Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten

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Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Lobby der Älteren   Das Magazin der Bundesarbeitsgemeinschaft
                    der Senioren-Organisationen
                    2/2006

Die
BAGSO Nachrichten
ISSN 1430-6204

                     Mobilität in
                     jedem Alter ...
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
z. B.
                                                                        Privat
                                                                               -Rec
                                                       z. B.
                                                             Priva
                                                                      ab 5
                                                                           ,34 B htsschu
                                                                  t- un           im M        tz
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Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Editorial

                             Liebe Leserinnen und Leser,

                                 möglichst lange gesund und mobil               Als Fazit geht aus den Beiträgen her-
                             zu bleiben, erhofft sich wohl jeder für        vor, dass bei allen Verbesserungen gegen-
                             das eigene Alter. Für beide Wünsche            über früheren Zeiten viele Mobilitäts-
                             bestehen in diesem Jahrhundert weitaus         angebote noch Wünsche offen lassen,
                             bessere Voraussetzungen als für unsere         wenn wir sie auf ihre Tauglichkeit für
                             Eltern und Großeltern. Das verdanken           Seniorinnen und Senioren prüfen. Mit
                             wir dem Fortschritt von Medizin und            Blick auf den demografischen Wandel
                             Technik, der uns gegenüber früheren            müssen sich private Anbieter und die
                             Generationen neue Möglichkeiten er-            öffentliche Hand diesen Aufgaben
                             öffnet.                                        stellen und vor allem die städtische
                                                                            Infrastruktur vorausschauend planen.
Dr. Erika Neubauer,
                                 Das Motto „Alter als Chance“ haben
BAGSO-Geschäftsführerin      wir für den 8. Deutschen Seniorentag               Aber wir können nicht alles der
                             in Köln gewählt, um zusammen mit               Wirtschaft oder der Allgemeinheit über-
                             den Mitgliedsverbänden und den Teil-           lassen, sondern sollten die Mobilität, die
                             nehmern die Optionen auszuloten, die           wir selbst als Erleichterung schätzen, bei
                             die „gewonnene Zeit“ den Seniorinnen           Bedarf mit anderen, weniger begüns-
                             und Senioren von heute bietet. Als             tigten Personen teilen. In vielen Ort-
                             einen Aspekt greifen wir in dieser             schaften wird das schon mit Erfolg
                             Ausgabe der vierteljährlich erscheinen-        praktiziert, indem z. B. Hochbetagte
                             den BAGSO Nachrichten die Mobilität            oder schlecht an den öffentlichen
                             als große Bereicherung unseres Erlebnis-       Nahverkehr angebundene Dorfbewoh-
                             raumes auf. Sie erweitert unseren              ner durch Fahrdienste zu Veranstal-
                             Horizont außerordentlich. Wer hätte            tungen abgeholt werden. Auf diese Weise
                             als Kind zu träumen gewagt, dass uns           kann mit geringem Aufwand spürbar
                             eines Tages sozusagen die ganze Welt           geholfen werden! Außerdem macht
                             zu Füßen liegt und wir uns je nach             gemeinsames Erleben mehr Freude.
                             Verlangen für die Beförderung in der
                                                                               So sind auch viele Teilnehmer des
                             Luft, auf dem Lande oder auf dem
                                                                            8. Deutschen Seniorentages der Kölner
                             Wasser entscheiden können?
                                                                            Seniorenvertretung für das Angebot
                                 In den Beiträgen werden verschie-          dankbar, sie als private Gäste bei sich
                             dene Fortbewegungsmöglichkeiten un-            aufzunehmen und miteinander die
                             ter der Fragestellung behandelt, inwie-        Veranstaltungen zu besuchen. – Diesem
                             weit einzelne Reiseangebote tatsächlich        Vorbild wünschen wir viele Nachahmer!
                             auf Senioren als Zielgruppe zuge-
                             schnitten sind bzw. was jeweils verbes-
                             serungsbedürftig ist.
                                                                            Mit herzlichen Grüßen
                                 Als weitere Facette von Mobilität
                             befassen wir uns mit den Beförderungs-
                             mitteln, die uns das tägliche Leben
                             erleichtern. Es geht um die Bedingun-
                             gen, die es erlauben, den PKW oder das
                             Fahrrad möglichst lange zu nutzen.
                             Außerdem wird erörtert, inwieweit der
                             öffentliche Nahverkehr, der mit
                             steigendem Alter eine immer größere
                             Rolle spielt, eine echte Alternative bietet.
                             Zur Illustration werden vorbildliche
                             Lösungen vorgestellt.

BAGSO Nachrichten · 2/2006                                                                                          3
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Inhalt

 Editorial                            3                                                   Senioren – Kritische Kunden

                                                                                         Ältere Kunden als strategischer Input
 Brennpunkt                                                                              für Unternehmen
Droht Altersarmut beim Verkauf                                                           Viele Firmen stellen sich zunehmend
von Immobilien?                       5                                                  auf die Zielgruppe 50plus ein         28

 Seniorenpolitik & Seniorenarbeit                                                         Portrait

Mehrgenerationenhäuser: Zusammen-                                                        Lovro Mandac, Vorstandsvor-
halt der Generationen stärken     6                                                      sitzender der Galeria Kaufhof AG        29

Werkstätten der Zukunft:                                                                  Finanzen & Anlagen
Neue Ideen zur Veränderung                  Seite 8
der Gesellschaft                      8                                                  Was ist Sponsoring?
                                           Werkstätten der Zukunft: Senioren können
Das Kölner Projekt „Wohnen für Hilfe”                                                    Steuerliche Behandlung beim
                                           ihre Potenziale neu entdecken und an der
initiiert „Wohnpartnerschaften“                                                          steuerbegünstigten Empfänger            32
                                           Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklungen
zwischen Senioren und Studenten       9    aktiv teilnehmen                              Die DeutscheSenior : ®

                                                                                         Als Lotse unterwegs                     34
 Titel – Mobilität in jedem Alter
                                                                                          Senioren weltweit
Mobilität – Garant für ein selbst-
ständig geführtes Leben              10                                                  SEEM II – Soziale Dienste für ältere
Selbstständig und sicher unterwegs   13                                                  Angehörige ethnischer Minderheiten 36

Älter werden und mobil bleiben,                                                          EU-Projekt
und zwar zu Fuß                      13                                                  „eGovernment-Guide für Senioren“        37

Wie sieht eine seniorengerechte                                                          Bulgarien – kein leichtes Leben für
Stadt aus?                           14                                                  die Älteren                             38

Altengerechte Stadt – Das Handbuch 15                                                    Pfälzer Senioren leisten Schülerhilfe
                                                                                         in Kenia                                39
Radfahren im Alter – aber sicher     16
Mythos Busreise:                                                                          Informationen aus der BAGSO
Viele bleiben lieber sitzen,
als mühsam aus- und einzusteigen     18                                                  Neu in der BAGSO:
                                                                                         Das Bayerische Senioren Netz Forum 40
Ob in die nahe Umgebung oder
in die Ferne – das Gemeinschafts-           Seite 10                                     Treffen mit den seniorenpolitischen
erlebnis zählt                       19    Hauptsache mobil. Ob mit dem Auto, der        Sprecherinnen und Sprechern             40

Aktiv und mobil an Rhein und Ruhr 20       Bahn oder zu Fuß: Wichtig ist es, seinen      Das Online-Jahr 50plus startet am
                                           eigenen mobilen Aktionsradius aufrecht-       8. Deutschen Seniorentag                41
Die Initiative „fit & mobil“         20    zuerhalten oder zu erweitern                  Aus der Arbeit der BAGSO                42
Mobil auf Schienen – Vorschläge des
Kundenbeirates der Deutschen Bahn 22                                                     Diskriminierung älterer Arbeitnehmer
                                                                                         konsequent bekämpfen!                43
Senioren ans Steuer!
Strategien zur Unfallvermeidung      23                                                  Projekte und Vorhaben der
                                                                                         BAGSO-Verbände                          44
Germanwings:
Einfach buchen, sicher und                                                               Der Förderverein informiert
preiswert fliegen                    24                                                  Die seniorengerechte Apotheke –
                                                                                         Wolfgang Simons, MVDA-Präsident         47
Projekt InSelParc:
Neue Wege in der Verkehrssicherheits-                                                    Die 90 BAGSO Organisationen             49
arbeit                                25                                                 „Alter als Chance“
„mobil sein & bleiben“ –                                                                 8. Deutscher Seniorentag
Das Schweizer Büro RUNDUM mobil 38                                                       vom 16. bis 18. Mai 2006                50

 Gesundheit & Pflege                                                                      Impressum                              50
                                            Seite 14
Auffangen – Informieren – Begleiten        Wie sieht eigentlich eine senioren-
Die Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. 26   gerechte Stadt aus? Überlegungen einer        Beilagenhinweis:
Kieser Training:                           Arbeitsgruppe in der Stadt Rheine liegen      Bitte beachten Sie die Beilage der
Gesundheit kennt kein Alter          27    jetzt als Broschüre vor                       Viking Flusskreuzfahrten.

4                                                                                                    BAGSO Nachrichten · 2/2006
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Brennpunkt

Droht Altersarmut beim Verkauf von Immobilien?

A
         uf Seite 82 der Koalitionsverein-   alten Eltern kümmern, die allein in        jährlichen Preisbericht der FAZ vom
         barung vom 11. November 2005        einem viel zu großen Haus wohnen. Mit      26. Januar 2006). Hier entsteht ein
         ist hiervon die Rede: die „Neu-     zunehmendem Alter stellen sich oft kör-    Scheingewinn, der dem Verkäufer noch
regelung der Besteuerung von Kapital-        perliche Gebrechen ein, die Menschen       zusätzlich angelastet wird.
erträgen und privaten Veräußerungs-          dazu veranlassen, in eine barrierefreie
                                                                                            Hinzu kommt, dass durch die Über-
gewinnen“. Aufgrund der Erfahrungen          Wohnung oder eine betreute Wohn-
                                                                                        alterung der Bevölkerung auch ein
aus der vorherigen Rot-Grünen Koali-         anlage umzuziehen oder sich in die
                                                                                        Schrumpfungsprozess auf dem Immo-
tion ist zu befürchten, dass der Wechsel     Obhut eines Alten- oder Pflegeheims zu
                                                                                        bilienmarkt eingetreten ist. Bei einem
des Hauseigentümers noch stärker be-         begeben.
                                                                                                      Hausverkauf wird man
steuert wird. Wenn heute jemand ein
                                                                                                      daher weniger Finanz-
Haus verkauft, das er länger als 10 Jahre
                                                                                                      mittel zur Verwendung
besitzt, dann unterliegt dieser Verkauf
                                                                                                      für eine andere Immobi-
nicht der Spekulationssteuer (Der Ter-
                                                                                                      lie zur Verfügung haben.
minus technikus für Spekulationssteuer
heißt „Abgeltungssteuer“).                                                                                Zur steuerlichen Be-
                                                                                                      lastung ist zu sagen, dass
    Die Vorstellung der Koalitionspart-
                                                                                                      hier an eine generelle
ner ist offenbar, dass diese Frist weg-
                                                                                                      Steuer von 20 Prozent
fallen soll. Damit würde ein Immo-
                                                                                                      gedacht ist (FAZ vom
bilienverkauf in jedem Fall spekulations-
                                                                                                      18. 11. 2005, Seite 41).
steuerpflichtig. Das heißt, wenn ein
                                                                                                      Nach dem Terminplan
Rentner sein Haus, das er vielleicht vor
                                                                                                      der Bundesregierung soll
30 Jahren erworben hat, verkaufen
                                                 Um das finanzieren zu können,          die entsprechende gesetzliche Grundlage
würde, um seinen Platz in einem Alters-
                                             müssen sie ihr Häuschen verkaufen, was     im Jahre 2007 geschaffen werden.
heim zu finanzieren, würde er zusätzlich
                                             sie bei der Anschaffung auch schon als
dieser Spekulationssteuer unterliegen.                                                      Die Politiker sind aufgefordert, bei
                                             Sicherung für alle Notfälle angesehen
                                                                                        einer Neuregelung der Besteuerung von
    Diese Absichten sind grundsätzlich       hatten. Nun soll künftig dieser Verkauf
                                                                                        Kapitalerträgen und privaten Veräuße-
nicht neu, denn schon die rot-grüne          einer Spekulationssteuer unterliegen.
                                                                                        rungsgewinnen Augenmaß zu zeigen,
Bundesregierung hatte im Rahmen des          Hier kann man unterstellen, dass der
                                                                                        damit sich keine unangenehmen Über-
„Steuervergünstigungsabbaugesetzes“          Vorgang der Schaffung eines Eigenheims
                                                                                        raschungen für Senioren bei alters-
die zusätzliche Besteuerung von Ge-          in keiner Weise einer spekulativen Ge-
                                                                                        bedingten Vermögensumschichtungen
winnen aus dem Verkauf von Immo-             winnerwartung unterlegen hat.
                                                                                        einschleichen. Es sollte doch vermieden
bilieneigentum geplant. Dieses Gesetzes-         Ein anderer Fall: Eine Witwe kann      werden, die Altersarmut über den Weg-
vorhaben wurde aber aufgrund des             die Unterhaltskosten für das eigene Haus   fall der Spekulationsfrist noch zu för-
damals ausgebrochenen Entrüstungs-           nicht mehr tragen. Gründe sind z. B. die   dern.
sturms zurückgestellt. Unausgesproche-       geringere Witwenrente, die gestiegenen
nes Ziel des Gesetzentwurfes war es,                                                    Ralf Bramesfeld                       ■
                                             Lebenshaltungs- und Energiekosten und
die Möglichkeiten von Spekulationen          das Ausbleiben der Anpassung der Ren-
aller Art noch weiter einzuschränken.        ten an die gestiegenen Lebenshaltungs-       Zur Person
Diese Zielsetzung besteht weiterhin. Die     kosten. Die Witwe sieht sich daher ge-
Frage ist jedoch: Trifft diese geplante      zwungen, das Haus zu verkaufen. Auch         Ralf Bramesfeld
Neuregelung des Steuergesetzes wirklich      hier kann man kaum eine spekulative
immer die Richtigen?                                                                      Jahrgang 1930, IT-Berater im Ruhestand, Mit-
                                             Absicht unterstellen.
                                                                                          glied der Landesseniorenvertretung Hessen
    Für ein Rentnerpaar, das vor 20 oder         Eine solche Transaktion, die im          und des Seniorenbeirates der Stadt Wetzlar
30 Jahren ein eigenes Haus geschaffen        Grunde nur ein Vermögenswechsel ist,         Schulstr. 21a, 35579 Wetzlar
hat, droht hier ein erhebliches Unge-        wird darüber hinaus durch die inflatio-      Tel.: 0 64 41/921910
mach. Die Kinder sind aus dem Haus, sie      näre Preissteigerung belastet. Ein Euro      Fax: 0 64 41/921911
arbeiten unter Umständen weit entfernt       ist heute nach sieben Jahren Euro nur        E-Mail: R.Bramesfeld@t-online.de
und können sich daher kaum um die            noch 84 Cent wert (siehe den viertel-

BAGSO Nachrichten · 2/2006                                                                                                    5
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Seniorenpolitik & Seniorenarbeit

Mehrgenerationenhäuser –
Zusammenhalt der Generationen stärken
In ihrem Interview mit den BAGSO Nachrichten Ausgabe 1/2006 betonte die Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen, dass mit dem Modellprogramm
„Mehrgenerationenhäuser“ Brücken zwischen den Generationen gebaut werden können.

D
        er demografische Wandel in
        Deutschland und sich verän-
        dernde Lebens- und Arbeitsbe-
dingungen bringen große gesell-
schaftliche Herausforderungen mit sich.
Die Großfamilie löst sich zunehmend
auf, heute leben meist nur noch Eltern
mit ihren Kindern unter einem Dach.
Um die Bindungen zwischen den
Generationen zu festigen und unsere
Gesellschaft für junge wie für alte
Menschen zukunftsfähig zu gestalten,
brauchen wir neue Wege, die den sozia-
len Zusammenhalt stärken. Die Mög-
lichkeit dazu bieten Mehrgenerationen-
häuser. Menschen verschiedenen Alters
können helfen, die Generationenbe-
ziehungen auch außerhalb der Familie
neu zu gestalten.                            Das Mehrgenerationenhaus wird eröffnet

    Mit ihren Angeboten verstärken           Kinderbetreuung, unterstützen Eltern      Weiterbildungsseminaren, Kursen, Ge-
Mehrgenerationenhäuser die Bindungen,        bei der Erziehung, machen Angebote zur    sprächsrunden und Vorträgen werden
die unsere Gesellschaft zusammenhal-         Gesundheitsförderung und schaffen eine    die Fähigkeiten und Kenntnisse vermit-
ten. Sie helfen, Kinder zu fördern, Eltern   Plattform für Dienstleistungsangebote.    telt, die notwendig sind, um als „Fa-
in der Erziehung zu unterstützen, Fami-      In Mehrgenerationenhäusern können         milienmanager“ oder „Familienmana-
lien zu beraten, familiennahe Dienstleis-    ältere Menschen ihre Erfahrungen und      gerin“ erfolgreich zu sein.
tungen zu vermitteln, die Potenziale der     Kompetenzen an die nachfolgende              Die Mehrgenerationenhäuser för-
Älteren zu nutzen und so das Mit-            Generation weitergeben. So verhindern     dern Kompetenzen auf vielen Feldern:
einander der Generationen zu intensi-        die Mehrgenerationenhäuser, dass die
vieren.                                      Generationen nebeneinanderher leben,      ■   Familienberatung: Organisations-
                                             indem sie attraktive Angebote für alle        wissen von Familien erweitern und
    Die Arbeit der Mehrgenerationen-                                                       vervollständigen/Familienselbsthilfe.
                                             Altersgruppen bereitstellen.
häuser ist geprägt von freiwilligem
                                                                                       ■   Seniorenbildung: Qualifizierung
Engagement. Die Häuser verbinden                 Die Einrichtungen sind als offene
ehrenamtliche Tätigkeit, Selbsthilfe und     Tagestreffpunkte für Jung und Alt ge-         von Seniorinnen und Senioren für
professionelle Unterstützung zu einem        dacht, in denen vielfältige Aktivitäten       neue Tätigkeitsfelder, Vermittlung
umfassenden Angebot für Menschen             und Serviceangebote möglich sind. In          von Internetkenntnissen.
jeden Alters. Damit sind Mehrgenera-         den meisten Fällen gibt es einen zent-    ■   Patenschaften: Vermittlung vor
tionenhäuser auch wichtige Anlaufstel-       ralen Begegnungsraum, Kindertagesbe-          allem zwischen jungen und alten
len für Risikofamilien, die hier Unter-      treuung und Altenservice. Ergänzend           Menschen oder zwischen erwerbs-
stützung und Rat finden. Die Einrich-        kommen je nach Einrichtung weitere            tätigen Frauen und Frauen, die ihren
tungen bieten praktische Hilfe bei der       Angebote und Leistungen hinzu: In             Schwerpunkt auf die Familie legen.

6                                                                                                BAGSO Nachrichten · 2/2006
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
■   Familienunterstützende Dienstleis-      den Zusammenhalt und die Bindungen
    tungen: Bessere Balance von Familie     zwischen Jung und Alt festigen bzw. ini-
    und Beruf, haushaltsnahe Dienst-        tiieren. Die Idee sieht einen offenen Treff
    leistungen für Kinder, Jugendliche      für Familien, Senioren oder einfach nur
    und die ältere Generation.              für Menschen, die Gesellschaft haben
■   Beschäftigungsförderung: Hilfe bei      möchten vor, unabhängig von Alter,
    der beruflichen Neuorientierung,        Geschlecht, Nationalität oder Religion.
    Unterstützung für Mütter beim           Die Angebote beinhalten niederschwel-         Drei Generationen im Gespräch

    Wiedereinstieg in den Beruf, Hilfen     lige generationenübergreifende, fami-         ältere Menschen melden können, die ge-
    zur Verbesserung der Balance von        lienorientierte, haushaltsnahe Dienst-        legentlich ein Kind betreuen wollen.
    Familie und Beruf, Förderung und        leistungen, die in Selbsthilfe und ergänzt    Eltern können diese engagieren, um für
    Begleitung von Jugendlichen, För-       durch professionelle Hilfe erbracht           ein paar Stunden entlastet zu werden.
    derung haushaltsnaher Dienstleis-       werden.
                                                                                              Seit 2003 organisieren Mütter und
    tungen.                                     Wie dieses Konzept in der Praxis um-      Großmütter ein Schulfrühstück, indem
■   Weitergabe von Erziehungswissen:        gesetzt wird, soll im Folgenden am Bei-       sie im Mehrgenerationenhaus belegte
    Elternkompetenz stärken, Hilfen und     spiel des Mehrgenerationen-Hauses             Brötchen vorbereiten und dann in der
    Angebote für Alleinerziehende, Be-      Pattensen in Niedersachsen gezeigt            Schule verkaufen, um für eine ausgewo-
    ratung von Eltern bei Trennung und      werden. Hier wird Mehrgenerationen-           genere Ernährung der Schülerinnen und
    Scheidung, Vermittlung von „Leih-       arbeit in einem offenen Treff geleistet.      Schüler zu sorgen.
    Großeltern“.                            Als Begegnungs- und Austauschmög-
                                            lichkeit von Jung und Alt werden die              Im Mehrgenerationenhaus in Patten-
■   Weitergabe von Erfahrungswissen:                                                      sen finden zudem auch Kurse aus den
                                            Räumlichkeiten des „Café Mobile“ gern
    Allgemeiner Austausch zwischen                                                        Bereichen Gesundheits- und Familien-
                                            wahrgenommen, denn dort werden
    Jüngeren und Älteren.                                                                 bildung statt, und für jede Generation ist
                                            Frühstück, Mittagessen sowie Kaffee und
    Die Mehrgenerationenhäuser orien-       Kuchen angeboten, zusätzlich kann man         ein passendes, interessantes Kursangebot
tieren sich bei ihrer Arbeit am örtlichen   Kinderbetreuung und Bastelangebote in         dabei.
Bedarf und integrieren und ergänzen be-     Anspruch nehmen. Im Jahr 2004 be-                 In einer Kindertagesstätte mit dem
reits vorhandene Angebote. Sie setzen       suchten über 4.000 Menschen jeden Al-         Schwerpunkt Bewegung und Natur-
dabei auf strategische Partnerschaften      ters das „Café Mobile“.                       erfahrung werden Hort- und Kindergar-
mit anderen Einrichtungen und Institu-                                                    tenkinder betreut, was Familien die Ver-
                                                Des Weiteren ist das Mehrgenera-
tionen. So ergänzt bürgerschaftliches                                                     einbarung von Familie und Beruf er-
                                            tionenhaus auch Treffpunkt für Aus-
Engagement staatlich (mit-)finanzierte                                                    leichtert.
                                            tausch und Beratung von Gesprächs-
Professionalität. Das Engagement von
                                            kreisen und Selbsthilfegruppen, so gab           In einem Mehrgenerationenhaus fin-
Stiftungen und von Unternehmen kann
                                            es einen Stilltreff für Mütter und eine       det man also ein generationenübergrei-
dabei helfen, den Gedanken des Genera-
                                            Selbsthilfegruppe für Eltern mit geistig      fendes Begegnungszentrum, Kinder-
tionenzusammenhalts zu stärken.
                                            und/oder körperlich eingeschränkten           tagesbetreuung und Altenservices, in
   Eine Servicestelle wird den Aufbau       Kindern.                                      dem Selbsthilfe und wechselseitiger Er-
der Mehrgenerationenhäuser von Mitte                                                      fahrungsaustausch im Mittelpunkt ste-
                                                Man kommt auch gerne an diesem
2006 an begleiten. Weitere Informatio-                                                    hen, unter einem Dach. Hierdurch wer-
                                            Ort zusammen, um gemeinsam Karten
nen finden Sie auf der www.bmfsfj.de                                                      den Alltags- und Familienkompetenzen
                                            zu spielen oder einfach nur zum Er-
                                            zählen bei Kaffee und Kuchen, so treffen      sowie Berufsqualifikationen gebündelt.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Das Mehrgenerationenhaus in                 sich Hortkinder mit Bewohnern eines           Annette Köppel, 1. Vorsitzende
                                            Pflegewohnstifts und eine „Märchen-
Pattensen
                                            oma“ und eine Vorleserin sorgen bei den
   Die ersten Mehrgenerationenhäuser        Kindern für Unterhaltung.                     Nähere Informationen:
wurden im Jahre 2003 eingerichtet und                                                     MOBILE e.V.
haben sich aus verschiedenen Zentren           Die Frauenbeauftragte der Stadt            Mehrgenerationen-Haus Pattensen
heraus entwickelt. Die Landesregierung      Pattensen bietet Gespräche und Bera-          Göttinger Str. 25a, 30982 Pattensen
Niedersachsen fördert finanziell die        tung zu Themen wie Trennung, Schei-           Tel.: 0 51 01/10 90 30
Entstehung dieser Mehrgenerationen-         dung, finanzielle Unterstützung etc. an.      Fax: 0 51 01/10 90 31
häuser. Sie sollen den Austausch zwi-         Der offene Treff hat außerdem einen         E-Mail: info@mobile-pattensen.de
schen den Generationen fördern und          Wunschgroßelterndienst, bei dem sich          www.mobile-pattensen.de                 ■

BAGSO Nachrichten · 2/2006                                                                                                        7
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Seniorenpolitik & Seniorenarbeit

Werkstätten für die Zukunft – Ältere erwünscht!

Z
       ukunftswerkstätten haben einen                                                                           3. überlieferte Rollenbilder
       ganz besonderen Reiz. Es wird                                                                               des „Ruhestandes“ entge-
       mit einer Methode gearbeitet, die                                                                           genstehen;
der Zukunftsforscher Robert Jungk in
                                                                                                                4. weil die Kaufkraft der älte-
den 70er Jahren entwickelte hat, um
                                                                                                                   ren Generationen inzwi-
Menschen zu befähigen, ihre Zukunft
                                                                                                                   schen in Marketingstrate-
selbst in die Hand zu nehmen und an
                                                                                                                   gien einen immer größeren
„sozialen Erfindungen“ mitzuwirken.
                                                                                                                   Stellenwert bekommt, die
    Unsere Werkstätten basieren auf drei                                                                           Ältere so zu Objekten des
Schritten: der Kritik an bestehenden Ver-                                                                          Marktes macht. Es müssen
hältnissen, dem Fantasieren und Träu-                                                                              Ansprüche an diesen Markt
men, wie es besser sein könnte, und der                                                                            gestellt werden, die den tat-
Realisierung von Vorhaben, auf die sich      Zukunftswerkstatt der Akademie für Ältere in Wiesbaden im Novem-
                                                                                                                   sächlichen Lebensbedürf-
die Gruppe verständigt hat. Jede Zu-         ber 2005: „Spinnen – Kreative Netze für ein anderes Älterwerden“      nissen entsprechen;
kunftswerkstatt führte bisher zu prak-
                                                 Unsere Zukunftswerkstätten mit                     5. weil die ältere Generation für ehren-
tischen Ergebnissen, die die Teilnehmer
                                             Älteren in Frankfurt, Heppenheim,                         amtliches Engagement umworben
mit viel Freude und Spaß und oft auf
                                             Wiesbaden und Dresden haben be-                           wird. Neben dieser Wertschätzung
ungewöhnliche Weise erarbeitet haben.
                                             wiesen, dass viel Potenzial und Krea-                     gegenüber der Lebenserfahrung be-
                                             tivität entwickelt werden kann. Sowohl                    steht auch die Tendenz, die Lücken im
„Da fehlt noch etwas“
                                             Einzelpersonen als auch Gruppen haben                     Netz des Sozialen zu füllen, die durch
    Die jetzige Generation der Älteren       praktische Veränderungen im Alltag ins                    den Rückzug öffentlicher Dienst-
hat statistisch noch eine Lebenszeit vor     Werk setzen und auch den Aufbau von                       leistungen entstanden sind;
sich, die länger ist als Kindheit und        Netzwerken initiieren, stabilisieren oder
                                                                                                    6. weil Zukunftswerkstätten Anstöße zur
Jugend zusammen. Diese Lebensphase           vorwärts treiben können.
                                                                                                       Reflexion der eigenen Lebensbilanz
verlangt nach einem „Eigen-Sinn“ im
                                                Unsere Erfahrungen und viele Ge-                       geben und Widerständigkeit fördern
besten Sinne des Wortes. Viele, die zuerst
                                             spräche mit Älteren zeigen, dass solche                   können;
einmal ihre neue Freiheit genießen
                                             Zukunftswerkstätten sinnvoll und wün-
wollen, spüren nach einer gewissen Zeit,                                                            7. weil in Zukunftswerkstätten Keime
                                             schenswert sind,
dass die Konsumaktivitäten nicht alle                                                                  einer neuen Alterskultur entstehen
Bedürfnisse befriedigen, dass da „noch       1. weil das Leben im Alter in unserer                     können, die auch die jüngeren Gene-
etwas fehlt“. Über alle sinnstiftende           Kultur für viele Menschen eine zeit-                   rationen einlädt, an den Schätzen der
Tätigkeit hinaus, in der Kenntnisse und         liche und qualitative Dimension be-                    Erfahrungen und an den großen und
Lebenserfahrung angewandt und weiter-           kommen hat, die es nie zuvor geben                     kleinen Erzählungen teilzunehmen.
gegeben werden können, gilt es auch,            konnte;
sich politisch einzumischen und gegen
                                             2. weil in der gegenwärtigen öffentlichen              Kontakt
zunehmende Diskriminierungen zu
                                                Debatte mit der „Überalterung“
wehren.                                                                                             „Zukunftswerkstatt Eigensinn“
                                                unserer Gesellschaft Krisen- und
                                                                                                    Waltraud Beck und Edgar Weick
                                                Katastrophenszenarien entworfen
Zur Person                                      werden, die in diskriminierender                    Waltraud Beck
                                                Weise dazu dienen, eine Politik des                 Antoniterstr. 22, 65929 Frankfurt
Edgar Weick und Waltraud Beck                   Sozialabbaus zu rechtfertigen und das               Tel.: 0 69/30 78 95
                                                Selbstbewusstsein zu beeinträchtigen.               E-Mail: waltraud@beck-stromberger.de
Jahrgang 1936 und 1946, sind seit vie-
                                                Es ist höchste Zeit, dass sich die
len Jahren in der Erwachsenenbildung                                                                Edgar Weick
                                                Betroffenen in diese Diskussion mit
tätig. Seit über zehn Jahren veranstalten                                                           Eptingweg 3, 65929 Frankfurt
                                                ihren gesellschaftlichen Gegenent-
sie gemeinsam Zukunftswerkstätten                                                                   Tel.: 0 69/31 52 64
                                                würfen einmischen;
mit kritisch-offenem Blick und der Vision                                                           E-Mail: edgar.weick@t-online.de           ■
eines humanen Lebens im Alter.               3. weil dem möglichen Aufbruch zu
                                                einem anderen Leben im Alter oft

8                                                                                                               BAGSO Nachrichten · 2/2006
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Jung und Alt wohnen auf neue Weise zusammen
Das Kölner Projekt „Wohnen für Hilfe” initiiert „Wohnpartnerschaften“ zwischen
Senioren und wohnungssuchenden Studenten

I
   n der heutigen Zeit gehen alte und                  besichtigungen. Drohende Studienge-
   junge Menschen oft getrennte Wege,                  bühren erschweren die Finanzierbarkeit           Zur Person
   Lebensgemeinschaften zwischen Jung                  von Wohnraum und Studium zusätzlich.
und Alt sind eine Seltenheit geworden,                                                                  Sandra Wiegeler
die Anzahl der Singlehaushalte in                      Senioren wollen im gewohnten
                                                       Lebensumfeld bleiben                                               Diplomheilpäda-
Großstädten steigt stetig. Wie kann der
                                                                                                                          gogin mit sieben
Austausch zwischen den Generationen                        Auf der anderen Seite leben in Köln
                                                                                                                          Jahren Berufs-
angekurbelt werden, wie können sich                    über 200.000 Personen, die älter als
                                                                                                                          erfahrung in
Jung und Alt gegenseitig helfen und                    60 Jahre sind, viele von ihnen in größeren
                                                                                                                          der Erwachsenen-
stützen in einer Zeit, in der die Alters-              Wohnungen oder Häusern, deren Wohn-
                                                                                                                          bildung. Seit
pyramide Kopf steht, und es immer mehr                 raum teilweise leer steht, sei es, weil die
                                                                                                                          September 2005
ältere Menschen mit Unterstützungs-                    Kinder ausgezogen sind oder der Ehe-
                                                                                                        zuständig für das Projekt „Wohnen
bedarf geben wird?                                     partner verstorben ist. Die meisten
                                                                                                        für Hilfe“ in Köln.
                                                       Senioren möchten ihr gewohntes Lebens-
    Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ bietet
                                                       umfeld dennoch nicht aufgeben, sie sind
neue Antworten mit der Idee einer
                                                       aber zur Bewältigung des Alltags auf          Projekt „Wohnen für Hilfe“ in dieser Zeit
Wohnpartnerschaft: Senioren stellen Stu-
                                                       gelegentliche Hilfeleistungen in Haus         durch das Ministerium für Arbeit, Ge-
dierenden ungenutzten Wohnraum zur
                                                       und Garten angewiesen.                        sundheit und Soziales des Landes NRW.
Verfügung, für den diese keine Miete
zahlen, sondern Hilfeleistungen in alltäg-                 Warum also nicht auf freistehenden            Das Projekt ist auch eine Koopera-
                                                       Wohnraum verzichten, ihn Studierenden         tionsarbeit zwischen dem Zentrum für
                                                       zur Verfügung stellen und von diesen im       Heilpädagogische Gerontologie der Heil-
                                                       Gegenzug Unterstützung im Alltag er-          pädagogischen Fakultät der Universität
                                                       halten? Der Umzug in ein Alten- oder          zu Köln, der Seniorenvertretung der Stadt
                                                       Pflegeheim kann so in vielen Fällen           Köln und dem Allgemeinen Studieren-
                                                       hinausgezögert und der Vereinsamung           denausschuss der Universität zu Köln
                                                       im Alter entgegengewirkt werden. Zu-          (ASTA).
                                                       gleich kann die Verwirklichung solcher            Wenn sich diese Art des Dialoges und
                                                       Wohnpartnerschaften den Dialog zwi-           der gegenseitigen Hilfe zwischen Jung
Es muss nicht immer gleich eine Villa sein, die sich   schen Jung und Alt fördern und das
Senioren im Rahmen von „Wohnpartnerschaften“ mit                                                     und Alt durchsetzt, kann sich „Wohnen
Studenten teilen                                       Verhältnis zwischen den Generationen          für Hilfe“ als eine alternative Wohnform
                                                       neu beleben.                                  in unserer Gesellschaft etablieren und auf
lichen Dingen erbringen, wie z. B. Fenster
                                                                                                     eigenen Füßen stehen.
putzen, Einkäufe erledigen, Rasen mähen.               Kölner Projekt „Wohnen für Hilfe“
Dabei gilt: Pro bezogenem Quadratmeter                 wird wissenschaftlich begleitet
wird eine Stunde Hilfe im Monat ge-                                                                  Kontakt
                                                           Wie dieses gelingen kann und ob sich
leistet, wobei pflegerische Tätigkeiten                                                              Sandra Wiegeler
                                                       das Zusammenleben in einer solchen
ausgeschlossen sind.                                                                                 Projektbüro „Wohnen für Hilfe“
                                                       Wohnpartnerschaft positiv auf die Zu-
    Betrachtet man die Einwohnerzahlen                 friedenheit und Eigenständigkeit älterer      Frangenheimstr. 4, 50931 Köln
der Stadt Köln, wird diese Idee bestärkt.              Menschen auswirkt, diesen Fragen will         Tel.: 02 21/4 70 79 33
Hier leben auf der einen Seite über                    die wissenschaftliche Begleitung des          Fax: 02 21/4 70 79 34
70.000 Studierende, die auf der Suche                  Projektes unter der Leitung von Dr. H.C.      E-Mail: wfh@hrf.uni-koeln.de
nach günstigem Wohnraum sind. Stu-                     Berghaus und Dr. H. Milz vom Zentrum          www.wfh-koeln.de
dentenwohnheime können nicht alle                      für Heilpädagogische Gerontologie der             Jeden 1. Dienstag Info-Café von
Suchenden auffangen; ihre Wartelisten                  Universität zu Köln bis März 2008 nach-       15.00 – 17.00 Uhr in der Heilpädago-
sind ebenso lang wie die bei Wohnungs-                 gehen. Finanziell gefördert wird das          gischen Fakultät, Raum 10/11.      ■

BAGSO Nachrichten · 2/2006                                                                                                                   9
Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
Titel – Mobilität in jedem Alter

                                                                                    heitliche Beschwerden, nachlassende
                                                                                    Bewegungsfähigkeit oder ein geringeres

Mobilität –                                                                         Seh- und Hörvermögen im höheren
                                                                                    Alter die eigene körperliche Mobilität
                                                                                    erschweren und gleichzeitig die örtliche

Garant für ein selbstständig                                                        Nahversorgung immer stärker gefährdet
                                                                                    und öffentliche Einrichtungen und

                      geführtes                                                     Dienstleistungen immer mehr zen-
                                                                                    tralisiert werden.

                         Leben                                                           Neben dieser praktischen Bedeutung
                                                                                    für die Erhaltung einer selbstständigen
                                                                                    Lebensführung besitzt Mobilität aber
                                                                                    auch einen hohen emotionalen Wert,
                                                                                    und zwar gesellschaftlich wie indivi-
                                                                                    duell: In der heutigen „mobilen“ Gesell-
                                                                                    schaft ist sie geradezu zum Symbol für
                                                                                    Freiheit und Selbstbestimmung und
                                                                                    zum Gradmesser für Wohlstand und
                                                                                    Fortschritt geworden. Für jedes einzelne
                                                                                    Mitglied in unserer Gesellschaft bedeu-
                                                                                    tet Mobilität damit nicht nur die not-
                                                                                    wendige Voraussetzung für das Errei-
                                                                                    chen wichtiger Ziele, sondern auch Un-
                                                                                    abhängigkeit und Wahlfreiheit, Flexibi-
                                                                                    lität und Individualität bei der Verwirk-
                                                                                    lichung eigener Interessen. Zudem ver-
                                                                                    binden sich mit der Fähigkeit, außerhalb
                                                                                    des Hauses unterwegs zu sein, auch
                                                                                    Freude und Anregung, körperliche Be-
                                                                                    wegung und die Bestätigung eigener
                                                                                    Kompetenzen, das Erleben von Natur
                                                                                    und die Begegnung mit anderen Men-
                                                                                    schen und Kulturen sowie das Gefühl,
                                                                                    ein vollwertiges Mitglied der Gesell-
                                                                                    schaft zu sein – alles Erfahrungen, die
                                                                                    wesentlich zu einem gesunden und
                                                                                    befriedigenden Altern beitragen.
Einschränkungen der Mobilität können die individuelle                                   Diese selbstbestimmte Mobilität wird
                                                                                    jedoch häufig durch ungünstige Um-
Lebensführung beeiträchtigen
                                                                                    stände erschwert. Persönliche Voraus-
                                                                                    setzungen wie Gesundheitszustand, Ein-

R
      äumliche Mobilität bedeutet zu-         Wie die entsprechenden Strecken       kommen und Autobesitz auf der einen
      nächst einmal ganz praktisch: die   zurückgelegt werden, hängt außer von      und strukturelle Gegebenheiten wie die
      Fortbewegung von einem be-          der Entfernung auch von den geo-          Verfügbarkeit und Zugänglichkeit
stimmten Ort zu einem anderen in          graphischen und siedlungsstrukturellen    öffentlicher Verkehrsmittel oder die
einem bestimmten zeitlichen Rahmen.       Verhältnissen einer Region, von klima-    Erreichbarkeit von Dienstleistungsein-
Die Entfernung, die dabei überwunden      tischen Bedingungen und kulturellen       richtungen und Freizeitangeboten auf
wird, kann wenige Meter – von der         Traditionen, vom Vorhandensein in-        der anderen Seite bestimmen weit-
eigenen Haustür bis zur Tür des Nach-     frastruktureller Einrichtungen und von    gehend, ob und in welchem Umfang das
barhauses – ausmachen, bei einer          den jeweils verfügbaren Verkehrsmitteln   Bedürfnis verwirklicht werden kann,
großen Reise beispielsweise aber auch     ab. Gerade die letzteren werden umso      außerhalb der Wohnung etwas zu unter-
den gesamten Globus umfassen.             wichtiger, je mehr eventuelle gesund-     nehmen. So fallen bauliche Hindernisse

10                                                                                            BAGSO Nachrichten · 2/2006
oder schwierige Verkehrsverhältnisse       klar von Fahrradwegen und Fahrbahnen             Eine Voraussetzung für die Nutzbar-
stärker ins Gewicht, wenn mit zuneh-       abgegrenzt sein. Zu einer fußgänger-         keit solcher Angebote sind allerdings
mendem Alter die Kräfte allmählich         freundlichen Umfeldgestaltung gehören        erschwingliche Preise, denn die finan-
nachlassen oder gesundheitliche und        auch ausreichend lange Grünphasen an         ziellen Mittel vieler Älteren sind nicht
sensorische Einschränkungen auftreten.     Straßenkreuzungen und -übergängen,           gerade üppig. Eine vergleichsweise güns-
Die Schließung einer Postfiliale oder      deutlich markierte Zebrastreifen und         tige Monatskarte lohnt sich nicht, wenn
eines Lebensmittelgeschäfts im Stadtteil   Geschwindigkeitsbegrenzungen im Zu-          jemand den Bus oder die Straßenbahn
oder die Einstellung                                                                    vielleicht nur einmal in der Woche
einer Busverbindung                                                                     benötigt, um im Einkaufszentrum des
zur nächsten größeren        „Mobilität bedeutet                                        Nachbarstadtteils den täglichen Bedarf
Stadt können dann zu                                                                    zu decken. Ein Einkauf verteuert sich in
einem ernsten Pro-
                                         Unabhängigkeit, Flexibilität                   diesem Fall um rund vier Euro für
blem werden.                      und Individualität“                                   Fahrtkosten! Preiswerte Kurzstrecken-
                                                                                        fahrscheine brächten in dieser Hinsicht
    Eine zentrale Rolle
                                                                                        eine deutliche Erleichterung.
für die Erhaltung von
                                           gangsbereich wichtiger Einrichtungen,
Mobilität spielt deshalb in erster Linie                                                    Nach wie vor problematisch sind die
                                           von Erholungsgebieten und Haltestellen.
die Gestaltung des näheren und weiteren                                                 Bedingungen auf vielen – vor allem
Wohnumfelds. Nach einer interna-               Damit der öffentliche Personennah-       kleineren – Bahnhöfen und in Fahr-
tionalen, in sechs europäischen Städten    verkehr auch von älteren und hoch            zeugen der Deutschen Bahn. Bahnsteige
und ländlichen Regionen durch-             betagten Menschen genutzt werden             sind häufig für mobilitätseingeschränkte
geführten Studie mit 3.950 Befragten ab    kann, müssen barrierefreie Haltestellen      Personen nur schwer zugänglich, die
55 Jahre (Mollenkopf et al., 2005;         und Ein- und Ausstiege, leicht erreich-
Mollenkopf, 2003) findet knapp die         bare und bequeme Sitze, eine aus-               Zur Person
Hälfte (44 %) aller Wege innerhalb von     reichende Haltedauer zum bequemen
einem Kilometer, also in der näheren       Ein- und Aussteigen sowie möglichst
Umgebung der Wohnung, statt. Ein wei-      umsteigefreie Verbindungen gewähr-              Dr. Heidrun Mollenkopf
teres Viertel erstreckt sich auf eine      leistet sein. In dieser Beziehung hat sich                       hat viele Jahre –
Entfernung bis zu drei Kilometern.         in den letzten Jahren durch die Ein-                             zuletzt am Deut-
Unterschiede zwischen Landbewohnern        führung der Niederflurtechnik, durch                             schen Zentrum für
und Städtern gibt es dabei kaum. Über      niveaugleiche Haltestellen und Bahn-                             Alternsforschung
die Hälfte dieser Wege legen Ältere zu     steige und weitere Maßnahmen zur                                 an der Universität
Fuß zurück. Eine ausgewogene Stadt-        barrierefreien Erschließung öffentlicher                         Heidelberg (DZFA)
und Verkehrsplanung sollte deshalb ver-    Einrichtungen bereits viel verbessert.                           – zu den Themen
stärkt die Erhaltung einer bedarfsge-
                                               Viele Ältere empfinden aber nach            Mobilität und räumliche Umwelt,
rechten Infrastruktur fördern. Darüber
                                           wie vor das ruckartige Anfahren der             Technik und Lebensqualität im
hinaus würden Ruhezonen mit Sitzgele-
                                           Busse und Bahnen, zu lange Abstände             Alter geforscht und dazu eine Reihe
genheiten Besorgungen und Aktivitäten
                                           zwischen den Fahrzeiten, weite Wege zu          nationaler und international
zu Fuß auch bei gesundheitlichen Be-
                                           den Haltestellen und unverständliche            vergleichender Forschungsprojekte
einträchtigungen erleichtern. Öffent-
                                           Fahrkartenautomaten als Schwierigkeit.          durchgeführt.
liche Wege sollten breit genug sein,
                                           Innovationen wie die Service-Linien in          Dr. Heidrun Mollenkopf
damit sich Personen mit Rollator, Roll-
                                           einigen skandinavischen Kommunen                Bothestr. 64, 69126 Heidelberg
stuhl oder Elektromobil problemlos
                                           oder die Von-Tür-zu-Tür-Dienste in den          E-Mail: heidrun.mollenkopf@web.de
begegnen können. Es darf keine Stolper-
                                           Niederlanden sind hier vorbildlich und
fallen geben und weder der fahrende
                                           sollten auf ihre Übertragbarkeit auf
Verkehr noch parkende Autos dürfen die                                                  Verwandlung größerer Bahnhöfe in
                                           regionale Bedingungen geprüft werden.
Nutzung von Bürgersteigen einschrän-                                                    Einkaufszentren erschwert die Orientie-
                                           Außerdem könnten Zubringerdienste
ken.                                                                                    rung, und die zu hohen Einstiege in die
                                           von abgelegenen Wohngegenden zur
                                                                                        Fahrzeuge und Treppen innerhalb der
    Vielen Älteren bereiten auch Fahr-     nächsten Haltestelle bzw. von Halte-
                                                                                        Wagen bilden ein fast unüberwindliches
radfahrer und Inline-Skater Schwierig-     stellen zu wichtigen Einrichtungen, z. B.
                                                                                        Hindernis.
keiten, die zu schnell, in die falsche     einem Einkaufszentrum in der Periphe-
Richtung und/oder auf dem Bürgersteig      rie, bestehende Angebote sinnvoll er-            Ähnlich schwierig gestaltet sich die
fahren. Fußgängerwege müssen deshalb       gänzen.                                      Situation bei Flug- und Schiffsreisen.

BAGSO Nachrichten · 2/2006                                                                                                       11
Titel – Mobilität in jedem Alter

Auch dabei sieht man sich immer wieder     flexibles Transportmittel bietet es spe-  sind. Die meisten haben sich an diese
mit engen und steilen Treppen kon-         ziell Personen mit beeinträchtigter Be-   Situation gewöhnt und ihr eigenes Ver-
frontiert, muss sich mühsam zurecht-       wegungsfähigkeit und in verkehrs- und     halten als Verkehrsteilnehmer entspre-
finden und lange Wege zurücklegen:         infrastrukturell unzureichend versorg-    chend angepasst. Ihr größter Wunsch ist
Zwar können sich längst nicht alle         ten Regionen günstige Voraussetzungen     jedoch – stärker noch als der nach
Älteren überhaupt größere Reise-           für individuelle Mobilität. Einschrän-    technischen und organisatorischen Ver-
wünsche erfüllen – nur etwa die Hälfte     kungen der Fahrfähigkeit können zu-       besserungen im öffentlichen Verkehr:
der 55- bis 74-jährigen
und rund 20 % der über
75-jährigen Teilnehmer            „Ruhezonen mit Sitzgelegenheiten
und Teilnehmerinnen
der oben genannten                                         erleichtern Besorgungen und Aktivitäten zu Fuß“
Studie hatten im Jahr
vor der Befragung eine
mindestens einwöchige Reise gemacht,       mindest teilweise durch eine Vielzahl     mehr gegenseitige Rücksichtnahme und
aber solche Reisen stellen eine große      technologischer Systeme wie ABS-(Anti-    Verständnis aller Verkehrsteilnehmer für
persönliche Bereicherung dar und           blockier-)- oder SAM-(Situationsadap-     einander.
sollten deshalb möglichst vielen Men-      tive Antriebs-Management-)-Systeme
                                                                                          Als Lösungsmöglichkeit wird seit
schen ermöglicht werden.                   ausgeglichen werden. Klimaanlage, All-
                                                                                     einigen Jahren diskutiert, inwieweit neue
                                           radantrieb, Navigationssysteme und
    Entsprechende Richtlinien zur Fahr-                                              Technologien wie Computer und Inter-
                                           vieles mehr bieten zusätzlichen Komfort.
zeug- und Zugangsgestaltung sind bei                                                 net Mobilität ersetzen können, wenn
                                           Fahrzeugentwickler und -hersteller ste-
der Europäischen Kommission in Vorbe-                                                diese als konkrete Fortbewegung wie im
                                           hen damit vor der Aufgabe, die vielfälti-
reitung. Darüber hinaus aber sollten                                                 Fall des Autoverkehrs nicht erwünscht
                                           gen technischen Möglichkeiten an die
kommerzielle Reiseanbieter ihr Angebot                                               oder wie bei chronischer Bewegungs-
                                           sich verändernden Fähigkeiten älterer
nicht nur an zahlungskräftige, noch                                                  unfähigkeit nicht (mehr) durchführbar
                                           Menschen – insbesondere die nachlas-
„mobile“ Ältere richten, sondern auch                                                ist. Technologien bieten vielerlei Mög-
                                           sende Seh-, Hör-, Bewegungs- und Kon-
die Bedürfnisse von finanziell weniger                                               lichkeiten, den Kontakt mit der Außen-
                                           zentrationsfähigkeit – anzupassen und
gut ausgestatteten, im hohen Alter meist                                             welt herzustellen, sich Waren und
                                           ihre Aufmerksamkeit nicht durch zu
allein lebenden und möglicherweise                                                   Dienstleistungen zu besorgen, Beziehun-
                                           viele Informationen vom Fahren abzu-
physisch eingeschränkten älteren Men-                                                gen zu pflegen, Wissen zu erweitern oder
                                           lenken.
schen berücksichtigen.                                                               sich Rat und Hilfe zu holen.
                                               Diese Entwicklung ist allerdings ein
    Das beliebteste Verkehrsmittel neben                                                  Andererseits hängen Erwerb und
                                           zweischneidiges Schwert: Auf der einen
den eigenen Füßen ist jedoch das Auto.                                               Nutzung dieser Geräte weitgehend von
                                           Seite wird das Privatauto in den kom-
Als privates, jederzeit verfügbares und                                              ökonomischen und strukturellen Be-
                                           menden Jahren dank des technologi-
                                                                                     dingungen wie Einkommen, Bildung
                                           schen Fortschritts sowie aufgrund der
    Literaturtipp                                                                    und Zugangsmöglichkeiten ab, sodass
                                           zunehmenden Fahrkompetenz der nach-
                                                                                     ein nicht unbeträchtlicher Teil älterer
                                           rückenden Generationen immer mehr
                                                                                     Männer und Frauen diese technischen
    Mollenkopf, H., Marcellini, F.,        Menschen ein hohes Maß individueller
                                                                                     Mittel auch in Zukunft nicht nutzen
    Ruoppila, I., Széman, Z.,              Mobilität – und damit persönlicher
                                                                                     können wird. Vor allem aber gehen bei
    & Tacken, M. (Eds.) (2005).            Handlungsspielräume – ermöglichen.
                                                                                     dieser virtuellen Mobilität viele der ein-
    Enhancing mobility in later life –     Dies wird aber zumindest derzeit noch
                                                                                     gangs erwähnten wertvollen, mit dem
    Personal coping, environmental         um den Preis einer weiteren Verkehrs-
                                                                                     wirklichen Unterwegssein verbundenen
    resources, and technical support.      verdichtung und Umweltbelastung
                                                                                     Erfahrungen verloren.
    The out-of-home mobility of older      erkauft.
    adults in urban and rural regions                                                     Mobilität als eine wesentliche
                                               Viele ältere Männer und Frauen
    of five European countries.                                                      Dimension der Lebensqualität muss des-
                                           leiden jedoch schon heute unter dem
    Amsterdam: IOS Press.                                                            halb auch im Alter so lange und so
                                           immer dichter und aggressiver werden-
                                                                                     vielfältig wie irgend möglich erhalten
    Mollenkopf, H. (2003).                 den Verkehr, und zwar unabhängig
                                                                                     werden.
    Zur Mobilität älterer Menschen.        davon, ob sie selbst Auto fahren oder als
    BAGSO Nachrichten 3/2003, 6– 8.        Fußgänger, Radfahrer oder Nutzer          Dr. Heidrun Mollenkopf                   ■
                                           öffentlicher Verkehrsmittel unterwegs

12                                                                                               BAGSO Nachrichten · 2/2006
Selbstständig und
    sicher unterwegs

   D
           ie selbstbestimmte Mobilität außer
           Haus ist ein wichtiger Bestandteil
           unseres Lebens. Unsere Gesell-
    schaft verändert sich, und gerade die
    Generation der „jungen Alten“ ist dank
    guter Gesundheit gern und viel unterwegs.
        Der Verkehrsclub Deutschland e.V.
    (VCD) setzt sich seit 20 Jahren auf
    allen politischen Ebenen für umwelt-
    und menschenverträglichen Verkehr ein.
    Wohnorte sollen den täglichen Bedarf          den geringsten negativen Auswirkungen,        Der VCD setzt sich für die Idee
    möglichst mit kurzen Wegen sichern,           sie sollten daher gut und gefahrlos benutz-   „Null Verkehrstote“ ein
    sodass sich Jung und Alt auch ohne Auto       bar sein. In ländlichen Regionen und
                                                                                                     Im Unfallgeschehen sind ältere
    selbstständig fortbewegen und versorgen       Kleinstädten ist das Auto oft ohne gute
                                                                                                Menschen als nicht motorisierte Opfer von
    können. Die Verkehrsmittel des so ge-         Alternative. Die Auto-Umweltliste des
                                                                                                Verkehrsunfällen besonders betroffen.
    nannten Umweltverbundes, also das Zu-         VCD hilft Verbrauchern dabei, ein
                                                                                                Gemessen an ihrer Teilnahme am Verkehr
    Fuß-Gehen, Radfahren und öffentliche          umweltverträgliches Auto zu finden.
                                                                                                haben sie noch kein erhöhtes Risiko zu
    Verkehrsmittel, ermöglichen Mobilität mit
                                                  Der VCD testet den Service von                verunglücken, aber wenn etwas passiert,
                                                  Verkehrsunternehmen                           sind die Verletzungen meist schwerer. Dies
                                                                                                gilt besonders auch für diejenigen, die als
Älter werden und                                      Zwar nutzen immer mehr Menschen
                                                  in Deutschland bis ins hohe Alter das Auto,
                                                                                                Fahrzeuginsassen verletzt werden. Der
                                                                                                VCD fordert die Absenkung der Ge-
mobil bleiben!                                    doch sind es häufig die Seniorinnen, die
                                                  nicht über Führerschein und Auto ver-
                                                                                                schwindigkeiten innerorts auf generell
                                                                                                Tempo 30, allenfalls mit der Ausnahme
                                                  fügen und deswegen auf öffentliche Ver-

Ä
         ltere Menschen bleiben durch qua-                                                      von Hauptverkehrsstraßen.
                                                  kehrsmittel angewiesen sind. Der Umgang
         litativ gute Gehwege und komfor-         mit Bus und Bahn will gelernt sein, denn          So wäre das Zu-Fuß-Gehen und
         table Querungsanlagen selbststän-        Linienpläne, Fahrpläne, Tarife und Fahr-      Fahrradfahren deutlich sicherer vor der
diger und gesünder. In einer Studie über die      scheinautomaten sind nicht unkom-             Gefahr durch motorisierten Verkehr und
Mobilität älterer Menschen im öffentlichen        pliziert. Der VCD hat die Verkehrsunter-      auch der Fahrzeugverkehr würde sicherer.
Raum hat der FUSS e.V. am Beispiel Bremen-        nehmen auf ihre Servicequalität getestet      Der VCD setzt sich für die Idee „Null
Steintor nachgewiesen, dass seniorengerech-       und setzt sich in vielen Städten und Ge-      Verkehrstote“ ein, die ein verantwortliches
tere Straßenverhältnisse mit sehr geringen Mit-   meinden in ganz Deutschland für kunden-       Verkehrssystem fordert, das, ähnlich den
teln durch die Kommune erreichbar wären.          freundliche, bezahlbare öffentliche Bus-      Vorstellungen in der Arbeitssicherheit, die
    Der Bremer FUSS e.V. hat sich mit             und Bahnangebote ein. Daher kämpft der        Fehlerquote der Nutzer vorab schon
Bewohnerinnen einer Seniorenwohnanlage            VCD auch für den Erhalt der Regionalisie-     minimiert. Von den Regierungen in
in Bremen-Steintor getroffen und Lösungs-         rungsmittel zur Finanzierung des öffent-      Schweden, der Schweiz und den Nieder-
vorschläge erarbeitet. Herausgekommen ist         lichen Verkehrs als Teil der Daseins-         landen wird diese Vorstellung aktiv ver-
ein Konzept, das die Bedürfnisse älterer          vorsorge.                                     folgt, in Deutschland wird es höchste Zeit.
Menschen an Beispielen darstellt. Die Studie          Der Lärm und die Luftbelastungen
ist so aufgebaut, dass sie den Blick für die      durch Abgase und Feinstaub aus dem Ver-       Kontakt
Mobilitätsbelange älterer Menschen schärft        kehr sind gesundheitsgefährdend, beson-       Thomas Kirpal
und die Empfehlungen weitestgehend auf            ders für kranke, ganz junge und ältere        Referent für Verkehrspolitik im VCD –
andere Stadtteile übertragbar sind.               Menschen. Hier fordert der VCD von            Verkehrsclub Deutschland e.V.
   Die Studie kann für 4,00 Euro + Porto          den Kommunen die Kontrolle und Ein-           Kochstr. 27, 10969 Berlin
und Verpackung angefordert werden bei:            haltung von Schadstoffgrenzwerten und         Tel.: 0 30/28 03 51-64
                                                  wirksame Maßnahmen zum Schutz der             E-Mail: thomas.kirpal@vcd.org
FUSS e.V., Exerzierstr. 20, 13357 Berlin
                                                  Bevölkerung.                                  www.vcd.org                           ■
Tel.: 0 30/4 92-74 73, Fax 79 72
E-Mail: info@fuss-ev.de
www.fuss-ev.de                               ■                                                                                          13
Titel – Mobilität in jedem Alter

Wie sieht eine seniorengerechte Stadt aus?

H
        insichtlich des demografischen      stelle“ angesehen werden. Sie soll Be-        Gesellschaftliche Bereiche, Bereiche
        Wandels müssen die Belange der      troffene, Planungsverantwortliche, Bau-   des bürgerschaftlichen Engagements,
        älteren Menschen immer mehr         herren, Kaufleute, Handwerker etc. dazu   Selbsthilfe und Netzwerke sind dabei
Berücksichtigung in der Kommunal-           anregen, die Bedürfnisse von Älteren –
planung finden. Aus diesem Grunde           was auch anderen Gesellschaftsgruppen
sind regelmäßige Quartalsgespräche u. a.    entgegenkommt – zu berücksichtigen
mit der Koordinierungsstelle für die        und immer wieder an einer Vorstellung
Seniorenarbeit der Stadt Rheine und         von einer seniorengerechten Stadt zu
dem Fachbereich Planen und Bauen            arbeiten.
festgesetzt. Sie dienen dazu, bestimmte
                                                Die Broschüre beschäftigt sich in
Rahmenbedingungen zu erarbeiten und
                                            erster Linie mit der Versorgungsinfra-
umzusetzen, die auf die Bedürfnisse der
                                            struktur und den baulichen Gegeben-
unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen
                                            heiten von Wohnung, Wohnumfeld
eingehen. Und wer kann besser beschrei-
                                            (Radius von 500 m), dem Stadtteil sowie
ben, welche Bedingungen eine Stadt zu
                                            öffentlichen Gebäuden und Verkehrs-
erfüllen hat, um Älteren ein möglichst
                                            flächen, also mehr mit der „Hardware“.
langes mobiles und selbstständiges
Leben zu ermöglichen, oder die Frage
beantworten, was überhaupt eine senio-
rengerechte Stadt ausmacht, als Senio-
rinnen und Senioren selber?
   Diese Fragestellungen wurden gern
vom Seniorenbeirat der Stadt Rheine
aufgenommen und eine Arbeitsgruppe
aus Mitgliedern des Beirates plus Koor-
dinierungsstelle der Senioren und der
Sozialplanung der Verwaltung wurde
eingerichtet, die sich dieses umfassenden
Themas annahm.
    Mit viel Engagement und Taten-
drang traf sich die Gruppe neun Mal,
um dieses Thema zu bearbeiten, das
ihrer Ansicht nach in dieser Art noch
niemand aufgegriffen hat. Zwar gibt es
Richtlinien, Empfehlungen und DIN-
Vorschriften, die behindertengerechtes
und barrierefreies Bauen beschreiben
und definieren, aber macht das allein
den Status einer seniorengerechten Stadt
aus?

Broschüre informiert über
Vorstellungen einer
seniorengerechten Stadt
    Die Ergebnisse aller Überlegungen
sind in einer Broschüre zusammenge-
fasst worden, sollen jedoch nicht als
abgeschlossenes Werk, sondern als „Bau-

14                                                                                              BAGSO Nachrichten · 2/2006
noch wenig berücksichtigt und ange-
sprochen worden. Dies wird ein neues
                                           Altengerechte Stadt – Das Handbuch
und künftiges Arbeitsfeld unserer
Seniorinnen und Senioren sein und eine     Partizipation älterer Menschen als Chance für die Städte
Fortsetzung der Broschüre ist somit für
die Zukunft geplant.

                                           W
                                                      ie können angesichts der de-      lungsanweisungen und Checklisten zur
   Denn durch das Projekt „Die senio-
                                                      mografischen Veränderungen        Entwicklung altengerechter Städte an-
rengerechte Stadt“ wird deutlich, dass
                                                      in unserer Gesellschaft die       zubieten, sondern auch darin, ältere
auf Impulse und Innovationen der älte-
                                           Städte der Zukunft aussehen und welche       Menschen explizit in die Stadtplanung
ren Generation, die auf Erfahrung und
                                           Rolle können bei der Umgestaltung            mit einzubeziehen.
Kompetenz fußen, nicht verzichtet wer-
                                           Ältere spielen?
den darf.
                                               Dazu Armin Laschet, Minister für
Christa Koch                               Generationen, Familien, Frauen und
Koordinatorin für die Seniorenarbeit       Integration des Landes Nordrhein-West-
der Stadt Rheine                           falen, der das Forschungs- und Ent-
Klosterstr. 14                             wicklungsprojekt, welches in Träger-
48431 Rheine                               schaft der Landesseniorenvertretung
Tel.: 0 59 75/93 9513                  ■   durchgeführt wurde, gefördert hat:

                                               „Mit dem Projekt wurden die Poten-
                                           ziale älterer Menschen für die Entwick-
                                           lung der Stadt oder ihrer Stadtteile in
                                           den Blick genommen. Zudem wurden
                                           die Rolle und mögliche Aufgaben älterer
                                           Menschen für die städtische Lebens-
                                           qualität thematisiert und geprüft. Bereits
                                           im Verlauf des Projektes wurden Er-
                                           gebnisse der Forschung in Konferenzen
                                           mit Kommunen, Wohnungsunterneh-
                                           men und Seniorenvertretungen disku-
                                           tiert. So konnten praxisbezogene Hand-
                                           lungsempfehlungen erarbeitet werden.            Das Handbuch kann bestellt werden
                                           Diese sind verknüpft mit den For-            bei:
                                           schungsergebnissen des Projektes im
                                           Handbuch dargestellt.“                       Büro für angewandte Soziologie e.V.
                                                                                        Ravensberger Str. 34, 42117 Wuppertal
                                                Dieses Handbuch veranschaulicht         Tel.: 02 02/24 29 83 9
                                           sehr gut, wie wichtig die infrastruktu-      Fax: 02 02/24 29 83 911
                                           rellen Faktoren des Wohnens, wie             E-Mail: info@bfas.de
                                           gesundheitliche und alltägliche Versor-
                                           gung, aber auch Barrierefreiheit für die     Versandkostenpauschale:
                                           Mobilität und damit für die Lebens-          ein Exemplar            = 8,50 Euro
                                           qualität, Zufriedenheit und Wohlbefin-       zwei bis vier Exemplare = 13 Euro
                                           den älterer Menschen sind. So könnte         fünf bis zehn Exemplare = 23 Euro       ■

                                           nach den Ergebnissen des Entwicklungs-
                                           projektes die Zufriedenheit älterer
                                           Menschen erhöht werden, wenn z. B.
                                           Güter- und Dienstleistungen dezentra-
                                           lisiert würden.

                                               Die Intention dieses Handbuches
                                           liegt nicht nur darin, konkrete Hand-

BAGSO Nachrichten · 2/2006                                                                                                    15
Titel – Mobilität in jedem Alter

                                                                        Wer allerdings par-       6. hierbei werden Koordination, Balance,
                                                                   tout nicht mehr auf               Flexibilität, Ausdauer, Kraft und Schu-
                                                                   ein althergebrachtes              lung der Wahrnehmung sowie die
                                                                   Fahrrad steigen möch-             Verbindung der beiden Körperhälften
                                                                   te, kann eine der zahl-           Schritt für Schritt im Alltag geschult
                                                                   reichen Alternativen              und dies ist ein sehr gutes Programm
                                                                   ausprobieren:                     zur Sturzprophylaxe mit integriertem
                                                                     So findet das Lauf-             Herz-Kreislauf-Training;
                                                                 rad bzw. die Lauf-               7. das Laufrad ist also das ideale Fitness-,
                                                                 maschine bereits auch               Alltags- und Freizeitgerät für einen
                                                                 bei den 2- bis 5-jäh-               Entfernungsradius von bis zu zehn
                                                                 rigen Enkeln großen
Radfahren im Alter –                                             Anklang. Das Ur-Rad
                                                                                                     Kilometern.

                                                                                                      Für den Roller gilt ähnliches, nur ist
                                                                 des Freiherrn von
           aber sicher                                           Drais, das 1818 erfun-
                                                                 den wurde, hat z. B.
                                                                                                  hier der Schwierigkeitsgrad ein wenig
                                                                                                  höher. Das Stehen auf einem Bein sowie
                                              nicht nur entscheidende Vorteile beim               die Koordination und die Balance werden

D
       as Fahren mit dem Rad ist nicht        Wieder-Erlernen des Fahrradfahrens, son-            hierbei stärker gefordert. Dies ist allerdings
       nur eine gesunde Freizeitbeschäfti-    dern auch im Alltag:                                jederzeit wieder erlernbar, völlig ungefähr-
       gung, sondern im Stadtverkehr                                                              lich, schmerzfrei und bereitet sehr viel
auch eine umweltfreundliche Möglichkeit,      1. tiefer Durchstieg, der sich max. 12 cm           Spaß!
bequem und schnell von A nach B zu               über dem Boden befindet;
                                                                                                       Bei den Zweirädern gehören tiefer
kommen. Diese Bewegungsform kann              2. man hat mit beiden Füßen Boden-
                                                                                                  Rahmen-Durchstieg, Sicherheits-Ausstat-
auch mit leichteren gesundheitlichen             kontakt;
                                                                                                  tung, wie z. B. luftgefederte 20 Zoll Breit-
Beeinträchtigungen noch ausgeübt wer-         3. es handelt sich um ein sicheres und              reifen, Gangschaltung mit und ohne Rück-
den. Und doch haben gerade ältere Men-           bequemes zweirädriges Fahrzeug, mit              tritt, leichtgängige Bremsen und ergono-
schen Angst vor Stürzen und Verletzungen,        dem man durch die aufrechte Sitz-/               misch geformte Griffe, Anpassung der
fühlen sich unsicher im Straßenverkehr           Stehposition mehr Bewegungsmög-                  Sitzhöhe und des Lenkerabstandes zum
oder haben bereits beim Auf- und                 lichkeiten hat;                                  Muss eines jeden Alltags-Tourenrades.
Absteigen Schwierigkeiten.
                                              4. ähnlich wie beim Skilanglauf bzw.                    Bei den Dreirädern ist es eine lohnens-
    Zusammen mit Green City e.V., einer
                                                 Nordic Walking wird die Hüft- und                werte Erfahrung, den Unterschied zwi-
eigenständigen Münchener Umweltorga-
                                                 Beinmuskulatur gebeugt und ge-                   schen dem so genannten „konventionellen
nisation, die sich mit Stadtgestaltung,
                                                 streckt;                                         Dreirad“ mit Sattel und dem „Sesseldrei-
Klimaschutz und Mobilität beschäftigt,
dem Treffpunkt 55plus, seit 2003 Mün-         5. durch das Sitzen auf dem Sattel werden           rad“ mit niedriger Sitzhöhe von ca. 50 cm
chens größtes Magazin für die besten             die Sprunggelenke, Knie und Hüfte                und verstellbarer Rückenlehne kennen zu
Jahre, und dem HPV e.V., Deutschlands            entlastet, aber gleichzeitig auch inten-         lernen. Um sich an das veränderte Kör-
führendem „Verein zur Förderung um-              siv bewegt;                                      pergefühl auf dem Dreirad zu gewöhnen
weltgerechter Mobilität mit Muskelkraft                                                                    und sich sicher und selbstständig
für alle Altersgruppen“, startet im Mai die                                                                im Straßenverkehr bewegen zu
                                                 Zur Person                                                können, sollte unbedingt die
deutschlandweit erste Veranstaltungsreihe
„Radeln im Alter – aber sicher“. Unter-                                                                    „liegende Acht“, wie beim Motor-
                                                 Ulrich Trojer                                             radfahren geübt werden.
stützt wird das Projekt vom Referat für
Gesundheit und Umwelt der Stadt Mün-                                 Als Ergotherapeut, Reha-                 Bei allen Fahrzeugen ist es
chen.                                                                Fachberater und Mobili-              möglich, den eigenen Muskel-
    Im Rahmen dieses Projektes werden                                tätsspezialist mit 25-jäh-           antrieb mit elektrischer Unter-
für Senioren verschiedene Radfahr-Kurse                              riger Erfahrung ist Ulrich           stützung, dem so genannten
angeboten. Hier können ältere, ungeübte                              Trojer für das Konzept               Pedelec-Prinzip, zu kombinieren.
und auch geübtere Fahrer ihre Fähigkeiten                            „Radfahren im Alter –
                                                                     aber sicher!“ verantwort-            Ulrich Trojer
auf einem Trainingsparcour testen, sich
über die Sicherheit im Straßenverkehr und        lich. Es ist in sein Bewegungskonzept für                    Weiterführende Informationen
auch über medizinische Aspekte beim              alle Altersgruppen „Mehr Bewegung im                     erhalten Sie unter www.hpv.org oder
Radfahren informieren.                           Alltag (MBiA)“ integriert. Dazu hält er im               per E-Mail: U.Trojer@gmx.de ■
                                                 deutschsprachigen Raum Vorträge und
                                                 Workshops auf Kongressen und Messen.
16                                                                                                           BAGSO Nachrichten · 2/2006
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