Mobilität in jedem Alter - BAGSO Nachrichten
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Lobby der Älteren Das Magazin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen 2/2006 Die BAGSO Nachrichten ISSN 1430-6204 Mobilität in jedem Alter ...
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Editorial Liebe Leserinnen und Leser, möglichst lange gesund und mobil Als Fazit geht aus den Beiträgen her- zu bleiben, erhofft sich wohl jeder für vor, dass bei allen Verbesserungen gegen- das eigene Alter. Für beide Wünsche über früheren Zeiten viele Mobilitäts- bestehen in diesem Jahrhundert weitaus angebote noch Wünsche offen lassen, bessere Voraussetzungen als für unsere wenn wir sie auf ihre Tauglichkeit für Eltern und Großeltern. Das verdanken Seniorinnen und Senioren prüfen. Mit wir dem Fortschritt von Medizin und Blick auf den demografischen Wandel Technik, der uns gegenüber früheren müssen sich private Anbieter und die Generationen neue Möglichkeiten er- öffentliche Hand diesen Aufgaben öffnet. stellen und vor allem die städtische Infrastruktur vorausschauend planen. Dr. Erika Neubauer, Das Motto „Alter als Chance“ haben BAGSO-Geschäftsführerin wir für den 8. Deutschen Seniorentag Aber wir können nicht alles der in Köln gewählt, um zusammen mit Wirtschaft oder der Allgemeinheit über- den Mitgliedsverbänden und den Teil- lassen, sondern sollten die Mobilität, die nehmern die Optionen auszuloten, die wir selbst als Erleichterung schätzen, bei die „gewonnene Zeit“ den Seniorinnen Bedarf mit anderen, weniger begüns- und Senioren von heute bietet. Als tigten Personen teilen. In vielen Ort- einen Aspekt greifen wir in dieser schaften wird das schon mit Erfolg Ausgabe der vierteljährlich erscheinen- praktiziert, indem z. B. Hochbetagte den BAGSO Nachrichten die Mobilität oder schlecht an den öffentlichen als große Bereicherung unseres Erlebnis- Nahverkehr angebundene Dorfbewoh- raumes auf. Sie erweitert unseren ner durch Fahrdienste zu Veranstal- Horizont außerordentlich. Wer hätte tungen abgeholt werden. Auf diese Weise als Kind zu träumen gewagt, dass uns kann mit geringem Aufwand spürbar eines Tages sozusagen die ganze Welt geholfen werden! Außerdem macht zu Füßen liegt und wir uns je nach gemeinsames Erleben mehr Freude. Verlangen für die Beförderung in der So sind auch viele Teilnehmer des Luft, auf dem Lande oder auf dem 8. Deutschen Seniorentages der Kölner Wasser entscheiden können? Seniorenvertretung für das Angebot In den Beiträgen werden verschie- dankbar, sie als private Gäste bei sich dene Fortbewegungsmöglichkeiten un- aufzunehmen und miteinander die ter der Fragestellung behandelt, inwie- Veranstaltungen zu besuchen. – Diesem weit einzelne Reiseangebote tatsächlich Vorbild wünschen wir viele Nachahmer! auf Senioren als Zielgruppe zuge- schnitten sind bzw. was jeweils verbes- serungsbedürftig ist. Mit herzlichen Grüßen Als weitere Facette von Mobilität befassen wir uns mit den Beförderungs- mitteln, die uns das tägliche Leben erleichtern. Es geht um die Bedingun- gen, die es erlauben, den PKW oder das Fahrrad möglichst lange zu nutzen. Außerdem wird erörtert, inwieweit der öffentliche Nahverkehr, der mit steigendem Alter eine immer größere Rolle spielt, eine echte Alternative bietet. Zur Illustration werden vorbildliche Lösungen vorgestellt. BAGSO Nachrichten · 2/2006 3
Inhalt Editorial 3 Senioren – Kritische Kunden Ältere Kunden als strategischer Input Brennpunkt für Unternehmen Droht Altersarmut beim Verkauf Viele Firmen stellen sich zunehmend von Immobilien? 5 auf die Zielgruppe 50plus ein 28 Seniorenpolitik & Seniorenarbeit Portrait Mehrgenerationenhäuser: Zusammen- Lovro Mandac, Vorstandsvor- halt der Generationen stärken 6 sitzender der Galeria Kaufhof AG 29 Werkstätten der Zukunft: Finanzen & Anlagen Neue Ideen zur Veränderung Seite 8 der Gesellschaft 8 Was ist Sponsoring? Werkstätten der Zukunft: Senioren können Das Kölner Projekt „Wohnen für Hilfe” Steuerliche Behandlung beim ihre Potenziale neu entdecken und an der initiiert „Wohnpartnerschaften“ steuerbegünstigten Empfänger 32 Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklungen zwischen Senioren und Studenten 9 aktiv teilnehmen Die DeutscheSenior : ® Als Lotse unterwegs 34 Titel – Mobilität in jedem Alter Senioren weltweit Mobilität – Garant für ein selbst- ständig geführtes Leben 10 SEEM II – Soziale Dienste für ältere Selbstständig und sicher unterwegs 13 Angehörige ethnischer Minderheiten 36 Älter werden und mobil bleiben, EU-Projekt und zwar zu Fuß 13 „eGovernment-Guide für Senioren“ 37 Wie sieht eine seniorengerechte Bulgarien – kein leichtes Leben für Stadt aus? 14 die Älteren 38 Altengerechte Stadt – Das Handbuch 15 Pfälzer Senioren leisten Schülerhilfe in Kenia 39 Radfahren im Alter – aber sicher 16 Mythos Busreise: Informationen aus der BAGSO Viele bleiben lieber sitzen, als mühsam aus- und einzusteigen 18 Neu in der BAGSO: Das Bayerische Senioren Netz Forum 40 Ob in die nahe Umgebung oder in die Ferne – das Gemeinschafts- Seite 10 Treffen mit den seniorenpolitischen erlebnis zählt 19 Hauptsache mobil. Ob mit dem Auto, der Sprecherinnen und Sprechern 40 Aktiv und mobil an Rhein und Ruhr 20 Bahn oder zu Fuß: Wichtig ist es, seinen Das Online-Jahr 50plus startet am eigenen mobilen Aktionsradius aufrecht- 8. Deutschen Seniorentag 41 Die Initiative „fit & mobil“ 20 zuerhalten oder zu erweitern Aus der Arbeit der BAGSO 42 Mobil auf Schienen – Vorschläge des Kundenbeirates der Deutschen Bahn 22 Diskriminierung älterer Arbeitnehmer konsequent bekämpfen! 43 Senioren ans Steuer! Strategien zur Unfallvermeidung 23 Projekte und Vorhaben der BAGSO-Verbände 44 Germanwings: Einfach buchen, sicher und Der Förderverein informiert preiswert fliegen 24 Die seniorengerechte Apotheke – Wolfgang Simons, MVDA-Präsident 47 Projekt InSelParc: Neue Wege in der Verkehrssicherheits- Die 90 BAGSO Organisationen 49 arbeit 25 „Alter als Chance“ „mobil sein & bleiben“ – 8. Deutscher Seniorentag Das Schweizer Büro RUNDUM mobil 38 vom 16. bis 18. Mai 2006 50 Gesundheit & Pflege Impressum 50 Seite 14 Auffangen – Informieren – Begleiten Wie sieht eigentlich eine senioren- Die Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. 26 gerechte Stadt aus? Überlegungen einer Beilagenhinweis: Kieser Training: Arbeitsgruppe in der Stadt Rheine liegen Bitte beachten Sie die Beilage der Gesundheit kennt kein Alter 27 jetzt als Broschüre vor Viking Flusskreuzfahrten. 4 BAGSO Nachrichten · 2/2006
Brennpunkt Droht Altersarmut beim Verkauf von Immobilien? A uf Seite 82 der Koalitionsverein- alten Eltern kümmern, die allein in jährlichen Preisbericht der FAZ vom barung vom 11. November 2005 einem viel zu großen Haus wohnen. Mit 26. Januar 2006). Hier entsteht ein ist hiervon die Rede: die „Neu- zunehmendem Alter stellen sich oft kör- Scheingewinn, der dem Verkäufer noch regelung der Besteuerung von Kapital- perliche Gebrechen ein, die Menschen zusätzlich angelastet wird. erträgen und privaten Veräußerungs- dazu veranlassen, in eine barrierefreie Hinzu kommt, dass durch die Über- gewinnen“. Aufgrund der Erfahrungen Wohnung oder eine betreute Wohn- alterung der Bevölkerung auch ein aus der vorherigen Rot-Grünen Koali- anlage umzuziehen oder sich in die Schrumpfungsprozess auf dem Immo- tion ist zu befürchten, dass der Wechsel Obhut eines Alten- oder Pflegeheims zu bilienmarkt eingetreten ist. Bei einem des Hauseigentümers noch stärker be- begeben. Hausverkauf wird man steuert wird. Wenn heute jemand ein daher weniger Finanz- Haus verkauft, das er länger als 10 Jahre mittel zur Verwendung besitzt, dann unterliegt dieser Verkauf für eine andere Immobi- nicht der Spekulationssteuer (Der Ter- lie zur Verfügung haben. minus technikus für Spekulationssteuer heißt „Abgeltungssteuer“). Zur steuerlichen Be- lastung ist zu sagen, dass Die Vorstellung der Koalitionspart- hier an eine generelle ner ist offenbar, dass diese Frist weg- Steuer von 20 Prozent fallen soll. Damit würde ein Immo- gedacht ist (FAZ vom bilienverkauf in jedem Fall spekulations- 18. 11. 2005, Seite 41). steuerpflichtig. Das heißt, wenn ein Nach dem Terminplan Rentner sein Haus, das er vielleicht vor der Bundesregierung soll 30 Jahren erworben hat, verkaufen Um das finanzieren zu können, die entsprechende gesetzliche Grundlage würde, um seinen Platz in einem Alters- müssen sie ihr Häuschen verkaufen, was im Jahre 2007 geschaffen werden. heim zu finanzieren, würde er zusätzlich sie bei der Anschaffung auch schon als dieser Spekulationssteuer unterliegen. Die Politiker sind aufgefordert, bei Sicherung für alle Notfälle angesehen einer Neuregelung der Besteuerung von Diese Absichten sind grundsätzlich hatten. Nun soll künftig dieser Verkauf Kapitalerträgen und privaten Veräuße- nicht neu, denn schon die rot-grüne einer Spekulationssteuer unterliegen. rungsgewinnen Augenmaß zu zeigen, Bundesregierung hatte im Rahmen des Hier kann man unterstellen, dass der damit sich keine unangenehmen Über- „Steuervergünstigungsabbaugesetzes“ Vorgang der Schaffung eines Eigenheims raschungen für Senioren bei alters- die zusätzliche Besteuerung von Ge- in keiner Weise einer spekulativen Ge- bedingten Vermögensumschichtungen winnen aus dem Verkauf von Immo- winnerwartung unterlegen hat. einschleichen. Es sollte doch vermieden bilieneigentum geplant. Dieses Gesetzes- Ein anderer Fall: Eine Witwe kann werden, die Altersarmut über den Weg- vorhaben wurde aber aufgrund des die Unterhaltskosten für das eigene Haus fall der Spekulationsfrist noch zu för- damals ausgebrochenen Entrüstungs- nicht mehr tragen. Gründe sind z. B. die dern. sturms zurückgestellt. Unausgesproche- geringere Witwenrente, die gestiegenen nes Ziel des Gesetzentwurfes war es, Ralf Bramesfeld ■ Lebenshaltungs- und Energiekosten und die Möglichkeiten von Spekulationen das Ausbleiben der Anpassung der Ren- aller Art noch weiter einzuschränken. ten an die gestiegenen Lebenshaltungs- Zur Person Diese Zielsetzung besteht weiterhin. Die kosten. Die Witwe sieht sich daher ge- Frage ist jedoch: Trifft diese geplante zwungen, das Haus zu verkaufen. Auch Ralf Bramesfeld Neuregelung des Steuergesetzes wirklich hier kann man kaum eine spekulative immer die Richtigen? Jahrgang 1930, IT-Berater im Ruhestand, Mit- Absicht unterstellen. glied der Landesseniorenvertretung Hessen Für ein Rentnerpaar, das vor 20 oder Eine solche Transaktion, die im und des Seniorenbeirates der Stadt Wetzlar 30 Jahren ein eigenes Haus geschaffen Grunde nur ein Vermögenswechsel ist, Schulstr. 21a, 35579 Wetzlar hat, droht hier ein erhebliches Unge- wird darüber hinaus durch die inflatio- Tel.: 0 64 41/921910 mach. Die Kinder sind aus dem Haus, sie näre Preissteigerung belastet. Ein Euro Fax: 0 64 41/921911 arbeiten unter Umständen weit entfernt ist heute nach sieben Jahren Euro nur E-Mail: R.Bramesfeld@t-online.de und können sich daher kaum um die noch 84 Cent wert (siehe den viertel- BAGSO Nachrichten · 2/2006 5
Seniorenpolitik & Seniorenarbeit Mehrgenerationenhäuser – Zusammenhalt der Generationen stärken In ihrem Interview mit den BAGSO Nachrichten Ausgabe 1/2006 betonte die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen, dass mit dem Modellprogramm „Mehrgenerationenhäuser“ Brücken zwischen den Generationen gebaut werden können. D er demografische Wandel in Deutschland und sich verän- dernde Lebens- und Arbeitsbe- dingungen bringen große gesell- schaftliche Herausforderungen mit sich. Die Großfamilie löst sich zunehmend auf, heute leben meist nur noch Eltern mit ihren Kindern unter einem Dach. Um die Bindungen zwischen den Generationen zu festigen und unsere Gesellschaft für junge wie für alte Menschen zukunftsfähig zu gestalten, brauchen wir neue Wege, die den sozia- len Zusammenhalt stärken. Die Mög- lichkeit dazu bieten Mehrgenerationen- häuser. Menschen verschiedenen Alters können helfen, die Generationenbe- ziehungen auch außerhalb der Familie neu zu gestalten. Das Mehrgenerationenhaus wird eröffnet Mit ihren Angeboten verstärken Kinderbetreuung, unterstützen Eltern Weiterbildungsseminaren, Kursen, Ge- Mehrgenerationenhäuser die Bindungen, bei der Erziehung, machen Angebote zur sprächsrunden und Vorträgen werden die unsere Gesellschaft zusammenhal- Gesundheitsförderung und schaffen eine die Fähigkeiten und Kenntnisse vermit- ten. Sie helfen, Kinder zu fördern, Eltern Plattform für Dienstleistungsangebote. telt, die notwendig sind, um als „Fa- in der Erziehung zu unterstützen, Fami- In Mehrgenerationenhäusern können milienmanager“ oder „Familienmana- lien zu beraten, familiennahe Dienstleis- ältere Menschen ihre Erfahrungen und gerin“ erfolgreich zu sein. tungen zu vermitteln, die Potenziale der Kompetenzen an die nachfolgende Die Mehrgenerationenhäuser för- Älteren zu nutzen und so das Mit- Generation weitergeben. So verhindern dern Kompetenzen auf vielen Feldern: einander der Generationen zu intensi- die Mehrgenerationenhäuser, dass die vieren. Generationen nebeneinanderher leben, ■ Familienberatung: Organisations- indem sie attraktive Angebote für alle wissen von Familien erweitern und Die Arbeit der Mehrgenerationen- vervollständigen/Familienselbsthilfe. Altersgruppen bereitstellen. häuser ist geprägt von freiwilligem ■ Seniorenbildung: Qualifizierung Engagement. Die Häuser verbinden Die Einrichtungen sind als offene ehrenamtliche Tätigkeit, Selbsthilfe und Tagestreffpunkte für Jung und Alt ge- von Seniorinnen und Senioren für professionelle Unterstützung zu einem dacht, in denen vielfältige Aktivitäten neue Tätigkeitsfelder, Vermittlung umfassenden Angebot für Menschen und Serviceangebote möglich sind. In von Internetkenntnissen. jeden Alters. Damit sind Mehrgenera- den meisten Fällen gibt es einen zent- ■ Patenschaften: Vermittlung vor tionenhäuser auch wichtige Anlaufstel- ralen Begegnungsraum, Kindertagesbe- allem zwischen jungen und alten len für Risikofamilien, die hier Unter- treuung und Altenservice. Ergänzend Menschen oder zwischen erwerbs- stützung und Rat finden. Die Einrich- kommen je nach Einrichtung weitere tätigen Frauen und Frauen, die ihren tungen bieten praktische Hilfe bei der Angebote und Leistungen hinzu: In Schwerpunkt auf die Familie legen. 6 BAGSO Nachrichten · 2/2006
■ Familienunterstützende Dienstleis- den Zusammenhalt und die Bindungen tungen: Bessere Balance von Familie zwischen Jung und Alt festigen bzw. ini- und Beruf, haushaltsnahe Dienst- tiieren. Die Idee sieht einen offenen Treff leistungen für Kinder, Jugendliche für Familien, Senioren oder einfach nur und die ältere Generation. für Menschen, die Gesellschaft haben ■ Beschäftigungsförderung: Hilfe bei möchten vor, unabhängig von Alter, der beruflichen Neuorientierung, Geschlecht, Nationalität oder Religion. Unterstützung für Mütter beim Die Angebote beinhalten niederschwel- Drei Generationen im Gespräch Wiedereinstieg in den Beruf, Hilfen lige generationenübergreifende, fami- ältere Menschen melden können, die ge- zur Verbesserung der Balance von lienorientierte, haushaltsnahe Dienst- legentlich ein Kind betreuen wollen. Familie und Beruf, Förderung und leistungen, die in Selbsthilfe und ergänzt Eltern können diese engagieren, um für Begleitung von Jugendlichen, För- durch professionelle Hilfe erbracht ein paar Stunden entlastet zu werden. derung haushaltsnaher Dienstleis- werden. Seit 2003 organisieren Mütter und tungen. Wie dieses Konzept in der Praxis um- Großmütter ein Schulfrühstück, indem ■ Weitergabe von Erziehungswissen: gesetzt wird, soll im Folgenden am Bei- sie im Mehrgenerationenhaus belegte Elternkompetenz stärken, Hilfen und spiel des Mehrgenerationen-Hauses Brötchen vorbereiten und dann in der Angebote für Alleinerziehende, Be- Pattensen in Niedersachsen gezeigt Schule verkaufen, um für eine ausgewo- ratung von Eltern bei Trennung und werden. Hier wird Mehrgenerationen- genere Ernährung der Schülerinnen und Scheidung, Vermittlung von „Leih- arbeit in einem offenen Treff geleistet. Schüler zu sorgen. Großeltern“. Als Begegnungs- und Austauschmög- lichkeit von Jung und Alt werden die Im Mehrgenerationenhaus in Patten- ■ Weitergabe von Erfahrungswissen: sen finden zudem auch Kurse aus den Räumlichkeiten des „Café Mobile“ gern Allgemeiner Austausch zwischen Bereichen Gesundheits- und Familien- wahrgenommen, denn dort werden Jüngeren und Älteren. bildung statt, und für jede Generation ist Frühstück, Mittagessen sowie Kaffee und Die Mehrgenerationenhäuser orien- Kuchen angeboten, zusätzlich kann man ein passendes, interessantes Kursangebot tieren sich bei ihrer Arbeit am örtlichen Kinderbetreuung und Bastelangebote in dabei. Bedarf und integrieren und ergänzen be- Anspruch nehmen. Im Jahr 2004 be- In einer Kindertagesstätte mit dem reits vorhandene Angebote. Sie setzen suchten über 4.000 Menschen jeden Al- Schwerpunkt Bewegung und Natur- dabei auf strategische Partnerschaften ters das „Café Mobile“. erfahrung werden Hort- und Kindergar- mit anderen Einrichtungen und Institu- tenkinder betreut, was Familien die Ver- Des Weiteren ist das Mehrgenera- tionen. So ergänzt bürgerschaftliches einbarung von Familie und Beruf er- tionenhaus auch Treffpunkt für Aus- Engagement staatlich (mit-)finanzierte leichtert. tausch und Beratung von Gesprächs- Professionalität. Das Engagement von kreisen und Selbsthilfegruppen, so gab In einem Mehrgenerationenhaus fin- Stiftungen und von Unternehmen kann es einen Stilltreff für Mütter und eine det man also ein generationenübergrei- dabei helfen, den Gedanken des Genera- Selbsthilfegruppe für Eltern mit geistig fendes Begegnungszentrum, Kinder- tionenzusammenhalts zu stärken. und/oder körperlich eingeschränkten tagesbetreuung und Altenservices, in Eine Servicestelle wird den Aufbau Kindern. dem Selbsthilfe und wechselseitiger Er- der Mehrgenerationenhäuser von Mitte fahrungsaustausch im Mittelpunkt ste- Man kommt auch gerne an diesem 2006 an begleiten. Weitere Informatio- hen, unter einem Dach. Hierdurch wer- Ort zusammen, um gemeinsam Karten nen finden Sie auf der www.bmfsfj.de den Alltags- und Familienkompetenzen zu spielen oder einfach nur zum Er- zählen bei Kaffee und Kuchen, so treffen sowie Berufsqualifikationen gebündelt. Ein Beispiel aus der Praxis: Das Mehrgenerationenhaus in sich Hortkinder mit Bewohnern eines Annette Köppel, 1. Vorsitzende Pflegewohnstifts und eine „Märchen- Pattensen oma“ und eine Vorleserin sorgen bei den Die ersten Mehrgenerationenhäuser Kindern für Unterhaltung. Nähere Informationen: wurden im Jahre 2003 eingerichtet und MOBILE e.V. haben sich aus verschiedenen Zentren Die Frauenbeauftragte der Stadt Mehrgenerationen-Haus Pattensen heraus entwickelt. Die Landesregierung Pattensen bietet Gespräche und Bera- Göttinger Str. 25a, 30982 Pattensen Niedersachsen fördert finanziell die tung zu Themen wie Trennung, Schei- Tel.: 0 51 01/10 90 30 Entstehung dieser Mehrgenerationen- dung, finanzielle Unterstützung etc. an. Fax: 0 51 01/10 90 31 häuser. Sie sollen den Austausch zwi- Der offene Treff hat außerdem einen E-Mail: info@mobile-pattensen.de schen den Generationen fördern und Wunschgroßelterndienst, bei dem sich www.mobile-pattensen.de ■ BAGSO Nachrichten · 2/2006 7
Seniorenpolitik & Seniorenarbeit Werkstätten für die Zukunft – Ältere erwünscht! Z ukunftswerkstätten haben einen 3. überlieferte Rollenbilder ganz besonderen Reiz. Es wird des „Ruhestandes“ entge- mit einer Methode gearbeitet, die genstehen; der Zukunftsforscher Robert Jungk in 4. weil die Kaufkraft der älte- den 70er Jahren entwickelte hat, um ren Generationen inzwi- Menschen zu befähigen, ihre Zukunft schen in Marketingstrate- selbst in die Hand zu nehmen und an gien einen immer größeren „sozialen Erfindungen“ mitzuwirken. Stellenwert bekommt, die Unsere Werkstätten basieren auf drei Ältere so zu Objekten des Schritten: der Kritik an bestehenden Ver- Marktes macht. Es müssen hältnissen, dem Fantasieren und Träu- Ansprüche an diesen Markt men, wie es besser sein könnte, und der gestellt werden, die den tat- Realisierung von Vorhaben, auf die sich Zukunftswerkstatt der Akademie für Ältere in Wiesbaden im Novem- sächlichen Lebensbedürf- die Gruppe verständigt hat. Jede Zu- ber 2005: „Spinnen – Kreative Netze für ein anderes Älterwerden“ nissen entsprechen; kunftswerkstatt führte bisher zu prak- Unsere Zukunftswerkstätten mit 5. weil die ältere Generation für ehren- tischen Ergebnissen, die die Teilnehmer Älteren in Frankfurt, Heppenheim, amtliches Engagement umworben mit viel Freude und Spaß und oft auf Wiesbaden und Dresden haben be- wird. Neben dieser Wertschätzung ungewöhnliche Weise erarbeitet haben. wiesen, dass viel Potenzial und Krea- gegenüber der Lebenserfahrung be- tivität entwickelt werden kann. Sowohl steht auch die Tendenz, die Lücken im „Da fehlt noch etwas“ Einzelpersonen als auch Gruppen haben Netz des Sozialen zu füllen, die durch Die jetzige Generation der Älteren praktische Veränderungen im Alltag ins den Rückzug öffentlicher Dienst- hat statistisch noch eine Lebenszeit vor Werk setzen und auch den Aufbau von leistungen entstanden sind; sich, die länger ist als Kindheit und Netzwerken initiieren, stabilisieren oder 6. weil Zukunftswerkstätten Anstöße zur Jugend zusammen. Diese Lebensphase vorwärts treiben können. Reflexion der eigenen Lebensbilanz verlangt nach einem „Eigen-Sinn“ im Unsere Erfahrungen und viele Ge- geben und Widerständigkeit fördern besten Sinne des Wortes. Viele, die zuerst spräche mit Älteren zeigen, dass solche können; einmal ihre neue Freiheit genießen Zukunftswerkstätten sinnvoll und wün- wollen, spüren nach einer gewissen Zeit, 7. weil in Zukunftswerkstätten Keime schenswert sind, dass die Konsumaktivitäten nicht alle einer neuen Alterskultur entstehen Bedürfnisse befriedigen, dass da „noch 1. weil das Leben im Alter in unserer können, die auch die jüngeren Gene- etwas fehlt“. Über alle sinnstiftende Kultur für viele Menschen eine zeit- rationen einlädt, an den Schätzen der Tätigkeit hinaus, in der Kenntnisse und liche und qualitative Dimension be- Erfahrungen und an den großen und Lebenserfahrung angewandt und weiter- kommen hat, die es nie zuvor geben kleinen Erzählungen teilzunehmen. gegeben werden können, gilt es auch, konnte; sich politisch einzumischen und gegen 2. weil in der gegenwärtigen öffentlichen Kontakt zunehmende Diskriminierungen zu Debatte mit der „Überalterung“ wehren. „Zukunftswerkstatt Eigensinn“ unserer Gesellschaft Krisen- und Waltraud Beck und Edgar Weick Katastrophenszenarien entworfen Zur Person werden, die in diskriminierender Waltraud Beck Weise dazu dienen, eine Politik des Antoniterstr. 22, 65929 Frankfurt Edgar Weick und Waltraud Beck Sozialabbaus zu rechtfertigen und das Tel.: 0 69/30 78 95 Selbstbewusstsein zu beeinträchtigen. E-Mail: waltraud@beck-stromberger.de Jahrgang 1936 und 1946, sind seit vie- Es ist höchste Zeit, dass sich die len Jahren in der Erwachsenenbildung Edgar Weick Betroffenen in diese Diskussion mit tätig. Seit über zehn Jahren veranstalten Eptingweg 3, 65929 Frankfurt ihren gesellschaftlichen Gegenent- sie gemeinsam Zukunftswerkstätten Tel.: 0 69/31 52 64 würfen einmischen; mit kritisch-offenem Blick und der Vision E-Mail: edgar.weick@t-online.de ■ eines humanen Lebens im Alter. 3. weil dem möglichen Aufbruch zu einem anderen Leben im Alter oft 8 BAGSO Nachrichten · 2/2006
Jung und Alt wohnen auf neue Weise zusammen Das Kölner Projekt „Wohnen für Hilfe” initiiert „Wohnpartnerschaften“ zwischen Senioren und wohnungssuchenden Studenten I n der heutigen Zeit gehen alte und besichtigungen. Drohende Studienge- junge Menschen oft getrennte Wege, bühren erschweren die Finanzierbarkeit Zur Person Lebensgemeinschaften zwischen Jung von Wohnraum und Studium zusätzlich. und Alt sind eine Seltenheit geworden, Sandra Wiegeler die Anzahl der Singlehaushalte in Senioren wollen im gewohnten Lebensumfeld bleiben Diplomheilpäda- Großstädten steigt stetig. Wie kann der gogin mit sieben Austausch zwischen den Generationen Auf der anderen Seite leben in Köln Jahren Berufs- angekurbelt werden, wie können sich über 200.000 Personen, die älter als erfahrung in Jung und Alt gegenseitig helfen und 60 Jahre sind, viele von ihnen in größeren der Erwachsenen- stützen in einer Zeit, in der die Alters- Wohnungen oder Häusern, deren Wohn- bildung. Seit pyramide Kopf steht, und es immer mehr raum teilweise leer steht, sei es, weil die September 2005 ältere Menschen mit Unterstützungs- Kinder ausgezogen sind oder der Ehe- zuständig für das Projekt „Wohnen bedarf geben wird? partner verstorben ist. Die meisten für Hilfe“ in Köln. Senioren möchten ihr gewohntes Lebens- Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ bietet umfeld dennoch nicht aufgeben, sie sind neue Antworten mit der Idee einer aber zur Bewältigung des Alltags auf Projekt „Wohnen für Hilfe“ in dieser Zeit Wohnpartnerschaft: Senioren stellen Stu- gelegentliche Hilfeleistungen in Haus durch das Ministerium für Arbeit, Ge- dierenden ungenutzten Wohnraum zur und Garten angewiesen. sundheit und Soziales des Landes NRW. Verfügung, für den diese keine Miete zahlen, sondern Hilfeleistungen in alltäg- Warum also nicht auf freistehenden Das Projekt ist auch eine Koopera- Wohnraum verzichten, ihn Studierenden tionsarbeit zwischen dem Zentrum für zur Verfügung stellen und von diesen im Heilpädagogische Gerontologie der Heil- Gegenzug Unterstützung im Alltag er- pädagogischen Fakultät der Universität halten? Der Umzug in ein Alten- oder zu Köln, der Seniorenvertretung der Stadt Pflegeheim kann so in vielen Fällen Köln und dem Allgemeinen Studieren- hinausgezögert und der Vereinsamung denausschuss der Universität zu Köln im Alter entgegengewirkt werden. Zu- (ASTA). gleich kann die Verwirklichung solcher Wenn sich diese Art des Dialoges und Wohnpartnerschaften den Dialog zwi- der gegenseitigen Hilfe zwischen Jung Es muss nicht immer gleich eine Villa sein, die sich schen Jung und Alt fördern und das Senioren im Rahmen von „Wohnpartnerschaften“ mit und Alt durchsetzt, kann sich „Wohnen Studenten teilen Verhältnis zwischen den Generationen für Hilfe“ als eine alternative Wohnform neu beleben. in unserer Gesellschaft etablieren und auf lichen Dingen erbringen, wie z. B. Fenster eigenen Füßen stehen. putzen, Einkäufe erledigen, Rasen mähen. Kölner Projekt „Wohnen für Hilfe“ Dabei gilt: Pro bezogenem Quadratmeter wird wissenschaftlich begleitet wird eine Stunde Hilfe im Monat ge- Kontakt Wie dieses gelingen kann und ob sich leistet, wobei pflegerische Tätigkeiten Sandra Wiegeler das Zusammenleben in einer solchen ausgeschlossen sind. Projektbüro „Wohnen für Hilfe“ Wohnpartnerschaft positiv auf die Zu- Betrachtet man die Einwohnerzahlen friedenheit und Eigenständigkeit älterer Frangenheimstr. 4, 50931 Köln der Stadt Köln, wird diese Idee bestärkt. Menschen auswirkt, diesen Fragen will Tel.: 02 21/4 70 79 33 Hier leben auf der einen Seite über die wissenschaftliche Begleitung des Fax: 02 21/4 70 79 34 70.000 Studierende, die auf der Suche Projektes unter der Leitung von Dr. H.C. E-Mail: wfh@hrf.uni-koeln.de nach günstigem Wohnraum sind. Stu- Berghaus und Dr. H. Milz vom Zentrum www.wfh-koeln.de dentenwohnheime können nicht alle für Heilpädagogische Gerontologie der Jeden 1. Dienstag Info-Café von Suchenden auffangen; ihre Wartelisten Universität zu Köln bis März 2008 nach- 15.00 – 17.00 Uhr in der Heilpädago- sind ebenso lang wie die bei Wohnungs- gehen. Finanziell gefördert wird das gischen Fakultät, Raum 10/11. ■ BAGSO Nachrichten · 2/2006 9
Titel – Mobilität in jedem Alter heitliche Beschwerden, nachlassende Bewegungsfähigkeit oder ein geringeres Mobilität – Seh- und Hörvermögen im höheren Alter die eigene körperliche Mobilität erschweren und gleichzeitig die örtliche Garant für ein selbstständig Nahversorgung immer stärker gefährdet und öffentliche Einrichtungen und geführtes Dienstleistungen immer mehr zen- tralisiert werden. Leben Neben dieser praktischen Bedeutung für die Erhaltung einer selbstständigen Lebensführung besitzt Mobilität aber auch einen hohen emotionalen Wert, und zwar gesellschaftlich wie indivi- duell: In der heutigen „mobilen“ Gesell- schaft ist sie geradezu zum Symbol für Freiheit und Selbstbestimmung und zum Gradmesser für Wohlstand und Fortschritt geworden. Für jedes einzelne Mitglied in unserer Gesellschaft bedeu- tet Mobilität damit nicht nur die not- wendige Voraussetzung für das Errei- chen wichtiger Ziele, sondern auch Un- abhängigkeit und Wahlfreiheit, Flexibi- lität und Individualität bei der Verwirk- lichung eigener Interessen. Zudem ver- binden sich mit der Fähigkeit, außerhalb des Hauses unterwegs zu sein, auch Freude und Anregung, körperliche Be- wegung und die Bestätigung eigener Kompetenzen, das Erleben von Natur und die Begegnung mit anderen Men- schen und Kulturen sowie das Gefühl, ein vollwertiges Mitglied der Gesell- schaft zu sein – alles Erfahrungen, die wesentlich zu einem gesunden und befriedigenden Altern beitragen. Einschränkungen der Mobilität können die individuelle Diese selbstbestimmte Mobilität wird jedoch häufig durch ungünstige Um- Lebensführung beeiträchtigen stände erschwert. Persönliche Voraus- setzungen wie Gesundheitszustand, Ein- R äumliche Mobilität bedeutet zu- Wie die entsprechenden Strecken kommen und Autobesitz auf der einen nächst einmal ganz praktisch: die zurückgelegt werden, hängt außer von und strukturelle Gegebenheiten wie die Fortbewegung von einem be- der Entfernung auch von den geo- Verfügbarkeit und Zugänglichkeit stimmten Ort zu einem anderen in graphischen und siedlungsstrukturellen öffentlicher Verkehrsmittel oder die einem bestimmten zeitlichen Rahmen. Verhältnissen einer Region, von klima- Erreichbarkeit von Dienstleistungsein- Die Entfernung, die dabei überwunden tischen Bedingungen und kulturellen richtungen und Freizeitangeboten auf wird, kann wenige Meter – von der Traditionen, vom Vorhandensein in- der anderen Seite bestimmen weit- eigenen Haustür bis zur Tür des Nach- frastruktureller Einrichtungen und von gehend, ob und in welchem Umfang das barhauses – ausmachen, bei einer den jeweils verfügbaren Verkehrsmitteln Bedürfnis verwirklicht werden kann, großen Reise beispielsweise aber auch ab. Gerade die letzteren werden umso außerhalb der Wohnung etwas zu unter- den gesamten Globus umfassen. wichtiger, je mehr eventuelle gesund- nehmen. So fallen bauliche Hindernisse 10 BAGSO Nachrichten · 2/2006
oder schwierige Verkehrsverhältnisse klar von Fahrradwegen und Fahrbahnen Eine Voraussetzung für die Nutzbar- stärker ins Gewicht, wenn mit zuneh- abgegrenzt sein. Zu einer fußgänger- keit solcher Angebote sind allerdings mendem Alter die Kräfte allmählich freundlichen Umfeldgestaltung gehören erschwingliche Preise, denn die finan- nachlassen oder gesundheitliche und auch ausreichend lange Grünphasen an ziellen Mittel vieler Älteren sind nicht sensorische Einschränkungen auftreten. Straßenkreuzungen und -übergängen, gerade üppig. Eine vergleichsweise güns- Die Schließung einer Postfiliale oder deutlich markierte Zebrastreifen und tige Monatskarte lohnt sich nicht, wenn eines Lebensmittelgeschäfts im Stadtteil Geschwindigkeitsbegrenzungen im Zu- jemand den Bus oder die Straßenbahn oder die Einstellung vielleicht nur einmal in der Woche einer Busverbindung benötigt, um im Einkaufszentrum des zur nächsten größeren „Mobilität bedeutet Nachbarstadtteils den täglichen Bedarf Stadt können dann zu zu decken. Ein Einkauf verteuert sich in einem ernsten Pro- Unabhängigkeit, Flexibilität diesem Fall um rund vier Euro für blem werden. und Individualität“ Fahrtkosten! Preiswerte Kurzstrecken- fahrscheine brächten in dieser Hinsicht Eine zentrale Rolle eine deutliche Erleichterung. für die Erhaltung von gangsbereich wichtiger Einrichtungen, Mobilität spielt deshalb in erster Linie Nach wie vor problematisch sind die von Erholungsgebieten und Haltestellen. die Gestaltung des näheren und weiteren Bedingungen auf vielen – vor allem Wohnumfelds. Nach einer interna- Damit der öffentliche Personennah- kleineren – Bahnhöfen und in Fahr- tionalen, in sechs europäischen Städten verkehr auch von älteren und hoch zeugen der Deutschen Bahn. Bahnsteige und ländlichen Regionen durch- betagten Menschen genutzt werden sind häufig für mobilitätseingeschränkte geführten Studie mit 3.950 Befragten ab kann, müssen barrierefreie Haltestellen Personen nur schwer zugänglich, die 55 Jahre (Mollenkopf et al., 2005; und Ein- und Ausstiege, leicht erreich- Mollenkopf, 2003) findet knapp die bare und bequeme Sitze, eine aus- Zur Person Hälfte (44 %) aller Wege innerhalb von reichende Haltedauer zum bequemen einem Kilometer, also in der näheren Ein- und Aussteigen sowie möglichst Umgebung der Wohnung, statt. Ein wei- umsteigefreie Verbindungen gewähr- Dr. Heidrun Mollenkopf teres Viertel erstreckt sich auf eine leistet sein. In dieser Beziehung hat sich hat viele Jahre – Entfernung bis zu drei Kilometern. in den letzten Jahren durch die Ein- zuletzt am Deut- Unterschiede zwischen Landbewohnern führung der Niederflurtechnik, durch schen Zentrum für und Städtern gibt es dabei kaum. Über niveaugleiche Haltestellen und Bahn- Alternsforschung die Hälfte dieser Wege legen Ältere zu steige und weitere Maßnahmen zur an der Universität Fuß zurück. Eine ausgewogene Stadt- barrierefreien Erschließung öffentlicher Heidelberg (DZFA) und Verkehrsplanung sollte deshalb ver- Einrichtungen bereits viel verbessert. – zu den Themen stärkt die Erhaltung einer bedarfsge- Viele Ältere empfinden aber nach Mobilität und räumliche Umwelt, rechten Infrastruktur fördern. Darüber wie vor das ruckartige Anfahren der Technik und Lebensqualität im hinaus würden Ruhezonen mit Sitzgele- Busse und Bahnen, zu lange Abstände Alter geforscht und dazu eine Reihe genheiten Besorgungen und Aktivitäten zwischen den Fahrzeiten, weite Wege zu nationaler und international zu Fuß auch bei gesundheitlichen Be- den Haltestellen und unverständliche vergleichender Forschungsprojekte einträchtigungen erleichtern. Öffent- Fahrkartenautomaten als Schwierigkeit. durchgeführt. liche Wege sollten breit genug sein, Innovationen wie die Service-Linien in Dr. Heidrun Mollenkopf damit sich Personen mit Rollator, Roll- einigen skandinavischen Kommunen Bothestr. 64, 69126 Heidelberg stuhl oder Elektromobil problemlos oder die Von-Tür-zu-Tür-Dienste in den E-Mail: heidrun.mollenkopf@web.de begegnen können. Es darf keine Stolper- Niederlanden sind hier vorbildlich und fallen geben und weder der fahrende sollten auf ihre Übertragbarkeit auf Verkehr noch parkende Autos dürfen die Verwandlung größerer Bahnhöfe in regionale Bedingungen geprüft werden. Nutzung von Bürgersteigen einschrän- Einkaufszentren erschwert die Orientie- Außerdem könnten Zubringerdienste ken. rung, und die zu hohen Einstiege in die von abgelegenen Wohngegenden zur Fahrzeuge und Treppen innerhalb der Vielen Älteren bereiten auch Fahr- nächsten Haltestelle bzw. von Halte- Wagen bilden ein fast unüberwindliches radfahrer und Inline-Skater Schwierig- stellen zu wichtigen Einrichtungen, z. B. Hindernis. keiten, die zu schnell, in die falsche einem Einkaufszentrum in der Periphe- Richtung und/oder auf dem Bürgersteig rie, bestehende Angebote sinnvoll er- Ähnlich schwierig gestaltet sich die fahren. Fußgängerwege müssen deshalb gänzen. Situation bei Flug- und Schiffsreisen. BAGSO Nachrichten · 2/2006 11
Titel – Mobilität in jedem Alter Auch dabei sieht man sich immer wieder flexibles Transportmittel bietet es spe- sind. Die meisten haben sich an diese mit engen und steilen Treppen kon- ziell Personen mit beeinträchtigter Be- Situation gewöhnt und ihr eigenes Ver- frontiert, muss sich mühsam zurecht- wegungsfähigkeit und in verkehrs- und halten als Verkehrsteilnehmer entspre- finden und lange Wege zurücklegen: infrastrukturell unzureichend versorg- chend angepasst. Ihr größter Wunsch ist Zwar können sich längst nicht alle ten Regionen günstige Voraussetzungen jedoch – stärker noch als der nach Älteren überhaupt größere Reise- für individuelle Mobilität. Einschrän- technischen und organisatorischen Ver- wünsche erfüllen – nur etwa die Hälfte kungen der Fahrfähigkeit können zu- besserungen im öffentlichen Verkehr: der 55- bis 74-jährigen und rund 20 % der über 75-jährigen Teilnehmer „Ruhezonen mit Sitzgelegenheiten und Teilnehmerinnen der oben genannten erleichtern Besorgungen und Aktivitäten zu Fuß“ Studie hatten im Jahr vor der Befragung eine mindestens einwöchige Reise gemacht, mindest teilweise durch eine Vielzahl mehr gegenseitige Rücksichtnahme und aber solche Reisen stellen eine große technologischer Systeme wie ABS-(Anti- Verständnis aller Verkehrsteilnehmer für persönliche Bereicherung dar und blockier-)- oder SAM-(Situationsadap- einander. sollten deshalb möglichst vielen Men- tive Antriebs-Management-)-Systeme Als Lösungsmöglichkeit wird seit schen ermöglicht werden. ausgeglichen werden. Klimaanlage, All- einigen Jahren diskutiert, inwieweit neue radantrieb, Navigationssysteme und Entsprechende Richtlinien zur Fahr- Technologien wie Computer und Inter- vieles mehr bieten zusätzlichen Komfort. zeug- und Zugangsgestaltung sind bei net Mobilität ersetzen können, wenn Fahrzeugentwickler und -hersteller ste- der Europäischen Kommission in Vorbe- diese als konkrete Fortbewegung wie im hen damit vor der Aufgabe, die vielfälti- reitung. Darüber hinaus aber sollten Fall des Autoverkehrs nicht erwünscht gen technischen Möglichkeiten an die kommerzielle Reiseanbieter ihr Angebot oder wie bei chronischer Bewegungs- sich verändernden Fähigkeiten älterer nicht nur an zahlungskräftige, noch unfähigkeit nicht (mehr) durchführbar Menschen – insbesondere die nachlas- „mobile“ Ältere richten, sondern auch ist. Technologien bieten vielerlei Mög- sende Seh-, Hör-, Bewegungs- und Kon- die Bedürfnisse von finanziell weniger lichkeiten, den Kontakt mit der Außen- zentrationsfähigkeit – anzupassen und gut ausgestatteten, im hohen Alter meist welt herzustellen, sich Waren und ihre Aufmerksamkeit nicht durch zu allein lebenden und möglicherweise Dienstleistungen zu besorgen, Beziehun- viele Informationen vom Fahren abzu- physisch eingeschränkten älteren Men- gen zu pflegen, Wissen zu erweitern oder lenken. schen berücksichtigen. sich Rat und Hilfe zu holen. Diese Entwicklung ist allerdings ein Das beliebteste Verkehrsmittel neben Andererseits hängen Erwerb und zweischneidiges Schwert: Auf der einen den eigenen Füßen ist jedoch das Auto. Nutzung dieser Geräte weitgehend von Seite wird das Privatauto in den kom- Als privates, jederzeit verfügbares und ökonomischen und strukturellen Be- menden Jahren dank des technologi- dingungen wie Einkommen, Bildung schen Fortschritts sowie aufgrund der Literaturtipp und Zugangsmöglichkeiten ab, sodass zunehmenden Fahrkompetenz der nach- ein nicht unbeträchtlicher Teil älterer rückenden Generationen immer mehr Männer und Frauen diese technischen Mollenkopf, H., Marcellini, F., Menschen ein hohes Maß individueller Mittel auch in Zukunft nicht nutzen Ruoppila, I., Széman, Z., Mobilität – und damit persönlicher können wird. Vor allem aber gehen bei & Tacken, M. (Eds.) (2005). Handlungsspielräume – ermöglichen. dieser virtuellen Mobilität viele der ein- Enhancing mobility in later life – Dies wird aber zumindest derzeit noch gangs erwähnten wertvollen, mit dem Personal coping, environmental um den Preis einer weiteren Verkehrs- wirklichen Unterwegssein verbundenen resources, and technical support. verdichtung und Umweltbelastung Erfahrungen verloren. The out-of-home mobility of older erkauft. adults in urban and rural regions Mobilität als eine wesentliche Viele ältere Männer und Frauen of five European countries. Dimension der Lebensqualität muss des- leiden jedoch schon heute unter dem Amsterdam: IOS Press. halb auch im Alter so lange und so immer dichter und aggressiver werden- vielfältig wie irgend möglich erhalten Mollenkopf, H. (2003). den Verkehr, und zwar unabhängig werden. Zur Mobilität älterer Menschen. davon, ob sie selbst Auto fahren oder als BAGSO Nachrichten 3/2003, 6– 8. Fußgänger, Radfahrer oder Nutzer Dr. Heidrun Mollenkopf ■ öffentlicher Verkehrsmittel unterwegs 12 BAGSO Nachrichten · 2/2006
Selbstständig und sicher unterwegs D ie selbstbestimmte Mobilität außer Haus ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Unsere Gesell- schaft verändert sich, und gerade die Generation der „jungen Alten“ ist dank guter Gesundheit gern und viel unterwegs. Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) setzt sich seit 20 Jahren auf allen politischen Ebenen für umwelt- und menschenverträglichen Verkehr ein. Wohnorte sollen den täglichen Bedarf den geringsten negativen Auswirkungen, Der VCD setzt sich für die Idee möglichst mit kurzen Wegen sichern, sie sollten daher gut und gefahrlos benutz- „Null Verkehrstote“ ein sodass sich Jung und Alt auch ohne Auto bar sein. In ländlichen Regionen und Im Unfallgeschehen sind ältere selbstständig fortbewegen und versorgen Kleinstädten ist das Auto oft ohne gute Menschen als nicht motorisierte Opfer von können. Die Verkehrsmittel des so ge- Alternative. Die Auto-Umweltliste des Verkehrsunfällen besonders betroffen. nannten Umweltverbundes, also das Zu- VCD hilft Verbrauchern dabei, ein Gemessen an ihrer Teilnahme am Verkehr Fuß-Gehen, Radfahren und öffentliche umweltverträgliches Auto zu finden. haben sie noch kein erhöhtes Risiko zu Verkehrsmittel, ermöglichen Mobilität mit Der VCD testet den Service von verunglücken, aber wenn etwas passiert, Verkehrsunternehmen sind die Verletzungen meist schwerer. Dies gilt besonders auch für diejenigen, die als Älter werden und Zwar nutzen immer mehr Menschen in Deutschland bis ins hohe Alter das Auto, Fahrzeuginsassen verletzt werden. Der VCD fordert die Absenkung der Ge- mobil bleiben! doch sind es häufig die Seniorinnen, die nicht über Führerschein und Auto ver- schwindigkeiten innerorts auf generell Tempo 30, allenfalls mit der Ausnahme fügen und deswegen auf öffentliche Ver- Ä ltere Menschen bleiben durch qua- von Hauptverkehrsstraßen. kehrsmittel angewiesen sind. Der Umgang litativ gute Gehwege und komfor- mit Bus und Bahn will gelernt sein, denn So wäre das Zu-Fuß-Gehen und table Querungsanlagen selbststän- Linienpläne, Fahrpläne, Tarife und Fahr- Fahrradfahren deutlich sicherer vor der diger und gesünder. In einer Studie über die scheinautomaten sind nicht unkom- Gefahr durch motorisierten Verkehr und Mobilität älterer Menschen im öffentlichen pliziert. Der VCD hat die Verkehrsunter- auch der Fahrzeugverkehr würde sicherer. Raum hat der FUSS e.V. am Beispiel Bremen- nehmen auf ihre Servicequalität getestet Der VCD setzt sich für die Idee „Null Steintor nachgewiesen, dass seniorengerech- und setzt sich in vielen Städten und Ge- Verkehrstote“ ein, die ein verantwortliches tere Straßenverhältnisse mit sehr geringen Mit- meinden in ganz Deutschland für kunden- Verkehrssystem fordert, das, ähnlich den teln durch die Kommune erreichbar wären. freundliche, bezahlbare öffentliche Bus- Vorstellungen in der Arbeitssicherheit, die Der Bremer FUSS e.V. hat sich mit und Bahnangebote ein. Daher kämpft der Fehlerquote der Nutzer vorab schon Bewohnerinnen einer Seniorenwohnanlage VCD auch für den Erhalt der Regionalisie- minimiert. Von den Regierungen in in Bremen-Steintor getroffen und Lösungs- rungsmittel zur Finanzierung des öffent- Schweden, der Schweiz und den Nieder- vorschläge erarbeitet. Herausgekommen ist lichen Verkehrs als Teil der Daseins- landen wird diese Vorstellung aktiv ver- ein Konzept, das die Bedürfnisse älterer vorsorge. folgt, in Deutschland wird es höchste Zeit. Menschen an Beispielen darstellt. Die Studie Der Lärm und die Luftbelastungen ist so aufgebaut, dass sie den Blick für die durch Abgase und Feinstaub aus dem Ver- Kontakt Mobilitätsbelange älterer Menschen schärft kehr sind gesundheitsgefährdend, beson- Thomas Kirpal und die Empfehlungen weitestgehend auf ders für kranke, ganz junge und ältere Referent für Verkehrspolitik im VCD – andere Stadtteile übertragbar sind. Menschen. Hier fordert der VCD von Verkehrsclub Deutschland e.V. Die Studie kann für 4,00 Euro + Porto den Kommunen die Kontrolle und Ein- Kochstr. 27, 10969 Berlin und Verpackung angefordert werden bei: haltung von Schadstoffgrenzwerten und Tel.: 0 30/28 03 51-64 wirksame Maßnahmen zum Schutz der E-Mail: thomas.kirpal@vcd.org FUSS e.V., Exerzierstr. 20, 13357 Berlin Bevölkerung. www.vcd.org ■ Tel.: 0 30/4 92-74 73, Fax 79 72 E-Mail: info@fuss-ev.de www.fuss-ev.de ■ 13
Titel – Mobilität in jedem Alter Wie sieht eine seniorengerechte Stadt aus? H insichtlich des demografischen stelle“ angesehen werden. Sie soll Be- Gesellschaftliche Bereiche, Bereiche Wandels müssen die Belange der troffene, Planungsverantwortliche, Bau- des bürgerschaftlichen Engagements, älteren Menschen immer mehr herren, Kaufleute, Handwerker etc. dazu Selbsthilfe und Netzwerke sind dabei Berücksichtigung in der Kommunal- anregen, die Bedürfnisse von Älteren – planung finden. Aus diesem Grunde was auch anderen Gesellschaftsgruppen sind regelmäßige Quartalsgespräche u. a. entgegenkommt – zu berücksichtigen mit der Koordinierungsstelle für die und immer wieder an einer Vorstellung Seniorenarbeit der Stadt Rheine und von einer seniorengerechten Stadt zu dem Fachbereich Planen und Bauen arbeiten. festgesetzt. Sie dienen dazu, bestimmte Die Broschüre beschäftigt sich in Rahmenbedingungen zu erarbeiten und erster Linie mit der Versorgungsinfra- umzusetzen, die auf die Bedürfnisse der struktur und den baulichen Gegeben- unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen heiten von Wohnung, Wohnumfeld eingehen. Und wer kann besser beschrei- (Radius von 500 m), dem Stadtteil sowie ben, welche Bedingungen eine Stadt zu öffentlichen Gebäuden und Verkehrs- erfüllen hat, um Älteren ein möglichst flächen, also mehr mit der „Hardware“. langes mobiles und selbstständiges Leben zu ermöglichen, oder die Frage beantworten, was überhaupt eine senio- rengerechte Stadt ausmacht, als Senio- rinnen und Senioren selber? Diese Fragestellungen wurden gern vom Seniorenbeirat der Stadt Rheine aufgenommen und eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Beirates plus Koor- dinierungsstelle der Senioren und der Sozialplanung der Verwaltung wurde eingerichtet, die sich dieses umfassenden Themas annahm. Mit viel Engagement und Taten- drang traf sich die Gruppe neun Mal, um dieses Thema zu bearbeiten, das ihrer Ansicht nach in dieser Art noch niemand aufgegriffen hat. Zwar gibt es Richtlinien, Empfehlungen und DIN- Vorschriften, die behindertengerechtes und barrierefreies Bauen beschreiben und definieren, aber macht das allein den Status einer seniorengerechten Stadt aus? Broschüre informiert über Vorstellungen einer seniorengerechten Stadt Die Ergebnisse aller Überlegungen sind in einer Broschüre zusammenge- fasst worden, sollen jedoch nicht als abgeschlossenes Werk, sondern als „Bau- 14 BAGSO Nachrichten · 2/2006
noch wenig berücksichtigt und ange- sprochen worden. Dies wird ein neues Altengerechte Stadt – Das Handbuch und künftiges Arbeitsfeld unserer Seniorinnen und Senioren sein und eine Partizipation älterer Menschen als Chance für die Städte Fortsetzung der Broschüre ist somit für die Zukunft geplant. W ie können angesichts der de- lungsanweisungen und Checklisten zur Denn durch das Projekt „Die senio- mografischen Veränderungen Entwicklung altengerechter Städte an- rengerechte Stadt“ wird deutlich, dass in unserer Gesellschaft die zubieten, sondern auch darin, ältere auf Impulse und Innovationen der älte- Städte der Zukunft aussehen und welche Menschen explizit in die Stadtplanung ren Generation, die auf Erfahrung und Rolle können bei der Umgestaltung mit einzubeziehen. Kompetenz fußen, nicht verzichtet wer- Ältere spielen? den darf. Dazu Armin Laschet, Minister für Christa Koch Generationen, Familien, Frauen und Koordinatorin für die Seniorenarbeit Integration des Landes Nordrhein-West- der Stadt Rheine falen, der das Forschungs- und Ent- Klosterstr. 14 wicklungsprojekt, welches in Träger- 48431 Rheine schaft der Landesseniorenvertretung Tel.: 0 59 75/93 9513 ■ durchgeführt wurde, gefördert hat: „Mit dem Projekt wurden die Poten- ziale älterer Menschen für die Entwick- lung der Stadt oder ihrer Stadtteile in den Blick genommen. Zudem wurden die Rolle und mögliche Aufgaben älterer Menschen für die städtische Lebens- qualität thematisiert und geprüft. Bereits im Verlauf des Projektes wurden Er- gebnisse der Forschung in Konferenzen mit Kommunen, Wohnungsunterneh- men und Seniorenvertretungen disku- tiert. So konnten praxisbezogene Hand- lungsempfehlungen erarbeitet werden. Das Handbuch kann bestellt werden Diese sind verknüpft mit den For- bei: schungsergebnissen des Projektes im Handbuch dargestellt.“ Büro für angewandte Soziologie e.V. Ravensberger Str. 34, 42117 Wuppertal Dieses Handbuch veranschaulicht Tel.: 02 02/24 29 83 9 sehr gut, wie wichtig die infrastruktu- Fax: 02 02/24 29 83 911 rellen Faktoren des Wohnens, wie E-Mail: info@bfas.de gesundheitliche und alltägliche Versor- gung, aber auch Barrierefreiheit für die Versandkostenpauschale: Mobilität und damit für die Lebens- ein Exemplar = 8,50 Euro qualität, Zufriedenheit und Wohlbefin- zwei bis vier Exemplare = 13 Euro den älterer Menschen sind. So könnte fünf bis zehn Exemplare = 23 Euro ■ nach den Ergebnissen des Entwicklungs- projektes die Zufriedenheit älterer Menschen erhöht werden, wenn z. B. Güter- und Dienstleistungen dezentra- lisiert würden. Die Intention dieses Handbuches liegt nicht nur darin, konkrete Hand- BAGSO Nachrichten · 2/2006 15
Titel – Mobilität in jedem Alter Wer allerdings par- 6. hierbei werden Koordination, Balance, tout nicht mehr auf Flexibilität, Ausdauer, Kraft und Schu- ein althergebrachtes lung der Wahrnehmung sowie die Fahrrad steigen möch- Verbindung der beiden Körperhälften te, kann eine der zahl- Schritt für Schritt im Alltag geschult reichen Alternativen und dies ist ein sehr gutes Programm ausprobieren: zur Sturzprophylaxe mit integriertem So findet das Lauf- Herz-Kreislauf-Training; rad bzw. die Lauf- 7. das Laufrad ist also das ideale Fitness-, maschine bereits auch Alltags- und Freizeitgerät für einen bei den 2- bis 5-jäh- Entfernungsradius von bis zu zehn rigen Enkeln großen Radfahren im Alter – Anklang. Das Ur-Rad Kilometern. Für den Roller gilt ähnliches, nur ist des Freiherrn von aber sicher Drais, das 1818 erfun- den wurde, hat z. B. hier der Schwierigkeitsgrad ein wenig höher. Das Stehen auf einem Bein sowie nicht nur entscheidende Vorteile beim die Koordination und die Balance werden D as Fahren mit dem Rad ist nicht Wieder-Erlernen des Fahrradfahrens, son- hierbei stärker gefordert. Dies ist allerdings nur eine gesunde Freizeitbeschäfti- dern auch im Alltag: jederzeit wieder erlernbar, völlig ungefähr- gung, sondern im Stadtverkehr lich, schmerzfrei und bereitet sehr viel auch eine umweltfreundliche Möglichkeit, 1. tiefer Durchstieg, der sich max. 12 cm Spaß! bequem und schnell von A nach B zu über dem Boden befindet; Bei den Zweirädern gehören tiefer kommen. Diese Bewegungsform kann 2. man hat mit beiden Füßen Boden- Rahmen-Durchstieg, Sicherheits-Ausstat- auch mit leichteren gesundheitlichen kontakt; tung, wie z. B. luftgefederte 20 Zoll Breit- Beeinträchtigungen noch ausgeübt wer- 3. es handelt sich um ein sicheres und reifen, Gangschaltung mit und ohne Rück- den. Und doch haben gerade ältere Men- bequemes zweirädriges Fahrzeug, mit tritt, leichtgängige Bremsen und ergono- schen Angst vor Stürzen und Verletzungen, dem man durch die aufrechte Sitz-/ misch geformte Griffe, Anpassung der fühlen sich unsicher im Straßenverkehr Stehposition mehr Bewegungsmög- Sitzhöhe und des Lenkerabstandes zum oder haben bereits beim Auf- und lichkeiten hat; Muss eines jeden Alltags-Tourenrades. Absteigen Schwierigkeiten. 4. ähnlich wie beim Skilanglauf bzw. Bei den Dreirädern ist es eine lohnens- Zusammen mit Green City e.V., einer Nordic Walking wird die Hüft- und werte Erfahrung, den Unterschied zwi- eigenständigen Münchener Umweltorga- Beinmuskulatur gebeugt und ge- schen dem so genannten „konventionellen nisation, die sich mit Stadtgestaltung, streckt; Dreirad“ mit Sattel und dem „Sesseldrei- Klimaschutz und Mobilität beschäftigt, dem Treffpunkt 55plus, seit 2003 Mün- 5. durch das Sitzen auf dem Sattel werden rad“ mit niedriger Sitzhöhe von ca. 50 cm chens größtes Magazin für die besten die Sprunggelenke, Knie und Hüfte und verstellbarer Rückenlehne kennen zu Jahre, und dem HPV e.V., Deutschlands entlastet, aber gleichzeitig auch inten- lernen. Um sich an das veränderte Kör- führendem „Verein zur Förderung um- siv bewegt; pergefühl auf dem Dreirad zu gewöhnen weltgerechter Mobilität mit Muskelkraft und sich sicher und selbstständig für alle Altersgruppen“, startet im Mai die im Straßenverkehr bewegen zu Zur Person können, sollte unbedingt die deutschlandweit erste Veranstaltungsreihe „Radeln im Alter – aber sicher“. Unter- „liegende Acht“, wie beim Motor- Ulrich Trojer radfahren geübt werden. stützt wird das Projekt vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt Mün- Als Ergotherapeut, Reha- Bei allen Fahrzeugen ist es chen. Fachberater und Mobili- möglich, den eigenen Muskel- Im Rahmen dieses Projektes werden tätsspezialist mit 25-jäh- antrieb mit elektrischer Unter- für Senioren verschiedene Radfahr-Kurse riger Erfahrung ist Ulrich stützung, dem so genannten angeboten. Hier können ältere, ungeübte Trojer für das Konzept Pedelec-Prinzip, zu kombinieren. und auch geübtere Fahrer ihre Fähigkeiten „Radfahren im Alter – aber sicher!“ verantwort- Ulrich Trojer auf einem Trainingsparcour testen, sich über die Sicherheit im Straßenverkehr und lich. Es ist in sein Bewegungskonzept für Weiterführende Informationen auch über medizinische Aspekte beim alle Altersgruppen „Mehr Bewegung im erhalten Sie unter www.hpv.org oder Radfahren informieren. Alltag (MBiA)“ integriert. Dazu hält er im per E-Mail: U.Trojer@gmx.de ■ deutschsprachigen Raum Vorträge und Workshops auf Kongressen und Messen. 16 BAGSO Nachrichten · 2/2006
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