Investors' Outlook Aufputsch-Spritze für die Wirtschaft - Dezember / Januar 2020 - Vontobel Asset Management
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2 Inhalt Impressum 4 6 Herausgeber Bank Vontobel AG Gotthardstrasse 43 8022 Zürich Redaktion Martin Gelnar Autoren* Dr. Reto Cueni Chief Economist, Vontobel Stefan Eppenberger Equity & Commodity Strategist, Vontobel Sergey Goncharov 3 Portfoliomanager, Vontobel Editorial Frank Häusler Chief Investment Strategist, Vontobel Mario Montagnani 4 Senior Investment Strategist, Vontobel Anlagestrategie Sandrine Perret Senior Economist und Fixed Income Strategist, Impfhoffnungen geben Anlass zur Hochstufung Vontobel europäischer Aktien Dr. Sven Schubert Head of Strategy Currencies, Vontobel Dan Scott 6 Chief Investment Officer, Head of Impact & Thematics, Makro Highlights Vontobel Wouter Van Overfelt, PhD Head of Emerging Market Corporates, Ausblick 2021: «Liebe Fluggäste, bitte nehmen Sie Senior Portfolio Manager, Vontobel Ihre Plätze in der Economy Class ein» Erscheinungsweise Zehnmal pro Jahr (nächste Ausgabe Februar 2021) 10 Konzept Anlagen im Fokus MetaDesign AG Gestaltung & Realisation Moldawische Unternehmensanleihen? Vontobel Wir beschreiten neue Wege Bilder Gettyimages, Vontobel 12 Redaktionsschluss 2. Dezember 2020 Anlageklassen im Fokus Bemerkungen * Siehe Seite 17 «Rechtliche Hinweise»: Analystenbestätigung 16 Prognosen
Editorial 3 Aufputsch-Spritze für die Wirtschaft Sehr geehrte Leserinnen und Leser — Dan Scott Deutschland, die USA, Grossbritannien, Russland, China, Chief Investment Officer, Head of Impact & Thematics, Indien, Japan, Kasachstan: die Liste der Länder, die an Vontobel der Erforschung und Entwicklung von Covid-19-Impfstof- fen beteiligt sind, wird mit jedem Tag länger. In einer Zeit bedrohter internationaler Zusammenarbeit ist diese Nachricht ein Zeichen, dass es noch immer möglich ist, im globalen Rahmen ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Risikorückgang ist Rückenwind für Finanzmärkte … Da die US-Wahlen nun ohne grössere Probleme hinter Die Bank of England überraschte im vergangenen Monat uns liegen, entfällt ein Risiko, das die Finanzmärkte in den mit einem neuen Konjunkturpaket von 150 Milliarden vergangenen Monaten belastet hatte. Der gewählte Präsi- Pfund (170 Milliarden Euro). Bald darauf deutete die Euro- dent Joe Biden hat seine Unterstützung für das vorge- päische Zentralbank an, dass weitere Unterstützungs- schlagene zweite Konjunkturpaket von 2.2 Billionen US- massnahmen noch vor Weihnachten folgen würden. Dollar bekräftigt und einen weiteren Aufbauplan von 7 Billionen angekündigt – das sind gute Nachrichten für Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir weiterhin Aktien die Märkte. Der einzige Haken: Anleger werden wahr- gegenüber Anleihen. Aufgrund der besseren Bewältigung scheinlich bis zum nächsten Jahr auf die staatlichen der Corona-Krise in der Region favorisieren wir weiterhin Finanzspritzen warten müssen. Doch das Corona-Risiko Schwellenländeraktien. Dies gilt insbesondere für Asien, ist noch immer allgegenwärtig, zumal die Fallzahlen welt- das zwei Drittel der Emerging-Markets-Indizes ausmacht. weit stark ansteigen. Die Furcht vor kurzfristig verschärf- Wir bleiben bei unserer Untergewichtung von Anleihen – ten Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie hat die mit Schwellenländeranleihen als einziger Ausnahme. Die- Märkte jedoch nicht beeindruckt, da vielversprechende ses Teilsegment haben wir aufgrund der relativ attrakti- Kandidaten für einen wirksamen Impfstoff nun zum Grei- ven Renditen und der Diversifikationsvorteile auf fen nahe sind. Mit der Verteilung könnte noch vor Jahres- übergewichten heraufgestuft. Bei Gold hat uns das ende begonnen werden, sofern die abschliessenden begrenzte Aufwärtspotenzial zur Reduzierung unserer Genehmigungen bis dahin vorliegen. Der wirtschaftliche Übergewichtung veranlasst. Dennoch schätzen wir seine Schaden der anhaltenden «Lockdowns» wird daher als Pufferfunktion bei unvorhergesehenen Ereignissen und vorübergehender Einmaleffekt betrachtet. als Absicherung gegen Währungsabwertungen. … ebenso wie nachlassende Spannungen und aktive Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre der letzten Zentralbanken Ausgabe unseres Investors’ Outlook in diesem Jahr. Die Biden-Regierung wird in Handelsgesprächen wahr- Sie enthält detaillierte Einblicke in unsere makroökonomi- scheinlich kooperativer auftreten. China hat unterdessen schen Szenarien für das Jahr 2021, das aller Voraus- ein bedeutendes multilaterales Freihandelsabkommen sicht nach weniger stürmisch verlaufen wird als das ver- mit 14 Ländern der Asien-Pazifik-Region unterzeichnet: gangene. Unter der Bezeichnung Regional Comprehensive Econo- mic Partnership (RCEP) entsteht der grösste Handels- block der Welt, der fast ein Drittel der Weltbevölkerung umfasst. Während rund um den Globus weiterhin Kriege wüten, wurde in der Nachbarschaft Europas der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan durch eine von der Türkei und Russlands vermittelte Waffenruhe ent- schärft. Derartige Entwicklungen dürften in Verbindung mit der Unterstützung durch die Zentralbanken den Märkten künftig weiteren Auftrieb verleihen. Webcast Um Dan Scotts Webcast zu den neuesten Markt- entwicklungen zu sehen, klicken Sie bitte auf folgenden Link: vonto.be/macro-en-dec20
4 Anlagestrategie — — Frank Häusler Mario Montagnani Chief Investment Strategist, Senior Investment Strategist, Vontobel Vontobel Impfhoffnungen geben Anlass zur Hochstufung europäischer Aktien Die kleine bedrohliche Kugel mit Saugnäpfen wird ver- zum anderen die steigende Anlegernachfrage nach zykli- mutlich in diesem Jahr Thanksgiving, Weihnachten und schen Aktien. Immerhin sind viele zyklische Unterneh- Silvester verderben. Oder könnte das Coronavirus viel- men, deren Geschäft sich analog zu Konjunkturauf- leicht bald nur noch eine vage Erinnerung sein? Plötzlich schwüngen oder -abschwüngen entwickelt, in Europa beherrschen Meldungen über vielversprechende Impf- beheimatet. Angesichts der besseren Aussichten könn- stoffe die Schlagzeilen. Dadurch steigt die Hoffnung auf ten Anlegern, die gegenüber europäischen Aktien nega- eine umfassende Immunität der Bevölkerung und bessere tiv eingestellt sind, kurz- bis mittelfristig Gewinne entge- Zeiten für die Wirtschaft. Dem sprunghaften Anstieg der hen. Bei Aktien bevorzugen wir weiterhin die Emerging Finanzmärkte nach zu urteilen, hat sich die Stimmung in Markets. Den asiatischen Volkswirtschaften ist es beson- Bezug auf den Nachrichtenfluss weltweit deutlich aufge- ders gut gelungen, die Pandemie unter Kontrolle zu brin- hellt. gen. Weitere Pluspunkte sind eine attraktive Zusammen- setzung der Schwellenländerindizes sowie bessere Derweil tragen in den USA die zunehmenden Spannun- Bewertungen als in den Industrieländern. gen zwischen der politischen Linken und der Rechten zu einer Verschärfung der ohnehin schon kritischen Corona- Fokus auf Schwellenländeranleihen krise bei. Ob Joe Biden die glühenden Trump-Anhänger Wir bleiben bei unserer insgesamt negativen Einschät- auf seine Seite bringen kann, ist ungewiss. Unterdessen zung von Festzinsanlagen. Während die wichtigsten Zen- sind die Marktteilnehmer mit dem Ergebnis der Wahl vom tralbanken der Welt die Leitzinsen zur Unterstützung des 3. November offenbar zufrieden und begrüssen die Aus- Wirtschaftswachstums niedrig halten werden, dürften die sicht auf einen demokratischen Präsidenten, der durch Marktzinsen in den nächsten Monaten steigen, wenn einen in zwei Lager gespaltenen US-Kongress kontrolliert auch langsam und schrittweise. Dies dürfte vor allem wird. Während die Präsidentschaftswahl im Grunde ent- 2021 der Fall sein, wenn die erhoffte weltweite Konjunk- schieden ist, könnten sich die Demokraten durch eine turerholung einsetzt. Daher haben wir Staatsanleihen von Stichwahl im US-Bundesstaat Georgia theoretisch noch neutral auf negativ herabgestuft und Schwellenländeran- die Mehrheit im Senat und damit in beiden Kammern leihen auf positiv hochgestuft. Da wir von einem allmäh- sichern. Anfang Januar werden wir mehr wissen. lichen Anstieg der Marktzinsen ausgehen, haben wir auch unsere starke Übergewichtung von Gold reduziert. Aktien erscheinen insgesamt weiterhin attraktiv. Auf regi- Details zur Asset Allocation können Sie der Tabelle auf onaler Ebene schätzen wir Europa nun positiver ein und Seite 5 entnehmen; ausführliche Einschätzungen zu den stufen die Region daher auf neutral hoch. Gründe hierfür Anlageklassen finden Sie auf den Seiten 12 bis 15. sind zum einen der Optimismus über einen Impfstoff und
5 UNTERGEWICHTET NEUTRAL ÜBERGEWICHTET stark leicht leicht stark 1 Wir behalten unsere Untergewichtung bei. Flüssige Mittel zu halten, scheint wenig sinnvoll, wenn sich die Liquide Mittel Zinsen nahe null bewegen und Aussichten auf eine Zinserhöhung ständig weiter verschoben werden. 2 Zwar bewegen sich die Zinsen in vielen Märkten hartnäckig im negativen Terrain, doch im Zuge der Anleihen Erholung der Wirtschaft von der Coronakrise werden sie allmählich wieder steigen. Der Anstieg dürfte sich jedoch langsam und schrittweise vollziehen – für zehnjährige US-Staatsanleihen rechnen wir innerhalb von zwölf Monaten mit einem Niveau von 1.2 %. Wir bleiben bei unserer insgesamt negativen Einschät- zung festverzinslicher Anlagen, stufen Staatsanlei- hen jedoch von neutral auf negativ herab. Gleichzei- tig heben wir Schwellenländeranleihen auf positiv an. Auf diese Weise wollen wir attraktivere Renditen erzielen, ohne das Risiko deutlich zu steigern. 3 Aufgrund der wachsenden Hoffnungen auf einen Impfstoff und der besseren Konjunkturaussichten Aktien bekräftigen wir unsere Aktien-Übergewichtung. Mit ihren attraktiven Überschussrenditen ist die Anlageklasse Anleihen weiterhin überlegen. Inner- halb des Aktiensegments heben wir Europa von untergewichtet auf neutral an. Die Region verfügt über einen hohen Anteil zyklischer Unternehmen, die bei den Anlegern in jüngster Zeit stärker gefragt waren. Die Emerging Markets gehören nach wie vor zu unseren Favoriten. Die Aktien der Unternehmen der Region dürften unter anderem von der voraus- sichtlich handelsorientierten Ausrichtung Joe Bidens profitieren. Wir behalten unsere positive Haltung in Bezug auf andere Regionen wie die USA, Japan und die Schweiz aufgrund ihrer attraktiven Bewertungen, technischen Trends, Ertragsdynamik und Qualität bei. 4 Gold hat für uns weiter einen hohen Stellenwert, doch wir sehen nun von einer starken Übergewich- Gold tung ab. In Erwartung einer geordneten Übergabe der Amtsgeschäfte in Washington und angesichts niedrigerer geopolitischer Risiken hat Gold als Safe- Haven-Anlage an Attraktivität verloren. Dies dürfte zusammen mit dem jüngsten Impfstoff-Optimismus dazu führen, dass Gold als Absicherung gegen unvorhergesehene Ereignisse für Anleger weniger interessant wird. Zudem erwarten wir keinen weite- ren Rückgang der Realrenditen. Dementsprechend gibt es für den Goldpreis aus unserer Sicht kurz- bis mittelfristig keine wesentliche Unterstützung. 5 Rohstoffe haben sich seit dem späten Frühjahr gut entwickelt und von der globalen Konjunkturerholung Rohstoffe profitiert. Es wäre jedoch verfrüht, in dieser Anlage- klasse eine Übergewichtung aufzubauen. Wir setzen weiter auf unsere neutrale Bewertung. 6 Daneben bleiben wir gegenüber alternativen Anlagen wie Versicherungsverbriefungen («Insurance-Linked Alternative Securities», ILS) neutral. Sie dienten in Zeiten hoher Volatilität als Puffer. Nachdem die Zentralbanken die Strategien Finanzmärkte beruhigen konnten, sank der Bedarf an Auffangnetzen. Wir haben daher nun insgesamt eine neutrale Haltung gegenüber alternativen Anlagen (zuvor positiv). Veränderung zum Vormonat: gleich erhöht verringert
6 Makro Highlights Ausblick 2021: «Liebe Fluggäste, bitte nehmen Sie Ihre Plätze in der Economy Class ein» Flughäfen sind während der Pandemie quasi zu Sperrgebieten geworden. Die Einführung eines Impfstoffs könnte den Luftverkehr jedoch wieder beflügeln. Gleiches gilt für die Weltwirtschaft im Jahr 2021, die unserer Ein- schätzung nach die düsteren Corona-Sturmwolken weitgehend hinter sich lassen dürfte. Die Ansage lautet daher: Nehmen Sie Ihre Plätze in der Economy Class ein. — — — Dr. Reto Cueni, Sandrine Perret Dr. Sven Schubert Chief Economist, Senior Economist und Head of Strategy Currencies, Vontobel Fixed Income Strategist, Vontobel Vontobel Die unheimliche Stille auf den Flughäfen Europas reflek- grund der Konjunkturbelastung durch die Eindämmungs- tiert die wirtschaftlichen Nöte der Region in diesem Jahr. massnahmen hingegen nicht Schritt halten können. Im Doch anders als im Frühjahr bleibt der Wirtschaft bei den zweiten und dritten Quartal des Jahres rechnen wir mit derzeitigen Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie einer kräftigen Wachstumserholung – nicht zuletzt, da gerade noch genug Luft zum Atmen. Einige hoffnungs- das wärmere Wetter einen Rückgang des Infektionsge- volle Signale, die von den weiterhin positiven Wirtschafts- schehens erwarten lässt, sodass die Regierungen die daten der USA und Chinas ausgehen, und die anhaltende Einschränkungen aufheben können. Ein erfolgreicher Erholung der globalen Exporte im dritten Quartal stützen Anlauf der Massenimpfungen im Frühjahr wäre ein weite- dieses relativ optimistische Szenario. Während die Pan- rer positiver Faktor. demie vor allem in den USA weiter um sich greift, schei- nen China und die meisten wichtigen Volkswirtschaften Die Staaten der Eurozone und die USA werden ihre ange- des asiatischen Kontinents das Virus unter Kontrolle schlagenen Volkswirtschaften mit weiteren Konjunktur- gebracht zu haben. Diese Länder sind der gegenwärtige programmen unterstützen. Demzufolge werden sich Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. Demgegenüber Zweitrundeneffekte wie Konkurse, Insolvenzen oder Ent- erwarten wir für die Eurozone zum Ende des Jahres eine lassungen in Grenzen halten. Die Zentralbanken werden Double-Dip-Rezession und für die USA ein verhaltenes ihre extrem expansiven Massnahmen wie angekündigt Wachstum. Unser Hauptszenario für das nächste Jahr ist umsetzen und viel Liquidität bereitstellen, damit die Ren- jedoch positiv. diten trotz steigender Verschuldung und mehr Wachstum niedrig bleiben. An diesem Kurs werden auch anziehende Verbraucherpreise nichts ändern. Letztere werden sich Unser Basisszenario: BOARDING von den Tiefständen nach der ersten Corona-Welle 2020 (Wahrscheinlichkeit 60 %) erholen. Infolgedessen wird die Inflation wieder auf das «normale» Niveau von 2019 steigen. Zudem dürfte sich In unserem Basisszenario für 2021 können die Fluggäste die Präsidentschaft von Joe Biden leicht positiv auf nach längerer Wartezeit ihre Plätze in der Economy Class den Welthandel auswirken. Während die USA und ihre einnehmen. Im ersten Quartal wird das Wachstum traditionellen Verbündeten voraussichtlich wieder schwach ausfallen, wobei Asien als globaler Wachstums- wie gewohnt zusammenarbeiten werden, wird die sino- motor fungieren wird. Europa und die USA werden auf- amerikanische Konkurrenz bestehen bleiben.
7 Eurozone, Schweiz, Grossbritannien: schwacher Start mit Happy End In unserem Basisszenario wird die Wirtschaftstätigkeit in der Eurozone selbst bis Ende 2021 nicht das Vorpande- mie-Niveau erreichen – und dies trotz unserer prognosti- zierten jährlichen Wachstumsrate von 5.1 %. Die meisten Lockdown-Beschränkungen werden im ersten Quartal aufhehoben werden, und dank dem warmen Sommerwet- ter dürfte die Ansteckungsgefahr sinken. Dies dürfte sich positiv auf das Verbraucher- und Geschäftsklima auswir- ken. In der Folge wird es im zweiten und dritten Quartal zu einer deutlichen Konjunkturerholung kommen. Erfolg- reiche Impfkampagnen unterstützen die Stimmung und sorgen dafür, dass die Wirtschaft auch in der kühleren Jahreszeit im weiteren Jahresverlauf 2021 nicht herunter- gefahren wird. Europa gelingt es, die unterschiedlichen Vorstellungen zum Wiederaufbaufonds zu vereinen. Mit den im Frühjahr beginnenden Mittelflüssen in die von der Corona-Krise betroffenen Volkswirtschaften zerstreuen sich die Sorgen über Zweitrundeneffekte der Pandemie (wie Konkurse von Unternehmen oder ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit). Darüber hinaus glätten sich die Wogen dank eines vorläufigen Handelsabkommens zwischen Brüssel und London sowie den besseren Han- lose wieder nach und nach in den Arbeitsmarkt zurück- delsbeziehungen mit den USA. Im Laufe des Jahres wird kehren, dürften die Leitzinsen im nächsten und über- die Inflation wieder auf das vor der Pandemie verzeich- nächsten Jahr und wahrscheinlich bis weit in das nete «normale» Niveau von rund 1.5 % ansteigen. Die Jahr 2024 hinein auf dem Tiefstand bleiben. Europäische Zentralbank (EZB) wird kaum über expansive Aussagen und die Umsetzung der angekündigten Mass- Emerging Markets: Erholung der Volkswirtschaften nahmen hinausgehen (wir erwarten, dass die Währungs- Eine unterstützende Geldpolitik in vielen Schwellenlän- hüter die Anleihekäufe bereits im Dezember 2020 aus- dern, ein geringeres Risiko einer Verschlechterung der weiten werden). Die Erholung in Europa und der Welt Handelsbeziehungen mit den USA und ein umfassendes überträgt sich auch auf die Schweiz und Grossbritannien. Freihandelsabkommen zwischen 15 asiatischen Ländern: Dies sind nur drei positive Aspekte, die die Wachstums- Die Bank of England hält an ihrer extrem expansiven aussichten für Asien und die Emerging Markets (EM) ins- Geldpolitik fest, und die Schweizerische Nationalbank gesamt verbessern. Wir prognostizieren eine Erholung interveniert weiterhin an den Devisenmärkten, um den des realen BIP-Wachstums auf 6.5 % in den Emerging Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken abzu- Markets und 8.4 % in China. Der EM-Bankensektor sollte schwächen. für die voraussichtliche Zunahme notleidender Kredite gut gerüstet sein. Nach unserem Verständnis sind die USA: Wachstumserholung nach Q1, Inflation unter dem Länderausfallrisiken – eine Hauptsorge der Anleger – in Zielwert den meisten Ländern überschaubar. Trotz der massiven Nach dem Corona-Schock wird sich die US-Wirtschaft Liquiditätsspritzen ist ein starker Inflationsanstieg 2021 weiter erholen und 2021 mit 3.9 % wachsen. Wie in unwahrscheinlich. Die Rohstoffpreise bleiben unter ihrem Europa wird sich das Wachstum zum Sommer hin schritt- Niveau von 2019, und der Dienstleistungssektor samt weise beschleunigen. Die Regierung unter Joe Biden wird Tourismus besitzt viel Aufholpotenzial. eine weitere fiskalpolitische Unterstützung anstreben, wobei viel davon abhängen wird, ob der US-Kongress weiterhin entlang der Parteilinien gespalten bleibt. Die Pessimistisches Szenario: GROUNDED endgültige Zusammensetzung einer der Kammern (des (Wahrscheinlichkeit 20%) Senats) wird erst nach einer Stichwahl im Bundesstaat Georgia am 5. Januar feststehen. Derzeit sieht es so aus, Bei diesem Szenario gehen wir davon aus, dass mehrere als würde der Senat in republikanischer Hand und der Risiken zugleich die Konjunktur belasten werden. Dazu Kongress somit gespalten bleiben, was umfangreichen zählen strengere Lockdowns, erfolglose Impfkampagnen Steuerreformen oder massiven Konjunkturprogrammen und anhaltende Querelen über Konjunkturmassnahmen, unter Präsident Biden im Weg stehen würde. Zugleich sodass diese ins Leere laufen, was wiederum verhee- setzt der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, rende Zweitrundeneffekte zur Folge hat. Jede zusätzliche das gesamte Jahr die Massnahmen zur geldpolitischen Unterstützung durch die Zentralbanken wird durch die Lockerung fort und sorgt damit für niedrige Anleiherendi- Zurückhaltung der Verbraucher und Unternehmen ten und günstige Finanzierungsbedingungen. Wir gehen zunichtegemacht. Dieses Szenario kalkuliert einen weite- davon aus, dass die jährliche Gesamtinflation im nächs- ren Abschwung ein, bei dem die weltweite Wirtschafts- ten Jahr 1.9 % betragen und damit unter dem neuen leistung Ende 2021 weit unter dem Niveau vor dem Aus- Durchschnittsinflationsziel liegen wird. Während Arbeits- bruch des Coronavirus liegt.
8 Makro Highlights Unsere Konjunkturszenarien für 2021 – Global: Lockerungen* in Q1, starke Erholung ab Q2 lässt im H2 nach, Impfstoff u. Fiskalimpuls wirken – USA: Wachstumsschwäche in Q1, -erholung ab Q2 & in H2 2021, nur lokale Corona-Beschränkungen Boarding – Eurozone: Erholung nach schwachem Q1, EU-Wiederaufbaufonds, reibungsloser Brexit-Übergang 60% – China: Erholung hält trotz schwachem Q1 in Europa / USA an, China normalisiert Stützungsmassnahmen – Zentralbanken: Umsetzung angek. Massnahmen, signalisieren «anhaltende Unterstützung» bis Q4 Tritt ein, wenn eine der folgenden Entwicklungen zu beobachten ist: – Global: Neue Lockdowns, auch in Asien, keine fiskal. Unterstützung, starke Zweitrundeneffekte Grounded – USA: Strenge Lockdowns in Q1, stark negative Zweitrundeneffekte behindern Erholung 2021 20% – Eurozone: Starke Zweitrundeneffekte von Lockdowns, kein Wiederaufbaufonds, Brexit-Desaster – China: Spannungen im südchin. Meer oder an der Grenze Indiens, mehr Zahlungsausfälle im Inland – Zentralbanken: Signalisieren erneutes «Whatever it takes», weiten Bilanzen massiver aus (wie 2020) Tritt ein, wenn eine der folgenden Entwicklungen zu beobachten ist: – Global: Zügige Lockerungen*, Impfungen & fiskalischer Impuls lassen Wirtschaft ab Q1 durchstarten Take-off – USA: Unwesentliche Lockdowns, höhere Staatsausgaben, Geschäftsklima durch Impfstoff belebt 20% – Eurozone: Aufbaufonds greift, schnelle Lockerungen* & Besserung der Handelsbez. EU-USA / GB – China: Spannungen mit USA & Nachbarn entschärft, kaum Forderungsausfälle, boomender Export – Zentralbanken: Setzen angek. Massnahmen um, signalisieren ab Herbst weniger Unterstützung * «Lockerungen» beziehen sich auf die Einschränkungen zur Eindämmung des Covid-19 Virus Quelle: Datastream, Vontobel (Prozentwerte geben unsere erwartete Eintrittswahrscheinlichkeit an) Eurozone, Schweiz, Grossbritannien: schwach auf nur 1.5 % zur Folge. Durch einen chaotischen Übergang ganzer Linie von der Trump- zur Biden-Regierung und ein daraus Das negative globale Wachstumsumfeld belastet den resultierendes vorübergehendes politisches Vakuum Exportsektor der Europäischen Währungsunion erheb- könnten sich wichtige Entscheidungen verzögern. Glo- lich. Da die meisten Corona-Beschränkungen länger in bale wirtschaftliche und politische Unsicherheiten führen Kraft bleiben, gerät auch die heimische Nachfrage ins zu Kapitalflüssen in den US-Dollar als sicheren Hafen, Stocken. Hinzu kommen spezifische europäische Prob- was weitere Massnahmen der Fed – einschliesslich einer leme, wodurch das jährliche Wachstum bis auf 2 % möglichen Senkung des Leitzinses unter null – nach sich schrumpft. Diese Zahl mag zunächst solide erscheinen, ziehen würde. Das Verbrauchervertrauen und die Kon- ist im Vergleich zu der extrem niedrigen Wachstumsrate sumausgaben sind stark beeinträchtigt. 2020 aber ernüchternd. Politische Divergenzen lassen den bereits beschlossenen EU-Wiederaufbaufonds Emerging Markets: Corona und Geopolitik als scheitern, was die negativen Zweitrundeneffekte in den Hauptrisiken schwächeren Peripherieländern verstärkt und Sorgen Eine neue Welle der Pandemie und eskalierende geopoli- über ein Auseinanderbrechen der Eurozone schürt. Brüs- tische Spannungen drücken das Wachstum in den Emer- sel und London können sich nicht einmal auf die grund- ging Markets auf 3.5 % und in China auf 5 %. Dabei hält legenden Handelsbedingungen nach dem Brexit einigen, sich der Rückgang in Grenzen, weil das Wachstum 2020 sodass sich die wirtschaftlichen Aussichten in ganz ohnehin schon schwach war. Die Hoffnungen auf bessere Europa verschlechtern, und die Inflation verharrt auf sehr Handelsbeziehungen zwischen China und den USA erfül- niedrigem Niveau. Die EZB bringt neue Unterstützungs- len sich nicht. Der Umgang Chinas mit der uigurischen massnahmen auf den Weg, die jedoch keine deutliche Minderheit oder Hongkong ist nach wie vor besorgniser- Konjunkturerholung in Gang setzen, weil Haushalte und regend, ebenso wie die zunehmend aggressive Haltung Unternehmen kürzertreten wollen – oder müssen. des Landes gegenüber einigen Nachbarstaaten. Zuneh- mende Ausfälle bei Unternehmen oder Staaten sind reale, USA: geringes Wachstum, niedrige Inflation und mehr wenn auch wahrscheinlich nur moderate Risiken für 2021. Zentralbankunterstützung Eine unkontrollierbare Pandemie-Entwicklung sowie ver- zögerte oder erfolglose Impfkampagnen führen zu einer Optimistisches Szenario: TAKE-OFF Double-Dip-Rezession in den USA und einer anschlies- (Wahrscheinlichkeit 20%) senden langsamen Erholung. Negative Zweitrundenef- fekte und einige Unternehmensinsolvenzen schwächen In diesem Szenario sinkt die Zahl der Neuinfektionen sehr den Preisdruck und haben ein jährliches Wachstum von schnell, weil sich die Eindämmungsmassnahmen und
9 Impfstoffe als überraschend effektiv erweisen. Dadurch Grafik 1: Globales BIP steigt im zweiten Halbjahr 2021 verbessert sich das Verbraucher- und Geschäftsklima über Vor-Corona-Niveau deutlich und führt bereits im ersten Quartal und im übri- Index (Q4 2019 = 100) gen Jahr zu einer kräftigen Erholung. Mit umfassenden fiskalischen Anreizmassnahmen werden der von der Pan- 160 demie verursachte wirtschaftliche Schaden kompensiert 104 und Zweitrundeneffekte unterbunden. Auch wenn sich 102 die Inflation dem Zielniveau annähert oder es sogar über- 100 schreitet statt sich nur zu «normalisieren» (wie in unse- 98 rem Basisszenario «Boarding»), legen die Zentralbanken 96 weiter Unterstützungsprogramme auf und fahren erst 94 gegen Ende 2021 ihre «volle Unterstützung» allmählich 92 zurück. 90 Q4 2019 Q2 2020 Q4 2020 Q2 2020 Q4 2020 Eurozone, Schweiz, Grossbritannien: solider Start Boarding (Basisszenario) weckt Lebensgeister Grounded (negatives Szenario) Take-off (positives Szenario) Das Wachstum der Eurozone erholt sich bereits im ersten Quartal kräftig. Diese Entwicklung setzt sich über den Quelle: Vontobel; Prognosen basieren auf unseren Szenario-Annahmen Sommer fort, sodass das BIP-Wachstum zum Jahresende bis auf 6.8 % zulegt, was leicht über dem Vorpandemie- Niveau liegt. Möglich wird dies durch eine erfolgreiche Eindämmung der Pandemie und gelungene Impfkampag- Grafik 2: Verbraucherstimmung in China hellt sich auf – nen, sodass die Regierungen die Lockdown-Massnahmen Eintrübung in Europa und den USA in ganz Europa rasch lockern können. Die zügige Bereit- Index (Standardabweichung vom langfristigen Durchschnitt) stellung der Gelder aus dem EU-Wiederaufbaufonds und 4 die positive Stimmung begrenzen Zweitrundeneffekte. 3 Europa, Grossbritannien und die USA nehmen die Koope- 2 ration im Handel und darüber hinaus wieder auf, wodurch 1 sich auch die Wachstumsraten in der Schweiz und in 0 Grossbritannien deutlich erholen. Die EZB setzt ihre –1 angekündigten Massnahmen im Verlauf des Jahres um, –2 äussert sich im dritten Quartal jedoch vorsichtiger und –3 deutet eine weniger expansive Geldpolitik an. –4 11.00 11.02 11.04 11.06 11.08 11.10 11.12 11.14 11.16 11.18 11.20 USA: Wachstum zieht mit Abklingen der Pandemie USA stark an Eurozone China Eine milde verlaufende zweite Welle mit nicht allzu stren- gen Kontaktbeschränkungen im Winter hat die Wirtschaft Quelle: BLS, Eurostat, Chinesisches Statistikamt, Refinitiv Datastream, Vontobel bereits im ersten Quartal auf einen rasanten Wachstums- kurs geschickt. Ein freundlicheres Geschäftsklima sorgt für höhere Investitionsausgaben und stimuliert den Arbeitsmarkt. Eine Belebung im Dienstleistungssektor Grafik 3: Zentralbanken (v. a. in Industrieländern) leisten beflügelt das Wachstum in der ersten Jahreshälfte und kräftigen Beitrag zum Anstieg der Liquidität lässt das BIP im Gesamtjahr um 5.7 % steigen. Die Ver- In % (Veränderung ggü. Vj.) braucher profitieren von einer sich rasch verbessernden 30 Arbeitsmarktlage und der Wiedereröffnung wirtschaftli- 25 cher Schlüsselsektoren. 20 15 Emerging Markets: Dienstleistungen überraschen 10 Die Schwellenländer und Finanzmärkte profitieren von 5 positiven Nachrichten. Während sich die Produktionska- 0 pazitäten der Auslastung von 2020 annähern, stellen die –5 Kontaktbeschränkungen für den Dienstleistungssektor 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 immer noch eine enorme Belastung dar. Wirksame Impf- Geldmenge M1 (global) stoffe und ein verbessertes Konsumverhalten rund um M1 in Industrieländern M1 in Schwellenländern den Globus, die Sektoren wie der Tourismusbranche in den Emerging Markets Unterstützung verleihen, wirken Quelle: Nationale Zentralbanken, Refinitiv Datastream, Vontobel als Stimmungsaufheller. In diesem Szenario beschleunigt sich das Wachstum in den Emerging Markets auf 7.5 % und in China auf 9.0 %.
10 Anlagen im Fokus – – Wouter van Overfelt Sergei Goncharov Head of Emerging Market Portfolio Manager, Corporates, Vontobel Senior Portfolio Manager, Vontobel Moldawische Unternehmensanleihen? Wir beschreiten neue Wege Die Republik Moldau ist kein traditionelles Reiseziel und befindet sich auch nicht auf dem Radar der meisten Anleihenanleger. Als aktive Asset Manager denken wir jedoch, dass wir in dieser Region etwas Spezielles entdeckt haben. Im Zuge unserer Research-Tätigkeit haben wir zudem den Wein und das Brot des Landes sowie die lokale Tradition des Ringkampfs kennengelernt (wenn auch nur virtuell). Zudem weisen die Anleihen des Agrarunternehmens Trans Oil eine Rendite von 10 % auf.
11 Als aktive Anleiheanleger begeben wir uns manchmal auf Oil sind Direktkäufer in den Exportländern, nicht die faszinierende Entdeckungsreisen, die uns in die abgele- sogenannten ABCD-Unternehmen (die vier grössten gensten Ecken der Welt – oder in diesem Fall Europas – Agrarrohstoffhändler, darunter Bunge und Cargill). führen. Auf unseren virtuellen Reisen haben wir einen Emittenten entdeckt, den viele Anleger wahrscheinlich Trans Oil hat einen Umsatz von 800 Millionen US-Dollar übersehen würden, der unserer Auffassung nach aber und ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibun- eine solide Anlagemöglichkeit darstellt: Trans Oil. Das gen (EBITDA) in Höhe von 100 Millionen US-Dollar ver- Unternehmen hat seinen Sitz in der Republik Moldau, zeichnet Die Netto-Leverage beträgt 1.9x – ein Rückgang einem zwischen Rumänien und der Ukraine gelegenen gegenüber dem Wert von 4.8x im Jahr 2016. Hierbei ist Land mit 3.5 Millionen Einwohnern. Der Name Trans Oil zu beachten, dass die Netto-Leverage im Einklang mit der verleitet zu der Annahme, dass es sich um ein Erdölunter- Berechnungsmethode der Ratingagenturen 75 % der nehmen handelt. Es ist jedoch nicht im Erdölgeschäft kurzfristig absatzfähigen Lagerbestände («readily marke- tätig, sondern handelt mit Pflanzenölen und Getreide. table inventory», RMI) einschliesst, obwohl 95 % des RMI Damit fügt sich das Unternehmen gut in die Wirtschafts- faktisch bereits vorverkauft sind. Das Unternehmen region Moldau ein, wo die Schwarzerdeböden für eine schüttet keine Dividende aus, und dies ist derzeit auch ertragreiche Landwirtschaft sorgen sowie eine jahrhun- nicht zu erwarten. Das mittelfristige Ziel ist jedoch der dertelange Tradition beim Weinanbau. So wird beispiels- Börsengang nach dem Erreichen eines EBITDA von weise beim Trynta, dem traditionellen Ringkampf, der 100 Millionen USD. In diesem Fall würde voraussichtlich Gewinner eines Kampfes traditionell mit einem Laib Brot ein Dividendenmechanismus eingerichtet. belohnt (und zweifellos mit ein paar Schlücken Château Purcari). Als landesweit dominanter Akteur kann das Unterneh- men zudem seine Margen verbessern, indem es seine Ein Umfeld mit vielen Chancen Lieferanten mit Kreditlinien für Betriebsmittel unterstützt. Als ehemalige Sowjetrepublik ist Moldau ein typisches Nach unserer Einschätzung übt es damit eine positive kleineres Schwellenland mit einer gewissen Erblast, gesellschaftliche Funktion aus. Der wichtigste Wettbe- jedoch gleichzeitig eine rasch wachsende Volkswirtschaft werber von Trans Oil ist das ukrainische Unternehmen mit zunehmend verbesserten Governance-Daten und Kernel (Rating: B/B+), dessen im Januar 2027 fällige An- einer tendenziell proeuropäischen Ausrichtung (so erhielt leihen mit einer Rendite von 6.7 % notieren: Dies ver- die proeuropäische Kandidatin in der ersten Runde gleicht sich mit 10 % von Trans Oil. Grund hierfür dürfte der Präsidentschaftswahlen 35 % gegenüber 32 % für den der Umstand sein, dass der Titel, das Land Moldau – oder russlandnahen Kandidaten). Dieses Umfeld bietet An- beide – vielen Anlegern eher exotisch erscheinen mögen. leiheanlegern, die einen Vorstoss in die Frontier Markets in Betracht ziehen, attraktive Optionen. Trans Oil baut selbst Nutzpflanzen an wie Sonnenblumen Ausgewählte EM-Anleihen bergen Chancen kerne, Mais und Weizen, kauft diese zudem von externen Mit einem enormen Volumen von mehr als 2 Billio- Unternehmen und Landwirten auf, verarbeitet sie, füllt nen US-Dollar bieten Emerging-Market-Unterneh- sie ab (Sonnenblumenöl) und exportiert sie über seine mensanleihen den Anlegern ein attraktives Anlage- eigenen Hafenterminals, einschliesslich des landesweit universum, in dem sie renditeträchtige Titel einzigen Terminals mit Meereszugang. Das Unternehmen ausfindig machen können. Der Hauptgrund für eine ist mit 1’770 Beschäftigten einer der grössten Arbeitge- Anlage in diesem Fixed-Income-Segment sind ber Moldaus. Die Hälfte seiner Einnahmen erzielt Trans Marktineffizienzen. Diese bestehen, da Anleger Oil in der Europäischen Union, mit der die Republik Mol- häufig auf den Nachrichtenfluss überreagieren oder dau im Jahr 2014 ein Freihandelsabkommen unterzeich- einem Referenzindex folgen, der die individuelle net hat. Der Rest stammt aus Exporten in die Schwarz- Entwicklung einzelner Titel nicht angemessen meerregion, in die Türkei (zur Wiederausfuhr in die USA), erfasst. den Nahen Osten und nach Afrika. Sämtliche Umsätze werden in US-Dollar erwirtschaftet, während rund 70 % In der Regel sind den meisten Anlegern Unterneh- der Kosten in Lokalwährung (Leu) anfallen. Das Unterneh- men aus den Emerging Markets (EM) über die Akti- men profitiert von einem starken US-Dollar. enmärkte bekannt. Wir sind jedoch der Auffassung, dass EM-Unternehmensanleihen ein breiteres Das in den 1990er-Jahren gegründete Unternehmen Chancenspektrum als Aktien bieten. Da Anleihe- wurde Mitte der 2000er durch den derzeitigen Mehrheits- gläubiger vor Aktionären ausgezahlt werden, ist es eigentümer, den Moldauer Vaja Jhashi, erworben. Kürzlich überdies weniger riskant, über Anleihen in diese kam der US-amerikanische Private-Equity-Gigant Oak Unternehmen zu investieren als durch eine direkte Tree als strategischer Partner hinzu. Das Unternehmen Aktienanlage. Darüber hinaus erhalten Anleger für setzt sein organisches Wachstum fort und baut seine Anleihen eine Kuponzahlung, wohingegen eine Vermögenswerte weiter aus. Erst 2019 wurde im benach- Aktiendividende ausgezahlt werden kann, aber barten Rumänien eine Mühlenanlage zugekauft – in unse- nicht muss. Folglich bieten Emerging-Market-Unter- ren Augen eine gute Geschäftsentscheidung. nehmensanleihen den Anlegern eine verlässliche Einnahmequelle – oftmals mit einer höheren Rendite Die Unternehmensumsätze gehen zu etwa 40 % auf Son- als bei Titeln aus Industrieländern. Aktives Manage- nenblumenkerne, zu 20 % auf Weizen und zu 20 % auf ment, d.h. die Auswahl der «richtigen» Anleihen für Mais zurück. Mit den zehn wichtigsten Kunden wird rund ein konzentriertes Portfolio, ist häufig mit beträcht- 70 % des Umsatzes generiert, es liegt also eine gut diver- lichem Analyseaufwand verbunden. sifizierte Kundenbasis vor. Die meisten Kunden von Trans
12 Anleihen Festgefahrene Negativzinsen dürften 2021 moderat ansteigen — herenditen auf kurze Sicht weiter seitwärts tendieren. Sandrine Perret Wir erwarten, dass sich das Wachstum nach dem ersten Senior Economist, Quartal 2021 erholen und einen Wandel der Lage ein Fixed Income Strategist, Vontobel leiten wird. Für die zweite Jahreshälfte rechnen wir mit einem langsamen, schrittweisen Anstieg bei den An- leiherenditen der meisten Industrieländer, etwa einem Zuwachs von 1.20 % bei den Renditen zehnjähriger US- Staatsanleihen über zwölf Monate. Dies wäre weiterhin unter dem Niveau vor der Pandemie (siehe Grafik 1). Jüngst haben enttäuschte Hoffnungen auf weitere fiska- Die grossen Zentralbanken werden diesen allmählichen lische Stützungsmassnahmen in den USA sowie die ver- Anstieg genau beobachten. Sie werden bereitstehen, um schärfte Coronakrise die Nachfrage nach US-Staatsan- ein übermässiges Tempo und einen rasanten Anstieg der leihen beflügelt. Später fielen die Kurse jedoch aufgrund Renditen zu verhindern, was die Konjunkturerholung der Nachricht, dass ein wirksamer Covid-19-Impfstoff gefährden würde. Ebenso werden die Zentralbanken gefunden wurde. angesichts des geringen Inflationsrisikos 2021 bedingt durch die noch weitreichende Flaute auf dem Arbeits- Die demokratische Partei des designierten Präsidenten markt ihre Konjunkturmassnahmen kaum vorzeitig ein- Joe Biden hatte gehofft, die Mehrheit in beiden Kammern stellen, d. h. Reduzierung der quantitativen Lockerung des Kongresses zu erhalten, doch die «blaue Welle» blieb oder Anhebung des Leitzinses. Zudem lagen die Rendi- aus. Dementsprechend schwanden die Aussichten auf ten aufgrund struktureller Faktoren wie inflationshem- massive neue Konjunkturpakete für die Wirtschaft und mender Kräfte und dem geringen potenziellen Wachstum belasteten die Renditen von US-Treasuries. Positive Mel- in Industrieländern auch lange vor der Pandemie auf dungen zu Impfstoffen sorgten jedoch für eine Erholung einem niedrigen Niveau. der globalen Renditen. Was kommt als Nächstes? Die zyklische Erholung und das Niedrigzinsumfeld in den Aufgrund möglicher weiterer Lockdowns in den USA meisten Industrieländern sind günstige Faktoren für rechnen wir damit, dass die Anleiherenditen auf kurze Schwellenländeranleihen, ein Segment, das nach dem Sicht auf dem derzeitigen Niveau verharren werden. Der Abklingen der Corona-Risiken das Interesse der Anleger US-Kongress dürfte sich nur schwer auf ein Unterstüt- auf sich ziehen wird. Der JPMorgan EM Hard-Currency zungspaket für die Wirtschaft einigen. Unter Umständen Debt Index EMBI bietet derzeit einen Renditeaufschlag müssen wir bis zum 20. Januar auf eine Wiederaufnahme von ca. 4 % gegenüber US-Treasuries (siehe Grafik 2). Die der schwierigen Verhandlungen warten, wenn die Regie- Spreads dürften sich im kommenden Jahr weiter veren- rung unter Joe Biden die Amtsgeschäfte aufnimmt. In gen – die Renditen werden im Vergleich zu Industrielän- Europa steht der EU-Wiederaufbaufonds vor politischen dern weiter attraktiv bleiben. Wir haben das Teilsegment Hindernissen, wodurch die Verantwortung für fiskalische der Schwellenländeranleihen von neutral auf positiv her- Anreize der EZB zufällt. In diesem Umfeld dürften Anlei- aufgestuft. Grafik 1: Für 2021 lediglich moderater Renditeanstieg Grafik 2: Renditeabstände von Schwellenländeranleihen bei US-Staatsanleihen erwartet im Niedrigzinsumfeld attraktiv In % Während In % Vor Pandemie Pandemie 4.0 10 3.5 9 3.0 8 2.5 7 2.0 6 1.5 5 1.0 4 0.5 3 0.0 2 01.2018 07.2018 01.2019 07.2019 01.2020 07.2020 08.2007 08.2009 08.2011 08.2013 08.2015 08.2017 08.2019 2-jähr. Staatsanleihen 30-jähr. Staatsanleihen Bond Spread von EM-Anleihen in Hartwährungen (EMBI) 10-jähr. Staatsanleihen US-Leitzins ggü. US-Treasuries Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel Quelle: Refinitiv Datastream, JPMorgan, Vontobel
Aktien 13 Fügen Sie Ihrem Portfolio einige zyklische Titel hinzu — vorherigen «Pandemie-Zugpferden» aus den Bereichen Stefan Eppenberger E-Commerce, Digitalisierung und Online-Unterhaltung. Equity & Commodity Strategist, Abhängig vom Nachrichtenfluss könnte sich diese Sek- Vontobel torrotation fortsetzen. Den derzeitigen Gewinnern scheint ein langfristiger Kursanstieg an den Börsen bevorzuste- hen. Die meisten von ihnen haben die Anleger bereits vor der Krise mit starkem Gewinnwachstum überzeugt. Aller- dings wird sich die Situation aufgrund des Impfstoffes wieder normalisieren. Es ist ratsam, sich zu diesem Zeit- punkt auf geeignete Portfolio-Kandidaten unter den Die Aussicht auf einem Impfstoff hat zu einer Börsen- Corona-Nachzüglern zu konzentrieren. rally geführt, die sogar die Verlierer dieses Jahres wie Luftverkehr und Gastgewerbe erreicht hat. Wir nutzen Unserer Meinung nach dürften insbesondere die zykli- die jüngste Entwicklung als Chance zur Erhöhung unse- schen Sektoren profitieren. Wenn sich die Weltwirtschaft res zyklischen Engagements in Aktien. positiv entwickelt, wie bei zwei unserer drei Szenarios («Boarding» und «Take-off»), stellen Unternehmen aus Hinter uns liegen ereignisreiche Wochen für Aktienanle- dem Industriesektor und dem Sektor für zyklische Kon- ger. Einer anfänglichen Korrektur aufgrund neuerlicher sumgüter eine interessante Investition dar. Finanz- und Lockdowns in Europa folgte eine dazwischen ein Komma Energieunternehmen sollten trotz ihrer strukturellen Her- durch ein marktfreundliches Wahlergebnis in den USA, ausforderungen (hohe Renditen und niedrige Ölpreise) und nach den positiven Meldungen zu Impfstoffen von ebenfalls kurzfristig von Impfstoff-Hoffnungen profitieren. Pfizer und Moderna explodierten die Kurse förmlich. Die globalen Indizes sind nun trotz einer historischen Rezes- Die Rotation bei Aktien hat zudem Auswirkungen auf sion sicher im positiven Bereich für dieses Jahr. Aufgrund unsere regionalen Einschätzungen, die hauptsächlich das der relativen Attraktivität von Aktien im Vergleich zu Sektorengagement betreffen. Wir glauben, dass Emer- Anleihen, geldpolitischen Impulsen in Rekordhöhe und ging Markets derzeit optimale Bedingungen für Anleger steigenden Gewinnerwartungen halten wir bereits seit bieten (siehe Ausgabe November 2020 des Investors’ einiger Zeit eine Übergewichtung in Aktien. Die jüngsten Outlook). Zudem haben wir diesen Monat unsere Über- Impfstoffentwicklungen stützen unsere Haltung. gewichtung in europäischen Aktien aufgegeben, die ein besonders hohes zyklisches Engagement haben. Gewinnmitnahmen bei jüngsten Zugpferden Die positiven Impfstoff-Meldungen haben für einen Auf- Eine Sektorrotation stellt nicht alles auf den Kopf, und schwung in den Sektoren gesorgt, die zuvor am stärksten unser Ansicht nach wird die Nachfrage nach Unterneh- unter der Corona-Krise gelitten hatten. Aktien aus dem men mit starken strukturellen Wachstumsaussichten Luftfahrt-, Hotel-, Freizeit-, Getränke oder Energiesektor bestehen bleiben. So bleiben Technologieunternehmen verzeichneten innerhalb weniger Stunden starke Kursan- eine wichtige Komponente unseres Aktienportfolios. stiege. Gleichzeitig nahmen Anleger Gewinne mit bei den Grafik 1: Meldungen zu Impfstoff von Pfizer lösen Grafik 2: Zyklische Titel haben noch Spielraum zur deutliche Sektorrotation aus Fortsetzung der Rally Relative Performance ggü. MSCI World (Gesamtrendite) in USD In % Index 61.1% Internethandel 40 65 Software 30 60 Hardware 20 Medien und Unterhaltung 10 55 Investitionsgüter 0 Getränke –10 50 Verbraucherleistungen –20 45 Versicherungen –30 Banken –40 40 Energie 1999 2002 2005 2008 2011 2014 2017 2020 –50 % 0 50 % Zyklische ggü. defensiven Titeln (Veränderung ggü. Vj.) Entwicklung bis zum 6. Oktober 2020 Globaler PMI f. verarbeitendes Gewerbe (rechte Skala) Entwicklung in einer Woche mit positiven Impfstoff-Meldungen Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel
14 Rohstoffe Gold tritt beiseite, könnte aber für eine Zugabe zurückkehren — schen Haltung von Donald Trump abwenden wird, was Stefan Eppenberger die Weltwirtschaft unterstützen dürfte. Ein Covid- Equity & Commodity Strategist, 19-Impfstoff dürfte dazu ebenfalls einen Beitrag leisten. Vontobel Daher haben wir unsere Übergewichtung bei Gold leicht reduziert. Im Rückblick auf die letzten vier Jahre stellt sich die Frage, in welchem Umfang Edelmetalle die politische Ent- wicklung in den USA widergespiegelt haben. Die Präsi- dentschaft Donald Trumps hatte in der Tat beträchtliche Gold überlässt Aktien das Rampenlicht, da diese auf- Auswirkungen auf den Markt. Die Steuersenkungen der grund der Impfstoff-Meldungen und besser prognosti- Trump-Regierung Steuersenkungen führten dank eines zierbaren Wirtschaftsaussichten in den Mittelpunkt besseren Wirtschaftsausblicks zu steigenden Realzinsen. rücken. Das Edelmetall kann jedoch hinter den Kulissen Dies wiederum führte dazu, dass sich die Goldpreise bis warten und zur rechten Zeit ein Comeback starten. Vor- Ende 2018 seitwärts bewegten. Gleichzeitig gingen die erst reduzieren wir unsere Übergewichtung in Gold. ersten zwei Amtsjahre von Donald Trump mit einem Zins- erhöhungszyklus einher. Später änderte die Fed ihren Noch vor Kurzem gab es hohe Erwartungen am Markt, Kurs, da sich die Konjunktur abschwächte. Danach kam dass Gold den Preis von 3’000 US-Dollar erreichen es im Zuge einer Rally unmittelbar zu einem Anstieg des könnte, doch dieser Hype hat sich gelegt. Geringfügig Goldpreises (siehe Grafik 2), bei dem der Preis auf über steigende Realzinsen und damit höhere Opportunitäts- 2’000 US-Dollar je Feinunze anstieg. kosten für das Halten von Gold haben dafür gesorgt, dass die Goldpreise seit August auf hohem Niveau stagnieren Die Fed hält den Schlüssel zum Goldmarkt (siehe Grafik 1). Fed-Präsident Jerome Powell hat somit mehr Einfluss auf die Entwicklung von Edelmetallen als ein US-Präsident, Rückgang der Risiken ganz gleich, ob es sich um Donald Trump oder Joe Biden Wir haben die Story der «anhaltenden Goldrally» stets handelt. Die jüngste Neupositionierung der US-Geldpoli- angezweifelt, aber bislang unsere starke Übergewichtung tik hat den Handlungsspielraum der Fed bei einer Über- beibehalten, da das Edelmetall eine gute Absicherung schreitung des Inflationsziels erhöht und deutet auf einen gegen verschiedene Risiken ist. Allerdings haben diese langen Zeitraum niedriger Leitzinsen hin. Dies ist ein fun- Risiken abgenommen. Die US-Präsidentschafts- und damental «goldfreundliches» Szenario. Das Edelmetall -Senatswahlen sind vorbei, und die Finanzmärkte haben könnte also noch für eine Zugabe zurückkehren und die Wahlergebnisse entspannt aufgenommen. Es scheint, Anleger, die Gold in ihren Portfolios haben, weiter als ob die Biden-Administration sich von der isolationisti- erfreuen. Grafik 1: Wenn die Zinsen sinken, legt Gold in Grafik 2: Die Federal Reserve, nicht der US-Präsident, der Regel zu ist für den Goldmarkt entscheidend In % In USD In USD Wahlsieg –1.5 2’200 Joe Biden 2’000 –1.0 2’000 1’800 –0.5 1’800 0.0 1’600 1’600 Wahlsieg Donald Trump 0.5 1’400 1’400 1.0 1’200 1’200 Letzte Zinsanhebung durch die US-Notenbank 1.5 1’000 1’000 2018 2019 2020 2016 2017 2018 2019 2020 Realzinsen auf 10-jähr. US-Treasuries, auf Basis v. Treasury Goldpreis je Feinunze Inflation-Protected Securities, TIPS (invert.) Goldpreis je Feinunze (rechte Skala) Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel
Währungen 15 Der Euro könnte ein weiteres starkes Jahr haben — klang mit der jüngsten Reduzierung der Interventionen Sven Schubert, PhD zur Abwertung des Franken durch die Schweizerische Head of Strategy Currencies, Nationalbank (SNB) (siehe Grafik 2). Für 2021 rechnen wir Vontobel damit, dass EUR / CHF bei 1.10 notiert. Wir bleiben weiter zuversichtlich, dass sich London und Brüssel auf eine Form eines Brexit-Deals einigen. Dies könnte zu einem Anstieg des Pfund Sterling von 4 % gegenüber dem Euro führen, wodurch EUR / GBP näher an unsere Fair-Value- Schätzung von 0.82 kommen würden. Für den japani- schen Yen, der wie der US-Dollar keine zyklische Wäh- Jüngste marktfreundliche Entwicklungen – beispiels- rung ist, sehen wir 2021 nur ein moderates weise Hoffnungen auf einen Covid-19-Impfstoff – haben Aufwärtspotenzial gegenüber dem US-Dollar und ein zyklischen Währungen Schwung verliehen. Bleiben leichtes Abwärtspotenzial gegenüber den meisten ande- neue Lockdown-Massnahmen in Europa aus, könnte ren Hauptwährungen. der Euro nächstes Jahr weiter an Boden gewinnen. Die schwedische Krone, die norwegische Krone, der aus- Vor einem Jahr waren der Euro und der Schweizer Fran- tralische Dollar und der neuseeländische Dollar dürften ken unsere Top-Picks, und aufgrund des Anstiegs beider wieder zulegen. Alle sind Währungen eines export- oder Währungen hat sich unsere Prognose als richtig erwie- rohstoffabhängigen Landes. Darüber hinaus dürften Aus- sen. Der Euro könnte sich nächstes Jahr weiter gut ent- tralien und Neuseeland von der Teilnahme an der Regio- wickeln, da der Handel nach zehn Jahren der Deglobali- nal Comprehensive Economic Partnership (RCEP) profi- sierung wieder zulegen könnte. EUR / USD preist bereits tieren. Im Rahmen des kürzlich unterzeichneten einen Teil hiervon ein. Das Währungspaar Euro-Dollar breitgefassten Handelsabkommens zwischen mehr als notiert in der Regel in Jahren der Handelsexpansion nicht einem Dutzend Ländern werden Zölle auf Handelswaren unter seinem Fair Value, weshalb wir erwarten, dass es in abgebaut. den kommenden Jahren auf den Wert von 1.28 auf- schliessen wird, den wir derzeit als Fair Value betrachten. Trotz des starken Asien-Fokus des RCEP sollten auch Kurzfristig könnte das Paar EUR / USD jedoch Gegenwind andere Regionen Währungsgewinne gegenüber dem erhalten, da Teil-Lockdowns die Wirtschaft in Europa wei- US-Dollar verzeichnen. Die Einführung eines Corona- ter belasten (siehe Grafik 1). Der Ausblick für den Schwei- Impfstoffe könnte den Prozess beschleunigen und ins zer Franken ist etwas komplexer. Zwar könnte er von einer besondere den schwer getroffenen lateinamerikanischen Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar profitie- Währungen helfen. Angesichts der Abhängigkeit der ren, im Rahmen der einsetzenden globalen Konjunkturer- Emerging Markets von Exporten und Rohstoffen, glauben holung sind jedoch zeitweise geringere Safe-Haven- wir, dass der mexikanische Peso, der südafrikanische Zuflüsse möglich. Daher könnte der Franken nächstes Rand und der brasilianische Real die Hauptnutzniesser Jahr gegenüber dem US-Dollar, nicht jedoch dem Euro, eines günstigeren Wirtschaftsausblicks 2021 sein könnten. an Boden gewinnen. Ein solches Szenario steht im Ein- Grafik 1: Die umfassenden Lockdowns in Europa dürften Grafik 2: Die Schweizerische Nationalbank hat den Euro im Zaum halten Massnahmen zur Abwertung des Franken reduziert Wechselkurs Index, invertiert In Milliarden CHF 1.22 –25 14 1.20 –20 12 1.18 –15 10 1.16 –10 8 1.14 –5 6 1.12 0 4 Strengere Lockdown-Massnahmen 1.10 5 2 in Europa als in den USA 1.08 10 0 1.06 15 –2 1.04 10 –4 01.2020 03.2020 05.2020 07.2020 09.2020 12.2019 03.2020 06.2020 09.2020 EUR/USD Wöchentliche Sichteinlagen der SNB (als Indikator für Relativer Oxford Stringency Index Interventionen der Zentralbank am Devisenmarkt) (Eurozone ggü. USA, rechte Skala) Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel Quelle: Refinitiv Datastream, Vontobel
16 Prognosen Konjunktur und Finanzmärkte 2018 – 2021 Die folgende Liste zeigt für Bruttoinlandsprodukt (BIP), Inflation/Inflationserwartung, Notenbankzinsen, zehnjährige Staatsanleihen, Wechselkurse und Rohstoffe die effektiven Werte, Wechselkurse und Preise für die Jahre 2018 und 2019 sowie die Vontobel-Prognosen für die Jahre 2019 und 2020. PROGNOSE PROGNOSE BIP (IN %) 2018 2019 AKTUELLE 2020 2021 Eurozone 1.9 1.3 –4.4 –7.5 5.1 USA 3.0 2.2 –2.9 –3.6 3.9 Japan 0.3 0.7 –5.9 –5.3 2.6 Grossbritannien 1.3 1.3 –9.6 –10.4 5.5 Schweiz 3.0 1.1 –8.3 –4.7 4.0 China 6.8 6.1 4.9 2.0 8.4 INFLATION (IN %) Eurozone 1.8 1.2 –0.3 0.3 1.0 USA 2.4 1.8 1.2 1.2 1.9 Japan 1.0 0.5 0.0 0.0 0.1 Grossbritannien 2.5 1.8 0.5 0.8 1.5 Schweiz 0.9 0.4 –0.6 –0.6 0.5 China 2.1 2.9 4.5 2.5 2.0 3-MONATS- 12-MONATS- NOTENBANKZINSEN (IN %) 2018 2019 AKTUELLE PROGNOSE PROGNOSE EUR –0.40 –0.50 –0.50 –0.50 –0.50 USD 2.50 1.75 0.25 0.25 0.25 JPY –0.10 –0.10 –0.10 –0.10 –0.10 GBP 0.75 0.75 0.10 0.10 0.10 CHF –0.71 –0.69 –0.75 –0.75 –0.75 AUD 1.50 0.75 0.10 0.10 0.10 CNY 4.35 4.35 4.35 4.35 4.35 RENDITEN 10-JÄHRIGER STAATSANLEIHEN (IN %) EUR (Deutschland) 0.2 –0.2 –0.5 –0.5 –0.3 USD 2.7 1.9 0.9 0.8 1.2 JPY 0.0 0.0 0.0 0.0 0.1 GBP 1.3 0.8 0.4 0.2 0.6 CHF –0.2 –0.5 –0.5 –0.5 –0.4 AUD 2.3 1.4 0.9 0.7 0.7 WECHSELKURSE CHF je EUR 1.13 1.09 1.08 1.10 1.10 CHF je USD 0.99 0.97 0.91 0.92 0.89 CHF je 100 JPY 0.90 0.89 0.87 0.86 0.84 CHF je GBP 1.26 1.28 1.20 1.24 1.28 CHF je AUD 0.69 0.68 0.66 0.66 0.66 USD je EUR 1.14 1.12 1.18 1.20 1.24 JPY je USD 110 109 105 107 105 USD je AUD 0.70 0.70 0.72 0.72 0.74 CNY je USD 6.95 6.51 6.86 6.60 6.75 ROHSTOFFE Rohöl (Brent, USD/Barrel) 53 66 43 50 60 Gold (USD/Feinunze) 1281 1521 1893 1900 1900 Kupfer (USD/metrische Tonne) 5949 6149 6966 7500 7500 Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel; Schlusskurse für alle Daten: 13.11.2020, Prognosen mit Stand vom 19.11.2020
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