OTTENSTEIN 2025 Dorfinnenentwicklungskonzept für Ottenstein - Stadt Ahaus
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OTTENSTEIN 2025 Dorfinnenentwicklungskonzept für Ottenstein Ottenstein, im Dezember 2017 1 Teilweise gefördert aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER): Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete im Rahmen des „NRW-Programms Ländlicher Raum 2014-2020“
Ottenstein 2025 IMPRESSUM Das vorliegende Konzept wurde erstellt im Auftrag der Stadt Ahaus Die Bürgermeisterin Rathausplatz 1 48683 Ahaus Erarbeitet durch planinvent – Büro für räumliche Planung Dr. Frank Bröckling, Milena Galle, Timo Jäckel Alter Steinweg 22-24 48143 Münster Die Erstellung des Dorfinnenentwicklungskonzeptes wurde betreut durch die Stadt Ahaus. Ansprechpartner ist Herr Georg Beckmann. Zahlreiche Fotos und Materialien für die Erstellung dieses DIEKs wurden von den Bürgerinnen und Bürgern aus Ottenstein zur Verfügung gestellt. Dafür herzlichen Dank! Soweit möglich, sind Quellhinweise an den entsprechenden Stellen ver- merkt worden. Nutzungs- und Urheberrechte Der Auftraggeber kann das vorliegende Konzept innerhalb und außerhalb seiner Organisation verwenden und verbrei- ten, wobei stets auf die angemessene Nennung von planinvent als Urheber zu achten ist. Eine – vor allem gewerbliche – Nutzung darüber hinaus ist nicht gestattet. Dieses Konzept fällt unter § 2, Abs. 2 sowie §31, Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Die Weitergabe, Vervielfältigungen und Ähnliches durch andere als den Auftraggeber, auch auszugsweise, sind nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung des Verfassers gestattet. Sämtliche Rechte, vor allem Nutzungs- und Urheberrechte, z.B. für Fotos, Abbildungen und Logos, verbleiben bei planinvent, Münster, bzw. bei den genannten Urhebern. © Stadt Ahaus/planinvent 2017 Teilweise gefördert aus Mitteln des Europäischen Landwirtschafts- fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER): Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete im Rahmen des „NRW-Programms Ländlicher Raum 2014-2020“ II
VORWORT Im Jahr 2009 wurde erstmals ein Dorfentwicklungskonzept 2025 für Ottenstein präsentiert. Bereits bei den Vorberei- tungen Ende 2008 zeigte sich, wie engagiert die Ottensteiner Bevölkerung an den Ideen, Zielvorstellungen und Projekt- vorschlägen für ihre Dorfentwicklung mitarbeitete. Von den seinerzeitigen Vorschlägen sind mittlerweile einige Projekte erfolgreich umgesetzt worden. Das Dorfentwicklungskonzept bildete die Grundlage, um Fördermittel für die Projek- tumsetzung beantragen zu können. In der Förderperiode 2014-2020 wurde nun das Dorfinnenentwicklungskonzept (DIEK) neu eingeführt. Das integrierte Dorfinnenentwicklungskonzept soll Ortsteile als informelles Planungs- und Steuerungsinstrument bei der Zukunftsge- staltung unterstützen. Ziel ist dabei, die gewachsenen Strukturen und charakteristischen Eigenarten eines Dorfes lang- fristig zu sichern und eine möglichst nachhaltige Entwicklung anzustreben. Gleichzeitig soll durch eine intensive Innen- entwicklung eine optimierte Nutzung innerörtlicher Freiflächen erreicht werden, um so Flächenressourcen am Ortsrand stärker zu schützen. Dabei soll das Konzept möglichst in unterschiedliche Bereiche wirken sowie langfristig, dynamisch und partnerschaftlich angelegt sein. Aufbauend auf das bestehende Dorfentwicklungskonzept Ottenstein 2025 aus dem Jahr 2009 hat die Verwaltung seit September 2017 gemeinsam mit dem Büro Planinvent aus Münster und der Ottensteiner Bevölkerung ein neues Dor- finnenentwicklungskonzept erarbeitet. Dabei wurde ein deutlich höheres Gewicht auf die Aspekte Klimaschutz, Energie und Innenentwicklung gelegt. Der neue Konzeptentwurf wurde der Ottensteiner Bevölkerung am 14. November 2017 in der Gaststätte Räckers vorgestellt und erläutert. Dabei wurden die Kernhandlungsfelder, Strategien und Ziele bis zum Jahr 2025 neu festgelegt. Auch wurden hierbei bereits spezifische Projekte angesprochen. In seiner Sitzung am 13. Dezember 2017 hat der Rat der Stadt Ahaus das Dorfinnenentwicklungskonzept Ottenstein 2025 zustimmend zur Kenntnis genommen. Die eigentliche Projektarbeit beginnt jetzt. Auch in Zukunft soll der angestoßene Prozess weitergeführt werden. So können neue Projektideen und Vorstellungen auch künftig eingebracht werden. Das Interesse und die Weiterentwicklung an und in Ihrem Ortsteil ist sehr groß. Für das hohe Engagement und die bisher geleistete intensive Arbeit gilt allen Ottensteiner Bürgerinnen und Bürgern unser allerherzlichster Dank! Karola Voß Karl-Heinz Terbrack Bürgermeisterin Stadt Ahaus Ortsvorsteher Ottenstein III
INHALTSVERZEICHNIS IMPRESSUM ............................................................................................................................................................... II VORWORT ................................................................................................................................................................ III OTTENSTEIN IN BILDERN ...........................................................................................................................................IV INHALTSVERZEICHNIS ............................................................................................................................................... V 1. DIEK – GRUNDLAGEN UND ABLAUF .............................................................................................................. 1 1.1 Allgemeine Grundlagen der Dorfentwicklung ............................................................................................... 1 1.2 Das Dorfinnenentwicklungskonzept für Ottenstein ....................................................................................... 4 2. AUSGANGSLAGE UND RAHMENBEDINGUNGEN ............................................................................................ 6 2.1 Das Dorf Ottenstein: Lage und Struktur ........................................................................................................ 6 2.2 Geschichtliche Grundlagen .......................................................................................................................... 7 2.3 Planungsvorgaben und Raumordnung ......................................................................................................... 8 Vorgaben auf Bundes- und Landesebene ............................................................................................. 8 Vorgaben auf regionaler Ebene ........................................................................................................... 9 Vorgaben auf lokaler Ebene ...............................................................................................................10 2.4 Demographie ..............................................................................................................................................12 Gegenwärtige demographische Situation und demographische Entwicklung ......................................12 Bevölkerungsbewegung .....................................................................................................................13 Bevölkerungsprognosen .....................................................................................................................14 2.5 Siedlungsgenese, Ortsbild und Dorfinnenentwicklung .................................................................................17 2.5.1 Siedlungsgenese ................................................................................................................................17 2.5.2 Siedlungserschließung ........................................................................................................................19 2.5.3 Heutiges Ortsbild ...............................................................................................................................19 Siedlungsstruktur und Baualtersklassen ..............................................................................................20 Innenentwicklungspotenzial ...............................................................................................................21 2.6 Umwelt und Natur ......................................................................................................................................25 2.6.1 Naturraum ........................................................................................................................................25 2.6.2 Schutzgebiete ....................................................................................................................................25 2.6.3 Kulturlandschaft.................................................................................................................................26 2.7 Klimaschutz und Energie .............................................................................................................................27 2.7.1 Energiebilanz und Regenerative Energien ...........................................................................................28 2.8 Wirtschaftsstruktur und Grundversorgung...................................................................................................28 Unternehmensstruktur und -entwicklung ...........................................................................................29 Einzelhandels- und Versorgungsstruktur .............................................................................................29 Arbeitsmarkt und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte .................................................................29 Land- und Forstwirtschaft ...................................................................................................................31 2.9 Mobilität.....................................................................................................................................................32 2.9.1 Verkehrsinfrastruktur .........................................................................................................................32 2.9.2 Breitbandversorgung ..........................................................................................................................34 2.10 Soziale Infrastruktur ................................................................................................................................34 2.11 Tourismus, Freizeit und Kultur .................................................................................................................35 2.11.1 Fremdenverkehr und Tourismus ......................................................................................................35 V
Ottenstein 2025 2.11.2 Sehenswürdigkeiten und Kultur ..................................................................................................... 35 2.11.3 Freizeitgestaltung und Vereinsleben ............................................................................................... 36 2.11.4 Rad- und Wandertourismus ........................................................................................................... 37 3. STÄRKEN-SCHWÄCHEN-ANALYSE MIT CHANCEN UND RISIKEN .................................................................. 39 3.1 Handlungsfeld „Ortsbild, Siedlung, Wirtschaft und Mobilität“ .................................................................... 39 3.2 Handlungsfeld „Tourismus, Freizeit, Kultur und Umwelt“ ........................................................................... 41 4. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE FÜR OTTENSTEIN............................................................................................... 43 4.1 Entwicklungsziele in den Handlungsfeldern ................................................................................................ 43 4.2 Leitmotive für Ottenstein 2025 ................................................................................................................... 44 5. PROJEKTE IM DIEK OTTENSTEIN ................................................................................................................... 46 5.1 Projektkriterien........................................................................................................................................... 46 5.2 Die Projektprofile ....................................................................................................................................... 47 5.3 Die Projekte im DIEK Ottenstein 2025......................................................................................................... 48 Fortgeschrittene Projektansätze ......................................................................................................... 49 Weitere Projektideen ......................................................................................................................... 65 5.4 Ortsübergreifende Ansätze ......................................................................................................................... 66 5.5 Zusammenfassende Empfehlung ................................................................................................................ 67 5.6 Zeitplan ..................................................................................................................................................... 68 6. VERSTETIGUNG DER DORFENTWICKLUNGSPROZESSE .................................................................................. 69 6.1 Empfehlungen zur Verstetigung ................................................................................................................. 69 6.2 Handlungsempfehlungen: So geht es weiter ............................................................................................... 70 6.3 Ansprechpartner im künftigen DIEK-Prozess ............................................................................................... 71 7. LITERATUR ................................................................................................................................................... 72 8. ANHÄNGE ................................................................................................................................................... 75 VI
1. DIEK – GRUNDLAGEN UND ABLAUF 1.1 Allgemeine Grundlagen der Dorfentwicklung Dorferneuerung und Dorfentwicklung als Maßnahmen der ländlichen Entwicklung werden bereits seit 1982 durch das Land Nordrhein-Westfalen, seit 1984 im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ sowie seit 1990 auch durch die Europäische Union gefördert. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte lässt sich ablesen, dass sowohl Dorferneuerung als auch Dorfentwicklung deutliche positive Auswirkungen auf die Einkommens- und Beschäftigungssituation in den Dörfern haben. Eine Stärkung der lokalen Wirtschaft war in beinahe allen Fällen ebenso die Folge wie eine Verbesserung der Wohnstandort- qualität und der lokalen Verkehrsverhältnisse. Dorfentwicklungs- maßnahmen tragen somit nachweislich zur Stärkung eigenständi- ger lokaler und regionaler Entwicklungsprozesse bei. Mit dem in der Förderperiode 2014-2020 neu eingeführten Dorfin- nenentwicklungskonzept (DIEK) wird die bisherige Herange- hensweise an die Ortsentwicklung im ländlichen Raum in Form von Dorfentwicklungskonzepten (DEKs) in leicht modifizierter Weise fortgeführt. Der Begriff Dorfinnenentwicklung vereint die oben ge- nannten Aspekte. Er ist klar abgegrenzt von der (baulichen) Außen- entwicklung eines Dorfes und hat zum Ziel, die Dörfer, insbesondere die Dorfkerne, lebenswerter zu gestalten. Dies beinhaltet neben den klassischen Ansätzen der Dorferneuerung auch die Umsetzung neuer, aus dem demographischen Wandel heraus notwendig ge- Abb. 1: Eigenschaften des DIEK (planinvent 2016) wordenen Ideen, um lebenswerte Wohnräume im Dorfinneren zu erhalten bzw. zu schaffen. Das integrierte Dorfinnenentwicklungskonzept als informelles Planungs- und Steuerungsinstrument der Dorfent- wicklung in Nordrhein-Westfalen unterstützt Dörfer bei der Gestaltung ihrer Zukunft. Es ist themenübergreifend und definiert Ziele und Maßnahmen zur Sicherung und Stärkung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen im Dorfkern. Ziel ist es, eine positive Entwicklung des Ortskerns zu erreichen, das dörfliche Profil zu schärfen und den Standort in seiner Wohn-, Arbeits- und Freizeitfunktion zu stärken. Folgende grundlegende Eigenschaften dienen zur Beschreibung eines Integrierten Dorfinnenentwicklungskonzeptes (DIEK) (vgl. Abb. 1): • Ein DIEK beschäftigt sich mit mehreren verschiedenen den Ort betreffenden Themen, anstatt sich nur auf ein einzelnes Thema zu konzentrieren (sektorübergreifend). • Es handelt sich um ein von allen örtlichen Akteuren gemeinsam entwickeltes und getragenes Konzept (partner- schaftlich). • Ein Entwicklungskonzept ist nicht statisch, sondern kann und soll auch nach seiner Erstellung noch erweitert, ergänzt und an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst werden (dynamisch). • Ein DIEK ist langfristig angelegt, in diesem Falle bis zum Jahr 2025. 1
Ottenstein 2025 Das Dorfinnenentwicklungskonzept als Startpunkt und Leitfaden der Dorfentwicklungs- maßnahmen Ein Dorfinnenentwicklungskonzept stellt dabei im Ergebnis eine umfassende Gesamtplanung für einen Ort dar. Diese Möglichkeit der informellen Planung wird vor allem in ländlich geprägten Räumen als Steuerungsinstrument für zukünftige Entwicklungen gewählt. Ziel ist es, die gewachsenen Strukturen und charakteristische Eigenarten eines Dor- fes langfristig zu erhalten und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung anzustreben. Hierfür zeigen Dorfinnenent- wicklungskonzepte mögliche Wege und Projekte auf. Dabei ist das erarbeitete Konzept keine statische Momentauf- nahme, sondern kann seine langfristige Wirkung nur durch Fortschreibungen und Anpassungen an sich zukünftig ver- ändernde Rahmenbedingungen entfalten. Das Dorfinnenentwicklungskonzept muss als Vorarbeit eines mehrjährigen Gesamtprozesses betrachtet werden (vgl. Abb. 2). Auf der Basis des 2009 erarbeiteten Dorfentwicklungskonzeptes mit der anschließenden ersten Umsetzungs- phase (Phase 1) entsteht das theoretische Fundament als Neuausrichtung bzw. Schärfung des Konzeptes für Ottenstein (Phase 2), danach beginnt die Umsetzungsphase der bis dahin erarbeiteten Projekte. Abb. 2: Die Phasen der perspektivischen Dorfentwicklung für Otteinstein 2025 (planinvent 2017) Projektansätze, die ihren Weg in den Bericht gefunden haben, die aber über ein erstes Ideenstadium bis zur Berichtfer- tigstellung möglicherweise nicht hinausgekommen sind, werden in Phase 2 zur Umsetzungsreife gebracht. Durch Fort- schreibung kommen zudem im Laufe des Prozesses neue und notwendige Projektansätze hinzu, deren Ausarbeitung und Umsetzung ebenfalls in diese Phase fällt. Ein stimmiges Gesamtbild und eine schlüssige Zielerreichung (Phase 3), die auf den Grundlagen des vorliegenden Konzeptes aufbaut, sollten bis zum Ende des Perspektivzeitraums, also im Jahr 2025, erreicht worden sein. Auch wenn die Konzepterstellung von Seiten der Bezirksregierung Münster unterstützt wird, handelt es sich um kein formalrechtliches Planungsinstrument. Dorfinnenentwicklungskonzepte tragen jedoch wichtige strategische Inhalte zur Flächennutzungsplanung und zur abge- stimmten Entwicklung der Stadt Ahaus bei, zu der jede Ortslage entlang ihrer Potenziale einen wichtigen Beitrag leistet. Gleichzeitig greifen die Konzepte die Zielaussagen der LEADER-Region „Kulturlandschaft Ahaus- Heek-Legden“ auf und tragen so zur Umset- zung und Weiterentwicklung der regionalen Gesamtstrategie bei. Mit der Erstellung eines Dorfinnenentwick- lungskonzeptes bietet sich die Möglichkeit zur fachübergreifenden, individuell auf die je- weiligen Ortslagen von Ahaus bezogenen Be- trachtung aller relevanten Aufgabenfelder. Die Grundlagenermittlung entlang der Abb. 3: Thematische Bausteine eines DIEK (planinvent 2016) Themenfelder Demographie, Siedlungsent- wicklung inkl. Innenentwicklung, Wirtschaftsentwicklung, Verkehr, Tourismus, Freizeit, Kultur, Ortsgestalt/Ortsbild, Klima sowie Umwelt und Natur stellt einen ersten Schritt bei der Konzeptentwicklung dar (vgl. Abb. 3). Die dort gesam- melten Erkenntnisse wurden in eine Stärken-Schwächen-Analyse (vgl. Kap. 3) überführt. Daraufhin erfolgte dann die Projektentwicklung sowie die Entwicklung der Gesamtstrategie für das DIEK Ottenstein 2025. 2
Wesentliches Element der Dorfentwicklung ist der inte- grierte und partizipative Ansatz. Ziel dieser informel- len Konzepte ist es, Leitbilder, Strategien und Handlungs- ansätze für eine nachhaltige Entwicklung der Ortslagen in der Zukunft zu formulieren. Dabei sind die lokalen Ak- teure unverzichtbar: Die Einbindung der Ottensteiner Bür- gerinnen und Bürger einerseits, von Politik, Verwaltung und öffentlichen Interessenträgern andererseits ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Verantwortungsgemein- schaft. Nur so kann den Herausforderungen an die künf- tige Dorfentwicklung begegnet werden. Abb. 4: Kernhandlungsfelder im DIEK Ottenstein (planinvent 2017) Die Gesamtstrategie für die künftige Dorfentwicklung in Ottenstein besteht aus zahlreichen thematischen Bausteinen (vgl. Abb. 3), die in ihrer Summe und wechselseitigen Abstimmung und Ergänzung zu einem integrierten und nachhaltig angelegten Ergebnis führen. Für die Ableitung von Leitbildern wurden im Prozessverlauf Ansätze innerhalb von zwei thematischen Handlungsfeldern entwickelt, die au- ßerdem von übergeordneten, z.T. allgemein gültigen Themen ergänzt wurden; dazu gehören in erster Linie die Aspekte Demographie, Dorfökologie und der nachhaltigen Siedlungsentwicklung/Innenentwicklung. Die zwei Kernhandlungsfelder, auf die man sich für das DIEK Ottenstein 2025 einigte, sind (s. Abb. 4): • Ortsbild, Siedlung, Wirtschaft und Mobilität • Tourismus, Freizeit, Kultur und Umwelt Im DEK Ottenstein beschloss man drei Handlungsfelder festzulegen. Da dem Aspekt der Landwirtschaft damals noch mehr Bedeutung zuzumessen war, als dies heute der Fall ist, wurde dieser in der Überarbeitung des DEK zum DIEK in den Aspekt Wirtschaft integriert. Das Thema Wirtschaft ist im DIEK nun Teil des ersten Handlungsfeldes geworden. Ebenso wurde dieses Handlungsfeld um den Aspekt der Mobilität ergänzt. Im Zuge von E-Mobilität, dem Vorschreiten des demographischen Wandels werden künftig neue Mobilitätsformen gefragt sein, die es in der Aktualisierung des DEK zum DIEK zu berücksichtigen gilt. Innenentwicklung als Baustein des DIEK Eine Besonderheit bei Dorfinnenentwicklungskonzepten ist die Einbeziehung des Themenkomplexes der Innenent- wicklung, einem Begriff, der aus dem Städtebau stammt. Ziel der Innenentwicklung ist es, innerorts vorhandene Frei- flächen zu nutzen und so die Neuausweisung von Gebieten am Ortsrand zu vermeiden. So werden ökologisch wichtige Freiflächen an den Ortsrändern geschützt und gleichzeitig das Zustandekommen von Folgekosten für die Kommunen verhindert. Die Stadt Ahaus hat dieses Problem erkannt und möchte die Chance nutzen, im Rahmen der Erstellung des DIEK Ottenstein auch Aspekte der Dorfinnenentwicklung mit zu berücksichtigen. Durch die Erweiterung des DEK zu einem DIEK sollen so die Weichen für die Zukunft gestellt werden. 3
Ottenstein 2025 1.2 Das Dorfinnenentwicklungskonzept für Ottenstein Der Erstellungsprozess des Dorfinnenentwicklungskonzeptes für Ottenstein erfolgte in enger Abstimmung mit den ört- lichen Akteuren, der Verwaltung sowie der Bezirksregierung. Da es sich im Falle Ottensteins um eine Weiterentwick- lung eines DEK zu einem DIEK handelt, konnte auf bereits bestehende Grundlagen zurückgegriffen werden, die es zu überarbeiten galt. Abstimmung mit bereits vorhandenen oder anderen Planungen, Konzepten oder Strate- gien im Gebiet Zunächst wurden in einem Gespräch mit der Stadt Ahaus bereits vorhandene Planungen, Konzepte oder Strategien gesichtet und, wo es aufgrund der Themenstellung oder der Aktualität der Informationen entsprechende Relevanz gab, diese in die hier vorliegenden Planungen mit einbezogen. Parallellaufende Verfahren oder anstehende Vorhaben, soweit sie Ottenstein betreffen und für die Erarbeitung des DIEK von Bedeutung sind, wurden berücksichtigt. Strategiebesprechung Am 28. September 2017 fand in kleiner Runde eine Strategiebesprechung zum DIEK Ottenstein im Haus Hoppe in Ottenstein statt, zu der die wichtigsten Vertreter der örtlichen Vereine sowie Verantwortliche aus Politik und Stadtver- waltung eingeladen waren. Die Teilnehmer wurden über das Vorgehen im nun „neuen“ Instrument in der Dorfent- wicklung, dem DIEK, informiert. Welche Anforderungen bestehen seitens der Bezirksregierung an das DIEK und welche Aktualisierungen muss das DEK erfahren, damit es diesen entspricht? Des Weiteren wurde über die anstehenden Schritte und den Zeitverlauf des Dorfinnenentwicklungskonzeptes infor- miert. Neben den Erläuterungen zum allgemeinen Vorgehen, wurden auch die inhaltlichen Aspekte des DIEK themati- siert. Die Bestandsanalyse aus dem DEK bedurfte einer generellen Aktualisierung. Die statistischen Grundlagendaten für die Überarbeitung des DEK, insbesondere im Bereich der demographischen Entwicklung, wurden vom Kreis Borken bzw. der Stadt Ahaus bereitgestellt. Des Weiteren ging es darum, sich den für das DEK für die Ortslage Ottenstein formulierten Entwicklungszielen und Handlungsstrategien noch einmal anzunehmen und diese bei Bedarf anzupassen. Auch der Sachstand der im DEK-Prozess entstandenen Projekte wurde in dieser Runde abgefragt. Gibt es Projekte aus dem DEK, die in das DIEK übernommen werden sollen? Sind die damals benannten Projektpaten dieser Projekte noch zu und gibt es zusätzlich neue Projekte, die im DIEK-Prozess umgesetzt werden sollen? Neue Projekte wurden in Form von Projektskizzen in das DIEK eingepflegt. DIEK-Forum Im DIEK-Forum, welches am 14. November 2017 in Ottenstein in der Gaststätte Räckers in stattfand, wurden der Öffentlichkeit die Ergebnisse des ersten Arbeitsprozesses zum DIEK Ottenstein präsentiert (s. Abb. 5 u. 6). Hier galt es die Inhalte, die bereits in der Strategiebesprechung in kleinerer Runde thematisiert worden waren, in einer offenen Runde al- len anwesenden Bürgerinnen und Bürgern des Ortes zu präsentieren und auch zu diskutieren. Neben den Kernhandlungsfeldern des DIEK, wurden die Strategien in den einzelnen Handlungsfeldern sowie die all- gemein formulierten Ziele des DIEK-Prozesses vorgestellt, entlang derer die Entwicklung von Ottenstein bis 2025 erfolgen soll. Abb. 5: Impressionen vom DIEK-Forum Ottenstein (planinvent 2017) Abschließend wurden auch in dieser Veranstaltung die bis dahin aktuel- len Projekte für das DIEK vorgestellt und erfragt, ob es noch weitere Projektideen aus der Bewohnerschaft des Ortes gibt oder Anwesende die Patenschaft für bereits bestehende Projekt übernehmen wollen. Von allen Beteiligten wurde betont, dass diese Veranstaltung keines- wegs der Abschluss der Dorfentwicklung ist, sondern dass es von nun an entscheidend auf die Initiative der Dorfbewohner selber ankommt, um die Entwicklungsziele bis 2025 auch zu erreichen. Den Bürgerinnen und Bürgern wurden dafür an diesem Abend Hinweise und Ratschläge mit auf den Weg gegeben, wie sie auf eine erfolgreiche Verstetigung des Prozesses hinwirken können. Abb. 6: Impressionen vom DIEK-Forum Ottenstein (planinvent 2017) 4
Durch diese Veranstaltung, welche gut besucht war, konnten die Akzeptanz des DIEK-Prozesses in der Bevölkerung erhöht und weitere Mitstreiter für den Prozess gewonnen werden. Ziel dieser Veranstaltung war es, am Ende zu einer Einigung bzgl. der sich im DIEK befindlichen Projekte sowie der Ziele und der Strategie für Ottenstein zu kommen. Anschließend wurde das DIEK Ottenstein dem Rat der Stadt Ahaus zum Beschluss vorgelegt. Nutzen für Ottenstein Das Dorfinnenentwicklungskonzept hat die verschiedenartigen Vorstellungen, wie Ottenstein im Jahr 2025 aussehen soll, zusammengeführt und akzentuiert. Durch die Möglichkeit, sich als Ottensteiner Bürgerin oder Bürger direkt an der Entwicklung dieser Leitmotive zu beteiligen und eigene Projektideen in diesen Prozess einzubringen, war die Konzep- terstellung ein offener und transparenter Prozess. Gerade die Zusammenarbeit mit Vereinen, Verwaltung und Politik hat Wege eröffnet, individuelle Vorstellungen und Ideen einzubringen und die stärker institutionalisierten Gruppen in Ottenstein mit eigenen Ansätzen zu bereichern. Das Dorfinnenentwicklungskonzept hat somit auch eine hohe integra- tive Wirkung für Ottenstein, denn es ist ein Konzept von Ottensteinern für Ottensteiner, eine Möglichkeit zur Gestaltung des eigenen Lebensmittelpunktes und der eigenen Zukunft. Mit dem Dorfinnenentwicklungskonzept wurde die Chance ergriffen, allgemein erfasste gesellschaftliche Trends auf Ottenstein herunter zu brechen und sich über mögliche Folgewirkungen und Handlungsoptionen klar zu werden. Ins- besondere die Auswirkungen des demographischen Wandels standen dabei im Vordergrund. Durch die frühzeitige Ansprache der Situation und das Aufzeigen möglicher Handlungsspielräume und Projektansätze ist die Basis für einen erfolgreichen Umgang mit den anstehenden Herausforderungen gelegt. Das Aufzeigen künftiger Entwicklungen und der damit verbundenen Chancen und Risiken verschafft Ottenstein einen Informationsvorsprung im Vergleich zu Dörfern ohne ein entsprechendes Konzept. Entscheidend für die Zukunft wird es sein, mit welchem Nachdruck die entwickelten Projekte umgesetzt werden und welche neuen Ideen jetzt zu denen aus dem DEK hinzukommen. Über den Erfolg entscheidet maßgeblich die Initiative der Bürgerinnen und Bürger in Ottenstein. 5
Ottenstein 2025 2. AUSGANGSLAGE UND RAHMENBEDINGUNGEN Um die Ziele der zukünftigen Dorfentwicklung in Ottenstein erarbeiten und Strategien für den Umgang mit aktuellen und künftigen Herausforderungen entwickeln zu können, ist es wichtig zu erfahren, wo Ottenstein heute steht. Das „Gestern“ und „Heute“ des Ortes zu kennen ist wichtig, um das „Morgen“ so gestalten zu können, dass die Identität und der Charakter des Dorfes erhalten bleiben. Hierzu wurden die Daten aus dem DEK aktualisiert und um aktuelle Themenfelder, wie beispielsweise Energie und Klimaschutz ergänzt. Die ortsspezifischen Rahmenbedingungen werden in den folgenden Kapiteln dargestellt. 2.1 Das Dorf Ottenstein: Lage und Struktur Ottenstein bildet zusammen mit den Ortslagen Alstätte, Wüllen, Wessum, Graes und Ahaus das Stadtgebiet. Die Stadt Ahaus liegt im westlichen Münsterland (s. Abb. 7). Administrativ ist sie kreisangehörige Kommune des Kreises Borken im Regierungsbezirk Münster. Zum 31. Dezember 2016 zählte die Ortslage Ottenstein 3.910 Einwohner, das sind 9,9 % der zur Stadt Ahaus zählenden Bevölkerung (STADT AHAUS o.J.) (s. Tab. 1). In der Stadt Ahaus liegt Ottenstein, das 1292 erstmals urkundlich erwähnt wurde, im Westen, ca. 8 km vom Stadtkern Ahaus entfernt. Ottenstein ist nicht mit dem Siedlungsbereich der Kernstadt verbunden, sondern bil- det einen eigenständigen Siedlungskörper. Der Orts- kern von Ottenstein wird durch die zugehörigen Bauer- schaften Feldmark und Hörsteloe ergänzt. Bis zur nie- derländischen Großstadt Enschede beträgt die Entfer- nung nur ca. 20 km. Das Gebiet der Stadt Ahaus umfasst insgesamt 15.124 ha. Davon entfallen 18,11 % auf Siedlungs- und Ver- kehrsfläche und 81,89 % auf Freiflächen (vgl. Tab. 2). Die anteilige Flächennutzung unterstreicht den ländli- chen Charakter der Stadt Ahaus und somit auch von Ottenstein. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Stadt Ahaus mit etwa 65 % Flächenanteil über verhältnismä- ßig viel Landwirtschaftsfläche verfügt, vor allem im Ver- gleich zum Landeswert (ca. 48 %), bei dem dafür z.B. Abb. 7: Die Gemarkung der Stadt Ahaus und ihre Ortslagen der Anteil der versiegelten Flächenanteile deutlich hö- (planinvent 2008) her ausfällt. Tab. 1: Katasterfläche, Einwohnerzahl (nur Hauptwohnsitz) und Bevölkerungsdichte in Ahaus und seinen Ortsteilen zum 31.12.2016 (Stadt Ahaus, aufbereitet durch planinvent 2016) Katasterfläche km² in % Einwohner abs. in % Dichte (Einw./km²) abs. Ahaus 16,665 10,9 Ahaus 18.752 47,2 Ahaus 1.125,2 Alstätte 34,966 23,3 Alstätte 5.015 12,6 Alstätte 143,4 Wessum 45,526 30,2 Wessum 4.674 11,9 Wessum 102,7 Ottenstein und Ottenstein 12,262 8,2 5.629 14,3 Ottenstein und Graes 459,1 Graes und Graes Wüllen 41,821 27,4 Wüllen 5.560 14,0 Wüllen 132,9 Ahaus ges. 151,240 100 Ahaus ges. 39.716 100 Ahaus ges. 262,6 6
Regional ist Ottenstein der Münsterländer Parklandschaft zu zuordnen. Die Besonderheiten dieser Kulturlandschaft ent- stehen durch ein Zusammenspiel von Wallhecken, Ackerlandschaften, Weiden sowie kleineren Waldflächen. In der näheren Umgebung von Ottenstein ergänzt eine hohe Zahl von Hochmooren das attraktive Landschaftsbild des West- münsterlandes. Ringförmig um Ottenstein befinden sich in etwa 15 bis 25 km Entfernung die Städte Gronau (nördlich), Vreden (süd- westlich) sowie auf niederländischer Seite Enschede (nördlich) und Haaksbergen. Ottenstein ist Teil des EUREGIO-Ge- bietes. Der grenznahe Raum ist wirtschaftlich und kulturell durch Bezüge zu den Niederlanden geprägt. Der Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen mittelzentraler Art vorhaltenden Stadt Ahaus (nach Regionalplan Bezirksregierung Münster, Teilabschnitt „Münsterland“), ist Ottenstein bezüglich der Versorgung als Ortsteilzentrum untergeordnet. Tab. 2: Katasterfläche der Stadt Ahaus nach Nutzungsarten am 31.12.15 (IT.NRW o.J., aufbereitet durch planinvent 2016) Größe (in ha) Anteil (in %) Fläche insgesamt 15.124,27 100,00 davon Siedlungs- und Verkehrsfläche 2.738,93 18,11 davon Gebäude- und Freifläche 1.597,63 10,56 davon Betriebsfläche (ohne Abbauland) 56,92 0,38 davon Erholungsfläche, Friedhofsfläche 177,99 1,09 davon Verkehrsfläche 906,39 5,99 davon Freifläche 12.385,34 81,89 davon Landwirtschaftsfläche 9.842,13 65,08 davon Waldfläche 2.202,51 14,56 davon Wasserfläche 293,67 1,94 davon Flächen anderer Nutzung 47,03 0,31 2.2 Geschichtliche Grundlagen Ottenstein wurde im Jahr 1292 erstmals im Zusam- menhang mit einer Kapelle erwähnt. Zwischen 1318 und 1319 wurde durch Otto, Sohn des Edel- herrn von Ahaus, in dem bis dahin noch unwegsa- men Gelände eine Burg aus Stein erbaut. Die Er- schließung dieser Burg erfolgte aufgrund des sumpfigen Geländes über einen von Süden kom- menden Weg, an dem die Bürger später siedelten. Der Name Ottenstein leitet sich von dem Namen der Burg und dem Erbauer ab. In der Zeit zwischen 1316 und 1325 herrschte Otto über Ottenstein. Im Anschluss fiel der Ort unter die Führung des Hoch- stifts von Münster im Status des Lehen, der poli- tisch-ökonomischen Gesellschaftsordnung des Mit- telalters. 1408 erfolgt die Eingliederung in das Amt Ahaus und später in das Gericht Ahaus. Während dieser Zeit wuchs Ottenstein zu einer verhältnismä- ßig großen Stadt mit 300 Einwohnern heran. Städte dieser Größenordnung hießen in dieser Zeit Abb. 8: Lage von Ottenstein in der Region (planinvent 2009) Wiegbold. 1754 stürzt durch einen Sturm ein Teil der Burg ein und wird nicht wieder aufgebaut. Das Steinmaterial der Burg wird jedoch für die Vergrößerung der örtlichen Kirche verwandt (Rottering o.J.). 1754 stürzt durch einen Sturm ein Teil der Burg ein und wird nicht wieder aufgebaut. Das Steinmaterial der Burg wird jedoch für die Vergrößerung der örtlichen Kirche verwandt (Rottering o.J.). 7
Ottenstein 2025 1754 stürzt durch einen Sturm ein Teil der Burg ein und wird nicht wieder aufgebaut. Das Steinmaterial der Burg wird jedoch für die Vergrößerung der örtlichen Kirche verwandt (Rottering o.J.). Nach einer kurzen Periode unter französischer Herrschaft gelangt Otten- stein wieder in deutsche Hände und wird zwischen 1813 und 1974 zu- nächst als Bürgermeisterei und später als Gemeinde geführt. Im Zuge der kommunalen Neugliederung wird Ottenstein 1975 wieder ein Ortsteil von Ahaus. Abb. 9: Der Status Ottensteins im Wandel der Zeit (PRIES 2008) 2.3 Planungsvorgaben und Raumordnung Dorfentwicklungsplanung gehört prinzipiell zu den sogenannten informellen Planungsinstrumenten - sie ist also nicht rechtlich bindend und kann daher in ihrer Ausgestaltung gewisse Freiheiten genießen. Dies erlaubt den Dörfern größt- möglichen Spielraum bei der individuellen Ausgestaltung ihrer Zukunftsplanung. Und doch müssen Planungen zur Dorf- entwicklung gewisse verbindliche Rahmengebungen durch übergeordnete Instanzen und Ebenen berücksichtigen. Im Folgenden wird daher kurz auf die wesentlichen formalrechtlichen Planungsvorgaben eingegangen. Vorgaben auf Bundes- und Landesebene Die ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen werden in ihrer Struktur und Entwicklung von Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung, einer wachsenden Bedeutung des international eingebundenen wirtschaftlichen Mit- telstandes sowie einem Struktur- und Funktionswandel in der Landwirtschaft beeinflusst. Maßgebliche Triebkraft ist dabei die EU-Struktur- und Agrarpolitik. Kommunale Flächen stehen unter immer höherem Nutzungsdruck: Ansprüche für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen konkurrieren mit Naturschutzinteressen, landwirtschaftlichen Produktionser- fordernissen zur Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung sowie zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit und im- mer stärker werdenden Flächenansprüchen für die Produktion nachwachsender Rohstoffe und die Erzeugung Regene- rativer Energie. Die Förderung der ländlichen Entwicklung ist Teil der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Zent- rales Förderinstrument der EU im Rahmen der GAP ist der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). In der Förderperiode 2007-2013 bestand der ELER erstmalig. Mit dem ELER werden vorrangig folgende Ziele verfolgt: • Die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, • die Gewährleistung der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und Klimaschutz und • die Erreichung einer ausgeglichenen räumlichen Entwicklung – der ländlichen Wirtschaft und der ländlichen Ge- meinschaften Die Umsetzung dieser Ziele erfolgt in NRW über das Programm Ländlicher Raum. In der aktuellen Förderperiode 2014- 2020 ist die strategische Ausrichtung des Programms an übergeordneten Zielen der EU deutlich gestärkt worden. Zu den Kernzielen gehören hier u.a. die Ressourcenschonung, die Bewahrung und Entwicklung von Artenreichtum, eine der Demographie angepasste ländliche Daseinsvorsorge und Regionalentwicklung und die Verwirklichung europäischer Umwelt- und Klimaziele (MKULNV 2016). Insgesamt formuliert das Land elf Kernziele in seinem Programm. Einen Schwerpunkt in der aktuellen Förderperiode bildet die Förderung lokaler und regionaler Vorhaben für die Lebensqualität in den ländlichen Kommunen, wie die Dorferneuerung oder auch den Breitbandausbau. 8
In der Dorfentwicklung, die vor allem im Bereich der Sied- lungserweiterung und Innenentwicklung mit der Thematik des Flächenverbrauchs in Berührung kommt, sollte die Flächenin- anspruchnahme nachhaltig gestaltet werden. Das MKULNV stellt im NRW-Programm „Ländlicher Raum“ die Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Bausubstanz als eine Möglichkeit zur Reduzierung der Flächenneuinanspruch- nahme heraus und zählt diese zu den innerhalb der Dorfer- neuerung prioritär zu fördernden Maßnahmen (MKULNV 2016). In Nordrhein-Westfalen werden zurzeit pro Tag etwa 10 ha an zuvor landwirtschaftlich genutzter oder naturbelassener Flä- che in Siedlungs- oder Verkehrsfläche umgewandelt (NABU NRW 2016). Auch wenn die absolut in Anspruch genommene Fläche langsam weniger wird, erhöht sich die Siedlungs- und Abb. 10: Ausschnitt aus dem aktuellen Landesentwicklungsplan-Ent- Verkehrsfläche je Einwohner immer weiter, da die Bevölke- wurf vom 22.09.2015 (Staatskanzlei des Landes NRW 2016) rung tendenziell zurückgeht. Hieraus lässt sich auch im Hin- blick auf die oben genannten Leitziele ein dringender Hand- lungsbedarf ableiten. Auch unter Zugrundelegung des neuen Landesentwicklungsplans NRW gehört die Reduzierung des Flächenverbrauchs zu den vordringlichen Planungsaufgaben der Kommunen (Landesregierung NRW o.J.). Das Raum- ordnungsgesetz betont ebenfalls ausdrücklich den Vorrang von Innenentwicklung, Nachverdichtung und Siedlungskon- zentration, um bestehende Potenziale im Bestand besser zu nutzen und eine weitere Zersiedelung einzuschränken. Grundsätzlich ist bei der Flächenpolitik die Integration von ökonomisch-, ökologisch- und sozialverträglichen Aspekten zu beachten. Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung sind im Landesentwicklungsplan (LEP) für Nordrhein-Westfalen kon- zentriert. Mit Hilfe eines einheitlichen LEPs will die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass soziale und wirtschaftliche Anforderungen mit der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlage und der dauerhaften umweltgerechten Entwicklung NRWs gewährleistet werden. Der Plan stellt Raumkategorien und -funktionen, Strukturmerkmale des Siedlungsgefüges sowie Entwicklungsperspektiven dar. Für den Bereich von Ottenstein gibt es wenig Festlegungen im fortgeschriebenen LEP NRW, der seit 2015 gültig ist (vgl. Abb. 10). Auf Ahauser Stadtgebiet werden lediglich Siedlungsflächen (orange), besonders schützenswerte Naturberei- che (grün) westlich von Ottenstein, Gebiete für den Schutz von Wasser (blau gepunktet) sowie Überschwemmungsbe- reiche nah Ottenstein differenziert. Der Rest der Fläche wird als Freifläche dargestellt (gelb). Vorgaben auf regionaler Ebene Die regionalen Planungsträger der Kommunen sind angehalten, die landesplanerische Rahmensetzung in eigener Ver- antwortung mit eigenen Zielen oder Planungen auszufüllen. Dies geschieht in der Regel über Regional- und Landschafts- pläne. Maßnahmen und Projekte müssen den Anforderungen dieser Pläne entsprechen. Für Ottenstein gilt der Regionalplan der Bezirksregierung Münster, Teilabschnitt Westmünsterland, Blatt 2 (vgl. Abb. 11). Als Ortsteil des Mittelzentrums Ahaus ist Ottenstein im Regionalplan als überwiegend ländlich geprägtes Gebiet darge- stellt. Im Zuge der Einhaltung der Ziele der Raumordnung, welche in Regionalplänen für die Region verankert sind, müssen Maßnahmen und Projekte diesen Anforderungen entsprechen. Dort ist Ottenstein als allgemeiner Siedlungsbe- reich dargestellt, umgeben von allgemeinem Freiraum- und Agrarbereich. Nördlich schließen sich an den allgemeinen Siedlungsbereich zwei Gewerbegebiete an. Süd-östlich von Ottenstein ziehen sich Überschwemmungsbereiche sowie Bereiche zum Schutz der Natur entlang der Ahauser Aa. Flächen zum Schutz der Landschaft und der landschaftsorien- tierten Erholung umgeben die Ortslage. 9
Ottenstein 2025 In Landschaftsplänen sind die inhaltlichen und räumlichen Ziele des Naturschutzes für einen bestimmen Raum nieder- gelegt. Hieraus leiten sich konkrete Maßnahmen für den Freiraumschutz ab. Der Landschaftsplan „Alstätter Venn, Am- meloer Sandebene“ ist 2004 in seiner zweiten Fassung rechtskräftig geworden. Das Gebiet umfasst 60 km² und deckt damit 4,2 % der Kreisfläche ab. Ein Landschaftsplan „Ahaus“ ist im Oktober 2015 aufgestellt worden (Kreis Borken a 2015 ). Im Zuge der zukünftigen, vor allem flächenmä- ßigen Entwicklung ist es geboten, die Belange des Landschaftsplanes zu berücksichtigen. Darüber hinaus gilt es, die Lage von Naturschutz- und Wasserschutzgebieten zu beachten. In diesen Berei- chen gilt es natürliche Landschaftselemente zu sichern. Das europäische Biotopverbundsystem Natura 2000 sollte unterstützt werden. Strukturwandel und regionaler Wettbewerb stellen die Land- und Forstwirtschaft vor neue Aufgaben, der de- mografische Wandel bringt neue Herausforderungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Daseinsfür- sorge mit sich, und der Steuerung der Flächennutzung bei gleichzeitiger Erhaltung ländlicher Kulturlandschaf- ten kommt eine immer höhere Bedeutung zu. Wohn- Abb. 11: Ausschnitt aus dem aktuellen Regionalplan, Teilabschnitt Münsterland, Blatt 2 (Bezirksregierung Münster 2014) standortbildung an den Ortsrändern, eine zuneh- mende Verkehrsbelastung, neue Herausforderungen an die Siedlungsentwicklung in Folge des Klimawandels sowie neue energetische Anforderungen an Gebäude erweitern das Feld der gleichzeitig auf die Dörfer einwirkenden Herausforderungen. Mit Hilfe integrierter Entwicklungskonzepte wie dem DIEK können innovative Lösungen und Strategien für das Dorf und für seine Bewohner aufgezeigt werden. Vorgaben auf lokaler Ebene Die Bevölkerungsentwicklung bringt Aufga- ben für jede einzelne Kommune mit sich. Schwerpunkte liegen in der Anpassung der so- zialen Infrastruktur sowie bei der allgemeinen Beachtung von barrierefreien Gestaltungsre- geln. Im Rahmen der allgemeinen Daseinsfür- sorge gilt es, die Siedlungsstrukturen vor allem im Ortsinnenbereich zu stärken. Zu den zuvor genannten Gesichtspunkten, die für die zukünftige Entwicklung von Ottenstein wichtig sind, kommen zusätzlich im Rahmen der formalrechtlichen Planung Aspekte und Planwerke hinzu, die zu beachten sind. Bei der strategischen Ausrichtung der bauli- chen Entwicklung für Ottenstein und vor allem in Bezug auf die daraus hervorgehenden Maß- nahmen und Projekte gilt es außerdem, die Vorgaben auf kommunaler Ebene zu berück- Abb. 12: Flächennutzungsplan Ortsteil Ahaus-Ottenstein vom 09.09.2013 sichtigen bzw. diese vorausschauend mit ein- (Stadt Ahaus 2013) zubeziehen. Die Bauleitplanung der Stadt Ah- aus, die in ihrer rechtsverbindlichen Form aus dem Flächennutzungsplan (FNP) und den Bebauungsplänen besteht, ist hier ausschlaggebend. Festsetzungen, die es in diesen Dokumenten gibt, haben ggf. Einfluss auf die Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Zukunft von Ottenstein, bzw. können für die Umsetzung der Ziele genutzt werden. 10
Ziel der Bauleitplanung ist es, die bauliche Nutzung von Grundstücken in Ahaus vorzubereiten und zu leiten. Dazu legt sie die stadtplanerischen Ziele in Form eines Flächen- nutzungsplanes fest. Darin werden die Nutzungen für das gesamte Stadtgebiet geplant und festgeschrieben. Auf Grundlage dieser vorbereitenden Planung und ggf. weite- rer Nutzungskonzepte werden im zweiten Schritt die ver- bindlichen Bebauungspläne erarbeitet. Diese Planungen haben für die Bürgerinnen und Bürger eine wesentlich größere Bedeutung: Ein Bebauungsplan konkretisiert die vorangegangenen großmaßstäblichen Vorgaben und legt die baulichen Nutzungen für den jewei- ligen Geltungsbereich eines Bebauungsplanes rechtsver- bindlich fest. Sie bilden die inhaltliche Grundlage für die Erteilung von Baugenehmigungen. Bauleitplanverfahren sind im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt. Abb. 13: Kartographische Übersicht über die B-Pläne in Ottenstein (Stadt Ahaus 2017) Tab. 3: Übersicht über die derzeit rechtskräftigen Bebauungspläne in Ahaus-Ottenstein (Stadt Ahaus 2017) Erstfassung Letzte Änderung Nr. Name rechtskräftig rechtskräftig Status am geworden am Nr. 50 Gewerbegebiet Ottenstein, 1. Änderung 14.06.2006 rechtskräftig Nr. 50 Teil 1 Abschnitt 1 Gewerbegebiet Ottenstein 14.06.2006 - rechtskräftig Nr. 50 Teil 2 Garbrock 12.1991 15.11.1993 rechtskräftig Nr. 52 Ortskern Ottenstein 02.08.1991 - rechtskräftig Nr. 54 Ölbach 04.05.1987 - rechtskräftig Nr. 55 Brookstegge, 3. Änderung 23.04.2015 - rechtskräftig Nr. 56 Schöttelborg, 1. Änderung 26.06.2000 - rechtskräftig Nr. 57 Melchisengoren 04.04.1997 - rechtskräftig Nr. 58 Börgerdieksweg 18.09.2014 - rechtskräftig Vorhabenbezogener Bebauungsplan Wohnen am Nr. 9 03.01.2006 - rechtskräftig Dorfpark Ottenstein Darin sind verschiedene Einzelvorgaben wie Umweltverträglichkeitsprüfungen, Bürgerbeteiligungen und Beteiligungen von Fachbehörden vorgeschrieben. Der Ausschnitt aus dem aktuellen Flächennutzungsplan 2025 für Ottenstein enthält Festsetzungen zur baulichen Nut- zung von Grundstücken und Bereichen sowie zur zukünftigen Nutzungsentwicklung. Der größte Teil von Ottenstein wird durch die Wohnbauflächen eingenommen (rötliche Fläche). Einige wenige Flächen im Dorfkern werden als Flächen für Gemeinbedarf dargestellt (violette Flächen). Grün- und Erholungsflächen liegen zentral im Ortskern (hellgrüne Flä- chen). Dabei handelt es sich um Sport- und Spielplätze und den Friedhof (vgl. Abb. 12). Eine Übersicht der derzeit rechtskräftigen Bebauungspläne in Ottenstein zeigt Tab. 3. 11
Ottenstein 2025 2.4 Demographie Dorfleben kann nur entstehen, wenn Menschen das „Dorf leben“ – sich verbunden fühlen, sich einbringen und den Ort als dauerhaften Lebensplatz ansehen. Um eine angepasste Strategie für Ottenstein entwickeln zu können, ist es wichtig zu wissen, auf welche Zielgruppen und für wie viele Einwohner die Entwicklung ausgerichtet werden muss. Die Entwicklung der Bevölkerung im Rückblick und in der Vorausschau gibt einen Einblick in die Struktur und absehbaren Veränderungen von Haushaltsgrößen, Altersgruppen und der absoluten Einwohnerzahl. Auch die künftige Entwicklung Ottenstein wird in erheblichem Maße von der demographischen Entwicklung abhängig sein und muss im Kontext des demographischen Wandels betrachtet werden. Insgesamt sind drei Grundtendenzen zu erkennen: • Zum einen ist aufgrund einer allgemein sinkenden Geburtenrate, die unter der Reproduktionsrate liegt, eine nega- tive natürliche Bevölkerungsentwicklung festzustellen. • Gleichzeitig wird die Lebenserwartung aufgrund immer besser werdender medizinischer Versorgung sowie einer veränderten Lebensführung weiter steigen. Hierdurch wird vor allem die Altersgruppe der über 60-Jährigen einen Zuwachs erfahren. Die Bevölkerungsgruppe der Kinder und Jugendlichen wird parallel dazu anteilig zurückgehen. • In Ergänzung zur natürlichen Bevölkerungsentwicklung ist die räumliche Bevölkerungsentwicklung zu beachten. Hierbei wird deutlich, dass Deutschland durch Zuwanderung aus dem Ausland an Bevölkerung gewinnt. Die Bevöl- kerungszusammensetzung wird zukünftig also heterogener sein. Zudem hält die „Landflucht“ in großen Teilen des ländlichen Raumes weiterhin an und sorgt so häufig für einen Einwohnerverlust von Dörfern. Gegenwärtige demographische Situation und demographische Entwicklung Die Bevölkerung in Ottenstein ist im Zeitraum von 1990 bis 2016 um gut 25 % von 3.121 Einwohnern auf 3.910 Einwohnern angewachsen (vgl. Abb. 14 und Tab. 4). Die Stadt Ahaus verzeichnete im gleichen Zeitraum ein Wachstum von 27 %. Für Ottenstein kann seit dem Jahr 4500 1990 eine positive Bevölkerungsentwicklung festgestellt werden. 4100 Im Vergleich zu übergeordneten Planungs- ebenen verzeichneten der Ortsteil Ottenstein 3700 und die Stadt Ahaus ein deutlich höheres Be- völkerungswachstum im Betrachtungszeit- 3300 raum (1990-2015/2016) (vgl. Tab. 4). 2900 Bei der Berechnung der Altersstrukturanteile musste auf verschiedene Quelle zurückgegrif- fen werden. Zum einen wurden Erhebungen 2500 der Stadt Ahaus genutzt, um die Altersgrup- 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2016 penanteile für die Stadt Ahaus und den Orts- Abb. 14: Bevölkerungsentwicklung in Ottenstein 1990-2016 teil Ottenstein berechnen zu können, zum an- (Stadt Ahaus o.J.; aufbereitet durch planinvent 2017) deren wurden Daten von IT.NRW verwendet, um die Situation für übergeordnete Planungs- ebenen abzubilden. Beiden Quellen liegen jedoch unterschiedliche Einteilungen der Altersklassen zugrunde. Da diese jedoch nur leicht voneinander abweichen, können anhand der Daten dennoch allgemeine Gemeinsamkeiten und Un- terschiede festgestellt werden. Tab. 4: Bevölkerungsentwicklung Ortsteil Ottenstein, Stadt Ahaus, Kreis Borken und Land NRW im Vergleich (Stadt Ahaus o.J., IT.NRW o.J.) Kreis Borken NRW Ottenstein Stadt Ahaus (31.12.15) (31.12.15) 1990 3.121 31.202 320.580 17.349.651 2000 3.614 37.279 359.573 18.009.865 2010 3.818 38.952 369.633 17.845.154 2016 3.910 39.630 369.666 17.865.516 Veränderung 1990 bis 2016 in % + 25,2 + 27,0 + 15,3 + 2,9 12
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