Programmheft Februar bis August 2020 - De/En - Kunstmuseum Thun
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Inhaltsverzeichnis Aus dem Museumsalltag 4 Yadegar Asisi im Interview Ausstellungen 7 Sarah Oppenheimer 8 Christine Streuli 9 Bitte eintreten 1 10 Jenseits des Panoramas. IMPRESSUM / IMPRINT Direktorin / Director: Helen Hirsch Zur Konstruktion von Landschaft Redaktion / Editor: Elsa Horstkötter, Noura Abla Konzept / Concept: Helen Hirsch, Simone Büsch- Küng, Elsa Horstkötter, Sara Smidt, Noura Abla Fokus Texte / Texts: Helen Hirsch, Tabea Steiner, 11 Drei Fragen an C hristoph Wagner Yadegar Asisi, Prof. Christoph Wagner, Svenja Wälti, Anja Seiler, Simone Büsch-Küng, Elsa Horstkötter, Sara Smidt, Noura Abla Kunstvermittlung Lektorat / Copy-editing: Gecko Lingua, Elsa Horstkötter, Noura Abla, Simone Büsch-Küng 13 Frisch im Museum Übersetzung / Translation: Gecko Lingua Gestaltung / Design: B&R, Bern 14 Vermittlungsangebote Druck / Printing: Stämpfli AG; Bern © 2020 Kunstmuseum Thun Agenda © 2020 Texte / Texts: Autor*innen / Authors © 2020 Abbildungen / Illustrations: 16 Februar bis Juli 2020 Kunstmuseum Thun Bildnachweis Credits Förderverein Cover: Christine Streuli, Crash, 2012, Mixed Media auf Leinwand, 350 × 850 cm, Courtesy die 19 Den Raum mit Kunstwerken, Künstlerin Backcover: Johannes Itten, Herbst am Bach, 1912, Geräuschen und Düften füllen Privatbesitz, Foto: Christian Helmle Poster: Sarah Oppenheimer, TL_S1, 2019, Graphite on paper (Detail), 28 × 58 cm, Courtesy Sammlung the artist; Galerie Von Bartha, Basel 20 Entdeckungstour ohne Schliesszeiten Ausführliche Informationen auf unserer Webseite: / For detailed information visit our website: www.kunstmuseumthun.ch, Aussenblick www.thun-panorama.ch 22 Hugo Loetschers Insta-Stories Folge uns auf Facebook und Instagram! / Follow us on Facebook and Instagram! Glossar Kunstmuseum Thun 23 English Thunerhof Hofstettenstrasse 14 CH-3602 Thun T 033 225 84 20, F 033 225 89 06 kunstmuseum@thun.ch Di – So 10 – 17 Uhr, Mi 10 – 19 Uhr / Tue – Sun 10 a.m. – 5 p.m., Wed 10 a.m. – 7 p.m. Montags geschlossen / Closed on Mondays Eintrittspreise / Admission: CHF 10.– / 8.– Thun-Panorama Schadaupark CH-3602 Thun T 033 223 24 62, F 033 221 18 74 panorama@thun.ch Di – So 11 – 17 Uhr / Tue – Sun 11 a.m. – 5 p.m. Montags geschlossen / Closed on Mondays Eintrittspreise / Admission: CHF 9.– / 8.– Mit grosszügiger Unterstützung von / With the generous support of: 2
Editorial In der Begegnung mit Kunst spielen Raum und Körper Sonderausstellung im Glasanbau, die in Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Wie stehe ich, wie orientiere ich mich mit dem Projekt «33 Schweizer Frühfilme» der Universität oder wie bewege ich mich in einem Raum, wie nehme Basel und der HGK Basel entstanden ist, spürt der Illusion ich das Werk wahr, was löst es in mir aus? Die Antworten des Raumes und der Konstruktion von Landschaft nach. auf diese Fragen fallen je nach persönlichem Hintergrund Neue Medien erweitern den Blick auf das Historische und eigenen Erfahrungen unterschiedlich aus. Bei den und die Gegenwart. heute zunehmend allumfassenden Kunstformen, wo Gren- Im Projektraum enter zeigen wir die neue Ausstellung zen zwischen Bildraum und Realraum fast aufgehoben «Bitte Eintreten 1». Sie widmet sich der Schenkung Marlis werden und ineinander übergehen, wird es schwierig, die und Hans Suter, die der Förderverein des Kunstmuseums Übergänge richtig auszuloten. Sie beschäftigen uns, sie zu seinem 60-jährigen Jubiläum erhalten hat. faszinieren und verunsichern. Das physische Eintauchen Wir wünschen Ihnen einen guten Jahresanfang und in neue Bilddimensionen zeigt Auswirkungen auf unseren freuen uns auf Ihren Besuch. Körper und unseren Geist. Das Betreten von Räumen löst im Körper Emotionen aus, die sehr individuell aus Helen Hirsch fallen: Räume können positive oder negative Gefühle Direktorin Kunstmuseum Thun auslösen; in einigen Räumen können wir uns entfalten, in anderen wiederum fühlen wir uns unwohl, angespannt und eingeengt. Mit den beiden Einzelausstellungen der Künstlerinnen Sarah Oppenheimer und Christine Streuli möchten wir im neuen Jahr solch unterschiedliche Raumerfahrungen spürbar machen. Oppenheimers skulpturale Intervention verblüfft in ihren Zusammenhängen und fordert dazu auf, zwischen den Räumen neue Wege zu suchen. Streuli hin- gegen lädt die Besucher ein, sich im Sog der Malerei in fiktiven Räumen zu orientieren. Oder sind sie bereits real geworden? Das können Sie für sich selbst entscheiden. Auch beim Panorama vom Marquard Wocher im Schadaupark tauchen wir durch die Faszination der klei- nen Details und die Gesamtwirkung des Werks in die Landschaft von Thun vor 200 Jahren ein: in der Zeit seiner Entstehung eine absolut spezielle Erfahrung. Die neue Foto: Carolina Piasecki 3 Editorial
Aus dem Museumsalltag an einem Sommertag in den Bergen. Diesen immersiven Aspekt nutze ich auch für meine Yadegar Asisi Panoramen. Meine inhaltliche Motivation beziehe ich dabei aber meist aus der Wechsel- wirkung zwischen dem Menschen und seiner im Interview Umwelt bzw. seiner Geschichte. Und darüber hinaus möchte ich den Besuchern eine Botschaft vermitteln, die über die eigentliche Darstellung hinausgeht. Das Panorama als immersives Kunsterlebnis ist aufgrund der räumlich-emotionalen Erfahrung des Besuchers ein perfektes Format, um den Betrachter zum Nachdenken anzuregen, ihn das jeweilige Thema und die dazugehörige Metaebene mit dem eigenen Gefühl und Körper erfahren zu lassen. Zum Beispiel erzählt mein Panorama TITANIC, in dem der Betrachter das Wrack der auf den Meeresgrund gesunkenen Titanic sehen konnte, nicht von der eigentlichen Katastrophe des Schiffsuntergangs, sondern von der Technikgläubigkeit des Menschen im beginnenden Zeitalter der Industrialisierung. Wie sind Sie zum Panorama gekommen? Yadegar Asisi in seinem Atelier, Foto Caro Krekow © asisi Ich bin nicht wirklich zum Panorama gekom- men, das Panorama hat mich sozusagen Yadegar Asisi gestaltet die grös- gefunden. Alle meine Leidenschaften verei- sten Panoramen der Gegenwart. nen sich hier, vor allem die Architektur und die Malerei. Schon seit meiner Kindheit dachte Wir haben ihn zu einem Ge- und fühlte ich in Räumen, das drückte sich dann auch später in meiner beruflichen und spräch über Rundbilder getroffen. künstlerischen Tätigkeit aus. Fasziniert von der anamorphotischen Malerei des Barocks habe ich meinen Weg mit illusionistischen Rauminstallationen begonnen. Die Möglichkei- ten der Raumauflösung durch die Gesetze Herr Asisi, waren Sie schon einmal im Thun-Panorama? der Perspektive haben eine spielerische Faszination auf mich ausgeübt. Ich wollte die Ich war leider noch nicht vor Ort, kenne das Menschen verführen, sich auf die Auflösung Werk und die Rotunde aber durch meine der Dimensionen von Raum und Zeit einzulas- Mitgestaltung der Ausstellung «Sehsucht» in sen. In der Konsequenz waren es schliesslich der Bonner Kunsthalle. Das Gebäude am die Panoramen, mit denen ich die Raum Thunersee hat eine beachtenswerte Architek- grenzen komplett auflösen konnte, um für den tur und auch die Überarbeitung ist wirklich Betrachter eine Eins-zu-Eins-Simulation sehr gelungen. Das Panorama selbst zeigt erzeugen zu können. Dazu kamen die gerade auf jeden Fall das hohe perspektivische Kön- entwickelten drucktechnischen Möglich nen Marquard Wochers, ich muss es mir in keiten, grosse Stoffbahnen farbig bedrucken naher Zukunft definitiv einmal ansehen. Mich zu können. Die heutigen technischen Er- interessiert hier vor allem die Raumwirkung rungenschaften verschaffen mir die Möglich- eines Panoramas dieser Grössenordnung, ein keit, mehrere Projekte parallel und – im Asisi-Panorama ist ja deutlich grösser. Umso Vergleich zu den Malern des 19. Jahrhunderts – spannender ist es, live zu sehen, wie Wocher schneller zu bearbeiten. Gemalt hätte ich die Raumwirkung in seinem Bild erzeugt. sicher kein Panorama in dieser Grössen ordnung. Hochachtung deshalb für Künstler Das Thun-Panorama wurde 1809–1814 vom Basler wie Marquard Wocher! Marquard Wocher gemalt. Ihn trieb die Faszination eines schönen Sommertags in Thun zu einem 38 × 7,5 Meter gros- Für heutige Besucher ist unser Panorama in Thun vor sen Rundbild an. Was treibt Sie zu Ihren Panoramen an? allem ein grosses Wimmelbild, das original erhalten und das älteste Rundbild der Welt ist. Von was schwärmen Panoramen hatten zu der Zeit von Marquard die Besucher der Asisi-Panoramen? Wocher und der vielen anderen Künstler der ersten Generation zu Beginn des 19. Jahr Von vielen Besuchern höre ich immer wieder, hunderts sozusagen die Möglichkeit, kollek dass meine Panoramen sie emotional bewe- tive Sehnsüchte zu stillen. Reisen zum Beispiel. gen. Sie vergessen nach einer kurzen Dauer, Das konnten sich nicht viele leisten. Deshalb dass sie sich in der Simulation einer konstruier- schickte man die Panoramen auf Reisen. ten Realität aufhalten. Der Vorgang, den man Denn in den Rundbildern wurden die Men- Immersion nennt, wird durch eine s pezielle schen Teil der Umgebung, fanden sich wieder Sound- und Lichtinstallation unterstützt. Die 4 Aus dem Museumsalltag
«Mich verbindet mit Wocher die ersonen usw. natürlich nach dem aktuellen P Forschungsstand. Wenn ich keine sicheren Faszination des Künstlers von Quellen habe, nehme ich mir als Künstler die Freiheit, diese auszufüllen. Schliesslich seiner Umgebung.» gibt es niemanden, der mir sagen kann, wie es wirklich war. Bei meinem Panorama von Pergamon habe ich die Tempel, den Altar und Menschen lassen sich auf das Seh-Erlebnis das Amphitheater nach gesicherten Aus ein, wie andere ins Kino gehen und einer grabungsquellen mit der Beratung von Wissen in Szenen gespielten Geschichte folgen. Nicht schaftlern der Staatlichen Museen Berlin als wenige sind auch wirklich zu Tränen gerührt. Hauptmerkmale im Bild angelegt. Insbeson Das sind ganz besondere Momente für einen dere beim weltbekannten Pergamon-Altar war Künstler. Den Begriff Wimmelbild höre ich es mir wichtig, diesen in seiner ursprüngli- eigentlich nicht so gern. Wimmelbilder haben chen, martialischen Funktion zu zeigen – als selten eine emotionale Ausrichtung und sind blutige und rauchige Opferstätte. Um aber aufgrund ihres Lehrauftrags stets vollgestopft auch das normale Leben der damals dort leben- mit Szenen und Personen. Meine Bilder sind den Menschen zeigen zu können, habe ich in erster Linie eine malerische Komposition, die kleinteilige Stadtstruktur von Märkten und nennen wir es Malerei mit modernen Mitteln. Wohnhäusern um die Heiligtümer herum nach Das Panorama ist erst Raum und Licht und meiner Auffassung zu einer funktionierenden dann, je eingehender man es betrachtet, Inhalt. Stadt vervollständigt. Das gibt den Besuchern In jedem Bild stecken jahrelange Recherche, ein wirkliches Gefühl von der damaligen Zeit dutzende Skizzen, tausende Fotografien und und lässt sie durch die Emotionalität und den malerische Detailarbeit. Und natürlich «wim- realistischeren Bezug deutlich mehr aus der melt» es zwar auch von Menschen, Pflanzen, Ausstellung mitnehmen. Tieren, Insekten oder auch von Szenen. Die Bildinhalte in den Panoramen folgen aber Welche Verbindung schlagen Sie zu original stets einer ausgeklügelten Dramaturgie, sind historischen Panoramen? malerisch mit entsprechendem Gestus und Lichtsetzung gearbeitet und haben eine viel Ich kenne einige historische Panoramen aus stärkere perspektivische Raumwirkung. Im dem 19. Jahrhundert und sie alle weisen einen klassischen, pädagogischen Wimmelbild stehen hohen Grad an künstlerischem Können auf. die Dinge ja meist ohne Verbindung neben Natürlich waren die damaligen Maler in ihren einander. Meine Panoramen aber sollen technischen und zeitlichen Möglichkeiten den Betrachter in die Mitte stellen. Er soll das begrenzt. Insofern möchte ich nicht mit ihnen Geschehen nicht von aussen betrachten, tauschen wollen. Die heutigen Möglichkeiten, sondern sich mittendrin befinden und die Sze- eine wirkliche Raumillusion zu schaffen, sind nerie emotional erleben. doch dann deutlich besser geeignet. Die damaligen Künstler und mich eint im Grunde Sowohl Ihre Panoramen als auch das Thun-Panorama genommen der malerische Akt an sich. Und leben vom Detail. Einerseits sieht das entstandene auch aus der Sicht eines Besuchers, der zehn Bild dadurch echt aus und doch ist es akribisch konstru- bis fünfzehn Meter von der Leinwand entfernt iert, es wird also eine neue Wirklichkeit gebaut. steht, ist der Unterschied zwischen klas Wie ist Ihr Verständnis von «Wirklichkeit»? sischer und digitaler Malerei nicht mehr allzu gross. Was mich persönlich mit dem Thun- Jede Art von Wirklichkeit ist doch immer eine Panorama von Wocher verbindet, ist die thema- subjektive Wahrnehmung. Gerade bei histori- tische Selbstbestimmung des Künstlers. schen Panoramen beziehe ich aber stets auch Die Entstehung des Bildes basierte einzig und wissenschaftliche Berater zur authentischen allein auf der Faszination des Künstlers von Darstellung der, sagen wir einmal «überliefer- seiner Umgebung, es gab soweit ich weiss kei- ten Wirklichkeit», mit ein. Das heisst, ich richte ne Abhängigkeiten oder grosse Einflussnah- mich bei der Darstellung von Architektur, me im Hintergrund. Das ist bei mir ebenso der Fall. Nachdem das Panorama sein Dasein im 20. Jahrhundert vor allem als propagandisti- sches Auftragswerk fristete, bin ich heute so frei zu sagen, dass ich die Kunstform Panorama dem Künstler zurückgegeben habe. Ich gestalte mein Œuvre frei nach meinem Willen und habe dazu das Glück, dass die moderne Technik mir für eine Vielzahl an Werken eben dieses ermöglicht. Welche Panoramen sind thematisch beliebter als andere oder ist alles eine Frage des Standorts? Das lässt sich nicht so einfach sagen. Bislang konnten wir uns noch bei keinem Projekt über eine mangelnde Besucherzahl beschweren. Yadegar Asisi in seinem Atelier, Foto: Felix Broede, © asisi Im Kontrast zu Ihrem Standort zeigen wir an 5 Aus dem Museumsalltag
verschiedenen Orten verschiedene Werke. Die Bilder wechseln an manchen Standorten jähr- lich. Und die Themen ziehen unterschiedliche Besuchergruppen an. Alle vereint aber, dass sie eine geradezu sinnlich-unbedarfte Neugier wecken. Auch für Besucher, die nur zufällig hineingeraten. Durch unsere jahrelange Erfah- rung und technische Verbesserungen sind Wechsel des Bildes deutlich einfacher gewor- den und man kann natürlich eine grosse Vielfalt an Themen spielen. Ich verwirkliche aber grundsätzlich nur Themen, die mich per- sönlich begeistern und in meine Werkzyklen passen. Bislang wird das alles vom Publikum sehr gut angenommen. Warum ist Ihres Erachtens und für Sie die Faszination am Rundbild ungebrochen? Sagen wir es so: Diese Faszination wurde erst in den letzten 20 Jahren wiederentdeckt. Und sie bildet ein wichtiges und gutes Detailansicht Thun-Panorama, Foto: Christian Helme Gegengewicht zur Bilderflut des 21. Jahrhun- derts. In einer Zeit, in der der Betrachter stetig von immer schnelleren Bildschnitten und «Die Faszination am Rundbild einem Übermass an Informationen überreizt wird, braucht es Entschleunigung. Beim bildet ein wichtiges und gutes Besuch eines Panoramas erläuft man sich die Gegengewicht zur Bilderflut des Bildinhalte nach seinem eigenen Gusto, man beschäftigt sich tiefer und wirklich emoti 21. Jahrhunderts.» onaler mit dem jeweiligen Thema. Das ist eine Erfahrung, die viele Besucher teilen. Jeder ist hier Regisseur seines eigenen Sehens. Welche Panoramen möchten Sie noch gerne verwirklichen? Worin liegt in Zeiten der ständigen Verfügbarkeit von Bildern die Herausforderung für das Medium Rundbild? Es liegen noch zahlreiche Projekte vor mir und meinem Team und bislang ist da auch kein Das Rundbild war und ist ja immer ein Teil Ende in Sicht. Ich habe immer wieder selbst der Malerei. Und die Malerei als solche hat es neue Ideen und möchte natürlich meine Werk- in der heutigen Zeit schwer, ihre Bedeutung zyklen vervollständigen. Neben den histori- zu wahren. Klar, auf dem Kunstmarkt funktio- schen Stadtveduten wie PERGAMON haben niert das Ganze noch als elitäres Businessmo- auch Naturpanoramen sowie Momente der dell. Aber ihre ursprüngliche Relevanz für die Zeitgeschichte und kirchengeschichtliche Allgemeinheit, erst zur Abbildung der Wirk- Panoramen (ROM312, LUTHER 1517, KONZIL lichkeit und später zu ihrer emotionalen Erfah- VON KONSTANZ) ihren Platz in meinem rung, verschwindet immer mehr. Das liegt Gesamtwerk. natürlich auch an der starken Konkurrenz durch Zunächst wird im kommenden Jahr in Rouen die Vielzahl der neuen Medientechnologien mein Panorama zum Impressionismus – «Die und Sehgewohnheiten. Umso wichtiger ist es, Kathedrale von Monet» Premiere feiern. Damit das Panorama als Kunstform zu bewahren. beginnt ein ganz neuer Werkzyklus, der sich Die perspektivische Raumwirkung bietet ein vor allem mit den Sinneswahrnehmungen des gänzlich anderes, emotionaleres und körper Menschen und seinem Verhältnis zur Kunst licheres Seh-Erlebnis als die Betrachtung eines beschäftigt. Am Beispiel des Impressionismus Tafelbildes. möchte ich den Beginn der modernen Malerei Die meisten Menschen können sich als Reaktion auf die Weiterentwicklung der eine derartige Erfahrung schwer vorstellen, Technik zeigen. Dann folgen Werke zum Konzil man muss den Erstbesucher schon über von Konstanz, zum 11. September, zur Antarktis zeugen. Erfahrungsgemäss kommen aber fast und noch einiges mehr. Sie dürfen auf jeden alle Menschen, die einmal ein Panorama Fall gespannt sein. Meine Motivation versiegt dieser Grösse gesehen haben, auch wieder. nicht und mir schwirren so viele Themen durch Und das nicht ohne Grund. Das Rundbild den Kopf – dafür reicht ein Leben nicht aus! als Medium braucht keine Spezialeffekte, die Immersion funktioniert allein durch seine Grösse, die Raumwirkung und die selbst bestimmte Entdeckung des Bildes durch den ADEGAR ASISI ZU GAST IN THUN Betrachter. Insofern wird es auch in Zukunft → Mittwoch, 10. Juni, 18.30 Uhr, Veranstaltung zum Thema «Panorama» hoffentlich ein sehr relevantes Medium sein. Weitere Informationen: kunstmuseumthun.ch Weitere Infos zu den Projekten von Yadegar Asisi finden Sie unter: asisi.de. 6 Aus dem Museumsalltag
Ausstellungen In unmittelbarer Auseinandersetzung mit den Gebäude- strukturen des Kunstmuseum Thun hat die amerikanische Sarah Künstlerin Sarah Oppenheimer (*1972) ein Netzwerk aus architektonischen Instrumenten entwickelt. Diese ähneln Gebäudeelementen wie Fenstern, Türen oder Säulen Oppenheimer und werden durch das Eingreifen der Besucher *innen jeweils manuell aktiviert. Wird eine Tür gedreht, ein Fens- ter aufgestossen oder an einer Säule gezogen, so verän- N-01 dern sich Dimension und Position vielfältiger Übergänge in angrenzende Räume. Die Museumsbesucher*innen und die architektonischen Instrumente sind Teil einer ge- meinsamen Performance und bringen die Choreografien des Ausstellungsraums zeitlich befristet in eine neue 29.2. – 12.7.2020 Ordnung. Mit Sarah Oppenheimer laden wir eine Künstlerin Kunstmuseum Thun nach Thun ein, die in unserem klassischen Museumsbau neue und unerwartete Zugänge schafft. Durch die partizipative Ausrichtung der Installation N-01 wird das Publikum zu einer haptischen Erkundung des Ausstel- lungsraumes aufgefordert. Die Besucher*innen sind ein- geladen, die Instrumente zu berühren und zu bewegen und so eine aktive Rolle in einer subtilen Choreografie zu übernehmen. Oppenheimer bietet den Besucher*innen eine neue Raumerfahrung an, das von der üblichen Linearität abweicht. So entsteht eine sinnliche Dreiecks- beziehung zwischen dem architektonischen Instrument, dem Ausstellungsraum und dem Körper des Betrachtenden. → Kunstmuseum Thun, 29.2.2020 – 12.7.2020 Vernissage: 28. Februar ab 18:30 Uhr, mit Musik von «All XS» Sarah Oppenheimer, S-337473, 2017, Foto: Serge Hasenböhler. Stahl, Glas und Architektur. Installationsansicht: Wexner Center for the Arts, USA 2017. 7 Ausstellungen
Christine Streuli, Virginia_01, 2019, Mixed Media auf Leinwand, 56 × 96 cm, Ausstellungsansicht, Kunst Museum Winterthur Foto: Jans Ziehe, Berlin Ausstellungen Sie sind farbgewaltig und energiegeladen und verführen das Publikum zum Hinschauen: Christine Streulis Werke Christine Streuli sind monumentale Allover-Paintings, die aus einem rei- chen Vokabular von Symbolen, Zitaten, Mustern, Motiven und Ornamenten schöpfen. Nicht nur Pinsel und Leinwand Lange Arme, gehören zu ihren Werkzeugen, vielmehr wird mit jedem Bild eine eigene technische Formensprache definiert. Die bekannte Schweizer Künstlerin zappt virtuos zwischen kurze Beine klassischem Pinsel, Spraydose oder diversen Drucktech- niken hin und her. Sie komponiert und collagiert sowohl monumentale Leinwände, Bildtapeten, Bodenarbeiten oder auch kleinformatige Papierarbeiten, die zusammen ein dichtes Geflecht und eine gewaltige Farborgie entfalten. 29.2. – 12.7.2020 Neben der Lust am Sehen rufen ihre Arbeiten wichtige, zeitgenössische Fragen nach der Natur und dem Hand- Kunstmuseum Thun werk der Malerei und der Auseinandersetzung mit der uns alle umgebenden Bilderflut auf. Auch in der Ausstellung Lange Arme, kurze Beine kön- nen sich Besucher*innen auf ein umfangreiches Erlebnis ihrer verschiedenen Arbeitsweisen freuen. Im Mittelpunkt stehen eine grosse Wand-Installation und eine Bildtapete mit retrospektivem Charakter. Eine Auswahl von Malereien, die in den letzten 18 Jahren entstanden sind, werden digital präsentiert und thematisieren Diskurse um Original und Kopie, fragen nach Wert, Wertung und Umwertung. Durch die Installation entsteht ein Wechselspiel aus Ebenen und Zeiten und es wird der produktive Umgang Christine Streulis mit der heutigen Bilderflut deutlich. → Kunstmuseum Thun, 29.2.2020 – 12.7.2020 Vernissage: 28. Februar ab 18.30 Uhr, mit Musik von «All XS» 8 Ausstellungen
Ausstellungen Die Gleichung ist einfach: 28 Jahre Präsident des Förder- verein Kunstmuseum Thun und 28 geschenkte Werke. Bitte eintreten 1 Hans und Marlis Suter haben die Sammlung des Kunst- museum Thun um Landschaftsbilder von Bendicht Friedli, Holzschnitte von Otto Morach, berührende Grafiken Schenkung von Max Hunziker sowie Thuner Ansichten von Knud Jacobsen bereichert. Es sind vor allem Kunstschaffende zu finden, die in der Region bekannt sind, aber auch Hans und Marlis schweizweit bedeutende Künstler. Im Projektraum enter sind die nächsten Ausstellungen bis auf Weiteres den Schenkungen des Fördervereins gewidmet. Den Auftakt Suter macht die Schenkung Hans und Marlis Suter. Er bildet gleichzeitig den Abschluss des 60. Jubiläumsjahres des Fördervereins. → Kunstmuseum Thun, 29.2.2020 – 12.7.2020 29.2. – 12.7.2020 Vernissage: 28. Februar ab 18:30 Uhr Projektraum enter Bendicht Friedli, Lungernsee (Ausschnitt), 1999 Foto: Christian Helmle 9 Ausstellungen
Der Panorama-Berg der Genfer Landesausstellung von 1896 – mit Ferdinand Hodler im Vordergrund. (Institut Lumière, Lyon, Film Nr. 312: Fête au village) Ausstellungen Wie konstruierte Marquard Wocher die Landschaft des Panoramas von Thun? Wie vermittelt er uns die Illusion, Jenseits des über die Dächer auf Stadt und Berge zu blicken? Anhand einer Analyse im Vergleich von Bild und Luft-Aufnahmen mit heutiger Medientechnologie werfen wir einen neuen Panoramas. Zur Blick auf das Panorama, dieses Medium, das gegen Ende des 19. Jh. seine Hochblüte erlebte. Es war dies die Zeit der ersten Filme: wir zeigen drei neu erforschte Filme der Konstruktion Gebrüder Lumière, die Erfinder des Kinematographen, mit dem die konstruierte Landschaft und das Spiel mit der Illusion auf neue Art inszeniert wird. Muntere Szenen von Landschaft ländlichen Lebens spielen sich vor eindrücklicher Bergku- lisse ab. Doch der Schein trügt: tatsächlich sehen wir das Village Suisse der Landesausstellung in Genf von 1896, mit riesigem Kunstberg inklusive Wasserfall und minutiös orchestriertem, buntem Treiben. Im Kunstberg selbst 10.5. – 29.11.2020 verbirgt sich das spektakuläre Panorama der Berner Alpen, von dem heute nur noch eine Maquette erhalten ist. Im Thun-Panorama Kontext der Lumière-Filme ergibt sich ein neuer Blick auf das heute als Aeschi-Panorama bekannte Bild. Die Aus- stellung untersucht weiter, wie jenseits des Panoramas die Medien Film und Video die Möglichkeiten zur Darstel- lung von Landschaft neu ausloten. Experimentelle Filme aus den 1970er / 80er Jahren treffen dabei auf aus- schliesslich digital konstruierte Landschaften und eine Virtual Reality Station. Die Ausstellung entsteht in enger Zusammenarbeit mit dem Projekt «33 Schweizer Frühfilme» der Universität Basel und der HGK Basel. → Thun-Panorama, 10.5. – 29.11.2020 Vernissage: 10.5.2020, ab 11.00 Uhr 10 Ausstellungen
Fokus Drei Fragen an Christoph Wagner Der Bauhaus-Künstler Johannes Itten war stets geprägt von seiner Naturerfahrung mit der Thuner Landschaft. Der im Jahre 1888 in Südern-Linden geborene Itten machte im Berner Oberland künstlerische Erfahrungen, die seine Entwicklung bis hin zur Abstraktion bestimmten. Johannes Itten & Thun zeigt eine Reihe bislang unbekannter oder niemals zuvor ausgestell- ter Gemälde und Zeichnungen, die einen überraschenden Zugang zu Ittens Kunstverständnis ermöglichen. Wir sprachen dazu mit Christoph Wagner von der Universität Regensburg, Co-Kurator der Ausstellung. Helen Hirsch: Sie forschen seit einigen Jahren zum Œuvre von Johannes Itten und haben eine ganze Reihe spektakulärer Neuentdeckungen machen können. Was fasziniert Sie speziell an Johannes Ittens Werk? Christoph Wagner: Ich bin immer wieder faszi- niert von der analytischen Klarheit, die die künstlerische Persönlichkeit Johannes Ittens durch vielfältige Etappen seines vielgestalti- gen Künstlerlebens in seiner Kunst und in sei- ner Ausbildung junger KünstlerInnen getragen hat. So hatte sich beispielsweise ein halbes Jahrhundert, bevor Joseph Beuys mit seinem ästhetischen Imperativ, «jeder Mensch ist ein Künstler», weltberühmt wurde, Itten bereits in den 1920er Jahren den Schlachtruf «jeder Dr. Christoph Wagner, Foto: Universität Regensburg Mensch ist bildnerisch begabt» auf die Fahnen geschrieben. Wie später für Beuys, so steckte ünstlergemeinschaft der Bauhäusler in K auch für Itten in jedem Menschen »ein aufzu- Weimar, und 1923 in die Esoterik der bauendes, entwicklungsfähiges Wesen«. Diese Mazdaznan-Gemeinde in der Landschaft künstlerischen Entwicklungspotenziale ver- Herrlibergs an. 1926 gelingt Itten der Auftritt suchte Itten auch in seinem berühmten Vorkurs im pulsierenden Berlin der zwanziger Jahre, am Weimarer Bauhaus zu fördern, um neue wo er seine privatwirtschaftliche Itten- Möglichkeiten zur künstlerischen Selbstfindung Kunstschule gründet und kurz darauf zusätz- zu erkunden. lich in Krefeld Textildesigner ausbildet. Man Neben den Naturerfahrungen aus seiner könnte fast glauben, dass Itten die Prinzipien im Berner Oberland und in Thun verbrachten seiner künstlerischen Kontrastlehre auch Jugend stehen ab 1913 die künstlerischen im Leben praktizierte! Jedenfalls hielt er bis zu Eindrücke bei Adolf Hölzel in Stuttgart und ab seinem Lebensende im Jahre 1967 in allen 1916 das Erlebnis der schillernd-mondänen seinen Tätigkeitsbereichen am eingangs Grossstadtkultur in Wien. Es schliessen sich genannten Wahlspruch fest: »Jeder Mensch 1919 die Wechsel in die experimentelle ist bildnerisch begabt«. 11 Fokus
Helen Hirsch: Wie wichtig waren Thun und Helen Hirsch: Johannes Itten und Thun bietet einige Umgebung für die spätere künstlerische Laufbahn Highlights. Was darf die Besucherin und der Besucher von Johannes Itten? nicht verpassen und worauf freuen Sie sich speziell? Christoph Wagner: Die Naturerlebnisse im Christoph Wagner: Man hält das ja heute in Thuner Land waren für ihn sicher unauslösch- Zeiten der internationalen Vernetzung kaum lich und zählen zu den grundlegenden Erfah- für möglich, aber in der Ausstellung in Thun rungen seiner Jugendzeit. Es überrascht daher werden zum ersten Mal mehrere Gemälde nicht, dass sein Œuvre mit Landschaftsdar- Ittens zu sehen sein, die z.T. seit über 100 Jahren stellungen beginnt und die bildkünstlerischen nicht mehr öffentlich ausgestellt wurden. Transformationen der Natur ein Leben lang Solche Schätze schlummern über viele Jahr- seine Kunst prägten. Wenig bekannt ist, dass zehnte in Familienbesitz. Und da die Familien- Johannes Itten auch in den für seine Entwick- zweige gerade in der Frühzeit Ittens vielfältig lung entscheidenden Jahren zwischen 1918 waren, sind da einige Überraschungen zu und 1920 mehrfach die Landschaftserfahrung Tage getreten. Die Ausstellung wird Schlüssel- im Umfeld des Thuner Sees suchte und dort und Hauptwerke der frühen Zeit in einer bis entscheidende Impulse für die Entwicklung dahin nicht gesehenen Schau zeigen und seines Kunstbegriffs und seines Weges in die zugleich den Brückenschlag zu den prominen- Abstraktion aufnahm. Was man sich auch ten Spätwerken unternehmen. bewusster machen sollte ist, dass Johannes Itten, als er 1919 mit nur 31 Jahren als Meister an das Bauhaus in Weimar berufen wurde, davor bereits drei, beziehungsweise vier für ihn prägende künstlerische Lebensstationen absolviert hatte: Die existentielle Erfahrung einer mangelnden intellektuellen und materi- Christoph Wagner ist ein ausgewiesener Itten-Kenner. Als Professor ellen familiären Verankerung mag ein ent- für Kunstgeschichte lehrt er an der Universität Regensburg. Mit seinen scheidender Antrieb gewesen sein, sich Forschungen zum Bauhaus und zur Kunst der Moderne ist er interna- tional hervorgetreten. Er ist gewähltes Mitglied der Academia Europaea schon in Thuner Jahren recht kompromisslos (London). Als Gastprofessor war er an der Universität Mexiko, UNAM, auf die Suche nach einer eigenen geistigen an der Graduate School der Universität Bern und an der Ecole pratique Heimat in der Kunst zu begeben. des Hautes Etudes (Sorbonne) in Paris tätig. Seine Forschungstätigkeit hat das Bild vom Bauhaus massgeblich verändert. Bild: Johannes Itten, Herbst am Bach, 1912, Öl auf Leinwand, Privatbesitz 12 Fokus
Kunstvermittlung Frisch ins Museum. Unser neues Angebot für junge Familien Werden zwei Erwachsene zu Wir haben uns dafür stark gemacht, dass frischgebacke- ne Eltern mit Baby nicht nur ausdrücklich bei uns Eltern, ist alles neu: Neuer willkommen sind, sondern sogar extra Öffnungszeiten bekommen. «Frisch ins Museum» richtet sich an Erwach- Mensch, neues Zeitmanagement, sene mit ihren Babys, bevor diese laufen lernen. Zwi- schen wickeln, schlafen, schreien und brabbeln schiebt neue Aufgaben, neue Heraus sich ein Museumsbesuch. Er soll vor allem für die forderungen. Was bleibt: Betreuenden der Babys eine Anregung sein. Sie lernen die aktuelle Ausstellung kennen und Ihr Baby ist dabei, Alte Hobbys. Zum Beispiel ins am besten im Tragetuch. Sie erfahren Hintergründe, tauschen sich mit den anderen aus und erzählen Ihrem Kunstmuseum gehen. Kann Baby zwischendurch von Ihrem Lieblingswerk. Es wird lauschen, geniessen und die unbekannte Welt des man das mit Baby? Gucken da Museums wird von Mal zu Mal vertrauter. Ihr Baby kann nicht manche genervt, wenn gigelen, schlafen, staunen und wenn es mal schreit, wird niemand böse schauen, da am Montag keine wei es im Tragetuch grummelt und teren Besucher im Museum sind. Schöppele? Auch dafür finden wir den richtigen Ort. Der anregende Besuch in man irgendwo Stillen muss? Begleitung einer Kunstvermittlerin mündet in einem geselligen Zusammensein in der Kunstküche, wo Kaffee, Tee und Guetsli die Begegnung abrunden. Debüt: 30. März, 10.00 Uhr Kosten: Eintritt + CHF 5.– inkl. 1 Getränk Anmeldung wird geschätzt. Spontanbesuche sind möglich. Illustration: Rahel Messerli 13 Kunstvermittlung
Kunstvermittlung Vermittlungsangebote zu S arah Oppenheimer und Christine Streuli Raumgreifend wird es werden, das Angebot der Kunstvermitt- lung zu den Frühjahrsausstellun- gen im Kunstmuseum Thun. In Gruppen unterschiedlicher Grösse und zu unterschiedlichen Zeitpunkten wird eine S kulptur entwickelt. Bereit, mitzumachen? Die Ausstellungen von Sarah Oppenheimer und Christine Streuli variieren den Raum. Während Oppenheimer tech- nisch ausgeklügelte Eingriffe in den Raum setzt und ihn so scharf analysiert, schwelgen wir bei Streuli in ineinander verschlungenen Farben und Formen, die eine verführerische Dynamik im Raum entwickeln. Alle Angebote der Kunst vermittlung werden sich einer wachsenden raumgreifenden Form widmen. Diese raumfüllende Form wird in der Kunst- küche, dem Atelier der Kunstvermittlung, anfangen zu wachsen. Bereits bei der Kindervernissage können die Kleinen entscheiden, ob sich Farbflecken und Formen als Schlange ausbreiten oder eher wie ein See. Vielleicht dehnen sie sich nur an der Wand aus oder auch am Boden oder an der Decke. Die Vernissage legt hier den Grundstein dieser räumlichen Form. Bei der Einführung werden Lehr- kräfte sowie die erste angemeldete Schulklasse als Teil der Auseinandersetzung mit den Ausstellungen dieses Gebilde fortschreiben, auch alle folgenden Klassen werden sich daran beteiligen. Es kann gut sein, dass während MITMISCHEN, dem kreativen Workshop für Erwachsene, das inzwischen fast lebendige Wesen als einstige Form und mittlerweile Skulptur den Rahmen sprengt und nach draussen will. Es fragt sich dann auch, wie Eltern, Grosis oder Göttis mit einem Baby im Tragetuch daran weiterge- stalten können? Das Ziel besteht darin, viele Ideen dazu zu sammeln, diese einzubauen und an etwas anzuknüpfen Gerne können Sie Ihre Gruppe anmelden, um an und weiter zu entwickeln. Wir laden ausser unseren Work- dieser wachsenden Skulptur teilzuhaben. Schulen: CHF 100.– pro Klasse für 2 Lektionen shopteilnehmern und Besuchern auch unsere Kooperations- Gruppen allen Alters bis 15 Personen: CHF 200.– partner ein, die wachsende Skulptur zu bereichern. Am für 1,5 Stunden Ende wird nicht mehr klar sein, wer was gemacht hat. Aber Christine Streuli, Feels good, tastes good, 2010, die Wahrnehmung der Ausstellung wird jede Handlung Mixed Media auf Leinwand, 180 × 140 cm, prägen und zu etwas machen, an dem viele teilhaben können. Courtesy die Künstlerin 14 Kunstvermittlung
15 Kunstvermittlung
Agenda 11.3. 18.15 → Kunstmuseum Thun Tour Februar bis Öffentliche Führung mit Helen Hirsch, Direktorin Juli 2020 18.3. 19.00 → Kunstmuseum Thun Talk Sarah Oppenheimer im Gespräch mit Architekten der ETH Zürich / Sarah Oppenheimer in Conversation with Architects from ETH Zurich In Englisch / in English, die Veranstaltung ist im Eintrittspreis inbegriffen / FEBRUAR the event is included in the entry fee 9.2. 15.00 → Kunstmuseum Thun 22.3. 11.15 → Kunstmuseum Thun Talk Tour Die Ausstellungsmacher*innen von Öffentliche Führung mit Gebärden Freunde sammeln 3 im Dialog mit der sprachdolmetscherin und Noura Abla, Künstlerin Renate Buser wissenschaftliche Assistentin Partner: IGHH Bern. 28.2. 18.30 → Kunstmuseum Thun 22.3. 15.00 – 17.00 → Kunstmuseum Thun Vernissagen Workshop Christine Streuli: Mitmischen Nr. 12 Werkstatt ab 15 Jahren, mit Anmeldung Lange Arme, kurze Beine 29.3. 11.15 – 11.45 → Kunstmuseum Thun Sarah Oppenheimer: N-01 Performance Tanzperformance Bitte eintreten 1: Karin Minger tanzt in der Ausstellung Sarah Schenkung Hans und Oppenheimer: N-01 Veranstaltung im Eintrittspreis inbegriffen. Marlis Suter 30.3. 10.00 → Kunstmuseum Thun Kids Frisch im Museum Rundgang für Erwachsene mit ihren Babys im Tragetuch. Anschliessend «schnäddere» in der Kunstküche mit Kaffee, Tee und Guetsli Mit Anmeldung. Kosten: 19:00 Uhr, Begrüssung und Einführung in Eintritt plus CHF 5.– inkl. Getränk die Ausstellungen: Helen Hirsch, Direktorin Vergabe des BEWE-Kunstpreises an Christine Streuli Anschliessend Apéro und Musik von «All XS» APRIL 28.2. 18.45 – 19.45 → Kunstmuseum Thun 19.4. 11.15 → Thun-Panorama Kids Tour Kindervernissage (ab 5 Jahren) Öffentliche Themen-Führung: Putzen und Mit Saba Bach, Kunstvermittlerin Flanieren – Frauenalltag, mit Gabi Moshammer und Gebärdensprachdolmetscherin Janet Fiebelkorn, Partner: IGGH Bern Die Führung ist im Eintritt inbegriffen MÄRZ 22.4. 18.15 → Kunstmuseum Thun 4.3. 17.15 – 18.15 → Kunstmuseum Thun Tour Tour Öffentliche Führung mit Noura Abla, Einführung für Lehrkräfte wissenschaftliche Assistentin Einführung in Ausstellung und Schulangebote mit Olivia Notaro, Kunstvermittlerin 24.4. 15.00 – 17.00 → Kunstmuseum Thun Workshop 4.3. 18.15 → Kunstmuseum Thun Mitmischen Nr. 12 Tour Werkstatt ab 15 Jahren, mit Anmeldung Führung mit Lesung von Sabine Gisin, Pre-Opening 15. Thuner Literaturfestival Führung mit Verbindungen zum Roman Teneber Vid. Eintritt: 15.– / 10.– 16 Agenda
26.4. 11.15 → Kunstmuseum Thun 13.6. 14.00 → Thun-Panorama Talk Tour Christine Streuli: Werkgespräch Führung Anna Maria Wocher und das mit Helen Hirsch und Buchvernissage der Thun-Panorama, mit Iris Kocher Publikation zur Ausstellung Veranstaltung im Eintrittspreis inbegriffen. 17.6. 19.30 → Galerie von Bartha, Basel Event Sarah Oppenheimer: Buchvernissage / Booklaunch MAI Buchvernissage der Publikation zur Ausstellung Sarah Oppenheimer: N-01 10.5. 11.00 → Thun-Panorama in Anwesenheit der Künstlerin. / Booklaunch of the catalogue of the exhibition Sarah Vernissage Oppenheimer: N-01 in presence of the artist. Jenseits des Panoramas. Eintritt frei / vonbartha.com Zur Konstruktion von 20.6. 16.00 – 18.00 → Thun-Panorama Event Landschaft Sommernachtstraum, Licht- und Schatten- spiel auf Marquard Wochers Rundbild, mit Olivia Notaro. Weitere Informationen: sommernachts-traum.ch Eintritt: VVK 25.– / Abendkasse: 30.– 28.6. 11.15 → Kunstmuseum Thun Tour Öffentliche Führung mit Simone Büsch-Küng, wissenschaftliche Mitarbeiterin 17.5. 11.15 – 11.45 → Kunstmuseum Thun Performance JULI Tanzperformance Karin Minger tanzt in der Ausstellung 4.7. 14.00 → Thun-Panorama Sarah Oppenheimer: N-01 Tour Veranstaltung im Eintrittspreis inbegriffen. Öffentliche Führung Anna Maria Wocher und das Thun-Panorama, mit Iris Kocher 27.5. 14.00 – 14.45 → Kunstmuseum Thun Event 5.7. 11.15 → Thun-Panorama Schweizer Vorlesetag Tour vorlesen und spielen ab 6 Jahren Öffentliche Führung Jenseits des Panoramas. mit Saba Bach, Kunstvermittlerin Zur Konstruktion von Landschaft, mit Simone Büsch-Küng, wissenschaftliche Mitarbeiterin JUNI VORSCHAU / PREVIEW 6.6. 19.30 → Kunstmuseum Thun Johannes Itten & Thun Event Natur im Mittelpunkt Lottchen – Quiet Strom 8.8. – 22.11.2020 → Kunstmuseum Thun Eva Buchmann (Voc) und Sarah Huber (Vib) Jenseits des Panoramas. locken mit Stücken ihres Albums Quiet Storm Zur Konstruktion von Landschaft die Zuhörenden in neue musikalische Sphären. 10.5. – 29.11.2020 → Thun-Panorama Tickets: www.schlosskonzerte-thun.ch 7.6. 11.15 → Thun-Panorama Tour Öffentliche Themen-Führung: Alpenglühen und Edelweiss – Reiseziel Oberland, mit Gabi Moshammer Führung im Eintrittspreis inbegriffen 10.6. 18.30 → Thun-Panorama Veranstaltung für Kinder Event Veranstaltung für Gehörlose und Hörbehinderte Tipp / Speziell Yadegar Asisi zu Gast: Ein Abend zum Panorama. Weitere Informationen: kunstmuseumthun.ch Die öffentliche Führung (mit Gebärdensprachdolmetscherin) erläutert verschiedene Punkte in der Ausstellung, zeigt Hinter- gründe und Verlinkungen. Die Teilnahme ist ohne Anmeldung und kostenlos. Ausführliche Informationen auf unserer Websei- te: www.kunstmuseumthun.ch / www.thun-panorama.ch 17 Agenda
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Förderverein «Für mich war es das erste Mal, dass ich solch ein Projekt mitorganisiert und durchgeführt habe. Bei den Work- Den Raum mit shops im Sommer 2019 war es mir wichtig, meine Ansich- ten bezüglich Umweltschutz rund um den Suchraum Wildnis einbringen zu können. Die Idee, auf Basis eines Kunstwerken, Werks eine Ausstellung zu konzipieren, fand ich span- nend und ich bin mit viel Motivation gestartet. Beim ersten Treffen war ich etwas überrumpelt, da Geräuschen und ich die einzige jugendliche Person war. Doch es fiel mir nicht schwer, mich in die Gruppe zu integrieren und mir machte die Zusammenarbeit mit den anderen Spass. Düften füllen Wir haben uns dann zusammen die fünf Fotografien von George Steinmann angesehen und uns der Aufgabe gestellt, sie durch weitere Kunstwerke, Geräusche und Düfte im Projektraum enter zu begleiten. Um ehrlich zu sein, hatte ich die Arbeit an diesem Pro- jekt anfangs unterschätzt. Sieben Personen mit sieben verschiedenen Meinungen – das erschwerte einerseits, aber verschönerte andererseits auch den Prozess und gestaltete ihn interessant. Als es dann an die Auswahl weiterer Werke ging, war meine Hoffnung, ein Werk mit- Svenja Wälti ist eine 16-jährige einbringen zu können, welches auf die Wichtigkeit des Waldes und der Natur hinwies. Da wir in diesem Bereich Schülerin aus Thun. Sie inter alle derselben Meinung waren, fiel die Wahl hier nicht schwer. Bei anderen Entscheidungen war es wiederum für essiert sich für gesellschaftspoli- mich schwierig, mitsprechen zu können, da ich noch nicht genug Erfahrung und Wissen zu gewissen Themen tische Themen, ist Teil von habe. Bei anderen, digitalen und aktuellen Sachen konnte «Fridays For Future» und hat am ich mehr mitsprechen und mein Wissen teilen. Am span- nendsten fand ich es, den Raum zu gestalten. Dort gab es zweiten Teil des Ausstellungs- aber auch die meisten Meinungsverschiedenheiten. Am Ende war ich dann aber sehr zufrieden und der Raum projekts Freunde sammeln gefiel mir. Als ich mich für die Mitarbeit an diesem Projekt ent- teilgenommen. Diesen Sommer schieden habe, habe ich mich auf etwas komplett Neues beteiligte sie sich zusammen eingelassen. Ich wusste nicht, was genau wir machen werden und mit wem ich zusammenarbeiten würde. Ich mit anderen Kunstinteressierten habe mich einerseits auf das kleine Abenteuer gefreut, andererseits war ich auch sehr nervös. Ich habe viele an der Entwicklung einer Aus- neue Sachen gelernt und Erfahrungen gemacht. Was mir aber am meisten in Erinnerung bleiben wird, sind die stellung für den Projektraum enter. netten und inspirierenden Menschen, die ich dank des Basis dafür war eine Fotoserie Projekts kennenlernen durfte und mit denen ich diese tollen Erfahrungen machen konnte. Ich habe die Mitarbeit von George Steinmann: Such- an diesem Projekt als eine grosse Chance gesehen, welche ich zum Glück auch genutzt habe.» raum Wildnis. Wir haben nachge- Freunde sammeln ist ein Ausstellungsprojekt zu 60 Jahre Förderverein hört und wollten wissen: Wie Kunstmuseum Thun. In Workshops, bei denen Ausstellungen in der Gruppe konzipiert wurden, bringt er Mitglieder, Freunde und neue Freunde zusam- hat es der jüngsten Teilnehmerin men. Freunde sammeln 3 ist noch bis 9. Februar 2020 im Projektraum enter zu sehen. Die beiden anderen Teile sind auf unserer Website dokumentiert. beim Projekt gefallen? Bilder: Workshopansichten, 2019, Foto: Markus Däppen 19 Förderverein
Sammlung Schon vor der Eröffnung des Kunstmuseums Thun im Jahre 1948 hatte die Sammlung für das Haus eine wichtige Entdeckungs- Bedeutung: Denn erst eine kleine, verlesene Auswahl an Werken, welche sich im Besitz der Stadt Thun befand, ermöglichte überhaupt die Gründung dieses Hauses. tour ohne Damals wurden Stimmen laut – aus der Politik, aber vor allem von Seiten der damaligen Kunstschaffenden –, die eine Plattform für eben jene Werke forderten. Schliesszeiten Bis in die 1980er Jahre kam man diesen Forderungen mit der «Kunstsammlung der Stadt Thun» nach. Die Räume dienten bis dahin primär zur Präsentation der immer grös ser werdenden Sammlung. Doch über die Zeit gelangten auch Ausstellungen mit zeitgenössisch Kunstschaffenden ins Programm. Schnell wurden diese zu einem festen und essentiellen Bestandteil des Hauses. Heute hat die Sammlung keine dauerhafte Präsenz mehr im Museum, denn die Räumlichkeiten wären heute bei weitem zu klein, wie beispielweise in der Ausstellung «Bitte eintreten 1» (siehe Seite 9) Was dem Museumsalltag hinter den Kulissen der Ausstellungsräume erhalten geblieben ist, ist die Pflege und Dokumentation der Sammlung. So wird sie bis heute noch jährlich durch Ankäufe oder Schenkungen erweitert. SAMMLUNG FÜR ALLE UND VON ÜBERALL Ohne die dauerhafte Präsenz erscheint es wichtiger denn je, Interessierten den Zugang zur Sammlung zu ermögli- chen – unabhängig von Öffnungszeiten und dem eigenen Standort. So wurde 2018 beschlossen, eine neue Prä sentationsform zu gestalten. Im Vordergrund stand dabei die Idee, für das Publikum ein Angebot ausserhalb des klassischen Ausstellungsraums zu bieten. Beruf Bauer, Ausstellungsansicht, 2011, Foto: Dominique Uldry Dazu bietet eine Onlinepräsenz die ideale Plattform. Künftig soll die Sammlung dort nicht nur chronologisch erfasst werden, sondern vor allem in ihrer Vielfalt sichtbar sein. Das Zeigen der inhaltlichen wie auch formalen Diver- sität ist zentral. Denn in den letzten 70 Jahren haben die Die Sammlung des Kunstmu- Direktoren und Direktorinnen das Gesamtbild der Samm- lung mitunter stark geprägt. Zurzeit werden verschiedene seums Thun soll in Zukunft Themenkapitel kuratorisch erarbeitet. Sie fokussieren sich auf Schwerpunkte, zum Beispiel die Schweizer Pop eine neue Plattform bekom- Art, das bekannte Bergmotiv des Niesens oder eine Auswahl zur Farbe Rot. Nach dem Release 2021 sollen men. Und zwar eine, die von zu die Themenkapitel stetig erweitert werden, sei es um Hause oder von unterwegs, aktuelle Themen oder auch um Schwerpunkte der tempo- rären Ausstellungen. In einer weiteren Phase sollen aber auch bei uns im Haus frei auch Kommentare und Anregungen vom Publikum in die Auswahl einfliessen. zugänglich sein soll. Seit Ein wichtiger Aspekt in unserem Konzept soll jedoch auch darin bestehen, die Onlinepräsenz stets mit dem Januar 2019 arbeitet ein kleines realen Museumsraum abzugleichen. Die Präsentation im Team im Kunstmuseum an Internet soll den Museumsbesuch nicht ersetzen, son- dern bereichern. Zukunftsmusik sind daher auch Online- dieser digitalen Präsentation. Offline-Projekte, die beide Plattformen, Museum wie Web, bespielen. Sie soll ab 2021 für alle zur Verfügung stehen. Über die Aufschaltung werden wir Sie in einer der kommenden Ausgaben unseres Programmheftes ab 2021 gerne informieren. Bilder rechte Seite (von oben nach unten): Wir müssen nicht ans Meer, Ausstellungsansicht, 2016, Foto: Christian Helmle Wir feiern 70 Jahre, Ausstellungsansicht, 2018, Foto: Ian C.G. White 20 Sammlung
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Aussenblick Hugo Loetschers Insta- Stories Tabea Steiner, Foto: Markus Forte Im Oktober vor fünfzehn Jahren habe ich den Schweizer Schriftsteller Hugo Loetscher angerufen. Ich hatte das Telefonbuch bei den Zürcher Seiten aufgeschlagen und unter L mit dem Finger bis zum H gescrollt. In wenigen Sätzen habe ich ihm mein Vorhaben erklärt. «Das machen wir», hat er geantwortet. Anfang März 2006 war es dann so weit: Hugo Loetscher sich kurzfristiger, und vor allem ist im Internet Wissen eröffnete das erste Thuner Literaturfestival im Foyer über alles Mögliche und Unmögliche frei zugänglich. des Kunstmuseums. Der Mosaikboden und die flankieren- Vieles hat sich verändert seither. Aber das Kunstmuse- den Treppen, die ringsum bis hinauf unter das Glasdach um Thun steht noch an der Hofstettenstrasse 14, und das führen, waren der richtige Ort. 15. Thuner Literaturfestival feiert dort Ouvertüre. Sabine Zur vereinbarten Zeit wartete ich am Bahnhof Thun. Gisin, die in ihrem Roman «Teneber Vid» eine ganz eigene, Hugo Loetscher kam nicht. Ich tigerte herum, versuchte, traum- und märchenhafte Welt erschaffen hat, führt am bei beiden Ausgängen gleichzeitig zu sein, rechnete mir Mittwoch, den 4. März um 18.15 Uhr durch die Ausstellung aus, dass Hugo Loetscher nicht mehr der Jüngste und mit den Allover-Paintings von Christine Streuli und die daher auch nicht der Schnellste ist. Irgendwann war klar, interaktive Installation von Sarah Oppenheimer. dass alle Passagiere aus dem Zürcher Zug ihrer Wege Wenngleich die Welt sich durch die Informationstechnik gegangen waren. Weil ich noch kein Handy hatte, suchte verändert hat – diese literarische Kunstbetrachtung ich eine Telefonkabine. Es war aber die Zeit, als man nicht ist einmalig, die Teilnahme wird selbst durch Instagram- mehr und noch nicht wieder mit Münzen bezahlen konnte, Stories nicht zu ersetzen sein. Es sei daher freundlichst und ich musste zuerst am Kiosk eine Taxcard kaufen. Das empfohlen, sie nicht zu verpassen, wenn man beim dreis Telefon in Zürich schrillte ins Leere. sigsten Thuner Literaturfestival auf nostalgische Erinne- Weil wir alles per Festnetztelefon vereinbart hatten, rungen zurückgreifen möchte. hatte ich nichts Schriftliches in der Hand; für das Faxgerät bin ich ein bisschen zu spät geboren. ©2020 Tabea Steiner Schliesslich kam Hugo Loetscher doch an, im langen, schweren Mantel, ein wenig gebeugt und trotzdem in Eile, äusserst freundlich. Er war in Bern aus Versehen in die Gürbetalbahn umgestiegen. An seine Lesung selbst habe ich kaum Erinnerungen, aber ich weiss noch, dass Hugo Loetscher erzählte, er habe Unmengen an Zeit- schriften abonniert – jene des Kaninchenzüchtervereins oder der lokalen Feuerwehr – denn da erfahre man Dinge, über die nirgends sonst berichtet werde. Tabea Steiner hat in Bern Germanistik studiert und das Thuner Fünfzehn Jahre sind seither vergangen – so viel Zeit ist Literaturfestival initiiert. Ihr erster Roman «Balg» erschien 2019 und das nicht. Telefonbücher werden zwar noch gedruckt, wurde für den Schweizer Buchpreis nominiert. Mit dem Kunstmuseum Thun pflegt sie einen freundschaftlichen Austausch und ergänzt aber nur schon der Begriff ist ein Antagonismus. Es ist viel das Kunstprogramm des Hauses um regelmässige Perspektiven aus einfacher geworden, zu kommunizieren, man verabredet dem Literaturkosmos. 22 Aussenblick
Glossar enter 1”. It is dedicated to a donation from Marlis and Hans Suter received panoramas. Regarding content, how- ever, I derive my motivation mainly English by the art museum’s supporting asso- from the interaction between humans ciation for its 60th anniversary. We and their environment or history. wish you a good start to the year and Moreover, I want to convey a message look forward to your visit. to the visitors that goes beyond the actual presentation. Due to the spatial- emotional experience of the visitor, the panorama as an immersive art experi- Daily life at the museum → page 4 ence is a perfect format to inspire the Yadegar Asisi in viewer to ponder, to let him experience the respective topic and the associat- interview ed meta-level with his own feeling and Editorial → page 3 body. For example, my panorama The Thun Panorama was painted TITANIC, in which the viewer could see In the encounter with art, space and by Marquard Wocher within the wreck of the Titanic sunk to the body play an important role. How am I a period of almost five years, a bottom of the sea, does not tell of the positioned, how do I orient myself or time frame during which artist actual catastrophe of the shipwreck, how do I move around in a room, how and architect Yadegar Asisi but of people’s faith in technology in do I perceive the work, what does usually creates two of the largest the early age of industrialisation. it trigger in me? The answers to these 360° panoramas in the world KMT: How did you end up with the questions vary depending on your nowadays. 38 × 7.5 metres appear panorama? personal background and your own ex- small against his cycloramas, periences. In today’s increasingly which measure up to 32 metres all-encompassing art forms, where in height and up to 110 metres in boundaries between image space circumference. We wanted to and real space virtually dissolve and know the parallels between his merge, it becomes difficult to fathom work and the Thun Panorama the crossovers correctly. They take and what fascinates him about us over, fascinate and unsettle. The panoramas. physical immersion in new visual dimensions has effects on our body Kunstmuseum Thun: Mr. Asisi, have you YA: I didn’t really end up with the and mind. Entering rooms triggers visited the Thun Panorama? panorama; the panorama found me, as emotions in the body that are very Yadegar Asisi: Unfortunately I haven’t it were. All my passions unite here, individual. Spaces can trigger positive been there yet, but I know the work and particularly architecture and painting. or negative emotions; in some rooms the rotunda through my participation Since my childhood I have been think- we can unfold, in others we feel in the exhibition “Sehsucht” in the ing and feeling in spaces, which was un-comfortable, tense and restricted. Kunsthalle Bonn. The building on Lake later expressed in my professional With the two solo exhibitions of Thun has a remarkable architecture and artistic work. Captivated by the the artists Sarah Oppenheimer and and the reworking was also really very anamorphic painting of the Baroque, Christine Streuli in the New Year, successful. At any rate, the Panorama I embarked on my path with illusionis- we strive to make such different spa- itself shows Marquard Wocher’s high tic spatial installations. The possi tial experiences tangible. Oppenhe- perspectival skills, and I will definitely bilities of spatial dissolution due to the imer’s sculptural intervention amaze have to take a look at it in the near laws of perspective exerted a playful in their contexts and compel us to future. I am particularly interested in fascination on me. I wanted to seduce look for new paths between the rooms. the spatial effect of a panorama of this people to go along with the dissolution Streuli, on the other hand, invites magnitude, because an Asisi panorama of the dimensions of space and time. visitors to find their bearings in fictiti is much larger. All the more exciting it As a consequence, the panoramas ous spaces in the wake of painting. will be to see for real how Wocher ultimately enabled me to completely Or have they already become real? creates the spatial effect in his picture. dissolve the boundaries of space in You may decide for yourself. The Thun Panorama was painted by order to create a one-to-one simulati In the panorama of Marquard Basel-based Marquard Wocher from on for the spectator. This was aided Wocher in the Schadaupark as well, 1809 to 1814. The fascination of a by the newly developed typological we are immersed in the landscape beautiful summer day in in Thun im- possibilities to print large lengths of of Thun from 200 years ago by the pelled him to create the 38 × 7.5 metres fabric in colour. Today’s technical fascinating small details and the over- large cyclorama. What is your incen- achievements empower me to process all effect of the work: an entirely new tive to create panoramas? During the several projects simultaneously and, experience at the time of its creation. time of Marquard Wocher and of many compared to the painters of the 19th The new special exhibition in the other artists of the first generation century, faster. I would certainly not glazed extension, which was created at the beginning of the 19th century, have painted a panorama of this size. in cooperation with the “33 Early panoramas provided the opportunity, I therefore view artists like Marquard Swiss Films” project of the University so to speak, to satisfy collective long- Wocher with deep respect! of Basel and the HGK Basel, traces ings. Travel, for instance. Not many KMT: For today’s visitors, our the illusion of space and the con- could afford that. So the panoramas Panorama in Thun is above all a large struction of landscape. New media were taken on journeys. Because the hidden objcet picture that has been expand the view of the historical and cycloramas made people part of the preserved in its original state and the contemporary. surroundings, they found themselves is the oldest cyclorama in the world. In the project room enter, we in the mountains on a summer day. What are the visitors of the Asisi will show the new exhibition: “Please I also use this immersive aspect for my panoramas raving about? 23 Glossar
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