Rendite- und Risiko-Kennzahlen für Immobilien aus Nachhaltigkeitssicht - Der Nachhaltigkeit von Immobilien einen finanziellen Wert geben
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Der Nachhaltigkeit von Immobilien einen finanziellen Wert geben Rendite- und Risiko-Kennzahlen für Immobilien aus Nachhaltigkeitssicht April 2015
Impressum Herausgeber Center for Corporate Responsibility and Sustainability (CCRS) an der Universität Zürich, Zähringerstrasse 24, 8001 Zürich Autoren Dr. Rudolf Marty, CCRS Dr. Erika Meins, CCRS Begleitgruppe Peter Ascari, Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich Dr. Rolf Borner, Immobilien Basel-Stadt Franz Fischer, Suva Christoph König, Swisscanto Christof Rüegg, Suva Marcel Stieger, Zürcher Kantonalbank Thomas Weilenmann, Migros-Pensionskasse Review Dr. Daniel Sager, Meta-Sys AG Unterstützung MPK MIGROS-PENSIONSKASSE Gestaltung und Layout Christian Pfister, spective GmbH Titelbild © hb architekten, 3185 Schmitten 2
Executive Summary Bei der Verwendung der in der Praxis verbreiteten Empfehlungen finanziellen Kennzahlen wie Netto- und Brutto- Aus diesen Gründen wird für Anwendungen in der Rendite, Gesamt- und Cashflow-Rendite oder Praxis die Kombination einer Rentabilitäts-Kenn- interner Zinssatz wird den Anlagerisiken von Ren- zahl mit einer Risiko-Kennzahl empfohlen. Bei der dite-Liegenschaften nur implizit Rechnung getra- Wahl der Rentabilitäts-Kennzahl bestehen mehrere gen. Dies kann dazu führen, dass die Anlagerisiken Optionen. Je nach Kennzahl wird das eine oder nicht vollständig berücksichtigt werden. andere Beurteilungskriterium besser erfüllt. Die Kriterien der Langfristigkeit und Praxistauglichkeit Nachhaltigkeit impliziert Berücksichtigung Risiko werden von Cashflow-Rendite, Gesamt-Rendite Aus nachhaltiger Investitionssicht ist eine vollstän- und Netto-Barwert mit sicheren Zahlungen dige und möglichst explizite Berücksichtigung der erfüllt, sofern der zugrunde liegende Marktwert Risiken zentral. Neuere in der Literatur diskutierte mit einem dynamischen Verfahren ermittelt wird. Ansätze wie die Netto-Barwertmethode mit sto- chastischer Simulation quantifizieren neben der Empfohlene Risiko-Kennzahlen Rentabilität auch die Risiken, indem wichtige in Bei der Betrachtung des Risikos ist zu unterscheiden die Bewertung eingehende gesamtwirtschaftliche zwischen dem unsystematischen und dem syste- Grössen wie Inflation und Zinsen als Zufallspro matischen Risiko. Bei den Risiko-Kennzahlen, wel- zesse simuliert werden. che das unsystematische Risiko explizit erfassen, ist der Aufwand hoch und die Anwendung verlangt Zu aufwändig: Ansätze zur gleichzeitigen viel spezifisches Know-how. Eine Möglichkeit, das Berücksichtigung von Rendite und Risiko unsystematische Risiko mit weniger Aufwand zu In der vorliegenden Arbeit werden die in der Pra erfassen, besteht mit Scoring-Modellen wie dem xis verbreiteten und neuere Ansätze zur Per for ESI-Indikator. Dieser erfüllt zudem das Erfordernis, mance- Messung mithilfe von sechs Kriterien in Umwelt- und Gesellschaftsa spekte zu berücksich- Bezug auf Nachhaltigkeit und Praxistauglichkeit tigen und ist deshalb aus Nachhaltigkeitssicht die beurteilt. Die Ergebnisse dieser Beurteilung zeigen, erste Wahl. dass keine der betrachteten Kennzahlen, die mit einem vertretbaren Aufwand durchführbar sind, Empfehlungen auf Portfolio-Ebene eine Renditebeurteilung mit einer expliziten Risiko Auf Portfolio-Ebene kann eine Beurteilung der betrachtung verbindet. Zudem zeigt die Anwen- Rentabilität der Immobilienanlagen als Ganzes – dung der verschiedenen Ansätze, dass das Resultat zum Beispiel im Vergleich zu anderen Anlagen wie wesentlich von den gewählten Verfahren abhängt: Obligationen oder Aktien – von Interesse sein. In Gemäss fünf von sechs Verfahren ist eine Investi- dieser Betrachtung empfiehlt sich, zusätzlich das tion in die Beispielimmobilie rentabel. Zum gegen- systematische Risiko zu erfassen. Dieses hängt teiligen Schluss kommt allerdings das Ergebnis des zum Beispiel von der Entwicklung von gesamt- Verfahrens unter Berücksichtigung des systema- wirtschaftlichen Faktoren wie der Inflation oder tischen Risikos – operationalisiert mit den histori- der Preisentwicklung am Immobilienmarkt ab. Ein schen Mittelwerten für Inflation und Zins. Dieses möglicher Ansatz dafür stellt die Verwendung von Resultat verdeutlicht den Stellenwert von Risiko Sensitivitätsanalysen oder des Netto-Barwertes aspek ten bei der Beurteilung der Rentabilität. mit Szenarien bzw. mit stochastischen Simu la tionen dar. Wie gut das Risiko bei diesen Metho den erfasst wird, steht und fällt allerdings mit der konkreten Ausformulierung des Haupt- und Risiko szenarios bzw. mit der Wahl der Parameter für die Werttreiber der Immobilie. Eine sinnvolle Anwen- dung setzt deshalb spezifisches Fachwissen voraus. 3
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.1 Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2 Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2. Anforderungen an Performance-Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1 Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1.1 Langfristigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.1.2 Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.1.3 Umwelt- und Gesellschaftsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Praxistauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.1 Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2 Investitionszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.3 Aufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3. Ansätze zur Messung der Performance von Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.1 Statische Rendite-Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.1.1 Brutto- bzw. Netto-Rendite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.1.2 Pay-off-Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.1.3 Gesamt- bzw. Cashflow-Rendite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2 Dynamische Rentabilität mit sicheren Zahlungsströmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2.1 Interner Zinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2.2 Netto-Barwertmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.3 Dynamische Rentabilität mit unsicheren Zahlungsströmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.1 Einfache Sensitivitätsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.2 Netto-Barwert mit Szenarioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.3 Netto-Barwert mit stochastischer Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.4 Standardabweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.3.5 Value-at-Risk (VaR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.3.6 Expected Shortfall (ES) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.4 Scoring-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.4.1 Interne Ratings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.4.2 Economic Sustainability Indicator (ESI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.5 Realoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4. Beurteilung der Performance-Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 5. Fazit und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 5
1. Einleitung Nachhaltigkeit und Praxistauglichkeit formuliert und konkrete Beurteilungskriterien hergeleitet. Im Die finanzielle Performance von Immobilien, die dritten Kapitel werden einerseits die in der Praxis zu Renditezwecken gehalten werden, wird in der verbreiteten Rendite-Kennzahlen für Immobilien Regel mit der Rendite gleichgesetzt. Dazu werden und die für ihre Anwendung notwendigen Vor- aus Investitionssicht Auszahlungen (Aufwendun- aussetzungen am Beispiel einer (fiktiven) Rendite- gen) und Einzahlungen (Erträge) zueinander ins liegenschaft kurz vorgestellt. Andererseits werden Verhältnis gesetzt. Eine Definition und Auflistung neuere Ansätze zur Beurteilung von Immo bi lien in der Praxis verbreiteter finanzieller Kennzahlen anlagen mit Fokus auf dem Risiko erläutert. An der von Immobilien finden sich u. a. in der Dokumen- Beispielimmobilie wird aufgezeigt, wie diese Ver- tation D 0213 des Schweizerischen Ingenieur- und fahren zusätzliche Informationen zu liefern vermö- Architektenvereins (SIA, 2005), in einer Publikation gen. Im vierten Kapitel erfolgt mithilfe der zuvor von Schultheiss (2010) oder in der Fachinformation eingeführten Beurteilungskriterien die Beurteilung der Swiss Funds & Asset Management Association der vorgestellten Rendite- und Risiko-Kennzahlen (2008). Darin werden zentrale betriebswirtschaft- aus Nachhaltigkeitssicht. Die vorliegende Arbeit liche Rendite- und Kosten-Kennzahlen für Immo- schliesst mit einem Fazit und konkreten Empfehlun- bilien vorgestellt sowie deren Berechnung anhand gen für die Verwendung von Performance-Kenn- einfacher Rechenbeispiele dargestellt. zahlen in der immobilienwirtschaftlichen Praxis. Im Hinblick auf eine Investitionsentscheidung sind auch Risikoaspekte entscheidend. Das Risiko ist neben der Rendite zentral für die Beurteilung, ob eine Immobilie aus Investitionssicht nachhaltig ist. 2. Anforderungen an Performance- Aber wie kann das Risiko bei Immobilienanlagen Kennzahlen gemessen werden? Und welche Kennzahlen sind taugliche Grundlagen für nachhaltige Investitions- Um die Performance einer Immobilieninvestition entscheidungen? zu beurteilen, muss zunächst präzisiert werden, was eine «gute» Performance ausmacht. Die Ant- 1.1 Ziele wort darauf kann je nach Hintergrund der Investi- Ziel der vorliegenden Publikation ist erstens, einen tion unterschiedlich ausfallen. Eine «gute» Immo Überblick über in der Praxis verbreitete Perfor- bilieninvestition kann für ein Entwicklungsprojekt mance-Kennzahlen1 für Renditeliegenschaften zu eines kurzfristig orientierten Immobilienentwicklers geben und neuere Ansätze zur Rendite- und Risiko- anders aussehen als für eine Renditeliegenschaft Beurteilung anhand einfacher Beispiele vorzustel- einer Pensionskasse oder für eine selbst genutzte len. Zweitens wird beurteilt, inwiefern sich die vor- Betriebsimmobilie. gestellten Ansätze als Grundlage für nachhaltige Investitionsentscheidungen eignen, und es werden 2.1 Nachhaltigkeit konkrete Empfehlungen zur Verwendung dieser Ausgangslage für die folgenden Überlegungen ist Kennzahlen in der Praxis formuliert. eine «nachhaltige Investitionssicht»: Es wird von Renditeliegenschaften ausgegangen, die von lang- 1.2 Vorgehen fristig orientierten, risikoaversen Endinvestoren ge- Zunächst werden im zweiten Kapitel Anforderun- halten werden. Gemäss Meins und Burkhard (2014) gen an Performance-Kennzahlen aus Sicht der ist eine Immobilie «aus Investitionssicht nachhal- tig, wenn sie den wirtschaftlichen Nutzen für den 1 Verfahren zur Beurteilung der Rentabilität nehmen in der Inves tie ren den langfristig maximiert und dabei Regel eine ex ante Betrachtung vor, das heisst, sie schätzen im Voraus ab, ob eine Investition wirtschaftlich ist. In einer möglichst viele positive und möglichst wenig nega- umfassenden Betrachtung gehören dazu die Berücksichti- tive soziale und ökologische Auswirkungen hat. Für gung von Rendite und Risiko. Die Beurteilung der finanziel die Beurteilung des wirtschaftlichen Nutzens sind len Performance hingegen nimmt streng genommen eine sowohl Rentabilität als auch Risiko heranzuziehen.» ex post Betrachtung vor, das heisst, es wird die tatsächlich realisierte Rendite gemessen. Falls die Performance nur kurz- Aus dieser nachhaltigen Investitionssicht ergeben fristig betrachtet wird, ist das Anlagerisiko unvollständig ab- sich verschiedene Anforderungen an Performance- gebildet. Erst in einer langfristigen Betrachtung kommt das Kennzahlen. Daneben gibt es eine Reihe von Risiko vollumfänglich zum Ausdruck. Wenn im Folgenden der Anforderungen bezüglich der Praxistauglichkeit der Einfachheit halber der Begriff Performance verwendet wird, ist damit auch die Rentabilität gemeint und damit neben der Kennzahlen. Diese Anforderungen werden im Fol- Rendite stets auch das Risiko. genden kurz aufgeführt und diskutiert. 6
2.1.1 Langfristigkeit auch als spezifisches Risiko bezeichnet (und das Die Performance-Kennzahlen sollten sämtliche systematische als unspezifisches Risiko). absehbaren von einer Immobilie ausgelösten Zah- Kennzahlen zur Beurteilung der Performance von lungsströme während der gesamten Anlagedauer Immobilien sollten in einer nachhaltigen Inves ti erfassen, d. h. neben den Mieterträgen sollten die tionssicht also neben der Rendite auch das Risiko Kennzahlen die vom Immobilieneigentümer zu tra- abbilden. Die Quantifizierung des Risikos soll genden Betriebskosten sowie die Instandhaltungs- explizit erfolgen und das asymmetrische Risiko und Sanierungskosten einer Anlageimmobilie abbilden. In einer (absoluten) Betrachtung von berücksichtigen. Die Anlageperiode sollte im S inne Immobilien mit anderen Anlageklassen (d. h. bei- einer langfristigen Betrachtung eine Dauer von spielsweise einem Vergleich einer Immobilienan- mindestens 20 – 40 Jahren ab dem Zeitpunkt des lage mit einer Aktienanlage) sind sowohl das sys- Erwerbes («buy and hold») bzw. ab dem Zeitpunkt tematische wie auch das unsystematische Risiko der Beurteilung der Immobilie umfassen. von Bedeutung. Wenn es hingegen darum geht, verschiedene Immobilienanlagen miteinander zu 2.1.2 Risiko vergleichen (relative Betrachtung), ist in erster Linie In einer nachhaltigen Investitionssicht ist gemäss das unsystematische Risiko von Bedeutung. der eingangs präsentierten Definition das Risiko zu berücksichtigen. Aber was heisst Risiko im 2.1.3 Umwelt- und Gesellschaftsaspekte Zusam menhang mit Renditeliegenschaften? Häu- In einer nachhaltigen Investitionssicht soll eine fig wird das Risiko als Verteilung der möglichen Immo bi lie den wirtschaftlichen Nutzen für den Ereignisse (hier: Immobilienwerte) dargestellt. Der Investierenden langfristig maximieren, dabei aber Modus ent spricht dann dem wahrscheinlichsten möglichst viele positive und möglichst wenig nega Ereignis, also dem wahrscheinlichsten Immobilien tive soziale und ökologische Auswirkungen haben wert. In der neueren finanzwissenschaftlichen Be- (siehe Beginn dieses Kapitels). Die Kennzahlen soll- trachtung wird Risiko als Abweichung auf beide ten deshalb neben der finanziellen Performance Seiten des Erwartungswerts verstanden. Die ein- auch Aspekte in Bezug auf Umwelt und Gesell zelne Abweichung kann also positiv oder negativ schaft beurteilen. Dazu gehören ökologische Aus sein. In diesem Zusammenhang wird von einem wir kun gen der Immobilie wie durch den Heiz symmetrischen Risikoverständnis gesprochen. wärmebedarf verursachte Treibhausgasemissionen Ursprünglich stammt der Risikogedanke aus der oder die Recyklier bar keit der verwendeten Bau Versicherungsmathematik. Weil es um die Vermei- materialien, aber auch soziale Aspekte wie die Ver- dung von Grösstschäden geht, liegt der Fokus hier wendung von gesundheitsschädigenden Baumate- einzig auf der negativen Abweichung. Dies wird rialien oder Lärmbelastung (siehe z. B. SIA 112/1, als asymmetrisches Risikoverständnis bezeichnet. 2004). In dieser Perspektive bezieht sich das Risiko auf Wahrscheinlichkeit und Ausmass des Wertver- 2.2 Praxistauglichkeit lusts einer Immobilie. In einer nachhaltigen Inves- Neben diesen Anforderungen ist die Praxistaug- titionssicht ist insbesondere das asymmetrische lichkeit der Performance-Kennzahlen zentral. Im Risiko zu berücksichtigen. (Meins und Burkhard, Folgenden werden Anforderungen aus Sicht der 2014) Praxistauglichkeit präzisiert. Zudem kann zwischen systematischen und unsys- tematischen Risiken unterschieden werden. Syste- 2.2.1 Vergleichbarkeit matische Risiken wie Veränderungen von Inflation, Die Kennzahlen sollten bei mehreren sich gegen- Zinsen und Diskontierungssätzen haben Auswir- seitig ausschliessenden Immobilien-Investitions- kungen auf den gesamten Immobilienmarkt: Es projekten (mit unterschiedlichen Kaufpreisen, sind alle Immobilien davon betroffen. Unsystema- Anlage dauern und Netto-Mieterträgen) zu einer tischen Risiken wie einem Hochwasser hingegen eindeutigen Beurteilung ihrer relativen Rentabilität sind lediglich einzelne Immobilien ausgesetzt. Ob kommen. Dies unter der Voraussetzung, dass die eine Immobilie davon betroffen ist, hängt von den einzelnen Investitionsprojekte vergleichbare Risiken spezifischen Immobilienmerkmalen ab, also von der aufweisen bzw. dass die Risiken vernachlässigbar unmittelbaren Lage (z. B. von Hochwasser gefähr- sind. Bei unterschiedlichen Risiken der einzelnen dete Lage) oder von den Gebäudemerkmalen (z. B. Investitionsprojekte sollten die Kennzahlen zu einer bauliche Sicherheitsvorkehrungen gegen Hoch eindeutigen Beurteilung der risikobereinigten Ren- wasser). Das unsystematische Risiko wird deshalb tabilität der Immobilien beitragen können. 7
2.2.2 Investitionszeitpunkt (Soll) von CHF 0,601 Mio. bzw. von 0,459 Mio. Wird die Unsicherheit der zukünftigen Zahlungs- unter Abzug der vom Immobilieneigentümer zu tra- ströme einer Immobilie bei der Berechnung der genden Betriebs- und Instandhaltungskosten. Die Performance-Kennzahl unter Einbezug der Tat- Immobilie wird Anfang 2015 in mässigem Z ustand sache berücksichtigt, dass es sich bei einer Sanie- zu einem Kaufpreis von CHF 7,8 Mio. erworben. rungs- oder Erweiterungsinvestition in der Regel Nach vier Jahren, d. h. 2018, ist eine werterhaltende um irreversible Ausgaben handelt (d. h. um «sunk Sanierung in Höhe von CHF 0,8 Mio. geplant. costs», sofern ein Verkauf der Immobilie nur unter erheblichen Transaktionskosten möglich ist), so 3.1 Statische Rendite-Kennzahlen kann sich zusätzlich zur Annahme bzw. Ablehnung 3.1.1 Brutto- bzw. Netto-Rendite der Investition das zeitliche Aufschieben der Inves- Bei den statischen Performance-Kennzahlen wie titionsentscheidung als Handlungsoption erwei- Brutto- bzw. Netto-Rendite und Amortisations- sen. Das Verschieben der Investitionsentscheidung dauer (Pay-off-Periode) gehen in die Berechnung ist umso vorteilhafter, je mehr dadurch relevante ausschliesslich die in der betrachteten Periode Informationen hinsichtlich des Immobilienrisikos anfallenden Investitionsausgaben sowie die Brutto- verfügbar werden. Performance-Kennzahlen für bzw. Netto-Erträge aus der Investition ein. Im eine Sanierungs- oder Erweiterungsinvestition soll- Falle von Immobilien handelt es sich gemäss SIA ten damit neben den mit einer Immobilie verbun- 0213 (2005) bei den Investitionserträgen um die denen Risiken auch die Möglichkeit einer zeitlichen Soll-Mieterträge (Summe aller in der betrachteten Verschiebung der Investitionsausgaben berücksich- Periode möglichen Mieterträge bei Vollvermietung) tigen, also die Ermittlung des optimalen Investi bzw. um die Netto-Mieterträge (Ist-Mieterträge tionszeitpunktes ermöglichen. abzüglich der Betriebs- und Instandhaltungskosten) und bei den Investitionsausgaben um den aktuellen 2.2.3 Aufwand Marktwert: Schliesslich sollen die Rendite- und Risiko-Kenn- Brutto- bzw. Netto-Rendite: zahlen keinen unverhältnismässigen Aufwand Soll-Mietertag bzw. Ist-Mietertrag (im Verhältnis zum Nutzen) hinsichtlich der Daten- abzüglich Betriebs- und Instandhaltungskosten = Rendite Marktwert bereitstellung und der Berechnung verursachen. Selbstverständlich sollte das Ergebnis zudem ein- fach verständlich und dadurch leicht zu kommuni- Bei der im Jahre 2015 erworbenen Beispielimmobi- zieren sein. lie (Kaufpreis: CHF 7,8 Mio.) mit einem Soll-Miet ertrag bzw. Ist-Mietertrag abzüglich der Betriebs- und Instandhaltungskosten in Höhe von CHF 0,601 bzw. CHF 0,459 Mio. ergeben sich Brutto- bzw. 3. Ansätze zur Messung der Performance Netto-Renditen von 7,7% bzw. 5,9%.2 von Immobilien 3.1.2 Pay-off-Periode Die Rentabilität von Immobilien kann statisch oder Die Amortisationsdauer bzw. Pay-off-Periode die- dynamisch gemessen werden. Die in der Praxis ver- ser Immobilie berechnet sich als Quotient aus dem breiteten Ansätze zur Messung der Performance Marktwert und den Ist-Mieterträgen abzüglich der von Immobilien berücksichtigen in der Regel das Betriebs- und Instandhaltungskosten, wobei dieser Risiko nur implizit. Um das Risiko explizit zu beur Wert bei der Beispielimmobilie 17 Jahre beträgt: tei len, können dynamische Ansätze verwendet Pay-off-Periode: werden, welche die Unsicherheit zukünftiger Zah Marktwert = Jahre lungsströme modellieren (Monte-Carlo-Simulatio Ist-Mietertrag abzüglich Betriebs- und Instandhaltungskosten nen, Realoptions-Ansatz), oder Scoring-Modelle. Diese Ansätze werden im Folgenden präsentiert und deren Berechnung wird, wo angezeigt, anhand Überschreitet die Brutto- bzw. Netto-Rendite einen einer Beispielimmobilie illustriert. vordefinierten Schwellenwert, bzw. unterschreitet Bei der Beispielimmobilie handelt es sich um ein die Pay-off-Periode eine untere Grenze, so kann Mehrfamilienhaus mittleren Alters (Baujahr 1980) 2 Die absoluten Renditegrössen sind im aktuellen Kontext in einer Agglomerationsgemeinde eines regiona- hoch. Der Hauptgrund ist die Annahme in Bezug auf die len Zentrums. Mit einer Nutzfläche von 3 300 m² langfristige Inflationsentwicklung, die sich auf das frühere generiert die Immobilie 2015 jährliche Mieterträge Marktumfeld bezieht. 8
eine Immobilie unter bestimmten Voraussetzun- 3.2.1 Interner Zinssatz gen als rentable Anlage, die das eingesetzte Kapital Bei der Methode des internen Zinssatzes, auch als angemessen verzinst, betrachtet werden. Internal Rate of Return (IRR) bezeichnet, wird der Barwert der Immobilie ihrem Kaufpreis bzw. Markt- 3.1.3 Gesamt- bzw. Cashflow-Rendite wert gleichgesetzt. Der Barwert ergibt sich als Bei der Cashflow-Rendite handelt es sich um eine Summe der abdiskontierten Cashflows der Immo Grösse, die den an den Immobilieneigentümer aus- bilie während der ersten Phase der Anlagedauer bezahlten Ertrag, d. h. den Cashflow der Immobilie, (T Jahre) und ihrem abdiskontierten Restwert. Der ins Verhältnis setzt zum durchschnittlich gebun- Restwert entspricht der Summe der Barwerte der denen Kapital in der betrachteten Anlageperiode. während der Restnutzungsdauer (zweite Phase Das gebundene Kapital ist definiert als arithmeti- der Anlagedauer) der Immobilie anfallenden Cash- sches Mittel aus dem Marktwert einer Immobilie flows. Der interne Zinssatz ergibt sich durch das zu Beginn und am Ende der betrachteten Anlage Auflösen der unten stehenden Gleichung nach dem periode. Unter der Gesamt-Rendite wird die Cash- internen Zinssatz: flow-Rendite zuzüglich der Wertänderungs-Ren Interner Zinssatz: dite einer Immobilie verstanden: T Cashflow (t 0+i) Restwert (T) ∑ i=1 (1+ Interner Zinssatz i ) + (1+ Interner Zinssatz T ) = Kaufpreis (t 0) Cashflow- (bzw. Gesamt-)Rendite: 100 100 Cashflow der Immobilie (+ Wertänderung der Immobilie) = Rendite durchschnittlich gebundenes Kapital Es wird unterstellt, dass die Mieterträge der Bei spielimmobilie während der gesamten Anlagedauer Für die Beispielimmobilie wird für das erste Anlage im Ausmass von 80%3 einer jährlich als konstant jahr ein Cashflow in Höhe von CHF 0,373 Mio. angenommenen Teuerungsrate von 1,25% anstei- angenommen. In Bezug auf den Marktwert der Bei- gen, wobei im vierten Jahr nach dem Erwerb der spielimmobilie wird für das erste Anlagejahr, d. h. Immobilie (d. h. 2018) eine werterhaltende Reno 2015, eine Marktwertsteigerung im Ausmass des va tion (Instandsetzungskosten: CHF 0,8 Mio.) Vorjahres, d. h. 2,5%, unterstellt, woraus sich Ende getätigt wird. Dies führt u. a. wegen reduzierter 2015 ein Marktwert von CHF 7,995 Mio. ergibt. Mieterträge (CHF 0,318 Mio.) infolge temporärer Aufgrund dieser Annahmen resultiert für die erste Leerstände zu einem negativen Cashflow in diesem Anlageperiode eine Gesamt- bzw. Cashflow-Ren Jahr (CHF – 0,482 Mio.). dite von 7,3% bzw. 4,7%. Mit einem Kaufpreis von CHF 7,8 Mio. ergibt sich Die statischen Performance-Kennzahlen können durch Lösen obiger Gleichung ein interner Zinssatz die Rentabilität einer Immobilie nur unter restrik- von 5,4%. Implizit wird dabei unterstellt, dass die tiven Annahmen (d. h. konstante oder konstant während der Anlagedauer anfallenden Cashflows wachsende Zahlungsströme während der Anlage- zu diesem Zinssatz angelegt werden können. Über- dauer) wiedergeben. Sich im Zeitablauf ändern- steigt der interne Zinssatz einer Anlageimmobilie de Zahlungsströme (z. B. durch Renovations- und einen vorgegebenen Schwellenwert, so handelt Instandsetzungskosten) einer Immobilie führen bei es sich gemäss diesem Kriterium um eine rentable Brutto- bzw. Netto-Renditen zu einer erschwerten Investition, bei der der Kaufpreis im Vergleich zu Interpretierbarkeit. Bei der Gesamt- bzw. Cashflow- einer ähnlichen Anlagemöglichkeit höher verzinst Rendite hängt die Aussagekraft von der Güte der wird. Schätzung des Marktwertes ab. 3.2.2 Netto-Barwertmethode 3.2 Dynamische Rentabilität mit sicheren Bei der Netto-Barwertmethode (auch Net Present Zahlungsströmen Value, NPV, genannt) werden die während der Bei den dynamischen Performance-Kennzahlen ersten Phase der Anlagedauer anfallenden Cash- wie der Methode des internen Zinssatzes gilt es, flows sowie der erwartete Immobilien-Restwert mit grundsätzlich alle während der gesamten Anlage- einem dem Risiko der Liegenschaft entsprechenden dauer erwar teten Zahlungsströme inklusive des Zinssatz (d. h. dem Diskontierungssatz) auf den Restwertes der Immobilie zu berücksichtigen. Dabei Beginn der Anlagedauer abdiskontiert. Vom Immo werden die Unsicherheiten bezüglich der Höhe der bilien-Barwert wird anschliessend der Kaufpreis zukünftigen Zahlungsströme als Grundlage zur bzw. Marktwert subtrahiert, was den Netto-Bar Erfassung des Risikos verwendet. 3 Anpassung der Mieten an die Teuerung (40%) und an die Betriebs- und Unterhaltskosten (40%). 9
wert ergibt. Ist er positiv, so lässt sich mit der Im- dass die Investition mit dem maximalen Netto-Bar- mobilie eine angemessene Rendite erwirtschaften. wert nicht notwendigerweise den maximalen inter- Netto-Barwert : nen Zinssatz aufweist, wobei in diesem Fall auf das T Cashflow (t 0+i) Restwert (T) erstere Kriterium abgestellt wird. ∑ i=1 (1+ Diskontierungssatz i ) + (1+ Diskontierungssatz T ) – Kaufpreis (t 0) 100 100 3.3 Dynamische Rentabilität mit unsicheren Bei der Beispielimmobilie wird mit einem konstan- Zahlungsströmen ten Diskontierungssatz von 5% gerechnet. Wird für Die vorangehenden Ansätze berücksichtigen das die Immobilie für die zweite Phase der Anlagedauer Risiko zukünftiger Zahlungsströme von Immobilien eine Restnutzungsdauer von 90 Jahren unter nicht oder nur implizit. Um das Risiko explizit zu be- stellt, so ergibt sich der Netto-Barwert als S umme rücksichtigen, kann die Rentabilität ebenfalls dyna der während der ersten Phase abdiskontierten misch, aber unter Berücksichtigung der Unsicher Cashflows und des abdiskontierten Barwertes des heit von Zahlungsströmen ermittelt werden. Restwertes abzüglich des zu Beginn der Anlage- periode realisierten Kaufpreises bzw. Marktwertes 3.3.1 Einfache Sensitivitätsanalyse der Immobilie. Gemäss obiger Formel beträgt der Ein in der Praxis angewandtes Verfahren zur Be- Barwert der Beispielimmobilie CHF 8,492 Mio., der rücksichtigung der Risiken sind einfache Sensitivi- damit ihren Kaufpreis von CHF 7,8 Mio. übersteigt, tätsanalysen ohne Verwendung von expliziten Ver- d. h. der Netto-Barwert ist mit CHF 0,692 Mio. teilungsannahmen. Dabei wird der Netto-Barwert positiv. Damit handelt es sich gemäss diesem Krite- einer Immobilie für eine Reihe möglicher Werte rium um eine rentable Investition. einer in die Barwert-Berechnung einer Immobi- Die Hauptschwäche der beiden dynamischen Per- lie eingehenden Grösse berechnet. Beispielsweise formance-Kennzahlen besteht im mangelhaften kann der Einfluss des Diskontierungssatzes bzw. der Umgang mit dem Risiko. Beim internen Zinssatz Wachstumsrate der Cashflows auf den Netto-Bar- wird die Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der wert bzw. auf den internen Zinssatz einer Immobilie zukünf ti gen Zahlungsströme, die eine Immobi- durch die (isolierte) Variation dieser Einflussgrössen lie generiert, ganz ausgeblendet bzw. mittels der quantifiziert werden («ceteris paribus»-Annahme). Risikoprämie bei einer vergleichbaren Anlage beur teilt. Bei der Netto-Barwertmethode wird das R isiko 3.3.2 Netto-Barwert mit Szenarioanalyse durch die Höhe des Aufschlages auf den risiko Eine in der Praxis zunehmend häufiger angewandte losen Zinssatz zwar berücksichtigt4, aber nur impli- Methode ist die Verwendung von Szenarioanaly zit. Der risikogerechte Aufschlag kann zwar durch sen, d. h. das Ausformulieren einiger (weniger) kon lage- und objektspezifische Immobilienmerkmale sis ten ter Szenarien für die zentralen Wert trei ber begründet werden. Insgesamt bleibt jedoch der einer Renditeliegenschaft. Beispielsweise kann für Netto-Barwert sehr sensitiv auf den unterstellten eine Immobilie mit üblicherweise inflationsindexier Diskontierungssatz. Bei der Methode des internen ten Mieten neben einem Hauptszenario mit mode- Zinssatzes ist zusätzlich die Eindeutigkeit bzw. Exis- raten Teuerungsraten ein Tief- und ein Hochinfla- tenz einer Lösung für den internen Zinssatz nicht tions-Szenario definiert werden. Der Netto-Barwert garantiert, d. h. bei mehreren Vorzeichenwechseln der Immobilie wird anschliessend für die drei Teue der Zeitreihe der Cashflows können mehrere bzw. rungsszenarien berechnet. Die mit den Eintretens- keine internen Zinssätze resultieren (siehe zum Bei- wahrscheinlichkeiten der Szenarien gewichteten spiel Shestopaloff und Marty, 2011). Schliesslich Netto-Barwerte können so zu einem Erwartungs- kann die Anwendung des internen Zinssatzes und wert des Net Present Value der Immobilie aggregiert der Netto-Barwertmethode auf mehrere Zahlungs- werden. Ist der Erwartungswert des Netto-Barwer- ströme zu widersprüchlichen Resultaten bezüglich tes der Immobilie positiv, so wird ein Investor die der Rentabilität der (einander ausschliessenden) Immobilie als rentabel beurteilen, mit der sich im Investitionsmöglichkeiten führen. Dies bedeutet, Vergleich zum risikofreien Zinssatz im Durchschnitt eine angemessene Zusatzrendite erzielen lässt. 4 In der Praxis wird ein Erfahrungswert für den Diskontierungs- satz zwischen 3,5% – 4,5% unterstellt bzw. aus dem Markt- 3.3.3 Netto-Barwert mit stochastischer Simulation wert einer Immobilie abgeleitet. Nach Abzug eines mittelfris- Neuere in der Literatur vorgeschlagene An sätze tig als plausibel erachteten Wertes von 1% für den risikolosen modellieren die Unsicherheit, die von externen Zinssatz (Rendite für langfristige Obligationen der Eidgenos- senschaft) ergibt sich ein Aufschlag für das immobilienspezi- werttreibenden Faktoren wie Inflation oder Dis- fische Risiko im Bereich zwischen 2,5%- und 3,5%-Punkten. kontierungssatz auf die Cashflows ausgeht, durch 10
Berücksichtigung derer statistischen Eigenschaften und Diskontierungssätze neu als miteinander positiv (siehe beispielsweise Hoesli, Jani, Bender, 2006). Die korrelierte Zufallsvariablen modelliert werden. Die statistischen Verteilungseigenschaften wichtiger positive Korrelation ergibt sich erstens aus der Defi gesamtwirtschaftlicher Variablen, die in die Netto- nition des Diskontierungssatzes als Summe eines Barwert-Berechnung der Cashflows einer Immobi- zeitlich variierenden risikolosen Zinssatzes und einer lie eingehen, d. h. Erwartungswert, Standardabwei konstanten Risikoprämie, die den Immobilieneigen- chung, Korrelation, können aufgrund historischer tümer für die Übernahme des Risikos entschädigt. Zeitreihen geschätzt werden. Dies ermöglicht es, Zweitens eskomptieren die nominellen Zinsen die eine Sequenz von Cashflows einer Immobilie durch erwartete Teuerung über die Laufzeit der Anlage, stochastische Simulation beliebig oft zu wieder was zu einer weitgehend synchronen Dynamik von holen. Pro simulierte Sequenz von Cashflows lässt risikolosen Zinsen und Inflation führt. Wie aus der sich daraus der Barwert einer Immobilie berechnen. unten stehenden Grafik 1 ersichtlich, wiesen der Auf diese Weise ist es möglich, für die Immobilie Kurzfristzins für CHF-Geldmarktanlagen und die eine empirische Häufigkeitsverteilung der simulier- Inflationsraten der Schweiz während der vergan- ten Barwerte zu generieren. Diese kann genutzt genen 20 Jahre in der Tat eine ausgeprägt positive werden, um das Risiko zu bestimmen. (gleichzeitige) Korrelation auf. Mit der im Abschnitt 3 eingeführten Beispielimmo Sowohl bezüglich der Entwicklung der Inflations- bilie wird im Folgenden aufgezeigt, wie verschie raten als auch bezüglich der Kurzfristzinsen wird dene Performance-Kennzahlen mithilfe empi risch unterstellt, dass sie im Konjunkturverlauf um einen abgestützter stochastischer Simulationen berech- langfristig konstanten Mittelwert schwanken, der net werden können. Als stochastischer Haupt- durch kurzfristige und zufällige Störungen über- treiber des Netto-Barwertes der Bei spiel immo bi lagert wird. Hinsichtlich des langfristigen Mittel lie werden zeitlich variierende Inflationsraten und wertes von Kurzfristzinsen und Inflation werden die Diskontierungssätze während der ersten Phase der historischen Mittelwerte der vergangenen 20 Jahre Anlagedauer (2015 – 2024) identifiziert, auf die der unterstellt (Mittelwert von Inflation bzw. Kurzfrist- Anleger als gesamtwirtschaftliche Grössen keinen zinsen, 1995 – 2014: 0,8% bzw. 1,2%). Bezüglich Einfluss hat. Im Unterschied zu A bschnitt 3.2.2, der Volatilität (Standardabweichung) von Kurzfrist- wo diese Grössen für die Berechnung des Netto- zinsen und Inflationsraten werden ebenfalls die his- Barwertes der Immobilie als konstant angenommen torischen Werte der Periode 1995 – 2014 übernom- wurden (1,25% bzw. 5%), sollen die Inflationsraten men (1,2%- bzw. 0,8%-Punkte). Grafik 1 Korrelation zwischen Kurzfristzinsen und Inflation Schweiz Kurzfristzins Korrelation zwischen Inflation und Zinsen 1995 – 2014: 0,47 4,5% • 4,0% • • • • R² = 0,216 3,5% • • • 3,0% •• •• 2,5% • • • • • •• • • 2,0% • • • 1,5% •• • • •• •••• • • •• • • • •• •• •• 1,0% •• • 0,5% •• • • • 0,0% •• • • • • •• • • ••••• ••• • • • –0,5% –1,5% –1,0% – 0.5% 0,0% 0,5% 1,0% 1,5% 2,0% 2,5% 3,0% Inflation Quelle: eigene Darstellung auf Basis von SNB-Daten 11
Grafik 2 Simulierte Zeitreihen für die Entwicklung des Kurzfristzinses und der Inflation 5,0% 4,0% 3,0% 2,0% 1,0% 0,0% –1,0% –2,0% 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 Kurzfristzins (1. Simulation) Kurzfristzins (2. Simulation) Inflation (1. Simulation) Inflation (2. Simulation) Quelle: CCRS, Simulationen auf Basis von SNB-Daten Ausgehend von den Ende 2014 vorliegenden erte mit CHF 7,688 Mio. unter dem Kaufpreis W ausserordentlich tiefen Werten für Kurzfristzinsen von CHF 7,8 Mio., d. h. die Beispielimmobilie ist also und Inflationsraten, werden für die erste Phase keine rentable Investition. der Anlagedauer (d. h. 2015 – 2024) je 50 000 Zeit Der mit den simulierten Barwerten ermittelte Mit- reihen dieser beiden gesamtwirtschaftlichen Grös telwert liegt damit deutlich unter dem Barwert, sen simuliert. In der Grafik 2 sind je zwei simulierte der ohne die stochastische Simulation der Inflation Verläufe der Kurzfristzinsen und Inflationsraten und des risikolosen Zinssatzes berechnet wurde während dieser Periode dargestellt, welche die Ver- (CHF 8,492 Mio., siehe Abschnitt 3.2.2). Der Grund teilungseigenschaften (Mittelwert, Standardabwei dafür sind die Verteilungseigenschaften der simu- chung und Korrelation) der Periode 1995 – 2014 lierten Grössen, insbesondere der Erwartungswert aufweisen. Die zu Jahreswerten aggregierten simu- des Diskontierungssatzes und der Inflation. Wäh- lierten Zeitreihen der Zinsen und Inflation gehen rend der Erwartungswert der Teuerung mit 0,8% anschliessend in die Berechnung des Barwertes der deutlich unter dem Wert von 1,25% liegt, der in Immobilie ein, wobei zum Zinssatz eine konstante Abschnitt 3.2.2 verwendet wurde, beträgt der Risikoprämie in Höhe von 4%-Punkten addiert Erwartungswert des Diskontierungssatzes, der einer wird, um den risikogerechten Abdiskontierungssatz konstanten Risikoprämie in Höhe von 4%-Punkten zu bestimmen. Insgesamt werden mit den je 50 000 plus dem Erwartungswert des Kurzfristzinses von simulierten Zeitreihen der Kurzfristzinsen und Infla- 1,2% entspricht, in etwa dem in Abschnitt 3.2.2 tionsraten 50 000 Barwerte der Immobilie simuliert. unterstellten Wert. Damit zeigt sich, dass die Wahl Die Häufigkeitsverteilung der 50 000 simulierten empirisch fundierter Verteilungsparameter für Barwerte der Immobilie ist in Grafik 3 dargestellt. die simulierten gesamtwirtschaftlichen Grössen Auf der Grundlage dieser Verteilung lässt sich das einen bedeutenden Einfluss auf die Bewertung von Risiko auf verschiedene Arten ermitteln. Das von Immobilien bzw. auf die Beurteilung derer Rentabi- werttreibenden Faktoren ausgehende symmetri- lität haben kann. Während der Netto-Barwert der sche Risiko kann bei der Beurteilung der Renta- Beispielimmobilie unter der Annahme einer kon- bilität einfliessen, indem der Mittelwert der simu- stanten (und im historischen Vergleich zu hohen) lierten Barwerte dem Kaufpreis gegenübergestellt Teuerung deutlich positiv ist, wird er bei Verwen- wird. Ist der erstere höher als der Kaufpreis, ist dung stochastischer Inflationsraten, deren Mittel- die Investition rentabel, sonst nicht. Bei der Bei wert dem historischen Muster entsprechen, leicht spielimmobilie liegt der Mittelwert der simulierten negativ. 12
Grafik 3 Häufigkeitsverteilung der simulierten Barwerte der Beispielimmobilie absolute Häufigkeit 4 000 3 500 3 000 2 500 2 000 1500 1000 500 0 5,5 6,5 7,5 8,5 9,5 10,5 Mio. CHF Mittelwert: CHF 7,688 Mio.; Standardabweichung: CHF 0,557 Mio. Quelle: CCRS 3.3.4 Standardabweichung überschreiten sollte. Die (1-x)%-VaR- Grösse für Das symmetrische Risiko kann auch als Risikokenn- den Barwert einer Immobilie sollte damit nur mit zahl ausgewiesen werden: Die Standardabweichung einer Wahrscheinlichkeit von x% nach Ablauf der als symmetrisches Risikomass gibt die Streuung Anlagedauer unterschritten werden. Der Kaufpreis (CHF 0,557 Mio.) des Barwertes der Beispielimmo ist aus dieser Sicht adäquat, d. h. verfügt über ein bilie um ihren Erwartungswert (CHF 7,688 Mio.) akzeptables Rendite-Risiko-Verhältnis, wenn er an. Wird hinsichtlich der (empirischen) Häufigkeits- unter der x%-VaR-Kennzahl liegt. Welches Ver- verteilung der simulierten Immobilien-Bar werte trauensniveau für x gewählt wird, hängt u. a. von eine bestimmte Ver teilungsannahme getroffen der Risikoaversion des Investierenden ab. (beispielsweise Normalverteilung), so lassen sich Aussagen in Bezug auf die Häufigkeit des Auftre- 3.3.6 Expected Shortfall (ES) tens der Immobilien-Barwerte machen (zum Bei- Eine konservativere Risiko-Kennzahl, d. h. eine spiel in 68 Prozent aller möglichen zukünftigen Kennzahl, die die Verlustrisiken im Falle einer un- Zins- und Teuerungsszenarien resultiert ein Bar- günstigen Wertentwicklung der Immobilie umfas wert der Immobilie zwischen CHF 7,688 Mio. plus/ sender beschreibt als die VaR-Grösse, ist der minus eine Standardabweichung), d. h. zwischen Expected Shortfall. Dieser gibt den erwarteten CHF 7,131 Mio. und CHF 8,245 Mio. Wert einer Investition wieder, sollte der x%-VaR- Grenzwert am Ende der ersten Phase der Anlage 3.3.5 Value-at-Risk (VaR) periode unter schrit ten werden, beispielsweise Auch asymmetrische Risikogrössen können, basie- wegen einer rückläufigen Preisentwicklung bei rend auf der Verteilung der simulierten Barwerte, Immo bi lien. Im Falle einer Renditeimmobilie gibt ermittelt werden. Als mögliche Kennzahlen bieten dieses Mass den erwarteten Immobilienwert am sich gemäss Hoesli, Jani und Bender (2006) die unter Ende der Anlagedauer in den x% aller möglichen den Fachbegriffen «Value-at-Risk» (VaR) und «Ex- Fälle an, in denen die Bewertung der Immobilie am pected Shortfall» (ES) in den Finanzwissenschaften ungünstigsten ausfällt und evtl. sogar unter den populär gewordenen asymmetrischen Risiko-Kenn- Kaufpreis zu liegen kommt. Als bedingter Erwar- zahlen an. Unter der VaR-Kennzahl wird eine mo- tungswert des x%-Quantils einer Verteilung des netäre Grösse verstanden, die eine Investition nach Wertes einer Renditeimmobilie nach einer vordefi einem bestimmten Zeitraum (d. h. der Anlagedauer) nierten Anlagedauer liegt der Expected Shortfall mit einem vordefinierten Vertrauensniveau von x% stets tiefer als die x%-VaR-Risiko-Kennzahl. 13
Grafik 4 Empirische Verteilungsfunktion für die Beispielimmobilie mit 5%-ES bzw. 5%-VaR kumulierte Wahrscheinlichkeit 100% 5%-ES 5%-VaR Mittelwert 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 Mio. CHF 5%-Expected Shortfall: CHF 6,603 Mio.; 5% Value-at-Risk: CHF 6,773 Mio. Quelle: CCRS Bei der konkreten Anwendung der asymmetrischen jeweiligen Immobilienmerkmalen abhängt, ist der Risikomasse VaR bzw. ES ist ein Vertrauensniveau Aufwand, durch die Modellierung der unsicheren zu bestimmen, das u. a. von der Risikotoleranz Zahlungsströme das unsystematische Risiko herzu- des Immobilieneigentümers abhängig ist. Baroni, leiten, jedoch ungleich grösser und wird deshalb in Barthélémy und Mokrane (2007) empfehlen auf- der Praxis nicht 1:1 angewendet. Eine vereinfachte grund der Annahmen, die bei der Konstruktion Methode, um das unsystematische Risiko zu dieser Risikomasse getroffen wurden (u. a. Normal- erfassen, ermöglichen Scoring-Modelle. Mit diesen verteilung), ein relativ hohes Vertrauensniveau von Modellen5 werden mithilfe vordefinierter Kriterien 90% bzw. 95%, was einem VaR von 10% bzw. 5% die Risiken einzelner Immobilien in der Regel ordinal entspricht. oder intervallskaliert beurteilt. Für die zu Beginn eingeführte Beispielimmobi- lie wird ein Vertrauensniveau von 5% postuliert. 3.4.1 Interne Ratings In Grafik 4 ist die simulierte empirische Vertei- Wie alle Scoring-Modelle beruhen proprietäre lungsfunktion zusammen mit ihrer 5%-VaR- bzw. Verfahren der Risikobeurteilung von Immobilien 5%-ES-Kennzahl und ihrem Mittelwert dargestellt. bzw. Immobilien-Portfolios auf Einschätzungen. In Die Grafik zeigt, dass die 5%-ES-Grösse eine res- der Praxis werden sie zum Teil von institutionellen triktivere Risikokennzahl ist als der 5%-VaR-Wert Anlegern zur Risikobeurteilung von Immobilien und (CHF 6,603 verglichen mit CHF 6,773 Mio.), da der Immobilien-Portfolios eingesetzt und deshalb auch Kaufpreis höchstens dem 5%-ES- bzw. 5%-VaR als «internes Rating» bezeichnet. Weil in diesen entsprechen darf. die Einschätzung des institutionellen Anlegers zum Ausdruck kommt, sind sie nicht generalisierbar. 3.4 Scoring-Modelle Während sich die mithilfe von Szenarioanalysen und stochastischen Simulationen hergeleiteten Kenn- zahlen eher dafür eignen, das systematische Risiko von Immobilien zu erfassen, können diese Metho- den auch genutzt werden, um das unsystematische 5 Unter Scoring-Modellen werden qualitative Verfahren zur Bewertung verschiedener Handlungsalternativen, Verfahren Risiko einer Immobilie zu quantifizieren. Weil das zur Ermittlung einer eindeutigen Präferenzreihenfolge und unsystematische Risiko nicht für alle Immobilien Methoden zur Entscheidungsunterstützung bei multipler gleich ausfällt, sondern von der Ausprägung der Zielsetzung verstanden (siehe Pickle, 2001). 14
3.4.2 Economic Sustainability Indicator (ESI) Grafik 5 Beim Economic Sustainability Indicator (ESI ®- ESI®-Indikator für die Beispielimmobilie Indikator) handelt es sich um ein Scoring-Modell zur Erfassung des (unsystematischen) Nachhal- Flexibilität und Polyvalenz 1 tigkeitsrisikos von Immobilien. Die Gewichtung beruht methodisch auf einer dynamischen Model 0,5 Ressourcenverbrauch lie rung von Barwerten unter Berücksichtigung 0,0 und Treibhausgase Gesundheit von unsicheren Zahlungsströmen (in Analogie zu und Komfort –0,5 Abschnitt 3.3). Ausgangslage ist die Annahme, –1,0 dass sich nachhaltige Immobilien u. a. dadurch aus- zeichnen, dass sie besser in der Lage sind, mit den Folgen langfristiger Entwicklungen umzugehen. Sie haben damit im Vergleich zu anderen Immobilien ein tieferes Risiko, aufgrund von Entwicklungen wie Sicherheit Standort und Mobilität Klimawandel, demografischem Wandel oder stei- Quelle: CCRS, Anwendung unter www.ESIweb.ch genden Energiepreisen an Wert zu verlieren bzw. eine höhere Chance, an Wert zu gewinnen (Meins und Burkhard, 2014). sowie bei der Flexibilität. Handlungsbedarf b esteht Methodisch wird für die Gewichtung wie folgt vor- hingegen beim Ressourcenverbrauch und bei den gegangen: Die Folgen von wahrscheinlichen lang- Treibhausgasen. Hier schneidet die Immobilie fristigen Entwicklungen auf die Zahlungsströme schlecht ab, was insbesondere auf den hohen Heiz- einer Referenzimmobilie werden modelliert – in wärmebedarf zurückzuführen ist. Im Rahmen der Abhängigkeit der Ausprägung der Nachhaltigkeits- für 2018 geplanten umfassenden Sanierung sollte merkmale der Referenzimmobilie. Die Unsicherheit dies deutlich verbessert werden. über langfristige Entwicklungen wird durch die Verwendung von Szenarien mit verschiedenen Ein- 3.5 Realoptionen tretenswahrscheinlichkeiten berücksichtigt. Deren Sowohl bei den statischen als auch den dynami- Auswirkung auf den Barwert der Immobilie wird schen Performance-Kennzahlen wird davon ausge- mittels Monte-Carlo-Simulationen ermittelt und gangen, dass eine Investition zu einem bestimmten führt zu einer Verteilung von Barwerten. Diese Zeitpunkt getätigt wird. Es kommen aber durchaus wiederum werden für die Ermittlung des Risikos Situationen vor, in denen beispielsweise eine Sanie verwendet (in Analogie zum Netto-Barwert mit rungs- oder Erweiterungsinvestition während e ines stochastischer Simulation, der in Abschnitt 3.3.2 bestimmten Zeitraumes durchgeführt werden kann. beschrieben wird). Für weitere Details zur Methode Es stellt sich dann zusätzlich zur Bewertung der siehe Meins und Sager (2015). Investitionsmöglichkeit die Frage nach dem opti Im Ergebnis liegt ein Rating vor, dem fünf wertrele malen Investitionszeitpunkt. Wird beispielsweise vante Nachhaltigkeitsmerkmale zugrunde liegen, eine Erweiterungsinvestition zu früh getätigt, so ist die im Hinblick auf das Wertänderungsrisiko ge- die Rentabilität im Verhältnis zum eingegangenen wichtet sind. Das Rating nimmt Werte von – 1 bis Risiko zu tief. Durch das Abwarten und die Auswer- + 1 an, wobei positive Werte auf ein Potenzial der tung relevanter Informationen kann unter Umstän- Wertsteigerung und negative Werte auf das Risiko den das Risiko reduziert werden, ohne dass sich der eines Wertverlusts hinweisen. Die Anwendung ist Netto-Barwert der Investition wesentlich reduziert. mithilfe der Webapplikation ESIweb möglich (für Durch die Berücksichtigung der Wahl des optimalen die Details und Beispiele zur Anwendung bei der Zeitpunktes der Ausführung einer Sanierungsinves- Immobilienbewertung, Portfolioanalyse oder Inves- tition lässt sich damit das Risiko dieser Investitions- titionsentscheidungen in der Praxis siehe Meins und projekte minimieren. Zur Beantwortung der Frage Burkhard, 2014). nach dem optimalen Investitionszeitpunkt sind Das Ergebnis kann auch als Spinnendiagramm dar- finanzökonomische Konzepte für Investitionsent- gestellt werden, das auf einen Blick Stärken und scheidungen in der Realwirtschaft unter Unsicher- Schwächen der Immobilie aufzeigt. Für die Beispiel heit und Irreversibilität entwickelt und vorgeschla- immobilie beträgt das ESI-Rating 0,15. Das heisst, gen worden (siehe beispielsweise Dixit und Pindyck, es besteht ein Wertentwicklungspotenzial. Dies ist 1994). Es handelt sich bei diesen Konzepten um die zurückzuführen auf das gute Abschneiden bei den Realoptionsmethode, einer Verallgemeinerung der Merkmalen Sicherheit, Gesundheit und Komfort Netto-Barwertmethode mit unsicheren Zahlungen. 15
In der Praxis haben auf der Realoptionsmethode Die Tatsache, dass für Einzelimmobilien keine Preis- basierende Ansätze vor allem bei der Bewertung zeitreihen vorliegen und kein liquider Markt exis- von Investitionsprojekten zur Gewinnung von Roh- tiert, macht die Bewertung von Sanierungsinves stoffen Verbreitung gefunden. In diesem Bereich titio nen mittels finanzökonomischer Verfahren hängt die Rentabilität von Investitionsprojekten anspruchsvoll. Um in Analogie zur Bewertung von nämlich massgeblich von der nur schwer prognos- Finanzoptionen ein die Sanierungsoption replizie- tizierbaren langfristigen Entwicklung von bestimm- rendes Portfolio zu konstruieren, muss eine Reihe ten Rohstoffpreisen ab. Bei Immobilien-Inves ti von Voraussetzungen gegeben sein. Eine davon ist, tionsprojekten hingegen ist der Einsatz von auf der dass ein handelbarer Immobilienindex existiert, der Realoptionsmethode basierenden Verfahren zur eng mit dem Preis derjenigen Immobilie korreliert Beurteilung beispielsweise von Sanierungsinvesti- ist, für die eine Sanierungsoption bewertet werden tionen wenig verbreitet. Da sich dies jedoch auf- soll. Eine Eigenschaft der Bewertung von Sanie grund des zunehmenden Einsatzes spezialisierter rungsinvestitionsprojekten mit der Realoptions Programme ändern könnte, werden im Folgenden methode im Vergleich zur Bewertung mit dem die Grundzüge dieser Methode mithilfe einer wert Netto-Barwertverfahren ist, dass bei der letzteren erhö henden Sanierungsinvestition anhand einer Methode stets tiefere Werte resultieren als bei Beispielimmobilie erläutert. der Anwendung des Realoptionsverfahrens, es sei Zwischen der Möglichkeit, eine Immobilie während denn, die Option hat keinen Wert. eines gewissen Zeitraumes werterhöhend reno- Die Bewertung einer werterhöhenden Immobilien- vieren zu können und einer Option, die zum Kauf renovation mit der Realoptionsmethode soll analog einer Aktie zu einem vordefinierten Ausübungspreis zu Huterer (2012) anhand einer zu sanierenden Bei- berech tigt, existieren gewisse Parallelen. Sowohl spielimmobilie aufgezeigt werden. Sie wird A nfang im Falle der Aktien- als auch der Sanierungsoption 2015 gekauft und soll innerhalb von 11 Jahren, zahlt das der Option zugrunde liegende Aktivum d. h. während der ersten Phase der Anlageperiode, während der Optionslaufzeit periodisch Dividenden saniert werden. Es besteht einerseits die Möglich- bzw. Mieterträge aus. Weiter unterliegen sowohl keit, die Sanierung 2015 in Höhe von CHF 1,5 Mio. die der Sanierungs- als auch die der Aktienoption vorzunehmen, die den Barwert der Liegenschaft um zugrundeliegenden Aktiven im Zeitablauf Schwan- knapp 0,2 Mio. erhöht. Andererseits kann mit der kungen. Ein wichtiger Unterschied zwischen einer Renovation bis Ende 2025 zugewartet werden, um Kaufoption auf eine Aktie und einer Sanierungs die Investition nur im Falle einer hinreichend posi- option besteht in der Verfügbarkeit öffentlicher tiven Wertentwicklung der Liegenschaft durchzu- Preisinformationen. Während für Aktien von an führen. Der Wert der zeitlich aufschiebbaren Sanie Börsen gehandelten Firmen öffentlich zugängliche rungsinvestition kann somit analog zum Wert einer Preise in hoher Frequenz verfügbar sind, existiert Kaufoption auf eine Aktie bestimmt werden, wobei für eine einzelne Immobilie keine öffentlich verfüg- der Basiswert durch den Barwert der unmittelbar bare Preishistorie. durchgeführten Sanierungsinvestition gegeben ist. Tabelle 1 Bewertungs-Parameter der Sanierungsoption Beschreibung Eingabeparameter Wert für die Beispielimmobilie Barwert sanierte Liegenschaft 2015 CHF 3,093 Mio. Barwert bestehende Liegenschaft 2015 CHF 2,896 Mio. Sanierungskosten 2015 CHF 1,5 Mio. Wachstumsrate der Sanierungskosten 1% (Wachstum Baupreisindex) Risikoloser Zinssatz 1,5% (Rendite Staatsobligation) Volatilität, annualisiert in % (für sanierte und bestehende 10% Liegenschaft) Gesamt-Rendite der Liegenschaft (in %) für sanierte und 8,8%* bestehende Liegenschaft Cashflow-Rendite der Liegenschaft für sanierte Immobilie 2,7% Cashflow-Rendite der Liegenschaft für bestehende Immobilie 3,7% * Durchschnittsrendite SWX IAZI Investment Real Estate Performance Index 2005 – 2013 für Renditeimmobilien Quelle: CCRS, IAZI 16
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