Polykum N 3 Zeit 13. November - ETH Zürich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
24 Stunden, ein Ort Interview im IC Zeitzeugen Ansichten von der Langstrasse Auf guter Spur mit der SBB Umfrage: Welche Momente zählen für uns? N° 3 Zeit 2017 / 2018 13. November Verband der Studierenden an der ETH Polykum
VSETH Weil Sie wissen, Präsikolumne 4 Eine Diskussion für alle was wir tun. Studiengebührenerhöhung 5 Wann wird Studieren (zu) teuer? VSETH Pin-Up Board 6 Was los war und sein wird Alle unter einem Dach 8 Kommissionen & Fachvereine informieren Editorial Zeitreise globe ETH WELT Schweigen tabu 9 Belästigung darf nicht toleriert werden Liebe ETH-Studierende, fast genau 25 Jahre ist es her, dass die Null- nummer des Polykum die Druckerei verliess. Seitdem ist viel Zeit vergangen und viel passiert. Unser Autor Leif-Thore Deck setzt sich daher mit den Anfängen unserer Jetzt Gönner werden: Verbandszeitung auseinander und lässt www.rega.ch ihre Geschichte Revue passieren – beson- typewriter DOSSIER: ZEIT ders die wichtigen Momente und Wende- punkte, die zum heutigen Erscheinungsbild 25 Jahre Polykum 10 der Publikation geführt haben (S. 10-13). Streifzug durch unsere Geschichte Zeit wird in dieser Ausgabe zudem an Von der ETH zur SBB 14 rion_AZ_98x141_Polykum_Girl_2016_08.indd 1 17.08.16 10:42 symbolträchtigen Orten verbracht. Sei es Aus dem Berufsleben zweier Absolventen Do you have an MSc bei meinem Interview mit Mitarbeitenden degree in the natural Campus-Umfrage 16 sciences, life sciences or der SBB im IC von Bern nach Zürich (S. 14- Über die Sache mit der Zeit engineering and seek a 15) oder bei einem 24-stündigen Selbst- Policy Challenge career where policy anal- ysis and management are versuch unseres Autors Sebastian Wagner Selbstversuch 21 24 Stunden Langstrasse an der Langstrasse (S. 21-24). The Final Presentation important? Tech- M S c in Science, for Kurzgeschichte 25 Th e y is nd Polic dy nology a who have alrea Ich wünsche euch eine genussvolle Zeit Von Benedikt S. stude n ts S c d e g ree beim Lesen dieser Ausgabe. daM completeurich or EPF T H Z rently a t E s a n n e o r are cur gram Lau p ro in a MSc - enrolled urich or EPF Lau Julia Ramseier, Redaktionsleitung Polykum at ETH Z julia.ramseier@polykum.ethz.ch 10’000 CHF Prize food12 EXTRAS sanne. Join us to find the winning team 2 Mari – 2 Meere 26 Ein Vergleich in Bildern The Competition Challenge 2017 Citizen Science Musiktipp 27 Death from Above: Outrage! Is Now Teams of students and scientists Now is the time for them to Join our info-session to find more about our Master from all areas of ETH have been present their projects and win programs & meet the professors and current stu- Südkorea-Kolumne 28 working to design a feasible and prizes of up to CHF 10’000. Schwerpunkt: Auswendiglernen sustainable technology-enabled dents, who will share their ISTP experiences with you! policy application to tackle Come along and vote for your Horoskop 29 issues such as pollution, noise, favourite Team and help us find Achtung, stressfreie Zone! infectious diseases and spatial the winner! planning. Comic 30 Apero included. Where: ISTP, UNO B 11, Universitätstrasse 41 ULF in der Hölle Where? ETH Main Building, HG E Floor Kruxerei 31 Das Polykum ist ein Magazin des When? Thursday, 14th December, 2017 at 15:00 When: Wednesday, November 15th, 17.15 - 18.45 Der neueste Fall der drei Sonderzeichen Wednesday, December 13th, 17.15 - 19.00 An Initiative from the Institute of Science, Technology and Policy at ETH Zurich www.policychallenge.ch www.istp.ethz.ch info@istp.ethz.ch
–4– –5– Präsikolumne Wann wird Studieren (zu) teuer? Studiengebühren – Was es beim Thema eine Diskussion für alle! ›Studiengebührenerhöhung‹ Liebe Mitstudentin, lieber Mitstudent zu bedenken gilt Die Hälfte des Herbstsemesters 2017 ist schon wie- von Medea Fux der Geschichte. Im VSETH waren es sicher einige der ereignisreichsten Wochen der letzten Jahre. Am Tag des Erstsemestrigenfestes, dem 28. September, hat der ETH-Rat angekündigt, die Studiengebühren an beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen An seiner Sitzung vom 27./28. September 2017 wie Personen mit einem Schweizer Schulabschluss. um 500 CHF pro Jahr erhöhen zu wollen. Nach gera- hat der ETH-Rat beschlossen, die Studiengebüh- Die geforderte Ungleichbehandlung stiess auf de mal drei Tagen im Amt waren ich und der grössten- ren an beiden ETH-Standorten um 500 CHF pro Widerstand bei den Studierenden. Schlussendlich teils neue Vorstand also schon mit einem der umfang- Jahr erhöhen zu wollen. Die finale Entscheidung wurden die Forderungen abgelehnt. reichsten und grössten hochschulpolitischen Themen wird der ETH-Rat im März 2018 treffen. Der Vor- überhaupt konfrontiert. schlag durchläuft nun den internen Vernehmlas- Ein Thema, das alle angeht Der VSETH beschäftigt sich schon seit über fünfzig sungsprozess und auch der VSETH kann seine Es wäre wichtig, die Diskussion nun auf einem Jahren mit dem Thema ›Studiengebührenerhöhung‹. Meinung einbringen. grundlegenden Niveau anzugehen und prinzipielle Einige interessante Ausschnitte aus der Diskussion Für viele Studierende mag dies die erste Dis- Fragen zu klären. Welchen Zweck sollen Studien- VSETH findet ihr im Artikel von Medea gleich auf S. 5 kussion über eine Studiengebührenerhöhung sein. gebühren eigentlich erfüllen? Sollen sie den admi- dieses Polykum. In Wahrheit ist die Debatte zu diesem Thema aber nistrativen Aufwand eines Studiums decken, sind VSETH Zurück im Jetzt geht die Diskussion wieder richtig los. Wie vielen anderen Studierenden bereits Jahrzehnte alt. Im Jahr 2003 wollte der sie zwecklos oder sollen die gesamten Lehrkosten ist dir vielleicht nicht bewusst, dass sich der ETH-Rat zwar für eine Studiengebührener- Bund die Studiengebühren, damals 1 100 CHF pro damit finanziert werden? Wer soll die Kosten unse- höhung ausgesprochen hat, aber erst im März 2018 eine endgültige Entscheidung treffen Jahr, als Teil eines Sparpaketes verdoppeln. Eine res Bildungssystems tragen? Welche Rolle spielen wird. Bis Ende Jahr haben die Departemente und verschiedene Hochschulgruppen die Verdoppelung wurde abgelehnt und die Studienge- die Studierenden dabei? Wie viel Wert legt die Möglichkeit, zur geplanten Erhöhung Stellung zu nehmen. Dies wird auch der VSETH tun. bühren wurden lediglich der Teuerung angepasst. Gesellschaft auf Bildung und Innovation? Als Reaktion auf die geplante Erhöhung des Nach der Medienmitteilung des ETH-Rats hat der VSETH mehrere Diskussionsrunden Aktiv gegen Studiengebühren ETH-Rats führt der VSETH eine Informationskam- organisiert. Weil wir so allerdings nur einen kleinen Teil der Studierenden erreichen, 2008 waren es die Schulleitungen von der ETH pagne durch, um eine fundierte Diskussion über das organisiert der VSETH am Mittwoch, 15. November, zusätzlich einen Aktionstag, um Zürich und der EPFL Lausanne, welche eine Er- Thema zu ermöglichen. Am 15.11.2017 findet ein alle Studierenden über das Thema zu informieren. Weiter lancieren wir an diesem Tag eine grosse Umfrage, um möglichst viele Meinungen zu sammeln. höhung der Studiengebühren auf 1 000 CHF für Aktionstag mit anschliessender Podiumsdiskussion Schweizer sowie EU-Bürger und auf 5 000 CHF für statt. Ausserdem wird eine weitere Umfrage unter Unser Aktionstag ist bewusst neutral geplant: An diesem Tag ist es nicht unser Ziel, eine Nicht-EU-Bürger pro Semester forderten. Der VSETH den Studierenden lanciert. Nimm teil und bring auch bestimmte Meinung unter die Leute zu bringen, sondern möglichst neutral über Fakten stellte sich erneut gegen dieses Vorhaben. Am Ende du deine Meinung in die Diskussion ein! zu informieren. Jede und jeder Einzelne von euch soll sich dann selbst eine Meinung bilden. verzichteten die Schulleitungen auf eine Erhöhung. Grundsatzdiskussionen sind anstrengend und brauchen Zeit. Wir haben mit einem an- Auf Initiative der EPFL diskutierte man 2012 spruchsvollen Studium an der ETH schon einiges um die Ohren, doch dies darf nicht der eine Verdoppelung der Studiengebühren auf 2 320 Grund sein, dass eine Diskussion wie diese untergeht. CHF pro Jahr. Der VSETH positionierte sich in der Diskussion abermals gegen eine Erhöhung und Ich bitte dich deshalb, auch wenn dich die Erhöhung finanziell nicht allzu schwer trifft, führte unter anderem eine umfassende Umfrage dich aktiv an der Diskussion zu beteiligen – weil das ein Thema ist, das alle Studieren- den an der ETH und EPFL betrifft. Ich und der ganze Vorstand stehen euch bei Fragen bei den Studierenden durch. Ende 2012 sprach oder Anregungen gerne zur Verfügung. sich der ETH-Rat grundsätzlich für eine Verdoppe- lung der Studiengebühren aus, das Vorhaben Liebe Grüsse, wurde jedoch sistiert. Lukas Reichart 2013 wiederum wurde eine parlamentarische Motion eingereicht, die eine Differenzierung der Studiengebühren nach Herkunft vorsah. Bildungs- ausländer sollten bis zu dreimal so viel bezahlen Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
–6– –7– PUNSCH & MARRONI Gratis Punsch und gratis Mar- lass deine Seele nach stressi- EISBAHN roni? YIPPIEH! Möchtest du gen Vorlesungen baumeln. Wir Egal ob es Eiskunstlauf, Eishockey, Quid- auch davon kosten? Dann bringen ein kleines bisschen ditch on Ice oder einfach eine Runde auf komm am 5. Dezember auf Wärme und vorweihnachtli- dem Eis sein soll, bei uns findet jede Eis- die Polyterrasse, wenn der che Stimmung in den kalten prinzessin und jeder Eisprinz einen Platz. VSETH-Vorstand den jährlichen Studi-Alltag. Bring Freunde mit Die VSETH-Eisbahn findet vom 30. Novem- Punschausschank organisiert. oder lerne bei einem Becher ber bis 20. Dezember auf dem Höngger- Geniess mit uns den Tag und Punsch gleich neue kennen! berg statt und wird von Kommissionen, Fachvereinen, Organisationen und dem H Vorstand des VSETH gehostet. Wenn es T dir draussen dann doch ein wenig zu kalt E wird, kannst du dich mit Glühwein wieder VS aufwärmen und dich bei einem der Food- trucks verköstigen. IN -U P P VSETH D VSETH BO A R min C adalber t, Bibia na Prin oth, Da ra Colijn & L a rs Sturm HOPOSTAMM Hast du Verbesserungsvorschläge oder möchtest du wissen, wie du ak- on Jas Texte v tiv deine eigene Vorlesung verbessern kannst? Dann komm zum nächsten Hopostamm – am 29. November um 18.00 Uhr im StuZ (CAB F 21). Wie an jedem Stamm ist auch hier wieder für reichlich gutes Essen und Trin- PROJEKTISTAMM ken gesorgt. Wenn du gerne dabei sein möchtest oder Fragen hast, dann melde dich bei hopo@vseth.ethz.ch. Du organisierst gerne oder hast eine eigene Idee für ein neues Projekt? Es interessiert dich, hinter die Kulissen eines VSETH-Events zu blicken und selbst einmal in ei- nem OK dabei zu sein? Dann komm am 7. Dezember um 18.00 Uhr zu unserem Projektistamm auf dem Höngger- berg. Für leckeres Essen und Trinken ist gesorgt. Wenn du gerne dabei sein möchtest, dann schreibe eine Mail an projekte@vseth.ethz.ch. Wir freuen uns auf deine tollen Ideen! Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
–8– –9– FACHVEREINE & #metoo – Schweigen tabu! K OMMISSIONEN Texte von Dario Spilimbergo, Timo Laudi, Dominik Brantschen, Leif-Thore Deck, Aiyana De Vree, Yvette Tritten Unsere Autorin macht sich Gedanken darüber, wie sehr sie die Weinstein-Affäre persönlich bewegt – und was wir aus ihr lernen können. von Kanita Sabanovic volume-high Als die Weinstein-Affäre vor einigen dann trotz alledem zu einem Vorfall kommt, steht KULTURSTELLE PAPPERLAPUB UFO Wochen publik wurde, war ich über- man plötzlich ziemlich alleine da. rascht, wie nahe mir das Ganze per- Übergriffe anzusprechen fällt vielen sehr Die Kulturstelle – ein Service BILLIGE PROPAGANDA: Wenn die Tage kürzer werden sönlich ging. Die Berichte über Weinstein und schwer – und genau da sehe ich eine Leistung des mit künstlerischem Flair für »Free beer, topless prostitu- und die Temperaturen sinken, die Vorgänge in Hollywood waren schockierend, #metoo. Es mag nicht die Lösung aller Probleme Studierende: günstigere Tickets tes and false advertising since lädt der Umwelt- und Forst- doch viel mehr haben mich die Beiträge zu sein, sich auf Social Media zu öffnen, doch es für die Oper, die Tonhalle, fürs 2010« – das ist das Motto des fachverein (UFO) zum gemein- #metoo mitgenommen, dem Twitter-Hashtag, schafft eine Atmosphäre der Verbundenheit und Theater oder ein Konzert? PapperlaPub. Jeden Mittwoch- samen Fondue-Plausch ein. unter welchem Millionen Frauen ihre persönli- enttabuisiert Themen, über die wir im Alltag nur un- Besuche www.kulturstelle.ch abend versorgen wir fleissige Das ›UFOndue‹ findet am 23. chen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen gern reden. Kritiker argumentieren, dass #metoo und registriere dich für unseren und erschöpfte Studenten von November um 18.00 Uhr im teilten. Plötzlich las ich täglich von realen Er- mehr schadet als nützt, weil strafbare Delikte und monatlichen Newsletter. Jeden 18 bis 24 Uhr im Yu&Mi (CAB D StuZ statt. Das Essen wird von lebnissen meiner Bekannten, Freundinnen und plumpe Anmachsprüche in den gleichen Topf ge- globe ETH-WELT Monat hat die Kulturstelle neue 21) mit ausgezeichnetem Bier, uns bereitgestellt, Getränke VSETH Veranstaltungen zur Auswahl. leckeren Drinks, heisser Milch könnt ihr vor Ort erwerben. Familienmitglieder, die seit Jahren niemandem worfen werden und den Opfern wirklicher Strafta- und einer entspannten, geselli- Die Anmeldung wird per anvertraut worden waren. Das führte mir auf be- ten so die Glaubwürdigkeit nehmen. Ich sehe dies gen Atmosphäre. Vorbeischauen Mail an alle UFO-Mitglieder drückende Weise vor Augen, wie alltäglich sexu- anders: Es geht darum, eigene Erfahrungen wei- lohnt sich auf jeden Fall! bekanntgegeben. elle Belästigungen verschiedener Form und terzuerzählen und die Erlebnisse anderer mitzu- Couleur für viele Frauen sind. kriegen. Jeder erhält die Möglichkeit, gehört zu Um die Relevanz der Bewegung zu verstehen, werden, ohne dass die Grösse des Vorfalls einge- reicht es, ein Gedankenexperiment durchzuführen: stuft werden muss. Denn jeder Vorfall, der unter Was wäre meine erste Reaktion, wenn ich mitbe- #metoo gefunden werden kann, ist einer, der nicht käme, wie ein Fremder beispielsweise eine ihm hätte passieren dürfen. nicht bekannte Mitreisende im Bus begrapscht? Und was wäre meine Reaktion, wenn es nicht ein Was nun kommen muss Fremder wäre, sondern mein Bekannter? Solche Doch wie jedes Online-Phänomen wird auch #metoo Situationen kommen täglich vor und die traurige nicht ewig leben. Stellt sich also die Frage: wie Wahrheit ist, dass betretenes Wegschauen die weiter? Denn alle Geschichten wurden umsonst häufigste Reaktion ist. erzählt, wenn dieser positive Ansatz wie viele vor ihm FILMSTELLE VIAL HÖNK Scham und Resignation ins Nichts abdriftet. Und gerade darum ist es wichtig, den Dialog von der Online-Plattform in den Alltag zu Die Filmstelle hat noch fünf Am Freitagnachmittag, dem Auch dieses Semester gibt es Auch als Betroffene/r solcher Situationen weiss überführen. Dies heisst einerseits, mit der eigenen Filmabende, an denen ihr in den 6. Oktober, wanderten wir bei wieder viele Events auf dem man meistens nicht, was getan werden kann. Sei Familie, Freunden und Bekannten über deren Erfah- Genuss feinster südostasiati- schönstem Herbstwetter von Hönggerberg! Schaut bei der es »nur« schon in Bezug auf eine unpassende rungen zu reden. Andererseits müssen wir auch scher Filmkunst und ebenso le- Mendrisio nach Cragno. Unter- grossen Sushi-Night Ende Bemerkung, auf verbale Attacken oder Handgreif- achtsamer werden und lernen, mit problematischen ckerer Apéros kommen könnt. wegs sammelten wir Kastanien, November im HXE vorbei oder lichkeiten. Als Frau lernt man schon ab zwölf, Situationen umzugehen. Oftmals beginnt dies im Das vollständige Programm so- die wir später über dem Feuer besucht die Mittwochsfilme dreizehn Jahren, dass man nicht wirklich etwas Kleinen: damit etwa, deutlicher zu kommunizieren, wie Filmbeschriebe findet ihr rösteten. Am Samstag stürm- im HIT und geniesst frisches gegen Typen machen kann, die einem aus dem dass man gewisse Verhaltensweisen störend fin- unter www.filmstelle.ch. Jeden ten wir den Gipfel des Monte Popcorn. Wenn ihr aktiv bei der Auto nachpfeifen. Dass man nachts in gewissen det, damit, jemanden auf respektloses Verhalten Dienstag im StuZ CAB (z.B. Generoso und wurden mit Weit- HöNK mitmachen wollt, meldet Stadtteilen besser nicht alleine unterwegs sein hinzuweisen, oder damit, beobachtete Missstände 14.11.17), ab 19.30 Uhr Kasse/ sicht auf die Alpen und die Po- euch bei praesi@hoenk.vseth. sollte. Und dass man einem allzu aufdringlichen zu melden und den Betroffenen zur Seite zu stehen. Bar, um 20.00 Uhr Filmstart, Ebene belohnt. Als krönenden ethz.ch – die HöNK sucht Bewerber im Ausgang lieber eine falsche Telefon- Es ist der Minimalschritt, den jeder vornehmen muss, gratis für VSETH-Mitglieder. Abschluss genossen wir regio- immer neue M itglieder! nummer gibt, als ihn durch ein entschiedenes damit wir in Zukunft hoffentlich nicht mehr über nal hergestellte Pizzoccheri »Nein!« womöglich zu beleidigen. Und wenn es Affären wie die von Weinstein berichten müssen. in einem Grotto. Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
– 10 – für Studierende. Gestartet wurde mit einem kleinen Das Polykum wird 25! Redaktionsteam, das bei einer Vorgängerzeitung 25 Jahre bereits journalistische Erfahrungen gesammelt hatte. Doch die Gründung einer eigenen Zeitschrift war keineswegs von langer Hand geplant: Nach siebzig Jahren Zusammenarbeit mit dem VSUZH in Bewegung im Rahmen des ›Zürcher Studenten‹ führten Diffe- renzen in der Frage der Ausrichtung dieser Zeitung zum Rückzug des VSETH mit anschliessender Neugründung einer eigenständigen Zeitung. Das von Leif-Thore Deck Polykum war geboren. Die neue Zeitschrift sollte als offizielles Ver- bandsorgan des VSETH fungieren und als solches jedem Vereinsmitglied gratis zugestellt werden. cake Es ist kaum zu glauben, doch die Damit war auch die thematische Ausrichtung weit- erste Ausgabe des Polykum ist gehend vorgegeben: Man wollte sich auf studenti- bereits vor 25 Jahren erschienen. sche Themen beschränken, Vereins-Events vor- Am 9. Oktober des Jahres 1992 war die stellen und relevante Aktivitäten und Pläne der Stunde null: nicht mit einer ersten Ausgabe, ETH beleuchten. sondern eben mit einer Nullnummer. Schon Es gelang schnell, eine grosse Redaktion von damals wollte man Akzente setzen. In sei- Studierenden aus allen Fachbereichen aufzustel- nen 25 Jahren hat das Polykum unzählige len. Dadurch konnten die Artikelthemen so ausge- Themen aufgegriffen, die Studierende, ETH wählt werden, dass Studierende aller Bereiche und Gesellschaft betreffen – seien es Pla- stets etwas für sie Interessantes fanden. Die bal- nung und Fortschritt der Science City auf dige Eingliederung des ETH-Magazins ›ETH-intern‹ dem Hönggerberg, die Gründung neuer erlaubte es, sich bei Polykum-Artikeln noch stärker typewriter DOSSIER Departemente und Vereine oder die Ernen- auf studentische Belange zu konzentrieren, und nung und der Abschied diverser Persönlich- im Polykum-Teil der gemeinsamen Zeitschrift wurden von Zeit zu Zeit auch provozierende Artikel keiten der ETH-Gemeinschaft. In all der veröffentlicht. Zeit hat das Polykum auch akribisch den Die Finanzierung ist damals wie heute immer Studienalltag verfolgt und seine Leser ex- noch ein brandaktuelles Diskussionsthema. Natur- klusiv informiert. Damit bieten die Ausga- gemäss fiel es bei den ersten Ausgaben noch ben der vergangenen 25 Jahre eine einzig- schwer, überhaupt Partner für Anzeigen zu finden. artige Dokumentation der Studierenden- Zugleich hat sich der VSETH in den letzten 25 generationen vor uns. Es wird Zeit, einmal Jahren selbst stark weiterentwickelt: Damals war genauer zu stöbern. man politisch wesentlich aktiver als heute und dementsprechend weniger attraktiv für potenzielle Wie muss eine Studierendenzeitung aussehen? Werbepartner. Diese finanziell belastende Situa- Dazu hat vermutlich jeder seine eigene Meinung tion führte daher bald zu einer Professionalisie- und in 25 Jahren kommen zwangsläufig zahlreiche, rung der Zeitung und war letztlich auch Anlass zur ganz unterschiedliche Ansichten zusammen. Kooperation mit ›ETH-intern‹. Manche Leser bevorzugen vor allem professionell- informative Artikel, andere möchten lustige Details Professionalisierung und Neuorientierung aus dem Studienalltag erfahren und wieder andere Mit der Trennung vom ›ETH-intern‹-Nachfolger schauen sich ohnehin am liebsten Bilder an. Wie ›ETH Life Print‹ im Jahr 2013 wurde daher eine wird man dieser Vielzahl von Ansprüchen gerecht? Neuorientierung nötig. Von nun an wurden auch Wie kann man sicherstellen, dass die Zeitung nicht Hochschulthemen vermehrt ins Portfolio aufge- nur bei den Studierenden gut ankommt, sondern nommen, vor allem Vorstellungen von Instituten auch andere Leser, etwa ETH-Mitarbeiter und und Interviews mit Professoren und anderen ETH- Lehrende anspricht? Angehörigen. Gleichzeitig stieg mit dem Alter des Polykum auch das Alter seiner Redaktion – viele Vom holprigen Start zur erfolgreichen Mitglieder- Autoren blieben und bleiben ihm auch Jahre nach zeitung dem Verlassen der ETH und ihrem Studienende Damit eine solche Zeitung erfolgreich sein kann, noch treu. Das Polykum entwickelte sich mehr Die vielen Gesichter des Polykum: als Kehr- oder muss sie auf ebendiese Fragen Antworten finden. und mehr zu einer professionellen Zeitschrift mit (Wieder-)Solo-Zeitung, auf In seinen Anfangsjahren verfolgte das Polykum einer Struktur, die sich an etablierten Zeitungs- Zeitungs- oder Offsetpapier, in ganz die Strategie einer Zeitung von Studierenden medien orientiert. Farbe oder in Schwarz-Weiss. Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
– 12 – – 13 – arrow 1992 1995 2001 2001 2013 2014 2016 Das Polykum wird geboren! Umbau zur Kehrzeitung Druck vollständig Aus ›ETH-intern‹ Trennung von ›ETH Life Print‹ Vollständige Neugestaltung inklu- Grundlegende Modernisierung mit ›ETH-intern‹ in Farbe wird ›ETH Life Print‹ sive Wechsel von Papier und Format des Layouts Doch diese Entwicklung blieb nicht ohne Folgen. gehört zum VSETH – sie sitzt in keinem Elfenbein- 25 Jahre Polykum Life Print‹ und der Druck wurde vollständig auf Gerade in den letzten Jahren traten daher vermehrt turm. Im Mitgliederrat und anderen Organen des Farbe umgestellt. An dieser Struktur sollte sich Fragen nach den Zielen dieser stark gewachsenen VSETH wird regelmässig offen und demokratisch Ein kurzer Abriss lange Zeit, bis zum September 2013, nichts mehr Campuszeitschrift auf, die ursprünglich nicht mehr als ein Informationsorgan des VSETH gewesen war. über das Polykum debattiert, um eine bestmögliche Strategie für die Zeitung zu finden. Und tatsächlich: der Geschichte ändern. Denn zu diesem Zeitpunkt endete die Kooperation zwischen ›ETH Life Print‹ und Poly- Es kam Kritik, dass die Zeitung nicht mehr studen- So umfangreich und schnell wie in den vergang- kum: ›ETH Life Print‹ wurde als ›life – das Maga- tisch genug sei und die Themen am Studienalltag enen vier Jahren hat sich das Polykum noch nie Dünnes Zeitungspapier, 16 Seiten lang, der Inhalt zin für die ETH-Community‹ zu einer eigenständi- vorbeigingen. Dass man sie wieder verkleinern und weiterentwickelt. Dabei ermöglicht gerade die Kritik nur schwarz-weiss gedruckt und eine Ausgabe gen Publikation, die in dieser Form seither viertel- entprofessionalisieren sollte. Und weiter, dass eine unserer Lesenden, die Zeitschrift immer weiter zu jede zweite Woche – das ursprüngliche Konzept jährlich erscheint, und auch das Polykum wurde typewriter DOSSIER typewriter DOSSIER solche Zeitung in der heutigen Zeit der digitalen optimieren. hat mit dem heutigen nicht mehr viel zu tun. Ein- im Zuge dessen umgestaltet. Die Ära der Kehrzei- Medien ein veraltetes Relikt sei und bei der hohen Mit einem modernisierten Design und einem zig, dass die Zeitung standardmässig an jeden tung ging endgültig zu Ende, bereits 2014 erfolg- Auflage umweltschädigend dazu. verstärkten Fokus auf studentische Themen soll der Studierenden im VSETH verschickt wird, blieb bis ten ein Redesign, der Wechsel vom Zeitungs- Spagat zwischen einer sowohl studierendennahen heute Polykum-Grundsatz. Doch wie hat sich das zum heutigen Offsetpapier und zugleich zum Zurück zu den Wurzeln? als auch professionellen Zeitung gemacht werden. Polykum im Laufe der Zeit weiterentwickelt? Format A4. Doch es gehört eben auch zu den Vorteilen dieser Gleichzeitig soll mit einer intensivierten Werbestra- Im Laufe der Jahre wurden einige der be- Art von Zeitung, auf solche Kritik zeitnah und effek- tegie die Kostenbelastung für den VSETH gesenkt Die ersten Schritte zum Informationsorgan kannten Rubriken eingeführt – etwa der Ulf- tiv reagieren zu können: Die Polykum-Redaktion werden, ohne inhaltliche Einschnitte vornehmen zu Zunächst fokussierten sich die ersten Ausgaben vor Comic und das obligatorische Horoskop am müssen. Auch wurde der VSETH-Newsletter als allem auf rein studentische Themen: Aktuelle Infos Ende jeder Ausgabe. Auch die Platzierung der Informationsorgan deklariert, sodass es ausreicht, und Kalender zu Events von Fachvereinen und des Rubriken änderte sich stetig: So war ›Ulf‹ zu- wichtige Vereinsanlässe in diesem anzukünden. Das VSETH, Interviews mit Professoren und Personen aus nächst auf der Doppelseite in der Mitte der Zei- Polykum wurde dadurch flexibler – und die Weichen dem universitären Umfeld sowie diverse Kolumnen tung platziert, damit man ihn einfach heraus- für die nächsten Jahre sind gestellt. prägten die ersten Jahre. Dabei wurde die Redaktion, nehmen und aufhängen konnte. Inzwischen sind die zu Beginn nur aus drei Personen bestand, stetig an dieser Stelle meistens jene Artikel mit den Ein Ausblick auf die nächsten 25 Jahre vergrössert und die Themenvielfalt erweitert. aufwendigsten und ansprechendsten Bildern Gerade mit Blick auf die letzten Jahre hat das Zu einem ersten Einschnitt kam es jedoch verortet – denn die Seite ist auch die, die man Polykum eine rasante Entwicklung durchlaufen. schon wenige Jahre nach der Gründung: Das unbewusst häufig zuerst aufschlägt. Manche Rubriken wie beispielsweise der Ulf- Magazin wurde im Umfang verdoppelt und als Comic werden uns sicher noch lange erhalten Kehrzeitung gemeinsam mit ›ETH-intern‹ heraus- Das Polykum heute: modernes Design seit Sep- bleiben. Doch die stetig fortschreitende Digitali- gegeben. Von nun an verstand sich das Polykum tember 2016 sierung wird den Druck immer weiter erhöhen, den als Zeitschrift für alle Angehörigen der ETH. Egal Erst seit einem letzten, grundlegenden Redesign Schritt von einer papiergebundenen Zeitung zum ob Studierende, akademischer Mittelbau oder im September 2016 gibt es das Polykum im ver- modernen, multimedialen Informationsträger zu Professoren: Alle sollten angesprochen werden. trauten Layout. Auch einige der heute bekannten vollziehen. Schon jetzt sind die jüngsten Ausgaben Im Mittelpunkt standen beim Polykum aber noch Rubriken wurden erst in den letzten Jahren ein- online verfügbar – und wer weiss, vielleicht wird in immer studentische Artikel, wohingegen ›ETH- geführt, etwa das ›VSETH Pin-Up Board‹ zu Be- ein paar Jahren, im Zuge des nächsten Redesigns, intern‹ mit einer eigenen Redaktion klassische ginn jeder Ausgabe. Das Polykum sollte nach der So weit, so gut – der sogar der Druck eingestellt. Universitätsthemen behandelte, etwa die Vorstel- Trennung von ›ETH Life Print‹ wieder studenti- Status quo. Wenn sich Nur eines ist sicher: Geben wird es das Poly- lung neuer Institute und Kooperationen an der ETH. scher werden und sich daher auch wieder stärker optisch auch viel kum noch lange, doch wie es in ferner Zukunft auf die Aktivitäten des VSETH fokussieren. Im ver- verändert hat, bei einem bleibt's: aussehen wird, kann man unmöglich vorhersagen. Modernisierung zur Jahrtausendwende gangenen September wurde deshalb eine weitere Wir schreiben für die Wie stellt ihr euch die Zukunft des Polykum vor? Zu einer grundlegenden Neukonzipierung kam es Rubrik ergänzt, in der Fachvereine und Kommissi- Studierenden der ETH! Schreibt uns eure Meinung in einem Leserbrief! im Oktober 2001: Aus ›ETH-intern‹ wurde ›ETH onen ihre Aktivitäten vorstellen können. Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
– 14 – – 15 – Begegnung im IC Robert Strietzel hat Informationstechnologie und Elektrotechnik an der ETH studiert, Nicolas Müller Nicolas Müller begann anfangs Bauingenieurwissenschaften. Heute haben sie denselben September 2017 das 18-mona- Arbeitgeber, die SBB. Auf einer Zugfahrt treffen sie sich tige Technical Trainee-Programm der SBB. Er schloss im Sommer zum Austausch über Arbeitsanfänge, Unterneh- 2017 das Masterstudium in Bau- ingenieurwissenschaften an der mensalltag und berufliche Leidenschaften. ETH Zürich ab, mit Vertiefung Interview von Julia Ramseier Verkehr und Geotechnik. Zwi- schen Bachelor- und Master- studium absolvierte er zwei Praktika als Bauingenieur und Bauleiter. In den ersten sechs Monaten seines Trainee-Pro- Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus, Sie haben Elektrotechnik und ICT an der ETH gramms arbeitet er im Bereich was sind Ihre inhaltlichen Schwerpunkte? studiert. Wie war der Übergang vom Studium zu Fahrbahn und Geomatik. Zu- Ihrer derzeitigen Arbeit bei der SBB, wie viele dem plant er – zusammen mit RS Ich arbeite in der Regel drei Tage im Büro Stationen haben Sie durchlaufen und warum? seinem Mentor – seine weiteren in Zollikofen, die restliche Zeit bin ich un- Einsätze, optional einer davon terwegs und arbeite an anderen Standor- RS Ich wollte unbedingt Erfahrung in einem bei einer Partnerunternehmung ten, im Homeoffice oder im Zug. Den Zug Unternehmen von der Grössenordnung der Fotos: Hannes Hübner der SBB im In- und Ausland. schätze ich als Arbeitsplatz, weil ich da SBB sammeln. Das hat sich bereits wäh- gut organisatorische Arbeiten erledigen, rend meines Studiums gezeigt. Daher habe typewriter DOSSIER typewriter DOSSIER Mails beantworten oder Präsentationen ich dann auch meine Masterarbeit bei der vorbereiten kann. Der Hauptteil meiner SBB im Bereich ›Netzbetrieb/Bahnstrom- Aufgaben fällt bei laufenden Projekten an versorgung‹ geschrieben. Daraus hat sich und hat einen klar umrissenen Zeithorizont. eine Festanstellung im selben Arbeitsbe- Nur wenige Aufgaben sind wiederkehrend. reich ergeben. Inhaltlich liegt mein Schwerpunkt auf dem von der SBB betriebenen Stromnetz. Zusammengefasst geht es bei meiner Wie kommt man in Ihrem Fall von einer Assistenz Arbeit um die Effizienz, Ausfallsicherheit am Institut für Geotechnik der ETH dazu, Techni- Können Sie Ihre im Fachstudium erworbenen Wir suchen Sie! wie viel CO₂-Ausstoss bei der Produktion und Optimierung dieses Netzes. Ein kon- cal Trainee bei der SBB zu werden? Kenntnisse in Ihrer täglichen Arbeit anwenden? In keinem anderen Land der von Strom anfällt, und da spielen dann kretes Beispiel dafür wäre etwa die auto- Welt wird mehr Bahn gefah- auch Umweltauflagen eine Rolle. Robert Strietzel ist als Fach- matische Spannungsoptimierung in der NM Verkehr und Geotechnik haben mich im NM Die Grundlagenforschung (Geotechnik ren als in der Schweiz. Die spezialist Bahnstromversor- Leitstelle. Studium bereits sehr interessiert, aber wie und Unterbau) hat mir beim Einstieg bei SBB ist mit ihren 33 000 NM Das ist bei mir auch so, ich muss bei ganz gung für den sicheren und mein konkretes Berufsbild aussehen würde, der SBB geholfen, aber natürlich musste Mitarbeitenden nicht nur die vielen technischen Details darauf achten, effizienten Betrieb des SBB NM Bei mir ist es ähnlich. Ich bin einer der 24 wusste ich da noch nicht. Klar war mir aber ich mir spezifische Kenntnisse für mein grösste Reise- und Trans- wo die Fahrbahn ist und in welchen Kon- Hochspannungsnetzes verant- Trainees, die jährlich ihr Programm bei der nach fünf Jahren ETH-Studium, dass ich derzeitiges Arbeitsfeld erst aneignen. portfirma der Schweiz, text sie »eingebettet« ist. Beim Fahrbahn- wortlich. Er hat an der ETH SBB starten. Wir durchlaufen ein 18-mo- lieber in einem Unternehmen arbeiten Sicher bringt man neben dem Fachwissen sondern auch eine der bau muss unter anderem darauf geachtet Zürich Elektrotechnik und natiges Programm, in dem wir verschiedene wollte, als eine akademische Laufbahn zu aber auch grundsätzliche Skills vom grössten Immobilienbesitze- werden, dass Schutzräume für Kleingetier Informationstechnologie stu- Arbeitsbereiche im Unternehmen kennen- verfolgen. Daher ist das Trainee-Programm ETH-Studium mit: Zielvorgaben einzuhal- rinnen und IT-Arbeitgeberin- wie Eidechsen gewahrt bleiben. diert und war während seines lernen. Das allein bringt schon keine sich ideal für mich, weil es mir die Möglichkeit ten, strukturiert und analytisch vorzugehen nen der Schweiz. Bei der Studiums als Hard- und Soft- ständig wiederholende Arbeitsroutine mit bietet, in verschiedene Unternehmensbe- oder auch methodisches Denken zur SBB können Sie Ihre Ideen wareentwickler bei verschiede- sich. Derzeit arbeite ich im Bereich Fahr- reiche bei der SBB hineinzuschauen und so Problemlösung anzuwenden. einbringen, mit Kundinnen Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit? nen Start-ups tätig. Nachdem bahn und Geomatik und bin rund drei Tage den passenden Arbeitsbereich für mich zu und Kunden arbeiten und er für seine Masterarbeit zum pro Woche im Büro in Olten, die anderen finden. Dabei helfen auch die persönlichen RS Ich arbeite heute sehr viel im Bereich der schnell Verantwortung RS Ich mag, dass ich keinen Standardarbeits- Thema ›Modellierung von zwei Tage unterwegs. In diesem Bereich Ansprechpartner/innen im Unternehmen: Simulation von Stromnetzen und das war übernehmen. Qualifizierte ablauf habe, dass ich projektabhängig ar- Nebenverbrauchern im SBB dreht sich alles um Tiefbau, auf die SBB Mein Götti, zum Beispiel, ein ehemaliger bereits ein grosser Bestandteil meines Stu- und engagierte Mitarbei- beite und dadurch sehr viel Themenbreite Stromnetz‹ bereits mit der SBB bezogen heisst das »Schiene, Schwelle & SBB Trainee, der in einem anderen Fach- diums. Insofern kann ich hier das Wissen tende sind für unseren Erfolg und Abwechslung entsteht. zusammengearbeitet hatte, Schotter«. In diesem Arbeitsbereich werde bereich arbeitet, oder mein Mentor, eine aus dem Fachstudium gut anwenden. Aller- entscheidend. wurde er nach Abschluss des ich sechs Monate arbeiten, danach mein Person aus dem SBB Top-Kader. Sie sind dings sind Stromnetze immer auch einge- Darum setzen wir auf mo- NM Während des Trainee-Programms bin ich Studiums im Bereich SBB Wissen in drei weiteren sogenannten für mich da, etwa wenn es darum geht, die bettet in Kontexte – da spielen zum Bei- derne Arbeitsformen, attrak- relativ frei in der Wahl meiner Einsatzberei- Energie als Fachspezialist Förderstellen von je vier Monaten erwei- Entwicklung meiner Arbeitsleistung oder spiel Umweltaspekte eine Rolle. Daher bin tive Anstellungsbedingungen che und Projektmitarbeit. Ich bekomme so eingestellt. Aktuell beschäftigt tern. Teil unseres Programms ist, dass wir meine nächsten Stationen im Unternehmen ich froh, dass ich in meinem Studium auch und eine umfangreiche einen intensiven Einblick in verschiedene er sich mit der Weiterentwick- uns auch mit anderen Trainees austau- zu besprechen. interdisziplinäre Interessen in den Feldern Aus- und Weiterbildung. Abteilungen der SBB und muss nicht von lung von Netzsimulationen und schen. Dafür gibt es regelmässige Treffen. Umweltpolitik und Businessmanagement Werden Sie Teil der SBB und »9-5« in einem Büro sitzen. Als Berufsan- Koordination von Eingriffen in So kann ich mir auch ein internes Netzwerk vertieft habe. Eine interdisziplinäre Frage vollbringen Sie gemeinsam fänger finde ich es schön, dass ich diese das Hochspannungsnetz. aufbauen. beim Betrieb eines Stromnetzes ist etwa, täglich eine Meisterleistung. Vielfalt erleben kann. Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
– 16 – – 17 – Ansichten zur Zeit Eine Umfrage an der ETH zu unserem ganz alltäglichen Ivan Graum Begleiter: Tempus fugit! ann, Physik- Doktorand von Nathalie Wehrli its Ge sundhe helor in h n e id er, Bac ologie tte Sc echn Bachelor in Biologie Charlo chaften und T Florencia Zwicky, e n s wiss Was war die längste Minute deines Lebens? Was war die längste Minute deines Lebens? Minute... Sekunde wäre leichter zu beantwor- Ich habe früher Gitarre gespielt und erinnere ten: Da fällt mir spontan Klippenspringen ein. mich noch exakt an meine Gitarrenprüfungen. Wenn man aus 15 Metern irgendwo runterspringt, Diese Minute, in der ich da vor dem Prüfer sass Was war die längste Minute deines ist man vielleicht zwei Sekunden in der Luft, aber und darauf wartete, mein Vorspiel beginnen zu Lebens? es kommt einem vor wie fünf oder zehn Sekunden. Was war die längste Minute deines dürfen – da war ich immer unglaublich nervös Als ich nach der letzten Operation Lebens? und entsprechend endlos erschien mir dieser typewriter DOSSIER typewriter DOSSIER aufgewacht bin. Ich hatte nicht nur In welche Zeit würdest du gerne reisen? Spontan fallen mir da die Warte- Moment. Auch die Minute danach, als ich zu spie- starke Schmerzen, ich konnte auch 500 Jahre in die Zukunft? 1 000 Jahre sind zeiten an der Bushaltestelle ein. Gerade len begann und mich langsam vom Stück treiben nicht sagen, wo ich bin, und habe zu vermutlich zu viel. Da könnte es gut sein, dass gar im Winter, wenn es draussen bereits liess, hatte etwas Unendliches an sich. allem Übel auch nichts gehört. Das war nichts mehr existiert. Da, denke ich, sind 500 eiskalt ist, kommt einem so eine Minute schon sehr unangenehm. Jahre noch sicher. unglaublich lange vor. In welche Zeit würdest du gerne reisen? Ich glaube, ich würde lieber in die Vergangenheit In welche Zeit würdest du gerne Nostalgie-Moment: Was vermisst du von In welche Zeit würdest du gerne reisen. Nach Paris, irgendwann im 19. Jahrhundert. Ich reisen? früher? reisen? finde es faszinierend, mir vorzustellen, wie die Leute 300 Jahre in die Zukunft vielleicht? Eine gewisse Verantwortungslosigkeit, die man Definitiv in die 1980er! Warum? damals gelebt haben und was für eine Stimmung Möglicherweise sind wir dann technolo- als Kind noch hatte, auch gegenüber sich selbst Wegen der Kleidung [lacht]. herrschte. Aber vielleicht nicht gerade in die 1920er, gisch bereits so fortgeschritten, dass [lacht]. so unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg [lacht]. wir uns an andere Orte beamen können. Was bedeutet Zeit für dich? Angenommen, morgen fallen unerwartet alle Ich sehe Zeit als Konstrukt, welches Was bedeutet Zeit für dich? Was bedeutet Zeit für dich? Vorlesungen, Seminare, Übungen und Prak- uns Menschen helfen soll, Termine ein- Zeit ist etwas, wovon man nie genug hat. Zeit heisst vor allem Planung. Das tika aus – was würdest du mit dem freien Tag zuhalten. Gleichzeitig erleben wir Zeit Nicht, dass ein Tag zu wenig Stunden hätte, das ist für mich kein Müssen und hat inso- machen? aber auch sehr subjektiv, was den uni- meine ich damit nicht. Es ist bloss nicht leicht, fern auch nichts Krampfhaftes an sich. Ich würde wohl bis 12 Uhr schlafen und dann versalen Charakter dieses Zeitkonstrukts neben der Arbeit und den Dingen, die man sonst Vielmehr ist gute Zeitplanung ein wich- klettern gehen. auch wieder relativiert. noch so macht, die verbleibende Zeit gut einzutei- tiges Werkzeug, welches mir hilft sicher- len. Die Zeit vergeht einfach immer viel zu schnell. zustellen, dass ich zu allem komme, Was würdest du deinem jugendli- was ich machen möchte, und gleichzei- chen Ich gerne sagen? Wo siehst du uns in zehn Jahren? tig auch verhindert, dass mein Leben »Mach so weiter wie bis anhin.« Ich finde es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig, chaotisch wird. [lacht] das abzuschätzen. Ich könnte mir vorstellen, dass immer mehr automatisiert wird. Wer weiss? Gut Was würdest du deinem jungen Ich möglich, dass wir Menschen dann mehr Zeit ha- gerne sagen? ben, weil uns Roboter einen Teil unserer Arbeit Fotos: Hannes Hübner, Nathalie Wehrli Nimm es locker im Leben. abnehmen werden. David Schaurecke r, Bachelor in Phys ik Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
– 18 – – 19 – Was war die längste Minute deines Lebens? Vielleicht nicht gerade die längste Minute... Aber die längsten Momente im Alltag sind zum Beispiel Was war die längste Minute deines Lebens? die, in denen man darauf wartet, dass Daten wie zum Schwierig. Wohl etwas Unangenehmes, die Beispiel ein Bild endlich vollständig geladen sind. schönen Momente gehen ja bekanntlich immer Sowas erscheint mir immer wie eine halbe Ewigkeit. viel zu schnell vorbei. Vermutlich, als ich in den technik in Elektro Sommerferien am Gepäckband auf meinen Koffer c o m u z z i, Master In welche Zeit würdest du gerne reisen? ia warten musste. Ein Gepäckstück nach dem ande- Sandro G tionstechnologie Zum Übergang vom »Urmenschen« zum Homo a und Inform ren erschien – nur mein Koffer nicht. Schliesslich sapiens. Mich nimmt es wunder, was da für Schlüsseler- war das Gepäckband leer und ich stand immer eignisse stattgefunden haben, die uns Menschen zu dem noch mit leeren Händen da. Immerhin: Einen Tag gemacht haben, was wir heute sind, aber auch, wie sich später wurde mir mein Koffer dann nachgeliefert. unsere Denkweise damals von unserer heutigen unter- schieden hat. Wie haben wir die Welt wahrgenommen? In welche Zeit würdest du gerne reisen? In welche Zeit würdest du gerne Um das alles in Erfahrung zu bringen, würde ich einen In die Zukunft gerade eher nicht. Also in die reisen? Tag aus der Sicht eines solchen Urmenschen erleben Vergangenheit – vielleicht ins alte Ägypten, sehen, Lea Gyger, Bachelor in Erdwissenschaften Eher in die Zukunft. Sagen wir: 200 wollen – vorausgesetzt natürlich, ich überlebe diesen wie Cleopatra gelebt hat und wie die Pyramiden Jahre in die Zukunft. Mich nimmt es wun- Ausflug und kann die daraus gezogenen Erkenntnisse erbaut wurden? der, wie sich unsere Gesellschaft entwi- und Erinnerungen in die Gegenwart mitnehmen [lacht]. ckelt haben wird. Aber vielleicht gibt es Was bedeutet Zeit für dich? dann ja gar keine Menschen mehr, bloss Was bedeutet Zeit für dich? Teilweise stressig, aber auch schön, wenn man noch Roboter [lacht]. Ich habe das Gefühl, dass die Zeit so, wie wir sie die Möglichkeit hat, sie zu geniessen. Diese ganze Was war die längste Minute deines im Alltag verwenden, extrem subjektiv ist. Ein Beispiel: »Zeit ist Geld«-Einstellung wird in der Arbeitswelt Lebens? Was bedeutet Zeit für dich? jemand, der an einem Abend zu steil ging und danach viel zu hoch gewertet und ist bis zu einem gewis- Gute Frage. Ich weiss es nicht. Zeit ist für mich eine Ressource. Ich einen Filmriss hat. Haben sich die folgenden Ereignisse sen Grad auch gefährlich für unser psychisches kann von ihr schöpfen, um Dinge zu tun. tatsächlich so zugetragen für diese Person, wenn sie typewriter DOSSIER typewriter DOSSIER Wohlbefinden. Im Moment bedeutet Zeit für mich In welche Zeit würdest du gerne doch überhaupt keine Erinnerung an diese Nacht hat? vor allem gute Planung, damit auch wirklich alles reisen? Was würdest du deinem Ich von vor Für mich bedeutet Zeit auch, mir diese bewusst zu reinpasst in einen Tag. Dadurch lernt man die ge- In die Vergangenheit, ein paar Milli- zehn Jahren gerne sagen? nehmen. Mein Körper hat mir in der Vergangenheit oft zu gebene Zeit aber auch als etwas Wertvolles zu onen Jahre vor unserer Zeit [lacht]. [lacht] »Tu's nicht!« Nein, ich glaube, verstehen gegeben, dass ich einen Gang runterschalten schätzen. Dann kann ich die Erde mal etwas an- ich würde meinem jungen Ich ans Herz muss. Ich habe mich selber mit zu vielen Dingen ge- ders sehen – das ist sicher spannend legen, das Studium zielgerichteter anzu- stresst und musste lernen, mir für diese einfach mehr Was würdest du deinem Ich von vor zehn mit den Kontinentalplatten. Aber nur für gehen und sich im Voraus zu überlegen, Zeit zu lassen und damit aufzuhören, mich dermassen Jahren gerne sagen? eine Weile, danach möchte ich doch was es danach damit anstrebt. Aber ich durch den Alltag zu pushen. Nun schlafe ich häufig aus, Mach dir nicht zu viele Gedanken [lacht]. auch wieder zurück in unsere Zeit. könnte mir vorstellen, dass es da anderen lerne dann, wenn ich mag. Ich warte im Alltag also ei- ähnlich geht wie mir. gentlich auf die Zeit und schaue, was sie mir für Mög- Was ist Zeit in deinem Leben? lichkeiten bereithält. Dadurch habe ich das Gefühl, Zeit Zeit ist etwas, von dem man meis- Wofür hättest du gerne mehr Zeit? viel intensiver zu erleben. Die effektive und die gefühlte tens nicht genug hat. Dafür ist sie auch Für Ruhezeiten. Diese Zeiten, in Zeit sind auch nicht kongruent. Häufig leben wir unserer etwas Wertvolles. denen zur Abwechslung mal gar nichts Zeit voraus, machen uns Gedanken darüber, was pas- los ist und man wieder ein Buch in die sieren könnte, und beginnen ein Zeitgefühl für solche Wo siehst du uns in zehn Jahren? Hand nehmen kann – und dann auch Ereignisse zu entwickeln, obwohl diese noch nicht ein- Ich weiss es nicht, hoffe aber sehr, einfach den ganzen Tag liest. mal stattgefunden haben. Hinzu kommt, dass die Zeit dass wir Menschen auch in zehn Jahren in den eigenen Erinnerungen nicht zwingend linear ver- noch miteinander kommunizieren und läuft: So wird die Abfolge bestimmter Ereignisse in der nicht alles über digitale Kanäle laufen Erinnerung vertauscht und auch beim Träumen verlau- wird. fen die zwei Zeitebenen – die reale und die erlebte – nicht parallel zueinander. Wofür hättest du gerne mehr Zeit? Mehr Zeit, um Freunde zu besuchen Wofür hättest du gerne mehr Zeit? und auch wirklich Zeit für sie zu haben. Ich hätte gerne sehr viel mehr Zeit für Musik. Musik ist etwas, das Zeit braucht und gleichzeitig ng entwicklu auch von ihr lebt. Das kommt gerade definitiv zu kurz. r in Raum n a G lo o r, Maste e Kime ystem strukturs und Infra t Biologie Roman Vonwil, Lehram Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
– 20 – – 21 – 24 Stunden Langstrasse Impressionen Was war die längste Minute deines [ 6:13 ] Lebens? Dem Bann der Langstrasse entzieht man sich Das Nachschauen der Resultate nicht. Die erste Zigarette schmeckt, wie die Lang- von der Basisprüfung. Alle meine Kolle- strasse an diesem Samstagmorgen aussieht: vorwie- r ETH Zürich gen hatten ihre bereits und ich musste noch warten, bis die Seite endlich fertig geladen war. einer kollektiven gend schal und ein bisschen ungesund. Nahe dem Limmatplatz spucken die Essensbuden die letzten Nachtschwärmer aus, während Lastwagen unter- schiedlicher Grösse ihre Waren entladen. Insgesamt Performance es Martin, Dozent an de Dr. Oliver Yv sind mehr Fahrzeuge als Menschen unterwegs. (D-BIOL & IB Z) In welche Zeit würdest du gerne reisen? [ 6:35 ] In die Vergangenheit. Ich denke, die »Ey, Kamera!«, bemerkt ein 30-Jähriger interes- siert das klobige Ding in meiner Hand, nur um fortzu- Industrialisierung war eine sehr span- Was war die längste Minute Ihres Lebens? nende und bewegte Zeit. Ich würde aber Unser Autor macht den Selbst fahren: »Täsche dihei vergässe. Häsch zäh Franke für mich? Oder foif.« Mich plagt kein schlechtes Gewissen, Das war bei der Geburt unserer ältesten Tochter. Sie begann nicht sofort zu atmen: Ich mag mich noch auch gerne noch weiter zurück, zum Beispiel ins Mittelalter. Einen Tag Ritter versuch: 24 Stunden an einem Ort, lügend zu verneinen, er hat sich auch keine Mühe gemacht, seinen Coup glaubwürdig zu verkaufen. sehr klar an diesen Moment erinnern, besonders an die Reaktionen der verschiedenen Leute im Raum. sein – so eine Kindheitsfantasie eben [lacht]. der in Zürich berühmt-berüchtigt [ 6:54 ] Wahrscheinlich waren es bloss dreissig Sekunden, aber es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Zeit ist... ist. Was dabei herauskommt? Die Nähe der Josefstrasse setze ich mich auf eine Bank, neben mir schläft ein Mann. Er wacht kurz auf, Chronologie einer etwas anderen setzt sich auf, legt sich wieder nieder und schnarcht ...wertvoll. Man muss sie halt auch weiter. Zwei Denner-LKWs sind fertig mit Entladen Wie sieht Ihr Umgang mit Zeit aus? immer gut einteilen. Wobei ich es auch und fahren. Ich mache mich auf die Suche nach Als Biologe habe ich etwa im Zusammenhang mit immer schön finde, mal Zeit zu haben, Normalität. einem Frühstück. Tag-Nacht-Rhythmen mit Zeit zu tun, so auch beim die ich nicht einteilen muss. Wenn man Text und Fotos von Sebastian Wagner [ 7:37 ] Untersuchen der Auswirkungen von Alter auf verschie- sagt: »Ich nehme mir jetzt eine Stunde Jenseitig der Gleise sieht's anders aus. Ecke dene Prozesse. Im alltäglicheren Umgang mit Zeit kommt Zeit für mich«, dann gibt es ja fast schon [ 6:31 ] Langstrasse/Dienerstrasse. Aus der Piranha-Bar mir da als Erstes diese Zeitplanung in den Sinn. Wie will wieder den Zwang, etwas machen zu dröhnt unermüdlich Salsa, von der anderen Strassen- typewriter DOSSIER ich meine Zeit einteilen und wie schaffe ich es, dass alles müssen. Ich meine daher auch eher Zeit, seite wummert nicht besonders abwechslungsrei- reinpasst? Als Vater ist es natürlich auch spannend zu um sich einfach mal hinzusetzen und cher Bass aus dem Lambada. Die Kakophonie wird perfektioniert durch Partymenschen in teils bedenk- sehen, wie Kinder verschiedener Altersstufen über ein dann zu überlegen, was man jetzt als licher Schieflage, die brüllen, lachen und Glasscher- komplett unterschiedliches Zeitgefühl verfügen. So Nächstes machen könnte – oder um sich ben zertreten. Zwischen ihnen balancieren die orange- können sie sich nicht erklären, wie die tollen Zeiten immer auch mal zu erlauben, gar nichts zu tun. farbenen Männer der ERZ geübt hindurch. Einer der wie im Flug vergehen, wohingegen langweilige Beschäfti- Feiernden hat »Sorry, not sorry« auf seinem T-Shirt gungen scheinbar eine halbe Ewigkeit beanspruchen. Ich hätte gerne mehr Zeit für... stehen und hebt seine Stimme, die heute Nacht ...mich selber. Zeit, die nicht bis offenbar schon einiges erlebt hat, zu einem Soul- Solo an. Man ist begeistert. Zeit ist etwas Subjektives und so scheint auch zur letzten Sekunde durchgeplant wer- die Grösse eines Organismus' dessen Zeitwahr- den muss. Etwas, das man an der ETH [ 7:57 ] nehmung zu beeinflussen. Wie sehen Sie das? natürlich nicht unbedingt hat, beson- Jetzt kommt die Polizei: Zwei unglaublich gut Prinzipiell kann man schon sagen, dass es in der ders wenn noch eigene Pläne und Hob- aussehende Beamte fangen Schwätzchen mit dem Tierwelt Organismen gibt, die über ein sehr genaues bys dazukommen. Türsteher der Piranha-Bar an. Einer der beiden Poster- Polizisten zündet sich eine Zigarette an und fordert ein Zeitempfinden verfügen. Natürlich besteht diesbezüglich paar Übriggebliebene, die am Boden sitzen, zum Auf- eine grosse Variabilität, da auch die Lebensdauer ein stehen auf. Der andere lässt sich von einer schick an- ausschlaggebender Faktor dafür ist, wie Zeit wahrge- gezogenen Dame seinen Bart komplimentieren. Vom nommen wird. Sprechen wir von einem Organismus, der »Schrecken Polizei« ist auf der Party nichts zu spüren. bloss ein paar Tage lebt, dann wird dieser eine Sekunde »Guate Morge, ich bi de...« – ein Typ Mitte zwanzig sicherlich völlig anders erleben als wir. [ 7:20 ] [ 7:22 ] torkelt auf mich zu. Seinen Namen verstehe ich nicht, aber er erklärt der versammelten Menge, dass er heute nicht arbeiten müsse und heute und morgen deshalb Was würden Sie Ihrem früheren Ich gerne sagen? alles trinke. Er zieht weiter, schüttelt mehrere Hände Bewusster mit der Zeit umzugehen. Früher dachte und auch ich setze meine Suche nach einem Café fort. ich immer, ich hätte alle Zeit der Welt [lacht]. Heute sehe ich das eher so, dass man gewisse Zeitabschnitte hat, die man auch gleich nutzen kann, um bestimmte Dinge zu erledigen. Wenn ich also heute zehn Minuten Zeit habe, dann finde ich bewusst eine Beschäftigung, die angepasst ist auf die mir zur Verfügung stehende Zeit. Da dachte ich früher vielleicht eher, dass es sich doch gar nicht lohnt, in diesen zehn Minuten überhaupt Tobias Staube r, Bachelor in noch etwas anzufangen [lacht]. schaften Bauingenieurw is sen- Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
[ 8:20 ] – 22 – – 23 – [ 18:03 ] [ 8:16 ] [ 10:30 ] Ein gemütliches Frühstücksplätzchen zu finden, Bis zum Limmatplatz komme ich nicht. Nach stecherei, die hier vor zwei Wochen stattgefunden kende Schweizer würdigen die Szene keines Blickes, das gestaltet sich nicht so einfach: Fettiger Geruch einem misslungenen Fotoversuch vor der Piranha- hat. Die Überwachungskameras liefen nicht, am nur die leichten Mädchen aus den benachbarten wabert aus den Bäckereien, in deren Zielgruppe ich Bar beschwert sich eine junge Frau lautstark über Ende stünde es Aussage gegen Aussage, aber er Lokalen kommen angerannt und protestieren. Mami mich im Moment nicht befinde, und auch die char- meinen Voyeurismus. Obwohl sie gar nicht auf dem wisse genau, wer zuerst geschlagen habe. Er geht geht und lächelt uns zum Abschied zu. Ich verab- mantesten Angebote für bezahlten Sex sind nicht Foto ist – genau genommen ist darauf gar nichts zu etwas essen, aber meine neu gewonnene Freundin schiede mich auch, die Blonde gibt mir ihren In- das, wonach ich suche. erkennen –, gehe ich zu ihr hinüber. Mit Dosenbier ist noch nicht bereit, die Nacht hinter sich zu lassen, stagram-Account, die Krankenschwester sagt: in der Hand klärt sie mich über die Weissen auf, die und schlägt eine Runde Tequila vor. »This is not reality.« Ich folge meinem Hunger in [ 8:40 ] immer nur was sehen wollen, aber eigentlich arme Richtung Limmatplatz. Endlich Kaffee und Gipfeli. Auf einer Bank bei Hunde seien. Ein Taxifahrer kommt vorbei, sie ken- [ 11:46 ] der Tramhaltestelle ›Helvetiaplatz‹ sitzend kommt nen sich und er wagt ein paar halbherzige Flirtver- Wir kommen zu einem Lokal, das von einer [ 15:07 ] eine Dame mit riesigem Rollkoffer vorbei: »Gebed suche. Ihren Verstand trübt kaum, dass sie nicht liebenswerten Dame um die sechzig geführt wird, Mehrere Versuche, eine Zwischenbilanz zu Sie de Vögeli au es bizzeli, die händ Hunger. Guate ganz nüchtern ist. Plötzlich schreit sie auf – eine die hier alle »Mami« nennen. Meine Begleiterin ziehen, sind fehlgeschlagen. Wieder an der Diener- Morge!« Sie lacht und rattert mit ihrem Gepäck Rangelei auf der anderen Strassenseite! Einer liegt bekommt das Übliche – Whisky-Cola. Ich tu es ihr strasse, vor dem Denner, versuche ich nun eine weiter, worauf ein paar Tauben das Interesse an am Boden, viel Aufregung, passiert ist kaum was, nach. Die vielen knapp bekleideten Damen unterhal- Revue über den Morgen, während sich unweit etwa meinen Bröseln verlieren und auseinanderstieben. der Aggressor schon verschwunden. Es ist nicht ten sich auf Spanisch, Portugiesisch über die ver- fünfzig Grashopper-Hooligans zusammenrotten, Die ersten Kinderstimmen sind zu hören. ganz klar, ob er aufgrund der Auseinandersetzung gangene Nacht. Sie zünden sich gegenseitig die Fangesänge grölen und von Polizisten, die mit Trä- Mühe hat, wieder aufzustehen, eher liegt es wohl an Zigaretten an, lachen und laufen eine nach der nengasgranaten bewaffnet sind, bewacht werden. [ 9:13 ] seinem Zustand. Es gelingt ihm schlussendlich mit anderen nach Hause. »Voy a dormir, mañana!« Die Dame war offenbar auf dem Weg zum Unterstützung. Er legt sich auf die Bank gegenüber [ 15:52 ] Flohmarkt beim Xenix, von dort kamen auch die von uns. Ein anderer mit Rossschwanz fängt an [ 12:01 ] Während ich mit meiner Chronologie aufgeholt Kinderstimmen. Da ist schon richtig was los. Die herumzupöbeln, auch nicht gerade taufrisch. Die Eine Bekannte von meiner Tischgenossin habe, haben neben mir ein paar Leute um die vierzig Leute feilschen mit den Händlern um Silberbesteck junge Frau lässt sich das nicht gefallen und brüllt kommt vorbei, sichtlich neben der Spur. Meine Be- Platz genommen. Sie trinken Dosenbier und teilen und Pelzmäntel – »Nei, me muess nöd alles ha!« –, ihm ein gepflegtes »Fuck you!« ins Gesicht. Der gleiterin prüft ihren Puls – das macht sie offenbar sich ein Essenspaket aus dem Denner, streiten drum, Kuhglocken und Äxte, Ayran-Mixer und Trompeten. Angesprochene ist verdattert und braucht ein wenig, professionell – und sagt, das sehe nicht gut aus. wer etwas erzählen darf, eine Anekdote über franzö- Ich suche nach einem schönen Aschenbecher. um ebenselbiges murmelnd zu retournieren. Er Sie will sie aufs WC bringen, damit sie sich das sischen Weichkäse gewinnt. Es folgen Geschichten widmet sich dem Schlafenden, der auf einmal wie- Gesicht waschen kann. Die beiden werden aber über Tätowierer und wer schon alles die Mietkündi- [ 9:51 ] der hellwach ist. Sie unterhalten sich auf Spanisch, prompt von Mami hinausgeworfen: »Du bisch so gung bekommen hat: alle. Ich gehe los, verabschiede Plötzlich herrscht grosse Aufregung: Die Stand- man kommt ins Gespräch, sie sind aus Peru oder zue, gang weg!« Die Proteste der fürsorglichen mich knapp, worauf ein dichter Regen mit besten besitzer vermessen in beflissener Selbstkontrolle Kolumbien oder Mexico oder Bolivien, das ist nicht Freundin bringen zumindest noch einen Becher Wünschen für Nachmittag, Abend und das Leben ihre Marktstände, die Arrangements müssen den ganz klar. Wasser für die Leidende, die das wegleert, sich auf mich einprasselt. gemieteten Parametern entsprechen. stattdessen Cola von den Flaschen auf unserem [ 11:32 ] Tisch einschenkt und von dannen zieht. Meine [ 16:21 ] typewriter DOSSIER typewriter DOSSIER [ 10:05 ] Mit meinem reluktanten Fotomodell quatsche Begleiterin presst mit Tränen in den Augen hervor: Ich habe mich auf eine Bank neben der Bahn- Bepackt mit Kabelrollen, Velos, Zinnbechern ich noch ein bisschen weiter. Sie glaubt mir nicht, »Weisch, Mami, sie isch au en Mensch!« Die bleibt Unterführung gesetzt. Die vorbeifahrenden Züge und Spielzeug verlassen die ersten glücklichen was ich hier mache, vergewissert sich aber mit Blick hart, aber ihre Augen verraten resignierte Trauer erinnern mich entfernt an die Normalität. Ich bin Käufer den Platz. Unter den Händlern ist man vor- auf meinen Studentenausweis und lacht dabei [ 01:29 nur ] hinter der Fassade. Unsere Getränke sind leer, keine zehn Stunden hier – und wähne mich in einer sichtig optimistisch: »Etz isch scho fascht halbi elfi. ein bisschen über mein Portrait. Auch wenn Freund- meine Begleiterin lädt mich auf einen doppelten anderen Welt. Die Designermäntel, Elektroroller und S'Gschäft isch nöd guet hüt, d'Lüüt schlafet na.« lichkeit nicht gerade das Paradigma der Langstrasse Tequila ein, bald lachen wir wieder. Hunde der Langstrasse-Freizeit-Flanierer wirken [ 9:01 ] Untereinander drehen sich die Gespräche haupt- ist, herrscht doch Respekt hier. Einer mit Rausche- [ 18:51 ] seltsam fremd. Auch meine Kamera passt nicht sächlich um alte Flohmarkthändler. »Häsch de bart setzt sich zu uns, offenbar auch kein Unbekann- [ 12:39 ] wirklich hierher. kännt?«, hört man alle paar Minuten. Einer davon ter hier. Mit angenehmem Timbre erzählt er von Nach einem kurzen WC-Besuch hat sich eine will mir ein Plüschpony mit rosa Mähne andrehen. trächtigen Tauben, Polizei in Zivil und der Messer- Frau auf meinen Platz gesetzt. Ihre blondierten [ 17:45 ] Ich widerstehe der Versuchung, bleibe aber auch Haare erheben sich senkrecht über die mächtige Der Asphalt liegt ruhig vor dem Sturm. Es be- mit meiner Aschenbechersuche erfolglos. Zurück Sonnenbrille, die mit Nieten besetzt ist. Erschrocken ginnt erneut zu regnen, dieses Mal leicht, mir ist kalt Richtung Limmatplatz. überlässt sie mir meinen Platz, bleibt aber bei uns und ich setze mich in das Bushaltestellenhäuschen am Tisch. Ich lese den beiden Frauen meine bisheri- am Helvetiaplatz und rauche. gen Notizen vor. Sie haben natürlich bessere Ideen, die sie in mein Buch kritzeln. Wie ein Märchen soll es sein, »fuck a little«, das sei in jedem Märchen essenzieller Bestandteil. Am Café schlendert wäh- renddessen die andere Normalität vorbei: Rennvelos und Menschen in eleganter Kleidung. [ 13:22 ] Geschrei im Café. Glas zerbricht und ein etwa 30-Jähriger tobt hinter der Bar. Das sei Mamis Sohn, murmeln ein paar Café-Besucherinnen. Die Alkohol trinkenden Gäste gehen, zwei Kaffee trin- Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT Polykum 2017 / 2018 N° 3 ZEIT
Sie können auch lesen