Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015

Die Seite wird erstellt Christopher Buchholz
 
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Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
Passion
Zukunft
Blick zurück nach vorne:
50 Jahre Jugend forscht
Das Jubiläumsmagazin 2015

                            Wir fördern Talente.
Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Auftakt   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                                         AUFTAKT
                                                                                                         04	
                                                                                                            Grußwort des Bundespräsidenten
                                                                                                         05	
                                                                                                            Grußwort der Bundesministerin
                                                                                                            für Bildung und Forschung
                                                                                                         06	
                                                                                                            „Mut zur Neugier“
                                                                                                         Zukunft und Wandel verantwortungs­voll           VERNETZUNG
                                                                                                         gestalten: Ein Essay von Peter Wippermann        & TEILHABE
                                                                                                                                                                                               INNOVATION
                                                                                                         98	
                                                                                                            Impressum
                                                                                                                                                                                               & WACHSTUM

                                                                                                           NEUGIER
                                                                                                           & LEIDENSCHAFT                            42     Schulterschluss mit dem Staat
                                                                                                                                                     Kraftvolles Bündnis: Der Einstieg der
                                                                                                                                                     Politik bei Jugend forscht                72     Von Note Fünf zum Doktortitel

  Entdeckergeist,
                                                                                                                                                                                               Schüler für Technik und Naturwissen-
                                                                                                                                                     44     Bildung im virtuellen Schwarm      schaft faszinieren: Das Konzept des
                                                                                                         12     Eine Idee macht Schule               Über die Demokratisierung des Lernens:    forschenden Lernens
                                                                                                         „Wir suchen die Forscher von morgen.“       Ein Gastbeitrag von Christoph Meinel

Emotionen und eine
                                                                                                         Der Start von Jugend forscht 1965                                                     76     Das Gespür für große Fragen
                                                                                                                                                     46     Public-private-Partnership         Ob Klimawandel oder Raumfahrt – die
                                                                                                         16     „Weiter, immer weiter!“              Das Netzwerk hinter Jugend forscht        Talente gehen komplexe Themen an
                                                                                                         Zwei Jugend forscht Bundessieger über

 Erfolgsgeschichte
                                                                                                         Lust und Leid wissenschaftlicher Arbeit     48     Wunder im Kleinen                  80     Kluge Köpfe gesucht
                                                                                                                                                     Grenzen überwinden: Eine Idee vereint     Der Mangel an Fachkräften droht die
                                                                                                         20     Besessen von der Materie             junge Menschen in Ost und West            deutsche Wirtschaft zu schwächen
                                                                                                         Geniale Köpfe: Forscherpersönlichkei-
                                                                                                         ten von der Antike bis zur Gegenwart        51     „Teilen bringt mehr“               82     Neugier bewahren
                                                                                                                                                     Die Plattform ResearchGate vernetzt       Wenn Wissenschaft zum Beruf wird –
                                                                                                         22     Tiefschläge und Höhenflüge           Experten rund um den Globus: Ein          Alumni erzählen von ihren Karrieren
                                                                                                         Ausprobieren, scheitern, vorwärtskom-       Interview mit Gründer Ijad Madisch
   50 Jahre Jugend forscht – das sind fünf Jahrzehnte                                                    men – Zweifel als Motor der Forschung                                                 84     Mein eigenes Ding machen

        Begeisterung für Zukunftsfragen und das                                                          24     „Dem Traum eine Chance“
                                                                                                                                                     54     Horizont erweitern
                                                                                                                                                     Die Teilnahme am Wettbewerb eröffnet
                                                                                                                                                                                               Entrepreneure: Wie Jungforscher in der
                                                                                                                                                                                               Wirtschaft Fuß fassen
    leidenschaftliche Engagement für junge Talente.                                                      Über Glücksmomente, Popularität und         auch international Chancen

 Erleben Sie, wie ein starkes Netzwerk den Nachwuchs                                                     Bodenhaftung: ESA-Astronaut Alexan-                                                   86     Mehr erreichen im Verbund
                                                                                                         der Gerst im Interview                      56     Entdeckerlust wecken               Arbeitsteilung: Wie internationale
 in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und                                                                                                  Wie Jugend forscht und andere Initiati-   Forschung von Kooperationen profitiert

   Technik fördert und warum MINT-Bildung für den                                                        28     Investment in Leidenschaft           ven den MINT-Nachwuchs stärken
                                                                                                         Warum Partner und Förderer sich für                                                   88     50 Siegerköpfe
     Innovationsstandort Deutschland so wichtig ist                                                      Jugend forscht starkmachen                  60     Von der Idee zur Siegerehrung
                                                                                                                                                     So funktioniert der Wettbewerb            90     Mehr Reputation für MINT
                                                                                                         32     Wenn der Funke überspringt                                                     Ein Plädoyer der Sozialforscherin und
                                                                                                         Vier von über 8 000: Ehrenamtliche sind     62     Netzwerk für die Zukunft           Bildungssoziologin Jutta Allmendinger
                                                                                                         das Rückgrat des Wettbewerbs                Auch über den Wettbewerb hinaus
                                                                                                                                                     fördert Jugend forscht seine Talente      93     Der Wettbewerb in Zahlen
                                                                                                         36     Verliebtheit ins Detail
                                                                                                         Von der Freude, eine Forschernatur zu       66     Marke mit Profil                   94     Schlaglichter: Forschermoden
                                                                                                         sein: Alumni erzählen                       Im Fernsehen und im Internet: Die         Flowerpower, Punkfrisuren und bauch-
                                                                                                                                                     Marke Jugend forscht zieht in den Bann    frei beim Kanzler: Eine Bilderreise durch
                                                                                                         38     Schlaglichter: We are family                                                   50 Jahre Jugend forscht
                                                                                                         Mitunter befällt das Forschervirus ganze    68     Schlaglichter: Der Promifaktor
                                                                                                         Familien – oder ruft gar neue ins Leben     Stars und Berühmtheiten begegnen:         96     „Das Netzwerk kann mehr“
                                                                                                                                                     Die glamouröse Seite des Wettbewerbs      Sven Baszio und Nico Kock über die
                                                                                                                                                                                               Zukunftspläne von Jugend forscht

                         –2–                                                                                                                                   –3–
Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Auftakt   Jugend forscht: 50 Jahre

                               Grußworte
                              zum Jubiläum

                          A                                                                                                                                       J
                                      ls Idee, als Experiment, als Wagnis – so hat Jugend forscht begon-                                                                   ugend forscht steht für eine außergewöhnliche
                                      nen. In 50 Jahren ist etwas Großes daraus geworden. Das gelang,                                                                      Erfolgsgeschichte: Knapp eine Viertelmillion
                                      weil so viele diese Idee mit Leidenschaft vertreten haben und bis                                                                    junger Menschen hat sich in den vergangenen
                                      heute mit Leben füllen: Schülerinnen und Schüler, Mentoren,                                                                          50 Jahren an dem Wettbewerb beteiligt. Die un-
                                      Wettbewerbsleiter und Juroren, Patenunternehmen und Part-                                                                            zähligen Beiträge zeigen immer wieder, zu welch
                  ner aus Stiftungen, Forschungseinrichtungen und Verbänden, auch der Bund und                                                             beeindruckenden Leistungen der Nachwuchs fähig ist.
                  die Länder. Ihr Zusammenwirken hat Jugend forscht zu Deutschlands bekanntestem                                                                    Als Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Jugend
                  Nachwuchswettbewerb für Naturwissenschaften und Technik gemacht.                                                                         forscht e. V. gratuliere ich dem Wettbewerb herzlich zu seinem
                                                    Jugend forscht ist längst eine eigenständige Marke.                                                    50-jährigen Bestehen und zu diesem beeindruckenden Erfolg.
                                          Der Wettbewerb ist ein Ideenlabor für junge Menschen, die                                                        Mein ausdrücklicher Dank gilt allen, die in dieser Zeit den Wett-
                                          aus Neugier Neues entwickeln. Mit vergleichsweise geringen                                                       bewerb zu dem gemacht haben, was er heute ist: eine wirkungs-
                                          materiellen Mitteln, aber umso größerer Phantasie bringen                                                        volle Talentschmiede für den naturwissenschaftlich interessier-
                                          sie Überraschendes zustande. Sie zeigen dabei nicht nur, was                                                     ten Nachwuchs.
                                          in ihnen steckt, sondern erleben selbst Wertschätzung. Nicht                                                              Jugend forscht hat die deutsche Bildungslandschaft
                                          selten eröffnen sich ihnen auch neue Perspektiven, etwa für                                                      in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich geprägt: Aus der
                                          den beruflichen Lebensweg.                                                                                       visionären Initiative des ehemaligen STERN-Chefredakteurs
                                                    Jugend forscht verbindet den Forschergeist junger                                                      Henri Nannen entwickelte sich ein gesellschaftlich breit ver-
                                          Menschen mit den Erfahrungen der Älteren. So wächst ein                                                          ankertes Netzwerk mit Beteiligten aus Schule, Wirtschaft,
                                          generationenübergreifendes Netzwerk der Kreativität, das                                                         Wissenschaft und Politik. Heute gilt der Wettbewerb als größte
                                          Wissensdrang in Wissen verwandelt und damit in einen wert-                                                       öffentlich-private Partnerschaft ihrer Art in Deutschland. Das
                                          vollen Rohstoff für unsere Zukunft. Denn Mathematik und                                                          Netzwerk wirkt auch strukturell erfolgreich, indem forschen-
                                          Informatik, Naturwissenschaft und Technik durchdringen                                                           des, kreatives Lernen verbreitet wird oder mit Kampagnen                        Prof. Dr. Johanna Wanka,
                                          immer stärker unseren Alltag. Sie formen unsere Lebenswelt;                                                      Schülerforschungszentren etabliert werden.                                      Bundesministerin für
                                          sie beeinflussen, wie wir arbeiten, einkaufen, reisen oder                                                                Es ist wichtig, dass wir junge Menschen so früh wie möglich für        Bildung und Forschung
                                          kommunizieren.                                                                                                   Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik begeistern. Des-
                                                    Wir werden weiter auf Innovationskraft angewie-                                                        halb wollen wir den Nachwuchs fördern und motivieren, auch außerhalb des
                                          sen sein, wenn wir unseren Wohlstand erhalten und mehren                                                         regulären Unterrichts seine Talente zu entfalten. Dazu leistet Jugend forscht
                                          wollen. Ein Schlüssel dazu liegt in der frühzeitigen und kon-                                                    einen bedeutenden Beitrag. Der Wettbewerb zeigt jungen Menschen, wie span-
                                          tinuierlichen Förderung von Talenten; ein anderer darin, das                                                     nend es ist, eigene Projekte zu entwickeln und zu neuen Erkenntnissen zu
                                          Interesse an den sogenannten MINT-Fächern überall in der                                                         kommen.
                                          Gesellschaft zu wecken und wachzuhalten.                                                                                  Jugend forscht bringt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern jedoch
Joachim Gauck,                                      Jugend forscht macht sich diese Einsicht seit 50 Jah-                                                  nicht nur kurzfristige Erfolge, sondern hat nachhaltige Wirkung: Etwa die
Bundespräsident                           ren zu eigen: Ein halbes Jahrhundert Begeisterung für Natur-                                                     Hälfte der Jugend forscht Alumni ist in Forschung und Entwicklung in Hoch-
                                          wissenschaften und Technik, ein halbes Jahrhundert Enthu-                                                        schulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder Unternehmen
                  siasmus für Ideen, aus denen Innovationen entstehen und jedes Jahr das aufs Neue                                                         tätig. Für die Innovationskraft des Standortes Deutschland ist Jugend forscht
                  eingelöste Versprechen: „Wir suchen die Forscher von morgen“ – und finden sie.                                                           ein wichtiger Garant. Denn wir brauchen die kreativen Ideen der jungen Men-
                                                                                                                                                           schen, um unsere Gesellschaft auf die Zukunft vorzubereiten. Nur so sichern
                                                                                                                                                           wir die Entwicklungsfähigkeit Deutschlands.

                                                  –4–                                                                                                                                                –5–
Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Auftakt   Jugend forscht: 50 Jahre

„Mut zur Neugier“
                                                                                                                       W
                                                                                                                                        as macht es so spannend, sich mit Zukunft zu beschäftigen, ob-
                                                                                                                                        wohl doch jeder weiß, dass wir nur in der Gegenwart leben kön-
                                                                                                                                        nen? Wer sich mit dem Übermorgen auseinandersetzt, den faszi-
                                                                                                                                        niert es, Modelle einer wünschenswerten Zukunft zu gestalten.
                                                                                                                                        Dazu braucht man Fantasie und Kreativität, das Interesse an den
                                                                                                               Wissenschaften – sowie vor allem unbändige Neugier. Hier leistet der Wettbewerb Jugend
                                                                                                               forscht seit einem halben Jahrhundert einen außerordentlich erfolgreichen Beitrag. Jun-
   Zukunft gestalten und den ständigen                                                                         ge Wissenschaftler und Forscher werden entdeckt, vernetzt, die Besten der Besten ausge-
 Wandel beherrschen – was braucht unsere                                                                       zeichnet. Gratulation!
                                                                                                                        Schon bei diesen Jugendlichen erleben wir die Kraft der Leidenschaft. Etwas
     Gesellschaft, damit das gelingt?                                                                          zu entwerfen, zu entwickeln oder zu erforschen, gibt Kraft und Spaß an der Arbeit. Wer
    Ein Essay von Peter Wippermann                                                                             Vorschläge machen kann, die kulturell beachtet werden, erntet außerdem gesellschaft-
                                                                                                               liche Anerkennung und macht die eigene Neugier profitabel. Durch die Aktivitäten von
                                                                                                               Forschern und Wissenschaftlern entstehen viele – sich auch durchaus widersprechende
                                                                                                               – Zukunftsmodelle. Ein offener gesellschaftlicher Diskurs entscheidet laufend über die
                                                                                                               aussichtsreichsten Ideen und Erfindungen.

                                                                                                               Zukunft ist da, wo sich keiner auskennt

                                                                                                                        Diese Zukünfte entstehen in den Nischen unserer Gesellschaft. Aber sie haben
                                                                                                               die Kraft, alle Lebensbereiche langfristig zu verändern. Die Alltagskultur passt sich nur
                                                                                                               zögerlich den neuen Gegebenheiten an, die durch Innovationen von Forschung und Wis-
                                                                                                               senschaft oder durch Ereignisse wie Klimaveränderungen oder demografischer Wandel
                                                                                                               entstehen. Zukunftsszenarien bilden sich aus einer Abschätzung von Umweltbedingungen
                                                                                                               und Innovationen und ihrer kulturellen Akzeptanz. Die Trägheit der Anpassung an neue
                                                                                                               Gegebenheiten und Möglichkeiten kann man messen und vor allem zum Handeln nutzen.
                                                                                                               Robert Jungk, einer der ersten Zukunftsforscher, brachte es auf den Punkt: „Die Zukunft
                                                                                                               hat schon begonnen. Aber noch kann sie, wenn rechtzeitig erkannt, verändert werden.“
                                                                                                                        Doch welche Faktoren treiben den gesellschaftlichen Wandel? Wie lässt sich ana-
                                                                                                               lysieren, welche und wie schnell Erfindungen und Entdeckungen unsere Gesellschaft am
                                                                                                               wahrscheinlichsten verändern werden? Hier scheint es fruchtbar, spezifische Beobach-
                                                                                                               tungskonstanten zu verwenden, um Zukünfte denken zu können, ohne in Träumereien zu
                                                                                                               versinken:
                                                                                                                        1. Der soziale Wandel der Gesellschaft bietet langfristige Orientierung. Der demo-
                                                                                                               grafische Wandel ist hier Stichwortgeber für die Zukunft. 2. Der technologische Wandel
                                                                                                               macht Entwicklungen einschätzbar, wenn man die Zeit zwischen Grundlagenforschung
                                                                                                               und Markteinführung beobachtet. 3. Der ökonomische Wandel ist aussagefähig, wenn
                                                                                                               man die Businessmodelle analysiert. Finanzkrisen beschleunigen den Strukturwandel.
                                                                                                               4. Der kulturelle Wandel ist schwierig zu verstehen, da die Institutionen der Gesellschaft,
                                                                                                               Familie, Politik, Wirtschaft und Kirchen, ihre Bindungskraft zunehmend verlieren. Pro-
                                                                                                               jekthafte Gemeinschaften verdrängen das Modell der traditionellen Gesellschaft. Es ent-
                                                                                                               stehen parallele Lebenswelten. Letztlich ergibt aber nur die ganzheitliche, vernetzte Be-
                                                                                                               trachtung aller vier Beobachtungskonstanten plausible Szenarien von morgen.

                                                                                                               Das Übermorgen entwickelt sich langsam

                                                                                                                        Als Henri Nannen, der damalige Chefredakteur des Magazins STERN, Jugend
                                                                                                               forscht vor fünfzig Jahren ins Leben rief, war der „Bildungsnotstand“ ein Thema, das den
                                                                                                               öffentlichen Diskurs in Deutschland beherrschte. Es fehlten junge Forscher mit frischen
         Peter Wippermann ist Gründer des Trendbüros                                                           Ideen für die sich seinerzeit schnell entwickelnde deutsche Industrie. Jugend forscht wur-
        und Professor für Kommunikationsdesign an der                                                          de von den „Science Fairs“ inspiriert, den bis heute überaus effizienten amerikanischen
           Folkwang Universität der Künste in Essen                                                            Schülerwettbewerben für Naturwissenschaften und Technik. Damals bestimmte den For-
                                                                                                               scherdrang die Begeisterung über die Erfolge von Nuklearenergie, Raumfahrt, Farbfernse-
                                                                                                               hen und ARPANET, dem Vorläufer des Internets. Der Kalte Krieg mit der Systemkonfron-
                                                                                                               tation zwischen Kapitalismus und Kommunismus setzte die ideologisch gefärbten           U

                            –6–                                                                                                                           –7–
Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Auftakt   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                                                                                                                                                   Der Zukunftsgestalter

                        „Ich habe keine besondere                                                                                                                                                                  PETER
                       Begabung, sondern bin nur                                                                                                                                                                   WIPPERMANN
                       leidenschaftlich neugierig.“
                                                                                                                                                                                                                   2014 Vorstandsmitglied
                                                                                                                                                                                                                   Efficiency Club der
                                            U Albert Einstein (1879 – 1955) V
                                                                                                                                                                                                                   Wirtschaft, Zürich
                                Theoretischer Physiker und Begründer der Relativitätstheorie
                                                                                                                                                                                                                   2010 Beiratsmitglied
                                                                                                                                                                                                                   im Nestlé Zukunftsforum

                                                                                                                                                                                                                   2002 Mitbegründer
                                                                                                                                                                                                                   der LeadAcademy für
                                                                                                                                                                                                                   Mediendesign und Medien­
                                                                                                                                                                                                                   marketing, Hamburg

                                                                                                                                                                                                                   1993 Berufung zum
                                                                                                                                                                                                                   Professor für Kommunika­
                                                                                                                                                                                                                   tionsdesign an der
                                                                                                                                                                                                                   Folkwang Universität der
Rahmenbedingungen für die Forschung in West und Ost. Diesen Wettstreit der Systeme                              Informatiker fehlen. Nur 13 Prozent der jungen Deutschen würden gern mit Informationstech-         Künste, Essen
über das lebenswertere Gesellschaftsmodell mitgestalten zu können, entfachte eine große                         nik arbeiten, so die Ergebnisse einer Studie der Vodafone-Stiftung. Jugend forscht hat auf diese
Dynamik in Forschung und Wissenschaft und nicht zuletzt auch eine bislang unbekannte                            bedenkliche Entwicklung sehr vorbildlich bereits frühzeitig reagiert und das Fachgebiet Mathe-     1992 Gründung des
Leidenschaft bei jungen Menschen für diese Themen. So entwickelten sich die 1960er-Jah-                         matik bereits 1968 erstmals um den Begriff Computer, später dann Informatik, erweitert.            Trendbüros, Beratungs­
re zu einem der innovativsten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts.                                                                                                                                                     unternehmen für
          Heute geht es nicht mehr um den Kampf zwischen den besten Wissenschaftlern                            In welcher Welt wollen wir morgen leben?                                                           gesellschaft­lichen Wandel,
von Ost und West – sondern um einen globalen Wettlauf auf dem Weg zur Netzgesellschaft.                                                                                                                            Hamburg
Statt der nationalen ideologischen Bedingungen stehen vor allem individuelle und ökono-                                  Heute sind die entscheidenden gesellschaftlichen Prozesse der Zukunft nur ver-
mische Erfolge im Mittelpunkt von Forschung und Wissenschaft. So ist es sicher kein Zu-                         ständlich, wenn man die Evolution der Medientechnologie versteht. Alles, was man ab-               1988 Gründer der Editorial
fall, dass ein Unternehmen, das sich der Informationssuche im Internet verschrieben hat,                        schließend beschreiben kann, wird Programm. Das wird unseren Alltag in den nächsten                Design Agentur Büro
die Idee der amerikanischen „Science Fairs“ noch einmal aufgegriffen und globalisiert hat.                      Jahrzehnten völlig verändern. 2030 werden allein 96 Prozent der amerikanischen Büroar-             Hamburg gemeinsam mit
Seit 2011 schreibt Google jährlich den globalen Online-Wettbewerb „Google Science Fair“                         beitsplätze durch Computer ersetzt sein, so eine Studie der Universität Oxford. Die Verän-         Jürgen Kaffer
für junge Spitzenwissenschaftler aus.                                                                           derungen der Arbeitswelt werden in Deutschland nicht weniger dramatisch eintreten. Die
                                                                                                                technologische Revolution, die mit den Robotern bereits in den Fabriken Einzug gehalten            ab 1981 Art Director beim
Wollen wir Programmierte – oder Programmierer sein?                                                             hat, wird in absehbarer Zeit auch Verwaltungen, Finanzwelt und Handel erreichen. Die               Rowohlt Verlag und beim
                                                                                                                Industrie 4.0 wird Maschinen und Menschen global vernetzen. Die Automatisierung von                ZEITmagazin
          Als Jugend forscht gegründet wurde, begannen auch die Grundlagenforschungen                           Wertschöpfungsketten wird in Zukunft ökonomisch wichtiger werden als die Produktion
für das Internet – ein Kommunikationsmedium, das sich zunehmend zur Infrastruktur                               der Produkte.
des 21. Jahrhunderts entwickelt. Zum Jahreswechsel 2014/2015 wurde es bereits von über                                   Das Internet der Dinge hat erste Formen angenommen: Autonome Mobilität be-
drei Milliarden Menschen genutzt – Tendenz schnell steigend. Deutschland aber verschläft                        findet sich bereits im Teststadium. Auch Züge und Flugzeuge werden in Zukunft ohne
seit vielen Jahrzehnten den digitalen Wandel. Virtuelle Welten und permanente Compu-                            menschliche Arbeit ihre Ziele erreichen. In Norwegen wird in diesem Jahr der erste füh-
ternutzung sollen angeblich zu einer digitalen Demenz bei Heranwachsenden führen. So                            rerlose Elektrofrachter seinen Dienst aufnehmen. Unabhängig von Menschen werden ei-
ist es verständlich, dass Eltern und Erzieher eine digitale Früherziehung ablehnen. Tat-                        nes Tages intelligente digitale Systeme Produktionen und Logistik steuern und das Inter-
sache ist dagegen, dass jedes zweite Kind im Grundschulalter Computerspiele spielt und                          net der Dinge mit dem Internet des Services vernetzen.
jedes fünfte Kind sich schon heute mehr als eine Stunde täglich mit Computer, Tablet oder                                Umso sinnvoller ist die Aufgabe, der sich Jugend forscht seit 50 Jahren widmet.
Smartphone beschäftigt, so eine aktuelle Allensbach-Studie.                                                     Unsere Gesellschaft braucht kluge und neugierige Köpfe, die den rasanten Wandel der Welt
          So drängt sich die Frage auf, ob wir Programmierte oder Programmierer unserer                         verantwortungsvoll mitgestalten. Wissenschaftliche Talente zu fördern und ihnen ein pro-
eigenen Zukunft sein wollen. Das Problem beginnt mit der fehlenden Informatik-Ausbil-                           fessionelles Netzwerk zu eröffnen, bleibt die immer junge Idee des Wettbewerbs. Ange-
dung von Pädagogen an den Universitäten und endet damit, dass qualifizierte Lehrer in                           sichts der Wahrscheinlichkeit, dass viele Bereiche unseres Alltags und der Berufswelt von
den Schulen fehlen. Lediglich drei Bundesländer haben Informatik bisher als Pflichtfach                         Computern und Robotern übernommen werden, ist es wichtig, dass junge Wissenschaft-
eingeführt. Das Ergebnis dieser Anpassungsträgheit: 2014 verließ ein Großteil der deut-                         ler heranwachsen, die Chancen und Risiken dieser Entwicklung verantwortungsvoll ein-
schen Schüler die Schule ohne Grundwissen über digitalen Medien. Der Branchenverband                            schätzen können. Ihre Kenntnisse werden dafür Sorge tragen, dass auch übermorgen noch
Bitkom wiederum beklagt, dass über 40 000 Stellen derzeit nicht besetzt werden können, weil                     Menschen und nicht Maschinen unsere Lebensqualität bestimmen.

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Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                        Neugier
                                                                                    &
                                                                               Leidenschaft
                                                                                          Rätsel lösen, Muster verstehen,
                                                                               Neues erschaffen – wo Forscherdrang sich Bahn bricht,
                                                                                          trifft Hingabe auf Begeisterung

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PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                       Eine Idee
                                                                                                                           mals Verleger des STERN. Oder John Jahr                 die jüngeren Teilnehmer die Alterssparte
                                                                                                                           jr., Gründungsgeschäftsführer des Verlags               „Schüler experimentieren“ eingeführt.
                                                                                                                           Gruner + Jahr. „Wir waren am Anfang nur

                                      macht Schule
                                                                                                                           ein sehr kleiner Kreis von Leuten, die sich             Breite Basis für den Wettbewerb
                                                                                                                           um Jugend forscht gekümmert haben“, erin-
                                                                                                                           nert sich Angela Koch, die von Beginn an den                     Doch der Erfolg zwingt die Macher,
                                                                                                                           Wettbewerb mitorganisiert hat und später                sich breiter zu organisieren. „Anfangs wur-
                                                                                                                           in die Geschäftsführung der Stiftung Jugend             den die Informationen zu mehr als 5 000
                                                                                                                           forscht e. V. eintritt. Und das Engagement              Teilnehmern in einem Karteikasten ge-
                                                                                                                           zahlt sich aus: Beim ersten Wettbewerb im               sammelt, das reinste Chaos“, erinnert sich
                                                                                                                           Jahr 1966 nehmen bereits Schüler aus allen              Koch. Sie fertigt aus den Kärtchen Listen
                                                                                                                           Bundesländern teil, insgesamt 244 Mäd-                  an. „Trotzdem zeigte sich schnell, dass der
                                                                                                                           chen und Jungen. Fünf Jahre später sind es              STERN den Wettbewerb inhaltlich und or-

                             D
                                                                                                                           schon über 1 000 junge Talente. Angesichts              ganisatorisch nicht allein bestreiten kann.“

Henri Nannen hatte                         er Abiturient Theodor
                                           Hildebrand erfährt per
                                                                      gewählten wissenschaftlichen Projekte vor,
                                                                      eine Jury begutachtet die Arbeiten. Nannen
                                                                                                                           der großen Nachfrage wird 1969 eigens für               Auch das Engagement der Firmen,           U

die Eingebung: Seit                        Zufall von dem neu-
                                           en Wettbewerb. „Der
                                                                      ist von diesem Prinzip begeistert. Als Jour-
                                                                      nalist weiß der Chefredakteur des STERN
50 Jahren spürt                            STERN sucht die For-
                      scher von morgen“, heißt es in dem Aufruf,
                                                                      genau, was für eine starke Triebfeder die
                                                                      Neugier ist. Auch er will junge Talente ent-
Jugend forscht die    den ihm 1965 ein Freund zeigt. Hildebrand       decken und bei Kindern die Begeisterung
                      überlegt nicht lange, die Mathematik begeis-    für Naturwissenschaften wecken. Denn ihn
Talente von morgen    tert ihn, und er weiß auch schon, auf welches   sorgt, dass zum damaligen Bildungskanon
                      Projekt er sich stürzen will: In der Schule     zwar Grass‘ „Blechtrommel“ gehört, feh-
auf. Der erste        gibt es ein Rechengerät mit Relais – aber das   lende Mathematik- oder Physik-Kenntnisse

Bundessieger geht
                      erscheint ihm zu langsam. „Ich besorgte mir
                      also die nötigen Materialien aus Restbestän-
                                                                      aber als chic gelten.
                                                                                                                                       „Ich war neu­gierig.
jetzt in Rente        den von Firmen und baute einen Computer
                      mit Transistoren“, erinnert sich Hildebrand.
                                                                      Wider den Zeitgeist
                                                                                                                                        Das kommt einem
                      „Mein Ziel war zu zeigen, wie ein Computer
                      funktioniert – ganz einfach mit zwei Kompo-
                                                                               Tatsächlich fällt die Gründung von
                                                                      Jugend forscht in eine Zeit großer Skepsis:                        Journalisten zu.
                      nenten: eine Karte zum Speichern und eine
                      zum Rechnen.“
                                                                      Gerade erst hat die Sowjetunion den ers-
                                                                      ten Satelliten ins All geschossen – der Wes-                     Und so gründete ich
                                Seine Idee überzeugt: Der Berliner
                      lässt seine Mitstreiter auf Landesebene
                                                                      ten steht noch unter dem „Sputnikschock“.
                                                                      Kurz zuvor war der Fächerkanon an den                              Jugend forscht.“
                      hinter sich und wird im Jahr 1966 Bundes-       Gymnasien reduziert worden: Chemie,
                      sieger – zum ersten überhaupt von Jugend        Biologie und Physik sind nur noch Wahl-
                      forscht. „Beim ersten Bundeswettbewerb          pflichtfächer. Und in der Politik wird von                                          U Henri Nannen V
                      wurde noch nicht nach Fächern getrennt“,        rechts bis links wahlweise die „Bildungs-                              ehemaliger Chefredakteur der Zeitschrift STERN
                      erinnert sich Hildebrand. „Mein Haupt-          misere“ oder der „Bildungsnotstand“ aus-
                      konkurrent trat damals mit einer Biologie-      gerufen – Unternehmer bangen um den
                      Arbeit an.“ Darüber hinaus wird mit Maria       naturwissenschaftlich und mathematisch
                      Willenborg (geb. Klein) eine weibliche Bun-     begabten Nachwuchs im Land der Inge-
                      dessiegerin ausgezeichnet sowie die beste       nieure. Auch der Zweite Weltkrieg wirkt
                      Arbeit einer Gruppe.                            nach: „In den sechziger Jahren herrsch-
                                Mit dem Preis im Gepäck geht es       te eine große Technikfeindlichkeit in
                      weiter in die USA – dort darf auch Hilde-       Deutschland“, sagt Hildebrand rückbli-
                      brand bei der „International Science Fair“ in   ckend. „Technologie wurde zu oft mit dem
                      Dallas seinen Computer präsentieren. In ge-     Dritten Reich in Verbindung gebracht. Die
                      wisser Weise eine Reise zu den Wurzeln von      Gründung von Jugend forscht hat da einen                                                                                                                    Mit Euphorie
                      Jugend forscht. Denn dieser Wettbewerb          ganz neuen Akzent gesetzt.“                                                                                                                                 und Leiden-
                      ist es, der Henri Nannen 1965 zur Grün-                  Begeistert von der Aussicht, dem                                                                                                                   schaft beglei-
                      dung von Jugend forscht inspiriert hatte.       Zeitgeist etwas entgegensetzen zu können,                                                                                                                   tete Henri
                      Die Science Fairs haben in den USA große        schart Nannen Gleichgesinnte um sich, etwa                                                                                                                  Nannen den
                      Tradition: Schüler stellen dort ihre selbst     Gerd Bucerius, Gründer der „Zeit“ und da-                                                                                                                   Wettbewerb.

                                         – 12 –                                                                                                                                                       – 13 –
Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                         Bundessieger der ersten                                                            Streiter für die Neugier:
                                                                         Runde: Theodor Hilde-                                                                 Nannens Gespür für
                                                                         brand präsentierte 1966                                                            Themen war legendär.
                                                                         eine Rechenmaschine.
                                                                         Unten: Teilnehmer des
                                                                         ersten Bundeswettbe-
                                                                         werbs.

                                                                                                                               Der Vater des Wettbewerbs

                                                                                                                                  HENRI
                          die 1966 die ersten Landeswettbewerbe
                          ausrichten, reicht schnell nicht mehr aus.
                          Henri Nannen sucht deshalb den Kontakt
                                                                         ternationalen Karriere. „Eigentlich wollte
                                                                         ich Atomphysik studieren, mit meinem Va-
                                                                         ter einigte ich mich dann jedoch erst einmal
                                                                                                                                  NANNEN
                          zu Anzeigenkunden des STERN, um wei-           auf Mathematik.“ Das Fach Informatik gibt
                          tere Patenunternehmen an Bord zu holen.        es zu seinem Bedauern damals noch nicht –             Er selbst sei als Schüler ein „naturwissen­
                          Anders als die „Science Fairs“ in den USA      doch auch das ändert sich mit Hildebrands             schaftlicher Versager“ gewesen, gestand
                          setzt Jugend forscht so schon früh auf eine    Hilfe. Er arbeitet für die Gesellschaft für           Nannen einmal. Schon immer aber sei er
                          breite Basis für den Wettbewerb: Bis heu-      Mathematik und Datenverarbeitung, heu-                neugierig gewesen, habe wissen wollen,
                          te unterstützen Partner insbesondere aus       te Fraunhofer-Gesellschaft, und setzt sich            wie die Welt funktioniert. Deshalb habe er
                          der Wirtschaft Jugend forscht vor allem als    dort für die Gründung des Studiengangs                Jugend forscht gegründet, „als Nachhol­
                          Ausrichter der Wettbewerbe auf Regional-,      Informatik in Deutschland ein. Auch im                bedarf in eigener Sache sozusagen. Und aus
                          Landes- und Bundesebene. Vom kleinen           elektronischen Bezahlverkehr zählt Hilde-             schlechtem Gewissen“.
                          Mittelständler bis zum Großkonzern sind        brand zu den Pionieren: Er entwickelt das
Prominenter Besuch:       mittlerweile rund 250 Unternehmen dabei.       erste Kreditkartennetzwerk in Frankreich.             1913 wird Henri Nannen in Emden gebo­
Herzchirurg und                    Einige sogar von Anfang an, neben     Jetzt ist der dreifache Vater zwar offiziell in       ren. Er macht eine Buchhändlerlehre und
Transplantations-         den Vereinigten Flugtechnischen Wer-           Rente gegangen. Doch noch immer arbeitet              studiert Kunstgeschichte. Erste journalisti­
Pionier Christiaan Bar-   ken (heute Airbus) und BASF auch Bayer.        er gemeinsam mit einem seiner Söhne in ei-            sche Erfahrungen ab 1934.
nard (re.) gemeinsam      Jährlich richtet das Chemie- und Phar-         ner eigenen Technologiefirma. Diese liefert
mit Gerd Bucerius (li.)   maunternehmen den Landeswettbewerb             Marktforschungsstudien für französische               1948 gründet Nannen den STERN, dessen
und Henri Nannen          in Nordrhein-Westfalen aus und versucht        Firmen, die nach Deutschland exportieren.             langjähriger Herausgeber und Chefredakteur
1968 auf dem Weg zu       dabei, immer auch einen Blick in die fir-                Ein Thema begleitet Hildebrand bis          er wird. Das Magazin entwickelt sich zum
den Jung­forschern.       meneigenen Forschungslabore zu ermögli-        heute: der Blick auf den technisch-naturwis-          auflagenstärksten Zeitschriftentitel Europas.
                          chen. Seit 1966 sei Jugend forscht für den     senschaftlichen Nachwuchs. Die hiesige Dis-
                          Konzern „eine Herzensangelegenheit“, so        kussion, wie wir Kinder und Jugendliche für           1965 ruft Nannen, inspiriert von den
                          die heutige Patenbeauftragte des Unter-        Mathematik, Informatik, Naturwissenschaf-             „Science Fairs“ in den USA, den Wettbewerb
                          nehmens, Monika Schütze. „Hier werden          ten und Technik (MINT) begeistern können,             Jugend forscht ins Leben, den er viele Jahre                      Den Horizont weiten:
                          Talente gefördert und Jugendliche am An-       verfolgt er genau. Immer mehr Initiativen             begleitet.                                                        Nannen begleitete die
                          fang ihrer Karriere unterstützt.“              erkennen die Bedeutung dieser Fächer und                                                                                    Jungforscher auch
                                                                         setzen Förderprogramme auf. Dabei sorgt               1966 nehmen am ersten Bundeswett­                                  persönlich, oben bei
                          Wegbereiter für die Informatik                 auch ein Wettbewerb wie Jugend forscht                bewerb 244 Mädchen und Jungen teil.                                   Hoechst, unten im
                                                                         dafür, dass in Kinderzimmern über Biologie                                                                                 Hamburger Hafen.
                                   Für Theodor Hildebrand ist der        und Chemie, Weltall und Flüsse, Compu-                1996       stirbt Nannen 83-jährig.
                          Sieg im Bundeswettbewerb von Jugend            terchips und Flugsaurier nachgedacht wird.
                          forscht tatsächlich der Auftakt zu einer in-   Heute genauso wie vor 50 Jahren.

                                             – 14 –                                                                                                                                     – 15 –
Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                                                  „Weiter,
                                                                                                                   immer
                                                                                                                  weiter“
                                                                                                               Bakterien bewachen und
                                                                                                                  Sterne beobachten:
                                                                                                               Die Bundessieger Sibylle
                                                                                                              Gaisser und Julian Petrasch
                                                                                                              sprechen über die Liebe zur
                                                                                                              Wissenschaft und den Geist
                                                                                                                  von Jugend forscht

                                                                                                              Frau Gaisser und Herr Petrasch, können
                                                                                                              Sie sich daran erinnern, wann das For-
                                                                                                              schervirus bei Ihnen ausbrach?
                                                                                                              Gaisser: Recht früh, mit acht oder neun
                                                                                                              Jahren: Es gab damals diese Experimentier-
                                                                                                              kästen für Kinder inklusive Mikroskop. So
                                                                                                              ein einfaches Teil, das man selbst zusam-
                                                                                                              menbauen musste. Das fand ich toll. Ich
                                                                                                              hatte diesen Drang – ich wollte wissen, was
                                                                                                              die Dinge im Innern zusammenhält. Klingt
                                                                                                              das zu hochtrabend?
                                                                                                              Petrasch: Finde ich nicht. Ich weiß noch,
                                                                                                              dass ich einmal im Kindergarten tagsüber
                                                                                                              den Mond gesehen habe und davon faszi-
                                                                                                              niert war. Mit sechs habe ich mein erstes
                                                                                                              Teleskop bekommen, primitiv und wacke-
                                                                                                              lig, aber danach ging es immer weiter mit
                                                                                                              dem Beobachten und Entdecken.
                                                                                                              Gaisser: Sie haben recht: Bei mir war die-
             Zwei Generationen,                                                                               se Neugier im Grunde auch vor den Expe-
             eine Leidenschaft:                                                                               rimentierkästen vorhanden. Ich kann gar
             Sibylle Gaisser und                                                                              nicht mehr exakt sagen, ab wann. Vermut-
             Julian Petrasch                                                                                  lich schon immer.
             sind begeisterte                                                                                 Petrasch: Seitdem ich denken kann.
             Forscher.                                                                                        Gaisser: Ich erinnere mich an frühe Wald-
                                                                                                              spaziergänge, auf denen ich meine Eltern
                                                                                                              damit löcherte, warum das Moos an Bäu-
                                                                                                              men nur auf der einen, aber nicht auf der
U                                                                                                             anderen Seite wuchs.                     U

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Passion Zukunft Blick zurück nach vorne: 50 Jahre Jugend forscht Das Jubiläumsmagazin 2015
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                                                                                            stehen, mein Ziel erreichen? Wie kann ich            Gaisser: Und Ihre Klassenkameraden? Fan-         Gaisser: Ich war ein schüchternes Mädel,

                                                                 „Nachts denkt man
                                                                                                                                                            aus Rückschlägen lernen, um zu einem Er-             den die das gut oder galten Sie als Streber?     durch den Wettbewerb habe ich massiv an
                                                                                                                                                            gebnis zu kommen? Da kommt viel zusam-               Petrasch: Natürlich gab es Sprüche, wie in-      Selbstvertrauen gewonnen. Vor gestande-

                                                              schon manchmal: Was tue
                                                                                                                                                            men: Analyse, Kreativität, Disziplin, Fleiß.         telligent ich doch angeblich sei, aber das war   nen Professoren mein Projekt zu präsentie-
                                                                                                                                                                                                                 alles nett gemeint. War es bei Ihnen anders?     ren – das war eine wertvolle Erfahrung.

                                                                ich mir hier nur an?“
                                                                                                                                                            Und manchmal stellen sich dann Erfolge               Gaisser: Ich erntete teilweise Unverständ-       Petrasch: Und man ist ja bereits durch die
                                                                                                                                                            ein. Wie haben Sie 1987 Ihren Sieg erlebt?           nis von anderen Mädchen. Einige konnten          Regional- und Landeswettbewerbe gezwun-
                                                                                                                                                            Gaisser: Ach, das war einfach toll. Ich hatte        überhaupt nicht nachvollziehen, dass ich         gen, das eigene Projekt zu erklären, bis hin
                                                                                                                                                            es nicht erwartet. Gar nicht.                        mich nicht für Klamotten und Aussehen            zu den internationalen Wettbewerben, bei
                                                                                        U Sibylle Gaisser V                                                 Petrasch: Was haben Sie damals gemacht?              interessiere und lieber im Hobbyraum he-         denen ich viele Kontakte knüpfen konnte.
                                                                            1987 Bundessiegerin von Jugend forscht, heute                                   Gaisser: Ich habe mir In-vitro-Verfahren             rumexperimentiere. Ich entsprach einfach         Jugend forscht öffnet Türen.
                                                                              Professorin für Biotechnologie in Ansbach                                     zum Testen von Hautschutzpräparaten aus-             nicht dem gängigen Frauenbild.                   Gaisser: Schön ist auch die Unterstützung,
                                                                                                                                                            gedacht, um von Versuchen mit Tieren oder            Petrasch: War das nicht verletzend?              die man während der Projektarbeit von an-
                                                                                                                                                            mit Probanden wegzukommen.                           Gaisser: Ja, ein bisschen schon. Umso hilf-      deren Wissenschaftlern erfährt.
                                                                                                                                                                                                                 reicher war für mich in dieser Zeit eine Bio-    Petrasch: Stimmt! Bei meinem ersten Pro-
                                                                                                                                                            Waren Sie damals sehr stolz?                         grafie von Marie Curie und ihrer Tochter         jekt durfte ich riesige Teleskope in Hawaii
                                                                                                    Bei Jugend forscht
                                                                                                                                                            Gaisser: Total! Die Urkunden wurden im               Irene, die mir damals in die Hände fiel. Die-    und Australien nutzen. Die Wissenschaft-
                                                                                                    untersuchte Sibylle
                                                                                                                                                            Treppenhaus der Schule aufgehängt, ich               se beiden Frauen waren für mich in meiner        ler dort waren sehr hilfsbereit, das klappte
                                                                                                    Gaisser (rechts)
                                                                                                                                                            war plötzlich bekannt wie ein bunter Hund.           weiteren Orientierung sehr wichtige Vor-         völlig unbürokratisch.
                                                                                                    zusammen mit ihrem
                                                                                                                                                            Petrasch: Bei mir war es ähnlich. Mein ers-          bilder, denen ich nacheifern wollte.             Gaisser: Ich habe im Sommerurlaub auf
                                                                                                    Mitschüler John Sobeck,
                                                                                                                                                            tes Projekt habe ich an einer Sternwarte                                                              dem Campingplatz ein Mädchen kennen-
                                                                                                    wie Schadstoffe in die
                                                                                                                                                            gemacht, davon wussten meine Lehrer gar              Trotzdem scheinen ja nach einem Sieg             gelernt, das sich für Jugend forscht inter-
                                                                                                    Haut eindringen.
                                                                                                                                                            nichts. Und nach dem Sieg gab es plötzlich           bei Jugend forscht die positiven Effekte         essiert. Wir stehen jetzt in Mailkontakt und
                                                                                                                                                            Presseanfragen, ein paar Tage später wuss-           zu überwiegen – oder?                            ich gebe ihr Tipps beim weiteren Vorgehen.
                                                                                                                                                            ten es alle an der Schule, was übrigens recht        Petrasch: Diese offizielle Bestätigung, dass     Die Hilfe, die ich damals erfahren habe,
                                                                                                                                                            praktisch war, etwa wenn man eine Ent-               man etwas Besonderes geschafft hat, tut          gebe ich heute weiter. Auch das ist der Geist
                                                                                                                                                            schuldigung brauchte (lacht).                        sehr gut. Der Sieg ist eine Art Ritterschlag.    von Jugend forscht.

Und wie haben Ihre Eltern reagiert?             Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem sich das            Petrasch: Schwer zu sagen, ich war wie in-

                                                                                                                                                                                        „Der Sieg ist eine Art
Gaisser: Die haben nach bestem Wissen           ganze Leben um Jugend forscht dreht?                fiziert. Und es bleibt immer spannend. Bei
Auskunft gegeben. Mein Vater ist Physiker,      Wird man ein bisschen süchtig?                      meinem letzten Projekt, das mit den Stra-

                                                                                                                                                                                           Ritterschlag.“
meine Mutter Erzieherin. Bei uns wurde          Petrasch: Bei meiner ersten Teilnahme war           tosphärenkapseln, konnten die Kameras kei-
immer viel geredet und gefragt. Es herrsch-     das schon eine Katastrophe (lacht). Da habe         ne Bilder übermitteln. Aus so großer Höhe
te eine große Aufgeschlossenheit für Natur-     ich die Schule quasi ausfallen lassen. Ich          gibt es keinen Datenempfang. Der große Mo-
wissenschaften und kreative Spiele. Mein        bin natürlich hingegangen, habe aber kaum           ment kam immer dann, wenn ich die Kapsel
Vater war es auch, der mich damals ermu-        noch Hausaufgaben gemacht, sodass meine             nach der Bergung öffnete und sich heraus-                                                               U Julian Petrasch V
tigte, bei Jugend forscht mitzumachen.          Noten nicht mehr richtig gut waren. Das             stellte, ob das Ergebnis monatelanger Arbeit                                              2009 und 2013 Bundessieger von Jugend forscht,
Petrasch: Mein Vater ist ebenfalls tech-        war mir in der zehnten Klasse aber egal.            unglaubliche Aufnahmen der Erde waren                                                        heute studiert Petrasch Informatik in Berlin
nisch interessiert. Als ich klein war, hat er   Gaisser: Ich hätte mich nie getraut, in der         oder eine Fehlermeldung.
mich auf Dampflokfahrten mitgenommen            Schule fünfe gerade sein zu lassen. Die For-        Gaisser: Man braucht ein hohes Maß an
oder wir haben Bergwerke besichtigt. Er         schung wurde erst viel später bestimmend            Frustrationstoleranz beim Forschen. Und
hat mich später bei Jugend forscht immer        in meinem Leben – mit der Diplom- und der           den Glauben daran, dass man es schaffen
unterstützt. Ich glaube, diese Rückende-        Doktorarbeit. Wenn die Bakterien nachts             wird. Während meiner Doktorarbeit habe
ckung ist sehr wichtig.                         um drei ihr maximales Wachstum hatten,              ich einmal ein geschlagenes Jahr in die fal-
Gaisser: Bei uns zu Hause wurde immer           stand ich natürlich im Labor.                       sche Richtung gearbeitet. Da musste ich
                                                                                                                                                                                       Für Jugend forscht ließ
viel gebastelt oder wir werkelten im Hobby-     Petrasch: In der praktischen Astronomie             schon schwer schlucken.
                                                                                                                                                                                        Petrasch Kameras per
raum im Keller herum.                           können fast alle Messungen nur nachts               Petrasch: Oh je, und dann?
                                                                                                                                                                                       Ballon aufsteigen. Sie
Petrasch: Oh ja, handwerkliches Geschick        durchgeführt werden. Und da wird es dann            Gaisser: Ich habe nicht aufgegeben und
                                                                                                                                                                                       lieferten spektakuläre
bringt einen bei Jugend forscht weiter!         gerne bitterkalt.                                   einen anderen Ansatz gesucht. Weiter, im-
                                                                                                                                                                                               Bilder aus der
Die Stratosphärenkapseln meiner Ballons,        Gaisser: Ja, diese Nächte, in denen man             mer weiter!
                                                                                                                                                                                                Stratosphäre.
mit denen ich 2013 zum zweiten Mal Bun-         dann doch schon mal denkt: Was tue ich              Petrasch: Darum geht es, nicht wahr? Neue
dessieger wurde, habe ich aus Styropor-         mir hier nur an.                                    Wege finden, ein Problem anders anpacken.
blöcken selbst gesägt. Auch die Kameras                                                             Eine Fragestellung auf originelle Art und
habe ich selbst umgebaut und neu pro-           Aber es geht dann trotzdem immer wei-               Weise angehen und lösen wollen.
grammiert. Da kam eine Menge Kopf- und          ter. Woher rühren der Drang, der Ehrgeiz            Gaisser: Ja, das ist ganz zentral. Wie kann
Handarbeit zusammen.                            und der Durchhaltewille beim Forschen?              ich mit den Mitteln, die mir zur Verfügung

                                                                   – 18 –                                                                                                                                                                – 19 –
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft     Jugend forscht: 50 Jahre

                                                           Besessen
                                                                                                                 Detailverliebtheit,
                                                                                                                 Beharrlichkeit, Mut
                                                                                                                 – all das zeichnet
                                                            von der                                              Forscher durch
                                                                                                                 die Jahr­hunderte

                                                           Materie                                               aus. Wir würdigen
                                                                                                                 stellvertretend ein
                                                                                                                 Dutzend

                                                                                                                                                                                                                                                                                            Otto Lilienthal
                                                                                                                                                                           Leonardo da Vinci                                                                                                (1848 - 1896) studiert
                                                                                      Maryam Mirzakhani                                                                    (1452 - 1519) verkörpert                                                                                         fliegende Störche
                                                                                      (*1977) ist die erste                                                                den Universalgelehr-                                    Edwin Hubble                                             und unternimmt per          Carl von Linné
Alfred Wegener              Gabriel Fahrenheit                                        Frau der Welt, die mit                                                               ten schlechthin. In der                                 (1889 - 1953) unter-                                     Hängegleiter als erster     (1707 - 1778) schafft
(1880 - 1930) stellt die    (1686 - 1736) ist faszi-    Archimedes                    der Fields-Medaille        Claude Elwood Shannon                                     Renaissance befasst sich    Marie Curie                 sucht die Beschaffenheit                                 Mensch systematische        durch seine Beschrei-
Welt auf den Kopf. Seine    niert von wissenschaftli-   (um 287 - 212 v. Chr.)        ausgezeichnet wird. Ihr    (1916 - 2001) wird zum                                    der Künstler und Erfinder   (1867 - 1934) entdeckt      kosmischer Spiralnebel        Lise Meitner               Flugversuche. Die Expe-     bung von Mineralien,
spektakuläre Theorie        chen Ins­trumenten. Der     beschreibt erstmals           Rechentalent fällt früh    Urvater der Computerära.      Mary Kingsley               neben Bildhauerei           mit ihrem Ehemann Pier-     und weist so Galaxien         (1878 - 1968) ist schon    rimente des Luftfahrtpi-    Pflanzen und Tieren die
der Kontinentalverschie-    Physiker und Feinme-        genau die später als Pi       auf. Schon als Teenager    Er prägt den Begriff „Bit“,   (1862 - 1900) bricht        und Malerei auch mit        re Curie die radioaktiven   außerhalb der Milchstra-      als Mädchen von            oniers beschreiben das      Grundlagen des heutigen
bung sorgt anfangs für      chaniker experimentiert     bezeichnete Kreiszahl.        holt sie für ihr Heimat-   versucht sich als einer der   allein nach Westafrika      Naturwissenschaften,        Elemente Polonium und       ße nach. Seine Forschung      dem Wunsch beseelt,        physikalische Prinzip der   Ordnungssystems der
Kopfschütteln in Wissen-    mit Schnee, Wasser und      Das Mathematik-Genie          land Iran Gold bei Ma-     ersten Wissenschaftler        auf, um die dortige         Mechanik und Architek-      Radium. Die Physikerin      zur Ausdehnung des            Naturwissenschaften        Tragfläche. Den Traum       Biologie. Akribisch erfasst
schaftskreisen. Viermal     Salzen zur Frage des        der Antike beweist sich       thematik-Olympiaden.       an künstlicher Intelligenz    Kultur und Natur zu         tur. Seinem begabten        lehrt als erste Frau an     Weltalls ebnet der späte-     zu studieren. Mit dem      vom Fliegen bezahlt der     und klassifiziert er die
bereist der Meteorolo-      Nullpunkts, ent­wickelt     auch als Physiker und         Das leidenschaftliche      und ist ein humorvoller       studieren. Die unerschro-   Geist entspringen unter     der Pariser Universität     ren Urknall-Theorie den       Chemiker Otto Hahn         passionierte Ingenieur      Arten. Auch die Bezeich-
ge und Polarforscher        die ersten präzisen Ther-   Ingenieur. Im Badezuber       Forschungsinteresse der    Tüftler: Der Mathema-         ckene Britin erforscht      anderem Fluggeräte,         Sorbonne und wird für       Weg. Der Physiker und         erforscht die Physikerin   mit dem Leben, bei          nung Homo sapiens hat
Grönland, die letzte        mometer und die nach        entdeckt er der Legende       Stanford-Professorin       tiker und Ingenieur           als Ethnologin Gebiete,     hydraulische Maschinen      ihre Forschungsleistun-     Astronom ist Namens-          das Phänomen der Kern-     einem seiner Versuchs-      die Wissenschaft dem eif-
Expedition kostet ihn das   ihm benannte Tempera-       nach den Auftrieb.            gilt bislang ungelösten    erfindet unter anderem        die noch kein Europäer      und Brückenkonstrukti-      gen zweimal mit dem         pate eines Weltraum-          spaltung, der Nobelpreis   flüge verunglückt er        rigen Naturforscher und
Leben.                      turskala.                   Heureka!                      Rätseln der Geometrie.     eine Jongliermaschine.        betreten hat.               onen.                       Nobelpreis geehrt.          teleskops.                    bleibt ihr verwehrt.       tödlich.                    Mediziner zu verdanken.

                                                                                  – 20 –                                                                                                                                                                     – 21 –
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                         Von Tiefschlägen
                                                                                                                                                                                                            len: Ist die Spritze richtig mit Wasserstoff   heranzuführen. „Kinder lieben Experimen-
                                                                                                                                                                                                            befüllt? Ist da ein Loch im Schlauch? War-     te“, sagt Schulze, die sich seit Anfang dieses
                                                                                                                                                                                                            um ist die Spannung so gering? Spinnt das      Jahres im Ruhestand befindet. „Ein for-

                               und
                                                                                                                                                                                                            Messgerät?                                     schend-entwickelnder Unterricht, der eige-
                                                                                                                                                                                                                     Ausprobieren, vorwärtskommen,         ne Entdeckungen ermöglicht, ist besonders
                                                                                                                                                                                                            scheitern: Jeder Forscher und Wissen-          geeignet, sie für Naturwissenschaften zu

                           Höhenflügen
                                                                                                                                                                                                            schaftler kennt diese Momente zur Genüge.      begeistern.“ Je früher Schule, Kindergärten
                                                                                                                                                                                                            Das endlose Hin und Her zwischen Versuch       und Kitas damit beginnen, umso besser.
                                                                                                                                                                                                            und Irrtum, das mit Glück und Fleiß zu
                                                                                                                                                                                                            neuen Erkenntnissen führt, die Endorphi-       Nicht aufgeben
                                                                                                                                                                                                            ne in Wallung bringt. Psychologen haben
                                                                                                                                                                                                            vielfach nachgewiesen, wie wichtig Erfolgs-             Ein Sieg bei Jugend forscht er-
                                                                                                                                                                                                            erlebnisse für unser Handeln sind. Sie mo-     öffnet Chancen, ist aber kein Garant für
                            Ohne Zweifel keine Erkenntnis: Vier Jugend                                                                                                                                      tivieren uns durchzuhalten. Vergessen wird     eine prompte wissenschaftliche Karriere.
                          forscht Alumni zur Frage, wie sich Rückschläge                                                                                                                                    dabei gerne, dass sich auch die Kehrseite
                                                                                                                                                                                                            des Glücks, der Zweifel, in einen mächtigen
                                                                                                                                                                                                                                                           Selbst sehr begabte und fleißige Forscher
                                                                                                                                                                                                                                                           sind nicht vor Durststrecken gefeit; Roland
                               in Glücksmomente verwandeln lassen                                                                                                                                           Motor verwandeln kann. Er treibt uns an,       Speicher erlebte es. 1979 wurde er gemein-
                                                                                                                                                                                                            fordert uns auf, hartnäckig zu bleiben und     sam mit Michael Schwarz Bundessieger in
                                                                                                                                                                                                            Dingen auf den Grund zu gehen.                 Mathematik/Informatik – eine gewaltige

                                                                                                                                                                    E
                                                                                                                                                                                                                       Ein Prozess, den jeder Forscher     Motivation für das Arbeiterkind Speicher.
                                                                                                                                                                             s kommt durchaus vor,          auf seine eigene Art und Weise erlebt und      Gleichwohl wartete er nach dem Studium
                                                                                                                                                                             dass man zu seinem Glück       bewältigt. Bei Baier und Mahlenbrei etwa       eine kleine Ewigkeit darauf, dass seinem
                                                                                                                                                                             gezwungen werden muss.         machten die öffentliche Anerkennung und        Fachgebiet – der Freien Wahrscheinlich-
                                                                                                                                                                             Bei Verena Baier und Katja     das Lob die zähen Stunden im Labor schnell     keitstheorie – in Deutschland ein ernst-
                                                                                                                                                                             Mahlenbrei war das so: In      vergessen. Aus den beiden Frauen wurden        haftes universitäres Interesse entgegenge-
                                                                                                                                                            der neunten Klasse lud sie ihr Chemieleh-       zwar keine Wissenschaftlerinnen – Mah-         bracht wurde. Vergeblich bewarb er sich an
                                                                                                                                                            rer am Kreisgymnasium Riedlingen im             lenbrei studiert heute Werbung und Markt-      europäischen Hochschulen, ein Jahrzehnt
                                                                                                                                                            Landkreis Biberach in die Jugend forscht        kommunikation, Baier wird Vertriebsinge-       lang forschte und lehrte er schließlich in
                                                                                                                                                            AG ein. „Jugend forscht? Wir?“ Die damals       nieurin –, aber eine wertvolle Lektion aus     Kanada, und erst mit 50 Jahren erhielt er ei-
                                                                                                                                                            15-jährigen Mädchen waren baff. Ihre Che-       dem Wettbewerb wird sie immer begleiten:       nen Ruf als Professor für Mathematik an die
                                                                                                                                                            mie-Noten konnten sich zwar sehen lassen,       sich nie entmutigen zu lassen.                 Universität des Saarlandes. Für seine weg-
                                                                                                                                                            aber der Anblick des Periodensystems riss                                                      weisenden Erkenntnisse hat Speicher 2013
                                                                                                                                                            sie deswegen noch lange nicht zu Begeiste-      Begeisterung wecken                            den höchstdotierten Wissenschaftspreis
                                                                                                                                                            rungsstürmen hin. Warum dann also Ju-                                                          der EU erhalten, den ERC Advanced Grant.
                                                                                                                                                            gend forscht?                                            Jugend forscht prägt seine Teil-      Im vergangenen Jahr war er Hauptredner
                                                                                                                                                                     Ganz einfach: Ihr Lehrer ließ nicht    nehmer, so auch Ilona Schulze. 1967 wurde      beim International Congress of Mathemati-
                                                                                                                                                            locker. So sagten sie zu. Auf leisen Soh-       sie Bundessiegerin im Fach Chemie mit ei-      cians, dem weltweit größten Kongress für
                                                                                                                                                            len schlich es sich an, das Forscherfieber,     ner Arbeit über den Vitamin-C-Gehalt von       Mathematiker. Hier sein Forschungsgebiet
                                                                                                                                                            und schließlich fanden die beiden jungen        Gartenkresse. „Ohne diesen Erfolg hätte ich    vertreten zu dürfen, gilt in dem Fach als
                                                                                                                                                            Frauen sogar echtes Forscherglück: 2010         wahrscheinlich nicht Chemie und Physik         eine der größten akademischen Ehren.
                                                                                                                                                            wurden sie mit ihrem Projekt – der Ent-         für das Lehramt studiert“, sagt sie. Päda-              Was ihn all die Jahre durchhalten
                                                                                                                                                            wicklung eines Sensors zur Messung von          gogin wollte sie schon immer werden, aber      ließ? „Die Liebe zur Mathematik“, sagt er.
                                                                                                                                                            Wasserstoffkonzentration – Landessieger         die Liebe zu den Naturwissenschaften und       „Das Suchen und Finden von schönen, ele-
                                                                                                                                                            im Fach Chemie in Baden-Württemberg.            der Wunsch, die Faszination des Forschens      ganten Strukturen und Lösungen – das hat
                                                                                                                                                            Auf Bundesebene errangen sie Platz fünf.        anderen zu vermitteln, wurden durch den        mich schon damals bei Jugend forscht an-
                                                                                                                                                                                                            Wettbewerb geweckt.                            getrieben. Und das ist heute noch so.“ Hin-
                                                                                                                                                            Feuer fangen                                             Ein Knoten war geplatzt: Die Ängs-    zu kommt, dass Speicher zu den Pionieren
                                                                                                                                                                                                            te, am Chemie- und Physikstudium mög-          und Koryphäen seines Fachgebiets zählt.
                                                                                                                                                                     „Die Atmosphäre in der AG war un-      licherweise zu scheitern, traten in den        Er war unmittelbar daran beteiligt, die
                                                                                                                                                            geheuer motivierend“, erinnert sich Baier       Hintergrund. „Diese positive Erfahrung         Freie Wahrscheinlichkeitstheorie bekann-
                                                                                                                                                            heute. „Irgendwann fingen wir Feuer, woll-      hat mich sehr beeinflusst“, sagt Schulze.      ter zu machen, und freut sich heute über
                                                                                                                                                            ten unbedingt selbst am Wettbewerb teil-        So sehr, dass sie sich als Lehrerin, Schul-    die wachsende Zahl an Forschungsstellen.
                                                                                                                                                            nehmen“, ergänzt Mahlenbrei. Drei Jahre         leiterin und als Fachdezernentin bei der       Der Kreis von Experten sei allerdings im-
Hier nistet sich der Zweifel genauso gerne ein wie das Glück: Das menschliche Gehirn ist Schauplatz gewaltiger Emotionen, auch beim Forschen.               lang feilten sie an ihrem Projekt, investier-   Bezirksregierung in Köln in verschiedenen      mer noch relativ klein, erklärt er. „Aber der
                                                                                                                                                            ten viele Nachmittage und Wochenenden.          Projekten und Initiativen ihr ganzes Berufs-   Austausch und die Anerkennung, die man
                                                                                                                                                            Ein paar Mal drehten sie sich im Kreis – es     leben lang dafür einsetzte, Schülerinnen       hier erfährt, sind umso direkter und per-
                                                                                                                                                            gab einfach zu viele potenzielle Fehlerquel-    und Schüler an die Naturwissenschaften         sönlicher. Das motiviert enorm.“

                                                                   – 22 –                                                                                                                                                      – 23 –
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                      „Dem Traum eine
           Weltraumforscher mit
           Mission: Alexander Gerst
           flog 2014 als dritter
                                                                                       Chance geben“
           Deutscher zur Internatio-
           nalen Raumstation ISS.
                                                                                            Als Astronaut der Raumstation ISS erlebte
                                                                                            Geophysiker Alexander Gerst die Erde aus
                                                                                                einem ganz neuen Blickwinkel. Ein
                                                                                              Gespräch über Glücksmomente im All,
                                                                                            plötzliche Popularität und Bodenhaftung

                                                                               Herr Gerst, Sie waren sechs Monate lang        habe ich daher oben in der Aussichtskup-
                                                                               „unser Mann im All“ – was bedeutet das in      pel der ISS diesen Ausblick gesucht und
                                                                               der Rückschau für Sie?                         in unendlich vielen Fotos festgehalten. Als
                                                                               Als ich mich 2008 bei der ESA bewarb, habe     Geophysiker kenne ich unseren Planeten
                                                                               ich nicht wirklich daran geglaubt, eines Ta-   eigentlich in- und auswendig. Diese klei-
                                                                               ges Astronaut zu werden. Ich wollte damals     ne Steinkugel und ihre hauchdünne Hülle
                                                                               einfach nur einem Traum eine Chance ge-        dann plötzlich mit eigenen Augen inmitten
                                                                               ben. Nicht mehr und nicht weniger. Dass        des gigantischen schwarzen Universums
                                                                               ich dann tatsächlich das Glück hatte, ein      kreisen zu sehen, ist eine Erfahrung, die
                                                                               halbes Jahr auf der ISS verbringen zu dür-     kein Astronaut vergisst. Aber auch ein Er-
                                                                               fen – darüber staune ich heute noch.           lebnis, das einen nachdenklich und sogar
                                                                                                                              traurig machen kann.
                                                                               Sie sind als einer von sechs aus über 8 400
                                                                               Bewerbern für die Weltraummission aus-         Welche Momente waren das?
                                                                               gewählt worden. Da nur von Glück zu            Von der Raumstation aus mussten wir mit
                                                                               sprechen, klingt nach falscher Beschei-        ansehen, wie über den Krisenregionen die-
                                                                               denheit. Was hatten Sie den anderen Kan-       ser Welt Raketen flogen und Bomben ein-
                                                                               didaten voraus?                                schlugen. Und man bekommt von da oben
                                                                               Ich bin ein ziemlich rationaler Typ. Bei mir   ein Bild davon, welch gigantische Ausmaße
                                                                               schlägt das Gefühlspendel nicht so schnell     die Vernichtung der tropischen Regenwäl-
                                                                               aus, weder nach oben noch nach unten.          der schon erreicht hat. Mir wurde schlag-
                                                                               Wohl auch deshalb hat die ESA mich an          artig klar, wie verletzlich das ganze System
                                                                               Bord geholt. Astronauten dürfen sich in Ex-    ist – und wie unglaublich absurd es ist, dass
                                                                               tremsituationen nicht von Emotionen be-        wir Menschen uns und noch dazu die Natur
                                                                               herrschen lassen. Egal, ob es einen Notfall    bekriegen. Hätte jeder von uns die Chance,
                                                                               gibt oder ein Forschungsexperiment dane-       einmal diese Perspektive einzunehmen, es
                                                                               bengeht.                                       wäre wahrscheinlich besser bestellt um un-
                                                                                                                              sere Welt.
                                                                               Wie bitte? Gefühle spielen so gar keine
                                                                               Rolle da oben?                                 An Gedanken wie diesen haben Sie wäh-
                                                                               Doch, natürlich (lacht). Schließlich haben     rend Ihres Raumfluges via Twitter und
                                                                               auch Astronauten Gefühle. Der erste Blick      Facebook viele Menschen teilhaben las-
                                                                               aus dem Weltraum auf die Erdkugel ist          sen. Warum war Ihnen das wichtig?
                                                                               überwältigend. Und diese Faszination hört      Weil es mir ein Bedürfnis war, all meine
                                                                               auch während der ganzen Mission nicht          persönlichen Eindrücke aus dem All mit
                                                                               auf. Wann immer es die knappe Zeit zuließ,     Gleichgesinnten zu teilen. Es ist eine U

– 24 –                                                                                                                   – 25 –
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft   Jugend forscht: 50 Jahre

                                                                                                                                                       Galaktische Karriere

                                                                                                                                                       DR. ALEXANDER
                                                                                                                                                       GERST
                                                                                                                                                       2015 Auszeichnung mit
                                                                                                                                                       dem Bundesverdienst-
                                                                                                                                                       kreuz, Berufung zum
                                                                                                                                                       UNICEF-Botschafter

                                                                                                                                                       2014 Teilnahme an der
                                                                                                                                                       sechsmonatigen Mission
                                                                                                                                                       „Blue Dot“. Als Bordin-
                                                                                                                                                       genieur auf der Interna-
                                                                                                                                                       tionalen Raumstation
                                                                                                                                                       ISS führt Gerst über 100
                                                                                                                                                       Experimente durch

                                                                                                                                                       2011 Berufung zum
                                                                                                                                                       Besatzungsmitglied der
                                                                                                                                                       ISS-Crew 40/41

                                                                                                                                                       2009 - 2010 ESA Raum-
                                                                                                                                                       fahrtausbildung im
                                                                                                                                                       Europäischen Astronau-
Atemberaubendes Pa-                                                                                                                                    tenzentrum EAC, Köln
norama: Mehr als sechs
Stunden hält sich Alexan-                                                                                                                              2004 - 2010 Forschungs-
der Gerst am 7. Oktober                                                                                                                                tätigkeit am Institut für
2014 zwecks Wartungs-       tolle Erfahrung zu sehen, dass die bemann-    ne Erfahrung ist, dass das Leben immer et-                                   Geophysik der Universi-
arbeiten außerhalb der      te Raumfahrt mit ihrer spektakulären Sicht    was Spannendes auf Lager hat, man muss                                       tät Hamburg, Promotion
Raumstation auf.            auf die Erde so viele Menschen bewegt –       nur offen dafür sein. Zudem stehe ich auch
                            aber eben auch zum Nachdenken anregt.         in Zukunft für Missionen zur Verfügung,                                      1998 -2003 Studium der
                                                                          und bis dahin gibt es viele interessante Auf-                                Geophysik an den Uni-
                            Sie haben heute Fans in aller Welt, was       gaben bei der ESA – auch am Boden.                                           versitäten Karlsruhe und
                            eher ungewöhnlich ist für einen Wissen-                                                                                    Wellington, Neuseeland
                            schaftler. Hat der Rummel um Ihre Per-        Sie hatten von der ISS aus einen direkten
                            son Sie verändert?                            Draht zu Schülerinnen und Schülern.                                          1995 Abitur am Tech-
                            Ich hoffe nicht. Ich denke, ich bin immer     Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit Kin-                                       nischen Gymnasium in
                            noch der Alexander Gerst, der ich vor der     dern und Jugendlichen?                                                       Öhringen bei Heilbronn
                            Mission war. Vor mir sind Menschen in         Viel, weil in den Händen dieser jungen Men-
                            den Weltraum geflogen, und nach mir wer-      schen die Zukunft unseres Planeten liegt.
                            den es viele andere tun. Ich stehe in jeder   Es ist wichtig, die nächste Generation für
                            Hinsicht wieder mit beiden Beinen auf der     Forschung und Wissenschaft zu begeistern.
                            Erde. Allerdings verändert so eine Mission    Denn die Kinder von heute sind es, die dafür
                            die Sichtweise auf unseren kleinen blauen     sorgen werden, dass die Erde auch morgen
                            Planeten natürlich nachhaltig.                noch ein lebenswerter Ort ist. Ich möchte
                                                                          etwas von der Inspiration weitergeben, die
                            Sie waren im Weltall, ein Erfolg, der         mir als Jugendlicher durch die Raumfahrt
                            kaum zu toppen ist – was kann jetzt noch      zuteilgeworden ist. Wenn Weltraumflüge
                            kommen?                                       dazu beitragen können, dass Jugendliche                                      Spektakuläre Perspektiven: Mit seinen
                            Das Leben fühlt sich sehr gut an so, wie es   sich für Technik- und Umweltfragen inter-                                    Aufnahmen der Erdoberfläche fas-
                            jetzt ist. Ich bin niemand, der von einem     essieren, dann ist einer der wichtigsten Tei-                                zinierte der deutsche ESA-Astronaut
                            zum nächsten Höhepunkt jagen muss. Mei-       le meiner Mission erfüllt.                                                   Millionen Menschen in aller Welt.

                                                                     – 26 –                                                                                                                    – 27 –
PASSION ZUKUNFT | Neugier & Leidenschaft      Jugend forscht: 50 Jahre

          Investment in
                                                                                                                                                                               V Prof. Dr.-Ing. Udo Ungeheuer
                                                                                                                                                                               Präsident des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI),
                                                                                                                                                                               Düsseldorf

          Wissbegierde
                                                                                                                                                                               „Pioniere und Erfinder, die Innovationen von morgen
                                                                                                                                                                               anstoßen und neue Technologien entwickeln – solche

         und Leidenschaft
                                                                                                                                                                               Menschen braucht unsere Gesellschaft. Ingenieure
                                                                                                                                                                               leisten einen Beitrag, die Welt ein Stückchen besser
                                                                                                                                                                               zu machen. Sie nehmen sich globaler Megathemen
                                                                                                                                                                               wie Umwelt, Energie, Mobilität, Kommunikation oder
                                                                                                                                                                               Gesundheit an. Das erfordert neben Fachwissen auch
                                                                                                                                                                               Aufgeschlossenheit, Neugier und Kreativität – also den
                                                                                                                                                                               Blick über den Tellerrand. Die technische Allgemein­
                    Unternehmen, Ministerien,                                                                                                                                  bildung in den Schulen gleicht in Deutschland noch

              Verbände, Forschungsorganisationen                                                                                                                               einem sehr löchrigen Netz. Umso wichtiger ist die
                                                                                                                                                                               frühe Förderung von Interessen und Talenten, wie
             und Stiftungen – sie alle sind Partner und                                                                                                                        sie Jugend forscht äußerst nachhaltig und in hoher

                 Förderer des Wettbewerbs. Viele                                                                                                                               Qualität betreibt. Wir möchten den Wettbewerb künf­
                                                                                                                                                                               tig noch stärker mit unseren Nachwuchsangeboten
                unterstützen Jugend forscht schon                                                                                                                              vernetzen. Es fasziniert mich, mit welcher Leidenschaft

                         seit Jahrzehnten                                                                                                                                      und Akribie die Jugendlichen bei der Sache sind. Und
                                                                                                                                                                               dass sie sich so viele Gedanken darum machen, wie
                                                                                                                                                                               wir eine bessere Zukunft schaffen können. Das ist
                                                                                                                                                                               wirklich toll mitanzusehen!“

       N
                    icht nur jede Menge       ein eigenständiges Markenprofil. „Der         Dr. Kurt Bock U
                    spannende Ideen und       hohe Bekanntheitsgrad und das exzellente      Vorstandsvorsitzender der BASF SE,
                    viel Leidenschaft flie-   Image sichern dem Wettbewerb – und da-        Ludwigshafen
                    ßen alljährlich in den    mit auch unserem gesamten Unterstützer-
                    Wettbewerb. Hinter Ju-    netzwerk – eine breite öffentliche und me-    „Menschen, die Mut haben, außer­
gend forscht steckt auch eine bemerkens-      diale Aufmerksamkeit“, erklärt Nico Kock,     gewöhnliche Ideen zu verfolgen und den
werte Investitionsleistung: Mindestens        stellvertretender Geschäftsführer und Mit-    Willen mitbringen, Dinge voranzutreiben,
zehn Millionen Euro lassen sich die Partner   glied des Vorstands der Stiftung Jugend       auch wenn sie schwierig erscheinen. Solche
des Wettbewerbs ihr Engagement Jahr für       forscht e. V. „Wer als unser Partner in Er-   Persönlich­keiten brauchen wir bei BASF. Wir
Jahr kosten. Finanziert wird Jugend forscht   scheinung tritt, dem bieten sich zahlreiche   sind mit Forschung und Inno­vationen groß
vornehmlich von der Wirtschaft – ein Er-      Möglichkeiten, das Engagement mit der ei-     geworden. Den ersten Forschungsleiter
folgsrezept, das sich seit der Gründung       genen Kommunikationsarbeit zu verknüp-        gab es bei uns schon drei Jahre nach
bewährt hat. Zu den rund 250 Partnern         fen.“ So betten viele Förderunternehmen       unserer Gründung im Jahr 1865. Wir
zählen mittelständische Firmen genauso        den Wettbewerb in ihre Corporate Social       wollen, dass junge Menschen genauso viel
wie Weltkonzerne. Aber auch Ministerien,      Responsibility-Strategie ein und verstehen    Freude an Naturwissenschaften haben wie
Verbände, Stiftungen, Forschungsorganisa-     ihn oft auch als identitätsstiftenden Bau-    wir. Unser Unter­nehmen ist daher Partner
tionen und Hochschulen bringen sich mit       stein der eigenen Unternehmenskultur.         der ersten Stunde von Jugend forscht, eine
Eigenmitteln bei Jugend forscht ein.                                                        Reihe von Alumni arbeitet heute bei der
         Was treibt diese Akteure an, sich    Talente angeln                                BASF. Mich beeindruckt immer wieder, wie
finanziell und auch personell für den Wett-                                                 die jungen Leute sich für eine Sache
bewerb zu engagieren? Es ist vor allem der             Es sind aber bei Weitem nicht nur    begeistern und mit welchem Spaß und
herausragende Ruf, den Jugend forscht         Imagegründe, die Unternehmen, Verbände        Erfindergeist sie an den Wettbewerb
über alle Branchen und Institutionen hin-     oder Stiftungen dazu bewegen, mit Jugend      herangehen. Ein riesiges Potenzial,
weg genießt, der ein Engagement für die       forscht zu kooperieren. Auch handfeste öko-   Kreativität und Offenheit stecken in den
Organisationen attraktiv macht. Als einzi-    nomische und strategische Interessen halten   Jugendlichen. Das ergibt in der Summe
ger deutscher Ideenwettbewerb für Mathe-      sie dazu an. Allen voran steht die Überzeu-   immer tolle Ergebnisse. Da sind wir im
matik, Informatik, Naturwissenschaften        gung, dass die Unterstützung von Jugend       Jubiläumsjahr 2015 gerne als Bundes-
und Technik verfügt Jugend forscht über       forscht ein nachhaltiger Beitrag zur U        patenunternehmen dabei.“

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