Patienten orientierung - Weißbuch Version 2020 PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 - PRAEVENIRE Gesundheitsforum
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15. Management Summaries der PRAEVENIRE Gipfelgespräche Patienten orientierung Weißbuch Version 2020 PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 1
IMPRESSUM Herausgeber, Medieninhaber: Verein PRAEVENIRE — Gesellschaft zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung; Präsident: Dr. Hans Jörg Schelling; E-Mail: umsetzen@praevenire.at; www.praevenire.at | Projektdurchführung: PERI Change GmbH, Lazarettgasse 19/OG 4, 1090 Wien, Tel.: 01/4021341-0, Fax: 01/4021341-18 | Projektleiter: Bernhard Hattinger, BA, b.hattinger@perichange.at | Projektteam: Natalie Kapfer-Rupp, BA, Tanja Orgonyi, MA, Jeannine Schuster, MSc, Kathrin Unterholzner | Redaktion: Mag. Beate Krapfenbauer (Leitung), Mag. Julia Wolkerstorfer | Gestaltung und Produktion: Welldone Werbung und PR GmbH (Gestaltung: Katharina Harringer, Produktion: Mag. Lisa Heigl-Rajchl) | Lektorat: Mag. Charlotte Babits | www.praevenire.at Die Publikation und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Aussagen geben die Meinung der Kooperationspartner, Unterstützer und Experten wieder. Die in den Texten verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen treten der bes- seren Lesbarkeit halber meist nur in einer Form auf, sind aber natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen. Trotz sorgfältiger Manuskriptbearbei- tung und Lektorat können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Es kann daher infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht, übernommen werden. Redaktionsschluss: 03. 09. 2020 © 2020 PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Handlungsempfehlungen für die Politik 15. Patientenorientierung »Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt« Eine Gesundheitsversorgung, die den Menschen in den Fokus stellt, orientiert sich in erster Linie an den Bedürf- nissen der Patientinnen und Patienten. Es muss klar sein, wann, wo und von wem sie in bestmöglicher Form be- handelt werden, und es muss einen wohnortnahen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für alle geben. Eine Analyse des österreichischen Gesundheitswesens zeigt, dass das Land systemorientiert agiert und nicht patientenorientiert. Um ein gelungenes Gesundheitssystem im Sinne der Patientinnen und Patienten weiter- zuentwickeln, ist es essenziell, Partikularinteressen der Stakeholder hintanzustellen und systemgetriebenen Einzelentscheidungen zukünftig eine bessere Kooperationsbasis zu geben. Gesundheitspolitische Rahmenbedin- gungen müssen in einer Form aufeinander abgestimmt werden, die den Menschen den richtigen Weg zu präventi- ven, therapeutischen und regenerativen Lösungen aufbereitet. 15.1 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN DES VEREINS PRAEVENIRE Um ein leistungsstarkes, finanzierbares und menschli- werden kann. Perspektiven von Betroffenen sind ches Gesundheitssystem zu etablieren, das die Patien- essenziell und tragen stark zur Aufklärung über das tinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellt, empfiehlt alltägliche Leben mit einer bestimmten Erkrankung die PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 folgende bei. Gute Ansätze finden sich beispielsweise im Be- drei Optimierungsprogramme mit konkreten Hand- reich der Heilmittelevaluierungskommission (derzeit lungsempfehlungen als Sofortmaßnahmen. jedoch noch ohne Stimmrecht). 5. In Deutschland können rezeptfreie Arzneimittel für Kinder unter zwölf Jahren (bzw. bei Entwick- lungsstörungen bis zum 18. Geburtstag) von den 1. Bedürfnisorientierung Krankenkassen bezahlt werden. Eine vergleich- bare Regelung ist auch für Österreich sinnvoll, um Gesundheitsversorgung im Einklang mit veränder- sicherzustellen, dass kein Kind aufgrund der sozio- ten Lebenswelten. ökonomischen Stellung der Eltern im Rahmen von Self Care (im Sinne von Selbstsorge, Selbstmedika- 1. Zur breiteren Verwendung von e-Rezept und e- tion) schlechter versorgt wird. Medikation (ELGA) müssen rechtliche Rahmen- 6. Die PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 fordert bedingungen geschaffen werden, um zum einen den Ausbau barrierefreier Informationsaufberei- den Autonomiebestrebungen der Patientinnen und tung, um Chancengleichheit (sprachlich, kulturell, Patienten gerecht zu werden und zum anderen das für Menschen mit Beeinträchtigungen) herzustel- Gesundheitssystem zu entlasten. len. In Zeiten von Informationsüberfluss und sich 2. Die Verfügbarkeit der medizinischen Angebote muss über Social-Media-Netze schnell verbreitenden an reale Lebenskonzepte der Menschen sowie an Halbwahrheiten (Fake News) ist insbesondere die gewohnte Öffnungszeiten aus Betrieben des Alltags eigene Website des Gesundheitsministeriums angepasst werden (40 bis 50 Stunden pro Woche als barrierefrei zugängliche Plattform auszubauen, inklusive Tagesrandzeiten sowie Angebote an den die der Bevölkerung vertrauenswürdige, verifizierte, Wochenenden). Dieses Ziel kann nicht ausschließlich evidenz- und faktenbasierte Gesundheitsinfor- durch Einzelordinationen abgedeckt werden. mationen zur Verfügung stellt. 3. Das vertragsärztliche Angebot im niedergelassenen Bereich muss gegeben sein. Nur so kann verhindert werden, dass Patientinnen und Patienten nicht in erster Linie die Ambulanz aufsuchen. Parallel dazu 2. Transparente Qualitätssicherung [1 ] soll dem Ausbau von Primärversorgungszentren verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Qualität vor Quantität. 4. Patientenvertreter und Selbsthilfegruppen müssen intensiver in Entscheidungsprozesse ein- 1. Das österreichische Gesundheitssystem verfügt der- gebunden werden, sodass gezielter auf die Bedürf- zeit über keine einheitliche Qualitätsmessung. PRAE- nisse der Patientinnen und Patienten eingegangen VENIRE fordert daher die Etablierung unabhängiger PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 3
15. Patientenorientierung Qualitätskriterien zur Bewertung von Dienstleis- psychosoziale Versorgungsangebote. PRAEVENIRE tungsangeboten im Gesundheitswesen. Dem deut- empfiehlt, Psychotherapie als Sachleistung auf schen Modell des Institutes für Qualitätssicherung Krankenschein zu etablieren. Durch die Gleichstel- und Transparenz im Gesundheitswesen folgend, soll lung der Psychotherapie mit anderen Behandlungen nicht nur die Anzahl durchgeführter Operationen, im Gesundheitssystem kann der Stigmatisierung sondern insbesondere die Qualität der Operationen psychisch kranker Menschen entgegengewirkt und (Komplikationen, Infektionsraten etc.) öffentlich und leichter präventiv gehandelt werden. leicht verständlich im Sinne einer „qualifizierten 2. Gesundheitsberufe-Angehörige (Health Care Pro- Transparenz“ zugänglich gemacht werden. fessionals, HCPs) und Medizinerinnen und Mediziner 2. Derzeit gibt es sehr lange Wartezeiten auf Opera- müssen hinsichtlich psychosozialer Thematiken tionen sowie auf Facharzttermine. Transparente verstärkt sensibilisiert werden, um rechtzeitig inter- Wartelisten für elektive Operationen sind dringend agieren zu können. Insbesondere im Bereich Kinder nötig. Die PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 und Jugendliche sowie hoch belasteter pflegender fordert eine Harmonisierung der derzeit unterschied- Angehöriger muss ein bedarfsgerechter Ausbau der lichen Gesetzesgrundlagen in den Bundesländern psychosozialen Versorgung sichergestellt sein. für die Veröffentlichung von OP-Wartezeiten. Eine österreichweite verpflichtende OP-Liste soll dem be- stehenden Ungleichgewicht Abhilfe schaffen. 3. Derzeit bestehen sowohl im intra- als auch extramu- Mensch im Mittelpunkt ralen Bereich finanzielle Anreize zur Steigerung der Quantität der Gesundheitsleistungen. Die Honorie- Die kommende Patientengeneration verfügt über ein rungssysteme müssen in beiden Bereichen rasch und verändertes und ausgeprägteres Gesundheitsbewusst- vollständig auf Anreize zu weniger Quantität und mehr sein. Der Trend geht heute eindeutig von der Repara- Qualität umgestellt werden. Diese „value based“ Hono- turmedizin zur Präventivmedizin, womit der Mensch als rierungssysteme bedingen eine umfassende und lü- autonom handelnde Person in den Mittelpunkt rückt. ckenlose Ergebnisqualitätsmessung und Transparenz. Das Gesundheitssystem muss in der Lage sein, die 4. Der niedergelassene Bereich ist darüber hinaus- Menschen mit jenen Ressourcen auszustatten, die er- gehend intransparent. Eine Diagnosecodierung z. B. forderlich sind, um die richtigen Entscheidungen für nach ICPC-2 ist unbedingt und rasch erforderlich. Es die eigene Gesundheit treffen zu können. Dazu gehört wird zwar festgehalten, wer, was, womit und für wen, die Stärkung der Gesundheitskompetenz, das Wissen aber es wird das Warum, also das eigentliche Gesund- über den Umgang mit OTC-Produkten, also verschrei- heitsproblem (die Diagnose), nicht dokumentiert. bungsfrei erhältlichen Arzneimitteln und Gesundheits- 5. Schnittstellen zwischen extra- und intramuralem produkten, und der Abbau von Hürden im Zugang zu Bereich bzw. zwischen stationärem Bereich und Pfle- Arzneimitteln, indem neue Modelle der Rezeptfreiheit gediensten müssen geschlossen werden. Es mangelt gefunden werden. Die Self-Care-Perspektive bildet beispielsweise an einer nahtlosen Übergangslösung heute einen essenziellen Baustein für eine patienten- für die Zeit nach der Entlassung aus dem Akutkran- orientierte, menschliche und leistbare Gesundheitsver- kenhaus und dem Rehabilitationsaufenthalt. sorgung, in der die gesetzliche Verankerung partizipati- ver Entscheidungsstrukturen immer wichtiger wird. 3. Psychosoziale Versorgung stärken [2] Chancen der Digitalisierung Gesunde Lebensentwürfe brauchen ganzheitliche Blickwinkel. Die Entwicklung digitaler Technologien unterstützt pa- tientenzentrierte Ansätze enorm, da räumliche und zeit- 1. 40 Prozent der Zuerkennungen für Rehabilitations- liche Perspektiven in den Hintergrund treten. Nach dem geld sind auf psychosoziale Erkrankungen zurück- Motto „move the healthcare, not the patient“ werden sich zuführen. Die Versorgung zeigt sich derzeit nicht technische Möglichkeiten künftig noch stärker etablie- ausreichend und verlangt höhere Investitionen in ren, Patientinnen und Patienten unterstützend zur Seite 4 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Handlungsempfehlungen für die Politik stehen und letztendlich die aktive Beteiligung an einem Im Zuge der e-Medikation-/ELGA-System-Nutzung muss eigenverantwortlichen Gesundheitsmanagement fördern. entschieden werden, ob auch Pflegekräfte, die oft wichti- Als positives Beispiel fungiert das mobile Dialyseteam am ge Vertrauenspersonen für zu pflegende Menschen sind, Landesklinikum St. Pölten, das — ausgehend vom Kran- den Login bzw. die Identifizierung für jene übernehmen kenhaus — im niedergelassenen Bereich eingesetzt wird. dürfen, die dies nicht mehr selbstständig tun können. [1]–[2] ERGÄNZUNGEN UND DISSENSPOSITIONEN DER KOOPERATIONSPARTNER » siehe 15.2. auf der folgenden Seite Kooperationspartner des Vereins PRAEVENIRE für den Themenkreis Patientenorientierung health. care. vitality. PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 5
15. Patientenorientierung 15.2 ERGÄNZUNGEN UND DISSENSPOSITIONEN DER KOOPERATIONSPARTNER Dissenspositionen der Ärztekammer für Wien Qualität vor Quantität: „Dem deutschen Modell des Institutes für Qualitätssicherung und Transparenz im Tagesrandzeiten: Patientenorientierung kann nicht Gesundheitswesen folgend, soll nicht nur die Anzahl bedeuten, dass Patientinnen und Patienten sich nicht der durchgeführten Operationen, sondern insbeson- auch an gewisse Grundsätze halten müssen; und dazu dere die Qualität der Operationen öffentlich zugänglich sollte gehören, dass an Tagesrandzeiten und Wochen- gemacht werden.“ Aus Sicht der Ärztekammer für Wien enden im öffentlichen Bereich nur Angebote bereitzu- sind die bestehenden Qualitätssicherungssysteme in halten sind, die dort medizinisch unbedingt notwendig Form von z. B. AIQUI und der eigens geschaffenen Web- sind. In Gesundheitsberufen sind überwiegend Frauen site www.kliniksuche.at ausreichend. Vielmehr wäre tätig, was frauenpolitisch dazu führt, dass diese Berufe eine stärkere Bewerbung und Kommunikation über die extrem unattraktiv werden. bestehenden Informationsmöglichkeiten für Patientin- Angebot niedergelassener Bereich: Das Angebot nen und Patienten wünschenswert. kann nur geschaffen werden, wenn die Sozialversiche- rung die Anzahl der Kassenverträge vermehrt und die- Dissenspositionen der Arbeiterkammer Wien (AK) se attraktiv für Ärztinnen und Ärzte sind. und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Einzelordinationen: Die allermeisten Ärztinnen und (ÖGB) Ärzte arbeiten schon vernetzt mit anderen Kollegen; ungeachtet dessen spielen auch international Einzel- Die AK und der ÖGB sprechen sich gegen die Ökonomi- ordinationen eine wichtige Rolle in der Versorgung der sierung des Gesundheitssystems aus. Der Mensch im Bevölkerung. Mittelpunkt heißt, Gesundheit als gesamtgesellschaft- Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter: liche Aufgabe zu verstehen. Ausgeprägte soziale Un- Selbsthilfegruppen sind unbestreitbar wichtige Part- gleichheiten im Zugang und in der Qualität der täglichen ner; bei Patientenvertretungen hingegen muss man Erwerbsarbeit sind eine ernsthafte Hypothek unseres immer schauen, wer als Patientenvertreter auftritt und Gesellschaftssystems. Diese „Hypothek“ darf sich durch wo Abhängigkeiten bestehen. Sog. Patientenvertreter, die Einführung von (finanziellen) Barrieren, wie etwa die politisch von großen Gesundheitsdienstleistern Selbstbehalte, nicht verschärfen. Die moderne Arbeits- ohne Patientenwahl bestellt werden und daher nicht welt ist geprägt durch eine Zunahme des Leistungs- und unabhängig sind, sollten als solche auch transparent Wettbewerbsdrucks, gesteigerte Anforderungen an Fle- gemacht werden. xibilität, Mobilität und Anpassungsfähigkeit und die zu- Psychotherapie als Sachleistung wird unterstützt, nehmende Fragmentierung der Erwerbsbiografie durch wenn aus Gründen der Qualitätssicherung aus- Berufswechsel, Umschulung, Zeitverträge, Perioden schließlich Personen mit Humanmedizin- oder Psy- der Arbeitslosigkeit und generell gesteigerte Arbeits- chologiestudium in die Sachleistung aufgenommen platzunsicherheit. Es kann nicht primär darum gehen, werden. Menschen mit Ressourcen auszustatten, um krank Überarbeitung der Governance-Strukturen der machende Arbeitslasten zu managen, sondern Maßnah- Zielsteuerung Gesundheit. Aktuell entscheiden die men zur Reduktion von gesundheitlichen Risiken in der wesentlichen gesundheitspolitischen Fragestellun- Arbeitswelt zu setzen. Der Trend sollte nicht nur von der gen Beamte aus Ländern und Sozialversicherung. Reparaturmedizin zur Präventivmedizin gehen, sondern Dies ist problematisch, da es sich um weitreichende von der Medizin zu gesunden Arbeitsbedingungen. strategische politische Fragestellungen handelt, die einerseits der politischen Entscheidungsebene suk- Ergänzungen zu folgenden Punkten: zessive entzogen werden und ohne Einbindung und fachlichmedizinischen Input von Angehörigen der [ 1 ] Zu 2 Transparente Qualitätssicherung: Auch im Gesundheitsberufe getroffen werden. Problematisch niedergelassenen Bereich braucht es eine unabhän- ist diesbezüglich auch, dass die vorbereitenden Do- gige und wirksame Qualitätskontrolle mit Sanktions- kumente jeglicher Transparenz entzogen sind. möglichkeiten. 6 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Ergänzungen und Dissens [ 2] Zu 3 Psychosoziale Versorgung stärken: Die AK Psychopharmaka“ gelten. Mit den Verschreibungen und der ÖGB fordern Clearingstellen als „Wegweiser“ ist bedachtsamer umzugehen (es bedarf fachärzt- zur psychischen Gesundheit. Klinische Psycholo- licher Kontrolle). Besonders Arbeitsmedizinerinnen ginnen und Psychologen könnten hier eine Erstein- und Arbeitsmediziner sollten geschult werden, da schätzung treffen und gemeinsam mit den Patien- viele psychische Belastungen aus dem betrieblichen tinnen und Patienten die weiteren Schritte planen. Umfeld stammen. Es handelt sich also um eine be- Vorrangig sollte das Prinzip „Psychotherapie statt triebliche Verantwortung. PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 7
15. Patientenorientierung EXPERTISE SUMMARY 15. Patientenorientierung Zusammenfassung der Expertenbeiträge Management Summaries der PRAEVENIRE Gipfelgespräche Experteninterviews Quellenverzeichnis Mitwirkende Expertinnen und Experten 8 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Zusammenfassung der Expertenbeiträge Ein Grundsatz der PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 ist, dass es um Menschen und nicht um Systeme geht. In diesem Sinne müssen sie in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems gestellt werden. Patientenorien- tierung heißt, auf die bestmögliche Betreuung im Sinne der Patientin und des Patienten ausgerichtet zu sein, mit einer optimalen Versorgungsstruktur, die am Wohl der Patientin und des Patienten auszurichten ist und nicht auf systemgetriebenen Entscheidungen basiert. Dieser Prämisse folgend, sind alle benötigten gesund- heitspolitischen Rahmenbedingungen aufeinander abzustimmen, um den Patientinnen und Patienten den bes- ten Weg zu präventiven, therapeutischen und regenerativen Gesundheitsaktivitäten zu zeigen. Patientinnen und Patienten muss es möglich sein, sich dingungen zu schaffen, die eine optimale Abstimmung im Gesundheitssystem zurechtzufinden, damit — nicht der Trias, bestehend aus extramuralem, intramuralem nur im Krankheitsfall — Klarheit darüber herrscht, wo- Bereich und Pflege, ermöglichen. hin man sich mit Gesundheitsfragen wenden kann. Um dies zu ermöglichen, ist ein niederschwelliger Zu- Im extramuralem Bereich ist im Sinne der Patientenori- gang zur Krankenversorgung und eine Steuerung der entierung die regionale integrierte wohnortnahe Versor- Patientenströme anzustreben, damit der erste Weg gung das erstrebenswerte Ideal. Diese besteht aus der nicht zur Fachärztin oder zum Facharzt oder in die örtlichen, zeitlichen und medizinisch-fachlichen Säule. Spitalsambulanz führt. Die örtliche Säule versteht die Distanzen räumlicher Im Sinne eines transparenten Gesundheitssystems Natur vom Wohnort zum Arbeitsplatz. Diese werden mit gilt es, der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung zunehmender Mobilisierung der Bevölkerung einfacher zu tragen, damit für die Bevölkerung die Leistungen zu bewerkstelligen sein. In diesem Zusammenhang sind von Gesundheitseinrichtungen sichtbar und die Fi- auch Chancen durch und Anwendungen aus der Digi- nanzierung sowie mögliche finanzielle Unterstützun- talisierung und Telearbeit miteinzubeziehen. gen vergleichbar sind. Die zeitliche Säule meint die Dauer der Verfügbarkeit Für eine umfassende Patientenorientierung ist Be- des Angebots an Versorgung. Hier sollten die Öffnungs- troffenen auch die Partizipation und Mitbestimmung zeiten der (Dienstleistungs-)Angebote an gewohnte an Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen zu Öffnungszeiten aus Betrieben des Alltags angepasst ermöglichen. Individuelle Patientenrechte sind in werden, also mindestens 40 bis 50 Stunden pro Woche Österreich gesetzlich verankert, für eine kollektive bei der Ordinationszeit, inklusive Tagesrandzeiten und Patientenbeteiligung gibt es allerdings keine gesetz- Angeboten am Wochenende. Das kann jedoch nicht liche Regelung. Bereits 1994 hat die Weltgesund- durch Einzelordinationen abgedeckt werden. heitsorganisation (WHO) das Thema kollektive Patien- tenbeteiligung in ihrer „Declaration on the Promotion Für die fachlich-medizinische Säule muss ein um- of Patients‘ Rights in Europe“ aufgenommen und der fassendes und verbindliches Anforderungsprofil und Europarat 2000 die Mitgliedsländer aufgefordert, Angebotsportfolio erstellt werden, welches eine Kas- Voraussetzungen zu schaffen, damit sich Patienten- senärztin oder ein Kassenarzt erfüllen muss. Wie bei beteiligung entwickeln kann. In diesem Sinne sind der zeitlichen Komponente wird die Erfüllung dieses Patientinnen und Patienten auch bei den sie be- Anforderungsprofils durch Einzelordinationsärztinnen treffenden Reformvorhaben in den Mittelpunkt zu und -ärzte nicht abzudecken sein. stellen. Diese drei Säulen sind Voraussetzung zur Steuerung Wohnortnahe und zeitgerechte der Patientenströme. Nur wenn das Angebot im nie- dergelassenen Bereich gegeben ist, werden Patientin- Versorgung nen und Patienten nicht in erster Instanz eine Spitals- Ziel sollte die Schaffung einer regionalen integrierten ambulanz aufsuchen. Versorgung aus einer Hand mit verbindlicher Ver- sorgungsplanung und Einbeziehung vorhandener Zusätzlich hervorzuheben sind in diesem Zusam- Gesundheitsinfrastruktur sein. Dafür sind Rahmenbe- menhang emotionale und zwischenmenschliche Kom- PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 9
15. Patientenorientierung ponenten, die sogenannten Soft Skills. Ein Gefühl, gut chen Quellen die Bewertungen basieren. Die Patientin versorgt und aufgehoben zu sein, ist für Patientinnen oder der Patient ist bei seiner Arztwahl meist auf persön- und Patienten sehr wichtig. Ebenso sind für die Hard liche (Weiter-)Empfehlungen angewiesen. Zur Ergänzung Skills klare fachliche Kompetenzen nötig: Auch hier gilt braucht es unabhängige Qualitätskriterien zur Bewertung es, im niedergelassenen Bereich etwaige Lücken zu der Dienstleistungsangebote der Gesundheitsbranche. finden und zu schließen. Die Erhebungen müssten standardisiert und deren Er- gebnisse offengelegt werden. Die Einsichtnahme sollte Der intramurale Bereich funktioniert im Gesamt- sowohl für den niedergelassenen als auch den stationä- system gut, er hat ausreichende Versorgungskapazität ren Bereich gegeben sein. (z. B. hinsichtlich Akutbettenanzahl) und wird auch als One-Stop-Shop gesehen. Verbesserungspotenzial gibt Hinsichtlich Patientensicherheit und bei der Evaluie- es im Konnex mit der Gesundheitssystemkompetenz. Die rung von Unternehmensführung und Therapieergebnis Patientin bzw. der Patient muss z. B. wissen, dass nicht fehlt es an Transparenz und Datenmaterial. Im Rahmen jedes Krankenhaus in jedem Bereich sämtliche Leis- des Qualitätsmanagements könnten, basierend auf tungen erbringen kann. Zudem fehlen Hinweise auf die einer österreichweiten Patientenumfrage, Kriterien Qualität des Angebots, es gibt keine Indikatoren, welche festgelegt und ein Standardisierungsverfahren ein- die Krankenhausauswahl für die Patientin und den Pa- geleitet werden. Im Zuge dessen ist zu beachten, dass tienten erleichtern. Hier sollte ihnen Orientierung gebo- weniger die „Hotelkomponente“ einer (Krankenhaus-) ten werden. Mit der Website www.kliniksuche.at hat das Einrichtung abgefragt, sondern der Fokus auf Versor- Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und gungqualität und Schnittstellenoptimierung gelegt Konsumentenschutz ein Projekt im Rahmen der Gesund- werden sollte. Da auch im niedergelassenen Bereich heitsreform 2013 gestartet, durch welches es Patientin- eine Patientenzufriedenheitserhebung fehlt, ist es nen und Patienten und deren Angehörigen möglich ist, in sinnvoll, eine solche Befragung in beiden Bereichen Eigenverantwortung ein Krankenhaus nach Bundesland durchzuführen. Die methodischen Werkzeuge und Tools oder Leistungsbereich auszuwählen und sich auf einen für eine Durchführung sind vorhanden. Für Zuständig- Krankenhausaufenthalt vorzubereiten. Zu ergänzen wäre keit und Finanzierung wird jedoch eine unabhängige ein einfacher und eindeutig verständlicher Schlüssel, der Stelle wie die öffentliche Hand benötigt. für die potenziellen Patientinnen und Patienten im Sinne einer qualifizierten Transparenz die Unterschiede und Derzeit sind teilweise lange Wartezeiten auf eine Hintergründe zeigt und bundesweit einheitlich aufgebaut Operation (wie teils auch die Wartezeit auf einen Arzt- ist. Ein Teil der benötigten Zahlen für eine unabhängige und Facharzttermin) eines der größten Probleme, die es Qualitätserhebung für einen Krankenhaus-Kompass ließe zu lösen gilt. Das kann z. B. mit transparenteren Warte- sich, nach dem Modell des Instituts für Qualitätssiche- listen für elektive Operationen gelingen. Dazu braucht rung und Transparenz im Gesundheitswesen1 (Deutsch- es eine Harmonisierung der derzeit unterschiedlichen land), nicht nur durch die Anzahl der durchgeführten Gesetzesgrundlagen in den Bundesländern für eine Operationen, sondern auch durch die Frage, mit welcher Veröffentlichung von OP-Wartezeiten. Sowohl Patien- Qualität diese Operationen durchgeführt wurden, er- tinnen und Patienten als auch Ärztinnen und Ärzten schließen. Zu diesem Zweck werden Fallzahlen und an- sind diese Informationen im Sinne von mehr Transpa- dere Marker gebraucht, die öffentlich zugänglich sind. renz zur Verfügung zu stellen. Für operative Eingriffe könnte dem WHO-Projekt "Safe Surgery Saves Lifes" Standardisierte Qualitätskriterien für Patientinnen folgend, eine österreichweite OP-Checkliste als eine und Patienten fehlen auch im extramuralen Bereich, bei- Gesetzesvorgabe verpflichtend eingeführt werden. Ziel spielsweise eine vertrauenswürdige Orientierung für die ist, die Sicherheit für Patientinnen und Patienten zu Arztwahl. Es existiert keine einheitliche Qualitätsmes- erhöhen, indem berufsspezifische Aspekte von allen sung, Ärztebewertungen in Zeitschriften oder im Internet bei einer Operation Beteiligten einfließen und an lokale sind nicht transparent, vor allem kann die Rezipientin Gegebenheiten angepasst werden. Eine österreichi- oder der Rezipient oftmals nicht nachvollziehen, auf wel- sche Version wurde z. B. von der Plattform Patienten- sicherheit ANetPAS entwickelt. Ebenso wären Risiko- management und ein Quality-Management-System 1 https://iqtig.org/ vonnöten. Zur Qualitätshaltung und -verbesserung 10 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Zusammenfassung der Expertenbeiträge muss die Struktur dringend vereinheitlicht werden, um www.gesundes-kinzigtal.de). In jedem Fall geht der das Niveau halten und verbessern zu können. Weg von Einzelversorgern hin zu größeren, regionalen Versorgungsstrukturen. Daher müssten individuelle Schnittstellen sollten zwischen intramuralem Be- Vereinbarungen mit Berücksichtigung regionaler Unter- reich und Pflegediensten, als auch zwischen intra- schiede statt Gesamtverträgen getroffen werden, denn und extramuralem Bereich geschlossen werden. Für diese sollten an die Patientinnen und Patienten,, an Patientinnen und Patienten fehlt es oftmals an einer unterschiedliche Modelle, Anforderungsprofile und Ho- nahtlosen Übergangslösung für die Zeit nach der Ent- norierungssysteme angepasst werden. Möglichkeiten lassung aus dem Akutkrankenhaus und dem Rehabi- zu einer Änderung sind im ASVG-Rahmen gegeben. litationsaufenthalt, um ein Beispiel zu nennen. Jeder Bereich arbeitet gut für sich, aber im Sinne der bereits Ein Beispiel für überregionale Zusammenarbeit ist erwähnten optimalen Abstimmung der Trias müssen die in Niederösterreich gegründete Landesgesund- sie besser verbunden werden. Um dies zu erreichen, heitsagentur, die bereits in fünf Regionen sowohl den müssten geschulte Patientenvertreter verstärkt ein- stationären als auch den Pflegebereich in einer Hand gebunden werden, um nicht nur ein Krankheitsbild, ein hält. Hier fehlt für die Vollendung der Trias nur noch der Medikament oder Kosten zu thematisieren, sondern um niedergelassene Bereich. darüber hinaus Bedürfnisse der Betroffenen zu erken- nen und in Entscheidungen zu berücksichtigen. Eine Als ausbaufähiges Best-Practice-Modell können solche Perspektive kann viel zur Aufklärung über das Nurse-Services, wie es sie für an Multipler Sklerose alltägliche Leben mit einer Erkrankung beitragen. (MS) Erkrankte bereits gibt, genannt werden. Pflege- kräfte unterstützen Patientinnen und Patienten im Rah- Gute Ansätze gibt es beispielsweise in der Heilmittel- men dieser Services unter anderem bei ihrer Therapie evaluierungskommission (HEK), welche darüber ent- bzw. Medikation. Patientinnen und Patienten werden scheidet, ob neue Medikamente von den Krankenkassen auf Gesprächstermine mit Neurologinnen und Neuro- erstattet werden sollen. Die Kommission involviert nun logen im Krankenhaus vorbereitet, eine Polymedikation auch die Patientenanwaltschaft, jedoch ohne Stimm- auf Nebenwirkungen hin überprüft. Pflege- und Be- recht. Trotzdem ist dies ein Schritt in die richtige Rich- treuungs-Services wie diese werden immer wichtiger, tung, da die Sicht der Patientin und des Patienten und da Therapien zwar zielgerecht wirksamer werden, dafür deren Leben mit der Erkrankung thematisiert werden. die Anwendungsintervalle zeitlich zum Teil weiter aus- Die Sichtweisen der kostenübernehmenden Stellen und einanderliegen (z. B. eine bisher zweiwöchige Therapie Patientinnen und Patienten sind oft sehr unterschiedlich. braucht nur mehr einmal im Jahr angewendet werden). Umso wichtiger ist es, beide Seiten zu betrachten. Daher ist mehr auf Therapietreue zu achten. Insbe- sondere, wenn es Patientinnen und Patienten in ihrer Die ärztliche Versorgung in Österreich liegt bei der therapiefreien Phase gut geht, wird die planmäßige Ärzteanzahl pro Kopf im europäischen Spitzenfeld.2 Fortsetzung der Therapie leichter vergessen. Grund- Diese Zahlen zeigen, dass der „Ärztemangel“ nicht sätzlich bevorzugen Patientinnen und Patienten neue zuletzt aus der mangelnden Attraktivität von Kassen- in längeren Intervallen oder einfacher anzuwendende stellen resultiert. Hier muss gegengesteuert werden. Therapieformen als angenehmer, da sie nicht perma- Zudem sieht sich die junge Ärztegeneration nicht mehr nent an ihre Erkrankung erinnert werden. Von der phar- als Einzelkämpfer, sondern will in Gruppen oder in Or- mazeutischen Industrie werden Nurse-Services daher ganisationen arbeiten. Folglich sollten statt dem Modell verstärkt angeboten, auch als digitale Anwendungen der Einzelordination, bei dem jeder privatwirtschaftlich (z. B. mit Erinnerungsfunktion). Dabei ist anzumerken, eigenverantwortlich tätig ist, PPP-Modelle gefördert dass junge Patientinnen und Patienten gegenüber Ge- werden. Darüber hinaus ist eine Ausgliederung von ex- sundheits-Apps affiner sind. Für ältere Patientinnen und terner Versorgung an private Anbieter mit Budget und Patienten ist eine persönliche Betreuung jedoch vorteil- Versorgungsauftrag zu überdenken (vgl. Seite 28, Best- hafter, weil der Umgang mit Technik für sie kompliziert Practice-Beispiel „Gesundes Kinzigtal“ in Deutschland: ist oder weil motorische Einschränkungen aufgrund einer spezifischen Erkrankung eine Nutzung verhindert. Abgesehen davon suchen langzeiterkrankte Personen 2 https://www.who.int/gho/health_workforce/physicians_density/en/ soziale Kontakte, die eine Ärztin oder ein Arzt aufgrund PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 11
15. Patientenorientierung von Zeitmangel nicht geben kann. Nurse-Services wer- den daher bedeutender und müssen systematisch ge- Primärversorgungszentren fördert werden. Zur Optimierung der Versorgungskette ist es not- wendig, Patientenströme zu leiten. Eine solche Lot- Niederschwelliger Zugang durch Nutzung pharma- senfunktion könnte von Primärversorgungszentren zeutischer Ressourcen: Patientenorientiert zu agieren übernommen werden. Hier sind Ärztinnen und Ärzte bedeutet auch, das vorhandene Ressourcenpotenzial und Gesundheitspersonal an einem Ort tätig und die der Apotheke und die Möglichkeiten der Pharmazeutin- erweiterten Öffnungszeiten sind für die Patientinnen nen und Pharmazeuten zu nützen, um die Allgemeinme- und Patienten eine große Erleichterung. Dadurch wer- dizinerin und den Allgemeinmediziner zu entlasten. den ihnen Zeit und Wege erspart. Gerade im ländlichen Bereich werden diese Angebote für eine Primärver- Die pharmazeutische Kompetenz sollte nach An- sorgung relevant. sicht der Apothekerschaft und im Sinne der Patien- tinnen und Patienten stärker für den ärztlichen Ver- Als erste Anlaufstelle zur ganzheitlichen Versor- schreibungsprozess genutzt werden. Im intramuralen gung im Sinne eines „Best Point of Service“ können Bereich gibt es bereits gute Ansätze. Ein Modell wurde Primärversorgungszentren zur Entlastung der Spital- beispielsweise im AKH Wien entwickelt, das als Vor- sambulanzen und Verringerung der Wartezeiten sowohl bild zur gesetzlichen Verankerung der Klinischen im ambulanten als auch stationären Bereich beitragen. Pharmazie in Österreichs Krankenhäusern betreffend Hier können mehrere Gesundheitsdienstleister mit der Standards, Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten her- Ärzteschaft zusammenarbeiten, um allen Patientinnen angezogen werden könnte. und Patienten, vor allem chronisch kranken Menschen, eine ganzheitliche Versorgung zu ermöglichen. Um Im niedergelassenen Bereich wäre eine bessere diese Zusammenarbeit umzusetzen, bedarf es einer Kooperation zwischen Ärzte- und Apothekerschaft guten Dokumentation und Kommunikation zwischen wünschenswert. Rechtliche Rahmenbedingungen zur den medizinischen, therapeutischen und pflegenden breiteren Verwendung von e-Rezept, e-Medikation und Dienstleistern. ELGA sowie Nutzung digitaler Anwendungen bieten Chancen für eine unmittelbare und zielführende Be- Zusatzfunktion als Beratungsstelle: Durch die Un- treuung im Sinne der Patientenorientierung. terstützung präventiver Maßnahmen bei der Patientin und beim Patienten und Förderung der Gesundheits- Die Entlassung von Arzneimitteln aus der Rezept- kompetenz kommt Primärversorgungszentren (PVZ) pflicht („Switch“) leistet einen weiteren wichtigen Bei- eine bedeutende Funktion zur Erhaltung der Gesund- trag für einen müheloseren Zugang zu Therapien. Vor heit zu. Beispielsweise empfiehlt es sich, Diätologinnen allem chronisch kranken Menschen, wie z. B. Migräne- und Diätologen, insbesondere zur Ernährungsberatung patientinnen und -patienten, werden dadurch Weg und für chronisch Kranke, einzubinden. Andere nicht ärzt- Zeit erspart, die für sie notwendigen Pharmazeutika zu liche Gesundheitsberufe spielen ebenso eine wichtige erhalten. Rolle bei Präventivmaßnahmen und zur Vermittlung von Gesundheitswissen. Mit einem vielfältigen Angebot Patienten(vertreter) könnten bei der Evaluierung ist es möglich, mehrere Zielgruppen anzusprechen. neuer Medikamente (vor allem im Krankenhausbereich) Allerdings haben u. a. Diätologinnen und Diätologen einen wertvollen Beitrag zur Entscheidungsfindung keine Kassenverträge. Diesen Bereich im PVZ müsste über die Finanzierung oder die Aufnahme von Medika- die Patientin oder der Patient wieder privat überneh- menten einbringen. Als Grundlage einer Evaluierung men, womit eine Hürde zur ganzheitlichen Versorgung wird die medizinische Datenlage zum neuen Medika- gegeben ist. Um den Patientinnen und Patienten einen ment herangezogen und im zweiten Schritt die Wirt- niederschwelligen Zugang in das Gesundheitssystem schaftlichkeit (gerechtfertigter Preis) bewertet. Weiters zu ermöglichen, muss es von Grund auf transparent fließt Expertise aus den Bereichen HTA (Health Techno- gestaltet sein. Beratung und Unterstützung sind ge- logy Assessment) und Ethik ein, Meinungen und Emp- nerell zu wenig ausgebaut. Gerade bei mangelnder fehlungen von Patientenvertretern finden jedoch nur Gesundheitskompetenz in Verbindung mit niedrigerem teilweise Gehör in den jeweiligen Beratungsgremien. sozio-ökonomischen Status ist das problematisch. 12 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Zusammenfassung der Expertenbeiträge Für Kinder und Jugendliche sind niederschwellige Wegweisende Information und Anlaufstellen (z. B. mit Case-Managern als beratende, Transparenz erste Ansprechpartnerinnen und -partner) zu schaffen, die sie und die Familie unterstützen, rasch, unbüro- Ziel ist es, die Patientin und den Patienten optimal zu be- kratisch und kostenfrei die nötigen medizinischen und treuen, doch der derzeitige Outcome ist verbesserungs- therapeutischen Hilfen zu erhalten. Kooperationen mit würdig und die dafür aufgewendeten Ressourcen könn- anderen Institutionen und Förderangeboten wie Schu- ten effizienter eingesetzt werden. Der niedergelassene len, Kindergärten, Amt für Jugend und Familie, mobile Bereich ist ausgedünnt, während die Spitalsambulanzen Frühförderung, frühe Hilfen sind ebenso zu berücksich- überlastet sind. Die Systemstruktur muss, um die Pa- tigen und durch geeignete Strukturen zu ermöglichen. tientin bzw. den Patienten in den Fokus zu stellen, um- gebaut werden. Dies ließe sich dadurch erreichen, dass Die kommende Patientengeneration verfügt über ein Einzelinteressen der berufsständischen Silos aufgebro- verändertes und intensiviertes Gesundheitsbewusst- chen und hinter dem Patienteninteresse zurück stehen. sein, welches, etwa durch den Einsatz neuer Techno- logien der Früherkennung und Prävention, gestärkt Verbesserungs- und Handlungsbedarf besteht und gefördert werden soll. Daher muss dringend in die bei der Patientenorientierung insbesondere bei Prä- Prävention investiert werden, statt wie bisher primär ventionsfragen, im Akutfall und bei Fragen zur Reha- eine Fokussierung im Bereich der Reparaturmedizin zu bilitation. Auch für Anliegen der Angehörigen fehlen betreiben. Ansprechpersonen. Das Wissen der Patientinnen und Patienten um ihre kürzesten Wege zur passendsten Self Care rückt den Menschen als handelnde Person Versorgung ist auszubauen. Mit einer Stärkung dieser in den Mittelpunkt und stattet ihn mit jenen Ressour- Gesundheitssystemkompetenz können die Betroffenen cen aus, die er benötigt, um täglich die richtigen Ent- im (akuten) Bedarfsfall vorhandenes Wissen abrufen. scheidungen für seine Gesundheit treffen zu können. Eigenverantwortliches Gesundheitsmanagement mit Die seit 2019 österreichweit installierte Gesundheits- Unterstützung durch rezeptfreie Präparate aus der nummer3 (1450) ist ein gutes Instrument, um als Weg- Apotheke ermöglicht, zeit- und wegsparend z. B. auf weiser für die Patientin und den Patienten zu fungieren. eine Erkältung reagieren zu können. Ein niederschwel- Sie dient auch der Beratung bei Gesundheitsfragen oder liger Zugang kommt den mündigen Patientinnen und zur Hilfestellung Rat suchender Angehöriger. In Folge Patienten in einer veränderten Arbeits- und Lebens- kann die telefonische Gesundheitsberatung ein „Add- welt entgegen und hilft zusätzlich dem Gesundheits- on“ sein, um lange Wartezeiten in den Arztpraxen zu system, Kosten zu sparen. In diesem Sinne bietet Self vermeiden und um den Hausarzt zu entlasten. Care Perspektiven für den einzelnen Menschen wie für die Gesellschaft insgesamt und bildet bereits heute Bereits vor Erkrankung, also im Bereich der Präventi- einen wichtigen Baustein für eine patientenorientier- on, ist es wichtig, den Fokus verstärkt auf die Entwick- te, flächendeckende und finanzierbare Gesundheits- lung der Eigenverantwortung der Patientin und des versorgung. Patienten zu legen. Es sollten Möglichkeiten geboten werden, damit Patientinnen und Patienten selbststän- Gesundheitspolitisches Ziel sollte es sein, die richti- dig informierte Entscheidungen treffen können (z. B. ge Entscheidung der Einzelnen für eine Arztbehand- durch Angebote der Sozialversicherung, wie Raucher- lung (wenn nötig) oder eine Selbstbehandlung (wenn entwöhnung oder gesunde Ernährung). Vielfältigere möglich) zu fördern. Um dieses Prinzip der Eigen- Möglichkeiten der Fortbildung wären für die Bevölke- verantwortung für alle Verbraucherinnen und Ver- rung hilfreich, damit sichergestellt werden kann, dass braucher gemäß ihrer wirtschaftlichen und sozialen die Patientin oder der Patient Patient gut für sich selbst Möglichkeiten zugänglich zu machen, bedarf es unter sorgen können. anderem neuer Informations- und Anreizsysteme, einer professionellen Beratung beim Kauf von Arznei- mitteln und einer damit einhergehenden gestärkten Rolle der Apotheken. Mit ihren flächendeckenden 3 www.1450.at Standorten sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 13
15. Patientenorientierung der Apotheke oftmals erste Ansprechpartnerinnen Sozialpartnerschaft bis hin zur Einbindung von Selbst- und -partner in Gesundheitsfragen und könnten daher hilfegruppen in Entscheidungsprozesse reichen. Es auch als Lotsen im Gesundheitssystem agieren. Im gilt, umgehend verbindliche Beteiligungsstrukturen Sinne einer patientenorientierten Gesundheitsversor- aufzubauen und diese auch gesetzlich zu verankern. gung ist dafür eine Verbesserung der Kommunikation Darüber hinaus sind auch die Rahmenbedingungen auf und Verbesserung der Beziehung zwischen Ärzte- der strukturellen und finanziellen Ebene zu berücksich- und Apothekerschaft sowie der Patientin und dem tigen. Denn Voraussetzung für die kollektive Patienten- Patienten notwendig. Zu optimieren ist die Einbindung vertretung ist eine ausreichende, basisdemokratische der Patientinnen und Patienten als Entscheidungsfin- Legitimierung. Darüber hinaus braucht es im Interesse dungspartner. der Patientinnen und Patienten eine Servicestelle für Betroffene, die einen transparenten Überblick über Zu- Für eine Patientenmitbestimmung gibt es in Öster- ständigkeiten der in Österreich zahlreich vorhandenen reich Selbsthilfegruppen und Initiativen, die wichtige Organisationen schafft. Arbeit leisten und sehr engagiert sind. Über den Erfah- rungs- und Informationsaustausch auf Gruppenebene Therapiekosten und hinaus wäre es notwendig, die Betroffenen selbst auch Finanzierbarkeit in gesundheitsbezogene Entwicklungs- und Entschei- dungsprozesse im Sozial- und Gesundheitswesen zu Grundsätzlich sind alle gesundheitspolitischen Maß- involvieren. Mit ihrem Erfahrungswissen könnten sie nahmen dahingehend zu prüfen, ob sie für die Patientin aktiv zu einer bedarfsorientierten Versorgung bei- und den Patienten vorteilhaft sind und die Effektivität tragen. Voraussetzung dazu sind partizipative Ent- und Effizienz therapeutischer Interventionen verbes- wicklungs- und Entscheidungsstrukturen. Durch die sern. Wesentliche Aspekte sind der gleiche Zugang zu Kenntnis ganzer Versorgungsketten und dabei auftre- den angezeigten medizinischen Leistungen für alle tender Stolpersteine bündelt sich in Selbsthilfegruppen Patientinnen und Patienten unter Wahrung der nach- ein enormes Maß an Erfahrungskompetenz, welche die haltigen Finanzierbarkeit. Zudem ist die Gesundheits- Fachkompetenz sehr gut ergänzen könnte. versorgung in Einklang mit den veränderten Lebens- welten der Menschen zu bringen. Österreichs Selbsthilfeorganisationen Nachfolgepräparate können im Interesse der Pa- vertreten die Interessen von rund 250.000 tientin und des Patienten und der Finanzierung einen Patientinnen und Patienten. Doch eine for wesentlichen Beitrag leisten. Für die Krankenversiche- mell festgelegte Stimme im Gesundheits rungsträger führt jeder Prozentpunkt zusätzlicher Ge- wesen, z. B. bei den Krankenkassen, nerikaverordnung zu Einsparungen von zehn Millionen Euro. Außerdem senken Generika die Behandlungs- haben sie keine. kosten um 65 Prozent. Wenn Generika und Biosimi- lars überall dort verordnet werden, wo es möglich ist, Das derzeitige Gesundheitssystem ist von fürsorge- sichern sie somit den breiten Zugang zu innovativen rischer Hilfe und „Versorgtwerden“ geprägt. Geschulten Therapien. Biosimilars bieten oftmals verbesserte Ap- Patientinnen und Patienten kann mehr Eigenverant- plikationsformen und längere Stabilitäts- und daher wortung zugestanden werden und ihre individuellen verbesserte Haltbarkeitsdaten. Kompetenzen können zur Bewältigung gesundheits- relevanter Probleme genutzt werden. Bestehende Or- Zur Steigerung der Anwendung von Nachfolge- ganisations- und Entscheidungsstrukturen schränken präparaten sind bewusstseinsbildende Maßnahmen die Möglichkeit zur Eigeninitiative ein und erzeugen ein notwendig: Für behandelnde Ärztinnen und Ärzte ist allgemeines Gefühl der Unsicherheit. Zur Umkehrung eine praktische, medizinisch-fachliche Informations- dieses Prozesses der gelernten Hilflosigkeit ist es not- offensive notwendig, um ihnen die Sicherheit bei Neu- wendig, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine einstellung und Umstellung zu geben und eine entspre- aktive Beteiligung der betroffenen Menschen fördern. chende Abrechnungsposition für Umstellungs- und Das kann gelingen, wenn partizipative Entscheidungs- Beratungsgespräche mit Patientinnen und Patienten. strukturen geschaffen werden, die vom Staat über die Zur Patientenaufklärung braucht es gemeinschaftliche 14 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
Zusammenfassung der Expertenbeiträge Informationen von allen Stakeholdern, um über Generi- Q U E R S C H N I T T M AT E R I E ka und Biosimilars aufzuklären. AUSBILDUNG Ein möglicher Ansatz, die Patientin und den Patienten Berufsständische „Silos“ müssen aufgebrochen wer- weiter in den Mittelpunkt des Systems zu rücken, ist das den um maximale Patientenorientierung herstellen zu Modell des Grünen Rezepts, wie es in Deutschland prak- können. Eine These ist, dass die Gesundheitsbereiche tiziert wird. Apothekenpflichtige, grundsätzlich rezept- zumindest zu Beginn der Berufsausbildung oder zu freie Medikamente werden von der Ärztin oder vom Arzt ausgewählten Themen gemeinsam ausgebildet werden mittels des Grünen Rezepts „verschrieben“, um zu signa- können. Vorstellbar sind Ausbildungsmodule oder ge- lisieren, dass sie bzw. er die Anwendung dieses Arznei- meinsame Lehrveranstaltungen. Das wäre ein erster mittels aus medizinischer Sicht für notwendig erachtet. großer Schritt zur Überwindung des „Silodenkens“. Das Grüne Rezept dient Patientinnen und Patienten auch als Merkhilfe hinsichtlich der Bezeichnung des Präparats, Eine gemeinsame Basisausbildung würde auch eine des Wirkstoffs und der Darreichungsform. Das Grüne Einheitlichkeit und schnelles Updaten von Basisanfor- Rezept wäre auch ein für Österreich sinnvolles Modell. derungen ermöglichen — quer über alle Gesundheits- Hausärztinnen und Hausärzte würden sich dadurch berufe. Darüber hinaus würde das Verständnis für die bewusster des großen Potenzials rezeptfrei erhältlicher jeweils anderen Berufsgruppen gefördert. Das wiede- Arzneimittel und Gesundheitsprodukte bedienen. rum brächte mittelfristig eine Steigerung der Gesamt- effizienz im System. Kostenübernahme für OTC für Kinder: In Deutschland können rezeptfreie Arzneimittel für Kinder unter zwölf Kommunikative Kompetenzvermittlung: Wer patien- Jahren (bei Entwicklungsstörungen auch bis zum 18. tenorientiert denkt, bemüht sich im Beratungs-, Diagno- Geburtstag) von den Krankenkassen bezahlt werden. se- und Therapiegespräch um eine verständliche Kom- Eine vergleichbare Regelung wäre auch für Österreich munikation. Kommunikative und soziale Kompetenzen sinnvoll, insbesondere um sicherzustellen, dass kein Kind müssen zu diesem Zweck in der Ausbildung der Health- aufgrund der sozioökonomischen Stellung der Eltern im care Professionals vermittelt werden. Aus Gesprächen Rahmen der Self Care schlechter versorgt wird. auf Augenhöhe resultiert das für den gesundheitlichen Fortschritt so wichtige Vertrauen der Patientin und des Patienten in die Expertin und den Experten. Q U E R S C H N I T T M AT E R I E D I G I TA L I S I E R U N G Potenziale, um alle Patientenorientierungselemente zu den Betroffenen und Angehörigen zu bringen, ist die Nutzung von Digitalisierung und mobiler Technik. Damit werden räumliche und zeitliche Säulen unwichtiger. Als positives Beispiel kann das mobile Dialyseteam in Niederösterreich genannt werden, das ausgehend vom Krankenhaus im niedergelassenen Bereich eingesetzt wird. Der Grundsatz „move the healthcare, not the pa- tient“ wird sich verstärkt durchsetzen. PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 PRAEVENIRE Gesundheitsforum 15
15. Patientenorientierung Management Summaries der PRAEVENIRE Gipfelgespräche 92. PRAEVENIRE WEISSBUCH GIPFELGESPRÄCH Patientenorientierung WA N N Ein Grundsatz von der PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 lautet, dass es Montag, 20. April 2020 | um Menschen und nicht um Systeme geht. In diesem Sinne müssen Patientin- 17:00—19:00 Uhr nen und Patienten in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems gestellt werden. Patientenorientierung soll auf die bestmöglichste Betreuung der Patientin und WO des Patienten ausgerichtet sein, mit einer optimalen Versorgungsstruktur, die Videokonferenz auf das Wohl der Patientinnen und Patienten und auf ihre Bedürfnisse zielt. DISKUSSIONSTEILN EHMEN DE Status quo (in alphabetischer Reihenfolge) Patientenorientierung heißt auch, dass man sich daran orientiert, was Ärztin- — Dr. Wolfgang Andiel nen und Ärzte mit ihren Patientinnen und Patienten gemeinsam planen und Präsident des Österreichischen Generikaverbandes entscheiden. Bei der Stärkung der Eigenverantwortung müssen Patientinnen — Dr. Gerald Bachinger und Patienten heutzutage mündige Patientinnen und Patienten sein und auf Patientenanwalt Niederösterreich gesunde Lebensentwürfe achten. Die Ärzteschaft sollte dabei beratend zur und Sprecher der Patientenanwälte Österreichs Seite stehen, damit zahlreiche Mehrfachuntersuchungen vermieden und Irrwe- — Dr. Fritz Gamerith ge für Patientinnen und Patienten unterbunden werden. Dem Arzt-Patienten- Vorstandsmitglied der IGEPHA Gespräch kommt eine wichtige Rolle zu. Den Patientinnen und Patienten sollten — Dr. Sabine Möritz-Kaisergruber entsprechende Möglichkeiten und Leitfäden dahingehend ermöglicht werden, Präsidentin des Biosimilarsver- bandes Österreich dass sie diese Informationen verstehen bzw. sie dazu befähigen, sachlich und — Hon.-Prof. (FH) Dr. Bernhard fachlich richtige Entscheidungen treffen zu können. Rupp, MBA Die Coronakrise bringt Kollateralschäden mit sich, die bislang nicht genau ab- Leiter der Fachabteilung Gesund- heitspolitik der Arbeiterkammer geschätzt werden können, sie habe aber gezeigt, wie etwa ein verstärkter Ein- Niederösterreich satz von digitalen Hilfsmitteln wie der Telemedizin in Zukunft aussehen könnte. — Mag. Martin Schaffenrath, Im Sinne der Patientenorientierung sei auch die Möglichkeit des e-Rezepts eine MBA, MBA, MPA Mitglied des Verwaltungsrates der große Erleichterung für die Patientinnen und Patienten. Gleichzeitig dürfe man Österreichischen Gesundheitskasse die ärztliche Begleitung jedoch nicht außer Acht lassen, da hier die Adhärenz — Dr. Günther Schreiber bzw. der Austausch über die Sinnhaftigkeit, Wirkung sowie Therapietreue ein Projektmanagement und Koordination Branche Gesundheitswesen bei wichtiges Thema in der Arzt-Patienten-Kommunikation sind. Quality Austria — Dipl. KH-BW Ronald Söllner Optimierungspotenzial Sprecher der Initiative Nationales Um Informationen als Ärztin bzw. Arzt oder Pflegeperson an Patientinnen und Netzwerk Selbsthilfe – NANES — Mag. Pia Zhang Patienten weiterzugeben, benötige es jedoch ausreichend Zeit, und das müsse Referentin in der Abteilung Sozial- honoriert werden. Wichtig sei auch, dass die Gesundheitskompetenz vom Kin- versicherung der Arbeiterkammer dergarten bis ins Altersheim gefördert und gestärkt wird. Dabei soll ein gesund- Wien heitsbewusster Lebensstil nicht nur gefördert, sondern auch belohnt werden. Moderation: Das können finanzielle, aber auch andere Anreize sein, um sowohl systemisch als Robert Riedl | PERI Group auch individuell für Prozesse zu motivieren und Verhaltensänderungen herbeizu- führen, damit Gesundheitskompetenz über die entsprechenden Sektorengrenzen fortgeführt wird. Das Gesundheitssystem muss finanziell gestärkt werden, denn wie die Coronakrise gezeigt habe, können bestehende Einrichtungen schnell überfordert sein, wenn ständig an der Ressourcengrenze gearbeitet wird. Brennpunkt-Themen Es brauche im Gesundheitssystem eine Ansprechpartnerin oder einen An- sprechpartner, der die Patientinnen und Patienten durch das System beglei- 16 PRAEVENIRE Gesundheitsforum PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030
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