Rehabilitation nach Covid 19 - Strandklinik SPO - Pneumologie und Psychosomatik - Strandklinik St. Peter-Ording
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Rehabilitation nach Covid 19 Krankheitsbild und Verlaufsformen Organbefall und Komplikationen Gibt es längerfristige Beeinträchtigungen? Welche weiteren Untersuchungen sind notwendig? Ziele einer Rehabilitation nach Covid 19 Therapeutisches Angebot Prognose und sozialmedizinische Aspekte
Steckbrief Covid 19- was wir jetzt wissen Erreger ist das Virus SARS-CoV2, das hauptsächlich über Tröpfchen und Aerosole in der Luft verbreitet wird. Der Erreger ist sehr infektiös: die sog. Basisreproduktionszahl R0 beträgt 3,3-3,8 ein Infizierter steckt bei ungebremster Ausbreitung 3-4 andere Personen an. Die neueren Mutationen (alpha und delta) sind ansteckender und setzen sich daher auch durch. (R0 bei Delta ca. 6!) Angestrebt wird, dass R
Steckbrief Covid 19 - Akut Inkubationszeit: die Zeit von der Ansteckung bis zum Krankheitsbeginn beträgt durchschnittlich 5-6 Tage. Manifestationsindex: 55-85 % der Infizierten erkranken. Sterblichkeit: in Deutschland sterben bisher 1,7 % der diagnostizierten infizierten Personen (< 50 J: 0,1 %, > 80 J: 10 %), aber ein Teil der Infektionen bleibt unerkannt. Komplikationen und Sterblichkeit sind abhängig von Alter und Vorerkrankungen. Ca. 80 % haben einen leichten Verlauf, 18 % werden im Krankenhaus behandelt, ca. 2,5 % sind intensivpflichtig, davon 58 % mit Beatmung (Daten der 1.Welle).
Risikofaktoren für schwere Verläufe von Covid 19 Männliches Geschlecht und Alter Raucher (nur schwacher Zusammenhang) Übergewicht Vorerkrankungen: Herz-/Kreislauferkrankungen Diabetes mellitus Krebserkrankungen Chronische Lungenkrankheiten wie COPD Immunschwäche (medikamentös oder krankheitsbedingt)
Welche Organe können betroffen sein? Atemwege und Lunge sind das Hauptorgan der Erkrankung. Der Befall der Lunge führt zu Husten, Atemnot und Sauerstoffmangel. Herz/Kreislauf: verschiedene Komplikationen wie Herzmuskelentzündung, Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombosen und Lungenembolien sind möglich Nervensystem: unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen und Schwindel, Lähmungserscheinungen, Entzündungen und psychiatrische Symptome, gestörter Geruchs- und Geschmackssinn Niere: bei schweren Verläufen tritt oft ein Nierenversagen auf mit notwendiger Dialyse.
Genesen ist nicht gesund!
Langzeitfolgen von Covid 19 Sind derzeit noch nicht sicher einzuschätzen. Erste Schätzungen aus Großbritannien: 40 % der im Krankenhaus behandelten Patienten benötigen längerfristige medizinische Unterstützung. 10 % der ambulanten Covid19-Patienten haben auch nach > 4 Wochen noch Beschwerden (aktuelle Zahl: ca. 13 % mit berichteter Coronavirus-Infektion (auch ohne Nachweis)) Nach Intensivbehandlung oft Organschäden z.B. an der Lunge, bei leichten Verläufen eher Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen etc. . Erste Erfahrungen aus der Reha sind positiv: relativ schnelle Verbesserung der Lungenfunktion und Belastbarkeit
PICS und PACS PICS = Post-Intensive-Care-Syndrom: nach längerer intensivmedizinsicher Behandlung mit Beatmung Lähmungen (Störungen der peripheren Nerven) Kognitive Störungen (Merkfähigkeit, Konzentration etc.) Emotionale Störungen (Angst, Depression) Muskelschwäche infolge Veränderungen der Muskulatur Verschiedene Organkomplikationen
Einschränkungen nach längerer Beatmungstherapie Es gibt Erfahrungen mit den beiden anderen Coronavirus-Epidemien SARS 1 und MERS sowie mit kompliziert verlaufender Grippe Ca. 1/3 der Betroffenen haben nach ½ Jahr noch therapiebedürftige psychische Folgeerscheinungen wie Angst, Depression oder posttraumatische Belastungsstörung Relativ häufig sind „critical illness“ bedingte Störungen der peripheren Nerven und der Muskulatur (nach langer Intensivbehandlung) Schmerzen, Missempfindungen, Schluckstörungen, Inkontinenz und andere Funktionsstörungen können auftreten
PICS und PACS PACS = Post-Acute-Corona-Syndrom Anhaltende Symptome und Beeinträchtigungen nach Covid 19 auch nach zuvor leichtem akutem Verlauf besonders mit: Fatigue/Müdigkeit Kraftlosigkeit Luftnot Störungen von Geruchs- und Geschmackssinn Kognitive Störungen (Konzentration, Merkfähigkeit) Emotionale Störungen
Erfahrungen in hoch betroffenen Ländern Symptome in der Akutphase nach der Krankheit Müdigkeit Luftnot Gelenkschmerzen Brustschmerzen Husten Gestörter Geruchssinn
Erfahrungen in hoch betroffenen Ländern Symptome bei Covid19-Patienten 1-2 Monate nach Entlassung aus dem Krankenhaus (orange:Intensivstation, blau Normalstation) Müdigkeit Atemnot Posttrauma Angst/Depression Konzentrationsprobleme
Zahlen des ONS/staatliche Statistikbehörde in GB In GB berichten bei einer Stichproben-Befragung derzeit jede 7. Person, die Covid 19 hatte, dass sie länger als 4 Wochen anhaltende Symptome hätte. Auf die Gesamtbevölkerung geschätzt sind 1 Mio Menschen betroffen. Im einzelnen klagen: 547000 P. über vermehrte Müdigkeit 405000 P. über Kurzatmigkeit 313000 P. über Muskelschmerzen 285000 P. über Konzentrationsstörungen Besonders betroffen waren: Die Altersgruppe der 35-69 jährigen, Frauen Menschen in Gesundheits- und sozialen Berufen, in sozial benachteiligten Wohnregionen, mit Vorerkrankungen, die zu deutlicheren Einschränkungen führen
Daten aus Dänemark bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen Untersucht wurden Personen mit positivem Coronatest und mildem Krankheitsverlauf im Vergleich zu negative getesteten Mitarbeitern. Nach 90 Tagen hatten noch 30 % einen verminderten Geruchs- und Geschmackssinn. Luftnot bestand bei 20 % bei Krankheitsbeginn, nach 30 Tagen noch bei 5 % der Betroffenen. Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Husten, Muskelschmerzen und Fieber waren kruzfristig häufiger, aber nicht mehr nach 30 Tagen.
Internationale Befragung zu länger anhaltenden Symptomen Ausführliche online-Befragung von Freiwilligen aus unterschiedlichen Ländern (in acht Sprachen übersetzt). Teilnehmer kamen aus 56 Ländern, davon 41,2 % aus den USA. Teilgenommen haben ca. 80 % Frauen, überwiegend weiß, englischsprachig und Alter 30 – 60 J. Ca. 57 % wurden ambulant, ca. 35 % einmalig in der Notaufnahme und 8 % stationär behandelt Die häufigsten Symptome waren: 77,7 % Müdigkeit 72,2 % eingeschränkte Belastbarkeit 55,4 % kognitive Einschränkungen (Konzentration und Merkfähigkeit)
Post-Covid und Long-Covid Post-Covid bezeichnet gesundheitliche Probleme, die nach der akuten Phase über 4 Wochen hinaus fortbestehen. Von Long-Covid spricht man, wenn Symptome und Einschränkungen infolge Covid 19 über 12 Wochen hinaus andauern Aktuelle Daten (AWMF): Symptome > 4 Wo: 13 % Symptome > 8 Wo: 5 % Symptome > 12 Wo: 2 %
Häufigkeit von long-COVID Symptomen Aus: Stellungnahme der Leitliniengruppe „Post-COVID“ auf Anfrage der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Anhörung zu den Folgen von COVID-19 im Ausschuss für Gesundheit am 07.06.2021
Versorgungskonzept für Post-Covid/Long-Covid-Betroffene
Long-Covid nach leichtem Verlauf der Corona-Infektion Auch nach SARS 1, MERS und anderen Virus-Infektionen gibt es Verläufe mit länger anhaltender Beeinträchtigung des Allgemeinzustands Wahrscheinlich handelt es sich um verschiedene Ursachen und Krankheitsbilder. Arbeitshypothesen dazu sind: Autoimmunreaktion: die gegen die Infektion gerichteten Antikörper greifen auch körpereigene Strukturen an. Die Viren können auch Nervenzellen befallen: erkennbar an Störung des Geruchssinns und diversen neurologischen Komplikationen. Verbleibende Viruslast im Darm Auswirkung auf Immunsystem (sehr fraglich, wenig Daten dazu)
Was könnten wir aus früheren Pandemien lernen? Pandemien verlaufen wellenförmig, wobei die 2. und 3. Welle deutlich mehr Opfer fordern als die 1.Welle Ab 1890 russische Grippe (möglicherweise auch Coronaviren): in der 1.Welle gab es in England 27000 Tote, in der 2.Welle 58000 Tote. Ab 1918 spanische Grippe (Influenza-Viren)/Beispiel Schweiz: in der 2.Welle 80 % aller Todesfälle. Man hatte nach der 1.Welle die Maßnahmen gelockert. Aktuell in Deutschland: in der 2.Welle fünfmal mehr Todesopfer als in der 1.Welle
Was könnten wir aus früheren Pandemien lernen? Es wurden dieselben Fehler wie heute gemacht: Beim Abklingen der ersten Welle entsteht das gemeinsame Gefühl, man habe die Seuche besiegt. Pandemiemüdigkeit und der Druck von Interessengruppen führen dazu, dass Einschränkungen frühzeitig gelockert wurden. Die psychischen Auswirkungen einer Seuche werden unterschätzt: • Schon bei der russischen Grippe gab es „Postinfluenza-Depression“ und das Erschöpfungssyndrom „Neurasthenie“. • Sie prägte als „Modekrankheit“ junger Leute die Epoche am Ende des 19.Jahrhunderts.
Darstellung der russischen Grippe in einem britischen Boulevardblatt 1892 Gedicht über die russische Grippe “The rich, the poor, the high, the low Alike the various symptoms know Alike before it droop.” Von Winston Churchill 1889
Psychische Auswirkungen einer Pandemie Der Arzt George McCree in der Tageszeitung Daily News im Januar 1890: Am Ende ließ die Influenza „Tausende von Rekonvaleszenten zurück …, schwach und deprimiert, verschuldet und unfähig zu arbeiten“.* Edvard Munch: der Schrei 1893 * Aus Süddeutsche Zeitung 26./27.Juni 2021, Seite 33
Röntgenbild während nach Covid 19 62 j. Mann, sportlich, musste 16 Tage beatmet werden. In der Reha Lungenfunktion fast wieder normal, aber noch eingeschränkte Leistung von 70% und gestörte Sauerstoffaufnahme. Nach ½ Jahr wieder voll belastbar.
Röntgenverlauf 58j. Mann mit Covid 19, nicht beatmet 23.03.2020
Röntgenverlauf 58j. Mann mit Covid 19, nicht beatmet 30.03.2020
Röntgenverlauf 58j. Mann mit Covid 19, nicht beatmet 20.04.2020 In der Reha: Lungenfunktion schon wieder 90% der Norm Noch leichter Sauerstoffmangel unter Belastung
04.05.2020 52 j. Mann mit Covid 19 • Fußheberlähmung bds., • Gefühlsstörung beider Füße und Unterschenkel • depressive Reaktion auf schwere Erkrankung CT 16.04.2020
Deutsche Reha-Leitlinie nach akuter Covid 19 und für long-Covid Besteht bei COVID-19-Betroffenen eine alltags- und/oder berufsrelevante Beeinträchtigung durch Dyspnoe und körperlicher Minderbelastbarkeit / Fatigue, soll sowohl bei Krankenhausentlassung, als auch bei fortbestehenden symptomatischen Long-COVID Patienten zu einem späteren Zeitpunkt bei Nichtausreichen ambulanter Heilmittel die Verordnung einer (teil-)stationären pneumologischen Rehabilitation erfolgen. AWMF S1-Leitlinie „post-COVID“ Beitrag Rehabilitation, Thomas Platz (Stand 26.04.2021 – abgestimmt mit der Redaktionsgruppe der S2k-Leitlinie zur SARSCoV-2, COVID-19 und (Früh-)Rehabilitation)
Welche Untersuchungen sollten nach überstandener Covid 19 erfolgen? Untersuchungsaufwand hängt von der Schwere und den Komplikationen der Erkrankung ab. Immer dabei sind: Lungenfunktionstest, Diffusionstest (Gasaustausch in der Lunge), Messung der Atemkraft und Blutgasanalyse Routinelabor (incl. Nieren- und Leberwerte) und EKG Je nach Komplikation und Schwere von Covid 19 erfolgen: Belastungstest z.B. Ergospirometrie (=Belastungs-EKG mit Atemmaske) Untersuchung des Herz-/Kreislaufsystems z.B. Herzecho Evtl. neuropsychiatrische Tests „kleine“ Schlaflaboruntersuchung
Ziele einer Rehabilitation bei Covid 19 Verbesserung der noch bestehenden funktionellen Einschränkungen und Leistungsfähigkeit, Verbesserung der aus weiteren Organkomplikationen resultierenden Einschränkungen Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung nach oft langem und komplikationsträchtigem Intensivaufenthalt Psychische Stabilisierung Wiederherstellung des Leistungsvermögens für Beruf und sozialen Alltag
Welche Reha ist die richtige? Bei schwer Erkrankten Frührehabilitation oder Anschlußheilbehandlung notwendig Im weiteren Verlauf ambulant oder (teil)stationär möglich Zunächst stationär vorzuziehen wegen notwendiger multidisziplinärer Behandlung Die Wahl des Fachgebiets richtet sich nach den vorherrschenden Einschränkungen: Pneumologisch Neurologisch Kardiologisch Psychosomatisch
Therapieangebot für die Rehabilitation nach Covid 19 Gesprächsgruppe zum Thema gesundheitliche incl. psychischen Folgen von Covid 19 Therapeutische Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung Atemphysiotherapie einzeln und/oder in der Gruppe Training von Ausdauer und Kraft Achtsamkeit/Körperwahrnehmung Bei neurologischen/neuropsychiatrischen Störungen ggf. Ergotherapie Behandlung der Begleiterkrankungen Andere Reha-Komponenten: Ernährung, Raucherentwöhnung …. Sozialberatung, z.B. Wiedereingliederung in den Beruf
Prognose und sozialmedizinische Aspekte Zu Langzeitfolgen von Covid 19 und deren Prognose gibt es noch keine verlässlichen Daten, da der Beobachtungszeitraum zu kurz ist. Erste Erfahrungen liegen bes. aus Reha-Kliniken in Bayern vor: deutliche Verbesserungen der Lungenfunktion, der Belastbarkeit und Lebensqualität Ein Ziel bei Berufstätigen ist die Wiedereingliederung. Bei deutlichen Leistungseinschränkungen ist es sicher angebracht, ein paar Monate zu warten und auch ambulante Unterstützungsmaßnahmen fortzusetzen, bevor eine endgültige Entscheidung über den Beruf getroffen wird.
Reha-Nachsorge nach Covid 19 Nach Entlassung der Patienten aus der Frührehabilitation/ Rehabilitation sollte symptomorientiert ambulant die funktionsorientierte Therapie fortgesetzt werden. Kontrollen des Rehabilitationsfortschrittes und des weiteren Unterstützungsbedarfs sollten zunächst im ersten Jahr nach der Akuterkrankung mindestens einmal im Quartal erfolgen. Nach AWMF-S1-Leitlinie Post-Covid … S.2
Nachsorge nach Covid 19 https://longcoviddeutschland.org/post-covid-19-ambulanzen/
Zusammenfassung: Reha bei Covid19 Viele von Covid19 Betroffene haben nach der Krankheit noch anhaltende Symptome: Belastungs-Luftnot, Müdigkeit und psychische Einschränkungen. Auch die nicht im Krankenhaus/auf Intensivstation behandelten Patienten klagen teilweise über Einschränkungen Eine medizinische Rehabilitation ist sinnvoll, auch noch Wochen oder Monate nach der Erkrankung Um die langfristigen Folgen von Covid 19 abzuschätzen, ist der Erfahrungszeitraum noch zu kurz. Erste Daten aus der Reha (Bad Reichenhall und Berchtesgaden/Bayern) und die Einschätzung von Patienten sprechen für eine gute Prognose.
Vielen Dank für Ihr Interesse! STRANDKLINIK ST. PETER-ORDING Fritz-Wischer-Str. 3 | 25826 St. Peter-Ording | Telefon 04863 70601 | Telefax 04863 7061 799 info@strandklinik-spo.de | www.strandklinik-st-peter-ording.de
Sie können auch lesen