Holocaust israelisch-arabische Konflikt ist einer der kleine- gungen eignet. Jahrzehntelange antiimperia- entrinnen konnten oder Auschwitz überlebten. ren, dafür umso prominenteren im Nahen Osten. listische Propaganda der Sowjetunion und der Nur zur zahlenmäßigen Einordnung, nicht Die Debatte ist spätestens seit dem Sechstage- DDR taten ihr Übriges. von vornherein als Konfrontation: Diesem einen krieg und der Entstehung der „Neuen Linken“ Sicher etwas überspitzt, aber nicht weit von jüdischen Staat stehen 56 Staaten der Welt in Deutschland im Zuge der außerparlamen- der Realität entfernt beschreibt Publizist Micha gegenüber, die der Organisation für islamische tarischen Opposition – also seit den Jahren Brumlik diesen Aspekt der politischen Kultur Zusammenarbeit angehören – mit dem Islam 1967 / 1968 – von Polarisierung, Spaltung und unter deutschen Linken so: „Hier stehen sich als Staatsreligion, dem Islam als Religion der mangelnder Aussicht auf eine Einigung oder selbsternannte ‚Israelfreunde‘ und ‚Israelkritiker‘ Bevölkerungsmehrheit oder jedenfalls einer irgendeinen denkbaren Kompromiss zwischen in und mit einer Unversöhnlichkeit gegenüber, großen Minderheit. Auf der Welt gibt es etwa den Polen geprägt. die in der Tat an die letzten Tage der Weima- 15 Millionen Jüdinnen und Juden und rund 1,6 rer Republik erinnert.“ Mit ihm und anderen Milliarden Muslimas und Muslime. Mit zwei Die komplexe Schuldfrage Autor*innen darf man sich die Frage stellen, muslimischen Staaten, nämlich Ägypten und Bei der Bewertung der Auseinandersetzung ob es etwas Vergleichbares mit dem Terminus Jordanien, bestehen Friedensverträge; der Rest zwischen Israel, den palästinensischen Organi- „Israelkritik“ in der deutschen Sprache überhaupt der Nachbarschaft lebt in einem mehr oder sationen und seit dem Oslo-Friedensprozess gibt – etwa „Frankreichkritik“ oder „Irankritik“. weniger latenten und fragilen Waffenstillstand auch der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Israel. sowie den arabischen Staaten gelangen viele zu Zufluchtsort in Zeiten des einer Fehlidentifikation von David und Goliath. omnipräsenten Antisemitismus BDS bedeutet einen Abbruch Diese entspringt dem Bedürfnis nach Schuld- Wer ist nun David, wer ist Goliath? Der Blick der gewerkschaftlichen Kontakte abwehr – vor der Relativierung der Shoah, auf die Landkarte offenbart die Größe Israels, von BDS steht für „Boycott, Divestment and dem industriellen Massenmord der Deutschen Bevölkerungszahl und Fläche etwa vergleichbar Sanctions“. Dahinter verbirgt sich der Aufruf, an sechs Millionen jüdischen Menschen im mit dem Bundesland Hessen. Israel ist umgeben israelische Produkte und Dienstleistungen zu
nds 3-2019 13 boykottieren, Embargos und Sanktionen gegen arabischen. Das gilt für den Teilungsplan der tinensischen BürgerInnen Israels auf völlige Israel zu verhängen sowie Investitionen aus britischen Peel-Komission 1937. Das trifft auf Gleichheit anerkennt; und 3) Die Rechte der dem Land abzuziehen. In der Praxis bedeutet den Teilungsplan der Vereinten Nationen 1947 palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat das etwa den Abbruch der Gewerkschafts- zu und setzt sich im Khartum-Beschluss der und zu ihrem Eigentum zurückzukehren, wie kontakte mit israelischen Kolleg*innen, den arabischen Staaten 1967 fort: kein Frieden es in der UN-Resolution 194 vereinbart wurde, akademischen Boykott bis hin zur Stigmatisie- mit Israel, keine Anerkennung Israels, keine respektiert, schützt und fördert“. rung israelischer Gastwissenschaftler*innen Verhandlungen mit Israel. Die Ablehnung ist Mit Ausnahme der zweiten Forderung, die an den Hochschulen allein aufgrund ihrer außerdem sichtbar beim Oslo-Friedensprozess längst erfüllt ist – arabische Staatsbürger*innen Staatsangehörigkeit, Anschuldigungen gegen seit 1993 und im Anschluss an die Friedensver- Israels genießen gleiche Rechte, sind im Parla- Bands oder Theaterensembles, die in Israel handlungen („Camp David II“) im Jahr 2000. ment vertreten, werden Minister, Richter am auftreten, oder gar die Verweigerung interna- Obersten Gerichtshof oder Chefärztin – ist das Arabische Seite blockiert tionaler medizinischer Zusammenarbeit selbst ein Aufruf zur Vernichtung des Staates Israel. mit Terror und Gewalt im Fall des Ausbruchs schwerer Infektions- Bewusst bleibt offen, was mit „besetztem“ oder krankheiten. Alle Anläufe zu einer Kompromisslösung „kolonisiertem“ Land gemeint ist: Israelisches Der auf das Jahr 2005 datierte Gründungs- beantwortete die arabische Seite mit Gewalt Kernland in den Grenzen vor dem Sechstage- aufruf der BDS-Kampagne betreibt Geschichts- und Terror: Arabische Rebellion 1937, Bürger- krieg von 1967? Das Westjordanland? Aus dem klitterung, also eine verfälschte Darstellung krieg im Land 1947 und 1948 als Reaktion auf Gazastreifen hat sich Israel 2005 komplett geschichtlicher Ereignisse. In der deutschen den UN-Beschluss, der Krieg der arabischen zurückgezogen. Und schließlich würde ein be- Version heißt es, der Staat Israel sei 1948 „größ- Staaten infolge der Unabhängigkeitserklärung hauptetes „Rückkehrrecht“ der Nachkommen tenteils auf Land gegründet [worden], das zuvor Israels 1948, schließlich die zweite Intifada Geflohener in zweiter, dritter, vierter Generation von seinen palästinensischen BesitzerInnen – eine gewalttätige Auseinandersetzung, vor auf israelisches Staatsgebiet bedeuten, dass ethnisch gesäubert wurde“. Der Aufruf ver- allem geprägt durch zahlreiche palästinensische Israel aufgrund der demografischen Situation schweigt, dass es auch in der Zeit osmanischer Terroranschläge und Selbstmordattentate in entweder kein jüdischer Staat mehr sein könnte Besatzung, also über vier Jahrhunderte hinweg, Israel – und ferner die Machtübernahme im oder kein demokratischer. Das ist nichts anderes jüdische Siedlungen gab. Er verschweigt, dass Gazastreifen durch die Terrororganisation Hamas als der Aufruf von Antisemit*innen zur Vernich- die britische Balfour-Deklaration mit der Zusage nach dem Rückzug Israels aus dem Gebiet. Dass tung Israels: Man will kein Stück vom Kuchen, der Errichtung einer „nationalen Heimstätte für es auch israelische (Rechts-)Extremist*innen sondern die komplette Bäckerei. das jüdische Volk in Palästina“ seit der Konferenz gab und gibt, die Friedensbemühungen torpe- von San Remo im Jahr 1920 Völkerrecht ist. Er dieren, zeigte die Ermordung des israelischen Friedliche Lösung des Konflikts verschweigt, dass die zionistische Bewegung vor Premiers Jitzchak Rabin, die zum Scheitern des ist nicht in Sicht und während der britischen Mandatszeit einen Oslo-Prozesses beitrug. BDS ist kein Beitrag zum Frieden, sondern erheblichen Teil des Landes käuflich erworben Die BDS-Bewegung fordert, alle Koopera- ein Baustein von Hass, Antisemitismus und hat. Er unterschlägt, dass alle Angebote zu tion mit den Israelis solange einzustellen, bis der Delegitimierung Israels. Wo ist die Skanda- einer Teilung des Landes und zur Koexistenz Israel „1) Die Besetzung und Kolonisation allen lisierung viel blutigerer Kriege, bewaffneter arabischer und jüdischer Einwohner*innen arabischen Landes beendet und die Mauer Auseinandersetzungen und Konflikte? Wo findet immer von einer Seite abgelehnt wurden: der abreißt; 2) Das Grundrecht der arabisch-paläs- die „Marokkokritik“ statt angesichts der Annexion Foto: kallejipp / photocase.de
14 BILDUNG des größten Teils der Westsahara? Wo war die werkschaften Versuchen entgegen, die Boykotte wechsel dazu zu missbrauchen, das Thema Boykottbewegung, als die Westbank zwischen auch zur Sache der Gewerkschaftsbewegung ‚Judenmord‘ aus der Aktualität zu entlassen – 1948 und 1967 von Jordanien und der Gaza- zu machen. Schon 2007 erklärte der damalige wiederum [um] unserer selbst willen. Die zen- streifen im selben Zeitraum von Ägypten besetzt DGB-Vorsitzende Michael Sommer: „Wer zum tralen Fragen: ‚Wie konnte es dazu kommen?‘ gehalten wurden? Im israelisch-palästinensischen Mittel eines Boykotts greifen will, schwächt und ‚Wie verhindern wir eine Wiederholung?‘ Konflikt muss es früher oder später einen Kom- die Position der friedensbereiten Mehrheit auf müssen uns bis zu unserem Lebensende um promiss in Form einer Zweistaatenlösung geben. beiden Seiten.“ den Schlaf bringen.“ Wie recht er hatte! Das Aufrufe zur Vernichtung Israels werden nicht Seit Anfang der 1960er-Jahre haben DGB Wiederaufkommen des alten und der Boom des dazu beitragen, sondern die Verhärtung der und Gewerkschaften den Austausch mit den neuen Antisemitismus in Europa – auch und Fronten weiter befördern – zentristisch-linke israelischen Kolleg*innen gesucht. Sie stärken gerade in Deutschland – sollte uns nicht ruhen Mehrheiten in der Knesset, dem israelischen damit die dialogbereiten Kräfte, darunter der lassen. Delegitimierung und Dämonisierung Parlament, rücken so in noch weitere Ferne. israelische Gewerkschaftsverband Histadrut, Israels sind in der Gegenwart die Hauptpfeiler der trotz aller Widerstände gemeinsam mit dem antisemitischer Hetze. // Gespräche statt Boykott: palästinensischen Gewerkschaftsbund, PGFTU, Gewerkschaften machen es vor für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen Einen völlig verfahrenen Diskurs wird auch ein über die Grenze hinweg eintritt. Beitrag wie dieser nicht wieder aufgleisen können. www. Interview mit Burak Yilmaz: Damit „Jude“ Ein solcher Anspruch würde auch daran schei- GEW hält Kontakt zur israelischen kein Schimpfwort mehr ist tern, dass mit Argumenten schlecht Emotionen Lehrer*innengewerkschaft www.tinyurl.com/jude-schimpfwort beizukommen ist, die seit Langem wachgehalten Der erste Besuch der GEW in Israel fand auf Ein- www. Florian Beer: Antisemitismus begegnen (in: punktlandung 2017.2) werden – etwa mit einer völlig verzerrten Medien- ladung der Histadrut HaMorim, der israelischen www.tinyurl.com/nds-antisemitismus berichterstattung in Deutschland. Wer einen Lehrer*innengewerkschaft, im März 1968 statt, www. DGB NRW: 40 Jahre Partnerschaft mit Beitrag dazu leisten will, Ausgleich und fried- rund ein Dreivierteljahr nach dem Sechstagekrieg. Histadrut lichen Lösungen wieder näherzukommen, sollte Der damalige GEW-Vorsitzende Heinrich Roden- www.tinyurl.com/dgb-nrw-antisemitismus sich zunächst ein eigenes Bild der Situation stein schrieb im Anschluss an die Begegnung: vor Ort machen und die mediale Inszenierung „Wir, die Deutschen, haben zunächst nichts von und politische Instrumentalisierung mit den den Israelis, aber alles von uns selbst zu fordern. Marc Neumann eigenen Eindrücken abgleichen. Das geht nur im Wir dürfen nicht bequem verschweigen oder Referent des DGB, Bereich Migrations- und Antirassismuspolitik; Gespräch, nicht durch Boykott. In europäischen verkleinern, was wirklich geschah – um unserer zuständig für die Israelkontakte der und internationalen Gewerkschaftszusammen- selbst willen. Wir dürfen auch der Versuchung DGB-Bezirke schlüssen treten der DGB und die Mitgliedsge- nicht erliegen, den gegenwärtigen Generations- Foto: bisgleich / photocase.de
BUCHTIPPS nds 3-2019 15 Ludwig Heuwinkel Dr. Bernd Hauck „Ich hab‘ keine Zeit!“ Lust und Last des Korrigierens: Zeitknappheit, Zeitkonflikte Einblicke in ein unbeachtetes und Zeitwohlstand Aufgabenfeld des Lehrer- LIT Verlag, Münster 2018, 472 Seiten, berufs ISBN 978-3-643-14054-8, 29,90 Euro Books on Demand 2018, 100 Seiten, Zeitknappheit und 13,99 Euro Zeitdruck sind Merk- Klassenarbeiten sind Der LesePeter ist eine Auszeichnung der Ar- male der Beschleuni- ein zentrales Element un- beitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien gungsgesellschaft. Die serer Schulrealität – die (AJuM) der GEW. Er wird monatlich vergeben für technische, soziale und Geschehnisse rund um ein herausragendes, aktuelles Kinder-, Jugend- ökonomische Beschleu- ihre Korrektur jedoch oder Bilderbuch. Rezensionen mit Hinweisen nigung hat auf der einen vollziehen sich insbe- auf pädagogische Einsatzmöglichkeiten sind Seite zur Erhöhung des sondere für Eltern und im Internet zu finden: www.ajum.de (LesePeter) Lebensstandards geführt. Schüler*innen weitge- Auf der anderen Seite gibt es aber einen Anstieg hend im Verborgenen. Im Januar 2019 erhielt den LesePeter das Kinderbuch: psychischer Erkrankungen und Umweltprobleme Was „erleben“ korrigierende Lehrkräfte und infolge der Missachtung natürlicher Rhythmen. welche psychosozialen Prozesse treiben sie an Thomas Bachmann und Hetty Krist Zeitsouveränität, Zeitwohlstand und Zeitpolitik und um? Rübezahl zeigen Wege aus der Beschleunigungsspirale Mit Hinwendung zu den verschiedenen Lychatz Verlag, Leipzig 2018, 110 Seiten, auf. Facetten der alltäglichen Korrekturarbeit von ISBN 978-3-942929-67-7, 12,95 Euro Lehrer*innen möchte das vorliegende Buch Als Grundlage dienten die Rübezahl-Sagen nicht nur eine Lücke in der pädagogischen von Johannes Praetorius, publiziert im Jahr 1920, Fachliteratur schließen, sondern informative von denen etwa ein Drittel ausgewählt und und vergnügliche Lektüreerlebnisse auch für ein Gabriele Frydrych mit großer Sorgfalt in eine modernere Sprache breiteres Publikum ermöglichen. übertragen wurde. Man soll den Tag nicht vor dem Elternabend loben Im Februar 2019 erhielt den LesePeter das Jugendbuch: Piper Verlag, München 2018, 100 Seiten, Christoph Jehlicka ISBN: 978-3-492-31369-8, 10,- Euro Bund für Bildung Das Lied vom Ende Montagmorgen, acht Unterrichtsmaterial Uhr. Luise aus der 10 a Open House Verlag, Leipzig 2018, 256 gibt triumphierend ein „Flucht und Freiheit“ Seiten, ISBN 978-3-944122-36-6, 22,- Euro Attest ab, das sie bis Der gemeinnützige Verein „Bund für Bildung“ Aus wechselnder Perspektive einzelner Fami- Schuljahresende vom setzt gesellschaftlich relevante Themen in Bil- lienmitglieder werden die Grenzerfahrungen der Sport befreit. Valeska dungsprojekte um und bringt Expert*innen Familie Schult erzählt. In einer Mischung aus möchte so ein „Dings“, aus den Bereichen Bildung, Forschung und Coming-of-Age-Geschichte und Familiendrama damit das „Dings“ (das Kommunikation zusammen. Im Fokus stehen gibt der Roman Einblick in eine komplexe Figuren- JobCenter) die „Dings“ Themen der Inklusion, Teilhabe und Demokratie. psychologie im Moment existenzieller Krisen. (Klassenfahrtskosten) Ziel des Unterrichtsmaterials „Flucht und Frei- übernimmt. Max braucht so etwas auch; er heit“ für die Grundschule ist es, Schüler*innen Im März 2019 erhält den LesePeter das Sachbuch: hat sein „Dings“ leider verloren. Diego will seine Wissen über die deutsche Teilungs- und Ein- Silvesterverletzungen vorführen und wickelt heitsgeschichte zu vermitteln. Dabei setzen sie Mike Unwin und Jenni Desmond schon drohend am Verband – und Lehrerin sich mit individuellen Fluchtgeschichten von Wanderungen Gabriele Frydrych versucht, über den Dingen Familien auseinander. Was hat diese bewogen, Fischer Verlage, Frankfurt 2018, 48 Seiten, zu stehen und Deutschunterricht zu machen. ihre Heimat zu verlassen und dabei möglicher- ISBN 978-3-7373-5599-5, 16,99 Euro Mit viel Humor, Gelassenheit und mit einem weise sogar ihr Leben aufs Spiel zu setzen? In Jedes Jahr unternehmen Tiere Wanderungen großen Herzen berichtet sie von ihrem Schulall- welcher Lebenssituation haben sie sich befunden und legen dabei Tausende von Kilometern zu- tag, der erst richtig irre wird, wenn klagewütige und was haben unsere Grundrechte damit zu rück. Gründe dafür sind die Suche nach Nahrung Eltern aufkreuzen und angebliche „Expert*innen“ tun? Das Material regt die Kinder nicht nur oder sicheren Fortpflanzungsplätzen. Die gut ihr zu Fingeryoga und Achtsamkeitstraining an, sich mit Fluchtgeschichte zu beschäftigen, recherchierten Geschichten werden durch beein- raten. Zu Wort kommen auch gequälte Schul- sondern animiert sie auch, sich Gedanken über druckende großflächig gezeichnete Naturbilder sekretärinnen, Putzkräfte, Mensabetreiber und Demokratie und Freiheit zu machen. Weitere von Jenni Desmond würdigend ergänzt. Erzieherinnen. Informationen unter bundfuerbildung.de
16 THEMA Kommission Generationenwechsel / Generationendialog Herzlich willkommen in der GEW NRW! Die Kommission Generationenwechsel / Generationendialog der GEW NRW hat ◆◆ aktives Zuhören und Ernstnehmen von Fragen die Willkommenskultur in verschiedenen Gremien unter die Lupe genommen. und Ideen Jetzt kommt es darauf an, in unterschiedliche Richtungen weiterzudenken und ◆◆ verschiedene Andockmöglichkeiten – in der neue Ideen zu entwickeln. Gruppe und individuell ◆◆ Anleitung zum eigenständigen Arbeiten „Herzlich willkommen in der GEW!“ Die- werden nicht mehr erklärt und für die Anre- ◆◆ das Fragen nach der Sichtweise und Einschät- sen Satz füllen alle Mitglieder mit Leben – im gungen neuer Mitglieder ist nicht immer ein zung der*s Anderen Stadt- oder Kreisverband, in Fachgruppen und in offenes Ohr vorhanden. ◆◆ Einbeziehung in laufende Vorgänge – zum Bildungseinrichtungen. Die Kommission Gene- Beispiel mit einem Mentoringkonzept Junge Menschen brauchen mehr ◆◆ Einarbeitung und, falls nötig, durch mehr- rationenwechsel / Generationendialog der GEW Hilfe bei der Gewerkschaftsarbeit fache Erklärung komplexer Vorgänge NRW hat einige Merkmale zusammengestellt, die verschiedene Begrüßungskonzepte der GEW Eine Umfrage des Bundesausschusses Junge ◆◆ Erklären der GEW-Strukturen und internen ausmachen: Dazu zählt, dass Neumitglieder in GEW und des Bundesausschusses der Stu- Zusammenhänge sowie Vorstellung von die Gemeinschaft der Gewerkschaft aufgenom- dentinnen und Studenten (BASS) unter 7.027 Personen men und angesprochen werden – in Wort, Schrift GEW-Kolleg*innen bis 35 Jahre aus dem Jahr ◆◆ Vermeidung von Überfrachtung, zum Beispiel und Tat. Sie werden als Person wahrgenommen 2017 bestätigt den Eindruck der Kommission: mit der Übernahme mehrerer Posten Lediglich 55 Prozent der aktivierbaren Mitglie- ◆◆ das Bewusstsein darüber, dass Gruppenzu- sowie mit eigenen Anliegen gehört. Gleichzeitig ist es erlaubt, Fehler zu machen und daraus zu der stimmen der Aussage „Die GEW hat eine wachs immer weitere Impulse und Verände- lernen. Neumitglieder werden mit den Interes- gute Willkommenskultur“ zu; nur 32 Prozent rung bedeutet sen und Zielen der GEW vertraut gemacht und sagen „Neuen wird es leicht gemacht, aktiv Stärke der GEW NRW liegt niedrigschwellige Mitmachangebote erleichtern zu werden.“. Im Umkehrschluss bedeutet das, in der Gemeinschaft den Einstieg und die Einarbeitung. Das funktio- dass knapp die Hälfte der aktivierbaren GEW- Gewerkschaftliche Arbeit fußt auf drei Säulen: niert zum Beispiel über Ansprechpartner*innen Kolleg*innen angeben, dass die GEW keine gute Interessenvertretung, also Forderungen der innerhalb der GEW und besonders vor Ort, die Willkommenskultur hat – und mehr als zwei Mitglieder, politische Inhalte, Mitbestimmung, ihr Wissen und die Erfahrung durch Selbstver- Drittel sogar der Meinung sind, dass es schwer gesellschaftliche Veränderungen, Serviceange- ständliches Teilen vermitteln. ist, in GEW-Strukturen Fuß zu fassen. Über die bote wie Beratungen, Schlüsselversicherung, Unser großer Vorteil im Vergleich zu anderen Angebote zur Teilhabe fielen die Ergebnisse Fortbildungen und Gemeinschaft, zum Beispiel Gewerkschaften besteht darin, mit ausgebildeten noch schlechter aus: Weniger als die Hälfte der kulturelle Veranstaltungen und identitätsstif- Pädagog*innen Expert*innen für genau diese Kolleg*innen (46 Prozent) stimmen der Aussage tende Gruppenerlebnisse. Gerade an Letzterer Themen – und damit für eine gute und wohl- „Die Angebote zur Teilhabe sind vielfältig.“ zu; können wir mehr anknüpfen. wollende Willkommenskultur – an der Hand zu noch weniger (37 Prozent) bestätigen: „Die In der Arbeitswelt, die von zunehmender haben. Wir können außerdem all diese Elemente Angebote ermöglichen eine aktive Teilhabe.“. Vereinzelung und aktiver Entsolidarisierung durch jahrelange Erfahrung im Beruf erfolgreich Wir müssen uns wieder bewusst die Zeit geprägt ist, kann die GEW mit dem Gemein- mit Leben füllen. nehmen, um Neumitgliedern die Chance zu schaftsgedanken dem aktuellen Trend nicht Leider bleibt dafür im kämpferischen GEW- geben, bei uns heimisch zu werden, zum Bei- nur inhaltlich politisch etwas Überzeugendes Alltag oft zu wenig Zeit: Bewährte Routinen spiel durch: entgegensetzen, sondern auch ganz basal das
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