Power-to-X: Perspektiven in der Schweiz - Ein Weissbuch - Juli 2019 - Paul Scherrer ...

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Power-to-X: Perspektiven in der Schweiz - Ein Weissbuch - Juli 2019 - Paul Scherrer ...
Power-to-X:
Perspektiven in der Schweiz

Ein Weissbuch

Juli 2019
Power-to-X: Perspektiven in der Schweiz - Ein Weissbuch - Juli 2019 - Paul Scherrer ...
HSR
HOCHSCHULE FÜR TECHNIK
RAPPERSWIL
                         Unterstützt von:

                              Innosuisse – Schweizerische Agentur
                              für Innovationsförderung

                              Bundesamt für Energie BFE
Power-to-X: Perspektiven in der Schweiz - Ein Weissbuch - Juli 2019 - Paul Scherrer ...
Power-to-X:
Perspektiven in der Schweiz

Ein Weissbuch

Juli 2019

T. Kober1, C. Bauer1 (eds.), C. Bach2, M. Beuse3,   1   Paul Scherrer Institut (PSI)
G. Georges4, M. Held4, S. Heselhaus8, P. Korba5,    2   Eidgenössische Materialprüfungs-
L. Küng4, A. Malhotra3, S. Moebus6, D. Parra7,          und Forschungsanstalt (Empa)
J. Roth1, M. Rüdisüli2, T. Schildhauer1,            3   Eidgenössische Technische Hochschule (ETH)
T. J. Schmidt1, T. S. Schmidt3, M. Schreiber8,          Zürich, Departement Geistes-, Sozial- und
F. R. Segundo Sevilla5, B. Steffen3, S. L. Teske2       Staatswissenschaften, Gruppe für Energiepolitik
                                                    4   Eidgenössische Technische Hochschule (ETH)
                                                        Zürich, Departement Maschinenbau und Verfah-
                                                        renstechnik, Institut für Energietechnik, Labor für
                                                        Aerothermochemie und Verbrennungssysteme
                                                    5   Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen-
                                                        schaften (ZHAW), School of Engineering
                                                    6   Hochschule für Technik Rapperswil (HSR),
                                                        Institut für Energietechnik
                                                    7   Universität Genf, Institut für
                                                        Umweltwissenschaften
                                                    8   Universität Luzern,
                                                        Rechtswissenschaftliche Fakultät
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SCCER Joint Activity 5

Inhaltsverzeichnis

Synthese6                                                     8 Power-to-X und der Schweizer Gasmarkt                  25
                                                                   8.1   Synthetisches Methan                            25
1   Vorwort und Einleitung                               8        8.2   Wasserstoff                                     25

2   Was ist Power-to-X?                                   9   9   Power-to-X und der Verkehrssektor                     27
    2.1   Grundprinzip                                    9       9.1   Flugverkehr                                     27
    2.2   Elektrolyse                                     9       9.2   Strassenverkehr                                 27
    2.3   Synthese von Methan, anderen
          Kohlenwasserstoffen oder Ammoniak              10   10 Power-to-X in der Industrie                           30
    2.4   Entwicklungsstand                              11       10.1 Die Rolle von Wasserstoff                        30
    2.5   Infrastruktur                                  11       10.2 Die Schweizer Industrie                          30

3   Warum Power-to-X in der Schweiz?                     12   11 Integration von Power-to-X
    3.1   Treibhausgasemissionen und Klimawandel         12      in verschiedene Märkte                                 31
    3.2   Mehr und mehr erneuerbare Stromproduktion 12
    3.3   Flexibilität ist gefragt                       13   12 Power-to-X und Innovationspolitik                      32
                                                                   12.1 Anschub für den einheimischen
4   Flexibilität als wichtiger Beitrag                                   Schweizer Markt                                 32
    zum Klimaschutz                                      14       12.2 Wechselwirkung zwischen
    4.1   Was bringt P2X?                                14             Produzenten und Konsumenten                     32
    4.2   P2X als wichtiges Element
          zukünftiger Energieszenarien                   15   13 Gesetzliche Aspekte
                                                                  im Zusammenhang mit Power-to-X                         33
5   Kosten von Power-to-X                                16       13.1 Allgemeine Regelungen                            33
    5.1   Heutige Kosten verschiedener P2X Produkte      16       13.2 Der Status von P2X als Endverbraucher
    5.2   Power-to-Hydrogen: Wasserstoffproduktion       17             und Stromerzeuger                               33
    5.3   Power-to-Methane: Erzeugung                              13.3 P2X als Investition ins Stromnetz                33
          von synthetischem Erdgas                       18       13.4 Regelung zur Strommarktentflechtung              33
    5.4   Power-to-X-to-Power: Rückverstromung                     13.5 Der Gasmarkt                                     33
          von P2X-Produkten                              19       13.6 Der Verkehrssektor                               33
    5.5   Power-to-Liquids: Herstellung                            13.7 Der Wärmemarkt                                   34
          von flüssigen Kohlenwasserstoffen              19       13.8 Regulatorischer Einfluss auf
                                                                         Geschäftsmodelle                                34
6   Nutzen für den Klimaschutz                           20
    6.1   Die Ökobilanzperspektive                       20   14 Verdankung                                            35
    6.2   CO2-Quellen                                    20
                                                               15 Abkürzungen                                           35
7   Power-to-X und der Schweizer Strommarkt              22
    7.1   P2X als Dienstleister im Elektrizitätssystem   22   16 Terminologie                                          36
    7.2   P2X als Stromspeicher                          22
    7.3   P2X zur Stabilisierung des Stromnetzes         23   17 Quellenverzeichnis                                    38
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6 SCCER Joint Activity

Synthese

Das Schweizer Energiesystem steht vor          CO2-Ausstoss reduzieren. Allerdings muss          fossile Energieträger ersetzen, beziehen. Al-
einem tiefgreifenden Wandel und damit          man die gesamte P2X-Umwandlungskette              lerdings ist jeder der Umwandlungsschritte
verbundenen Herausforderungen: Wäh-            berücksichtigen, um zu beurteilen, wie viel       der P2X-Technologie mit Energieverlusten
rend die Kernkraftwerke schrittweise vom       CO2 effektiv reduziert wird. Das Ausmass          behaftet.
Netz genommen werden, soll die Strom-          der erreichbaren CO2-Emissionsminderung           Da Energieverluste mit Kosten verbunden
erzeugung aus Sonnen- und Windenergie          hängt hauptsächlich von den CO2-Emis-             sind und da sich einige der an P2X beteilig-
die entstehende Lücke (teilweise) schlies-     sionen ab, die mit dem für die Elektrolyse        ten Prozesse noch in der Entwicklungsphase
sen. Gleichzeitig wird erwartet, dass das      verwendeten Strom verbunden sind. Viel-           befinden, sind die Kosten für P2X-Produkte
Energiesystem seine Kohlendioxid-(CO2-)        versprechende P2X-Optionen im Schweizer           derzeit hoch. Ein Schlüsselfaktor für die
Emissionen reduziert, um die Klimaziele        Kontext sind der Einsatz von Wasserstoff in       Wettbewerbsfähigkeit von P2X ist die Be-
im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu        Brennstoffzellenfahrzeugen und die Erzeu-         reitstellung von Strom zu möglichst gerin-
erreichen, also den globalen Temperaturan-     gung von synthetischem Methan als Ersatz          gen Kosten. Als eine Technologie, die die
stieg auf deutlich unter 2°C gegenüber dem     für Erdgas als Brenn- und Treibstoff. Im          Verbindung verschiedener Energiebereit­
vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Für      Mobilitätssektor können synthetische Kraft-       stellungs- und -verbrauchssektoren ermög-
die Schweiz bedeutet dies konkret den Er-      stoffe insbesondere für den Fernverkehr und       licht (Sektorkopplungstechnologie) ist es
satz fossiler Brennstoffe im Verkehrssektor    den Schwerlastverkehr von Bedeutung sein,         für eine erfolgreiche Marktintegration der
sowie für die Wärmebereitstellung.             bei denen die direkte Elektrifizierung mit        P2X-Technologie wichtig, Umsätze auf ver-
Ein Stromsystem, das weitgehend auf            Batterietechnologien stark eingeschränkt          schiedenen Märkten generieren zu können.
intermittierenden erneuerbaren Energien        ist. Sowohl Wasserstoff als auch SNG können       Unter geeigneten Randbedingungen könnte
basiert, benötigt zeitliche Flexibilitätsop-   ebenfalls wieder in Strom umgewandelt             die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit
tionen, die Erzeugung und Nachfrage aus-       werden.                                           in Zukunft erreicht werden. Eine solche
gleichen. Eine dieser Flexibilitätsoptionen    Wasserstoff, Methan und flüssige Kohlen-          positive Entwicklung hängt von einigen
ist «Power-to-X» (P2X): Dieser Begriff be-     wasserstoffe können – im Gegensatz zu             Schlüsselfaktoren ab:
schreibt die elektrochemische Umwandlung       Strom – leicht über lange Zeiträume gespei-       • Das Erreichen der Ziele der Technologieent-
von Strom in gasförmige oder flüssige Ener-    chert werden und ergänzen andere kurz-              wicklung und Senkung der Anlagenkosten,
gieträger oder industrielle Ausgangsstoffe.    fristige Energiespeicheroptionen für die          • Eine breite Einführung von Brennstoffzel-
Damit umfasst dieses Weissbuch elektro-        Integration von Sonnen- und Windenergie.            len- oder SNG-Fahrzeugen zusammen mit
chemische P2X-Verfahren, nicht jedoch          Vorausgesetzt, dass diese Langzeitspeicher          der erforderlichen Kraftstoffverteilungs-
den Einsatz von Elektrizität zur direkten      für P2X-Produkte verfügbar sind, stellt diese       infrastruktur,
Wärmebereitstellung (Power-to-Heat). Die       Möglichkeit der saisonalen Anpassung von          • Ein Regulierungsrahmen, der Stromspei-
P2X-Prozesskette beginnt mit der Elektro-      Stromerzeugung und Energiebedarf einen              chertechnologien und damit P2X gleich
lyse von Wasser (Abbildung 1.1). Der aus der   wichtigen Vorteil von P2X dar; ebenso wie           behandelt (insbesondere in Bezug auf die
Elektrolyse gewonnene Wasserstoff kann         auch Dienstleistungen zur Stabilisierung            Stromnetzgebühren) und der die Umwelt-
entweder direkt als Brennstoff genutzt oder    des Stromnetzes. Der Wert von P2X-Tech-             vorteile von P2X-Produkten monetarisiert
– in Kombination mit CO2 aus verschiedenen     nologien entfaltet sich in der Kombination          (wie beispielsweise durch eine Besteue-
Quellen – weiter in synthetische Kraftstoffe   seiner vielfältigen Vorteile, die sich auf eine     rung von CO2-Emissionen),
wie Methan (Synthetic Natural Gas – SNG)       grössere zeitliche Flexibilität des Stromsys-     • Die Identifikation von Marktchancen
oder flüssige Kohlenwasserstoffe umgewan-      tems, die Herstellung potenziell sauberer           von P2X in unterschiedlichen Sektoren
delt werden. Wasserstoff und synthetische      Brennstoffe für die Endverbraucher und              und die Nutzung optimaler Standorte für
Kraftstoffe können fossile Brennstoffe         die Reduzierung der CO2-Emissionen durch            P2X-Anlagen mit Zugang zu kostengüns-
für Heizungen, Mobilität oder die Strom-       den Einsatz von CO2 bei der Herstellung             tigem Strom aus erneuerbaren Energien
erzeugung direkt ersetzen und damit den        von synthetischen Brennstoffen, welche              sowie geeigneten CO2-Quellen.
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SCCER Joint Activity   7

Basierend auf dem vorhandenen Wissen
scheinen einige Empfehlungen zur Unter-
stützung der Einführung von P2X in der
Schweiz für politische Entscheidungsträger,
die Forschung und andere Interessengrup-
pen angemessen:
• Es sind ehrgeizige Ziele für die Reduzie-
  rung der CO2-Emissionen im Inland er-
  forderlich.
• Die derzeitigen Unklarheiten im Regulie-
  rungsrahmen sollten beseitigt werden,
  wobei die Vorteile von P2X im Stromnetz
  als Erzeuger und Verbraucher von Strom
  anerkannt werden sollten.
• Die Hochskalierung von P2X-Pilotanlagen
  sollte unterstützt werden, um die Grösse
  kommerzieller Einheiten zu erreichen.
• Die Innovationspolitik sollte den Binnen-
  markt für P2X-Produkte stärken und die
  Entwicklung unterstützen, indem sie
  P2X-Technologien in umfassenden Pro-
  jektaufbauten einsetzt, welche komplette
  P2X-Wertschöpfungsketten abdecken.
• Es sollten klare Regeln für die Berücksich-
  tigung der potenziellen Umweltvorteile
  von P2X-Kraftstoffen festgelegt werden,
  und diese Vorteile müssen gewinnbrin-
  gend genutzt werden können.
• Die Rolle von P2X und der optimale
  P2X-Einsatz zur Erreichung der lang-
  fristigen Energie- und Klimaziele sollte
  in ganzheitlichen Untersuchungen (z. B.
  Szenarienanalysen zur Schweizer Ener-
  giestrategie 2050) vertieft werden, wobei
  der Systemintegration und den lokalen
  Aspekten (Verbrauchsstrukturen, Verfüg-
  barkeit von Ressourcen und In­frastruktur)
  besondere Berücksichtigung zukommen
  sollte.
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8   SCCER Joint Activity

1        Vorwort und Einleitung

Das vorliegende Weissbuch geht auf das          Zusammenhang mit der elektrochemischen                 sowie den entsprechenden Auswirkungen
entsprechende Projekt von fünf Schwei-          Umwandlung und behandelt keine elektro-                auf Märkte, rechtliche Aspekte und Richt-
zer Kompetenzzentren für Energiefor-            thermischen Umwandlungssysteme wie                     linien verfügbar (z. B. unter http://www.
schung (SCCER Joint Activity White Paper        elektrische Heizungen und Warmwasser-                  sccer-hae.ch/). Der Hintergrundbericht be-
Power-to-X) zurück, das von der Schweizer       systeme. Mit dem Ziel, eine technische,                inhaltet auch die Verweise auf alle verwen-
Innovationsagentur Innosuisse und dem           wirtschaftliche und ökologische Bewertung              deten Literaturquellen, wohingegen sich
Bundesamt für Energie finanziert wurde.         von P2X-Technologien mit ihren systemi-                das vorliegende Weissbuch auf die Angabe
Ziel dieses Weissbuchs ist es, die wich-        schen Abhängigkeiten abzuleiten, werden                von einigen ausgewählten Literaturquellen
tigsten vorhandenen Erkenntnisse über           die Gas- und Strommärkte sowie der Mobili-             beschränkt.
P2X-Technologien zu sammeln und eine            tätssektor unter Einbezug der entsprechen-
Synthese der vorhandenen Literatur und          den regulatorischen und innovationspoliti-
Forschungsergebnisse als Grundlage für die      schen Aspekte untersucht (Abbildung 1.1).
Bewertung dieser Technologien im Schwei-        Ergänzend zu diesem Weissbuch ist ein
zer Kontext und ihrer potenziellen Rolle auf    umfassender Hintergrundbericht mit de-
                                                                                                                        Abbildung 1.1:
dem Schweizer Energiemarkt zu liefern.          taillierten Informationen zu den verschie-                              Schematische Darstellung des
Dieses Weissbuch befasst sich mit P2X im        denen technologischen Aspekten von P2X                                  Inhalts dieses Weissbuchs.

                                                                                            CO2-Quellen & -Märkte
                                        Technologieübersicht & Techno-                      - Biogene Quellen
                                        ökonomische Bewertung                               - Industrielle Quellen
    Strommarktperspektive               - Power-to-X Produktionsrouten                      - Direkte Abscheidung aus der Luft
    - Situation heute & in Zukunft      - Schlüsselkomponenten & -prozesse
    - Netzstabilität                    - Kosten und technische Parameter
    - Systemdienstleistungen
    - Anforderugnen an Anlagengrössen
       & -standorte
    - Marktintegration

                                                                                                 Endverbraucher-Perspektive
                                                                                                 - Gasförmige Brennstoffe CH4, H2
                                                                                                 - Transportsektor
                                                                                                 - Industrie: CH4, H2 als Rohstoff
                                                                                                 - Kombinierte Erlöse an
                                                                                                   verschiedenen Märkten
Rechtliche Rahmenbedingungen &
Implikationen für Innovationspolitik
- Allgemeine gesetzliche Regelungen
- Marktregulierungen
          - Gasmarkt                                    Umweltperspektive
          - Strommarkt                                  - Ökobilanz (mit Endnutzung der Produkte)
          - Wärmemarkt                                  - Vergleich mit konventionellen Alternativen
- Schwerpunkte für Innovationspolitik
Power-to-X: Perspektiven in der Schweiz - Ein Weissbuch - Juli 2019 - Paul Scherrer ...
SCCER Joint Activity 9

2       Was ist Power-to-X?
                                                                            
                                                                            Das «X» in P2X repräsentiert
                                                                            Produkte wie Wasserstoff, Methan
                                                                            oder Methanol.

2.1   Grundprinzip                               1. Erster Schritt – Elektrolyse von Wasser:    2.2 Elektrolyse
                                                    2 H 2O " 2 H 2 + O 2
Das Grundprinzip von P2X-Systemen be-            2. Zweiter Schritt (optional, abhängig         Jeder P2X-Umwandlungspfad ist durch eine
steht in einem ersten Schritt in der Elek-          vom Zielprodukt; einer der folgenden        spezifische Kombination von Technologien
trolyse von Wasser: Mit Hilfe von Strom             Prozesse):                                  gekennzeichnet, die von den erforderlichen
wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff           • Methanisierung von CO2 und Was-           Eingangs- und Ausgangsprodukten abhängt
gespalten. Je nach Endanwendung kann                   serstoff: CO2 + 4 H2 1  CH4 + 2 H2O      (Abbildung 2.1); der Elektrolyseur ist eine
Wasserstoff direkt oder zur Herstellung an-            oder                                     Kernkomponente aller P2X-Systeme. Es gibt
derer Energieträger eingesetzt werden. Die             Methanisierung von Kohlenstoff-          drei Haupttypen von Elektrolyseuren:
Synthese anderer Energieträger erfordert               monoxid (CO) und Wasserstoff:            1. Alkalische Elektrolyseure
weitere Prozessschritte, die gasförmige oder           CO + 3 H2 1  CH4 + H2O                   2. Elektrolyseure mit
flüssige Kohlenwasserstoffe wie Methan,             • Methanol Synthese:                              Polymerelektrolytmembran (PEM)
Methanol, andere flüssige Kraftstoffe oder             CO2 + 3 H2 1  CH3OH + H2O                3. Elektrolyseure mit
Ammoniak erzeugen (Tabelle 2.1). Bei der            • Synthese flüssiger Treibstoffe,                 Festoxid-Elektrolysezellen (SOEC)
Herstellung von Kohlenwasserstoffen be-                Fischer-Tropsch Prozess:
nötigt dieser zweite Schritt eine Kohlenstoff-         CO2 + H2 " CO + H2O;                     Während die alkalische Elektrolyse die heute
quelle, die ein Synthesegas aus biogenen               CO + H2 " CxHyOH + H2O                   etablierte Technologie ist und für indust-
Rohstoffen, CO2 aus der Atmosphäre, oder            • Ammoniak Synthese:                        rielle Grossanwendungen weit verbreitet
aus stationären Emissionsquellen, z.B. fos-            N2 + 3H2 1  2NH3                         ist, werden PEM-Elektrolyseure typischer-
silen Kraftwerken oder Zementwerken, sein        3. Aufbereitung für weitere                    weise für kleine Anwendungen gebaut. Sie
kann. In einem dritten und letzten Schritt          Verwendung:                                 haben eine vergleichsweise höhere Leis-
müssen die Endprodukte möglicherweise               • Entfernung von Verunreinigungen           tungsdichte und Zelleffizienz jedoch höhere
für die weitere Verwendung aufbereitet              • Verdichtung                               Kosten. SOEC, die auf hohem Temperatur-
werden.                                            • Vorkühlung                                niveau arbeiten, befinden sich in einem

                                                                                                              Tabelle 2.1: Technologie­Überblick
                                                                                                              von P2X-Systemen – wichtigste
                                                                                                              Technologien, Inputs und Produkte.

P2X Endprodukt             Umwandlungs-      Kohlenstoff-      Inputs               Technologien                  Produkte
                           schritte          Atome
Wasserstoff (H2)           1(+3)             0                 Strom, Wasser,       Elektrolyseur,                Wasserstoff, Sauerstoff,
                                                               Wärme (für SOEC)     Wasserstoffspeicher           Wärme
Synthetisches Methan       1+2+3             1                 Strom, Wasser,       Elektrolyseur,                Methan, Sauerstoff, Wärme
(CH4)                                                          CO/CO2               Methanisierungsreaktor
Synthetisches Methanol     1+2+3             1                 Strom, Wasser, CO2   Elektrolyseur,                Methanol, Sauerstoff, Wärme
(CH3OH)                                                                             Synthesereaktor
Synthetische flüssige      1+2+3             unterschiedlich   Strom, Wasser,       Elektrolyseur,                flüssige Kohlenwasserstoffe,
Kohlenwasserstoffe                                             (Wärme), CO2         Fischer-Tropsch-Reaktor       Sauerstoff, Wärme
(CxHyOH)
Ammoniak                   1+2+3             0                 Strom, Wasser,       Elektrolyseur,                Ammoniak, Sauerstoff,
(NH3)                                                          Stickstoff (N2)      Synthesereaktor               Wärme
10   SCCER Joint Activity

                                                                        
                                                                        Die Elektrolyse ist der
                                                                        Schlüsselprozess in allen
                                                                        P2X-Systemen.

                                                                                                                Abbildung 2.1:
                                                                                                                Schematische Darstellung
                                                                                                                verschiedener P2X-Pfade
                                                                                                                mit Technologie-Alternativen
                                                                                                                (basierend auf [1]).

frühen Entwicklungsstadium mit den poten-      oberen Heizwert (HHV) im Verhältnis zum        2.3 Synthese von Methan,
ziellen Vorteilen eines hohen elektrischen     effektiven Energieeinsatz, fortschrittlicher       anderen Kohlenwasserstoffen
Wirkungsgrades, niedriger Materialkosten       zukünftiger Systeme liegen in einem Be-            oder Ammoniak
und der Möglichkeit, im Umkehrmodus als        reich von 62–81% für alkalische und bis zu
Brennstoffzelle oder im Co-Elektrolyse-Mo-     89% für PEM-Elektrolyseure und noch höher      Für die Herstellung synthetischer, gasför-
dus zu arbeiten und Synthesegas aus Was-       für SOEC-Elektrolyseure. Neben den drei        miger oder flüssiger Kohlenwasserstoffe
serdampf und CO2 zu erzeugen. Obwohl die       Haupttypen der Elektrolyse werden weitere      in der Elektrolyse nachfolgenden Prozess-
Elektrolyse eine endotherme Reaktion ist,      Elektrolyseverfahren untersucht, wie z. B.     schritten sind verschiedene zusätzliche
treten in der Regel Wärmeübertragungs-         die Plasma-Elektrolyse, die sich ebenfalls     Reaktorsysteme erforderlich, wie z. B. ein
verluste auf, die zu Abwärme führen, die       in einem frühen Forschungsstadium be-          Methanisierungsreaktor (katalytischer oder
in anderen Anwendungen genutzt werden          findet.                                       biologischer Reaktor), ein katalytische Fi-
kann. Die Prozesseffizienzen, d.h. der Ener-                                                  scher-Tropsch-Reaktor oder ein Methanol-
giegehalt des Wasserstoff basierend auf dem                                                   synthesereaktor, der auch in Kombination
SCCER Joint Activity 11

                          
                          P2X kann saubere Kraftstoffe
                          erzeugen, die Benzin,
                          Diesel und Erdgas ersetzen.

mit einem weiteren Verfahren zur Herstel-       besondere die alkalische Technologie. Nach
lung von Oxymethylenether (OME) einge-          einigen erfolgreichen Demonstrationspro-
setzt werden kann. In diesen Reaktoren ist      jekten, wie z.B. einer 6.3 MWel Power-to-
CO2 neben Wasserstoff ebenfalls ein Roh-        Methan-Anlage in Werlte (Deutschland)
stoff.                                          mit katalytischer Technologie zur Metha-
Das CO2 kann aus verschiedenen Quellen          nisierung [4] und der 1 MWel-Anlage aus
stammen: aus biogenen oder synthetischen        dem BiOCAT-Projekt in Kopenhagen [5],
Gasströmen, aus Abgasen aus der Verbren-        haben auch die Methanisierungsreaktoren
nung fossiler oder biogener Brennstoffe oder    in jüngster Zeit die kommerzielle Ebene
aus der Atmosphäre. Über die gesamten           erreicht. Fischer-Tropsch- und Methanol-
P2X-Ketten hinweg ist jeder Prozessschritt      reaktoren sind in der chemischen Indus­
mit Energieverlusten verbunden: Die typi-       trie bereits in viel grösserem Umfang weit
schen Wirkungsgrade für die Herstellung         verbreitet, aber ihre Implementierung in
von strombasierten, synthetischen Kraft-        P2X-Systeme ist noch in der Entwicklung.
stoffen liegen in der Grössenordnung von
20 % (OME) bis etwa 40 % (Methan) [2]. Ab-      2.5 Infrastruktur
hängig von der Thermodynamik der Pro-
zesse können verbesserte Wirkungsgrade er-      Zusätzlich zu den Energieumwandlungs-
reicht werden, wenn Abwärme (z.B. aus dem       anlagen wird eine Infrastruktur benötigt,
Methanisierungsreaktor) für Heizzwecke          um P2X-Produkte zum Endverbraucher zu
anderer Prozesse innerhalb des P2X-Systems      bringen. Speichersysteme, die eine zeit-
genutzt wird. Auch die effiziente Integration   liche Flexibilität bei der Produktion und
von Kohlenstoffquellen führt zu Effizienz-      dem Verbrauch von P2X-Produkten ermög-
steigerungen, wie die Direktmethanisie-         lichen, müssen Teil dieser Infrastruktur sein.
rung von Biogas in einer P2X-Anlage mit         Für einige der P2X-Produkte können be-
einem Gesamtwirkungsgrad von knapp              stehende Verteilungsinfrastruktursysteme
60 % zeigt [3].                                genutzt werden, z.B. das Erdgasnetz oder die
                                                Infra­struktur für flüssige Brennstoffe. Eine
2.4 Entwicklungsstand                           grosstechnisch ausgebaute Versorgungs-
                                                infrastruktur für Wasserstoff gibt es in der
Die verschiedenen Technologien, die an          Schweiz nicht. Allerdings ist es möglich,
P2X-Systemen beteiligt sind, befinden sich      Wasserstoff in kleinen Mengen auch im
derzeit auf unterschiedlichen technologi-       Erdgasnetz zu transportieren. Ausserhalb
schen Entwicklungsstufen, die von Stufe 5       der Schweiz, insbesondere für industrielle
(«Technologie, die in der Einsatzumgebung       Anwendungen, hat sich der Ferntransport
validiert wurde») bis Stufe 9 («Qualifizier-    und die Speicherung von Wasserstoff be-
tes System mit Nachweis des erfolgreichen       währt, wie das Beispiel der 240 km langen
Einsatzes») reichen, was die zweithöchste       Rhein-Ruhr-Pipeline in Deutschland zeigt.
Stufe kurz vor dem «Nachweis des Systems
in einer Betriebsumgebung» darstellt. Elek-
trolyseur-Technologien, Bestandteil aller
P2X-Anlagen, sind bereits ausgereift, ins-
12    SCCER Joint Activity

3         Warum Power-to-X in der Schweiz?                                                      
                                                                                                Hintergrund von P2X: Die
                                                                                                Transformation des Energie-
                                                                                                systems als Reaktion
                                                                                                auf zukünftige Energie- und
                                                                                                Klimaherausforderungen.

3.1     Treibhausgasemissionen
        und Klimawandel

Die Eindämmung des Klimawandels er-
fordert eine erhebliche Reduzierung der
Treibhausgasemissionen in allen Wirt-
schaftssektoren. Dies wird erhebliche Aus-
wirkungen auf die Energielandschaft und
andere Emissionsquellen haben. Die Schweiz
hat sich verpflichtet, ihre jährlichen direkten
Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50%
gegenüber 1990 zu reduzieren. Ein grosser
Teil dieser Reduktion soll im Inland erreicht
werden, während einige Emissionsreduktio-
nen auf Massnahmen im Ausland durch die
Verwendung internationaler Gutschriften
beruhen können [6]. Im Einklang mit dem
Pariser Klimaabkommen hat der  Bund das
langfristige Ziel formuliert, die Treibhaus-
gasemissionen im Jahr 2050 um 70–85 %
gegenüber 1990 (inkl. Massnahmen im Aus-
                                                  Abbildung 3.1:
land) zu senken und nach 2050 Klimaneut-
                                                  CO2 Emissionen in der
ralität zu erreichen [7]. Heute stammen die       Schweiz (2015)
inländischen Treibhausgasemissionen in            nach Sektoren [9].
der Schweiz zu rund 60% aus der Energie-
umwandlung im Verkehrs- und Gebäude-
sektor und zu 40 % aus anderen Quellen,
darunter der Industrie. Derzeit werden die
meisten CO2-Emissionen der Schweiz im             3.2 Mehr und mehr erneuerbare               intermittierender, erneuerbarer Energien
Verkehrssektor emittiert (Abbildung 3.1).             Stromproduktion                         am Strommix, wie z. B. Wind- und Solar-
Die Schweizer Stromproduktion ist nahezu                                                      energie, dürften die Herausforderungen für
CO2-frei: Strom wird hauptsächlich aus Was-       Die Transformation des Schweizer Ener-      die zeitliche und räumliche Balance von An-
serkraft (60%), Kernenergie (32%) und neuen       giesystems in Richtung Klimaneutralität     gebot und Nachfrage in Zukunft zunehmen.
erneuerbaren Energien (6%) erzeugt [8]. Die       erfordert den Einsatz neuer kohlenstoff-    Der zeitliche Ausgleich ergibt sich aus dem
Energiestrategie 2050, die darauf abzielt, die    armer Energielösungen. Gleichzeitig muss    unvermeidlichen Missverhältnis zwischen
Stromversorgung aus Kernkraftwerken in            das derzeit hohe Mass an Zuverlässigkeit    der Erzeugung von Strom aus erneuerba-
der Schweiz einzustellen und erneuerbare          aufrechterhalten werden. Eine Möglichkeit   ren Energien und der Nachfrage infolge
Energien und Energieeffizienz zu fördern,         die Treibhausgasemissionen zu reduzieren,   von Tag/Nacht-Zyklen, Wettereinflüssen
umreisst die zukünftigen Wege für die Ent-        ist eine zunehmende Elektrifizierung von    und saisonalen Unterschieden, während
wicklung des Schweizer Energiesektors [4].        Energiedienstleistungen auf der Grundlage   der räumliche Ausgleich aus Unterschieden
                                                 von Technologien zur CO2-armen Strom-       zwischen den Standorten der Stromerzeu-
                                                  erzeugung. Mit dem wachsenden Anteil        gung und des Stromverbrauchs resultiert.
SCCER Joint Activity   13

                                                
                                                Die Stromerzeugung aus intermittierenden,
                                                erneuerbaren Quellen erfordert in Zukunft
                                                mehr Flexibilität.

3.3 Flexibilität ist gefragt                  und Flüssigkeiten umgewandelt werden,
                                              die z. B. als Treib- oder Brennstoffe genutzt
Eine zukünftige Schweizer Energieversor-      werden können. Neben den bereits heute
gung, die im Wesentlichen auf hohe Anteile    in der Schweiz betriebenen flexiblen Kraft-
an intermittierender Stromerzeugung setzt,    werken, d. h. Speicherwasserkraftwerken
braucht ausreichende Flexibilitätsoptio-      und Pumpspeicherkraftwerken, ist bei sehr
nen. Diese müssen Energieverschiebungen       hohen Anteilen an Wind- und Solarstrom
zwischen Tag und Nacht sowie zwischen         eine Flexibilisierung durch weitere flexible
Sommer und Winter ermöglichen: Photo-         Kraftwerke, Speicher und den internationa-
voltaik-(PV-)Anlagen, die in der Schweiz      len Stromhandel unvermeidlich, um einen
das mit Abstand grösste Potenzial für die     kostengünstigen sicheren Betrieb des Elek­
Stromerzeugung aus neuen erneuerbaren         trizitätssystems zu gewährleisten [10]–[12].
Energien aufweisen, zeigen deutliche sai-     P2X-Technologien stellen eine Möglichkeit
sonale Spitzen im Sommer und tägliche         dar, die Flexibilität zu erhöhen. P2X-Techno-
Spitzen am Mittag. Im Fall von gleichzeitig   logien bieten nicht nur die Möglichkeit einer
niedrigem Stromverbrauch stellen solche       verbesserten Sektorkopplung zwischen der
Erzeugungsspitzen eine Herausforderung        Stromproduktion und den Verbrauchssek-
für das Stromnetz dar und müssen – wenn       toren, sondern auch einen kurz- und lang-
sie genutzt werden sollen – entweder ge-      fristigen Ausgleich zwischen Angebot und
speichert und als Strom wiederverwen-         Nachfrage. 
det, oder in andere Energieträger wie Gase
14    SCCER Joint Activity

                                                                                                      
                                                                                                      P2X kann zeitliche und
                                                                                                      geografische Flexibilität im
                                                                                                      Energiesystem bieten
4          Flexibilität als wichtiger Beitrag
                                                                                                      und gleichzeitig das Portfolio
           zum Klimaschutz                                                                            an sauberen Kraftstoffen
                                                                                                      erweitern.

4.1 Was kann P2X leisten?                                basis unter Nutzung von CO2 aus der        zu decken (z. B. im Winter, wenn die PV-Er-
                                                         Atmosphäre, stationären Quellen, Bio-      zeugung gering ist). CO2-arme Kraftstoffe
P2X-Systeme können so konzipiert werden,                 gasanlagen und industriellen Prozessen     aus P2X können fossile Brennstoffe in ver-
dass sie die Flexibilität des Energiesystems             als Ersatz für fossile Kraft- und Brenn-   schiedenen Nachfragesektoren ersetzen und
erhöhen und gleichzeitig die Treibhaus-                  stoffen sowie als Rohstoff für indust-     so die Treibhausgasemissionen reduzieren.
gasemissionen reduzieren. Die folgenden                  rielle Prozesse.                           Wasserstoff, Methan und flüssige synthe-
drei Haupteinsatzzwecke lassen sich unter-                                                          tische Kraftstoffe können für verschiedene
scheiden:                                             Die Flexibilität des Stromnetzes kann        Zwecke eingesetzt werden: als Kraftstoffe
1. Ausgleich von Energieangebot und                  durch Elektrolyseure gewährleistet werden,     in Motoren, Brennstoffzellen und Turbinen,
      -nachfrage über einen langen Zeithori-         wenn sie systemdienlich betrieben werden;      zur Wärme- und Stromerzeugung sowie als
      zont (z.B. saisonal) bei Verfügbarkeit von     insbesondere wenn reichlich erneuerbarer       Treibstoffe, aber auch als Ausgangsstoffe in
      grossen Speichern für Wasserstoff oder         Strom verfügbar ist und die Produktion die
      Syntheseprodukte und einer möglichen           Nachfrage übersteigt («Überschussstrom»).               Abbildung 4.1:
                                                                                                             Kombination verschiedener Wasser-
      Rückverstromung dieser Produkte,               Der durch Elektrolyseure erzeugte Wasser-
                                                                                                             stoff-Produktions- und Nutzungspfade,
2. Kurzfristige Ausgleichsflexibilität im            stoff oder die in nachfolgenden Schritten               die der P2X-Technologie zugerechnet
      Stromnetz durch Lastmanagement, er-            produzierten Energieträger können über                  werden können; diese sind Teil
      möglicht durch einen intelligent ge-           verschiedene Zeitskalen gespeichert wer-                einer kostenoptimierten Konfiguration
                                                                                                             des Schweizer Energiesystems für
      steuerten Stromverbrauch von Elektro-          den, was für den saisonalen Ausgleich von               das Jahr 2050 bei einer ambitionierten
      lyseuren,                                      Energieangebot und -nachfrage von Bedeu-                Klimapolitik [13]. Dargestellt ist
3. Versorgung mit emissionsarmen syn-                tung ist. Dies kann dazu beitragen, den Be-             der Stromeinsatz zur Elektrolyse sowie
                                                                                                             die in P2X-Anlagen erzeugten
      thetischen Energieträgern auf Strom-           darf in Zeiten begrenzter Stromversorgung
                                                                                                             Energiemengen in Form von Wasser-
                                                                                                             stoff und synthetischem Methan sowie
                                                                                                             der Verwendung bzw. die Verteilung
                                                                                                             der P2X-Produkte. «direkte H2-Nutzung»
                                                                                                             bezieht sich auf den direkten Verbrauch
                                                                                                             von Wasserstoff ohne Transport im
                                                                                                             Gaspipelinenetz.

                             Verluste Elektrolyse:
                             1.2 TWh                                                                       H2-Nutzung
                                                                                                           für Mobilität:
                                                                  H2 direkte Nutzung:                      2.0 TWh
                                                                             3.1 TWh

                                      H2 - Produktion:
                                                                                                           H2-Nutzung
                                      3.6 TWh                                                              für stationäre
       Strom-
      einsatz:                                                                                             Anwendungen:
                                                                                                           1.4 TWh
     4.8 TWh
                                       H2 saisonal transferiert: 0.5 TWh
                                                                                                          H2-Speicherverluste
                                                              H2 ins Gasnetz : 0.3 TWh
                                                                                                          H2-Nutzung für
                                                                                                          Methanisierung: 0.2 TWh
SCCER Joint Activity 15

                                                 
                                                 Im Vergleich zu anderen neuen erneuerbaren
                                                 Energiequellen gibt es ein besonders hohes Potenzial
                                                 für Strom aus Solaranlagen in der Schweiz,
                                                 was P2X zu einem Schlüsselelement in einem
                                                 nachhaltigen Energiesystem macht.

chemischen und industriellen Prozessen.        (insbesondere des Mobilitätssektors) mit
Einige dieser P2X-Produkte, wie beispiels-     kohlenstoffarmen Kraftstoffen auf Strom-
weise synthetisches Methan, können di-         basis ergänzt mehrere andere Massnahmen
rekte Substitute für die heute verwendeten     und Technologien, um ehrgeizige Klimaziele
fossilen Energieträger sein, da sie auf der    zu erreichen. Modellbasierte Berechnun-
Verbraucherseite keine Änderungen der          gen zeigen einen Stromverbrauch durch
Technologien erfordern. Methanol sowie         P2X-Technologien im Jahr 2050, der etwa
andere flüssige synthetische Kraftstoffe       einem Drittel des in diesem Jahr aus Wind
können zu Benzin, Diesel und Kerosin auf-      und PV erzeugten Stroms entspricht [13].
bereitet werden. Die direkte Nutzung von       Mit etwa der Hälfte des gesamten Jahresver-
Wasserstoff würde jedoch nicht nur eine        brauchs allein in den drei Sommermonaten
neue Verteilungsinfrastruktur oder den Aus-    nutzen P2X-Technologien überschüssigen
bau des bestehenden Gasnetzes erfordern,       Strom und wandeln ihn in saubere Brenn-
sondern auch neue Endverbrauchstechno-         stoffe um, die teilweise saisonal in entspre-
logien, wie beispielsweise Brennstoffzellen,   chenden Lagern gespeichert werden, um
die im Vergleich zu vielen gegenwärtigen       das Stromnetz im Winter zu entlasten. 
Technologien einen effizienteren Energie-
einsatz ermöglichen.

4.2 P2X als wichtiges Element
    zukünftiger Energieszenarien

Inwieweit P2X-Produkte und die entspre-
chenden Technologien diese vielfältigen
Vorteile für das Energiesystem auf kosten-
effiziente und klimaschonende Weise er-
bringen können, hängt von verschiedenen
Schlüsselfaktoren ab, darunter die Gesamt-
effizienz des Systems sowie die Umwelt-
auswirkungen und Kosten im Vergleich
zu alternativen Energietechnologien und
anderen Optionen zur Bekämpfung des Kli-
mawandels. Je nach Marktbedingungen
können P2X-Technologien langfristig zu
einer wirtschaftlichen Energieversorgung
in der Schweiz beitragen.
Abbildung 4.1 veranschaulicht die Stärken
von P2X-Technologien und zeigt eine mög-
liche Konfiguration von P2X im Schweizer
Energiesystem unter szenariospezifischen
Annahmen über zukünftige Entwicklun-
gen. Die Versorgung der Nachfragesektoren
16    SCCER Joint Activity

5            Kosten von Power-to-X
                                                                                                        
                                                                                                        P2X ist heute teuer, aber
                                                                                                        Forschung und Innovation
                                                                                                        dürften in Zukunft die Kosten
                                                                                                        senken.

5.1 Heutige Kosten verschiedener                 und der Infrastrukturbedarf. Schwankungen            Die Bandbreiten der Produktionskosten
    P2X Produkte                                 ergeben sich auch aufgrund unterschied-             veranschaulichen die Kostenauswirkungen
                                                 licher Niveaus der technologischen Ein-             einer Reihe spezifischer Systemparameter
Auf der Grundlage von Literaturdaten, wie        satzbereitschaft. Die in diesem Weissbuch           und Marktbedingungen der P2X-Tech-
sie in dieser Studie verwendet wurden (De-       angegebenen Kosten unterscheiden sich               nologie und untermauern das vielfältige
tails sind im Ergänzungsbericht ersichtlich),    aufgrund der Annahmen, die in den ver-              Technologiedesign und die Marktkonfigu-
zeigen die derzeitigen Kosten für die Her-       schiedenen zugrundeliegenden Studien                rationen. Als Folge standortspezifischer
stellung von Wasserstoff und synthetischen       getroffen wurden. Hauptfaktoren für die             Merkmale (z. B. kohlenstoffarme Stromver-
Kraftstoffen erhebliche Unterschiede für         Schwankungsbereiche sind folgende Kos-              sorgung, CO2-Quelle, Wasserstoffbedarf,
die verschiedenen P2X-Konversionspfade           tenfaktoren:                                        Gasnetzkapazität) beeinflussen der Infra-
(Abbildung 5.1):                                 • Strombezugskosten (für die Elektrolyse),          strukturbedarf und Skaleneffekte die In-
• 100–180 CHF/MWhth für Wasserstoff              • Nutzungsprofil für die Elektrolyse,               vestitionskosten von P2X. Die Literatur zeigt
     (HHV) (Power-to-Hydrogen: P2H),             • Art der Elektrolysetechnologie,                   Skaleneffekte bei der Skalierung von kW
• 170–250 CHF/MWhth für synthetisches            • Systemwirkungsgrade.                              auf MW-Grössen von einer Halbierung der
     Methan (Power-to-Methane: P2M),
• 210–390 CHF/MWhth für synthetische                                   Abbildung 5.1: Verteilung der Kosten für die verschiedenen P2X-Pfade auf der
     flüssige Energieträger (Power-to-Liquids:                         Grundlage aktueller Kosten- und Leistungsdaten (repräsentativ für das Jahr 2015,
     P2L),                                                             basierend auf der in dieser Studie verwendeten Literaturquellen, wie im Ergän-
                                                                       zungsbericht aufgeführt). Die Boxplots beinhalten den Median (mittleres Quartil
• 370–500 CHF/MWhel für die Strompro-
                                                                       innerhalb der Box), 25. und 75. Perzentile. Die Whisker-Plots reichen bis zu den
     duktion (Power-to-X-to-Power: P2P).                               äussersten Datenpunkten ohne Berücksichtigung von Ausreissern; die Ausreisser
                                                                       werden einzeln mit dem Symbol «•» dargestellt. Für die Pfade, die Gas produzie-
                                                                       ren, basieren die Daten auf Brennwerten; für die P2L-Route stellt die Einheit
Die Streuung der Kosten hängt mit einer
                                                                       «CHF pro Liter Benzin-Äquivalent» ein energiebezogenes Mass mit eingeschränk-
Reihe von Faktoren zusammen, darunter die                              ter Vergleichbarkeit zu den Kraftstoffpreisen im Einzelhandel dar, da diese eine
Systemauslegung sowie die Anlagengrösse                                erhebliche Steuerkomponente beinhalten.

                    P2H                           P2M                                    P2P                               P2L

                              31.5                              12.2                                                                     6.8

     CHF/                               CHF/                               CHF/                              CHF/                       CHF pro Liter
                              17.8 H2
                             CHF/kg                             17.8 CH4
                                                                CHF/kg                                                                   17.8
     MWhth                              MWhth                              MWhel                             MWhth                      Benzin-Äq.

                              23.6                              9.1                                                                      5.1

                              19.7                              7.6                                                                      4.3

                              15.8                              6.1                                                                      3.4

                              11.8                              4.6                                                                      2.6

                              7.9                               3.0                                                                      1.7

                              3.9                               1.5                                                                      0.9

                              0                                 0                                                                         0
SCCER Joint Activity 17

                                                                                                                       
                                                                                                                       Schlüssel für billigen Wasserstoff:
                                                                                                                       preiswerte Elektrizität und einige
                                                                                                                       tausend Stunden Jahresproduktion.

             spezifischen Investitionskosten [14], wie sie                              Stroms für die Elektrolyse 50 % und mehr                                  Wasserstoff bei einem Gaspreisniveau von
             für industrielle Grossanwendungen in der                                   der gesamten Wasserstofferzeugungskos-                                    40 CHF/MWh). Mehrere vergleichende Stu-
             Chemie- und Energiebranche typisch sind.                                   ten betragen. Im Vergleich zu alternativen                                dien belegen diesen Unterschied in den Pro-
                                                                                        Produktionsverfahren zeigt sich, dass die                                 duktionskosten mit einem Faktor von zwei
             5.2 Power-to-Hydrogen:                                                     Wasserstofferzeugung mit P2H-Systemen                                     bis fünf [15], [16]. Die strombasierte Was-
                 Wasserstoffproduktion                                                  derzeit teurer ist als die Produktion mit dem                             serstofferzeugung könnte gegenüber der
                                                                                        weit verbreiteten Verfahren der Erdgas-                                   Erdgasdampfreformierung wettbewerbs-
              Da der Elektrolyseur die Kernkompo-                                      dampfreformierung (rund 60 CHF/MWhth                                      fähig werden, wenn die Kosten für Erdgas
             nente von P2X-Systemen ist, hängen die
             Wasserstoffproduktionskosten im Wesent-
             lichen von den Ausgaben für Elektrizität
                                                                                                                Abbildung 5.2: Wasserstoffproduktionskosten für verschiedene Elektrolyseur-
             ab. Für heutige P2H-Technologien wei-
                                                                                                                konfigurationen (Investitionskosten, Effizienz) in Abhängigkeit von der
             sen die untersuchten Studien im Durch-                                                             jährlichen Elektrolyseurauslastung (linkes Feld) und in Abhängigkeit von den
             schnitt Wasserstoffproduktionskosten von                                                           Kosten für die Stromversorgung (rechtes Feld). Zum Vergleich enthält die
                                                                                                                rechte Abbildung die Wasserstoffproduktionskosten für die Dampfmethan­
             144 CHF/MWhth auf (linke Grafik in Ab-
                                                                                                                reformierung, die im Verhältnis zu den Kosten für die Erdgasversorgung
             bildung 5.1). Abhängig von den Kosten                                                              dargestellt werden. Für alle Technologien zur Wasserstofferzeugung wird ein
             der Stromversorgung kann der Anteil des                                                            Zinssatz von 5 % angenommen und maximal 90 000 Gesamtbetriebsstunden.

                                          350
Wasserstoff Produktionskosten (CHF/MWh)

                                                                                                                                                      bei 4500 Volllaststunden
                                          300

                                          250                                                                                                   250
                                                                                                                Wasserstoff Produktionskosten

                                          200                                                                                                   200
                                                                                                                        (CHF/MWh)

                                          150                                                                                                   150

                                          100                                                                                                   100

                                           50                                                                                                    50

                                            0                                                                                                     0
                                                0          0.2        0.4         0.6            0.8      1                                            0        20       40       60      80      100       120
                                                           Jährliche Betriebsdauer (8760h = 1)                                                                         Stromkosten (CHF/MWh)
                                                                                                                                                                       Erdgaskosten (CHF/MWh)
                                                    Elektrolyse: 920 CHF/kWe und 81%
                                                    Wirkungsgrad,Strompreis 100 CHF/MWh                                                                    Elektrolyse: 920 CHF/kWe und 62% Wirkungsgrad,
                                                    Elektrolyse: 920 CHF/kWe und 62% Wirkungsgrad,                                                         4500 Volllaststunden
                                                    Strompreis 100 CHF/MWh                                                                                 Elektrolyse: 460 CHF/kWe und 62% Wirkungsgrad,
                                                    Elektrolyse: 460 CHF/kWe und 81% Wirkungsgrad,
                                                                                                                                                           4500 Volllaststunden
                                                    Strompreis 20 CHF/MWh
                                                    Elektrolyse: 460 CHF/kWe und 62% Wirkungsgrad,                                                         Elektrolyse: 920 CHF/kWe und 81% Wirkungsgrad,
                                                    Strompreis 20 CHF/MWh                                                                                  4500 Volllaststunden
                                                    Elektrolyse: 920 CHF/kWe und 81% Wirkungsgrad,                                                         Elektrolyse: 460 CHF/kWe und 81% Wirkungsgrad,
                                                    Strompreis 20 CHF/MWh                                                                                  4500 Volllaststunden
                                                    Elektrolyse: 920 CHF/kWe und 62% Wirkungsgrad,                                                         Erdgasreformierung: 250 CHF/kWe und 76%
                                                    Strompreis 20 CHF/MWh                                                                                  Wirkungsgrad, 4500 Volllaststunden
18   SCCER Joint Activity

                                                                                                  
                                                                                                  Die Kosten für die Bereitstellung
                                                                                                  von CO2 als Input für die
                                                                                                  Methanisierung zeigen eine
                                                                                                  hohe Variabilität und hängen
                                                                                                  von der Kohlenstoffquelle ab.
                            
                            Kostengünstiges synthetisches
                            Methan erfordert grosse
                            Methanisierungsanlagen.

erheblich steigen, z. B. als Folge steigender   tionskosten und vergleichsweise höheren         kosten im Bereich von 50–100 CHF/MWhth
Weltmarktpreise und/oder der Einpreisung        Wirkungsgraden könnten PEM-Elektro-             (bei Investitionskosten von 460–920 CHF/
von Umweltkosten (CO2-Steuern), und bei         lyseure in Zukunft Wasserstoff zu etwas         kWel und einem Zinssatz von 5 % und 20
niedrigen Stromkosten für die Elektrolyse       niedrigeren Kosten produzieren können als       Jahren Lebensdauer). Daraus lässt sich für
[17]. Im der rechten Grafik in Abbildung        alkalische Elektrolyseure. Darüber hinaus       eine kostengünstige Produktion von Was-
5.2 sind die Erzeugungskosten für Wasser-       versprechen PEM-Elektrolyseure gegenüber        serstoff ableiten, dass es entweder einer
stoff als Funktion der Energiebezugskosten      alkalischen Elektrolyseuren eine verbesser-     signifikanten Reduktion der Investitions-
darstellt, woraus zu sehen ist, dass sehr       tes Betriebsverhalten bei Teil- und Überlast    kosten des Elektrolyseurs bedarf, sollte der
niedrige Wasserstoffproduktionskosten für       sowie einen geringeren Platzbedarf.             Strombezug zu niedrigen Kosten nur an
die Elektrolyse nur bei niedrigen Stromkos-     Mit steigenden Stromkosten wird die Effi-       wenigen Stunden im Jahr möglich sein, oder
ten erreicht werden können. Wenn Strom          zienz des Elektrolyseurs immer wichtiger für    dass P2X-Anlagenbetreiber kostengünsti-
gratis oder zu sehr niedrigen Preisen ver-      die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems.       gen Strom über einen längeren Zeitraum
fügbar ist, z.B. bei sehr hoher Stromproduk-    Die potenziellen Effizienzsteigerungen sind     sicherstellen können – also auch Strombe-
tion und gleichzeitig niedrigem Verbrauch,      jedoch begrenzt und können hohe Strom-          zugsquellen erschliessen, die über die aus-
werden die Wasserstoffproduktionskosten         preise möglicherweise nicht vollständig         schliessliche Nutzung von Überschussstrom
hauptsächlich durch die Investitions- und       kompensieren. Die jährliche Auslastung des      aus Solar-PV hinaus geht. 
Wartungskosten bestimmt. Laut Literatur         Elektrolyseurs hat einen geringeren Einfluss
könnten gegenüber heute bis 2030 niedri-        auf die Produktionskosten, solange er mit       5.3 Power-to-Methane: Erzeugung
gere Investitionskosten für alkalische Elek-    einer relativ hohen Auslastung betrieben            von synthetischem Erdgas
trolyseure von 460 CHF/kWel (grüne Linien       wird. In den im linken Teil von Abbildung
in Abbildung 5.2) erreicht werden, was bei      5.2 dargestellten Fällen sind oberhalb von       Die synthetische Methanproduktion
hohem Wirkungsgrad und sehr geringen            4500 Volllaststunden pro Jahr (Jahresaus-       erfordert zusätzliche Prozessschritte nach
Strombezugskosten (
SCCER Joint Activity   19

                         
                         Rückverstromung von
                         Wasserstoff führt zu sehr
                         hohen Stromkosten.

Methanproduktionskosten zusätzlich zu          5.4 Power-to-X-to-Power:                         zifischen Investitionskosten um den Fak-
den Wasserstoffkosten von ca. 20–30 CHF/           Rückverstromung                              tor 2–6 bis 2030. In Kombination mit den
MWhth. Aus der Literatur geht hervor, dass         von P2X-Produkten                            möglichen Technologieentwicklungen für
sich die künftigen Investitionskosten bis                                                       Elektrolyseure könnten die Gesamtkosten
2030 aufgrund von Technologieverbesse-         Wenn Wasserstoff oder Methan, das in P2H-        der P2P-Stromerzeugung auf Basis von Was-
rungen und Skaleneffekten halbieren könn-      und P2M-Systemen erzeugt wird, wieder in         serstoff bis 2030 um zwei Drittel gesenkt
ten. Eine weitere Kostenkomponente für         Strom umgewandelt wird (P2P), steigen die        werden, wodurch Strombereitstellungskos-
die synthetische Methanproduktion sind         Kosten der Energieumwandlung erheblich.          ten von 150 CHF/MWhel erreicht werden
die Kosten für die Bereitstellung von CO2.     Die Kosten des P2P-Pfades hängen von den         könnten. 
Die spezifische Energie und die Kosten pro     Umwandlungsverfahren zur Herstellung des
abgetrennter Einheit CO2 sinken typischer-     synthetischen Gases (z.B. P2H oder P2M), der     5.5 Power-to-Liquids: Herstellung von
weise mit zunehmender CO2-Konzentration        Art der Rückverstromung (z. B. Brennstoff-           flüssigen Kohlenwasserstoffen
der Gasquelle. Tendenziell niedrige Kosten     zelle oder Gasturbine) und gegebenenfalls
für die synthetische Methanerzeugung kön-      der Wasserstoff- oder SNG-Speicherung ab.        Die laufenden Kosten für die Herstellung
nen erreicht werden, wenn energetische         Dies gilt sowohl für P2P-Pfade mit mittelfris-   von synthetischem Flüssigkraftstoff in
Synergien von Biogasaufbereitungsanlagen       tiger (auf Stundenniveau) als auch mit sai-      P2L-Anlagen weisen mit 210–390 CHF/
und P2M-Anlagen genutzt werden können,         sonaler Speicherung. Derzeit kann in einem       MWhth die höchste Bandbreite auf. Ähnlich
z. B. wenn Wärme als Nebenprodukt im           Gasturbinen-Kombikraftwerk mit syntheti-         wie beim Methanisierungsprozess hängen
P2M-System effizient genutzt werden kann.      schem Methan zu Gesamterzeugungskosten           die Kosten für die Herstellung synthetischer
Die höchsten in der Literatur genannten        von rund 300 CHF/MWhel Strom erzeugt             Flüssigkraftstoffe im Wesentlichen von der
Kosten beziehen sich auf die direkte CO2-Ab-   werden; die Erzeugungskosten steigen auf         Anlagengrösse ab. Ethanolanlagen können
scheidung aus der Luft (250 CHF pro Tonne      470 CHF/MWhel für ein Kleinsystem von            bis zu einer Grössenordnung von mehreren
CO2 [18]), was zu Mehrkosten von 50 CHF/       1 MWel mit P2H, Wasserstoffspeicher und          hundert Megawatt gebaut werden, wie sie
MWhth führt. Da sich die so genannte «Direct   einer PEM-Brennstoffzelle. In dieser Be-         in Asien und den USA üblich sind. Dies führt
Air Capture» Technologie jedoch in einem       rechnung werden jedoch keine Erlöse aus          zu erheblichen Kosteneinsparungen gegen-
frühen kommerziellen Entwicklungsstadium       der inhärenten Co-Produktion von Wärme           über Kleinanlagen. Es bedarf aber auch einer
befindet, bestehen erhebliche Unsicherhei-     berücksichtigt. Wird Wärme genutzt (z.B.         entsprechenden Infrastruktur, um Rohstoffe
ten hinsichtlich der Kosten; Abscheidekosten   zur Beheizung von Gebäuden oder in in-           zu liefern und Produkte zu verarbeiten. Die
von derzeitig 600 CHF pro Tonne CO2 [19]       dustriellen Prozessen) und können Erlöse         spezifischen Investitionskosten eines Me-
bedeuten deutlich höhere Mehrkosten für        (oder Gutschriften) berücksichtigt werden,       thanolsynthesereaktors liegen bei 120–310
die Methanproduktion von bis zu 120 CHF/       können sich niedrigere P2P-Kosten ergeben.       CHF/kWth; Fischer-Tropsch-Reaktoren kos-
MWhth. Langfristige Kostenzielgrösse für die   Für die Rückverstromung durch traditionelle      ten rund 80–300 CHF/kWth. Diese Reaktor-
Schweizer «Direct Air Capture» Technologie     gasbasierte Technologien (Gasturbine oder        technologien sind bereits heute auf den
liegt bei 100 CHF je Tonne CO2 [19]. Im Ver-   Verbrennungsmotor) sind in Zukunft nur           Weltmärkten gut etabliert, was signifikante
gleich zu «Direct Air Capture» Technologien    noch begrenzte Kostenfortschritte zu er-         Kosteneinsparungen in der Zukunft un-
sind die Kosten für die Abtrennung aus an-     warten, was in diesem Fall bedeutet, dass        wahrscheinlich macht. Zukünftige Kosten-
deren CO2-Quellen, wie fossilen Kraftwerken    Kostensenkungen für den P2P-Pfad eher auf        senkungen bei P2L-Technologien werden
und Zementwerken, deutlich niedriger, da       die Kostenentwicklung von Elektrolyseuren        daher vor allem auf die Senkung der Elek-
die CO2-Konzentration dieser Rauchgas-         und Methanisierungsanlagen beruhen wer-          trolysekosten und Skaleneffekte bei der
ströme höher ist als die CO2-Konzentration     den. Für Brennstoffzellensysteme zeigen die      Erhöhung von Anlagengrössen und Produk-
in der Atmosphäre, wodurch die CO2-Abtren-     Zukunftsperspektiven hohe technologische         tionsvolumina zurückzuführen sein.
nung weniger aufwändig ist [20].               Lernraten mit einer Reduzierung der spe-
20   SCCER Joint Activity

                                                                                                                                                
                                                                                                                                                Klimavorteile sind
                                                                                                                                                nur mit kohlenstoffarmem
6        Nutzen für den Klimaschutz                                                                                                             Strom zu erreichen.

6.1 Die Ökobilanzperspektive                                                                                 800
                                                                                                                                                      2017

                                                             Treibhausgasemissionen der Autos [g CO2eq/km]
                                                                                                             700
Mit Strom als Hauptinput hängen die Aus-                                                                                 Batteriefahrzeug
wirkungen von P2X-Prozessen auf den Kli-                                                                     600         Brennstoffzellenauto
                                                                                                                         ICEV SNG
mawandel – d.h. ihre Treibhausgasemissio-                                                                                ICEV Diesel
                                                                                                             500
nen – hauptsächlich von der CO2-Intensität                                                                               ICEV Gas
des für die Elektrolyse verwendeten Stroms                                                                   400         ICEV Benzin
ab [21]: Ökobilanzergebnisse zeigen, dass
                                                                                                             300
die Nutzung von Elektrizität aus Windkraft
oder Sonnenenergie zu wesentlich gerin-                                                                      200
geren Treibhausgasemissionen im Lebens-
                                                                                                             100
zyklus führt als die herkömmliche Wasser-
stofferzeugung durch Dampfreformierung                                                                         0
von Erdgas. Betrachtet man den aktuellen                                                                           0            100             200           300            400            500

durchschnittlichen Strommix der Schweiz                                                                                          THG-Intensität des Stroms [g CO2eq/kWh]
(inkl. Importe) wäre die Elektrolyse gegen-
über der Dampfreformierung in Bezug auf
die Treibhausgasemissionen je erzeugter
                                                                                                                   Abbildung 6.1: Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen pro Kilometer für
Einheit Wasserstoff vorteilhaft. Im Vergleich
                                                                                                                   heutige Personenkraftwagen und Kraftstoffe in Abhängigkeit vom Treibhaus-
zur Dampfreformierung von Erdgas liegt der                                                                         gasemissionsgehalt («THG-Intensität») des Stroms, der für das Laden von
Schwellenwert für die Treibhausgasinten-                                                                           Batterien bzw. zur Herstellung von Wasserstoff oder SNG verwendet wird [23].
                                                                                                                   Hier wird CO2 für die SNG-Produktion aus der Atmosphäre abgeschieden und
sität des für die Elektrolyse verwendeten
                                                                                                                   stellt bei der Verbrennung von SNG keinen zusätzlichen Beitrag zum Kohlen-
Stroms bei rund 210 g CO2eq/kWh, was etwa                                                                          stoffkreislauf dar. ICEV: Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. THG-Intensitäten
50 % niedriger ist als die Treibhausgasemis-                                                                       bestimmter Stromquellen in der Schweiz zum Vergleich: Wasserkraft ca. 10 g
                                                                                                                   CO2eq/kWh, Windkraft 10–30 g CO2eq/kWh, PV 50–100 g CO2eq/kWh, Schweizer
sionen eines Erdgas-Kombikraftwerks bzw.
                                                                                                                   Strommix 100–150 g CO2eq/kWh, Erdgas-Kombikraftwerk 400–500 g CO2eq/kWh
des aktuellen Strommixes in Europa.                                                                               [24].
Bei der Erzeugung synthetischer gasför-
miger Kraftstoffe aus Wasserstoff und CO2
sind die Kohlenstoffintensität des für die
Elektrolyse verwendeten Stroms, die Koh-        entlang der verschiedenen P2X-Pfade ist                                                      wendung synthetischer Kraftstoffe mit CO2
lenstoffquelle als solche und die mit der       die direkte Nutzung von Strom in Batterie-                                                   aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe
Wärme- und Stromversorgung zur CO2-Ab-          fahrzeugen die klimafreundlichere Option,                                                    oder der Nutzung mineralischer Quellen
scheidung verbundenen CO2-Emissionen die        sobald die Stromversorgung mit höheren                                                       immer einen zusätzlichen Eintrag von CO2
entscheidenden Faktoren für die gesamten        Treibhausgasemissionen verbunden ist als                                                     in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf
Treibhausgasemissionen. Nur Strom mit           Strom aus Wasser- oder Windkraftanlagen                                                      darstellt, ermöglicht die Abscheidung von
einer Kohlenstoffintensität, die so niedrig     (Abbildung 6.1). Unter den P2X-Kraftstoffen                                                  CO2 aus der Atmosphäre oder biogenen
ist wie die von Wasser- oder Windkraft,         führt die direkte Nutzung von Wasserstoff                                                    Quellen grundsätzlich die Synthese klima-
ermöglicht eine erhebliche Reduzierung          zu geringeren Klimaauswirkungen als die                                                      neutraler Energieträger [22]. Möglichkei-
der Treibhausgasemissionen im Vergleich         Verwendung von synthetischen Kohlen-                                                         ten der Verbesserung der Umweltbilanz
zur Verwendung von Erdgas (oder ande-           wasserstoffen. Bei synthetischen Kohlen-                                                     von P2X ergeben sich im Allgemeinen aus
ren fossilen Brennstoffen) als Fahrzeug-        wasserstoffen ist die Herkunft des CO2 ein                                                   einer verbesserten Prozessintegration mit
kraftstoff. Aufgrund der Energieverluste        entscheidender Faktor: Während die Ver-                                                      der Nutzung von Abwärme.
SCCER Joint Activity   21

                                                  
                                                  Der Standort der P2X-Produktion ist wichtig:
                                                  Direkter Zugang zu erneuerbarem Strom und ggf.
                                                  ausreichende Mengen an CO2 sind erforderlich.

6.2 CO2-Quellen                                 dukten aus landwirtschaftlichen Kulturen,      gebungsluft enthaltenen CO2, das bereits
                                                Grüngut und vor allem Gülle das Potenzial,     Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs
Für die Herstellung von synthetischem Me-       die Menge an verfügbarem Biomethan und         ist. Die niedrige CO2-Konzentration in der
than und flüssigen synthetischen Kraftstof-     biogenem CO2 stark zu erhöhen. Weitere         Luft unter 0.1 Vol.-% macht die direkte Luft-
fen wird eine Kohlenstoffquelle benötigt,       potenzielle biogene CO2-Quellen beziehen       abscheidung jedoch im Vergleich zu vielen
die auf biogenen, mineralischen oder fos-       sich auf die Umwandlung von Holzresten         anderen CO2-Abscheidemöglichkeiten ener-
silen Rohstoffen basieren kann; auch die        durch indirekte Holzvergasung und Met-         gieintensiver und teurer. Mit Pilotanlagen
Atmosphäre kann als CO2-Quelle dienen.          hanisierung dieses Gases, mit anschlies-       an mehreren Standorten wird diese Techno-
Diese CO2-Quellen müssen in ausreichender       sender CO2-Abtrennung. Die Verwendung          logie bereits heute in der Schweiz entwickelt
Menge und zu wettbewerbsfähigen Kos-            von einem Viertel des ungenutzten Holzes       und getestet.
ten verfügbar sein. Die CO2-Abtrennung          in einer entsprechenden Vergasungsanlage
benötigt Energie und Infrastruktur, es sei      würde die Menge an biogenem CO2 aus be-
denn, Biogas wird direkt als Rohstoff für       stehenden Biogasanlagen verdoppeln.
die direkte CO2-Methanisierung genutzt.         Weitere mögliche CO2-Quellen sind statio-
Wenn letztendlich der aus CO2 und Was-          näre Grossfeuerungsanlagen und Industrie-
serstoff erzeugte synthetische gasförmige       anlagen wie Müllverbrennungsanlagen (29
oder flüssige Kraftstoff zur Energieum-         in der Schweiz) oder Zementwerke (6 in der
wandlung verwendet wird (z. B. in einem         Schweiz); der Standort der Anlagen ist je-
Auto mit Verbrennungsmotor oder in einem        doch entscheidend [26]. Die Nutzung dieser
Blockheizkraftwerk), entsteht wieder CO2        Quellen bedeutet, CO2 aus einem Gasstrom
als Verbrennungsprodukt. Als solches sind       zu trennen, der Stickstoff und unverbrann-
P2X-Technologien in der Lage, die Emissio-      ten Sauerstoff sowie Schwefeloxide, Stick-
nen zeitlich zu verschieben, aber sie stellen   oxide und viele andere Bestandteile enthält.
keine Entfernung von Kohlenstoff aus dem        Eine typische CO2-Konzentration im Rauch-
Kohlenstoffkreislauf dar.                       gas dieser Punktquellen liegt unter 20%. Die
Eine mögliche Quelle für CO2 ist Biogas, das    heutigen Müllverbrennungsanlagen sind
aus biogenen Substraten (Klärschlamm,           für rund 60 % (4.2 Mt CO2) der CO2-reichen
Grünabfälle, landwirtschaftliche Reststoffe     Rauchgase in der Schweiz verantwortlich
und Gülle) durch anaerobe Vergärung ge-         und die 6 Zementwerke für 38 % (2.7 Mt
wonnen wird. Je nach Substrat und Prozess       CO2). Anlagen auf Biomassebasis stellen
kann der CO2-Gehalt des Biogases bis zu 45%     einen geringen Anteil dar. Obwohl diese
erreichen. Wird das CO2 aus dem Biogas ab-      Quellen aus technischer Sicht erhebliche
getrennt, bleibt Methan als Hauptprodukt,       Mengen an CO2 liefern könnten, könnte
das als Biomethan in das Gasnetz einge-         die Nähe zu grossen Produktionsstätten für
speist oder direkt vor Ort genutzt werden       Strom aus erneuerbaren Energien problema-
kann. Die heute bestehende Biogasproduk-        tisch sein. Liegt die CO2-Quelle in der Nähe
tion in der Schweiz (rund 150 Biogasanlagen     der P2X-Anlage und der Stromerzeugung,
[25]) entspricht einem CO2-Potenzial von        können die notwendigen Infrastrukturen
rund 0.14 Mio. t CO2 pro Jahr.                  für CO2 bzw. Stromtransport und damit die
Während das Rohstoffpotenzial aus Abwas-        Kosten reduziert werden. 
ser bereits heute weitgehend genutzt wird,      Die direkte CO2-Abscheidung aus der Luft
hat die anaerobe Vergärung von Nebenpro-        ermöglicht die Nutzung des in der Um-
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