PFLANZLICHE PROTEINE IN KÄSEIMITATEN - LEBENSMITTELTECHNOLOGISCHE UND GESUNDHEITLICHE ASPEKTE - BZFE

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PFLANZLICHE PROTEINE IN KÄSEIMITATEN - LEBENSMITTELTECHNOLOGISCHE UND GESUNDHEITLICHE ASPEKTE - BZFE
304          WUNSCHTHEMA

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Pflanzliche Proteine in Käseimitaten
Lebensmitteltechnologische und gesundheitliche Aspekte
EIKE JOERES • DR. DOROTHEE STRAKA

In der aktuellen Forschung und Herstellung von Käseimitaten kommt es vermehrt                        geliefert werden. Außerdem lässt sich
zum Einsatz pflanzlicher Proteine als günstigere und teils ernährungsphysiolo-                       die Zusammensetzung je nach Anwen-
gisch hochwertigere Alternative zu Eiweißen tierischen Ursprungs. Gleichzeitig                       dungsgebiet des Analogkäses variieren
führt der Einsatz von höheren Anteilen an Pflanzenproteinen dazu, dass sich ei-                      (z. B. gute Schmelzbarkeit oder höhere
nige erwünschte funktionelle Eigenschaften des Analogkäses wie gute Fließei-                         Lagerstabilität). Darüber hinaus kön-
genschaften oder ein befriedigender Geschmack ungünstig verändern. Inwieweit                         nen Käseimitate an diätetische Anfor-
sich verschiedene Pflanzenproteine zum Beispiel auf Sensorik oder ernährungs-                        derungen (z. B. fett- oder salzarm) ange-
physiologische Eigenschaften der Käseimitate auswirken, zeigt eine Übersicht der                     passt werden oder durch Verwendung
aktuellen Forschungsergebnisse.                                                                      pflanzlicher Öle anstelle von Milchfett
                                                                                                     einen geringeren Anteil an gesättigten
             Bereits gegen Ende des 19. Jahrhun-        gebracht, Europa folgte mit der indust-      Fettsäuren aufweisen (Chechetkina et al.
             derts wurden in den USA erste Analog-      riellen Herstellung in den 1980er-Jahren     2016; Rojas-Nery 2015; Edelby 2014; Gui-
             käse produziert (Senge et al. 2010). Die   (Edelby 2014, Shaw 1984). Insbesondere       nee 2011; Senge et al. 2010; Bachmann
             eigentliche Großproduktion begann je-      aufgrund der günstigeren Herstellungs-       2001).
             doch erst in den 1970er-Jahren, verur-     kosten gegenüber herkömmlichem Kä-
             sacht durch die zunehmende Indust-         se werden Käseimitate in der Lebens-
                                                                                                      Als Analogkäse ist ein Produkt aus
             rialisierung   der   Lebensmittelproduk-   mittelherstellung eingesetzt. Kostenvor-
                                                                                                      verschiedenen Komponenten (u. a.
             tion. Durch die steigende Nachfrage        teile liegen im Einsatz von preiswerteren
                                                                                                      Wasser, Protein, Fett, Schmelzsalze)
             nach Käseprodukten (z. B. Streukäse        Zutaten (z. B. günstigere Pflanzenfet-
                                                                                                      zu bezeichnen, das durch die Einwir-
             als Pizzabelag) und dem damit verbun-      te) und der Zeitersparnis durch fehlen-
                                                                                                      kung von Hitze und Scherkräften zu
             denen Kostenaufwand für die Produ-         de Lagerung und Reifung bei Analogkä-
                                                                                                      einem gleichmäßigen Gemisch ver-
             zenten stieg die Notwendigkeit zur Ent-    se (Edelby 2014 et al.; Senge et al. 2010;
                                                                                                      arbeitet und anschließend abgekühlt
             wicklung einer kostengünstigeren Käse-     Shaw 1984). So kann Analogkäse direkt
                                                                                                      wird.
             Alternative. Folglich wurden in den USA    weiterverarbeitet und benötigte Men-
             die ersten Analogkäse auf den Markt        gen können zeitnah produziert und aus-

                                                                                                         ERNÄHRUNG IM FOKUS 09–10 2018
PFLANZLICHE PROTEINE IN KÄSEIMITATEN - LEBENSMITTELTECHNOLOGISCHE UND GESUNDHEITLICHE ASPEKTE - BZFE
WUNSCHTHEMA                      305

Nomenklatur                                         •      Die dritte Kategorie der Analogkäse          ger Form in entsprechende Behältnis-
                                                           bilden Produkte, deren Herstellung           se abgefüllt (Edelby et al. 2014; Guinee
Neben der Bezeichnung „Käseimitat“
                                                           ohne Milchbestandteile auskommt.             2011).
existieren in der wissenschaftlichen Li-
                                                    Allen drei Kategorien ist gemeinsam,
teratur weitere synonyme Begriffe wie
                                                    dass sie sich von der klassischen Käse-
Kunstkäse, Analogkäse, Käseersatz oder
                                                    herstellung und Reifung grundlegend
                                                                                                        Verwendung
synthetischer Käse (Muir et al. 1999).
                                                    unterscheiden und lebensmitteltech-                 Die   hergestellten       Produkte   werden
Nach EU-Verordnung 1308/2013 Teil III
                                                    nologisch produzierte Gemische sind                 als „Pizzamix“, „Bäckermischung“ oder
Artikel 2 sind diese Begriffe in Deutsch-
                                                    (Bachmann 2001; Edelby et al. 2014).                „Gastroblock“ zumeist an weiterverar-
land und Europa jedoch unzulässig,
                                                                                                        beitende Betriebe verkauft (Edelby 2014,
da Produkte nur dann als „Käse“ be-
                                                                                                        Lück 2011). Konsumenten in Deutsch-
zeichnet werden dürfen, wenn sie aus-               Herstellung                                         land kommen mit dem klassischen Ana-
schließlich aus Milcherzeugnissen her-              Eine Gegenüberstellung der Herstel-                 logkäse normalerweise nicht in Kontakt,
gestellt wurden (EU 2013). Des Weiteren             lungsprozesse       von     herkömmlichen           da ein direkter Verzehr nicht vorgese-
entschied der Europäische Gerichtshof               (Lab-)Käse und Käseimitaten zeigt Ab-               hen ist.
am 14. Juni 2017, dass vegane Käseimi-              bildung 2.                                          Klassische Anwendungsbeispiele von
tate ebenfalls nicht den Begriff „Käse“             Ausgangssubstanz für „Filled cheese“                Käseimitaten sind der Einsatz auf (Tief-
in ihrer Produktbezeichnung nennen                  (gefüllten Käse) sind flüssig vorliegen-            kühl-)pizza, in Fleischprodukten wie
dürfen (EuGH 2017).                                 de Proteine, in der Regel entrahm-                  zum Beispiel Cordon bleu, als Salattop-
                                                    te Kuhmilch. Dieser Milch werden Fet-               ping oder Burger- und Sandwichbelag
                                                    te und/oder Öle hinzugefügt, zum Bei-               (Guinee 2011; Shaw 1984).
Einteilung
                                                    spiel Butterfett oder pflanzliche Fet-
Analogkäse lassen sich grundsätzlich in             te/Öle. Anschließend durchläuft diese
drei Kategorien einteilen (Abb. 1).                 neu formulierte Milch den Prozess des
                                                                                                        Einsatz von Milch- und
•   Die erste Kategorie bilden Analogkä-            herkömmlichen Käsens (Abb. 2) (Senge
                                                                                                        Pflanzenproteinen in
    se, die aus Milch oder Milchproduk-             2010 et al.; Bachmann 2001).
                                                                                                        ­Käseimitaten
    ten hergestellt werden. Hier kom-               Der Großteil der hergestellten Käseimi-             Neben Kosten- und ernährungsphysio-
    men zum Beispiel Milchcasein und                tate wird allerdings als Analogkäse ge-             logischen Gründen werden Käseimita-
    Milchcaseinate als Proteinquelle und            fertigt (Bachmann 2001). Dazu stellt man            te hauptsächlich aufgrund ihrer funktio-
    Milchfette (z. B. Butterfett) zum Ein-          zunächst eine Trockenmischung (z. B.                nellen Eigenschaften in der verarbeiten-
    satz.                                           bestehend aus Proteinpulver, Schmelz-               den Lebensmittelindustrie eingesetzt.
•   Analogkäse der zweiten Kategorie                salz) her, die man anschließend mit                 Sie können also spezifischen physikali-
    bestehen nur partiell aus Milchbe-              Wasser und Öl/Fett vermengt. Durch die              schen Anforderungen folgen, die durch
    standteilen. Bilden weiterhin Milch-            Einwirkung von Hitze (Prozesstempera-               die Prozessführung während der Her-
    casein und Milchcaseinate die Prote-            turen bis 90 °C) und Scherkräften wird              stellung und durch den Einsatz ausge-
    infraktion des Produkts, so kommen              das Gemisch zu einer homogenen Mas-                 wählter Rohstoffe sowie Zusatzstof-
    pflanzliche Öle/Fette bei der Herstel-          se verarbeitet, der pH-Wert eingestellt             fe beeinflussbar sind (Senge et al. 2010;
    lung zum Einsatz.                               und die Masse in warmer und fließfähi-              Bachmann 2001) (Übersicht 1).

                                                                              Käseimitate

                                  Gefüllter Käse                                                                      Analogkäse

      Entrahmte Milch              Entrahmte Milch                               a) Aus Milchbestandteilen            b) Parziell aus           a) Ohne Einsatz von
         Butterfett              Pflanzliche Fette/Öle                                hergestellt, z. B.:           Milchbestandteilen          Milchbestandteilen
    Pflanzliche Fette/Öle                                                                Kaseinate                   hergestellt, z. B.:          hergestellt, z. B.:
                                                                                         Butterfett                     Kaseinate                   Sojaprotein
                                                                                            EMC                           Sojaöl                       Sojaöl
                                                                                                                    Künstliche Aromen           Künstliche Aromen

                                Herstellungsverfahren                                                              Herstellungsverfahren
                                ähnlich der Herstellung                                                            ähnlich der Herstellung
                                 eines herkömmlichen                                                                 von Schmelzkäse
                               Käses (inklusive Reifung)                                                               (ohne Reifung)

Abbildung 1: Arten von Käseimitaten (nach Bachmann 2001)

ERNÄHRUNG IM FOKUS 09–10 2018
306   WUNSCHTHEMA

      Neben Wasser bilden Proteine bei Ana-              Gleichzeitig kann das Produkt durch                 chend für ein ernährungsphysiologisch
      logkäse die Hauptzutat. Strukturell be-            Pflanzenproteine eine ernährungsphy-                höherwertiges und gleichzeitig akzepta-
      trachtet ist er eine Öl-in-Wasser-Emul-            siologische Aufwertung erfahren, et-                bles Produkt (Rinaldoni et al. 2014).
      sion, wobei die Proteine eine Schlüssel-           wa durch eine höhere biologische Wer-               Ein ähnliches Ergebnis zeigte die Stu-
      rolle für die Stabilität der Emulsion spie-        tigkeit des Pflanzenproteins. So könnte             die von Salinas-Valdés et al. (2015). Sie
      len. Je nach Art und Menge kann das                Pflanzenprotein als Zugabe oder Substi-             stellten ein Frischkäseprodukt (traditi-
      verwendete Protein (meist Casein, Ca-              tut Produkte für besondere Ernährungs-              oneller mexikanischer Panelakäse) un-
      seinate, Molkenprotein und Sojaprote-              erfordernisse     bereichern        oder   eine     ter Zugabe von Soja- und Erdnusspro-
      in (Bachmann 2001; Shaw 1984) die ge-              Quelle der Eiweißversorgung in Ländern              tein her und untersuchten es auf rheo-
      wünschten funktionellen Eigenschaften              mit zum Beispiel geringer Milchproduk-              logische und ernährungsphysiologische
      im Produkt (z. B. Aufschmelzverhalten,             tion sein (Lee et al. 2015; Rinaldoni et al.        Eigenschaften. Die Käsemasse wurde
      Festigkeit oder Dehnfähigkeit) verän-              2014; Awad et al. 2014; Guinee 2011; Ver-           nach dem herkömmlichen (Lab-) Käse-
      dern (O`Sullivan, Mulvihill 2001; Ennis et         ma et al. 2005; El-Sayed 1997).                     prozess hergestellt, wobei jeweils Pro-
      al. 1998).                                                                                             ben mit einer 1:1- und einer 2:1-Ratio
      Wissenschaftliche Studien beschäftigen                                                                 an Kuhmilch:Pflanzenproteinmilch ver-
      sich neben dem Zusatz von Sojaprotein
                                                         Studienlage: Herstellung                            wendet wurde. Aufgrund des Einsatzes
      mit weiteren pflanzlichen Proteinen wie
                                                         von Käseimitaten mit                                des pflanzlichen Proteins und des Her-
      Lupinen-, Erdnuss-, Kichererbsen- oder
                                                         pflanzlichen Proteinen                              stellungsverfahrens ist dieses Käseimi-
      Straucherbsenprotein als Zugabe oder                                                                   tat mit einem „gefüllten Käse“ zu ver-
      Substitut in Analog- und Schmelzkä-
                                                         Sojaprotein                                         gleichen. Die Produkte, die unter Zuga-
      sen (Lee et al. 2015; Rinaldoni et al. 2014;       Rinaldoni et al. (2014) entwickelten ein            be des jeweiligen Pflanzenproteins her-
      Awad et al. 2014; Guinee 2011; Verma et            schmierfähiges käseähnliches Produkt,               gestellt wurden, zeigten einen höheren
      al. 2005). Sie lassen sich in ihren funkti-        das aus entrahmter Kuhmilch unter Zu-               Output sowie einen höheren Protein-
      onellen Eigenschaften jedoch nicht mit             gabe von Sojaprotein erstellt wurde.                anteil als die Kontrolle aus reiner Kuh-
      Casein und Caseinaten gleichsetzen.                Der pasteurisierten Milch setzten sie               milch. Die Proben mit Erdnussprotein
      Aufgrund ihrer unterschiedlichen mo-               Sojaproteinkonzentrat         in    verschiede-     wiesen jeweils den höchsten Protein-
      lekularen Struktur ergeben sich andere             nen Mengen zu. Das Ergebnis zeigte ei-              anteil im Käse auf. Der höhere Output
      Charakteristiken der hergestellten Pro-            nen höheren Ertrag und Proteingehalt                korreliert ebenfalls mit einer höheren
      dukte. Besonders der Einsatz von höhe-             der Proben bei Zugabe des Sojaprote-                Feuchtigkeit der Proben. Obwohl die
      ren Anteilen an pflanzlichen Proteinen             ins. Die Festigkeit der Produkte nahm               Textureigenschaften eines reinen Kuh-
      führt dazu, dass sich einige erwünsch-             ab. Das korrelierte mit einer Erhöhung              milchkäses nicht zu erzielen waren, galt
      te funktionelle Eigenschaften wie ho-              der Feuchtigkeit. Sensorisch wichen die             der Einsatz von Soja- und Erdnussmilch
      he Elastizität, gute Fließeigenschaften            mit Sojaprotein hergestellten Produkte              bei der Herstellung von Panelakäse als
      oder ein befriedigender Geschmack oft              nicht stark von der Kontrolle ab. Die ein-          möglich (Salinas-Valdés et al. 2015).
      nicht einstellen lassen (Awad et al. 2014;         gesetzten Mengen an Sojaproteinkon-                 Lee et al. (2015) stellten einen klassi-
      Edelby 2014; Bachmann 2001; Kim 1992).             zentrat galten entsprechend als ausrei-             schen Analogkäse unter Einsatz von

       Übersicht 1: Mögliche Zutaten und deren Funktion in Analogkäse (nach Edelby et al. 2014; Guinee 2011)

       Zutat                                              Beispiele                                                  Hauptfunktionen

       Fette/Öle                 Kokosfett, Butterfett                                          • Textur- und geschmacksprägende Eigenschaften
                                                                                                • Physikalische Eigenschaften (z. B. Schmelzverhalten)

       Schmelzsalze              Natriumsalze (z. B. Natriumcitrat oder -phosphat)              • Molekulare Stabilität
                                                                                                • Texturgebende Eigenschaften

       Stärke                    Native und modifizierte Formen von Mais-, Kartoffel- oder      • Ersatz für Milch- oder Pflanzenprotein
                                 Reisstärke

       Hydrokolloide             Carrageen, Guarkenmehl, Xanthan, ­Cellulosederivate            • Reduzierung des Milch- oder Pflanzen­proteineinsatzes
                                                                                                • Erhöhung der Produktstabilität

       Säureregulatoren          Zitronensäure, Milchsäure, Phosphorsäure, Essigsäure           • Einstellung des pH-Werts

       Geschmacksverstärker,     Enzymmodifizierter Käse, Holzrauchextrakte, Hefeextrakte       • Geschmackseinstellung und -verbes­serung
       Aromastoffe

       Salz                      Natriumchlorid                                                 • Geschmacksverbesserung

       Farbstoffe                Annatto, Paprika                                               • Farbeinstellung

       Konservierungsstoffe      Nisin, Kaliumsorbat                                            • Verlängerung der Mindesthaltbarkeit

       Vitamine, Mineralstoffe   Magnesiumoxid, Eisen, Vitamin A, Ribo­flavin, Folsäure         • Verbesserung der ernährungsphysiologischen Eigen­
                                                                                                  schaften

                                                                                                                    ERNÄHRUNG IM FOKUS 09–10 2018
WUNSCHTHEMA                            307

                                         Rohmilch                                                                      Formulierung der Ingredienzien

                                         Reinigen

                                                                                                             Wasser
                          Einstellen des Fett- und Eiweißgehalts                                                                                        Trockenmischung
                                                                                                         Öl/Fett (ggf. im
                                    Wärmebehandlung                                                    erwärmten Zustand)
  Starterkulturen, ggf.
  Zusätze, z. B. CaCl2
                           Vorreifen, Säuerung der Milch, pH                                                                 Vorwärmen, Mischen
       Labenzym

                                        Dicklegung
                                                                                             pH-Einstellung mittels            Erhitzen, weiter             Ggf. weitere Zugabe von
                                                                                               Säureregulatoren                  Vermischen                 Geschmacksverstärkern
                                         Schneiden

                                     Bruchbearbeitung

                                                                          Molke                                              Abfüllen im warmen,
                                                                                                                              flüssigen Zustand
                                Brennen, Formen, Pressen

                                           Salzen
                                                                                                                                  Abkühlen
                                          Reifung

                          Hart-, Schnitt-, halbfester Schnitt- oder
                                  Weichkäse ➝ Lagerung                                                                      Analogkäse ➝ Lagerung

Abbildung 2: Gegenüberstellung der Lab- und Analogkäseherstellung (nach Rimbach 2015; Edelby et al. 2014; Guinee 2011)

proteolysiertem sowie von proteolysier-                   während der Reifung signifikant ab. Ei-             tativ-anaeroben Mikroorganismen bei
tem und geröstetem Sojamehl her und                       ne signifikante Veränderung zeigte sich             der Kontrolle geringer. Der Einsatz von
testeten die Proben unter anderem auf                     auch in Sensorik und Härte der Sojapro-             Kichererbsenmehl als Proteinquelle galt
Textur und antioxidative Aktivität ohne                   teinproben. Trotz der geschmacklichen               als möglich (Chechtkina et al. 2016).
und mit Fermentation in Reisstroh. Die                    Unterschiede galten die Sojaprotein-
eintägige Fermentation in Reisstroh ver-                  produkte als mögliche Option für ein al-
besserte die antioxidative Aktivität bei-                 ternatives, probiotisch funktionales Le-
                                                                                                              Lupinenprotein
der Versuchsproben im Vergleich zur                       bensmittel. Hier sah man noch Entwick-              Awad et al. (2014) untersuchten Textur,
Kontrolle. Der pH-Wert sowie der Out-                     lungspotenzial unter anderem bezüglich              Sensorik und ernährungsphysiologische
put verringerten sich im Lauf der Fer-                    der Textur (Matias et al. 2014).                    Auswirkungen von analogem Schmelz-
mentationszeit. Der sensorische Ge-                                                                           käse unter Einsatz von Lupinenprote-
samteindruck aus Farbe, Geschmack,                                                                            in. Dazu fügten sie Lupinenpaste zu ei-
Mundgefühl und Erscheinungsbild galt
                                                          Kichererbsenmehl                                    ner Schmelzkäsemischung hinzu. Die
unter Einsatz von nicht geröstetem So-                    Den Einsatz von Kichererbsenmehl in                 eigentliche      Proteinbasis        (geraspelter
jamehl nach einem Tag Fermentation                        Zie­genfrischkäse evaluierten Checht­ki-            Kuh- und Büffelmilchkäse) wurde da-
als gleichwertig, bei geröstetem Soja-                    ­na et al. (2016). Gegen Ende der her­              bei jeweils anteilig zu 25, 50, 75 und 100
mehl nach einem Tag Fermentation als                      kömmlichen (Lab-)Käseherstellung (nach              Prozent durch Lupinenpaste ersetzt. Die
besser im Vergleich zur Kontrolle und                     Abtrennung der Molke) fügten sie dem                ernährungsphysiologische               Verbesse-
weiteren Fermentationszeiten (Lee et al.                  Käsebruch verschiedene Anteile an Ki-               rung der Proben mit Lupinenanteil wur-
2015).                                                    chererbsenmehl zu. Die Proben wurden                de durch ein Fütterungsexperiment an
Matias et al. (2014) untersuchten die                     unter anderem organoleptisch, auf ihre              Ratten evaluiert. Die mit 75 Prozent Lu-
Herstellung eines alternativen Frisch-                    mikrobielle Beladung und die Produkt-               pinenanteil im Schmelzkäse diätetisch
käseprodukts unter anderem in Bezug                       feuchtigkeit während der Reifung getes-             betreuten Tiere zeigten zum Beispiel
auf Sensorik, pH-Stabilität und mikrobi-                  tet. Der Einsatz von fünf Prozent Kicher-           nach der Fütterungsperiode einen sig-
elle Stabilität der eingesetzten probio-                  erbsenmehl führte dazu, dass die Pro-               nifikant niedrigeren Glukosespiegel im
tischen Kulturen während der Reifung.                     ben bezüglich Geschmack, Farbe, Aro-                Blut als die mit klassischem Schmelzkä-
Das normalerweise verwendete Milch-                       ma, Konsistenz und Erscheinungsbild                 se gefütterten Ratten. Textur und sen-
protein ersetzten sie zu 50 und zu 100                    insgesamt besser bewertet wurden als                sorische Eigenschaften der Produkte
Prozent durch Sojaprotein. Der pH-Wert                    die Kontrolle. Output und Feuchtigkeit              verschlechterten sich mit zunehmenden
sowie zwei der drei eingesetzten probio-                  waren unter Einsatz von Kichererbsen-               Anteilen an Lupinenpaste jedoch merk-
tischen Stämme zeigten einen ähnlichen                    mehl ebenfalls höher als in der Kontrol-            lich. Awad et al. (2014) bewerteten den
Verlauf wie die Kontrolle. Die Beladung                   le. Gleichzeitig war die mikrobielle Bela-          Einsatz von 25 Prozent Lupinenpaste als
eines probiotischen Stammes nahm                          dung an mesophil-aeroben sowie fakul-               noch akzeptabel (Awad et al. 2014).

ERNÄHRUNG IM FOKUS 09–10 2018
308   WUNSCHTHEMA

                                                                                                                                  von Milchproteinen durch Pflanzenpro-

                                                                                          Foto: © Pictures news/stock.adobe.com
                                                                                                                                  teine ungünstiger aus (Awad et al. 2014;
                                                                                                                                  Matias et al. 2014). Geringere Mengen
                                                                                                                                  pflanzlichen Proteins als Zugabe konn-
                                                                                                                                  ten akzeptable bis gute Ergebnisse in
                                                                                                                                  Textur und Sensorik erzielen und gal-
                                                                                                                                  ten deshalb aufgrund ihres höheren
                                                                                                                                  ernährungsphysiologischen Werts als
                                                                                                                                  mögliche kostengünstigere Alternative
                                                                                                                                  für herkömmlichen Käse. Auch die ge-
                                                                                                                                  wählte Proteinquelle sowie deren Be-
                                                                                                                                  handlung (z. B. durch Proteolyse oder
                                                                                                                                  Fermentation) scheint die funktionellen
                                                                                                                                  Eigenschaften des Produkts zu beein-
                                                                                                                                  flussen (Chechetkina et al. 2016; Lee et al.
                                                                                                                                  2015; Salinas-Valdés et al. 2015; Rinaldoni
                                                                                                                                  et al. 2014).
                                                                                                                                  Aufgrund der rechtlichen Situation in
                                                                                                                                  Deutschland und der EU sind die Käse-
                                                                                                                                  produkte aufgrund ihrer pflanzlichen
                                                                                                                                  Komponente nicht als Käse zu deklarie-
                                                                                                                                  ren, sondern anderweitig zu benennen
                                                                                                                                  (EuGH 2017; EU 2013).
                                                                                                                                  Pflanzliche Proteine könnten in den
                                                                                                                                  kommenden Jahren aufgrund ihrer ge-
                                                                                                                                  ringeren Kosten und ihres ernährungs-
                                                                                                                                  physiologischen Werts in der Produkti-
                                                                                                                                  on von Käseimitaten verstärkt Anwen-
      Erdnussprotein                                 ne Kostenersparnis im Visier (Rojas-Nery­                                    dung finden. Gleichzeitig gilt es, die
                                                     2015; Edelby et al. 2014; Noronha et al.                                     sensorischen Eigenschaften der Käsei-
      Ob eine Veränderung des ernährungs-
                                                     2008; Mounsey 2001). Einen Überblick                                         mitate zu erhalten. Art und Menge des
      physiologischen Werts bei der Herstel-
                                                     bieten Edelby et al. (2014), Noronha et al.                                  Proteins sind entsprechend auf das je-
      lung eines semiharten Pasta-Filata-Kä-
                                                     (2008) oder Monsey (2001).                                                   weilige Endprodukt und dessen Herstel-
      ses möglich ist, untersuchten Ko et al.
                                                                                                                                  lungsprozess abzustimmen.                            ❚
      (2017) anhand des Zusatzes eines Na-
      nopulvers aus Erdnusskeimlingen zu             Fazit                                                                        >> Die Literaturliste finden Sie im Internet
      Kuhmilch. Parallel testeten sie die mik-
                                                     Viele Forschungsvorhaben der vergan-                                         unter „Literatur­verzeichnisse“ als kosten-
      robielle Beladung und die sensorischen
                                                     genen Jahre untersuchten vor allem den                                       freie pdf-Datei.
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