DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel

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DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Oktober 2019

DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel

                                                      1
DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Das gelobte Land kommt ohne Stempel aus

                                                             Und Gott sprach zu Abraham: Geh aus deinem Vaterland
                                                                  in ein Land, das ich dir zeigen will. (Gen 12,1)

                                                      herum. Menschen, dunkel ge­­klei­               Geh aus deinem Vaterland in ein
                                                      det, stehen am Kai. Stimmenge­                  Land, das ich dir zeigen will.
                                                      wirr. Verschiedene Dialekte sind
                                                      herauszuhören. Aufregung und                    Fünf Sekunden für jede Antwort.
                                                      Anspannung liegen in der Luft.                  Seltsame Fragen. Am Ende der
                                  Foto: Paul Schulz

                                                      Vor uns meterhoch eine Bord­                    fiktiven Reise im Auswanderer­
                                                      wand. Aufbruchsstimmung. »Muss                  haus entscheidet sich, ob ich ein­
                                                      i denn, muss i denn zum Städtele                reisen darf ins gelobte Land.
                                                      hinaus«, singt jemand. Dann geht                Kein Eintritt! – Zu alt, zu lang­
Pastorin Birte Schwarz.                               es die Gangway hoch. Kein Zurück                sam, zu krank, zu wenig gebil­
                                                      mehr. Im Schiffsbauch verbrauchte               det, zu wenig dies, zu wenig
                                                      Luft, enge Kojen, so viele Men­                 das heißt es für manche. Nur ein
Mit großer Geste, den Sohn an                         schen, und es scheint, als würde                Spiel und trotzdem ernüchternd.
der Hand, weist der Mann auf die                      der Boden tatsächlich wanken …                  Warum … was … aber ich habe
offene See. Die Frau schaut zurück                                                                    doch …! Kein Bleiberecht. Punkt.
und beugt sich schützend zum                          Geh aus deinem Vaterland in
jüngeren Kind. Am Weserdeich                          ein Land, das ich dir zeigen will.              Bei Gott gibt’s so etwas nicht. Das
in Bremerhaven, da wo es aufs                                                                         gelobte Land kommt ohne Stem­-
offene Meer geht, steht diese                         Die Sehnsucht hat er uns ins Herz               ­pel aus. Und gäbe es doch einen,
Skulptur. »Die Auswanderer«                           gelegt, die Sehnsucht nach dem                   wäre zu lesen »Bleiberecht ewig!«.
ist auf dem steinernen Sockel zu                      gelobten Land, nach einer neuen
lesen. Getrieben von der Sehn­                        Welt, nach Frieden, nach Gerech­                Geh aus deinem Vaterland in ein
sucht nach einem neuen, besse­                        tigkeit, nach Menschlichkeit. Die­              Land, das ich dir zeigen will.
ren Leben, brachen über sieben                        ses Land ist manchmal »gleich
Millionen Menschen von hier aus                       um die Ecke«, manchmal auf der                  Gott ruft nicht nur Abraham zum
auf. Verzweiflung und Hoffnung                        anderen Seite des Meeres. Abra­                 Aufbruch, auch die, die schon
im Gepäck. Zuhause, Familie,                          hams Glaube wird auf dem Weg                    im Lande wohnen. Der Aufbruch
Freunde, Geborgenheit, Sprache,                       ins gelobte Land hart geprüft.                  heißt: Nach vorne blicken. Wage­
alles blieb zurück.                                   Abraham heute treibt auf dem                    mutig sein. Ablegen, was uns
                                                      Mittelmeer, strandet im Auffang­                hemmt und träge hält. Leinen
Wenige Meter weiter im Auswan­                        lager oder klammert sich am                     los … mehr hoffen, weiter sehen
dererhaus verschwimmen Gegen­                         Ende der Kräfte an einen sechs                  und vertrauen auf Gottes Segen.
wart und Geschichte. Gänsehaut-                       Meter hohen Grenzzaun. Abra­
nah. Dunkel ist es. Karren klap­                      ham weiß mitunter gar nicht, ob                           – Pastorin Birte Schwarz –
pern über Kopfsteinpflaster; Kis­­-                   er jemals ankommen wird im                                   ( Persönliche Referentin
ten, Säcke, Gepäckstücke stehen                       ge­­lobten Land.                                            des Betheler Vorstands-
                                                                                                                              vorsitzenden)

                                                       DER RING. Monatszeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel.
    Titelbild: Anfang September nahm                   59. Jahrgang. Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl, Vorsitzender des Vorstandes, in
    Bethel-Vorstand Pastorin Dr. Johanna               Zusammenarbeit mit den Mitarbeitervertretungen. Redaktion: Jens U. Garlichs
                                                       ( verantwortlich ), Petra Wilkening. Satz und Gestaltung: Charlotte Schütz. Sekretariat:
    Will-Armstrong (l.) die rheinland-pfäl­            Jutta Seidenberg/Chris­­­tina Heitkämper. Anschrift: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld,
    zische Ministerpräsidentin Malu Dreyer             Telefon: 0521 144-3512, Telefax 0521 144 - 2274. E-Mail: presse@bethel.de.
    bei einem Besuch im Hospiz im Ahrtal               Druck: Gieseking Print- und Verlags­­services GmbH, 33617 Bielefeld. Nachdruck ist
    in Empfang. Dort besichtigte die Politi­           mit Genehmigung der Redaktion gestattet. © bei v. Bodelschwinghsche Stiftungen
                                                       Bethel. DER RING ist Mitglied im Gemeinschafts­werk der Evangelischen Publizistik
    kerin das Haus und kam mit Ehrenamt­               ( GEP ). Interessierte können die Zeitschrift kostenlos abonnieren.
    lichen des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr                Spendenkonto: IBAN: DE48 4805 0161 0000 0040 77, BIC: SPBIDE3BXXX.
    ins Gespräch. Foto: Paul Schulz                    Bethel im Internet: www.bethel.de
                                                       Redaktionsschluss für den November-RING: 10. Oktober 2019

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DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
­
     i­   Inhalt                                                                                        Kurz gesagt
     ­
­­
          Neu in Bad Neuenahr             5   Offiziell eingeführt        15                         Neuer Chefjurist für Bethel
          Bethel baut in dem rhein­-          PD Dr. Tanja Sappok über­
          land-pfälzischen Kurort ein         nimmt im »Berliner Behand­                                                     Die Leitung
          Inklusionshotel.                    lungszentrum für psychische                                                    der Stabs­
                                              Gesundheit bei Entwicklungs­                                                   stelle Recht/
          Teilhabe im Beruf              6    störungen« die neue Chefarzt-                                                  Versiche­
          Zur Unterstützung schwer­           Stelle.                                                                        rungen in
          behinderter Mitarbeitender                                                                                         der Haupt­
          wird in Bethel eine Inklusions­     Schöpfung bewahren           16                                                verwaltung
          vereinbarung gelten.                In Bethel setzen sich Men­                                                     der v. Bo­del-

                                                                                 Foto: Paul Schulz
                                              schen auf vielfältige Weise für                                                schwingh­
          Tag der Epilepsie               8   den Schutz der Umwelt ein.                                                     schen Stif­
          Dr. Thomas Cloppenborg                                                                                             tungen
          vom Epilepsie-Zentrum               Penible Auswertung           22                                                Bethel hat
          Bethel hat mit Kollegen             Seit den 1980er-Jahren arbei­                          im September Dr. Simon Stark
          Trends in der Betheler Epi­         tet Bethel seine Geschichte in                         übernommen. Der Volljurist
          lepsiechirurgie erforscht.          der NS-Zeit auf. Gegenstand                            stammt aus dem Ruhrgebiet
                                              der Forschung ist auch die                             und hat an der Ruhr-Universität
          Tag der Epilepsie               9   Kinderklinik Sonnenschein.                             Bochum studiert und promo-
          In Bethel fand das 4. Inter­                                                               viert. Zuletzt war er verantwort­
          nationale Epilepsie-Sympo­-         »Ich bin, wie ich bin«       24                        lich tätig in der Rechtsabteilung
          sium statt.                                                                                eines Maschinen­baukonzerns
                                                                                                     in Bielefeld.
          Intensiver Netzwerker          10
          Bethels BTHG-Experte                                                                       An seiner neuen Aufgabe in Bethel
          Michael Conty geht in                                                                      schätzt er die sinnstiftende Tätig­
          den Ruhestand.                                                                             keit zum direkten Wohl der Men­­-
                                                                                                     schen, für die Bethel da ist. »Wir
          Heilsam und befreiend          12                                                          helfen den Klienten zwar meist
                                                                                                     nicht unmittelbar, aber wir unter­
                                                                                                     stützen die Mitarbeitenden, damit
                                              Auf Großflächenplakaten                                sie sich auf die Arbeit mit kran­
                                              machen Menschen aus Bethel                             ken oder behinderten Menschen
                                              wieder bundesweit auf die                              konzentrieren können«, sagt
                                              Arbeit der v. Bodelschwingh­                           der 36-jährige Jurist. Das weite
                                              schen Stiftungen Bethel auf­                           Spektrum seiner Aufgaben, etwa
                                              merksam.                                               vom Sozialrecht, Wirtschaftsrecht
                                                                                                     oder Medizin­recht bis hin zu
          Am ersten Lobetaler Empfang         Homborner Bergfest            26                       Ver­sicherungs­fragen oder Daten­
          nahmen auch Britta Stark,           In Breckerfeld-Zurstraße                               schutz, findet er reizvoll. »Wir
          Präsidentin des Brandenburger       feier­ten Philipp-Nicolai-Haus,                        haben hier mit den 15 Kollegin­
          Landtags, und Sozialministerin      Werkstatt und Ambulant                                 nen und Kollegen in der Stabs­
          Susanna Karawanskij teil.           Betreutes Wohnen mit vielen                            stelle einen sehr guten Überblick
                                              Besucherinnen und Besuchern.                           über das, was Bethel bewegt, und
          Besuch im Hospiz            13                                                             können damit Themen in größere
          Die rheinland-pfälzische Minis­     RING-Magazin		               27                        Zusammenhänge einordnen zum
          terpräsidentin Malu Dreyer                                                                 Nutzen von Bethel insgesamt«,
          kam im Hospiz im Ahrtal in          Mitarbeiter/-innen           33                        ist sich Dr. Stark sicher.
          Bad Neuenahr-Ahrweiler mit
          Ehrenamtlichen ins Gespräch.        Namen und Notizen            35                        Dr. Simon Stark ist verheiratet
                                                                                                     und hat mit seiner Frau zwei
          Buntes Treiben		             14                                                            4 und 7 Jahre alte Söhne.
          In der Handwerkerstraße in
          Bielefeld-Bethel fand das                                                                                               – JUG –
          jährliche Straßenfest statt.

                                                                                                                                         3
DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
­Aus    Bethel – Für Bethel

    Eine Freistatt für den Glauben und tröstliche Arbeit
    »Zweihundert Jahre, dass wir hier zu Lande ein Obdach fanden,
    Freistatt für den Glauben und Zuflucht vor Bedrängnis der Gewissen.
    Ein hochgemuter Fürst, so frei wie fromm, empfing uns hier,
    und wie der Fürst des Landes empfing uns auch sein Volk.
    Kein Neid ward wach, nicht Eifersucht –
    man öffnete das Tor uns und hieß als Glaubensbrüder uns willkommen.
    Land-Fremde waren wir, nicht Herzensfremde.
    So ward die Freistatt bald zur Heimstätte.«

    … schrieb Theodor Fontane und erinnert          Friedrich von Bodelschwingh schrieb über
    damit daran, dass Friedrich Wilhelm von         die Anfänge: »Etwa 1000 Hektar Hochmoor
    Hohenzollern mit dem Edikt von Potsdam die      und Heideland haben wir für ca. 160 000
    in Frankreich wegen ihrer Religion verfolgten   Mark gekauft und für ca. 200 Kolonisten,
    Hugenotten einfach einlud, nach Preußen         Jugendliche, Zwangszöglinge, Trunkfällige,
    überzusiedeln. So wurde den Religionsflücht­    Heimat- und Arbeitslose Raum geschaffen.
    lingen das Land Brandenburg – ein bis auf       Wir hoffen für dieselben hier für fünfzig Jahre
    den Grund verwüstetes Land – zur Freistatt,     lang tröstliche Arbeit zu haben und dazu
    zu einem Ort, an dem sie in Frieden (ihren      auch für viele in dem ausgetorften Moor
    Glauben) leben konnten. Rund 20.000 Huge­       eigene heimatliche Wohnstätten. – Welche
    notten kamen. Sie brachten neben der boden­     Freude!« Die Saat Bodelschwinghs ist reich
    ständigen Kartoffel einen gewissen Stil und     aufgegangen. Ja, welche Freude!
    Eleganz in das damals noch dörfliche Berlin
    und Umland. Zudem gründeten sie zahlreiche      Freistatt. Das ist ein biblischer Begriff.
    Seiden-, Woll- und Ledermanufakturen.           Er steht für Asyl, für einen Zufluchtsort.

    Fontane, als prominenter Nachkomme dieser       Mehr Freistätten für den Glauben und
    Hugenotten, verfasste 200 Jahre später an­­     Zuflucht vor Bedrängnis – Orte und Länder
    lässlich feierlichen Gedenkens obiges Festge­   bzw. Menschen, die verfolgten und geflüch­
    dicht. Offene Arme und Herzen waren anfangs     teten Menschen einfach sagen: »Kommt,
    nicht jedermann gegeben. Auch damals tat        hier ist Frieden, hier ist Platz! Ihr seid zwar
    man sich hier und da schwer mit Zugereisten.    Land-Fremde, aber doch sicherlich nicht
    Aber 200 Jahre später war das beiderseits ad    Herzensfremde!« – die wünsche ich mir
    acta gelegt. Auch das ein Grund zum Feiern!     und uns.

    Doch was hat nun Theodor Fontane, dessen
    200. Geburtstag in diesem Jahr besonders        Ihr
    und vielgestaltig im Brandenburgischen be­­
    gangen wird, mit unserem Freistatt und der
    Heimstätte zu tun? Nichts. Und doch gibt es     Pastor Ulrich Pohl
    Gemeinsamkeiten.

    »120 Jahre, dass wir hier zu Lande ein
    Obdach bieten« … können wir in diesem
    Jahr mit Dankbarkeit und auch Stolz im Blick
    auf unser Freistatt mit seinen Heimstätten
    in Bethel im Norden sagen und schreiben.

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DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Ein Inklusionshotel in Bad Neuenahr
Baubeginn für das Bethel Hotel Zum Weinberg im Herbst

                                                                                                                     Hinzu kommen zwölf weitere
                                                                                                                     Vollzeitarbeitsplätze für den Be­­
                                                                                                                     trieb eines »Hotel garni«. »Garni«
                                                                                                                     bedeutet, dass es zwar ein Früh­
                                                                                                                     stück, aber kein Restaurant geben
                                                                                                                     wird. Ein erheblicher Teil der
                                                                                                                     Zim­­mer ist behindertengerecht
                                                                                                                     aus­gestattet: Sechs Zimmer wer­
                                                                                                                     den rollstuhlgerecht sein. Weitere
                                                                                                                     je­­weils sechs Zimmer werden
                                                                                                                     für seh- und für hörgeschädigte

                                                                                    Grafik: Berghaus + Michalowicz
                                                                                                                     Men­­schen eingerichtet und mit
                                                                                                                     spezi­ellen assistiven Technologien
                                                                                                                     aus­gestattet.

                                                                                                                     In den Hotelneubau investiert
                                                                                                                     Bethel rund 6,7 Millionen Euro,
                                                                                                                     für Einrichtung und Ausstattung
                                                                                                                     weitere 750.000 Euro. In dem
Das Inklusionshotel verfügt über 72 Betten. Das längliche Gebäude wird in den                                        Weinort an der Ahr engagiert sich
Max-Meier-Park integriert.                                                                                           Bethel bereits mit dem statio­nären
                                                                                                                     »Hospiz im Ahrtal«, das ebenso
Im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler baut Bethel                                                          wie das Hotel vom Archi­tektur­
jetzt ein Inklusionshotel. Es ist – nach dem Ausbildungshotel                                                        büro »Berghaus + Michalo­wicz«
Lindenhof in Bielefeld und dem Hotel Grenzfall in Berlin – das                                                       geplant wurde. Baubeginn ist im
dritte Bethel-Gästehaus, in dem Menschen mit und ohne Behin­                                                         Herbst 2019. Zwei Jahre später –
derungen arbeiten. »Bethel Hotel Zum Weinberg« wird das mit                                                          und damit rechtzeitig zur Bundes­
72 Zim­mern und 138 Betten ausgestattete Haus heißen, im Hin­                                                        gartenschau in Bad Neuenahr-
blick auf die idyllische Lage der Ahrtal-Kleinstadt.                                                                 Ahrweiler 2022 – soll der Betrieb
                                                                                                                     aufgenommen werden.
Bethel hatte sich an einem städti­­         Im »Hotel Zum Weinberg« ent­
schen Wettbewerb für ein Inklu­             stehen acht Vollzeitarbeitsplätze                                                          – Robert Burg –
sionshotel beteiligt und den Zu­­-          für Menschen mit Behinderungen.
schlag erhalten. Das Hotel in der
Hauptstraße 62 wird sich in un­­
mittelbarer Nähe zum Bahnhof
befinden, integriert in den Max-
Meier-Park. Die Stadt Bad Neuen-
ahr-Ahrweiler fördert die Bethel-
Pläne und stellt das Grundstück
für den Neubau im Rahmen eines
Erbpachtvertrags von zunächst
30 Jahren zur Verfügung, mit
Option auf eine weitere Verlän­
gerung. »Es ist ein Netzwerk des
gegenseitigen Vertrauens ent­
standen«, lobte Bürgermeister
                                                                                                                                                           Foto: Robert Burg

Guido Orthen die Zusammenar­
beit mit den Bethel-Akteuren.
Geschäftsführer der gegründeten
»Bethel Hotel Zum Weinberg
gGmbH« sind Bethel-Vorstand                 Netzwerk des Vertrauens: Über die gute Zusammenarbeit freuen sich (v. l.) Volker
Pastorin Dr. Johanna Will-Arm­              Michalowicz, Bethels Vorstandvorsitzender Pastor Ulrich Pohl, Architektin Nicole
strong und Diplom-Ingenieur Kay             Berghaus, Guido Orthen, Kay Andresen, Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong und
Andresen aus Bad Neuenahr.                  Uli Schmidt vom Sozialministerium Rheinland-Pfalz.

                                                                                                                                                      5
DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Teilhabe im Beruf
Mehr Unterstützung für schwerbehinderte Mitarbeitende

                                                                                                               »Das ist immer mal wieder Thema
                                                                                                               – es sind allerdings eher Einzel­
                                                                                                               fälle«, sagt Volker Fleckenstein,
                                                                                                               der mit seinen Stellvertretern
                                                                                                               Heinrich Lause und Thomas
                                                                                                               Schriegel die Schwerbehinderten­
                                                                                                               vertretung für Bethel.regional
                                                                                                               bildet. Der Umgang mit dem
                                                                                                               Thema werde von vielen Fakto­ren
                                                                                                               beeinflusst – dazu zähle neben
                                                                                                               dem kollegialen Umfeld auch die
                                                                                                               Art der Behinderung. »Vor allem
                                                                                                               im Bereich psychischer Erkran­
                                                                                                               kung tun sich Menschen schwe­
                                                                                                               rer damit, sich dazu zu beken­

                                                                                      Fotos (3): Paul Schulz
                                                                                                               nen«, so Volker Fleckenstein.

                                                                                                               Ängste abbauen

                                                                                                               »Psychische Erkrankungen wer­den
Schwerbehinderte Mitarbeitende haben per Gesetz den Anspruch auf Unterstützung                                 im Gegensatz zu körperli­chen
am Arbeitsplatz – zum Beispiel in Form von ergonomischer Büroausstattung, wie eines                            Beeinträchtigungen tendenziell
höhenverstellbaren Schreibtisches.                                                                             eher als persönliche Schwäche
                                                                                                               interpretiert«, erklärt Heinrich
Etwa zehn Prozent der rund 19.700 Bethel-Mitarbeitenden                                                        Lause. Ebenfalls bestehe ein Unter­
haben eine Schwerbehinderung. Für sie gelten bei der Arbeit                                                    schied darin, ob eine Behinde­rung
besondere Rechte – etwa hinsichtlich Kündigungsschutz, Hilfen                                                  angeboren sei oder nicht. »Wer
bei der Arbeitsplatzausstattung oder Urlaubsanspruch. Diese                                                    mit einer Behinderung geboren
Rechte dienen dem Schutz vor Benachteiligung und sollen die                                                    wird, lernt von der Pike auf, sich
Teilhabe am Arbeitsleben unterstützen. Dennoch verzichten                                                      selbst so anzunehmen, wie er ist.«
einige Arbeitnehmer darauf, ihre Schwerbehinderung gegen­                                                      Jemand, der gesund sei und in­­-
über dem Arbeitgeber anzugeben. Gründe dafür sind zum Bei­                                                     folge einer Erkrankung eine Be­-
spiel die Angst vor Stigmatisierung oder vor beruflichen Konse­                                                hinderung erwerbe, müsse diesen
quenzen. Um derlei Vorbehalte auszuräumen, soll in Bethel                                                      Prozess erst noch durch­laufen.
künftig eine Inklusionsvereinbarung gelten.
                                                                                                               »Mit der Inklusionsvereinbarung
Sie wird als übergreifende Richtli­         len mit der Vereinbarung ein                                       wollen wir nicht nur Ängste ab­­
nie für die Einbindung schwerbe­            klares Zeichen für Gleichberech­
hinderter Mitarbeiterinnen und              tigung und Teilhabe setzen. Als
Mitarbeiter in allen Stiftungsbe­           diakonisches Unternehmen tra­
reichen dienen. An der Ausarbei­            gen wir nicht nur gegenüber
tung beteiligt sind neben Bethel-           unseren Klienten, sondern auch
Vorstand Christine Rieffel-Braune           gegenüber unseren Mitarbeiten­
                                                                                                                                                       Foto: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal

auch Schwerbehindertenvertre­               den eine besondere Verantwor­
terinnen und -vertreter aus ver­            tung«, so der Bethel-Vorstand.
schiedenen Stiftungsbereichen.
»Nach wie vor gibt es Fälle, in             Ansprechpartner für die Interes­sen
denen Mitarbeitende durch einen             von schwerbehinderten Mit­arbei­-
Schwerbehindertenstatus Nach­               tenden sind die für den je­­weili­-
teile am Arbeitsplatz befürchten«,          gen Stiftungsbereich zuständigen
berichtet Christine Rieffel-Braune.         Schwerbehindertenvertretungen.
Die Inklusionsvereinbarung solle            Auch sie berichten von Fällen, in
dabei helfen, diese Mitarbeiten­            denen Kolleginnen und Kollegen                                     Thomas Baunack ist Vertrauensperson
den in der Wahrnehmung ihrer                sich dagegen entschieden haben,                                    für schwerbehinderte Mitarbeitende in
Rechte zu bestärken. »Wir wol­              ihre Behinderung anzugeben.                                        der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal.

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DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Mehr Unterstützung …

bauen, sondern auch verdeutli­                                                                                 in der Hoffnungstaler Stiftung
chen, dass Bethel für gerechte                                                                                 Lobetal. Nicht immer seien Füh­
Arbeitsbedingungen und Berufs­                                                                                 rungskräfte auf die Bedürfnisse
chancen steht«, betont Christine                                                                               der Mitarbeiter eingegangen.
Rieffel-Braune. Mit Regelungen                                                                                 Dabei existiere eine Vielzahl an
zur Personalplanung, Arbeits­                                                                                  Fördermitteln, die bei der Be­­
platzgestaltung, Gestaltung des                                                                                schäftigung von Mitarbeitenden
Arbeitsumfeldes, Arbeitsorgani­                                                                                mit Schwerbehinderung zur Ver­
sation und Arbeitszeit solle die                                                                               fügung stünden. Das Repertoire
Vereinbarung ein Leitfaden so­­­­-                                                                             reiche vom sogenannten Minder-
wohl für Arbeitgeber als auch                                                                                  ­leistungszuschuss über Unter­
für Arbeitnehmer und Schwer­                                                                                    stüt­zung bei der Arbeitsplatzge­
behindertenvertretung sein.                                                                                     staltung bis hin zum Budget für
»Dadurch wollen wir nicht nur                                                                                   Arbeit. Nach wie vor sei es noch
die Neueinstellung, sondern auch                                                                                nicht vollends in der Gesellschaft
die Arbeitsplatzerhaltung von                                                                                   angekommen, dass eine Behin­
Mitarbeitenden mit Schwerbe­                                                                                    derung kein Makel sei, sagt Tho­
hinderung unterstützen.«                    Christine Rieffel-Braune gestaltet die                              mas Baunack. »Ich denke aber
                                            Inklusionsvereinbarung seitens des                                  auch, dass das kein Lobetal- oder
Von Mitarbeitenden, die ihre                Bethel-Vorstandes mit.                                              Bethel-spezifisches Phänomen,
Einschränkung lieber nicht am                                                                                   sondern ein generelles ist.«
Arbeitsplatz kommunizieren                  viduelle Tätigkeitsbereich der
wollten, berichtet auch Petra               Mitarbeitenden beeinflusse die                                     »Das selbstverständliche und
Tarrach-Rieks, Schwerbehinder­              Entscheidung, sich als schwerbe­                                   gleichberechtigte Zusammenleben
tenvertreterin im Evangelischen             hindert zu melden oder nicht.                                      von Menschen mit und ohne
Klinikum Bethel. Nicht nur die              »Immer komplexere Arbeitsfelder                                    Behinderungen ist einer der zent­
Furcht vor mangelnder Akzep­                erschweren die Suche nach alter­                                   ralen Punkte der Vision Bethels«,
tanz im Kollegenkreis spiele                nativen Arbeitsplätzen«, so Petra                                  sagt Bethels Vorstandsvorsitzen­
dabei eine Rolle, mitunter gebe             Tarrach-Rieks.                                                     der Pastor Ulrich Pohl. »Deshalb
es auch Vorbehalte hinsichtlich                                                                                gehört es für uns dazu, dass wir
der Reaktion von Vorgesetzten.              Viele Fördermittel                                                 jeden Menschen – ob Klient oder
»Für eine Schwerbehinderung                                                                                    Mitarbeiter – in seinen individu­
gibt es immer einen Grund, und              »Ich habe sehr gute, aber auch                                     ellen Fähigkeiten fördern und in
es kann jeden treffen – deshalb             weniger gute Erfahrungen ge­­                                      seiner Entwicklung unterstützen.«
sollte sie nicht als Belastung, son­        macht«, berichtet Thomas Bau­­                                     Die Umsetzung von Teilhabe
dern als etwas Normales gesehen             nack, Vertrauensperson für                                         müsse vollumfänglich und damit
werden«, sagt sie. Auch der indi­-          schwerbehinderte Mitarbeiter                                       auch am Arbeitsplatz erfolgen.
                                                                                                               »Unsere Mitarbeitenden können
                                                                                                               darauf vertrauen, dass ihnen
                                                                                                               durch eine Schwerbehinderung
                                                                                                               keinerlei Nachteile am Arbeits­
                                                                                                               platz entstehen«, so Christine
                                                                                                               Rieffel-Braune. »Ich bin froh
                                                                                                               darüber, dass wir die Inklusions­
                                                                                                               vereinbarung gemeinsam auf
                                                                                                               den Weg bringen, und hoffe,
                                                                                       Foto: Marten Siegmann

                                                                                                               dass die fertige Version in der
                                                                                                               ersten Hälfte des kommenden
                                                                                                               Jahres in Kraft treten kann.«

                                                                                                                           – Marten Siegmann –

Petra Tarrach-Rieks vertritt schwerbehin­   Volker Fleckenstein ist Schwerbehinder­
derte Mitarbeitende im Evangelischen        tenvertreter im Stiftungsbereich Bethel.
Klinikum Bethel.                            regional.

                                                                                                                                                7
DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Tag der Epilepsie am 5. Oktober
Trends in der Betheler Epilepsiechirugie

Dr. Thomas Cloppenborg, Kin­­-
derarzt auf der Station für Prä­
chi­rurgische Diagnostik und
Epilepsiechirurgie im Epilepsie-
Zentrum Bethel, ist momentan
von seiner täglichen Arbeit
freigestellt. Dank eines Stipen­
diums der Epilepsie-Akademie
Berlin-Bethel kann er sich zur-
­zeit ganz auf die Frage konzen­
 trieren, wie sich Kinder nach
 einem epilepsiechirurgischen
 Eingriff entwickeln. Die Studie
 führt er gemeinsam mit Kolle­
 gen vom Epilepsie-Zent­rum

                                                                                                                              Foto: Paul Schulz
 Utrecht durch.

»Unser Ziel ist es, Chancen und
Risiken einer Operation noch bes­­
ser einschätzen und die Eltern       Dr. Thomas Cloppenborg hat für die Erforschung der Trends in der Betheler Epilepsie­
auf der Basis einer umfassenden      chirurgie mit Dr. Anne Hagemann (l.), Statistikerin der Gesellschaft für Epilepsiefor­
eigenen Datensammlung beraten        schung, und seiner Kollegin Neuropsychologin Lena Hopf zusammengearbeitet.
zu können«, erläutert Dr. Clop­
penborg. In bisherigen Forschun­     Operation gegenüber operativen                tion für einen epilepsiechirurgi­
gen hat er bereits gemeinsam mit     Risiken und auch mög­lichen Defi­-            schen Eingriff gelten.«
Kollegen des Epilepsie-Zentrums      ziten nach der Opera­tion abzuwä­
Trends und Erfahrungen seit Be­­     gen. Heute gebe es bei Kindern                Komplexere Entscheidungen tref­
ginn der Epilepsiechirurgie in       viel mehr große Ein­griffe, wie die           fen zu müssen sei ein möglicher
Bethel ausgewertet. Die Bedeu­       Hemis­phärotomie, bei der die ge­-            Grund dafür, dass im Erwachse­
tung der pädiatrischen Epilepsie­    samte epileptogene Gehirnhälfte               nenalter eine vorgeschlagene
chirurgie steige, so der Experte.    abge­trennt werde. »Wir haben                 Operation häufiger abgelehnt
Der Anteil der Kinder unter den      zum einen gelernt, die Patienten              werde als im Kindesalter, so Dr.
operierten Patienten habe seit       zu identifizieren, die diese OP               Cloppenborg. »Es dauert außer­
den Anfängen der Betheler Epi­       brau­chen. Zum anderen konnte                 dem immer noch viel zu lange,
lepsiechirurgie in den 1990er-       durch eine Veränderung der OP-                bis Patienten mit der Frage nach
Jahren zugenommen. »Wir ope­­-       Technik die Erfolgsrate verbessert            einer operativen Behandlung in
rieren rund 100 Erwachsene und       wer­den«, erläutert Dr. Thomas                unser Zentrum kommen. Bei
Kinder jährlich, mit einer Ver­      Clop­penborg. Die Aus­wir­kungen              Erwachsenen betrug dieser Zeit­
schie­bung hin zu mehr Kindern.«     der Operation und Reorganisa­                 raum im Mittel etwa 20 Jahre!«
                                     tions­möglichkeiten des kindlichen            Hier liege ein wichtiger Ansatz­
Etwa zwei Drittel der Patienten      Ge­hirns könnten realistisch ein­ge­­         punkt für eine Verbesserung der
werden nach einem epilepsiechi­      schätzt und vor­hergesagt werden.             Behandlung. »Wenn allerdings
rurgischen Eingriff anfallsfrei.                                                   mehrere Medikamente nicht ge­­
Auch die Medikamente gegen           Schwierige OPs                                holfen haben, ist man gegenüber
Anfälle können bei stabiler An­­                                                   weiteren Therapievorschlägen
fallsfreiheit häufig vereinfacht     Bei Patienten im Erwachsenenal­               vielleicht eher kritisch und akzep­
oder abgesetzt werden. »Beson­       ter sieht Dr. Cloppenborg einen               tiert die Epilepsie als gegeben«,
ders bei kleinen Kindern können      Trend zu schwierigeren Opera­-                vermutet der Mediziner. Eltern
wir durch eine erfolgreiche Ope­     tionen, die häufig im Vorfeld für             seien da in einer anderen Situa­
ration und eine Beendigung der       die Diagnostik den Einsatz auch               tion. »Sie entscheiden für ihr
medikamentösen Behandlung            invasiver EEG-Ableitungen not­­-              Kind und sind beharrlicher in der
wichtige Weichen für den Ent­        wendig machen. »Dieser Trend                  Suche nach Lösungen.«
wicklungsverlauf stellen«, so Dr.    beruht vor allem auf der Abnahme
Cloppenborg. Diese Vorteile gelte    der Patienten mit Schläfenlappen­­                             – Petra Wilkening –
es bei der Entscheidung über eine    epilepsien, die als typische Indika­

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DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Tag der Epilepsie am 5. Oktober
4. Internationales Epilepsie-Symposium in Bethel

                                                                                                         erkennen wie gesunde Menschen.
                                                                                                         »Das muss allerdings kein Wider­
                                                                                                         spruch sein«, betont Prof. Bien.
                                                                                                         »Operierte Patienten bedienen
                                                                                                         sich anderer Wege im Gehirn, um
                                                                                                         die Verluste auszugleichen. Ihr
                                                                                                         Gehirn nutzt zum Beispiel den
                                                                                                         Weg über die linke Hirnhälfte als
                                                                                                         Umgehungsstraße«, so seine
                                                                                                         Erklärung.

                                                                                                         Viel Beachtung bei dem Sympo­­-
                                                                                                         sium fanden auch Phänomene wie
                                                                                                         Erinnerungsschwierigkeiten und
                                                                                                         Studien zu psychischen Komorbi­

                                                                                     Foto: Paul Schulz
                                                                                                         ditäten bei anfallskran­ken Men­
                                                                                                         schen. »Bei Menschen mit Epi­lepsie
                                                                                                         finden sich häufig Depressio­nen
                                                                                                         und Angststörun­gen. Außerdem
Prof. Dr. Martin Holtkamp (l.), Stiftungsprofessorin Kirsten Labudda und Prof. Dr.                       zeigt eine Reihe von Patienten
Christian Bien in der Neuen Schmiede.                                                                    emotionale Defizite«, sagt Prof.
                                                                                                         Dr. Martin Holtkamp. Ursache
An einer Epilepsie zu erkran­ken kann belastend sein und bei                                             seien wahrscheinlich anfallsbe­
den Betroffenen nicht selten zu psychischen Erkran­kungen füh­                                           dingte Veränderungen im Gehirn.
ren. Neue wissen­schaftliche Studien legen den Verdacht nahe,
dass es auch umgekehrt sein kann. »Viele Patienten erleiden                                              Weitere Risikofaktoren, die psy­
eine psychi­sche Erkrankung ein bis zwei Jahre vor ihrem ersten                                          chische Erkrankungen begünsti­
Anfall. Es scheint also eine beidersei­tige Verbindung zu geben.                                         gen, hat Kirsten Labudda von der
Psychische Erkrankun­gen kön­nen Epilepsien zumindest be­­güns­­-                                        Universität Bielefeld erforscht.
tigen«, folgert Prof. Dr. Christian Bien, Chefarzt des Epilepsie-                                        Ihre Stiftungsprofessur für Epi­
Zentrums Bethel.                                                                                         lepsieforschung wird von den
                                                                                                         v. Bodelschwinghschen Stiftun­
Der Zusammenhang zwischen Epi­-               tät Sheffield in England wissen­                           gen Bethel finanziert.
lepsie und psychischen Erkrankun­-            schaftlich bearbeitet. Er hat bei
gen stand Anfang September im                 dem Symposium neues Wissen                                 Aus New York war die Neurolo­
Fokus des 4. Internationalen Epi­-            zu dem Thema vorgestellt.                                  gin und Epileptologin Prof. Dr.
lepsie-Symposiums in der Neuen                                                                           Jacqueline French nach Bethel
Schmiede in Bielefeld-Bethel.                 Gefühle erkennen                                           angereist. Sie informierte die Teil­­-
Prof. Bien und der Chef­arzt des                                                                         nehmerinnen und Teilnehmer
Epilepsie-Zentrums Ber­lin-Bran­              Überraschend waren auch neue                               über Forschungsmethoden, mit
denburg, Prof. Dr. Martin Holt­               Erkenntnisse aus der Neuropsy­                             denen die Wirksamkeit von Medi­
kamp, hatten den Vorsitz bei der              chologie. Der rechte Mandelkern                            kamenten ermittelt werden kann.
Veranstaltung, die alle zwei Jahre            im menschlichen Gehirn ist für                             Die Pharmakologie-Expertin be­­rät
abwechselnd in Berlin und Bethel              die emotionale Wahrnehmung                                 die Arzneimittelbehörde in den
stattfindet. 130 Epilepsie-Exper­             zuständig – das gilt als wissen­                           USA und viele Kliniken im In- und
ten nahmen teil. Die Refe­renten              schaftlich und medizinisch gesi­                           Ausland. Prof. French referierte
kamen unter anderem aus New                   chert. Die Psychologin Prof. Dr.                           auch zu der Problematik, dass
York, Madrid, Modena und Shef­                Johanna Kißler von der Universi­                           viele zugelassene Medikamente
field. Partnerland waren die USA.             tät Bielefeld hat Patienten nach                           zwar in Studien als wirksam ge­­
                                              einer epilepsiechirurgischen                               testet werden, in der Praxis den
Die Beobachtung, dass psychische              Operation im Epilepsie-Zentrum                             Patienten mit Epilepsie aber nicht
Erkrankungen Epilepsien begüns­               Bethel untersucht, denen der                               ausreichend helfen.
tigen könnten, wird von dem                   Mandelkern entfernt wurde. Das
deutschen Neurologen Prof. Dr.                erstaunliche Ergebnis: Sie können                                        – Gunnar Kreutner –
Markus Reuber von der Universi­               Gefühle trotzdem genauso gut

                                                                                                                                             9
DER RING Oktober 2019 Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
BTHG-Experte Michael Conty geht in den Ruhestand
»Wir können von anderen lernen und andere von uns«

                                                                                                                   im Sozialdienst. Dort entwickelte
                                                                                                                   er mit seinen Mitstreitern Theo
                                                                                                                   Wessel und Detlef Kremser eine
                                                                                                                   neue Leistungsform: In einer ge­­
                                                                                                                   meinsamen Studie waren sie zu
                                                                                                                   dem Schluss gekommen, dass
                                                                                                                   Menschen in besonderen sozialen
                                                                                                                   Schwierigkeiten, die neu in eine
                                                                                                                   eigene Wohnung zogen, eine
                                                                                                                   strukturierte Nachbetreuung be­­

                                                                                         Foto: Reinhard Elbracht
                                                                                                                   nötigten. Ihr Konzept fand die
                                                                                                                   Zustimmung des LWL, und zum
                                                                                                                   ersten Mal wurde für Westfalen-
                                                                                                                   Lippe eine ambulante Nachbe­
                                                                                                                   treuung vereinbart.

2015 informierte sich die parlamentarische Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller                               »Als junger Mann stand für mich
in Bethel über Behindertenhilfe und Teilhabe. Michael Conty begleitete sie unter ande-                             fest, dass man alle vier Jahre
rem ins Haus Ophra II in Bielefeld-Eckardtsheim.                                                                   etwas Neues machen muss, um
                                                                                                                   wach und interessiert zu bleiben«,
Assistierte Freiheit zu verwirklichen und die am wenigsten ein-                                                    erinnert sich Michael Conty.
­schränkenden Lebensbedingungen für Menschen mit Behin­de­-                                                        »Genau habe ich diese Zeitspan­
rungen zu schaffen, darum gehe es, unterstreicht Michael Conty                                                     ne in meinem Berufsleben zwar
mit Nachdruck. Für dieses Ziel hat der Experte für Eing­liede­                                                     nicht eingehalten, aber ich habe
rungshilfe rund 40 Jahre in Bethel gearbeitet, zuletzt seit 2017                                                   in Bethel immer wieder andere
als Leiter des Projekts »Umsetzung des Bundesteilhabe­geset­                                                       Aufgaben übernehmen können.
zes«. Jetzt sei alles gut vorbereitet für die Umsetzung des BTHG                                                   Das ist der Vorteil eines großen
in Bethel und der richtige Zeitpunkt, in den Ruhestand zu wech­                                                    Arbeitgebers, der viele Arbeits­
seln, so der Geschäftsführer. Am 8. Oktober wird der 65-Jährige                                                    felder und Aufgaben hat.«
im Beisein vieler Gäste offiziell in Bielefeld-Bethel verabschiedet.
                                                                                                                   1989 wurde Michael Conty Leiter
»Das Bundesteilhabegesetz ist                Jahre als Vertreter aller Fachver­                                    des Kinder- und Jugendbereichs
für die nächsten Jahrzehnte in               bände für Menschen mit Behin­                                         Arche/Regenbogen der damaligen
der Eingliederungshilfe bestim­              derungen an der Entwicklung                                           Teilanstalt Bethel. »Das war im
mend. Zum einen galt es, mög­                des BTHG mitgewirkt.                                                  Grunde die schönste Zeit meines
lichst große Chancen für die                                                                                       Berufslebens, weil die Arbeit mit
Menschen und auch die Leis­                  Seit 1980 in Bethel                                                   Kindern besonders lebendig und
tungserbringer herausarbeiten,                                                                                     so unmittelbar nahe am Men­
zum anderen die Risiken für alle             Die gesetzlichen Rahmenbedin­                                         schen ist«, erinnert er sich. Die
zu minimieren«, fasst Michael                gungen für Unterstützungsleis­                                        Mitarbeiterschaft in Arche/Regen­
Conty die verantwortungsvolle                tungen und die Frage, welche                                          bogen sei interdisziplinär und
Projektarbeit zusammen. Die                  Leistungen für die Menschen                                           sehr kompetent gewesen. Weil
bei­den vergangenen Jahre seien              wichtig seien, hätten ihn schon                                       auch die jungen Menschen in
anstrengende Jahre für das 15-               immer interessiert, erzählt der                                       Arche/Regenbogen erwachsen
köpfige Betheler Projektteam                 Betheler Geschäftsführer rück­                                        wurden und zum Teil nicht mehr
gewesen: mit den Verhandlungen               blickend. Kurz nach seinem Exa­                                       die intensive Betreuung in einer
des Rahmenvertrags auf Landes­               men an der Universität Bielefeld                                      Wohngruppe benötigten, wurde
ebene – Michael Conty war als                1980 begann der Diplom-Psy­                                           hier die ambulante Betreuung von
Vertreter der Diakonie Rheinland-            cho­loge seine Tätigkeit in Bethel,                                   Menschen mit Behinderungen
Westfalen-Lippe beteiligt – und              zunächst in den damaligen Ge­­                                        angestoßen. Nach anfänglicher
parallel mit der Vorbereitung der            meinschaftswerkstätten, dann in                                       Ablehnung fand sie bei den
BTHG-Umsetzung für die Betheler              der psychiatrischen Reha-Klinik                                       Betheler Verantwortlichen schließ­
Stiftungs- und Unternehmensbe­               Pniel. Ab 1984 betreute er woh­                                       lich doch Interesse. »Heute leis­-
reiche. Schon zuvor hatte Michael            nungslose Menschen zunächst in                                        tet der Stiftungsbereich Bethel.
Conty auf Bundesebene mehrere                stationären Einrichtungen, dann                                       regional mehr ambulante als

10
»Wir können …

stationäre Unterstützung«, so                                                                             habe ich immer als wichtige Auf­
Michael Conty, der Mitglied und                                                                           gabe empfunden.« Das vielfäl­
zuletzt Vorsitzender der Geschäfts­                                                                       tige Engagement des Betheler
führung von Bethel.regional war,                                                                          Fachmanns in Verbänden, Fach­
bevor er in das BTHG-Projekt                                                                              gremien und Arbeitsgruppen
wechselte. »Die meisten Men­                                                                              zeigt, dass er ein intensiver Netz­
schen wollen in einer eigenen                                                                             werker ist. Unter anderem war
Wohnung leben. Unsere Aufgabe                                                                             er zwölf Jahre lang Vorstands­
ist es, die hierzu notwendigen                                                                            vorsitzender im Bundesverband
Unterstützungsleistungen anzu­                                                                            evangelische Behindertenhilfe,
bieten«, unterstreicht er. »Im Mit­                                                                       Mitglied des Diakonischen Rats
telpunkt stehen der Mensch und                                                                            und viele Jahre im Vorstand des
seine Vorstellungen vom Leben.«                                                                           Fachverbands Behindertenhilfe
                                                                                                          der Diakonische Werke Westfa­
Abteilung Projekte                                                                                        len und Lippe. »Für die wichtige
                                                                                                          Verbandsarbeit hatte ich immer
Nach sechs Jahren in Arche/                                                                               die Unterstützung der Kollegen.
Regenbogen wurde der damals                                                                               Sie haben mir den Rücken freige­

                                                                                 Fotos (2): Paul Schulz
40-Jährige wieder unruhig. Das                                                                            halten«, sagt er dankbar.
neu eingeführte Projektmanage­
ment bot die Gelegenheit, sich                                                                            2001 wechselte Michael Conty
beruflich zu verändern. Als die                                                                           aus der Abteilung Projekte in die
Abteilung Projekte aufgebaut                                                                              Geschäftsführung der Teilanstalt
wurde, übernahm er die Leitung.        Beim Bielefelder Protesttag 2011 nutzte                            Bethel. Er war dann nach tief­
»Es war eine tolle Aufgabe, die        Michael Conty die Gelegenheit zu einem                             grei­fenden Umstrukturierungs­
gesamte Unternehmensentwick­           »Selbstversuch«.                                                   prozessen Geschäftsführer im
lung im Blick zu haben. Viele                                                                             neuen Stiftungsbereich Behin­
unternehmenspolitische Ent­            der Betheler Wohnungs­losenhilfe,                                  dertenhilfe und schließlich im
scheidungen wurden durch un­­          den Grundsätzen für Zusammen­                                      heutigen Stiftungsbereich Bethel.
sere Projekte vorbereitet.« An         arbeit und Führung oder auch                                       regional, unter anderem mit den
der Vision Bethels »Gemeinschaft       denen für das Betheler Qualitäts­                                  Arbeitsschwerpunkten Konzept-
verwirklichen« wirkte Michael          management. Ihm ist es wichtig,                                    und Qualitätsentwicklung, Per­
Conty ebenso mit wie an der Ein­-      dass die Projekte und ihre Ergeb­                                  sonal und Diakonie.
führung der Pflegeversiche­rung        nisse »Gemeinschafts­produkte«
und der Umsetzung der BSHG-            waren. »Wir haben in Teams                                         »Ich kann jetzt gut abschließen«,
Reform, an der Entwicklung des         gearbeitet, in denen unterschied­                                  so der angehende Ruheständler.
Hauses der Stille der Sarepta          lichste Kompetenzen aus den                                        Das BTHG-Projekt zum Abschluss
Schwesternschaft, an der Reform        Betheler Bereichen zusammenka­                                     seines Berufslebens sei noch ein­
                                       men. Ich habe das Glück gehabt,                                    mal eine ausgezeichnete Gele­gen-
                                       immer dabei gewesen zu sein.«                                      ­heit gewesen, sein Wissen und
                                                                                                           seine Erfahrungen einzubrin­gen.
                                       Einen hohen Stellenwert hat für                                     Für den Ruhestand hat er sich
                                       Michael Conty die Vernetzung,                                       erst einmal vorgenommen, bis
                                       sowohl innerhalb als auch außer­                                    Weihnachten keine neuen Ver­
                                       halb Bethels. »In den Siebziger-                                    pflichtungen einzugehen und
                                       und Achtzigerjahren schien in                                       mehr Zeit mit der Familie und
                                       Bethel die Auffassung ‚Wir sind                                     Freunden zu verbringen. »Und
                                       uns selbst genug‘ vorzuherrschen.                                   dann werde ich in Ruhe gucken,
                                       Diese Haltung ist meines Erach­                                     welche Aktivitäten ich ehrenamt­
                                       tens falsch. Wir können von                                         lich weiterverfolge.« Erst einmal
                                       anderen lernen und andere von                                       wolle er aber im Ruhestand
                                       uns. Die Schnittstellen zwischen                                    ankommen.
                                       Bethel, als Teil der Diakonie, und                                                 – Petra Wilkening –
Michael Conty übernahm 2017 die Lei­   den Fachverbänden auf Landes-
tung des Betheler BTHG-Projekts.       und Bundesebene zu pflegen

                                                                                                                                          11
Erster Lobetaler Empfang
»Ein heilsamer und befreiender Lebensraum«

Robustes Schuhwerk war ge­­
fragt, als Ende August der
erste Lobetaler Empfang statt­
fand. Der Weg führte übers
Feld zu einem nicht mehr ge­­­-
nutzten Gewächshaus der
Barnimer Baumschulen Biesen­
thal. Dort kamen 150 Gäste
zusammen, um – wie der Lobe­
taler Geschäftsführer Martin
Wulff vorschlug – über das
Leben nachzudenken und ge­­
meinsam zu überlegen, wie

                                                                                                                                 Fotos: Lutz Weigelt
man die Welt ein bisschen
besser machen könne.

Die Präsidentin des Branden-
bur­ger Landtags nahm diesen
Gedan­ken in ihrem Grußwort            In einem ehemaligen Gewächshaus der Barnimer Baumschulen Biesenthal fand der
auf. »Für all das Ermutigende          erste Lobetaler Empfang statt mit (vorne, v. l.) Pastor Ulrich Pohl und Landtagsprä­si­
und Stärkende, das von Lobetal         dentin Britta Stark sowie (vorne, r.) Martin Wulff.
ausgeht, für all die Fürsorge und
Unterstützung für so viele Men­        ob sie vielleicht ein Rezept für               den Dienstleistungen, in der Bio-
schen möchte ich allen Mitarbei­       den Lobetaler Bio-Joghurt her­                 Molkerei. »Wir sind da für Men­
terinnen und Mitarbeitern von          ausfinden könne. Susanna Kara­                 schen mit Behinderungen. Unser
Lobetal herzlich Dank sagen –          wanskij wusste das Rezept: »Ich                Ziel ist es, ihnen die Teilhabe am
wie allen Frauen und Männern in        denke, die geheime Zutat heißt                 Arbeitsleben zu ermöglichen«,
der großen Bethel-Familie«, sagte      ‚Menschlichkeit‘.«                             brachte der Geschäftsführer der
Britta Stark. »Ich finde, Sie alle                                                    Werkstätten, Ludwig Pagel, die
arbeiten an einem hoffnungsvol­        Teilhabe ermöglichen                           Aufgabe der Werkstätten auf
len Zukunftsprojekt: einer men­                                                       den Punkt. Insgesamt arbeiten
schenfreundlichen Gemeinschaft,        Davon konnten sich die Gäste                   rund 900 Beschäftigte an acht
in der alle als Freie und Gleiche      überzeugen. Mitarbeiterinnen                   Standorten.
zusammenarbeiten und zusam­            und Mitarbeiter der Hoffnungs­
menleben.« So sei Lobetal ein Ort      taler Werkstätten berichteten                  Das gemeinsame Abendessen der
für Begegnung und Beziehung,           über ihre Arbeit – im Zierpflan­               Gäste – zwei festlich gedeckte
mit Platz für alle Erfahrungen des     zenbau, in den Baumschulen und                 Tafeln luden zum Brandenburger
Lebens, ein heilsamer, befreien­der,                                                  Abendbrot mit regionalen Spezi­
gemeinsam gestalteter Lebens­                                                         alitäten ein – eröffnete Bethels
raum, in dem Menschen Hoff­                                                           Vorstandsvorsitzender Pastor
nung schöpfen, Sprache finden,                                                        Ulrich Pohl mit einem Tischlied:
Gemeinschaft erleben und viel­                                                        »Danket, danket dem Herrn,
leicht auch Gott erfahren können.                                                     denn er ist sehr freundlich.« Die
                                                                                      Musiker Stawinski und Taylor
Für Brandenburgs Sozialministerin                                                     setzten stimmungsvolle Akzente,
Susanna Karawanskij wird in der                                                       und am späten Abend tauchten
Baumschule Biesenthal weit mehr                                                       Scheinwerfer das Glas des Ge­­
veredelt als Gehölze und Sträu­                                                       wächshauses in die Farben von
cher. »Sie veredeln sicherlich auch                                                   Lobetal.
das Denken und die Einstellungen
vieler, die Ihnen begegnen.«                                                                            – Wolfgang Kern –
Sogar die Produkte würden den
Lobetaler Geist in sich tragen. Als
feststand, dass sie hier sein kann,    Brandenburgs Sozialministerin Susanna
habe eine Mitarbeiterin gefragt,       Karawanskij sprach ein Grußwort.

12
Wertschätzung für die Sterbebegleitung
Ministerpräsidentin besucht Hospiz im Ahrtal

                                                                                                           spricht auch die positive Resonanz
                                                                                                           auf unsere Gedenkgottesdienste.«

                                                                                                           Als eine »fast einzigartige Ver­bin­-
                                                                                                           dung« beschrieb Hildegard Schnei­
                                                                                                           der, stellvertretende Vor­sitzende
                                                                                                           des Hospizvereins, die Koopera­
                                                                                                           tion mit Bethel und der Marien­
                                                                                                           haus Unternehmensgruppe.
                                                                                                           »Unser ökumenischer Ansatz
                                                                                                           wird jeden Tag im Haus gelebt.«
                                                                                                           Rund 90 Ehrenamtliche des mehr

                                                                                      Fotos: Paul Schulz
                                                                                                           als 1.300 Mitglieder zählenden
                                                                                                           Vereins engagieren sich in der
                                                                                                           Hospizarbeit.

Im Hospiz wurde Malu Dreyer (3. v. r.) von (v. l.) Christoph Drolshagen, Geschäfts­                        Größtes Kompliment
führer der Hospiz im Ahrtal gGmbH, Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong, Hildegard
Schneider, den Gesellschaftervertretern Maria Heine und Kay Andresen sowie Hospiz­                         »Das Hospiz im Ahrtal ist aus
leiterin Yasmin Brost begrüßt.                                                                             einer breiten Bürgerbewegung
                                                                                                           hospizlichen Denkens gewach­
»Zu einem guten Leben gehört auch das gute Sterben«, sagte                                                 sen«, sagte Bethel-Vorstand Pas­­-
Malu Dreyer. Auf Einladung des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr                                                    torin Dr. Johanna Will-Armstrong.
besuchte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Anfang                                               »Für uns ist die Unterstützung
September das Hospiz im Ahrtal in Bad Neuenahr-Ahrweiler.                                                  der Hospizbewegung, des Hos­
Dort kam die Politikerin auch mit rund 20 Ehrenamtlichen des                                               pizvereins sowie die Beteiligung
Vereins ins Gespräch – und unterstrich dabei, wie wichtig die                                              Bethels am Hospiz im Ahrtal ein
ambulante und stationäre Sterbebegleitung sei.                                                             zentrales Anliegen.« Bethel fühle
                                                                                                           sich dem Hospizgedanken sehr
»Mit der Hospizbewegung bin ich             zent. »Wir sind auf einem guten                                verpflichtet – und habe deshalb
seit vielen Jahren eng verbunden«,          Weg«, sagte Hospizleiterin Yas­                                auch an anderen Orten, etwa in
betonte die Politikerin. Anfangs            min Brost. »Ich denke, wir leisten                             Leipzig beim Hospiz Villa Auguste
habe sich die Arbeit der Bewe­              sowohl in der Pflege als auch in                               oder in Syke beim Kinderhospiz
gung vornehmlich auf den ambu­-             der Begleitung gute Arbeit. Dafür                              Löwenherz, die Gründung mit
lanten Bereich konzentriert – das                                                                          auf den Weg gebracht.
aber sei für die gute Versorgung
der sterbenden Menschen nicht                                                                              »Ich bin wirklich sehr beein­
immer ausreichend. Sie sei froh                                                                            druckt«, sagte Ministerpräsidentin
darüber, dass sich mit Bethel und                                                                          Malu Dreyer. »Nicht nur über die
Marienhaus zwei weitere Träger                                                                             Entwicklung der ehrenamtlichen
neben dem Hospizverein gefun­                                                                              Hospizarbeit, sondern auch von
den hätten, um den Bau des sta­                                                                            dem wunderschönen Haus.« Prä­
tionären Hospizes im Ahrtal in                                                                             gend während ihres Besuchs sei
die Tat umzusetzen.                                                                                        auch die Begegnung mit einem
                                                                                                           Gast des Hospizes gewesen. »Er
2015 wurde das Haus eröffnet.                                                                              sagte mir, er fühle sich hier gut
Gesellschafter sind der Hospiz-                                                                            betreut und aufgehoben. Ich
Verein Rhein-Ahr mit 10 sowie                                                                              denke, das ist wahrscheinlich das
die v. Bodelschwinghschen Stif­                                                                            größte Kompliment, das man in
tungen Bethel und die katholi­                                                                             so einer Situation aussprechen
sche Marienhaus Unternehmens­                                                                              kann.«
gruppe mit jeweils 45 Prozent
Beteiligung. Im vergangenen Jahr                                                                                        – Marten Siegmann –
lag die Auslastung des Hauses               Das Hospiz im Ahrtal wurde 2015 eröff­
mit 109 Gästen bei rund 97 Pro­             net und hat zehn Gästezimmer.

                                                                                                                                             13
Straßenfest in der Ortschaft Bethel
Buntes Treiben rund um die Neue Schmiede

Einen ungewohnten Anblick
bot die Handwerkerstraße
in der Ortschaft Bethel Ende
August. So viele Menschen
gibt es dort nur beim jährli­
chen Straßenfest zu sehen.
Auch in diesem Jahr hatten
die Organisatoren aus ver­
schiedenen Betheler Einrich­
tungen wieder ein buntes
Pro­gramm aus Musik, Tanz
und Theater, Flohmarktstän­
den und Spielaktionen für
Kinder gestaltet.

Die Bielefelder Sambagruppe
LesBenitas war mit lateinameri­
kanischen Rhythmen unterwegs,               Die Lose der Tombola waren begehrt. Der erste Preis war ein Fahrrad.
die Theatergruppe Tapetenwech­
sel der Neuen Schmiede zeigte
wieder fantasievoll selbstgestal­
tete Kos­tüme. Der Schmiede-
Chor sang für die Gäste, und
Bethel-Vor­stand Pastorin Dr.
Johanna Will-Armstrong und
Bethel-Klient Nils Lorenz luden
zu einer inklusiven Bibelarbeit
ein. Tombola, Malak­tion und
Rundfahrt mit der Bim­melbahn
standen ebenfalls auf dem
Programm.
                            – PW –

                                            Der Schmiede-Chor trat im Rahmen des Bühnenprogramms auf.

Die Theatergruppe Tapetenwechsel ist für
ihre kreativ gestalteten Kostüme bekannt.   Flohmarktstände luden wieder zum Stöbern ein.

14
Berliner Behandlungszentrum am KEH
Erste Chefärztin wurde mit Fachsymposium eingeführt

                                                                                                              noch die Facharztprüfung für
                                                                                                              Psychiatrie und Psychotherapie.
                                                                                                              Die Privatdozentin wurde bereits
                                                                                                              2018 zur Chefärztin des Behand­
                                                                                                              lungszentrums berufen.

                                                                                                              Beim Symposium anlässlich ihrer
                                                                                                              Einführung gab Dr. Tanja Sappok
                                                                                                              zusammen mit Betroffenen und
                                                                                                              Angehörigen einen Einblick in
                                                                                                              das Leben mit Behinderung und
                                                                                                              Krankheit. Hier komme es auf

                                                                                    Fotos: Jens U. Garlichs
                                                                                                              gute Kommunikation der Betei­
                                                                                                              ligten untereinander an, Betrof­
                                                                                                              fene wollten verstanden werden,
                                                                                                              Angehörige würden gestärkt
                                                                                                              durch den Austausch mit anderen
Beim Symposium im KEH-Festsaal: PD Dr. Tanja Sappok mit (v. l.) Michael Mielke,                               in gleicher Situation. Die Akzep­
Prof. Dr. Albert Diefenbacher und dem KEH-Aufsichtsratsvorsitzenden und Bethel-                               tanz der Behinderung sei der
Vorstandsvorsitzenden Pastor Ulrich Pohl.                                                                     Schlüssel für ein befreites Leben,
                                                                                                              für Eltern sei zudem Selbstfürsorge
Seit fast 20 Jahren gibt es am Evangelischen Krankenhaus                                                      neben aller Sorge um ihr behin­
Köni­gin Elisabeth Herzberge (KEH) in Berlin ein Zentrum für                                                  dertes Kind existenziell wichtig.
die Behandlung erwachsener Menschen mit geistiger Behinde­
rung und psychischer Erkrankung. Inzwischen ist das »Berliner                                                 MZEB auf gutem Weg
Behandlungszentrum für psychische Gesundheit bei Entwick­
lungsstörungen« zu einem Klinikbereich im KEH mit eigener                                                     Der Psychologe Prof. Dr. Matthias
Chefärztin geworden.                                                                                          Schützwohl vom Universitäts­
                                                                                                              klinikum der Technischen Univer­-
Privatdozentin Dr. Tanja Sappok             In seiner Klinik hatte Dr. Tanja                                  sität Dresden nahm Stellung zur
wurde im September zur ersten               Sappok 2003 ihre Arbeit im KEH                                    gesundheitlichen Versorgungs­
Chefärztin des Behandlungszent­             begonnen, wurde Fachärztin                                        situation von Menschen mit geis­-
rums ernannt. In einem Gottes­              für Neurologie und auch für Ner­                                  tiger Entwicklungsstörung. Eine
dienst in der KEH-Kapelle und mit           ven­heilkunde, habilitierte sich                                  Studie habe gezeigt, dass es nur
einem Fachsymposium wurde sie               2014 in »Experimenteller Psychi­a-­­                              bei einem kleineren Teil Versor­
in die neue Funktion einge­führt.           trie« und absolvierte anschließend                                gungsmängel gebe. Es seien aber
KEH-Geschäftsführer Michael                                                                                   mehr Forschung, eine bessere
Mielke betonte bei der Einfüh­                                                                                Kommunikation und Kooperation
rung, die Etablierung eines eige-                                                                             aller Beteiligten untereinander
­nen Chefarztbereichs sei ein                                                                                 und mehr Alternativen zur psy­-
 besonderes Bekenntnis des KEH                                                                                chopharmakologischen Behand­
 zur Versorgung von Menschen                                                                                  lung nötig.
 mit geistigen Behinderungen,
 ganz im Sinne Friedrich von Bodel­                                                                           Im KEH ist zurzeit im Rahmen
 schwinghs: »…und dass ihr mir                                                                                des Behandlungszentrums für
 niemanden abweist.«                                                                                          Menschen mit Behinderungen
                                                                                                              auch noch eine ambulante Ver­
Start im Jahr 2000                                                                                            sorgung (MZEB) im Aufbau; die
                                                                                                              staatliche Genehmigung liegt
Michael Mielke würdigte die Rolle                                                                             bereits vor, derzeit werden noch
von Psychiatrie-Chefarzt Prof.                                                                                die Pflegesätze verhandelt.
Dr. Albert Diefenbacher, der die
Behandlung von Menschen mit                 Prof. Dr. Matthias Schützwohl nahm                                              – Jens U. Garlichs –
Behinderungen in einem Zentrum              Stellung zur medizinischen Versorgung
im KEH seit 2000 aufgebaut hatte.           von Menschen mit Behinderungen.

                                                                                                                                              15
Umweltschutz in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Für die »Bewahrung der Schöpfung« wird viel getan

                                                                                                              jetzt alle Standorte der v. Bodel­
                                                                                                              schwinghschen Stiftungen Bethel
                                                                                                              auf ihre Energieeffizienz hin über­
                                                                                                              prüft. »Dabei geht es um mehr
                                                                                                              als 1.000 Gebäude, für die wir
                                                                                                              Daten zusammentragen und die
                                                                                                              wir auch begehen werden. Unser
                                                                                                              Auftrag ist es, die Mitarbeiten­den
                                                                                                              vor Ort auf Basis der Bestands­
                                                                                                              aufnahme zu beraten, wie sie das
                                                                                                              Bestehende optimieren können.«
                                                                                                              Das Team für diese Aufgabe um­­
                                                                                                              fasst aktuell eine Vollkraft sowie

                                                                                    Foto: Reinhard Elbracht
                                                                                                              drei Studierende.

                                                                                                              Vom EM+ ist auch Werner Kuh­
                                                                                                              len, im Evangelischen Klinikum
                                                                                                              Bethel für den Umweltschutz
                                                                                                              zuständig, überzeugt: »Durch
Das 2013 eröffnete Seniorenzentrum Breipohls Hof in Bielefeld ist ein Passivhaus.                             das System wird energieeffizien­
                                                                                                              tes, umweltbewusstes Handeln
Den Insekten geht es schlecht. Hitzepe­rioden scheinen extremer                                               institutionalisiert, und es kommen
zu werden, Trockenheit breitet sich aus, wird in manchen Regio­                                               so viel mehr Ideen zusammen.«
nen zum Problem. Deutschland – das lag doch immer in einer                                                    Im Evangelischen Klinikum
angenehmen gemäßigten Zone. Plötzlich ist der Klimawandel                                                     Bethel sei im Rahmen des EM+
auch hier greifbar. Die »Bewahrung der Schöpfung« hat, das                                                    die »uralte« Heizzentrale außer
lässt sich nicht mehr ignorieren, eine neue Dringlichkeit bekom­                                              Betrieb genommen und durch
men. »Innerhalb der v. Bodelschwingh­schen Stiftungen Bethel                                                  das erste Blockheizkraftwerk im
setzen sich Menschen seit Langem und auf vielfältige Weise für                                                Krankenhaus abgelöst worden.
den Schutz der Umwelt und einen nachhaltigen Umgang mit                                                       »Das ist sehr gut für die CO²-
den Ressourcen ein«, stellt Bethels Vorstandsvorsitzender Pastor                                              Reduzierung. In einem Kranken­
Ulrich Pohl grundsätzlich fest.                                                                               haus ist rund um die Uhr Strom
                                                                                                              nötig. Mit dem Blockheizkraft­
Neue Gebäude zu errichten oder               technik bezogene Neubau oder                                     werk lässt sich Strom gewinnen,
bestehende Einrichtungen zu                  die 2016 eröffnete Brockensam­                                   und mit der dabei entstehenden
modernisieren, ohne auf die Ener­            mlung. Das Ophir-Gebäude ist                                     Abwärme kann man heizen.«
gieeffizienz zu achten – das ist             seit 2011, nachdem es für die
inzwischen in Bethel undenkbar.              »Archive am Bethelplatz« umge­                                   Hannover im Blick
Ein möglichst geringer Energie­              staltet wurde, ein »Null-Emis­
verbrauch ist bei den Planungen              sions-Haus« mit neutraler CO²-                                   In diesem Jahr ist der Blick des
immer im Blick. In Bielefeld wur­            Bilanz. Für eine bessere Energie­                                EM+-Teams besonders auf die
den zum Beispiel das Kinder- und             effizienz sorgt in der Ortschaft                                 Betheler Einrichtungen in Hanno­
Jugendhospiz und das Senioren­               Bethel inzwischen ebenfalls eine                                 ver gerichtet. Dort wurde 2015
zentrum Breipohls Hof als Passiv­            Vielzahl von Fotovoltaikanlagen                                  im Stadtteil Stöcken das alte
häuser konzipiert. Der damalige              und Blockheizkraftwerken.                                        Friedrich-Wasmuth-Haus durch
NRW-Umweltschutzminister                                                                                      ein modernes Gebäude ersetzt.
Johannes Remmel eröffnete den                Veraltete Heizanlagen durch                                      Die neue Pflegeeinrichtung von
Breipohls Hof 2013 persönlich.               Blockheizkraftwerke zu ersetzen                                  Bethel im Norden wird mit Bio­
Hier sei das neue Bauen, das die             sei zurzeit ein Schwerpunkt im                                   gas versorgt. »Das ist zwar teurer,
Energiewende benötige, vorbild­              Rahmen des Betheler Energie­-                                    aber dafür wird das Friedrich-
lich umgesetzt worden, lobte er.             ma­nagements (EM+), informiert                                   Wasmuth-Haus als sogenanntes
                                             Reinhard Röse, Leiter der Stabs­                                 KfW-40-Haus von der Kreditan­
Energetisch auf modernstem                   stelle Immobilienmanagement.                                     stalt für Wiederaufbau gefördert.
Stand sind in der Ortschaft Bethel           Das System wurde 2016 einge­                                     Das gleicht die höheren Kosten
auch der 2015 von der Gebäude­               führt. Nach und nach werden                                      wieder aus«, so Reinhard Röse.

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