Journal - Lebensgemeinschaft Eichhof
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November 2017 · Ausgabe Nr. 49 J o ur na l Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunktthema: Weitere Themen: Wettlauf gegen den Zahn der Zeit Musik Themenreihen: z Zukunftsplanung zum Lebensende: „Was ich will“ z Was machen die Gärtner / Landwirte eigentlich im Winter Auf der Eichhof-Bühne im April 2018 „Die dumme Augustine“ Ein besonderes Theater-Zirkus-Projekt
Menschen Handwerk Lebensfreude Inhaltsverzeichnis Grußwort von Georg Rothmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Handwerk Menschen Licht in der Dunkelheit – Die Lichtkrippe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Themenreihe: Gremien z Zukunftsplanung zum Lebensende: „Was ich will!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Berufsbildungsbereich auf Tour . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Naturbetrachtungen Schwerpunkt „Musik“ Das Leben der Flechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Jubiläumskonzert des Eichhof-Orchesters .. . . . . . . . . . . . 6 Themenreihe: Werkstattbereich z Was machen die Gärtner / Landwirte Stella und ihre Trompete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 eigentlich im Winter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Die Musik und ich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Ein Gespräch über gemeinsames Musizieren .. . . . . . . . . 10 Menschen Der Eichhof-Chor Musik macht Stimmung hörbar Wettlauf gegen den Zahn der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 und lässt die Seele mitschwingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 „Das Schlucken sicherer und besser begleiten“ Musik in Haus 8 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Fortbildung zum Thema „Schluckstörung“ . . . . . . . . . . . . 38 Eichhof-Band probt für „Die dumme Augustine“ . . . . . . 14 Musik! Dir wohnt ein Zauber inne … . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Lebensfreude Musik wird hier als schön empfunden … auch, wenn sie mit Geräusch verbunden! . . . . . . . . . . . 18 Jubiläen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Lebensgemeinschaft Eichhof – Zirkus auf dem Eichhof .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Ein wundervoller KulturPartner in unserer Region .. . . . 20 Disco auf dem Eichhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Sportfreunde Eichhof spielten Kontrahenten schwindelig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Wolke Sieben schien greifbar nah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Die Cajón – Ein Musikinstrument als Werkstattprojekt . . . . . . . . . . . . 26 Impressum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Die Eichhof-Karnevalstanzgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Menschen Handwerk Lebensfreude Grußwort von Georg Rothmann „Musik liegt in der Luft …“ Damit ist nicht die ZDF Fernsehsendung mit Dieter Thomas Heck gemeint, die in den 90ern eine sehr beliebte Samstagsabendsendung war. Wer in den letzten Monaten über den Eichhof spazierte, konnte sehr unterschiedliche Musik hören. Meist handelte es sich um verschiedene Radiosender. Wer der Quelle auf den Grund gehen wollte, stieß bei Haus 8 auf die verschiedenen Handwerker die ihre Arbeit mit Musik angenehmer machten. Der regelmäßige Beobachter stellte fest, dass jede Gruppe von Handwerkern sehr unterschiedliche Radios dabei hatte. Alle hatten eins gemeinsam. Sie sind sehr leistungsstark und der aktuell gespielte Radiosender gab einen Hinweis auf das Alter der Aktiven. Diese permanente Beschallung brachte die Redaktion des Eichhof-Journals auf die Idee, die Musik zum Schwerpunkt dieser Ausgabe zu machen. Neben der oben beschrieben passiven Form der Musik macht den Eichhof unter anderem seine Vielfalt unterschiedlicher Musikangebote und Musiker aus. Musik begleitet uns ein Leben lang. Sie bringt unterschiedliche Gefühle in uns hervor und mit einigen Musikstücken verbinden wir ganz besondere Situationen in unserem Leben. Die Emotionen die wir in diesen Situationen hatten lassen sich durch die Musik erneut erleben. Musik verbindet und berührt die Menschen und hat sich, entsprechend eingesetzt, zur eigenen Therapieform entwickelt. Gerade in der Betreuung von Personen mit Demenz ermöglicht sie lange einen Zugang zu diesen Menschen. Im Vergleich zu anderen Teilen des Gehirns bleibt das Langzeit-Musikgedächtnis erstaunlich lange intakt und funktionsfähig. Wie vielfältig die Musik das Leben auf dem Eichhof beeinflusst, können Sie im Schwerpunkt des neuen Eichhof-Journals erleben. Das Orchester feierte in diesem Jahr sein 10-jähriges Bestehen mit einem ganz besonderen Jubiläumskonzert. Noch länger als das Orchester musizieren die Sänger im Chor und die Musiker in den verschiedenen Rhythmusgruppen zusammen. Dann gibt es noch die unterschiedlichsten Momente, in denen Menschen alleine oder mit anderen Musik machen oder sie einfach nur genießen. Das Discoteam berichtet von seiner neuen Zusammensetzung und der Unterstützung einiger Nachbarn. Einen ganz anderen Aspekt von Musik hat die Holz.Manufaktur entwickelt. Dort werden seit einiger Zeit handgefertigte Musikinstrumente gebaut und verkauft. Musik kann aber auch ganz andere Dinge ermöglichen. In diesem Sommer organisierten viele freiwillige Helfer aus der Region ein Konzert auf dem Eichhof. Der Erlös von 13.000 € unterstützt die Arbeit einer Augenklinik in Kamerun / Afrika. Musik spielt auch bei unserem aktuellen Theaterprojekt wieder eine große Rolle. Das Stück „Die dumme Augustine“ von Otfried Preußler wird im am 27. / 28. / 29. April 2018 im Haus der Begegnung aufgeführt. Es handelt sich um das bisher größte Theaterprojekt des Eichhofs. In mehreren inklusiven Gruppen wird über ein Jahr auf diesen Moment hin gearbeitet. Theaterspiel und Zirkusakrobatik werden untermalt von der extra zu diesem Anlass gegründeten Band. Zur Band und der Zirkusgruppe finden Sie in dieser Ausgabe je einen Bericht. Wir würden uns freuen, Sie bei den Aufführungen im April 2018 begrüßen zu können. z Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 3
Menschen Handwerk Lebensfreude Themenreihe: Gremien Zukunftsplanung zum Lebensende: „Was ich will!“ Vortrag des Hospizvereins Bonn Lighthouse im Haus der Begegnung von Michael Ziegert Die Fragen rings um die Themen Sterben und Tod beschäftigen die Menschen auf dem Eichhof. Wie kann man angemessen darüber sprechen, wie kann man die individuellen Wünsche erfragen, dokumentieren und sicherstellen, dass diese auch in der letzten Lebens- phase beachtet werden, Stichwort: Patientenverfügung. Dr. Christiane Ohl und Jürgen Goldmann vom Bonner Hospiz-Verein Lighthouse berichteten in einem Vortrag von ihren Erfahrungen. Es gibt im Leben nicht auf alles ein- sollte) – und zwar unmissverständ- In Zusammenarbeit mit dem Verein deutige Antworten. Eine Binsen- lich. Und natürlich gilt dies auch für Bonn Lighthouse wurde ein konkre- weisheit, sicherlich. Aber lange Zeit Menschen mit Assistenzbedarf. tes Projekt daraus. Herr Vogel und blendeten es viele Menschen aus, Der Impuls, dieses Thema zu vertie- eine Kollegin fanden Unterstützung dass sich diese Weisheit auch auf fen, ging im Jahr 2009 von zwei Mit bei Dr. Christiane Ohl und Jürgen die letzte Lebensphase bezieht, das arbeitern des Heilpädagogischen Goldmann, der Geschäftsführung Sterben. Gerade die in den vergan- Heims in Bonn-Villich aus, einer Ein- des Vereins. genen Jahrzehnten enorm gewach- richtung des Landschaftsverbands Allen war von Beginn an klar, dass man senen medizinischen Möglichkeiten Rheinland. Einer der beiden, Heinz- die Beteiligten an einen Tisch setzen sind dabei irritierend, denn es ist Peter Vogel, schrieb seinerzeit: „In muss. So gab es Workshops mit dem scheinbar möglich, das Leben mit Hil- meinem Berufsalltag zeigt es sich Titel „Zukunftsplanung zum Lebens- fe von Apparaten auf unbestimmte immer dringlicher, dass Selbstbestim- ende: Was ich will!“ aus denen dann Zeit zu verlängern, selbst wenn das mung nicht in der letzten Lebenspha- eine Broschüre in einfacher Sprache Leben längst nicht mehr lebenswert se aufhören darf, sondern in der Zeit entstand, die in Deutschland einzigar- ist. Die Patientenverfügung ist ein von Sterben und Tod besonders wich- tig ist. Mittlerweile gibt es sie in zwei Schriftstück, in dem jeder Mensch tig ist, weil sich sonst andere berufen Versionen, beide in Leichter Sprache, seine Wünsche festlegen kann (und fühlen zu entscheiden, was gut tut.“ eine zusätzlich mit Piktogrammen. Immer mehr Patientenverfügungen Der Deutsche Hospiz- und Palliativ-Verband (DHPV) veröffentlichte am 6. Oktober 2017 die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage: Die Zahl der Menschen, die angeben eine Patientenverfügung verfasst zu haben, ist in den vergangenen fünf Jahren stark angestiegen von 26 % auf 43 %. Weitere 32 % haben schon einmal ernsthaft darüber nachgedacht (2012: 43 %). Dieser Anstieg spiegelt den verstärkten Wunsch der Menschen wieder, sich mit Fragen des Lebensendes und der Vorsorge auseinanderzusetzen. Bereits nach der gesetzlichen Regelung zu Patientenverfügungen im Jahr 2009 und der damit ver- bundenen öffentlichen Diskussion in den Medien, bei Ärzten und in den Kranken- häusern sowie in den Einrichtungen der Hospiz- und Palliativversorgung hatten sich bis 2012 immer mehr Menschen damit befasst, Vorsorge für den gesundheitlichen Bereich treffen zu wollen für den Fall, dass sie sich nicht mehr selbst äußern können. In den vergangenen fünf Jahren – nicht zuletzt im Zuge der „Sterbehilfedebatten“ – hat sich diese Tendenz noch einmal verstärkt. 4 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Themenreihe: Gremien Menschen Handwerk Lebensfreude Natürlich sind Sterben und Tod höchst emotionale Themen, höchst Kasten: Infos zu Patientenverfügung erschreckende Themen. So ist ei- nerseits Behutsamkeit gefragt. An- Eine Patientenverfügung kann höchst individuell gestaltet sein, ähnlich wie bei dererseits soll man nicht denken, einem Testament gibt es viele Möglichkeiten, die eigenen Wünsche und (Wert-) dass dieses Thema im Leben von Vorstellungen zu beschreiben. Bei einer sehr persönlichen Darstellung besteht je- Menschen mit geistiger Behinderung doch die Gefahr, dass die Angehörigen oder die behandelnden Ärzte den jeweiligen nicht vorkommt. Großeltern sterben, Wunsch nicht richtig interpretieren. Die Folgen können gravierend sein. Es gibt zahl- Eltern, andere Angehörige, Freunde – reiche Urteile von Gerichten, die über Patientenverfügungen entscheiden mussten, auch auf dem Eichhof haben wir dies weil die Inhalte nicht präzise genug waren – bis hin zum Bundesgerichtshof. schon mehrfach erlebt. Einen Standard-Text gibt es dennoch nicht. Weithin empfohlen wird von Experten je- So beginnt die Broschüre, die man als doch die Version des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV): Anleitung für Gespräche verstehen http://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Patientenverfuegung.pdf kann, mit der Frage: „Was ich gerne Allgemeine Informationen zur Patientenverfügung finden Sie hier: mag?“ Darin geht es beispielsweise https://de.wikipedia.org/wiki/Patientenverfügung um Alltagsgestaltung (Hobbies, Vor- lieben etc.) oder Bezugspersonen. Über mehrere Abschnitte mit den Ti- darauf zugreifen zu können und im teln „Was mir besonders wichtig ist“ Sinne und Interesse dieses Men- sowie „Hoffnungen und Befürchtun- schen handeln und entscheiden zu gen“ und „Medizinische Erklärun- können. gen“ bis hin zu der Frage „Was für Die Resonanz auf den vielbesuch- mich getan werden soll“ und auch ten Vortrag war enorm. Einige Be- „Meine Beerdigung“. Anhand der sucher berichteten von Erfahrungen Gespräche kann dann gemeinsam aus Gesprächen mit ihren Kindern ein Formular ausgefüllt werden, auf zu diesem Thema. Das Thema löste dass später – wenn tatsächlich das viele Fragen aus, sowohl rechtlicher Lebensende naht – zurückgegriffen Art wie auch die Frage, wie man mit werden kann. der eigenen Befangenheit umgeht. Frau Ohl und Herr Goldmann beton- Die Empfehlung der Fachleute war ten in ihrem Vortrag, dass es nicht da einfach: Zunächst mal mit der in erster Linie um die juristischen eigenen Patientenverfügung anzu- Aspekte geht, auch wenn diese na- fangen, sich mit den eigenen Sor- türlich wichtig sind. Bedeutsamer ist gen auseinander zu setzen. Und sich es, die individuellen Wünsche des dann – auch anhand der bewährten jeweiligen Menschen zu verstehen, Broschüre – sich nach und nach ge- um dann in der konkreten Situation meinsam mit dem eigenen Kind dem Thema anzunähern, was nicht in ei- nem einzelnen Gespräch zu erledi- gen sei. Frau Ohl und Herr Goldmann erhielten langanhaltenden Beifall für ihren Vortrag, dem man die sehr intensive Auseinandersetzung mit dem Thema bis ins Detail anmerkte.z 25 Jahre Bonn Lighthouse e. V. Der Verein „Bonn Lighthouse – Verein für Hospizarbeit e. V.“ (Lighthouse = Leucht- turm) feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Er wurde gegründet in der Hochphase der öffentlichen Diskussion um HIV und Aids. Der Verein unterhält ein ambulantes, hospizlich-palliatives Wohnprojekt mit 16 Apartments. Hier leben Menschen, die an einer schweren, lebensverkürzenden Erkrankung leiden. Bestellung hier: http://bonn-lighthouse.de/bestellung_patientenverfuegung/ Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 5
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Jubiläumskonzert des Eichhof- O rchesters Jeder ist am wichtigsten beim Ringen um Harmonie und Rhythmus oder Orchester ist der Inbegriff dafür, dass sich viele individuelle Menschen mit all ihrem Können in einen großen Zusammenhang stellen und zum Gelingen einer gemeinsamen Idee beitragen, die den Einzelnen dann wiederum be- reichert und seelisch tief berührt. von Eva Jöckel Bereichert wurde beim großen Noten schrei- Jubiläumskonzert des Eichhof- ben.“ Oftmals Orchesters am letzten goldenen jedoch benötigt es viele Wieder- Septembersonntag vor allem das holungen neuer Stücke, eine ge- zahlreich erschienene Pub- konnte Motivation jedes Einzelnen, likum während des freu- Durchhaltevermögen und immer digen Spiels der Musiker wieder viel Humor, um das zu errei- auf heimischer Bühne im chen, was sich dem Zuhörer beim Ju- Haus der Begegnung. biläumskonzert darbot. 26 völlig individuelle Und das war ein gelungenes, vielfäl- Menschen mit ganz unter- tiges und rundes Programm bereits schiedlichen Fähigkeiten bekannter und ganz neuer Stücke gemeinsam auf einer Büh- aus dem klassischen Bereich, das ne: Eine große Herausforde- waren Popsongs und Filmmusik so- rung für Musiker und Dirigent. „Ich wie eine Jazzeinlage. muss sehen, dass ich jedem gerecht Kurzweilig wurde das Programm werde“, so Udo Seehausen, der im auch dadurch, dass Udo Seehausen Laufe der Jahre eine sehr feine Wahr- dem Publikum durch chronologische nehmung für die Bedürfnisse und und pointierte Erzählungen Einblicke Möglichkeiten seiner Musiker entwi- in die 10-jährige Arbeit mit dem Or- ckelt hat und diese immer wieder in chester gab. den Fokus seiner Arbeit nimmt. „Es Zu Recht gab es am Ende des Kon- gibt Menschen, die können wunder- zerts Standing Ovations (stehenden bar auswendig lernen: Sie lernen so Applaus) für die Leistung der Musi- schnell, so schnell kann ich gar nicht ker und des Dirigenten! z 6 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude Stella und ihre Trompete von Stella Oehm und Annette Brittner Ich spiele schon über zehn Jahre auf der Trompete. Im November 2006, als ich auf der Johannes-Schule war, habe ich wieder angefangen mit dem Spielen. Die Trompete kennen gelernt habe ich schon in der Grundschule. Eine Freundin meiner Mutter, die hatte drei Kinder und eine Tochter davon hat Trom- pete gespielt. Sie fragte mich, ob ich es nicht auch lernen wollte. Am Anfang aber kriegst du erstmal sammen mit anderen zu spielen ist nach dem Spielen, wieder ruhig bin. keinen Ton heraus. Da musste ich ein schön; manchmal ist es aber auch Manchmal muss ich mich auch zum halbes Jahr das Horn spielen, bevor gut, alleine zu spielen. Das klingt ein- Üben zwingen, aber wenn ich dann ich Trompete lernte. In der 4. Klasse fach schön! spiele, macht es mir Spaß! habe ich aber dann das Spielen wie- Ich spiele gern die Trompete! Wenn Die Trompete ist mehr als mein der aufgehört, weil ich so viel für die ich sauer bin oder wütend, dann hilft Hobby. Das Spielen ist eher wie eine Schule tun musste. die Trompete mir, dass ich hinterher, Berufung! z Jetzt spiele ich ziemlich viel, fast täg- lich übe ich zu Hause. Und jede Wo- che fahre ich nach Bonn, entweder zum Trompetenunterricht oder zum Posaunenchor. Im Posaunenchor sind wir über 20 Leute und wir tre- ten oft auf. Zum Beispiel beim Ge- meindefest der Friedenskirche oder in Gottesdiensten. Ich spiele alles Mögliche auf der Trompete: Kirchen- musik, Choräle, Martinslieder usw. Ja, das mache ich besonders gerne, auf den Sankt-Martins-Umzügen von Kindern in Bonn mit dem Posau- nenchor zusammen spielen. Außerdem bin ich im Eichhof-Or- chester. Dort spiele ich die Trom- pete, wie Tim und Mert auch. Zu- Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 7
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Die Musik und ich von Lukas Ihde und Trina Schlabs Wie es mit der Musik begann? In der Schulzeit. Mit Gitarre hab ich beim Musik-Unterricht angefangen. Da war die Gitarre auf einen Akkord gestimmt. Das war ganz einfach und lustig. Mit Herrn Seehausen hab ich dann weiter geübt. Ich wollte wissen, wie geht der Akkord, wie geht der und wie der? Das hat mir großen Spaß gemacht. 8 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude hen wir zum See und spielen dort. Dann vergessen wir die Zeit! Was ich auch besonders an Musik finde: Ich kann mit der Musik ver- schiedene Stimmungen einfangen. Wenn ich am Klavier sitze und die Akkorde, die mir in den Sinn kom- men, „reinbretter“, dann klingt es manchmal traurig, manchmal schön und unterhaltsam, manchmal jazzig oder auch lustig. Damit herum zu probieren ist echt toll. Seitdem ich auf dem Eichhof wohne, gehe ich in das Eichhof-Orchester. Vorher war ich im Johannesschulor- chester und im Ehemaligen-Orches- ter. Das Eichhof-Orchester ist cool! Wir machen viele verschiedene Stü- cke dort von Filmmusik bis zu Beet- hoven. Die Musik ist für mich auch immer dabei. Auch wenn ich mal weg bin. In der Ferienwoche im Sommer war ich auf einer Kanu-Tour auf der Lahn. Da sind einige vom BeWo mitgefah- ren. Wir haben eine Nacht an der Lahn übernachtet. Wir haben abends Lagerfeuer gemacht. Ich hab meine Gitarre dabei gehabt. Tim Hirsch- mann hat seine kleine Trompete ausgepackt. Eine Betreuerin hatte noch eine Ukulele dabei. Und dann haben wir zusammen am Lagerfeu- er gespielt. Das war sehr lustig. Wir haben probiert zu singen und haben viel gelacht. Ich möchte gern noch mehr Instru- mente lernen. Es ist immer schön, was Neues zu lernen. Denn ich ma- che einfach gern Musik! z Dann hab ich noch zwölf Jahre Cello sammen zu jammen (spielen). Wir mit Herrn Klemm gespielt. Das Cello haben uns auch Lieder ausgedacht ist das einzige Instrument, bei dem und selbst komponiert. Wir sind oft ich richtigen Unterricht hatte. Den heimlich in der Pause in den Musik- Rest hab ich mir selbst beigebracht: raum zum üben gegangen. Manch- Gitarre, Klavier und Bass. mal kam ich deswegen auch zu spät Trommeln kann ich auch – mit afrika- zum Unterricht. nischen Bongo-Trommeln und Cajón Ich hab gemerkt, es beruhigt mich (das ist so eine Trommel auf der man sehr, wenn ich Musik mache. Wenn sitzt). Ich bin sehr ehrgeizig, wenn es ich schlechte Laune habe, tut es mir um Instrumente lernen geht, und ich gut, Musik zu machen. hab viel geübt. Mit meinen Freunden außerhalb vom Auf der Johannesschule gab es einen Eichhof treffe ich mich auch zum Mu- Mitschüler, der auch Gitarre gespielt sizieren. Vier Gitarren sind wir oder hat. Mit ihm hab ich angefangen, zu- auch mit einer Cajón. Manchmal ge- Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 9
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Ein Gespräch über gemeinsames Musizieren Gitarrenduo Christina Krieger und Klaus Kanonenberg von Klaus Kanonenberg Christina Krieger und Klaus Kanonenberg spielen am Montagmorgen die besser als ich spielen konnten. im „Morgenkreis“ der Werkstatt Gitarre. Denen habe ich dann gut zugehört Beim Morgenkreis treffen sich die meisten Werkstattbeschäftigten zu und auf die Finger geguckt. Ich kann Beginn der Woche im Saal, im „Haus der Begegnung“. Die neue Woche keine Noten lesen. In den ersten Jah- wird begrüßt. Ein Gedicht oder eine Geschichte werden vorgetragen. ren habe ich in Köln in einer Band für Ein Instrumentalstück wird gespielt. Die anstehenden Geburtstage wer- moderne Kirchenmusik gespielt. den vorgelesen. Von wichtigen Ereignissen auf und rund um den Eichhof wird berichtet. Wir singen gemeinsam ein Lied und sprechen den Christina: Ich spiele auch noch Quer- Morgenspruch. Zum Abschluss wünschen wir uns eine guten Tag und flöte, habe erst sehr spät damit an- eine gute Woche. gefangen. Am 1. Mai 2004 bin ich Christina spielt Konzertgitarre. Klaus spielt Westerngitarre. auf den Eichhof gekommen und bin dann in das Orchester sofort „rein- Christina: Ich bin seit sechs Jahren schwarz, da konnte ich immer noch gesprungen“. Wir haben uns erst mal mit dem Gitarrespielen dran. Ich spielen. (lacht) zusammengesetzt und alles auspro- habe aber auch schon Gitarre ge- biert, ob das auch klappt. Und ich spielt, bevor ich auf den Eichhof ge- Klaus: Ich habe mit Gitarre spie- spiele auch noch Klavier. kommen bin. Wahrscheinlich habe len angefangen, da war ich zwölf / ich auch noch Gitarrenunterricht dreizehn Jahre alt. Am Anfang habe Klaus: Du bist ja eine richtige Voll- genommen. Eigentlich habe ich so- ich mit einem Freund zusammen- blutmusikerin. fort Unterricht bekommen. Klas- gespielt, der mir ein paar Akkorde, sische Gitarre hab ich gelernt und Schlagrhythmen und einfache Zupf- Christina: Ja genau! Und Altflöte Zupfen, zwischendurch auch mal techniken gezeigt hat. Die ersten bei- spiele ich auch noch. mit Akkorden aber Schlagen nicht. den Lieder, die ich begleiten konnte Ich habe richtig nach Noten gelernt. waren „Blowing In The Wind“ und Klaus: Hast du auch ein Lieblingsin- Ich konnte schon vorher Noten le- „House Of The Rising Sun“. Da habe strument? sen. Mit viereinhalb habe ich mit der ich auch gelernt mit einem Plektrum Blockflöte angefangen. Da waren zu spielen. Am meisten habe ich aber Christina: Ne, das ist ganz unter- die Noten in Farbe. Und dann sind dadurch gelernt, dass ich viel mit an- schiedlich. Mal so, mal so. sie kopiert worden und waren nur in deren Leuten Gitarre gespielt habe, Klaus: Ich spiele noch etwas Tin Whistle. Das ist eine Metallflöte mit Plastikmundstück. Die hört man oft bei bretonischer oder irischer Folk- Musik. Christina: Ich begleite auch manch- mal den Chor mit der Gitarre. Im Or- chester spiele ich manchmal Gitarre, Alt- und Sopranflöte und Querflöte. Klavier spiele ich da nicht. Bei der Andacht mache ich auch Musik. Klaus: Und wir beide spielen zusam- men im Morgenkreis oder manchmal bei Feiern, z. B. Michaeli. 10 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude Christina: Genau! Das ist zu merken. Wenn Du nicht da bist und ich alleine spiele bin ich et- Klaus: Ich spiele im Moment nicht was aufgeregter. mit anderen Leuten zusammen Mu- sik. Christina: Manchmal komme ich ja hektisch rein, dann habe ich das Ge- Christina: Musikmachen bedeutet fühl erst mal runterzukommen. Da für mich, dass ich viel, viel ruhiger hilft es kurz, die Augen zwischen- bin. Manchmal rege ich mich auf, durch zu zumachen. dann gehe ich an die Musik, an Quer- flöte, egal was ich dann spiele, ran Klaus: Hast du eigentlich Lieblings- und dann ruhig. Ohne das einer im stücke? Hintergrund quatschen tut. Das mit dem Klatschen, na ja … im Guten- Christina: Meine Lieblingsstücke sind Morgen-Kreis. nur die Solostücke beim Orchester, und den anderen kurz sehen. Dann Da kommen dann alle „runter“ und oder wenn wir zusammenspielen: geht das besser. werden ruhig von der Musik, ich „Killing Me Softly“, das mag ich auch Also, was ich gar nicht haben kann, auch. Bei aller Musik werde ich ruhig. gerne. Das spiele ich auch mit meiner wenn ich alleine im Guten-Morgen- Bezugsbetreuerin zusammen. Kreis bin, wenn es hektisch ist und es Klaus: Auch wenn Du Musik hörst? so einen Druck gibt, dass ich anfan- Klaus: Mir gefällt, mit Dir zusammen gen soll. Das mag ich nicht. Ich muss Christina: Ja auch. das Stück kleiner gelber Vogel zu erst mal in mich gehen, dann fange spielen. ich an. Klaus: Das geht mir ähnlich. Wenn Sollen wir den Eichhof-Journal-Le- ich Musik mache, ist das ein guter sern mal erzählen, wie das mit unse- Klaus: Hast Du eigentlich eine Idee Ausgleich, das entspannt mich, dann rem Zusammenspiel so funktioniert? für einen Namen für uns beide? komme ich auch auf andere Gedan- Wir üben ja so gut wie nie zusam- ken. Ich bin dann auch ganz im Hier men. Willst Du das erzählen? Christina: (lacht) Sehr gute Frage! und Jetzt. Da geht es mir ähnlich wie dir. Darüber hinaus bedeutet Musik Christina: Wir machen das ja immer Klaus: Wir sind ja ein Gitarrenduo. auch für mich, das Gefühl, das gera- spontan, welches Lied dann kommt. de da ist, zum Ausdruck zu bringen. Christina: … Keine Idee. Ich drücke mich über Musik aus, wie Klaus: Genau. Es ist ja so, dass ich sich der Maler über sein Bild aus- Dich kurz vorher frage, welches Lied Klaus: Ich auch nicht. (beide lachen) drückt oder der Tänzer über seinen du spielen willst und ob du das mal Tanz. Deswegen improvisiere ich oft anspielen kannst. Dann spielst du so Klaus: Weißt du was, dann spielen beim Musizieren und spiele nicht so drei, vier Takte ganz leise. Dann höre wir weiter ohne Namen, einfach als oft feste Stücke. ich mich ein, welche Tonart das ist. Christina und Klaus, was meinst Du. Am besten gefällt mir C und dann Christina: Bei Konzerten wird ge- improvisiere ich zu deinem Spiel. Christina: Genau! z klatscht. Beim Guten-Morgen-Kreis Weil ich ja keine Noten lesen kann, eigentlich nicht. Das ist der große weiß ich auch vorher nicht genau Unterschied. was ich spielen werde. Für mich ist im Zusammenspiel dann toll, dass Klaus: Bist Du aufgeregt, wenn Du ich das spielen kann, was mir in dem Musik vorspielst? Moment einfällt und das ist z. B. bei Kleiner Gelber Vogel immer ein we- Christina: Beim Guten-Morgen-Kreis nig anders. Es ist nie ganz dasselbe. überhaupt nicht. Beim Orchester schon, wenn ich Solo spiele. Christina: Was machst Du da? Das kriege ich ja gar nicht mit! Ich bin Klaus: Mir geht das so, wenn wir im dann so vertieft in meine Melodie! Morgenkreis zusammen Musik ma- (beide lachen!) chen bin ich nicht so aufgeregt. Du strahlst dann oft eine gewisse Ruhe Christina: Für mich ist noch wichtig, aus, weil Du kein Lampenfieber hast. dass wir zu einander rüber gucken Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 11
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Der Eichhof-Chor Musik macht Stimmung hörbar und lässt die Seele mitschwingen von Judith Winter Eine der Hauptaufgaben der Musik in nach einiger Zeit und sind nur für Stimmung unmittelbar aufnehmen einer sozialtherapeutischen Gemein- den einmaligen Gebrauch geeignet. und mitschwingen. Welche Freude schaft ist das Begleiten durch die Andere Lieder steigen jedes Jahr herrscht, wenn zum Beispiel der ers- Stimmungen eines Jahreskreislaufs. wie von selbst wieder auf, werden te Advent naht und „Wir sagen euch Wie kann die Musik ein Ausdruck gewünscht und herbeigesehnt: Die an den lieben Advent“ zum ersten dieses Gangs durch die Jahreszeiten Advents- und Weihnachtslieder, die Mal erklingt. und Jahresfeste werden? So wie die Karnevalslieder, die Frühlingslieder, Natur sich wandelt vom Frühling zum die Sommer,- Sonnen- und Johanni Sommer, zu Herbst und Winter, so lieder, die Herbst- und Michaeli- wie jede Woche Veränderungen be- Lieder und nicht zu vergessen die obachtet werden können, so bringt Lieder zu St. Martin und Nikolaus. So auch jede Jahreszeit und jedes Fest wenig wie das Festefeiern eine blo- innerhalb des Jahreslaufs eine ande- ße Wiederholung ist, ist dies beim re musikalische Stimmung hervor. Wiederaufgreifen von Liedern der Beim Singen und Üben, im Morgen- Fall. Es ist ein Neuankommen im Jah- kreis und in den Abschlussrunden, reslauf, an dem wir schon letztes und wird sehr schnell klar, welche Lie- vorletztes Jahr angekommen sind. der die Qualität haben, sie jedes Jahr Es ist ein Wiedererkennen auch von immer wieder in einer bestimmten sich selbst, weil die Zeit ja weiter- Jahreszeit, zu einem bestimmten gegangen ist und jeder von uns sich Fest singen zu können. Einige hal- verändert hat. Solche Musik macht ten der Prüfung des wiederholten etwas von der Stimmung eines Fests Singens nicht stand, sie verblassen hörbar und die Seele kann diese 12 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude Häufig versuche ich auf Wunsch den Text zu erklären und musikge- schichtliche Bedeutung und Hinter- gründe zu erläutern, dies hat mich schon häufig die Grenzen meines Allgemeinwissens spüren lassen. Nicht viele der Chorsänger können alleine oder kräftig singen. Es kön- nen aber alle einen Beitrag leisten, indem sie sich freuen und ganz dabei sind beim Zuhören. Gegen Ende wagen wir einen Kanon zu singen, unterstützt durch die zweite Gitarre, gespielt von Christina Krieger. Bevor wir die Chorstunde beenden Der Ablauf der Chorstunde gleicht gelegt. Die Lieder variieren zwischen und zum Abschlussspruch übergehen, sich seit Jahren: Gemeinsam mit ei- bekannten und unbekannten Stücken, gibt es eine kurze Zeit der Stille, in der nigen fleißigen Erstkommern stel- anspruchsvolle und einfache, beweg- die Musik nachklingen kann. le ich einen Stuhlkreis und gestalte te, laute und beruhigende, leise, man- Ich erlebe es immer von neuem, wie manches Mal die Mitte jahreszeitlich. che haben einen Üb-Charakter, man- die Chormitglieder ihren Beitrag ge- Jeder Ankömmling wird mit Namen che können direkt durchgesungen ben, indem sie mit Begeisterung und begrüßt und wahrgenommen, leise werden, manche sind klassisch und innerer Bewegtheit in ein musika- Gitarrenklänge sind schon zu hören, manche zeitgenössisch. lisches Üben einsteigen oder durch lassen zur Ruhe kommen und stim- Nach zwanzig Minuten machen wir ihr engagiertes Zuhören mithelfen, men auf den Beginn ein. Wir warten immer eine kurze Pause und jedes einen gemeinsamen Hörraum zu geduldig bis auch die letzten Zuspät- Mitglied darf einmal die Pausenge- bilden. Gerade die Beteiligung der kommer da sind. Neuigkeiten werden staltung übernehmen, manche mö- Betreuten lehrt mich, das Musikali- ausgetauscht, Befindlichkeiten wahr- gen alleine etwas vorsingen oder sche aus einem einseitigen virtuo- genommen … Nach einigen Gesangs- etwas auf dem Klavier vorspielen, sen Könnertum oder einem passiven übungen werden unterschiedliche manche bringen ein Instrument von Konsumieren heraus in ein lebendi- Lieder gesungen, einige mit Bewe- zu Hause mit, jeder steht einmal kurz ges, soziales Geschehen unter Men- gungsspielen, improvisiert oder fest- im Mittelpunkt. schen hineinzuführen. z Musik in Haus 8 Hi, ich bin Gian-Luca und wohne seit einigen Wochen in Haus 8. In meiner Freizeit spiele ich Schlagzeug und übe jeden Tag. Ganz toll ist es, dass ich mit meinem Freund Lukas, den ich von früher gut kenne, oft gemeinsam Musik machen kann. Besonders viel Spaß macht es, wenn es auch den anderen in Haus 8 gut gefällt. Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 13
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Eichhof-Band probt für „Die dumme Augu von Udo Seehausen Seit Jahren fragen mich Mitglie- Ensemble für Theatermusik zu groß Diese Idee ließ sich zeitlich reali- der des Eichhof-Orchesters immer ist. Die bereits in mehreren Theater- sieren, indem Jan-Philipp Tödte die wieder: „Wann gründen wir eine produktionen bewährte Leiergruppe Leiergruppe übernahm und damit Band?“ Eine konkrete Antwort auf kann jedoch in ihren instrumentalen meinem Stundenplan einen ange- diese Frage bin ich bis Herbst letz- Möglichkeiten dem gesetzten The- messenen Freiraum verschaffte. ten Jahres schon aus Zeitgründen ma „Zirkus“ nicht gerecht werden. Technik und Instrumentarium wa- immer schuldig geblieben. Die Pla- Es musste eine ganz anders besetzte ren zum Teil bereits durch das Eich- nungen des derzeitigen großen, ge- Musikgruppe her; eine Gruppe, die hof Orchester vorhanden, einiges meinschaftlichen Theaterprojekts Sängerinnen und Sänger begleiten, – beispielsweise eine Bassgitarre – „Die dumme Augustine“ stellten die – mal laut, mal leise – Atmosphä- musste angeschafft werden. Die die diesbezüglich nur vagen Über- ren darstellen und die verschiedens- Musiker waren sofort bereit: Lukas legungen schnell in einen neuen ten Zirkusdarbietungen halb impro- an der E-Gitarre, Christina mit akus- Zusammenhang. Grundsätzlich war visatorisch musikalisch untermalen tischer Gitarre, Andreas am Schlag- klar, dass das Eichhof Orchester als kann. Eine Band eben. zeug, Mert mit Saxophon und Tim 14 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude ustine“ mit Trompete. Den E-Bass habe vor- len, in das Theaterprojekt einsteigt. anderen Grup- läufig ich übernommen. Ab Februar (Dass die oben genannten Bandstü- pen des Zir- probten wir an drei Stücken: „Kno- cke seitdem sprichwörtlich auf Eis kus- und The- cking On Heaven‘s Door“ als leicht liegen, hatte keiner erwartet.) Das aterprojekts überschaubarem Klassiker von Bob Integrieren weiterer Musiker und zusammen. Dylan, „Free“ nach dem Vorbild von die Arbeit an den neuen, doch etwas Bis dahin gibt es noch viel vorzube- Lighthouse Family etwas anspruchs- anders gearteten Stücken fordern reiten. Aber vielleicht (entsteht dann voller im Arrangement und „Faded“ viel Zeit. Die Bandmusiker haben wieder Freiraum für das ursprüngli- als Versuch, einen recht aktuellen Hit zurzeit donnerstags nach ihrer täg- che Ziel … vielleicht) kann die Band nachzuspielen. lichen Arbeit in den Werkgruppen irgendwann im Jahr 2018 außer der Allen Beteiligten war klar, dass die Bandprobe und Orchesterprobe. Musik für das Theaterprojekt auch Band nach Ostern zusammen mit Sie sind danach, verständlicherwei- noch etwas anderes zu Gehör brin- anderen Bewohnern, die sich eben- se, rechtschaffen müde. Ab Januar gen … und vielleicht hat die Band falls musikalisch einbringen wol- probt die Band dienstags mit den dann schon einen Namen. z Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 15
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik MUSIK! Dir wohnt ein Zauber inne … Über vitalisierende Klänge und heilsames Musizieren von Jan-Philipp Tödte Gern berichte ich über meine langjährige musikali- sche Arbeit am Eichhof, über die Trommelgruppen, die seit 2002 unter meiner Anleitung stattfinden und auch über die Leiergruppe, die ich Anfang des Jah- res gebeten wurde weiterzuführen, da der wertge- schätzte Kollege Udo Seehausen, der hervorragende Vorarbeit geleistet hat, aus zeitlichen Gründen (Eich- hof-Orchester und seit diesem Jahr die Eichhof-Band) diese nicht mehr weiterführen konnte. Und gern möchte ich über meine Arbeitsweise schreiben, die sich aus Inhalten meiner Zeit als Student der Heilpä- dagogik, langjähriger Erfahrung als Rhythmuspäd- agoge, Trommeltherapeut und Klangarbeiter sowie umfangreichen musikalischen Schaffen als Musiker in zahlreichen Musikprojekten und Gruppen ergibt. Mein eigenes Solo-Konzert-Programm hat den englischen Namen TALKIN‘MUSIC, was übersetzt sowohl „spre- chende Musik“ als auch einladend und auffordernd „Spreche in Musik!“ bedeuten kann. Meist wird Musik als (geordnete) oder Vogelgezwitscher die „totale das mag der Andere womöglich gar Folge von Tönen, (harmonischen) Musik“. Schon vor unserer Geburt nicht gerne hören. Auch Musikinst- Vielklängen und (rhythmischen) sind wir vollkommen von Geräusch rumente gibt es mittlerweile so vie- Mustern verstanden, häufig in Ver- umhüllt, wortwörtlich „in Klang ge- le verschiedene, dass man sie kaum bindung mit (lyrischen und poeti- badet“. Die Welt ist Klang! Mein al- zählen kann, und es werden immer schen) gesprochenen oder gesunge- lerliebster Klang ist Kinderlachen, wieder neue erfunden. Auch ent- nen Texten. Klangfarben verschie- wahrlich Musik in meinen Ohren! stehen täglich neue Kompositionen dener Instrumente spielen dabei oft Ich erlebe und glaube, Musik ist eine und Musikstücke. Das kann ewig so eine wichtige Rolle. Und man kann besondere Art von Sprache. Musik weitergehen, wenn auch manch ein Musik in Noten aufschreiben. gibt es wohl deshalb weltweit in Stück nur drei Minuten dauert, ande- Für mich selber fasse ich den „Mu- vielfältiger Erscheinung, ob tradi- re dafür eine Stunde. sikbegriff“ noch viel weiter, so ist für tionelle Volksmusik, Klassik, Rock- Musik berührt die Sinne und die mich auch Geräusch und vor allem Pop, Jazz, Elektronik, mit und ohne Seele, ermöglicht oft auszudrücken Umweltklänge, Wasserplätschern Gesang. Und was dem Einen gefällt, wofür, nicht nur mir, manchmal Wor- te fehlen. Musik transportiert und erzeugt Gefühle, weckt Erinnerun- gen an eigene Erlebnisse „Hör mal Schatz! Sie spielen „unser“ Lied …“, schafft Verbindung zu sich und (s)ei- nem „höheren Selbst“ und beim Mu- sizieren mit anderen Menschen, ob im Chor, Orchester, Rock-Band oder Trommelgruppe, entsteht ein tiefes Gefühl von Gemeinschaft. Musik kann aber auch irgendwie „oberflächlich“ oder „funktional“ sein, wie uns die moderne Unter- haltungsmusikindustrie (Pop-Musik) bishin zur „Fahrstuhl- und Kaufhaus- musik“ zeigt. 16 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude Diese Form von Musik spricht mich Und dass dann tatsächlich der Eine Notenmaterials und einer Leih-Leier persönlich allerdings nur wenig an, oder Andere das Talent mitbringt zum Ausdruck bringen) wurde be- mir geht es um echtes Erleben, um oder entwickelt, so komplexe Rhyth- reits ein umfangreiches Repertoire Tiefe, um Seele! Diesen Anspruch men wie einen „Clave“ oder auch erarbeitet und jede Teilnehmerin habe ich auch bewusst zu einem einen „Djigbo“ (traditionell aus Gha- hat hier so ihre persönlichen Lieb- Schwerpunkt meiner musikalischen na) spielen zu können, ist eigentlich linglieder, die wir selbstverständ- Tätigkeit gemacht. Das findet sich „nur“ eine der vielen begrüßens- lich weiterhin pflegen und spielen. selbverständlich auch in meiner Ar- werten Begleiterscheinungen; dass Ebenso die traditionellen Lieder. Die beit in der Lebensgemeinschaft Eich- Trommeln insbesondere positive berührendsten und erhebendsten hof wieder. So erklärt es sich, dass Wirkung auf Körpermotorik, Gehirn Momente aber erfahren wir nach wir in den drei Trommelgruppen zwar und Psyche haben kann, ist mittler- meiner Beobachtung stets, wenn überwiegend mit afrikanischen Trom- weile weithin anerkannt. Allerdings wir auf geschriebenes Notenwerk meln (Kpanlogo, Djembe, Bougara- gilt ehrlicherweise auch hier: Nicht verzichten und die Notenmappe bou, Shekere, Glocken, Basstrom- jedes Mittel ist in gleichem Maße für schließen. Dann öffnen wir uns dem meln, Stocktrommeln, Bongos) arbei- jeden gleich gut; so erklärt sich auch Augenblick, schaffen in freiem Spiel ten, wir aber dennoch keine „traditi- die unterschiedliche Zusammenset- einen Moment, bei dem spürbar jede onelle“ afrikanische Musik machen, zung der drei Gruppen, die mit meist Teilnehmerin ganz und gar Wahr- auch wenn es durchaus passiert, sechs bis acht Teilnehmern ideal be- nehmung wird, eine Atmosphäre, dass es manchmal „original“ wie bei setzt und offen für spontane Gastbe- die wirklich echte Musik ist. Musik einer Festivität auf einem afrikani- suche und Neueinsteiger (bitte nach des Herzens! Das hat heilsames Po- schen Dorfplatz klingt. Vielleicht hat Anfrage und Anmeldung) sind. Jede tenzial. Und es bringt den Teilneh- es damit zu tun, daß die „Wiege der der Gruppen hat eine ganz eigene merinnen ein Gefühl echter Freude Menschheit“ in Afrika vermutet wird? Dynamik, eine eigene Seele. und Erfolg. Und wenn dann doch Dabei spielen wir doch meist „nur“ Abschluss unserer oftmals feurigen ein bekanntes Lied auswendig oder uns selbst. Und das ist gut so und Trommelsessions ist eigentlich im- sollte ich doch besser sagen inwen- genau richtig, so kann sich jeder Teil- mer das sinnliche Musizieren mit der dig gespielt wird, zeigt sich Musik als nehmer mit den ihm verliehenen Be- Kalimba, einem „Daumenklavier“ Teil der Persönlichkeit, das ist dann gabungen an selbstgewähltem Platz aus Afrika. weit mehr als „nur“ Töne und Noten. innerhalb des Trommel-Ensembles Dieses einfache Instrument hat ei- Dann zeigt sich auch hier wieder der mit seinem Instrument voll und ganz nen lieblichen Klang, der uns zurück so oft besungene „Götterfunken“. zum Ausdruck bringen. Das ist au- in die Stille führt und zum freien Spiel Wahrlich: Musik! Dir wohnt ein Zau- thentisch! Das ist echt! Das hat leben- einlädt, gerne im Dialog. ber inne … dige Dynamik! Das ist Polyrhythmik Ähnlich kreativ offen und prozesso- pur! Und meistens der totale Groove. rientiert arbeite ich mit den Teilneh- Und wie der kleine Prinz schon sag- Und wenn sich dann wieder „dieser merinnen der Leiergruppe. In den te: „Man sieht nur mit dem Herzen gewisse Ausdruck“ in den Gesich- Jahren der Vorarbeit durch Udo See- gut …“, so gilt das wohl meines Er- tern der Teilnehmer zeigt, weiß ich, hausen (an dieser Stelle möchte ich achtens nach auch für das Hören. dass alle glücklich und zufrieden gerne meinen persönlichen Dank für Ohren alleine reichen nicht. Und für sind. Ziel erreicht. Was kann man seine freundliche und kollegiale Un- das Musizieren gilt wohl ganz be- mehr wollen? terstützung durch Bereitstellen des stimmt das Gleiche. z Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 17
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Musik wird hier als schön empfunden … auch, wenn sie mit Geräusch verbunden! von Julia Röhrig Ganz anders als in der Geschichte von Wilhelm Busch ist Musik in Haus 10 ein freudiger Teil des täglichen Lebens. Alle mögen sie und jeder lebt sie auf seine eigene Weise. Johannes läutet seinen Feierabend Johannes: „Ich tanze immer so, mit Musik und Tanz in seinem Zim- wie ich mich fühle: Fröhlich und mer ein. glücklich und überhaupt … Wenn ich traurig bin höre ich keine Mu- Julia: „Johannes, was macht Musik sik.“ zu deiner großen Leidenschaft?“ Julia: „Vielen Dank, Johannes!“ Johannes: „Also, ich tanze zu Mu- sik in meinem Zimmer.“ Im Zimmer gegenüber übt Bastian Julia: „Zu welcher Musik tanzt Du Johannes Schlagzeugspielen zu Celin Dion, aller- denn gerne?“ dings nur zu abgesprochenen Zeiten, Johannes: „Ich höre gerne alles, denn leise ist das Schlagzeug wahrlich von Ballermann-Hits bis irische nicht. Bastian übt täglich, denn sein Volksmusik. Aber nicht so gerne großer Traum ist es, mit einer Band Klassik, lieber etwas volkstüm- groß rauszukommen: „Eine Bühne mit licher … Ich kaufe CDs manchmal Musik machen … Geld einbringen.“ auf dem Trödelmarkt oder beim Alex, der Bastian häufig mit Gesang Linda hört im Auto lieber ihre aller- Saturn in Hennef. Oder in Gum- beim Proben unterstützt, sieht das liebste CD mit Geburtstagsliedern. mersbach kaufe ich mir auch anders: „Ich will nicht in einer Band Fast alle in Haus 10 kennen die manchmal welche. Ich nehme die sein, weil wenn, dann würde ich Lieder wohl mittlerweile in- und CDs die schön aussehen.“ Musik in Kneipen machen und dann auswendig, aber Linda juchzt und Julia: „Hast auch schon Musik er- muss man bei Auftritten immer so klatscht jedes Mal wieder von wischt, die dir nicht gefällt?“ lange wach bleiben.“ Alex träumt neuemvoller Begeisterung in die Johannes: „Nö, die meisten CDs stattdessen davon einmal auf ein Hände. die ich ausgesucht habe gefallen Konzert seines großen Vorbilds Jus- Aber nicht nur Geburtstagslieder mir. Aber nur wenn ich zu den Lie- tin Bieber zu gehen. Bis es soweit ist sind hoch im Kurs in Haus 10. Katha- dern tanzen kann. Sonst nicht.“ übt er die schwierigen englischen rina kennt Lieder für jede Gelegen- Julia: „Was fühlst Du, wenn Du zu Texte in seinem Zimmer – ab und zu heit und jede Jahreszeit, auch wenn Musik tanzt?“ auch mal im Auto. manchmal die Weihnachts lieder Bastian Alex 18 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude David Constantin schon mitten im Sommer ange- seiner täglichen Aufgaben im Haus- neuestens Ballermann-Hits, Kölsche stimmt werden oder man zu Ostern halt. Eine besonders große Freude Karnevalslieder oder die Lieder von schon die Sankt Martins-Lieder aus kann man ihm machen, wenn man Queen – Denis kennt und performt ihrem Zimmer dröhnen hört. „Die Katze tanzt auf einem Bein“ mit sie alle für sein Leben gern. Es tut Nebenan lauscht David ruhigerer ihm trällert. einem fast leid ihn zu später Stunde Musik: Er liebt klassische Musik und Auch Bianca hört Lieder mit deut- von seiner ganz eigenen Bühne zu sucht sich regelmäßig sehr bestimmt schen Texten: „Den kann ich besser holen, weil Schlafenszeit ist und sei- und zielsicher CD’s im Geschäft und verstehen als die Englischen. Aber ne Zimmernachbarn ihre Nachtruhe auf Flohmärkten aus. Über Blicke Coldplay höre ich auch gerne. Ich einfordern. zeigt er den Betreuern welche CD es habe eine DVD von einem Konzert. Auch den Betreuern klingeln nach gerade sein soll. Die schaue ich oft in meinem Zimmer einem Tag voller bunter, vielfältiger David hört Musik am liebsten nach- an und singe mit.“ und lauter Musik die Ohren, aber mittags in seinem Zimmer, Janina Denis hört sich Musik nicht nur an, wenn man dann abends vor Haus 10 hingegen singt mit Vorliebe unter er lebt sie richtig. Regelmäßig erlebt in sein Auto steigt, dann ist alles ru- der Dusche oder rasselt tempera- man eine reife Bühnenshow wenn hig und nur noch das hölzerne Wind- mentvoll mit ihren Maracas. Cons- man abends bei voll aufgedreh- spiel im Baum klingt zum leisen Ab- tantin singt oft bei der Erledigung ter Musik die Zimmertür öffnet: Die schied. z Janina Denis Bianca Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 19
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Musik Lebensgemeinschaft Eichhof – Ein wundervoller KulturPartner in unserer Region von Christina Ottersbach, Bürgerverein Ruppichteroth Am Anfang stand eine Idee, die es zu realisieren fast unmöglich erschien: Ein Benefizkonzert zugunsten der Manna Eye Clinic in Nkongsamba / Kamerun zu organisieren, in der der Waldbröler Augenarzt Dr. Hans-Jürgen Schnell zweimal im Jahr seinen „Arbeitsurlaub“ verbringt. Dort operiert er ehrenamtlich die Ärmsten der Armen, Kinder und Erwachsene, die ohne seine selbstlose Hilfe das Augenlicht verlieren würden. ter Rat war teuer – oder eigentlich auch nicht! Denn von vielen unter- schiedlichen Veranstaltungen, seien es Theateraufführungen, seien es Konzerte, ist der Konzertsaal der Le- bensgemeinschaft Eichhof bekannt als eine sehr gute Adresse. Rasch wurde der Kontakt zum Geschäfts- führer Georg Rothmann geknüpft und das große Anliegen geschildert. Pia Lux, eine Patientin, die am schnell mit im Boot und von der gu- Auch hier sprang der Funke über und Opernhaus Zürich arbeitet, entzün- ten Sache angetan. Auch der Bürger- umgehend gab es „grünes Licht“ für dete den ersten Funken: Drei Tenöre verein Ruppichteroth e. V. mit ihrer die – wie es sich im Laufe der Planun- des Opernhauses Zürich nebst Pia- Vorsitzenden Karin Steimel und dem gen und zuletzt der Durchführung nist sollten überzeugt werden, für Kulturbeauftragten Markus Neuber herausstellen sollte – phantastische diese gute Sache ein Konzert hier in fingen Feuer und Flamme und waren Kooperation. unserer Heimat zu singen. Ohne Sa- bereit, mit Logistik und Men-/Wo- Als Stammgast der unterschied- lär, versteht sich, da jeder Cent, der men-Power das Unternehmen „Be- lichsten Veranstaltungen kannte ich eingenommen werden würde, in das nefizkonzert“ unter dem Dach des den Konzertsaal. Und immer wieder Projekt in Kamerun fließen sollte. Bürgervereins durchzuführen. war und bin ich gerne hier. Das Ge- „Tenorsfirst“ (Richard Rost, Chris- Doch welchen Ort kann man Musi- fühl entschleunigt und geerdet zu topher Hux und Stefan Fiehn) nebst kern anbieten, die auf den großen werden in dieser heimeligen Atmo- dem Pianisten Loris Perego waren Bühnen der Welt zuhause sind? Gu- sphäre, nicht größer, schöner, toller, schneller (wie es üblich in der heu- tigen Zeit), sondern einfach ankom- men, von fremden Menschen be- grüßt zu werden mit einem „Hallo“ und „Was machst Du denn hier“, DAS war es und DAS sollte der würdige Rahmen für unser tolles und unver- gessliches Konzert werden. Nicht umsonst hat man den Namen „Haus der Begegnung“ gewählt. Hier trifft man nicht einfach aufeinander, hier begegnet man sich. Menschen aller Generationen, aller Nationen – Men- schen halt, wie DU und ICH. Wir fanden vor, was wir brauchten: Hilfsbereitschaft und Unterstützung 20 Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017
Schwerpunkt: Musik Menschen Handwerk Lebensfreude (durch das Team vom Eichhof mit Ge- Oper, Film- und Schlagermusik, Klas- org Rothmann, Andreas Pilz, Guido sik, Operette und Musical-Melodien Göbel, dem Klavierhaus Klawun und zum mitgehen, Erinnerungen erwe- viele viele Bewohner, die einfach cken, lachen und träumen bewiesen mit anpackten) an erster Stelle, eine die Vielfältigkeit von Tenorsfirst, de- professionelle Licht- und Tonanlage, ren Stimmgewalt und Stimmvariatio- zwei Flügel, eine Künstlerkabine, nen in der oberen Skala anzusiedeln eine tolle Akustik, ein Entree, wel- sind. ches dazu einlud einen Film über die Begleitet von Loris Perego am Flügel, Arbeit vor Ort in Kamerun zu zeigen, der auch an der Mailänder Scala zu- einen wundervollen Vorplatz (auf hause ist, entführten die drei Tenö- dem wir Würstchen grillen und Ge- re vom Opernhaus Zürich das Publi- tausend Euro – hierfür zogen wieder tränke anbieten konnten, Sonnen- kum in die große Welt der Musik. Va einmal viele an einem Strang, um markisen, Pavillons, Sitzgelegenhei- pensiero von Giuseppe Verdi aus der dies bald realisieren zu können. ten) und alles, was das Herz begehr- Oper Nabucco gehörte ebenso zum DANKE … te. Für die gute Sache, erblindenden Repertoire, wie „Ganz ohne Wei- Zuhause haben sich Gäste und Kindern, Jugendlichen und Erwach- ber“ aus „Die Csárdásfürstin“, „Ein Künstler und auch wir – die Veran- senen im fernen Afrika zu helfen, Freund, ein guter Freund“ von Wer- stalter und Organisatoren – im Haus war das die beste Basis, die man sich ner Richard Heymann oder „Mein der Begegnung gefühlt. Für uns alle wünschen konnte. kleiner grüner Kaktus“ (Rolf Marbot/ war es ein unvergesslicher Konzert- Bert Reisfeld), das an die Comedian abend. Der 3. Juli 2017: Harmonists der 20er Jahre des letz- Ein herzliches Dankeschön an die Stehende Ovationen: ten Jahrtausends erinnerte. Künstler und Pia Lux, an die Lebens- Tenorsfirst eroberten Wer „stief-staatse“ Sänger erwar- gemeinschaft Eichhof, an alle Mitar- den Konzertsaal tet hatte, lag auch hier daneben. Mit beiter, Bewohner und Unterstützer Hohe Gesangskunst, gepaart mit Co- Charme und Witz gepaart mit pub- die geholfen haben, dieses große medy und Show präsentierten „Te- likumsnaher Show und der Eleganz Projekt zu stemmen. norsfirst“ bei dem Benefizkonzert. der Opernhäuser dieser Welt erober- Nicht zu vergessen auch ein Danke- Es war ein Sommerabend der be- ten sie die Herzen des Publikums – schön im Namen aller Hilfesuchen- sonderen Art. Die Sonne schien, das vom Junior bis zum Greise – im Sturm: den im fernen Kamerun an Dr. Hans- Haus war ausverkauft, Menschen Das dankten die Zuhörer natürlich Jürgen Schnell, der selbstlos hilft, wo strömten aus der gesamten Region mit stehenden Ovationen und dem große Not herrscht. In Kamerun gibt ins „Haus der Begegnung“. großen Wunsch nach Zugaben. es kein medizinisches Versorgungs- Hatten die Zuhörer zunächst viel- Das dies alles noch für den guten system wie in Deutschland. Mittello- leicht nur schwere musikalische Kost Zweck geschah, war ein weiteres se Menschen haben hier keine Chan- von den drei Tenören erwartet, so Bonbon. Insgesamt kamen knapp ce operiert zu werden und erblinden, überzeugten alle drei durch musika- 13.000 Euro durch Eintrittskarten, wenn es die Manna Eye Clinic in lische Leichtigkeit, temperamentvoll Verzehr und Spenden zusammen. Nkongsamba nicht gäbe und Ärzte wechselndes Timbre, ausgezeichne- Angeschafft werden muss ein neues wie Dr. Schnell. te Beweglichkeit und Koloratur. Operationsgerät von mehreren zig- IMMER WIEDER GERNE BIN ICH HIERz Eichhof-Journal · Nr. 49 · November 2017 21
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