Pa:rkassәn - Diese zeitung ist gut! - Sparkassenzeitung
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November 2015 ['∫pa:rkassәn] seit 1906 Diese zeitung ist gut! Microfinance since 1819 Die Gründungsgeschichte der Sparkasse Seite 12 Banking 4.0 Sparkassenvorstände im Gespräch Seite 6 Anlagestrategie mit Ethik Nachhaltiges Investieren Seite 22
Ausgabe 4/2015 ['∫pa:rkassәn] Inhalt 6 Foto: Felicitas Matern 18 Foto: Charly Kleissner Eine geschichtsträchtige Zeitung. Im Dienste der Sparkassen. Seit ihrem ersten Erscheinen im Jahr 1906 nimmt die Österreichische Sparkassenzeitung die Rolle als Gedächtnis der Sparkassen ein. Sie ist zugleich ein unerschöpfliches Archiv an Artikeln und Meinungen und – mit kurzen zeitlichen Abständen, in denen sie nicht erschien – immer ein wichtiges Kommunika- tionsmittel zur Identitätsstiftung, zur Vermittlung wirtschaftlichen Wissens und recht- 14 licher Informationen gewesen. 12 Foto: istock.com Foto: Erste Bank im FOKUS LAND und Märkte 24 4 17 Start-up Kurznachrichten Endlich eine Reform der Bademeisterei aus der Wirtschaft Gemeinnützigkeit? Kommentar Michael Meyer 25 Aus der Mitte entspringt ECONOMY 18 6 Ein Kapitalismus, die Unternehmenskultur Die Sparkasse Neuhofen „Den Mut, voneinander zu lernen“ der den Planeten rettet Sparkassenvorstände im Gespräch Social Impact Bonds Finale Impressum und Offenlegung gemäSS Mediengesetz: Bezeichnung des Mediums: Österreichische Sparkassenzeitung; 10 26 Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Österreichischer Sparkassenverband, Grimmelshausengasse 1, 1030 Wien, Herzenswärme aus der Chefetage WERTE Fünf Fragen an ... E-Mail: info@sv.sparkasse.at; Generalsekretär: Mag. Michael Ikrath; Präsident: Dr. Gerhard Fabisch; Chefredakteur: Armand Feka; Redaktion: Milan Frühbauer, Stephan Scoppetta, Bastian Kellhofer, Sophia Uhlich, Christian Prenger; Unternehmensimage und Recruiting 20 Direktor der Viennale Hans Hurch Redaktionsbeirat: Karin Berger, Nicola Frimmel, Christian Hromatka; 12 Jeden Tag eine gute Tat Die österreichischen Pfadfinder Produktion/Litho/Druck: Bernsteiner Media GmbH, Rautenweg 10, 1220 Wien, www.bernsteiner.at; Microfinance since 1819 22 Art Direktion/Gestaltung: Dina Gerersdorfer, www.gerersdorferdesign.at; Coverfoto: Daniel Hinterramskogler; Die Gründungsgeschichte Offenlegung gemäß § 5 ECG und gemäß § 25 Mediengesetz: http://www.sparkassenverband.at/de/Impressum der Sparkasse Die Moral und das Investieren 14 Nachhaltiges Investment Brückenbau und unternehmerisches Potenzial Wirtschaftsfaktor Flüchtlinge ['∫pa:rkassәn] 2 ['∫pa:rkassәn] 3
im Fokus im Fokus Financial Literacy bei Erste Bank und Sparkassen Financial Literacy ist im Gründungsauftrag der Erste Bank und Sparkassen verankert. Was wäre, wenn …? Forum In verschiedenen Projekten vertiefen Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihr finanzielles Wissen. Kurzfilme von Sparefroh TV erklären Bereits zum fünften Mal lud TEDxVienna QuerdenkerInnen zu einer Konferenz ein. Die seit 2010 abgehaltene Veranstaltung stand dieses Jahr unter dem Motto wirtschaftliche Basisthemen und vermitteln „What if …“ und fokussierte die zukünftigen Auswirkungen spielerisch den verantwortungsvollen Umgang unserer gegenwärtigen Handlungen. Das Line-up umfasste mit Geld. Bei „Youth Start“ steigern ExpertIn- 22 lokale und internationale Vortragende, nen in Workshops die Financial Literacy aller die am 31. Oktober 2015 im Wiener Volkstheater Altersgruppen. über die Nachhaltigkeit unterschiedlichster Themenkreise Zahlen Die Sparkasse Oberösterreich konzentriert sich auf Schuldenprävention bei Jugendli- referierten. Einer davon war der österreichische Regisseur spiel chen und realisiert mit der Schuldnerhilfe Oberösterreich ein attraktives Medienpro- Filip Malinowski, der in seinen Dokumentarfilmen jekt. Um Unklarheiten bei Wirtschaftsthemen zu beseitigen, gibt es für Erwachsene die Kernideen unserer globalen Gesellschaft beleuchtet. Kurzfilme, die aktuelle ökonomische Themen anschaulich erklärten. Der Financial Life Park (FLiP) am neuen Erste Campus ist die größte Financial-Literacy-Initiative Wie spart Österreich eines Finanzdienstleisters im europäischen Raum. Ein eigens konzipierter Ausstel- in Zeiten von Niedrigzinsen? lungsbereich von rund 2.000 Quadratmetern soll zukünftig jährlich bis zu 40.000 Editorial BesucherInnen empfangen. Österreichweit liegt der durchschnitt- liche Sparbetrag bei 201 Euro . Willkommen in Österreich: weil jeder Mensch zählt! Die Bedeutung von Sparen ist im Sinken: Erstmals sagt fast ein Liebe Leserin, lieber Leser, 1/3 der befragten ÖsterreicherIn- MitarbeiterInnen der österreichischen Sparkassen und Erste Bank engagieren sich für Flüchtlinge. nen, sparen sei für sie nicht wichtig. Unzählige Menschen müssen derzeit aus ihrer Heimat fliehen und su- was macht das Gute aus? Welche Eigenschaft macht uns zu moralisch „besseren“ Wesen, und was können Unterneh- chen Schutz und Sicherheit in Europa. Die einen sind auf der Durch- men tun, um – ehrlich und authentisch – Gutes zu tun? Diesem Thema stellen wir in uns in der aktuellen Ausgabe. Dennoch: Für jene, die reise, andere bleiben in Österreich. Erste Bank und Sparkassen haben Und hier wären wir auch schon beim größten Problem angelangt. Denn: Gutes tun und darüber reden (und es auch dem Sparen die Treue sich seit jeher für das Gemeinwohl eingesetzt. Initiativen wie das kos- so meinen), war einmal. Was aber, wenn Gutes tun die Bedingung der Existenz ist, quasi eine unternehmerische Con halten, bleibt das Spar- ditio sine qua non? Mehr darüber erfahren Sie in unserem Artikel über die Gründungsgeschichte der ersten Sparkasse buch mit 77 % die tenlose Habenkonto für AsylwerberInnen oder Notschlafstellen in der ehemaligen Erste-Bank-Filiale am Wiener Westbahnhof und am Erste – die als Gründungsgeschichte für Sparkassen in ganz Österreich herangezogen werden kann (Seite 12). beliebteste Sparform. Wertpapiere, Fonds und Campus in Wien zeugen davon. Das Projekt ‚Willkommen in Öster- reich: weil jeder Mensch zählt‘ geht nun weiter, setzt auf Aufklärung Was ist eine Tragödie? Im modernen Sprachgebrauch wird sie durch ein Ereignis von monumentalem menschlichen Anleihen haben dafür im Leid definiert, meist von einer Hülle von Pathos und Unheil umgeben. Aber: Dort wo Unheil ist, gibt es auch Hilfs- letzten Jahrzehnt an Be- und fördert lokale Projekte von MitarbeiterInnen. bereitschaft und Chancen. Krieg und Zerstörung jeglicher Existenzgrundlage – die Gründe, wieso gerade heutzutage liebtheit gewonnen. viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen, sind so vielfältig wie komplex. Genauso komplex und herausfordernd sind Der Flüchtlingsfonds der ERSTE Stiftung fördert selbstinitiierte Pro- die Probleme, die eine Gemeinschaft hat, Flüchtlinge zu integrieren und ihnen ein humanes Leben zu ermöglichen. jekte von MitarbeiterInnen der österreichischen Sparkassen und Erste Dass (wirtschaftliche) Integration keine Einbahnstraße ist, zeigen wir in unserem Artikel über Flüchtlinge und das Group. Eine Förderung von 100 bis 3.500 Euro soll lokalen Projekten unternehmerische und demografische Potenzial, das sie mitbringen (Seite 14). zu Gute kommen, die das Ziel verfolgen, die Aufnahme und Inklusion von Flüchtlingen zu verbessern, und damit zu einem Klima der Akzep- Soziales Engagement und gemeinschaftsbildende Maßnahmen sind Schlagworte, die heutzutage inflationär verwen- tanz in der Gemeinde beitragen. Der Fonds ist zunächst det werden. Und dennoch: Selten treffen diese Worte so genau zu wie auf die vielen Sparkassen in ganz Österreich. mit 500.000 Euro dotiert. Welche Eigenschaften unterscheiden die Sparkassen zudem noch von anderen Banken? Welche Herausforderungen www.weil-jeder-mensch-zaehlt.at und Weichenstellungen warten auf sie, und vor allem: Was bedeuten Individualisierung und Regionalität? Diese Fra- gen beantwortet eine Runde an Sparkassen-Vorständen in unserem Leitartikel ab Seite 6. Ein nachhaltiges Lesevergnügen wünscht Ihnen Foto: Daniel Hinterramskogler das ['∫pa:rkassәn] Redaktionsteam ['∫pa:rkassәn] 4 ['∫pa:rkassәn] 5
ECONOMY ECONOMY Von Stephan Scoppetta Die Digitalisierung stellt die Sparkassen vor neue Herausforderungen. Was zählt, ist auch in Zukunft der Faktor Mensch – eingebettet in eine digitale Strategie, die qualitativ hochwertigen Service für KundInnen möglich macht. In Zeiten von Digitalisierung und niedrigen Zinsen braucht senverbandes: „Wie funktioniert Sparkasse neu unter den es neue Rezepte für die Zukunft, und alle österreichischen aktuellen Voraussetzungen? Diesen Fragen müssen wir uns Sparkassen-ManagerInnen sind eingeladen, sich am Dis- jetzt stellen, denn in den nächsten Jahren werden weitere kurs zu beteiligen. Schon seit Monaten wird in Arbeits- Belastungen auf uns zukommen. Dagegen müssen wir uns gruppen an Konzepten gearbeitet, um sich für die zukünf- wappnen.“ tigen Herausforderungen zu rüsten. Mitte Oktober fanden „Den Mut, voneinander zu lernen“ sich in Wien Beteiligte, Verantwortliche und Interessierte aus der Sparkassenwelt in der Erste Bank ein, um über den Dreh- und Angelpunkt zu diskutieren: ein neues Zukunfts- Ist Online-Banking die einzige Lösung? Das zentrale Thema für die KundInnen ist die Erreichbar- keit. „Gerade in diesem Punkt liegt eine der großen Stär- Sparkasse 4.0: Der Mensch bleibt im Mittelpunkt bild. Die wichtigsten Fragen und Antworten geben uns vier ken als Sparkassengruppe. Wir sind mit Filialen regional Vorstände aus der Sparkassengruppe: vor Ort, wir sind am Telefon und im Internet 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr erreichbar. Wir holen unsere Warum braucht es ein neues Zukunftsbild? KundInnen dort ab, wo sie stehen. Es geht nicht darum, ob Thomas Uher, Vorstandschef der Erste Bank Oesterreich: Online-Banking oder die Filiale besser ist, sondern wir be- „Alle Banken durchleben gerade eine schwierige Zeit. spielen alle Kanäle“, erklärt Gerhard Fabisch. Auch Daniel Niedrige Zinsen, eine schwache wirtschaftliche Entwick- Mierer, Vorstand der Sparkasse Feldkirch ist davon über- lung, Konsumentenschutz und die Regulierungswut treffen zeugt, dass eine potente Schnittstelle zum Web notwendig uns alle hart. Doch mit jammern kommen wir nicht weiter. ist: „Gerade in einer hoch digitalisierten Welt ist das Echt- Was es braucht, sind Lösungen für die Zukunft. Das Gute zeitbedürfnis bei unseren KundInnen groß und das können daran ist, dass die Sparkassen überhaupt die Möglichkeit wir mit George schon weitgehend erfüllen.“ haben, ein neues Zukunftsbild zu entwerfen und umzuset- zen.“ Dezentral organisierte Gruppen wie die Sparkassen Heutzutage kontraintuitiv oder nicht – ein gutes Filialnetz müssen sich innovationsfreudig und schnell wie ein junges bleibt auch in Zukunft ein entscheidender Faktor für eine Fintech-Unternehmen zeigen, ohne dabei das große Ganze erfolgreiche Bank. „Ich bin davon überzeugt, dass neben aus dem Blickfeld zu verlieren. Dass das auch der Sparkas- den Digitalisierungen die Bankfilialen ein entscheidender sengruppe gelingen kann, zeigt sie schon mit der Online- Faktor für den Kundenkontakt sind. Das Modell Sparkasse Banking-Plattform George. hat 196 Jahre ausgezeichnet funktioniert. Der Erfolgsfaktor dabei war immer, dass wir mit den Menschen in Beziehung „Wir haben uns wie ein Fintech-Unternehmen benom- getreten sind“, betont Elfriede Sejkora, Vorstand der Spar- men und in kürzester Zeit etwas Neues aus dem Boden kasse Ried-Haag. Online-Banking ist Gegenwart und Zu- gestampft, das uns heute entscheidend vom Mitbewerb kunft, nimmt einen enorm wichtigen Stellenwert im Bank- unterscheidet“, betont Uher. Dass ein Zukunftsbild kein geschäft ein. Allein über das Internet ist aber nicht jedes Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist, unterstreicht auch Kundenproblem lösbar. „Für Standardprodukte und Über- Gerhard Fabisch, Präsident des Österreichischen Sparkas- weisungen ist Online-Banking heute sicher die beste Mög- Foto: Felicitas Matern ['∫pa:rkassәn] 6 ['∫pa:rkassәn] 7
ECONOMY ECONOMY Von links: Thomas Uher, Erste Bank, Gerhard Fabisch, Steiermärkische Sparkasse und Sparkassenverbandspräsident, Moderator Lukas Sustala, Daniel Mierer, Sparkasse Feldkirch und Elfriede Sejkora, Sparkasse Ried-Haag lichkeit, doch wenn KundInnen differenziertere Lösungen kassen mehr Zeit für ihre KundInnen haben, denn genau wie eine Wohnraum-Finanzierung brauchen, dann ist der dort liegen die Stärken einer Regionalbank“, ist Erste Bank persönliche Kontakt unerlässlich“, sagt Sejkora. Oesterreich Chef Uher überzeugt. Gleichzeitig sollen einfa- che Produkte auch so aufbereitet werden, dass sie den Kun- Alle sind sich darüber einig, dass der Betrieb eines großen dInnen über George angeboten werden können. Filialnetzes teuer ist, aber hinter der Idee Sparkasse steckt mehr als reines Profitdenken. Sparkasse-Feldkirch-Vor- Die Rolle der Sparkassen-Mitarbeiterinnen stand Mierer: „Wir sind zwar bezüglich unserer Kostenent- und Mitarbeiter in der Zukunft wicklung wachsam, aber eine Kostenoptimierung passiert Sie sind der zentrale Erfolgsfaktor. „Der Punkt, wo wir uns bei den Sparkassen nicht unter der Maxime der Gewinn- wirklich vom Mitbewerb unterscheiden können, ist die maximierung.“ Auch Thomas Uher sieht hier den Dreh- Kompetenz unserer Beraterinnen und Berater. Wir brau- und Angelpunkt: „Konsequentes Kostenmanagement ist chen junge, engagierte und gut ausgebildete MitarbeiterIn- notwendig, um uns Raum für Investitionen und Wachstum nen für unsere KundInnen“, ist Elfriede Sejkora überzeugt. zu schaffen. Machen wir weiter wie bisher, wird uns das Und gerade bei der Ausbildung junger MitarbeiterInnen nicht gelingen.“ will man in Zukunft auf die Kraft der Sparkassen-Gruppe setzen. „Nicht nur der Know-how-Austausch wird dadurch Die Zukunft der Bankfilialen beflügelt, auch die Kosten für eine gute Ausbildung lassen Hierbei ist zwischen dem ländlichen Raum und den Bal- sich senken.“ lungszentren wie zum Beispiel Wien, Graz oder Linz zu unterscheiden. Die Filialstruktur in der Region ist weitge- „Den Mut, voneinander zu lernen“ hend an alle Erfordernisse der Zukunft angepasst, im städ- „Wir müssen uns wirklich bedingungslos auf die Bedürf- tischen Raum gibt es hierfür noch Potenzial. Das Credo der nisse unserer KundInnen konzentrieren. Mit Produkten Zukunft ist für Uher ein Mehr an Qualität: „Es geht nicht und Konditionen kann man sich kaum vom Mitbewerb darum an jeder Ecke eine Bankfiliale zu haben, sondern da- abheben, aber wenn wir loyale und faire Geschäftspartner rum unseren KundInnen eine optimale Betreuung bieten sind, vertrauen uns die KundInnen und sind uns treu“, sagt zu können. Das funktioniert über größere und schönere Mierer, Vorstand der Sparkasse Feldkirch. Dafür braucht Filialen, die Raum für Kommunikation bieten und die auch es auch eine Vereinfachung der Prozesse. „Der Kunde will längere Öffnungszeiten haben. Die KundInnen werden in schnelle Entscheidungen und nicht erst in fünf Schleifen Zukunft weniger oft zu uns kommen, aber wenn sie die Fi- eine Zu- oder Absage. Hier sind wir gefordert, deutlich liale besuchen, müssen sie besser beraten werden.“ klarer und einfacher mit unseren KundInnen zu kommuni- zieren“, erklärt Uher. Dass es Optimierungen für KundIn- Zeit für Veränderungen? nen braucht, darüber sind sich alle einig. Über das „Wie“ Es ist Zeit für große Veränderungen. Die Produktwelt der wird noch viel diskutiert. „In der Vergangenheit haben wir Sparkassen-Gruppe ist derzeit hoch komplex und von einer in den heimischen Sparkassen viele gute Wege entwickelt, großen regionalen Diversifizierung geprägt. „Nicht jeder aber einander zu wenig davon erzählt. Wir müssen in Zu- wird alles selbst erfinden können. Worum es geht, ist ein kunft einfach den Mut haben, auch neue Wege gemeinsam größeres Miteinander. In Zukunft werden wir weniger und zu gehen und voneinander zu lernen“, betont Gerhard Fa- das gemeinsam machen. Dafür werden die regionalen Spar- bisch abschließend. Foto: Felicitas Matern ['∫pa:rkassәn] 8 ['∫pa:rkassәn] 9
ECONOMY ECONOMY „Nachhaltigkeitsstrategie beeinflusst Ganz von allein holt man die besten Talente heute nicht mehr ins Boot. die Hälfte aller Personen unter 40 Soziales Engagement und ein nachhaltiges Unternehmensbild In der Überzeugung, dass allen Menschen mit Würde und bei der Auswahl der Arbeitgeber.“ ziehen heute mehr denn je. Respekt zu begegnen ist, haben die GründerInnen der Sparkassen in Österreich während der letzten zwei Jahr- Studie Bain & Company hunderte Finanzinstitutionen geschaffen, die allen – ohne Unterschied von Status, Nationalität, Glaube oder Ge- schlecht – Zugang zu Wohlstand ermöglichen sollten. Eine Einstellung, die die Zeit überlebt hat. „Wir brauchen die besten Köpfe, um erfolgreich zu sein. Eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass durch unser Handeln ein un- verwechselbares ‚Employer Branding‘ entsteht. Nachhal- Globale Popularität erfahren die allfälligen Unterschiede Von Christian Prenger tigkeit spielt dabei eine besondere Rolle, denn auf diesem zwischen blumiger Theorie und fragwürdiger Praxis durch Weg bleiben wir als Arbeitgeber attraktiv“, unterstreicht Facebook, Twitter und Co. Beinharte Absatzförderung im Herzens- Wilfried Bachmayr, Vorsitzender des Vorstandes der Spar- Nachhaltigkeits-Tarnanzug gilt angesichts immer kriti- kasse Ried-Haag. scherer VerbraucherInnen als Weg der Abschreckung von Fachkräften. Ohne glaubwürdiges Agieren wird auch der wärme Dann kann die gelebte Tugendhaftigkeit hinter plakativste Versuch für das Recruiting nichts bringen. Of- dem Schreibtisch auch auf sehr erstaunliche Art fen bleibt auch die Frage, ob es sich um einen bloßen Hype motivierend wirken. Im Rahmen der Analyse von handelt oder um einen echten Strukturwandel. Eine Ana- aus der Bain & Company erklärten 15 Prozent der Be- lyse der Managementberatung Accenture zeigte bereits, wie fragten, dass sie tatsächlich auf ein höheres Ein- diffizil sich die Materie präsentiert: In Europa gaben nur 34 kommen verzichtet hätten, um in einer „grünen“ Prozent der befragten Vorstandschefs zu Protokoll, Nach- Chefetage Firma arbeiten zu können. Selbst wenn solche haltigkeit für sehr wichtig zu erachten. Bekenntnisse leicht irritierend wirken – ignorieren lässt sich die neue Berufsphilosophie kaum noch. Es sind aber ebenso soziale Faktoren, die mitentscheiden, „Es geht um den Fingerabdruck von Unterneh- ob dieser Boom anhält. „Die Grundbedürfnisse junger Immer öfter entscheiden sich Jobsuchende für men. Immer wieder treffen wir heute auf solche AkademikerInnen sind zumindest in Mitteleuropa weitge- Firmen, die Nachhaltigkeit nicht bloß als Image- KandidatInnen, denen es weniger um gehaltliche hend gedeckt. Deshalb wird es für viele immer wichtiger, politur betrachten. Das Gute im Betrieb ist trotzdem Weiterentwicklung geht, sondern primär um sozia- einen Beitrag zur nachhaltigen Lebensweise zu leisten. Das kein Recruiting-Wundermittel. le Verantwortung, Nachhaltigkeit sowie ein klares ist leichter für jemanden, der über gute Lebensqualität ver- ökologisches Statement“, konstatiert Personalbera- fügt, als für jene, die unter Armut leiden“, weiß Karin Gast- ter Florens Eblinger von Eblinger & Partner. inger, Expertin der Managementberatung PwC Österreich. Was ManagerInnen im Finanzwesen nicht hindern wird, Imagebehübschung wird zum Bumerang ihre Chance zu suchen. Gerhard Übelacker, Personalchef Sie kaufen nur fair gehandelten Kaffee, sparen Energie zu- Zu jenen, die vor dem „Ja“ ein Augenmerk auf das Gute im Der Glaube an eine Wunderwaffe für den vielzitierten „War der Sparkasse Niederösterreich: „Im Recruiting können wir gunsten der Umwelt und lassen Billig-Jeans aus Sorge um Unternehmen richteten, zählt Mirjana Vuksa, bei Ikea Ös- of Talents“ scheint trotz aller Indizien verfrüht zu sein. bei Messen, in Schulen und Broschüren für Nachwuchs- Arbeitsbedingungen im Regal liegen. Was im Handel fast terreich als Sustainability Managerin zuständig für Umwelt Denn umworbene schlaue Köpfe unterschreiben nicht kräfte wichtige Faktoren beleuchten. Dabei sollte gleicher- schon zum Konsumalltag gehört, stoppt auch nicht vor den und Soziales. „Nachhaltigkeit war mein Entscheidungs- gleich den Arbeitsvertrag, nur weil sich der Vorstand plötz- maßen auf das soziale und gesellschaftspolitische Engage- Türen von Personalbüros: der gesellschaftliche Wertewan- grund, hier arbeiten zu wollen“, sagt die gebürtige Serbin. lich öffentlich als Öko-Fundi positioniert. Sollten Nebel- ment hingewiesen werden. Bewerbungstrainings oder eine del in Richtung soziale Verantwortung. Immer mehr Job- „Als ich anfing, hatte ich schon einen Überblick über die werfer im Vorstand von Verantwortung reden und gleich- Darstellung von Karrieremöglichkeiten reichen heute nicht suchende wollen wissen, ob das von ihnen anvisierte Unter- Strategie und kannte auch Aktivitäten. Das ist es, was mir zeitig Produkte unter miserablen Bedingungen fertigen mehr, um junge Leute für Arbeitgeber zu interessieren.“ nehmen innere Werte aufweist. gefällt und warum ich den Job wollte.“ lassen, kann Imagebehübschung zum Bumerang werden. Wer top-motivierte MitarbeiterInnen finden und langjährig Eine globale Studie der Managementberatung Bain & Com- Wahre Werte im Recruiting binden möchte, muss aber auch nach dem Recruiting mehr pany belegt diese Entwicklung ganz deutlich: Die betrieb- Herzenswärme aus der Chefetage, früher bestenfalls ein bieten. Deshalb hat zum Beispiel die Personalentwicklung „Wir brauchen die besten Köpfe, Illustration: istock.com liche Nachhaltigkeitsstrategie hat mehr als 50 Prozent der netter Randschauplatz auf dem Weg zum Brötchengeber, der Kärntner Sparkasse einen eigenen Lehrgang ins Leben Personen unter 40 Jahren bei der Auswahl des aktuellen beeinflusst also verstärkt das Recruiting. Mehr Sinn im Be- um erfolgreich zu sein. Entscheidend ist, gerufen: die „Talenteschmiede“. „Typische Nachwuchs- Arbeitgebers beeinflusst. Bei älteren MitarbeiterInnen liegt rufsleben statt mehr Komfort im Dienstwagen, könnte das förderprogramme sind nicht genug. Wir müssen ‚young der Anteil noch bei rund 29 Prozent. Credo jener lauten, die Firmen heute mit anderen Augen durch unser Handeln ein unverwechselbares professionals‘ auch Entwicklungsmöglichkeiten geben, um sehen statt nur die Karriere im Blick zu behalten. ‚Employer Branding‘ zu schaffen.“ ihre Vorstellungen einzubringen – sie sollen an nicht alltäg- lichen Situationen lernen und wachsen“, rät Michelle Krax- Wilfried Bachmayr, ner, Personalentwicklerin in der Kärntner Sparkasse. Sparkasse Ried-Haag ['∫pa:rkassәn] 10 ['∫pa:rkassәn] 11
ECONOMY ECONOMY Von Matthias Beitl Microfinance since 1819 Die Gründung der Sparkasse leitete vor fast zwei Jahrhunderten ein neues Kapitel in der Art und Weise ein, wie Menschen Banken sehen. Von der Gründung des Sparbuchs bis zum Gemeinwohlgedanken. Jedes Jahr am 4. Oktober findet in der Kirche St. Leopold im 2. Wiener Gemeindebezirk eine Gedächtnismesse statt. Diese Messe ist der Gründung der Erste Oesterreichische Sparkasse und ihrer legendären Gründungspersönlichkeit, Pfarrer Johann Baptist Weber, gewidmet. Eine Gründungs- geschichte, die – aufgrund ihres Gemeinwohlzugangs – stell- vertretend für zahlreiche Sparkassen in ganz Österreich steht. An einem solchen 4. Oktober, dem Namenstag des damals Was ist geblieben? regierenden Kaiser Franz, eröffnete im Jahr 1819 in Webers Von der ersten Sparkasse Österreichs ist deshalb auch we- Pfarrkanzlei die erste Sparkasse der Monarchie ihre Pforten. sentlich mehr geblieben als der Wohlfahrtsgedanke. Das Die Sparkasse war kein Bankhaus wie die anderen damals adelige Umfeld des Pfarrers, vor allem Bernhard von Es- existierenden Kreditinstitute. Die Gruppe der Gründe- keles, der auch als Gründer der Nationalbank gilt, und der rInnen, der neben dem Pfarrer einige Adelige und Wiener kaiserliche Beamte Ignaz von Schönfeld hatten die Geschäfte BürgerInnen angehörten, schuf einen völlig neuen Typ einer anderer Sparkassen in Europa genau studiert. Nun wollten Bank. Diese stand weiten Teilen der Gesellschaft offen, jeder sie das Beste davon in Österreich umsetzen, um die sozia- konnte dort erstmals seine Ersparnisse sicher und gewinn- len Aufgaben erfüllen zu können. In den ersten Jahren dieser bringend anlegen. Ein Novum für die damalige von sozialen Sparkasse wurde nicht nur das Sparbuch, wie wir es heute Unruhen gebeutelte Gesellschaft. kennen, „erfunden“, sondern auch der Hypothekarkredit in jene Form gebracht, wie sie heute noch Grundlage eines der Hilfe zur Selbsthilfe am häufigsten verkauften Produkte ist. Man könnte sogar sa- Der ursprüngliche Sinn der Gründung war zweifellos die gen, dass Microfinancing, also die finanzielle Unterstützung von Kaiser Franz forcierte Armutsbekämpfung, die Vorsorge kleiner UnternehmerInnen, in der Ersten erstmals umgesetzt für schlechtere Zeiten und die Ermächtigung zur Selbsthilfe. wurde. Das Wechseldarlehen, das jenen Handwerkern ge- Diese Werte, die, unter den Begriffen Gemeinnützigkeit und währt wurde, die keinen Schutz mehr in den sich auflösen- Gemeinwohlorientierung subsummiert, den Unterschied zu den Zünften fanden, war die erste Finanzierungsart für diese anderen Banken ausmachen, sind geblieben. Sie finden sich Berufsgruppe. Der Bierbrauer Anton Dreher zum Beispiel, in den Stiftungen, den eigentlichen Rechtsnachfolgern der der vor genau 175 Jahren das Wiener Lagerbier erfand, nahm ursprünglichen Sparkassen, wieder. bei der Sparkasse sein erstes Darlehen auf, um dann – Jahr- zehnte später – die größte Brauerei Europas zu führen. Für diese Werte stand Johann Baptist Weber, der schon vor 1819 ein anerkannter „Menschenfreund“ und Armenfürsor- Schließlich waren die Sparkassen auch maßgebend bei der ger war. In den Gründungsdokumenten sind Taglöhner und Unterstützung der Bauern, die nach der Abschaffung der Dienstboten als Klientel dieses Unternehmens genannt. Bald Erbuntertänigkeit und Leibeigenschaft ihr Land kaufen aber kamen Bürgertum und niedriger Adel dazu, weil auch konnten und dafür Kredite benötigten. ihnen die Tore der elitären Bankiers nicht offenstanden. Und so erfuhr die Sparkassenidee unmittelbar nach ihrer Einfüh- Ohne die Sparkassen hätte sich im 19. Jahrhundert der Über- rung im Zentrum der Habsburgermonarchie einen enormen gang zu den heute bestehenden Grundlagen des Gewerbes Aufschwung. und der Landwirtschaft stark verzögert. Die Erste österreichische Spar-Casse schuf 1819 ein nach- Foto: Erste Bank haltiges Geschäftsmodell, das für den zentraleuropäischen Raum beispielgebend wurde und schon bald seinen 200-jäh- rigen Bestand feiern wird. Johann Baptist Weber (1776–1848) war katholischer Pfarrer und Mitbegründer der Ersten österreichischen Spar-Casse. ['∫pa:rkassәn] 12 ['∫pa:rkassәn] 13
ECONOMY ECONOMY Von Bastian Kellhofer Brückenbau und unternehmerisches Potenzial Noch schäumt es rund um die Debatte gewaltig.Wenn die Hysterie erst einmal verklungen ist, wird sich Europa fragen, wie die Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak rasch und unbürokratisch Arbeit und Wohnfläche bekommen. Das Künstlerkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ Eine kürzlich veröffentlichte Studie des in Wien ansässigen ist bekannt dafür, mit seinen Aktionen den Finger zielge- Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwick- nau in die Wunde zu legen. So auch mit einer Video-An- lung (ICMPD) weist zudem darauf hin, dass EinwanderIn- kündigung, die während eines Wien-Besuchs über soziale nen mit ihren unternehmerischen Aktivitäten zu globaler Netzwerke verbreitet wurde. Im beigefügten Video spricht Entwicklung und Armutsreduktion beitragen. Dank ihrer der österreichische Flüchtlingskoordinator Christian Kon- Kenntnisse von Sprache und Kultur ihrer Herkunftsländer rad und gibt den Bau einer interkontinentalen Brücke zwi- haben solche UnternehmerInnen beste Voraussetzungen, schen dem italienischen Agrigento auf Sizilien und Al um transnationale Geschäftsbeziehungen herzustellen. Sie Huwariyah in Tunesien gemeinsam mit dem Baukonzern fördern demnach insbesondere den Technologie- und Wis- Strabag bekannt. Kostenpunkt 230 Milliarden Euro. Fertig- senstransfer, schaffen Arbeitsplätze und öffnen Märkte. Als stellung des Mammutprojekts: 2030. Ein Ende des Schlep- WegbereiterInnen ziehen sie laut dem Institut weitere In- perwesens, ein Jahrhundertprojekt der Humanität – weg vestitionen an und können so die gesamte Wirtschaft einer von der Festung, hin zu einem „offenen Haus Europa“. Zwar Region stärken. nur ein ironisches „Kunstprojekt“ fernab jeglicher Realität, aber mit einem absurden Bezug dazu. Und in Österreich? Die ÖBB mit ihrem Chef Christian Kern sprangen in einer Privatwirtschaft prescht vor brenzligen Situation in die Bresche und halfen tausenden WirtschaftsforscherInnen und Interessensverbände sehen Flüchtlingen, mittels Sonderzügen schnell und unkompli- in Flüchtlingen ein wirtschaftliches und demografisches ziert nach Deutschland zu kommen. Die Erste Bank öffnete Potenzial, das den Bevölkerungsschwund in den europäi- zuerst die Pforten ihrer Filiale am Europaplatz und ermög- schen Ländern auf kreative Art aushebeln könnte. Und lichte dann auch die Bereitstellung von Notschlafstellen für nicht nur das: Tausende der Geflüchteten aus Syrien haben 350 Flüchtlinge am Erste Campus in Wien. dort studiert, gelernt oder gelehrt. Dietmar Zetsche war einer der ersten, die diesen Umstand erkannten. Der Vor- Allerdings bringt das den neuen MitbürgerInnen noch kei- standsvorsitzende von Mercedes-Benz sagte Anfang Sep- ne Möglichkeit, den Alltag zu bestreiten. Dafür brauchen tember öffentlichkeitswirksam, dass er sich vorstellen kön- Menschen eine Wohnung, eine Arbeit und ein funktionie- ne, „dass wir in den Aufnahmezentren die Flüchtlinge über rendes Umfeld. Mit diesem Ziel entstehen mehr und mehr Möglichkeiten und Voraussetzungen informieren, in Initiativen, viele auch von Privaten. Eine Umfrage des Insti- Deutschland oder bei Daimler Arbeit zu finden“. Viele tuts market hat die Stimmung der ÖsterreicherInnen zu Flüchtlinge seien jung, gut ausgebildet und hoch motiviert. diesem Thema eingefangen. So berührt zwei Drittel der Ös- Notschlafstellen für 350 Flüchtlinge „Genau solche Leute suchen wir doch“, sagte der Daimler- terreicherInnen die aktuelle Flüchtlingssituation, knapp 80 wurden am Erste Campus in Wien bereitgestellt. Chef. Prozent halten Krieg für einen legitimen Fluchtgrund und Erste Bank und Sparkassen helfen auch meinen, dass Flüchtlinge deswegen aufgenommen werden mit der Initiative „Willkommen in Österreich: sollten. Aus mehrheitlicher Sicht agiert Österreich zwar weil jeder Mensch zählt“ – das Projekt setzt auf beispielhaft und verhält sich gastfreundlich – ähnlich wie Aufklärung und fördert lokale Initiativen Deutschland. Dennoch würden sich zwei von fünf Befrag- von MitarbeiterInnen. ten hierzulande ein stärkeres Engagement für Flüchtlinge Foto: Erste Bank/Michael Mazohl ['∫pa:rkassәn] 14 ['∫pa:rkassәn] 15
ECONOMY LAND und MÄRKTE Von Michael Meyer Endlich eine Reform der Gemeinnützigkeit? Hält sich die Bundesregierung an ihren Zeitplan, sollte es diesen Herbst Ernst werden mit der Gemeinnützigkeitsreform. 2016 wird dann ein neues Recht für gemeinnützige Stiftungen in Kraft treten. Damit sollte dann mittelfristig die philanthropische Rückständigkeit Österreichs überwunden werden. In gemeinnützige Stiftungen soll steuerbegünstigt investiert werden können, vorerst 100.000 Euro pro Jahr, bis zu 10 Pro- zent der Jahreseinkünfte und insgesamt maximal 500.000 Euro. Um eine blühende Stiftungslandschaft zu schaffen, in Foto: istock.com der tausend neue gemeinnützige Stiftungen eine Milliarde Euro im Jahr in Bildung und Forschung, Kunst und Kultur und soziale Projekte investieren, wie dies Staatssekretär Harald Mahrer plant, wird es aber noch mehr brauchen: wünschen, vor allem von unseren PolitikerInnen und der Das Gesundheitsministerium hat unlängst einen Koordina- Regierung. Auch beanstanden 76 Prozent, dass nicht alle tor eingesetzt, der unter den Flüchtlingen Ärzte aufspüren • Österreich hat ein im internationalen Ver- Bundesländer in der Flüchtlingsfrage gleichermaßen enga- soll um den Integrationsprozess, der oft Jahre dauern kann, gleich extrem rigides Gemeinnützig- giert sind, vor allem von Vorarlberg und Tirol erwartet man zu beschleunigen. Dazu äußert sich der Präsident der Wie- keitssteuerrecht. Nur wer unmittelbar mehr. Knapp drei Viertel sind überhaupt für einen ver- ner Ärztekammer Thomas Szekeres: „Zahlreiche österrei- und ausschließlich gemeinnützig tätig ist, hat Steuervor- tergemeinschaften kommt, werden also die Effekte gering Foto: Vyhnalek/Michael Mayer pflichtenden Beitrag von Ländern, im Mittel sollten zwei chische ÄrztInnen wandern ins Ausland ab. Wir haben teile. Im Vergleich dazu haben Deutschland, die Schweiz bleiben. Flüchtlinge pro 100 EinwohnerInnen aufgenommen wer- dringenden Bedarf an MedizinerInnen. Deshalb differen- und Schweden viel liberalere Regelungen und größere • Unklar bleibt, ob die Kapitalerträge von gemeinnützigen den. Jede/r Zweite würde die Öffnung des Arbeitsmarktes zieren wir nicht nach Nationalität.“ Die ÄrztInnen sollen ab Rechtssicherheit für gemeinnützige Organisationen. Stiftungen KESt-befreit werden. Passiert das nicht, stehen für AsylwerberInnen befürworten. Gleichzeitig stehen die dem ersten Tag Deutsch lernen und durch die Begleitung • Die Stiftungsbehörden müssten sich zu kompetenten Be- nur mehr 72,5 Prozent für das Gemeinwohl zur Verfügung. ÖsterreicherInnen aber einem Flüchtlingslager in der heimischer MedizinerInnen schnell einen Zugang zum Be- raterInnen und DienstleisterInnen für potenzielle Stif- • Der Stiftungsboom in Deutschland war auch der Kombi- Nachbarschaft skeptisch gegenüber, und über die Hälfte ist rufsleben finden. Rund 40 syrische ÄrztInnen unterstützen terInnen entwickeln. Das Vereins- und Stiftungswesen nation von Steuerbefreiung bei gemeinnütziger Widmung gegen die Schaffung von mehr Erstaufnahmezentren. Ins- ihre österreichischen KollegInnen mittlerweile in Flücht- ressortiert aber aus historischen Gründen beim Innenmi- von Privatvermögen und einer sozial gerechten und maß- gesamt knapp drei Viertel würden auch schärfere Kontrol- lingsheimen bei der täglichen Arbeit, sei es als Übersetze- nisterium und den Landesregierungen, was die Hoffnun- vollen Erbschafts- und Schenkungssteuer zu verdanken. len an den EU-Außengrenzen befürworten, so das Studien- rInnen oder als medizinische Hilfskräfte. gen etwas dämpft. Dass Letztere bei uns abgeschafft wurde, ist keinem ver- ergebnis. • Sehr rigid sind derzeit jene Bereiche reglementiert, für nünftigen Menschen nachvollziehbar. Auch GastronomInnen regen eine schnelle Integration von die gemeinnützige Stiftungen ihr Geld ausgeben dürfen. Hürdenlauf für Ärzte und Gastronomen KöchInnen an. Unter chancegastronomie.com sammeln Eine Bindung an die Gemeinnützigkeit der Empfänger Wunder darf man sich also von diesem ersten Schritt keine Der gute Willen der UnternehmerInnen wird jedoch im- sich HotelbesitzerInnen und WirtInnen, die eine schnelle oder gar an die Liste der Spendenorganisationen ist ein erwarten, ist doch eine typisch österreichische Lösung im mer wieder durch bürokratische Hürden gebremst. So ha- Eingliederung der Fachkräfte unter den Flüchtlingen be- sehr enges Korsett für ein Engagement für soziale Inno- Sinne von „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ zu be- ben etwa nur anerkannte Flüchtlinge freien Zugang zum fürworten. Einer der Hauptkritikpunkte der Initiative rich- vationen. Es schließt die Förderung sozialer Start-ups aus. fürchten. Zu groß ist das Misstrauen der Sozialdemokratie Arbeitsmarkt. Für AsylwerberInnen, deren Antrag auf An- tet sich an die Regelung, AsylwerberInnen nur als Saison- Warum regelt man gemeinnützige Ausgaben nicht wie die gegenüber der privaten Philanthropie, zu starr die Position erkennung des offiziellen Flüchtling-Status noch läuft (dar- oder HilfsarbeiterInnen anstellen zu dürfen. „Asylwerbe- Betriebsausgaben von Unternehmen? Warum nicht auch der ÖVP gegenüber Erbschafts- und Vermögenssteuern. unter fallen auch nahezu alle, die im Zuge der aktuellen rInnen müssen mit regulären Arbeitsverträgen legales Ein- hier stichprobenartige Kontrolle, Missbrauchsaufsicht und Flüchtlingswelle nach Österreich gekommen sind), gelten kommen erwirtschaften können, um nicht von der finanzstrafrechtliche Sanktionen? Derzeit sind in den Ent- Dennoch gebührt der Regierung Anerkennung, da sich diese hingegen starke Einschränkungen. Klassische Arbeitneh- staatlichen Grundversorgung abhängig zu sein oder würfen Regelungen dahingehend vorgesehen, dass nur Maßnahme doch nicht dem „eat-the-rich“-Populismus fügt. merverhältnisse bleiben ihnen verwehrt. Sie dürfen frühes- schwarzarbeiten zu müssen“, sagt Juan Amador, Drei-Ster- Ausschüttungen an jetzt schon spendenbegünstigte Orga- Viele Wohlhabende dieses Landes sind nämlich schon jetzt tens nach drei Monaten als Selbstständige oder Saisonar- ne-Koch und Unterstützer von chancegastronomie.com. nisationen oder an neu zu schaffende „Institute“ möglich gerne bereit, ihre Verantwortung für die Gesellschaft wahr- beiterInnen arbeiten oder gemeinnützige Tätigkeiten sind. Diese verteilen Mittel dann wieder an soziale Inno- zunehmen. durchführen, für die sie einen kleinen Anerkennungsbei- Die Bereitschaft der Gesellschaft zur Integration zeigt sich vationen oder Kunst- und Kulturprojekte. Damit wird die trag bekommen. also auf verschiedene Art und Weise. Der Boden ist berei- Motivation von PhilanthropInnen grundlegend verkannt. Michael Meyer ist Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre an der WU Wien. Seit 2005 leitet er das Institut für Nonprofit-Management der WU. tet. Jetzt muss die Politik die Scheuklappen ablegen und die • Die strikten Betragsbeschränkungen für gemeinnütziges Seine Forschungsfelder sind unter anderem Zivilgesellschaft, Social Entre- Gegebenheiten verändern, damit die Initiative nicht im Stiften werden zu Mikro-Stiftungen führen, die keine nen- preneurship und Philanthropie und generell das Management gemeinnütziger Sand verläuft. nenswerten Erträge erwirtschaften. Wenn es nicht zu Stif- Organisationen. ['∫pa:rkassәn] 16 ['∫pa:rkassәn] 17
LAND und MÄRKTE LAND und MÄRKTE Von Bastian Kellhofer Ein Kapitalismus, der Charly Kleissner ist bei Social Impact Bonds Vordenker einer Idee, die sich auch in Österreich den Planeten rettet zu institutionalisieren beginnt. Social Impact Bonds Social Impact Investments vereinen Geldverdienen mit dem Bewusstsein, etwas Gutes zu tun. Kann dieser ideologische Ansatz funktionieren oder gar die Welt verbessern? Der Tiroler Charly Kleissner ist eine der Triebfedern der prosperierenden Szene, die sich Und weil Finanzmittel alleine keinen Erfolg bringen, bietet Charly Kleissner ist damit Vordenker einer Idee, die sich jetzt in den Institutionen wiederfindet. Kleissner als Mitbegründer von Social Impact Internatio- auch in Österreich zu institutionalisieren beginnt. Denn soll auch nicht unter der Matratze landen. Die nal Coaching und Mentoring für hoffnungsvolle Sozialun- die Bundesregierung bekennt sich im Arbeitsprogramm beiden beschließen im Laufe der folgenden Mona- ternehmerInnen – global: Der Ableger Dasra operiert vom 2013 bis 2018 dazu, mittels Social Impact Bonds innova- te, dass sie ihre finanziellen Mittel sinnvoll anlegen wollen. indischen Mumbai aus, nach Österreich zieht Kleissner tive Ansätze in der Sozialpolitik zu erproben, um sich den Im Jahr 2001 hat Karl „Charly“ Kleissner erreicht, was er Sie verschreiben sich der Idee eines verantwortungsvollen regelmäßig das Investment Ready Program, das gezielt In- aktuellen Herausforderungen zu stellen, mögliche Lücken in seinem Leben immer wollte. Er managt als CTO und Kapitalismus: Gutes und das Streben nach Profiten sollen itiativen in Zentral- und Osteuropa fördern soll. Im Wie- zu schließen und mit neuen Initiativen den sozialen Zu- Senior Vice President das A-Level-Unternehmen Ariba im zueinanderfinden. Charly und Lisa Kleissner machen sich ner Co-Working-Space „The HUB“ findet die Inkubation sammenhalt in Österreich zu stärken. Die Erste Stiftung kalifornischen Silicon Valley mit einem Vierteljahresum- mit den Ideen des Social Impact Investment vertraut. ihren physischen Ort, der ambitionierten und engagierten steht Pate für das Pilotprojekt, welches gemeinsam mit satz von 140 Millionen Euro, und leitet ein Team von mehr GründerInnen Platz zum Entwickeln ihrer Unterfangen dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsu- als 700 TechnikerInnen. Dann tauscht der Softwarekonzern Das gewinnbringende soziale Gewissen bietet. „Wachstum muss nachhaltig passieren. Ich glaube mentenschutz, der Juvat gemeinnützige Gesellschaft mbH seinen CEO aus. Larry Mueller kommt. Zwar bleibt Kleiss- Das Ganze funktioniert so: Sozialprogramme werden nicht, dass es immer exponenziell weitergeht.“ Soziale und (eine Tochtergesellschaft der Benckiser Stiftung Zukunft) ner weiterhin oberster Techniker, ihm wird aber rasch nicht durch den Staat, sondern von privaten Investoren ökologische Konsequenzen von Investitionen dürfen nicht und dem Bundesministerium für Bildung und Frauen klar: Die Harmonie mit dem neuen Kollegen stimmt nicht. oder Stiftungen finanziert. Um die Investoren zu überzeu- mehr aus den Kalkulationen herausgehalten werden. „Die durchgeführt wird. Hierbei werden Frauen ökonomisch Kleissner schmeißt seinen Job hin. „Ich wollte nicht mehr. gen, ihr Geld in solch ein Projekt zu stecken, braucht es Folgen sind nicht außerhalb unseres Universums, sondern unterstützt, die zum Opfer von Gewalt wurden. So be- Ich kann nur mit Menschen arbeiten, denen ich vertraue“, Anreize. Bei Social Impact Bonds gibt es neben der guten Teil davon“, sagt Kleissner. kommt Kleissners Idee wichtige Unterstützer, die seine Vi- sagt er. Wo andere Karrieren ihren Glanz verlieren, nähert Tat noch einen zweiten: die Aussicht auf Gewinne. Ist das sion weitertragen. sich die des Österreichers erst ihrem Zenit. Der Verkauf sei- Projekt erfolgreich, erhält jeder, der Geld gegeben hat, die GroSSer Anklang ner Managementanteile am Unternehmen bringt Kleissner investierte Summe zurück – plus einer Rendite. In den USA findet die Idee, Kapitalvermehrung mit sozia- 78 Millionen Euro, und ihn zum Grübeln. Gemeinsam mit len Aspekten zu verbinden, weiten Anklang. Erst waren es Langfristigkeit als Argument seiner Frau Lisa bereist er Indien zur Sinnsuche. Das Geld Think Tanks wie das „Center for American Progress“, die Nachdem 2005 das erste Impact Investment erfolgt war, in den Bonds eine sinnvolle Weiterentwicklung des Kapita- sind bald 25 Prozent des Vermögens der Familienstiftung lismus sahen. Als der bekannte Investor Bill Ackmann auf KL Felicitas in derlei Projekte geflossen. Derzeit sind rund den Zug aufsprang, entdeckten auch die Institute in den 90 Prozent so veranlagt, dass sie Gesellschaft und Umwelt USA die Social Impact Bonds für sich. Goldman Sachs, auch tatsächlich Gutes tun. Seit 2014 entsprechen praktisch Merrill Lynch und die Bank of America starteten Initia- alle seine Investments den ethischen Kriterien. Auch die tiven. Eine der ersten wurde von Goldman Sachs in Zu- über andere, private Kanäle investierten 40 Millionen Dol- sammenarbeit mit der Stadt New York und Bloomberg lar des Kleissnerschen Vermögens werden vermehrt dem Philanthropies – sie investierten gemeinsam zehn Millio- Impact gewidmet. Häufig nimmt Kleissner sich junger nen US-Dollar in Sozialprojekte wie Weiterbildung von Projekte an, weil sie im sozial und ökologisch nachhalti- Erwachsenen und Programme, die ehemalige Gefäng- gen Sektor in ihren Startphasen erhebliche Schwierigkei- nisinsassInnen in strukturschwachen Bezirken betreuen. ten haben, Investoren vom wirtschaftlichen Erfolg zu über- Wenn Straffällige durch die unterstützenden Programme zeugen, auch wenn ihr Finanzbedarf ohnehin bescheiden nicht wieder rückfällig wurden, erhielt Goldmann Sachs ist. Geduldiges Kapital ist rar, selbst für eine Tranche bis Foto: Charly Kleissner eine Rendite, die sich aus den Einsparungen für den Staat 500.000 Dollar. „Letztlich ist es wie in der IT-Branche. Der errechnete. Das Programm war für alle Beteiligten ein vol- Mainstream sagt oft, es würde nicht funktionieren. Aber ler Erfolg. alle meine Unternehmen wurden trotzdem erfolgreich. Das Thema Profit muss längerfristig gedacht werden.“ In Zeiten, in denen Staaten hoch verschuldet sind und Kürzungen von Sozialleistungen die Gesellschaft belasten, steigt das Interesse, neue Wege zu finden, Dienstleistungen der öffentlichen Hand auf kosteneffektive Art und Weise zu finden. Die Social Impact Bonds sind so ein Vehikel. ['∫pa:rkassәn] 18 ['∫pa:rkassәn] 19
WERTE WERTE Von Nicola Frimmel Jeden Tag eine gute Tat Die Österreichischen Sparkassen unterstützen die Pfadfinder Die Mission der Pfadfinder sieht eine ganzheitliche Entwicklung von jungen Menschen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten vor, durch ein Wertesystem, das auf Gesetz und Versprechen der PfadfinderInnen aufbaut. Sie helfen damit, eine bessere Welt zu schaffen, in der Menschen ihr Potenzial entfalten und sich aus ihrem Glauben heraus in der Gesellschaft engagieren. Auch die Sparkassen engagieren sich seit ihrer Gründung in der und für die Gesellschaft. So liegt die Wertehaltung der Pfadfinder und der Spar- kassen eng zusammen. Jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen und der Allgemeinheit durch vielseitige Förderungen wieder einen guten Teil des wirtschaftlichen Erfolges zurückzugeben, das sind Triebfedern für beide Institutionen. Gemeinschaft erleben, die Unterstützung und Förderung der Jugend und des Gemeinwohls, die Befassung mit gesellschaftspolitischen Herausforderungen und die Stärkung der sozialen Kompetenzen von Jugendlichen sind nur einige Schlagworte, die sich sowohl im Leitbild der Pfadfinder wie auch im Gemeinwohlgedanken der Sparkassen wieder- finden, der vor beinahe 200 Jahren festgeschrieben wurde. So wie die Sparkassen Verantwor- tung für Jugendliche auf dem Gebiet der umfassenden Finanzbildung übernehmen, widmen sich die PfadfinderInnen der Förderung des Gemeinschaftssinnes, der frühzeitigen Bildung, der für das spätere Berufsleben so wichtigen Fähigkeiten von sozialer Kompetenz sowie Team- fähigkeit und dem verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen im Sinne des Natur- und Umweltschutzes. Sparkassenzelte für die PfadfinderINNEN Eine neue Zusammenarbeit wurde durch die Übergabe von 40 roten Sparkassenzelten an die PfadfinderInnen Österreichs gestartet. Sie werden in den kommenden Jahren für Kinder- bzw. Jugendpfadfindercamps, insbesondere für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, ver- wendet. „Die Förderung und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen ist uns Sparkassen in vielerlei Hinsicht ein Anliegen. Neben einem Schwerpunkt in der Finanzbildung setzen wir auch in anderen Bereichen Zeichen und unterstützen junge Menschen in ihrer Entwick- lung. Die Kooperation mit den PfadfinderInnen Österreichs stellt eine gute Voraussetzung dar, um dies auch außerhalb des Finanzlebens in ganz Österreich zu ermöglichen“, sagt Gerhard Fabisch, Präsident des Österreichischen Sparkassenverbandes bei der Übergabe der Zelte in Schloss Krastowitz. Dominik Habsburg-Lothringen, Präsident der Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs, der die Zelte für die Pfadfinder übernahm, freut sich über die neue Kooperation: „Die große Bandbreite der Pfadfinder, angefangen von der Vorurteilslosigkeit gegenüber Namen, Her- kunft, Religion, Nationalität und Hautfarbe, ist für unsere Gesellschaft bereichernd. Kinder und Jugendliche dürfen in dieser Bewegung viel probieren, lernen, Fehler machen und sich weiterentwickeln. Jedes Kind sollte davon profitieren, Abenteuer erleben und, durch den Be- zug zur Natur, Achtung vor dem Leben und Respekt vor sich selbst entwickeln können. Durch Bündelung unserer Ideen und Kräfte mit dem Österreichischen Sparkassenverband wollen wir dies vermehrt für Kinder und Jugendliche zu Wege bringen, die diese Möglichkeit sonst nicht haben würden. Wir wollen gemeinsam helfen, unsere Kinder und Jugendlichen zu selb- ständigen und verantwortungsbewussten jungen Erwachsenen zu erziehen“, erklärt Präsident Habsburg-Lothringen. ['∫pa:rkassәn] 20 ['∫pa:rkassәn] 21
WERTE WERTE Von Stephan Scoppetta Die Moral und das Investieren Entwicklungsländern wie Indien, Bangladesch oder die Mon- Gutes tun, ohne Umwege golei und soll letztendlich den KleinunternehmerInnen neue Ein besonderes Investment hat derzeit die katholisch gepräg- Chancen ermöglichen. Verantwortungsvolles Investieren be- te Don Bosco Finanzierungsgesellschaft gemeinsam mit der nötigt auch klare Ausschlusskriterien. Dazu gehört, dass nicht Erste Asset Management aufgelegt. Mittels einer bis 2021 in Branchen, Unternehmen oder auch Staaten investiert wird, laufenden Social-Impact-Anleihe in US-Dollar wird Geld für Politisch korrekte Geldanlage boomt. Den AnlegerInnen geht es neben Ethik die sich nicht an bestimmte soziale, ökologische und ethische den Ausbau einer Universität in Ecuador gesammelt. Rein- und Moral auch um Rendite. Dass dies kein Widerspruch sein muss, zeigen be- Kriterien halten. Aktien der Rüstungs-, Glücksspiel-, Tabak- hard Heiserer, Geschäftsführer der Don-Bosco-Aktion in reits erfolgreiche Fonds. und Alkoholindustrie scheiden meist aus. Unternehmen, die Österreich, „Jugend eine Welt“: „Mittels dieser Anleihe wird mit Pornografie, Kinderarbeit oder Tierversuchen Geld ver- die Salesianeruniversität in Ecuador ausgebaut. Mit dem Geld dienen, stehen ebenfalls auf der schwarzen Liste. „Wir inves- werden an drei Universitätsstandorten neue Universitäts- Die ÖsterreicherInnen lieben Bio-Lebensmittel. Im vergan- tieren in Unternehmen, Branchen und Fonds, die langfristig gebäude mit Lehrsälen und Labors gebaut.“ Das Gute dabei genen Jahr stiegen die Ausgaben für Produkte aus nachhalti- denken, Verantwortung zeigen und das öffentlich dokumen- ist, die AnlegerInnen bekommen jährlich einen Kupon von ger Landwirtschaft weiter an. Im Schnitt gibt ein Haushalt in tieren. Ohne dass die InvestorInnen dabei Einbußen bei ihrer 1,5 Prozent für das von ihnen veranlagte Geld. Heiserer: „Die Österreich laut Agrarmarkt-Analysen pro Jahr 115 Euro für Rendite hinnehmen müssten“, erläuert Rößler weiter. Universität ist ein positiv bilanzierendes Wirtschaftsunter- Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft aus. Eier von nehmen. glücklichen Hühnern und Milch von Kühen, die auf der Wei- Geprüftes Investmentuniversum de gehalten werden, stehen bei den ÖsterreicherInnen hoch Die Erste Asset Management (EAM) nimmt eine Pionier- Das gelingt durch die Studienbeiträge der 22.000 StudentIn- im Kurs. Stefan Rößler, Analyst der Erste Asset Management: rolle im Bereich ethischer und nachhaltiger Geldanlage ein. nen, staatliche Förderungen und freie Einnahmen der Uni- „Beim Einkauf, im Umgang mit Energie oder der Ernährung Seit 2001 setzt das Unternehmen auf verantwortungsvolle versität. Gleichzeitig sichern soziale Maßnahmen auch einen legen die Menschen immer öfter Wert auf Nachhaltigkeit. Produkte, die unter den Bezeichnungen „ERSTE RESPON- Zugang für ärmere StudentInnen.“ Für „Jugend eine Welt“- Doch im Bereich Geldanlage fehlt noch immer das Bewusst- SIBLE“ und „ERSTE WWF“ angeboten werden. Schon heute Chef Heiserer steht außer Frage, dass sich soziale Investments sein. Es ist schon absurd: Viele kaufen einerseits Bio-Lebens- sind bei der EAM rund 3,68 Milliarden in ethisch-nachhalti- lohnen: „Ausbeutung und eine sich öffnende Schere zwischen mittel und investieren andererseits das Ersparte in Atom- gen Investmentfonds veranlagt. Analyst Rößler: „Damit sind Arm und Reich stören den sozialen Frieden. Die aktuellen kraftwerke.“ wir Marktführer in diesem Segment in Österreich. Wichtig Flüchtlingsströme erinnern uns daran, dass Mauern keine ist, dass alle Fonds von externen Stellen kontinuierlich be- Lösung sind. Langfristig braucht es für ein friedliches Mitein- Institutionelle Investoren als Vorreiter obachtet und geprüft werden. Die Fonds tragen das Öster- ander mehr soziale Gerechtigkeit, und hier kann Moral beim Viele private InvestorInnen glauben leider noch immer, dass reichische Umweltzeichen und das Europäische Transparenz- Investieren sehr viel bewegen.“ mit einem nachhaltigen Investment keine Rendite zu erzielen logo für nachhaltige Publikumsfonds (EUROSIF), und einige wäre. „Dabei zeigen zahlreiche nationale und internationale wurden mit dem renommierten TRIGOS-Award, einer öster- Studien, dass zwischen einer nachhaltigen und einer norma- reichische Auszeichnung für Corporate Social Responsibility, len Veranlagung in aller Regel keine Rendite-Unterschiede ausgezeichnet.“ zu verzeichnen sind“, sagt Rößler. Hat bei institutionellen In- vestoren bereits ein großer Umdenkprozess eingesetzt, hinkt Die Produktpalette reicht von Anleihen- über Aktien- bis hin der private Bereich noch massiv hinterher. Das zeigen auch zu Dachfonds. Unter den elf Fonds ist für jeden Anlegertyp die Zahlen: Flossen bis Ende 2014 in Deutschland, Österreich Was ist nachhaltig? etwas dabei. Besonders erfolgreich ist einer der ältesten nach- und der Schweiz beachtliche 197,5 Milliarden Euro in nach- Die Branche der nachhaltigen Geldanlage ist leider sehr un- haltigen Aktienfonds, der Erste WWF Stock Umwelt (ISIN haltige Investments, so stammen 97 Prozent dieser Gelder aus reguliert und nicht jedes Investmentprodukt hält, was es AT0000705678). Der Fonds wurde bereits 2006 gemeinsam dem institutionellen Sektor und nur drei Prozent von priva- verspricht. „Grundsätzlich ist es so, dass nachhaltige Invest- mit der Umweltschutzorganisation WWF aufgelegt und er- Illustration: istock.com ten AnlegerInnen. Dabei gibt es in Österreich eine positive mentprodukte neben einer finanziellen Rendite auch einen zielte allein im vergangenen Jahr eine Performance von 14,86 Ausnahme. Von den insgesamt 9,5 Milliarden Euro, die 2014 positiven sozialen oder ökologischen Mehrwert erzielen soll- Prozent. In den letzten drei Jahren legte der Fonds sogar um Stefan Rößler, hierzulande in nachhaltige Investmentformen flossen, stam- ten“, betont Rößler. Mit einer Anlage in einen Mikrofinanz- über 70 Prozent zu und zählt damit zu den erfolgreichsten Analyst der men 23 Prozent von privaten AnlegerInnen – Tendenz stark fonds fließt zum Beispiel Geld in kleine Unternehmen in nachhaltigen Aktienfonds in Österreich. Erste Asset Management steigend. ['∫pa:rkassәn] 22 ['∫pa:rkassәn] 23
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