RUNDBRIE F Forum für Mitglieder und Freunde des Pazifik-Netzwerkes e.V - Pazifik-Infostelle
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RUNDBRIEF Forum für Mitglieder und Freunde des Pazifik-Netzwerkes e.V. September 2017 Nr. 109 ~ 3 / 17 Der Pazifik auf internationaler Bühne Foto von Ingrid Schilsky. 2017 ist für die pazifischen Staaten ein wichtiges Jahr: Im November findet die inter- nationale Klimakonferenz (COP23) in Bonn statt und zwar unter der Führung von Fid- schi. Wie stolz das Land darauf ist, sieht man auch auf den Flugzeugen von Fiji Airways: Das Logo, welches von einer Fidschianerin entworfen wurde, ist nun auf je- dem Flugzeug der Linie zu sehen – und macht damit sowohl Werbung für die Region als auch auf die große Veranstaltung aufmerksam. Doch nicht nur der Klimawandel lässt den Pazifik für Aufmerksamkeit sorgt: Auch die Ozeane und ihre Erhaltung, Tief- seebergbau und die Politik rücken den Pazifik immer mehr in den internationalen Fo- kus, wie im Rundbrief nachzulesen ist (S.)
Rundbrief September 2017 Seite 2 EDITORIAL Liebe Mitglieder, Freundinnen und Freunde des Pazifik-Netzwerks, wieder einmal scheint der Pazifik zum Spielball der Weltpolitik zu werden: Im Zuge der drohen- den Eskalation des Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Nordko- rea drohte das nordkoreanische Militär im August mit einem - möglicherweise nuklearen - Angriff auf die Pazifik-Insel Guam. Das im nördlichen Pazifik gelegene Guam, welches kulturell zur Region Mikronesien gehört, ist seit 1899 (mit Unterbrechung während des 2. Weltkriegs) von den USA besetzt und beheimatet einen wichtigen Stützpunkt des US-Militärs. Der Konflikt zeigt, wie wenig selbstbestimmt viele Gebiete im Pazifik bis heute sind und wie wenig ihr Wohl im Mittelpunkt steht, wenn die Interessen vermeintlich mächtigerer Akteure aufeinanderpral- len. Einladung zur Jahrestagung & Mitgliederversammlung des Pazifik-Netzwerks: Mit der vielfältigen und faszinierenden Region Mikronesien befasst sich übrigens auch die nächste Jahrestagung des Pazifik-Netzwerks, zu der ich Sie herzlich einladen möchte. Sie findet zusammen mit der Mitgliederversammlung vom 16. – 18. Februar 2018 in Lu- therstadt Wittenberg statt. (Mehr Infos auf S. 46). Ähnliches gilt übrigens auch für die Kultur der pazifischen Staaten, die nur zu gerne zu Kitsch verklärt, entfremdet und aus dem Kontext gerissen wird, wenn es den Interessen scheinbar mächtigerer Gesellschaften entspricht. Ein sehr perfides Beispiel hierfür offenbarte sich im August in der amerikanischen Stadt Charlottesville, in der es zu rassistischen Aus- schreitungen kam. Bei einem Anschlag mit einem Auto starb eine Gegendemonstrantin. Zuvor waren zahlreiche Neonazis und rechte Hardliner mit Fackelzügen durch die US-Universitätsstadt marschiert. Die Fackeln, die sie bei sich trugen, bezeichneten die Medien als Tiki torches, also Tiki-Fackeln. Die Bezeichnung leitet sich von dem polynesischen Begriff „Tiki“ her, der ur- sprünglich eine Art Ahnen- oder Götterfigur bezeichnet. Bei den Maori in Neuseeland findet er sich beispielsweise in der Bezeichnung der bekannten, meist aus Jade gefertigten „Hei-Tiki“- Anhänger wieder. Als in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts vor allem hawaiianisch inspirierte Einrichtungsgegenstände in den USA populär wurden, entstand dort der sogenannte „Tiki-Stil“. Da in diesem Zuge große, tatsächlich auch in Teilen Polynesiens verbreitete Fackeln z.B. vor Restaurants oder Gartengrundstücken beliebt wurden, tragen sie bis heute die polyne- sische Bezeichnung im Namen. Dennoch, trotz dieser eher betrübenden Beispiele: Der Pazifik ist nicht nur Spielball mächtigerer Staaten und Gesellschaften. Nein, die unabhängigen pazifischen Staaten versuchen auch, Welt- politik aktiv mitzugestalten. Dies wird auch hier in Deutschland sehr sichtbar werden, wenn im November anlässlich der 23. Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die in diesem Jahr unter der Präsidentschaft Fidschis steht, Tausende DiplomatInnen sowie VertreterInnen von Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt nach Bonn strömen werden. Aus logistischen Gründen finden die Verhandlungen dort am Sitz des UN-Klimasekretariats statt, sowohl Deutschland und Fidschi haben jedoch versprochen, dass von der Konferenz dennoch ein fid- schianischer „Bula Spirit" ausgehen soll. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre! Mit pazifischen Grüßen! Oliver Hasenkamp Vorsitzender des Pazifik-Netzwerk e.V. Kontakt: oliver.hasenkamp@pazifik-netzwerk.org
Rundbrief September 2017 Seite 3 INHALTSÜBERSICHT Liebe Leserinnen und Leser, und wieder halten Sie eine Ausgabe des Rundbriefes des Pazifik-Netzwerkes in dann finden Sie hier natürlich wie immer Händen – diesmal prall gefüllt mit vielen auch Neuigkeiten aus dem Vereinsleben Berichten und Informationen zum Meer: (S.43); Hinweise zu neuen Büchern, Fil- Sei es ein Rückblick auf die große Oze- men und Terminen (S.51), der Blick über ankonferenz in New York (S.25) oder den Tellerrand (S.33) oder das Feuille- eine Veranstaltung dazu in Berlin (S.23), ton – diesmal mit einem Gedicht für die sei es der Hinweis auf ein neues Buch verstorbene Teresia (S.41). Und damit (S.3), eine Matrosenschule in Kiribati wird auch der dritte Schwerpunkt deut- (S.13), eine Rezension zum Thema Meer lich: Was Frauen im Pazifik bewegen und Umweltmigration (S.35) oder aber können (S.12 und S.49), was sie aber auch der Kalender (S.56), der wieder auch erleiden müssen (S.44), ist in meh- zum Verkauf steht. Daneben gibt es ei- reren Berichten ebenfalls zum Nachle- nen zweiten Schwerpunkt in diesem sen. Brief: Die Klimakonferenz in Bonn im November, die sowohl auf den Flugzeu- In diesem Sinne wünsche ich ihnen viel gen (S.1) als auch mit Infos zu pazifi- Freude beim Lesen und verbleibe mit schen Gästen (S.11) oder auch einem fränkisch-pazifischen Grüßen, traurigen Nachruf auf Tony de Brum (S.48) ihre Schatten voraus wirft. Und Steffi Kornder, Redakteurin KURZ NOTIERT „Welt im Wandel: Menschheitserbe Meer“ – ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Trotz zahlreicher völkerrechtlicher Abkommen und freiwilliger Verpflichtungen werden die Meere immer noch massiv überfischt, verschmutzt und zunehmend als letzte große Ressourcenquelle der Erde ausgebeutet. Den schlechten Zustand der Meere nimmt der WBGU jetzt zum Anlass, eine langfristige Vision für einen nachhaltigen Umgang mit dem blauen Kontinent zu entwickeln: Alle Meereszonen mit Ausnahme des Küstenmee- res sollten zum gemeinsamen Erbe der Menschheit erklärt werden. Um diesem Fernziel für die Meeres-Governance näher zu kommen stellt der WBGU zusätzlich Handlungs- empfehlungen vor, die an laufende Politikprozesse anschließen. Dafür betrachtet er beispielhaft die beiden Schwerpunkte Nahrung – nachhaltige Fischerei und Aquakultur – sowie Energie aus dem Meer. Das Gutachten zeigt, dass ein nachhaltiger Umgang mit den Meeren dringend notwendig ist, dass eine Transformation zur klimaverträglichen, nachhaltigen Gesellschaft auch mit den Meeren möglich ist und dass sie weltweit er- hebliche Vorteile für eine nachhaltige Energieversorgung sowie für die Ernährungssi- cherheit bringen kann. Weitere Infos: www.wbgu.de/hg2013/
Rundbrief September 2017 Seite 4 INHALTSVERZEICHNIS 2 Editorial 3 Kurz notiert: Menschheitserbe Meer Pazifische Berichte 5 Trump und das neue Verhältnis zu Asien und dem Pazifik (Klaus Schilder) 7 Forderungen zu einer Neuausrichtung (Oliver Hasenkamp, Pazifik-Netzwerk) 11 Pazifik-Gäste rund um die Klimakonferenz (Eckart Garbe, Oliver Hasenkamp) 12 Do you know an inspiring woman? (Steffi Kornder) 13 Vom „Walk in the freezer“ zum Schiffsbrückensimulator (Ingrid Schilsky) 17 Schwarzer Donnerstag? (Ingrid Schilsky) 18 Aktion natürliche Medizin in den Tropen (Hans-Martin Hirt) Tagungs- und Veranstaltungsberichte 19 Searching for our future (Robert Steinle, Michaela Appel) 20 Der 16. Wantok Bung im Allgäu (Carsten Klink) 21 ÖRK-Generalsekretär besucht Pazifikregion 22 Hiroshima-Gedenken 2017 (Steffi Kornder) 23 Rettet die Ozeane (Helga Schwarz) 25 Die Ozeankonferenz der Vereinten Nationen (Oliver Hasenkamp) 30 Unser Meer ist kein Experimentierfeld! (Jan Pingel) 31 ESfO Conference 2017 (Matthias Kowasch) Blick über den Tellerrand 33 Nicht dieselbe Sprache (Patricia Fritze) Rezensionen 35 Atlas der Umweltmigration (Carola Klöck) 36 Ceremonial Houses of the Abelam (Hermann Mückler) 40 Erklärt: Clay-Pot-Chili (Carsten Klink) 41 Feuilleton: Transcend Teresia 41 Regionale Treffen von Pazifik-Interessierten 42 Leserforum 43 Nachrichten aus dem Verein (Oliver Hasenkamp) 44 Gefährliche Orte für Frauen (Marion Struck-Garbe) 45 Spiel bei Kampagne 46 Einladung zur Jahrestagung 2018 In Memoriam 48 Tony de Brum (Marion Struck-Garbe, Oliver Hasenkamp) 49 Alice Rigney (Volker Craig) 51 Termine 54 Neue Medien in der Präsenzbibliothek der Pazifik-Infostelle 55 Disclaimer und Impressum 56 Info des Tages: Kalender 2018
Rundbrief September 2017 Seite 5 PAZIFISCHE BERICHTE Interessen statt Werte Trump und das neue Verhältnis zu Asien und dem Pazifik Von Klaus Schilder Derzeit ist wenig an strategischen Über- ersten Amtstag des neugewählten Präsi- legungen für die Ausgestaltung der poli- denten auch der Politik der Vorgängerre- tischen und wirtschaftlichen Beziehun- gierung, im Rahmen des sog. „Pivot to gen der USA mit den Staaten in Asien Asia“ eine neue strategische Annähe- und dem Pazifik erkennbar. Die US- rung an die Region aufzubauen, eine Administration setzt momentan auf zwei klare Absage erteilt hat1. Bestandteil der grundlegende Aspekte der Ausgestal- Strategie waren u.a. zahlreiche neue Mi- tung der künftigen Zusammenarbeit: Ei- litärverträge mit pazifischen Staaten, die nerseits soll nach dem Rückzug aus den das Kräfteverhältnis in der Region durch Verhandlungen um die Trans-Pacific- Schaffung einer Allianz kleinerer Staa- Partnership (kurz TPP) verstärkt auf bi- ten unter US-amerikanischer Führung laterale Handels- und Investitionsab- gegenüber dem dominanten Einfluss kommen in der Region gesetzt werden, China ausgleichen sollten („Balancing“). andererseits wird der starke politische Obama selbst bezeichnete sich während Fokus auf Nordkorea nicht nur das künf- seiner Amtszeit gerne als ersten pazifi- tige Verhältnis der USA mit China prä- schen Präsidenten. gen, sondern auch das Verhältnis zu an- deren asiatischen Staaten. Eine umfas- Drohende Militarisierung der Region sende politische Strategie für die Region Trump setzt nun ein klares Signal zur Asien-Pazifik fehlt der Trump-Regierung weiteren Militarisierung der Region, in- aber bislang – sie ist auch nicht ange- dem er den Ausbau der US-Flotte im Pa- kündigt. Mit Blick auf die im November zifik und damit eine Stärkung der Mili- 2017 anstehenden Gipfeltreffen von tärpräsenz der USA in der Region voran- APEC (Asia-Pacific Economic Coopera- treibt2. Unter der sog. „Asia-Pacific Sta- tion) und ASEAN (Association of bility Initiative“ (APSI) zur Wahrung von Southeast Asian Nations) läuft den USA Sicherheitsinteressen planen die USA die Zeit für eine überzeugende Positio- von 2018 bis 2022 Militärausgaben in nierung davon. der Region in Höhe von insgesamt 7,5 Milliarden US-Dollar. Politisch zielt die Die jüngsten Verlautbarungen der US- APSI vor allem auf eine Politik der Stärke Regierung zu einer künftigen Asien-Pazi- gegenüber China durch den Ausbau der fik-Strategie bestehen aus zum Teil wi- Militärpräsenz der USA im Pazifik, auch dersprüchlichen politischen Entschei- durch Waffenverkäufe an verbündete dungen, öffentlichen Stellungnahmen, Staaten in der Region 3 . Dieser neue informellen Ankündigungen und Bot- Pragmatismus im Umgang mit dem Pa- schaften in den sozialen Medien, die al- zifik könnte aber letztlich wider Erwarten lesamt mehr Fragen aufwerfen als be- zu einer Stärkung der politischen Bande antworten. Klar ist vor allem, dass die mit der Region führen, wenn auch unter Trump-Administration mit dem Rückzug anderen Vorzeichen und geleitet von aus den Verhandlungen um die TPP am klaren Wirtschafts- und Machtinteressen 1 www.thediplomat.com/2017/03/straight-from-the- 3www.thediplomat.com/2017/06/what-mattis-shan- us-state-department-the-pivot-to-asia-is-over/ gri-la-dialogue-speech-revealed-about-trumps-asia- 2 www.time.com/4770196/pentagon-asia-pacific-mi- policy/ litary-spending/
Rundbrief September 2017 Seite 6 der USA. Die Gefahr eines neuen kon- dem Abkommen fehlen jegliche Bestim- ventionellen wie nuklearen Wettrüstens mungen zum Schutz von Umwelt, Men- im Pazifik wird damit größer und weckt schen- und Arbeitnehmerrechten, und erschreckende Erinnerungen an die Zei- damit für eine gerechte, nachhaltige und ten des Kalten Kriegs 4 . Klar ist schon menschenwürdige regionale Integration. jetzt, dass die Menschenrechte und poli- tische Freiheit zu den Verlierern dieses Das RCEP würde vor allem die chinesi- neuen Pragmatismus gegenüber Asien schen Handelsinteressen mit Australien und dem Pazifik gehören werden. und Neuseeland durch Schaffung eines gemeinsamen Marktes stärken 8 . Über Das RCEP - Ein Fuß in der Tür für die die Marktöffnung der pazifischen Staa- USA? ten gegenüber Australien und Neusee- Außerdem hat auch der Rückzug aus den land im Rahmen des Mitte 2017 abge- TPP-Verhandlungen die Glaubwürdigkeit schlossenen PACER plus Kooperations- der USA massiv beschädigt. Politische abkommen wären die elf pazifischen Mit- Macht kann nicht alleine auf militärische glieder – Fidschi, Papua-Neuguinea und Stärke aufgebaut werden, sondern vor zuletzt im Juni 2017 Vanuatu hatten sich allem auf politischem Vertrauen und aus den Verhandlungen zurückgezogen - wirtschaftspolitischer Berechenbarkeit automatisch auch Teil der pazifischen im Kreise der pazifischen Partner. Beides Freihandelszone unter RCEP. Das kann geht den USA im Pazifik zunehmend ver- weitreichende und schädliche Konse- loren. Die Verhandlungen über das Regi- quenzen für die pazifischen Inselstaaten onal Comprehensive Economic Part- nach sich ziehen. Denn die PACER plus- nership (RCEP) sind nach dem fakti- Mitgliedsstaaten wären verpflichtet, ihre schen Scheitern von TTP der einzige ver- Märkte nach Inkrafttreten von RCEP im bleibende plurilaterale Verhandlungs- Rahmen der PACER plus-Meistbegünsti- prozess für ein Freihandelsabkommen in gungsklausel schrittweise und mit weni- der Region 5 . Wenn die Verhandlungen gen Ausnahmen auch für Produkte, wie geplant Ende 2017 abgeschlossen Dienstleistungen und Investitionen aus würden, könnte mit einem Anteil von 40 den ASEAN-Staaten zu öffnen. Bereits Prozent am Welthandel und unter chine- jetzt existieren unter PACER plus nur sischer Führung die größte Freihandels- wenige wirtschaftliche Vorteile für die zone der Welt geschaffen werden. Wenn pazifischen Inselstaaten. Eine weitere auch nicht direkt, so sind die USA durch Marktöffnung würde die Schieflage im ihre Verbündeten Australien, Japan, Außenhandel vieler pazifischer Insel- Neuseeland und Südkorea an den Ver- staaten mit den asiatischen Wirtschafts- handlungen mit den zehn ASEAN- lokomotiven voraussichtlich noch ver- Staaten beteiligt 6 . Da kein Vertrags- stärken, auch wenn für einige sensible partner, werden die USA aber nicht an Produkte und Dienstleistungen Ausnah- möglichen Wachstumsgewinnen durch meregelungen vorgesehen sind. das RCEP teilhaben – möglicherweise neben ihrem beschädigten Ansehen der Steigendes Konfliktrisiko im Pazifik größte Verlust für die USA in der Re- Die jüngsten Drohungen Nordkoreas mit gion 7 . Allerdings steht das RCEP für einem Angriff auf die seit 1946 zum US- ‚Freihandel pur‘ neoklassischer Diktion, amerikanischen Hoheitsgebiet gehören- den Militärstützpunkt Guam sind nicht 4 www.thediplomat.com/2017/02/how-trumps-histo- 6 www.www.ft.com/content/2fe572fc-ff39-11e6- ric-defense-spending-proposal-could-affect-asia/ 96f8-3700c5664d30 5 Abgesehen vom asiatisch-pazifischen Freihandels- 7 www.www.dw.com/en/rcep-free-trade-deal-is-no- abkommen (Free Trade Area of the Asia-Pacific, substitute-for-the-tpp/a-36621736 FTAAP), das von der APEC seit 1998 auf maßgebli- 8 www.www.twn.my/title2/resurgence/2016/314- ches Betreiben Chinas verhandelt wird und erst als 315/cover02.htm der übernächste Schritt regionaler Integration gilt.
Rundbrief September 2017 Seite 7 die ersten seit der Annexion der Insel im Säbelrasseln im Kontext von „America Jahre 1898. Angesichts des realen oder First“ rasch als leere Drohgebärde her- vorgetäuschten Fortschritts der nordko- ausstellen10. reanischen Raketentechnik und dem schon unter der Vorgängerregierung Fazit eingeleitetem Aufstocken der US- Ohne Strategie kein politischer Füh- Militärpräsenz im Pazifik ist die Bedro- rungsanspruch der USA für mehr Sicher- hung allerdings größer geworden. Das heit, Wohlstand und Demokratie im Pa- Konfrontationsrisiko ist aber vor allem zifik. Vorschläge dafür gibt es zwar ge- durch die jüngste verbale Eskalation nug, sie reichen von der Fortführung und („Feuer und Wut“) aus dem Weißen Haus Stärkung des außenpolitischen Fokus verstärkt worden 9 . Der Konflikt mit auf Asien und den Pazifik, und damit Nordkorea droht sich damit gefährlich dem Wiederaufbau verlorenen politi- hochzuschaukeln. Im Fall eines Angriffs schen Vertrauens über einen selbstbe- wäre auch mit dem Übergreifen des Kon- wussten und gleichrangigen Umgang mit flikts auf andere Pazifikstaaten zu rech- China und die Einhegung der regionalen nen. Grundlegend für die militärische Konfliktherde bis dahin, die Förderung Strategie der Trump-Regierung in der von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Region ist allerdings die Analyse, dass der Wahrung der Menschenrechte fort- China geostrategisch als einziger ernst- zuführen11. Das bloße Über-Bord-Kippen zunehmender Gegner gilt, sowohl poli- der bisherigen US-Politik im Pazifik tisch, wirtschaftlich wie auch militärisch. reicht allerdings nicht aus, es hat schon Trump setzt daher auf einen „Frieden jetzt das Ansehen der USA erheblich ge- durch Stärke“ in der Region, wenn die schädigt. Der Rückzug auf rein national US-Pazifikflotte bis 2025 auf 355 Schiffe geprägte Interessenpolitik ebensowenig. anwachsen und so mit der Erweiterung entsprechender chinesischer Kapazitä- Zum Autor: Dr. Klaus Schilder, Politikrefe- ten mithalten soll. Da aber eine über- rent beim Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR zeugende außenpolitische Strategie für in Berlin. Asien und den Pazifik in Washington bis- lang nicht in Sicht ist, könnte sich das Forderungen zu einer Neuausrichtung der deutschen Politik gegen- über den pazifischen Inselstaaten Von Pazifik-Netzwerk e.V. Klimawandel bekämpfen – Tiefseeberg- die trotz enger historischer Verbindun- bau verhindern – Beziehungen stärken gen und einer wachsenden weltpoliti- Bei der Bundestagswahl im September schen Bedeutung in der bundesdeut- 2017 und den anschließenden Koaliti- schen Politik bisher vergleichsweise we- onsverhandlungen werden wichtige poli- nig Aufmerksamkeit erfährt. Dies zeigt tische Weichenstellungen getroffen, die sich schon daran, dass Deutschland auch gravierende Auswirkungen auf an- keine einzige Botschaft in der Region un- dere Weltregionen haben. Dies gilt ins- terhält. Die 14 unabhängigen Staaten besondere für die pazifische Inselregion, Cook-Inseln, Fidschi, Föderierte Staaten von Mikronesien, Kiribati, Nauru, Niue, 9 www.abcnews.go.com/US/story-trumps-fire-fury- 11www.thediplomat.com/2017/07/the-ticking-clock- comments-north-korea/story?id=49119059 on-trumps-asia-strategy/ 10 www.www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/pro- ducts/aktuell/2017A20_pau.pdf
Rundbrief September 2017 Seite 8 Marshall-Inseln, Palau, Papua-Neugui- im Pazifik als die Schwelle, ab der die Le- nea, Salomonen, Samoa, Tonga, Tuvalu bensgrundlagen der BewohnerInnen der und Vanuatu sind jedoch wichtige Part- Inseln so stark beeinträchtigt werden, ner für Deutschland und aufgrund ihrer dass ein Leben auf diesen Inseln nicht Vulnerabilität von Politikentscheidungen länger möglich ist. in Deutschland in besonderer Weise be- troffen. Wir fordern: Die Bundesregierung muss die für das Die fidschianische Präsidentschaft der UN-Klimaabkommen von Paris fest- UN-Klimakonferenz in Bonn im Novem- gesetzten nationalen Beiträge (Natio- ber 2017 zeigt beispielshaft, dass die pa- nally Determined Contributions, zifischen Staaten eine stärkere Beteili- NDCs) zur Reduzierung der eigenen gung auf internationaler Ebene anstre- Treibhausgasemissionen vollständig ben. Die Aufnahme Deutschlands als Di- und umgehend umsetzen. alogpartner des Pacific Islands Forum im Die Bundesregierung muss sich in- Jahr 2016 ist ein erster richtiger Schritt nerhalb der Europäischen Union und zum Ausbau der Beziehungen zwischen der Vereinten Nationen für die Um- Deutschland und dem Pazifik, der auch setzung des Klimaabkommens von in anderen Bereichen eine stärkere Be- Paris und des angestrebten Ziels ei- rücksichtigung der pazifischen Bevölke- ner Begrenzung des globalen Tempe- rungen und ihrer Anliegen in der deut- raturanstiegs auf max. 1,5° einset- schen Politik folgen sollte. zen. Um eine Begrenzung des Tempera- Pazifik-Netzwerk e.V., Pazifik-Informati- turanstiegs auf max. 1,5° zu ermög- onsstelle und Ozeanien-Dialog fordern lichen, muss die Bundesregierung deshalb, dass die Abgeordneten des zu- den vollständigen Umstieg auf erneu- künftigen deutschen Bundestags und die erbare Energien schnellstmöglich zukünftige Bundesregierung sich für fol- umsetzen, sich weltweit für eine De- gende Ziele einsetzen: karbonisierung einsetzen und den Be- schluss des Pacific Islands Develop- 1. Entschlossener Klimaschutz zur ment Forum zum Verzicht auf fossile Begrenzung des globalen Tempe- Brennstoffe unterstützen. raturanstieg auf 1,5°C Fakt ist: Die pazifischen Inselstaaten ge- 2. Unterstützung bei der Anpassung hören zu den Gebieten, die am stärksten an den Klimawandel und Klima- vom globalen Klimawandel, insbeson- migration in Würde dere dem Meeresspiegelanstieg, betrof- fen sind. Dabei sind sie selbst nur in sehr Fakt ist: Der Klimawandel zerstört geringem Maße Verursacher des Klima- vielerorts die begrenzten landwirtschaft- wandels. Für viele besonders niedrig ge- lich nutzbaren Flächen und führt zum legene Staaten wie Tuvalu, Kiribati und durch Korallensterben bedingten Rück- die Marshall-Inseln ist eine Begrenzung gang der Fischbestände. Somit bedroht des globalen Temperaturanstiegs auf der Klimawandel die wirtschaftliche Le- 2°C nicht ausreichend, um das Überle- bensgrundlage zahlreicher Menschen ben auf ihren Inseln sicherzustellen. Nur ebenso wie die traditionellen Lebenswei- eine Begrenzung des Temperaturan- sen und Kulturen des Pazifiks. Bereits stiegs auf max. 1,5°C, wie sie im UN- heute führen die Auswirkungen des Kli- Klimaabkommen von Paris zumindest mawandels im Pazifik zu erzwungenen angestrebt wird, bietet den BewohnerIn- Umsiedlungen von Menschen. Die Be- nen des Pazifiks und vieler anderer Welt- wohnerInnen der pazifischen Inselregion regionen eine tragfähige Zukunftsper- benötigen daher dringend zusätzliche spektive. Dieser Wert gilt vielen Staaten Unterstützung bei der Anpassung an
Rundbrief September 2017 Seite 9 den Klimawandel sowie verlässliche in- Tourismus; der Ozean ist für sie wichti- ternationale Schutzrechte, welche ihnen ger Bestandteil der kulturellen und spiri- dort, wo dies unausweichlich ist, eine tuellen Identität als auch wirtschaftliche Klimamigration in Würde ermöglichen. Lebensgrundlage. So widerspricht Tief- seebergbau den von den Vereinten Nati- Wir fordern: onen beschlossenen Zielen für nachhal- Die Bundesregierung muss seine fi- tige Entwicklung, insbesondere dem Ziel nanziellen Zusagen für den Green Cli- der nachhaltigen Nutzung der Ozeane mate Fund zur Unterstützung vom (Nr. 14). Klimawandel betroffener Staaten er- füllen. Wir fordern: Die Bundesregierung muss zusam- Die Bundesregierung muss alle Vor- men mit gleichgesinnten Staaten haben und politischen Initiativen zum mögliche Kürzungen der Finanzierung Abbau mineralischer Ressourcen in des Green Climate Fund und anderer der Tiefsee sowie jegliche wirtschaft- Programme in Folge der Politik der liche Förderpolitik im Bereich Tiefsee- US-Regierung unter Donald Trump bergbau sofort stoppen. durch die Aufstockung eigener Bei- Die Bundesregierung muss sich inter- träge ausgleichen. national innerhalb der Vereinten Na- Die Bundesregierung muss sich inter- tionen und der Internationalen Mee- national für die Schaffung von Regel- resbodenbehörde für ein Verbot von werken und Schutzmechanismen zur Tiefseebergbau einsetzen. Klimamigration einsetzen, welche die Situation der Menschen im Pazifik be- rücksichtigen und ihnen eine „Klima- 4. Einrichtung von deutschen Bot- migration in Würde“ gemäß des Kon- schaften und Kultureinrichtungen zepts der Migration with Dignity des im Pazifik früheren Präsidenten von Kiribati, Anote Tong, ermöglichen. Fakt ist: Der Pazifik und Deutschland sind historisch eng miteinander ver- knüpft. Als ehemalige Kolonialmacht in 3. Tiefseebergbau im Pazifik verhin- zahlreichen Gebieten des Pazifiks, da- dern runter Papua-Neuguinea, Samoa und weite Teile Mikronesiens, trägt Deutsch- Fakt ist: Die kommerzielle Ausbeutung land eine historische Verantwortung. Auf der Ressourcen der Tiefsee mit ihren deutscher Seite scheint mittlerweile gro- verheerenden Folgen für Küstenbewoh- ßes Desinteresse an der Aufarbeitung nerInnen droht im Pazifik ihren Anfang und Bewahrung des gemeinsamen kul- zu nehmen: Das weltweit erste kommer- turellen Erbes sowie der Förderung des zielle Tiefseebergbauprojekt soll im Jahr kulturellen Austauschs mit der Pazifik- 2019 vor Papua-Neuguinea starten, un- Region zu herrschen: So gibt es seit der zählige weitere Projekte könnten folgen. Schließung der deutschen Botschaft in Auch Deutschland hat sich bereits Lizen- Papua-Neuguinea in der gesamten pazi- zen für Explorationen im Pazifik gesi- fischen Inselregion keine einzige deut- chert. Tiefseebergbau trägt nicht zu ei- sche Vertretung mehr, ebenso kein Goe- ner nachhaltigen Entwicklung bei, son- the-Institut und keine Deutsch-Pazifi- dern führt zu wirtschaftlicher Ausbeu- sche Handelskammer, Baudenkmäler tung sowie der Zerstörung von Lebens- und Friedhöfe im Pazifik verfallen, die grundlagen und Biodiversität im Pazifik. Zahl der Lehrstühle an deutschen Uni- Das ganze Ausmaß der Katastrophe ist versitäten mit pazifischem Schwerpunkt noch nicht absehbar: Weite Teile der pa- geht stetig zurück. zifischen Bevölkerung leben in Subsis- tenzökonomie, vom Fischfang oder vom
Rundbrief September 2017 Seite 10 Die Abwesenheit einer deutschen Bot- 5. Einrichtung einer Deutsch-Pazifi- schaft hat teilweise zur Folge, dass pazi- schen Parlamentariergruppe fische Geschäftsreisende, Konferenzteil- nehmerInnen und andere Gäste zu- Fakt ist: Die pazifische Inselregion ist nächst ein Visum für Australien, Neusee- weiterhin die einzige Region der Welt, land oder die Philippinen benötigen, um für welche es im Deutschen Bundestag dort für ein deutsches Visum mehrtägige keine Parlamentariergruppe für einen Hotel-Aufenthalte einplanen zu müssen. koordinierten Austausch und eine syste- Dies ist angesichts der steigenden welt- matische Zusammenarbeit auf parla- politischen Bedeutung der Region und mentarischer Ebene gibt. Gerade vor der der engen historischen Verbindungen historischen Verbindung und Verantwor- zwischen Deutschland und vielen pazifi- tung Deutschlands gegenüber den pazi- schen Staaten ein unhaltbarer Zustand. fischen Inselstaaten ist dieser Zustand nicht länger hinnehmbar. Die Einrich- Wir fordern: tung einer Deutsch-Pazifischen Parla- Die Bundesregierung muss die Ein- mentariergruppe ist ein wichtiger richtung einer deutschen Botschaft in Schritt, um den pazifischen Partnern im der pazifischen Inselregion in die Bereich des Klimaschutzes und in ande- Wege leiten. ren Bereichen ein wichtiges Signal zu Die Bundesregierung muss auf die senden und durch parlamentarischen Wiederbelebung des kulturellen Aus- Austausch zu einer Stärkung der demo- tauschs zwischen Deutschland und kratischen Institutionen der pazifischen den pazifischen Staaten, beispiels- Staaten beizutragen. weise durch die Einrichtung eines Goethe-Instituts, hinarbeiten. Wir fordern: Die Bundesregierung muss sich für Die Einrichtung einer Deutsch-Pazifi- den Erhalt und die Schaffung neuer schen Parlamentariergruppe im Deut- Lehrstühle zum Pazifik an deutschen schen Bundestag als einen zeitgemä- Universitäten und den Ausbau des ßen und überfälligen Schritt, der so- wissenschaftlichen Austauschs zwi- wohl den gemeinsamen Interessen schen Deutschland und den Pazifik und der historischen Verantwortung einsetzen. Deutschlands Rechnung trägt. Pazifik-Netzwerk e.V.
Rundbrief September 2017 Seite 11 Pazifik-Gäste und Termine rund um die Klimakonferenz COP23 Von Eckart Garbe, Oliver Hasenkamp, Sabine Minninger und Jan Pingel Vorbemerkung: Nach unseren Informa- 2. bis 4. Nov. - Bonn: COY13 (Con- tionen kommen anlässlich des Weltkli- ference of Youth / Jugend-Klima-Kon- magipfels COP23 nicht bloß offizielle Re- ferenz) in Bonn-Beuel mit einem Bei- gierungsdelegationen aus den Pazifi- trag des Pazifik-Netzwerk zum „Kli- schen Inselstaaten nach Deutschland mawandel in den pazifischen Insel- bzw. Bonn´, sondern auch zahlreiche staaten“ (geplant). Aktivisten und NGO-Akteure. Da es sich um ein Mammut-Ereignis handelt und 3. bis 7. Nov. - Bonn: People's Cli- die Vorbereitungen dezentral laufen, ist mate Summit – ergänzend findet der es schwierig, einen genauen Überblick People's Climate Summit statt. Dort zu bekommen und zu behalten, denn es treffen sich zivilgesellschaftliche Or- wird auch weiterhin bei den Gästen und ganisationen und Klimaaktivisten im Terminen laufend Veränderungen ge- Vorfeld der Klimakonferenz; es wer- ben. Viele Einzelheiten sind noch in Pla- den etliche pazifische Gäste teilneh- nung. Es ist deshalb dringend zu raten, men. Vom 3. bis 5.11. gibt es ein Ak- sich auch kurzfristig noch einmal nach tions-Wochenende, am 6. und 7.11. dem aktuellsten Stand zu erkundigen. gibt es Dutzende Workshops. Nachfolgend was uns bei Redaktions- schluss an Informationen vorlag. 6. bis 17. Nov. - Bonn: Weltklima- gipfel COP23. Fidschi hat diesmal den Vorsitz bei diesem Gipfel. Die Ver- 1. Nov. - Bremerhaven: Emele Du- handlungen laufen insgesamt zwei ituturaga von PIANGO (Dachverband Wochen, zu Ende der letzten Woche d. Nicht-Regierungsorganisationen kommen die Minister*innen aus den auf den Pazifischen Inseln in Suva, beteiligten Ländern dazu. Oliver Ha- Fidschi, und Reverend Tafue Lusama senkamp, Pazifik-Netzwerk, nimmt vom Tuvalu Climate Action Network dort für die DGVN teil, Julia Ratzmann sowie Tuvalu Christian Church sind voraussichtlich für die Pazifik-Info- nachmittags und abends im Klima- stelle. haus in Bremerhaven. Geplant ist eine gemeinsame Veranstaltung von 13. Nov. - Bonn: Pacific Night im Al- Brot für die Welt (BfdW) und Klima- ten Wasserwerk, organisiert durch haus/Deutsche Klimastiftung. BfdW, mit pazifischen Gästen und ge- ladenen RegierungsvertreterInnen. 2. Nov. - Hamburg: Emele Duitutu- Einladung nötig, da es bloß begrenzt raga und Reverend Tafue Lusama Platz gibt (Informationen beim Vor- Nach dem Mittag ist ab 12.00 Uhr ein stand des Netzwerkes). Fachgespräch geplant im ZMÖ in Oth- marschen und abends 18.30 Uhr eine 15. Nov. - Berlin: Veranstaltung der öffentliche Veranstaltung: „Talanoa - Nordischen Botschaften in Koopera- pazifische Stimmen zu Klimawandel tion mit DGVN zu Klimawandel, u.a. und Migration“ an der Universität mit Live-Schalte nach Bonn zu den Hamburg mit Beteiligung von Green- MinisterInnen aus Skandinavien; Ter- peace, BfdW, Pazifik-Netzwerk min kann sich noch ändern. Gruppe Hamburg und Infostelle Kli- magerechtigkeit ZMÖ Nordkirche. 16. Nov. - Berlin: Vorstellung der Klimaflucht-Wanderausstellung von Klimastiftung/Klimahaus und Deut-
Rundbrief September 2017 Seite 12 scher Gesellschaft der Vereinten Na- Auch Maria Tiimon (Kiribati) und ihre tionen (DGVN). Geplant ist u.a. die Kollegin Jill von Pacific Calling Part- Teilnahme von Kathy Jetnil-Kijiner nership (Sydney) sowie die Stewards- von den Marshall Inseln (Kathy hat hip-Beauftragte der Pazifischen Kirchen- 2014 Furore gemacht, als sie im Vor- konferenz (PCC) Frances Namoumou feld des Klimagipfels in Paris bei den und auf Einladung von MISEREOR Kardi- Vereinten Nationen in New York ein nal Sir John Ribat aus Papua-Neuguinea beeindruckendes Gedicht gegen den werden in Bonn beim Weltklimagipfel Klimawandel vortrug, 2016 wurde und dem People's Climate Summit sein. ihre Mutter Hilda Heine als erste Frau Diese Liste ist sicherlich nicht vollstän- Präsidentin der Marshall Inseln). Die dig. Die Pazifik-Informationsstelle und Klimaflucht-Ausstellung steht auch das Pazifik-Netzwerk freuen sich auf je- beim People's Climate Summit in den Hinweis auf weitere Termine mit Bonn. Gästen aus dem Pazifik. “Do you know an inspiring Pacific woman?” Übersetzt von Steffi Kornder Diese Frage nach inspirierenden, inno- Ein anderes Beispiel: Dr. Hilda C. vativen und einzigartigen Frauen aus der Heine, die Präsidentin der Marshallin- Pazifik-Region wurde in einer internatio- seln. Sie ist die erste Frau in der Pazifik- nalen Kampagne gestellt – heraus ka- Region, die an der Spitze eines Staates men dabei 70 Profile von Frauen aus steht (seit Januar 2016) und damit den Ozeanien, die ihre Region weiterentwi- Weg für mehr Frauen in politischen Spit- ckelt haben. Viele dieser Frauen sind Pi- zenpositionen ebnen will. Ihr Leitspruch oniere in ihren Bereichen (Wirtschaft, lautet: “We expect research, knowledge Soziales, Kultur, Politik….) und konnten and understanding on how to address zum Teil sehr viel bewegen und ändern. the pressing issues of climate change so Viele der Frauen sind noch jung, stehen that we can continue to call these islands am Anfang ihrer Karriere. Andere stehen our home…” mitten im Leben, sind schon Großmüt- ter, haben viel gesehen und bewegt. Die Kampagne wurde zum 70. Geburts- tag der Pacific Community ins Leben ge- Da ist zum Beispiel Teresia Kieuea rufen, die sich dazu verschrieben hat, Teaiwa, Wissenschaftlerin und Poetin die Menschen in der Region weiter zu mit Kiribati-Wurzeln. Sie hat sich ihr Le- entwickeln und mit ihnen gemeinsam in ben lang für Menschenrechte und soziale die Zukunft zu blicken. Bei der Konferenz Gerechtigkeit im Pazifik eingesetzt: Fe- Anfang Oktober werden alle Frauen vor- minismus, pazifische Kulturen, Kunst gestellt und geehrt. und auch Pädagogik gehörten zu ihren Steckenpferden. Quer über den gesam- Weitere Infos: ten Pazifik verteilt hat sie studiert, un- www.spc.int/events/13th-triennial-con- terrichtet, gesprochen, gehandelt. Ihre ference-of-pacific-women-and-6th- Stimme ist im März 2017 für immer ver- meeting-of-the-pacific-ministers-for- stummt. women/
Rundbrief September 2017 Seite 13 Vom „Walk in freezer“ zum Schiffsbrückensimulator Im Atollstaat Kiribati feierte in diesem Jahr die mit deutscher Hilfe aufgebaute Seefahrtssschule ihr 50jähriges Beste- hen. Die dort ausgebildeten Seeleute be- fahren auf Schiffen internationaler Ree- dereien alle Weltmeere und tragen er- heblich zum Nationaleinkommen bei. Von Ingrid Schilsky Drei Jahre später schlossen sich acht Alles begann im Jahr 1964 mit einem deutsche Reedereien zum „South Pacific Unfall an Bord des Frachters Cap Frio der Marine Services (SPMS)“ zusammen, um Reederei Hamburg-Süd, mitten im Zent- gemeinsam das Potential der guten See- ral-Pazifik. Ein Besatzungsmitglied war leute aus dem Südpazifik zu nutzen. Bis schwer verletzt. Die nächstgelegene In- heute betreibt SPMS (mit inzwischen nur sel mit einem Krankenhaus war das Ta- noch sechs Reedereien) in Kiribati ein rawa-Atoll auf den Gilbert-Inseln, da- Büro zur Vermittlung von Seeleuten. mals (zusammen mit den Ellice Islands) Auch die Leitung der Schule und einige britische Kolonie. Der Frachter musste Schlüsselpositionen werden seit Jahren im Eingang zur Lagune ankern, und der durch SPMS besetzt und finanziert. Die Besatzung fiel auf, dass die einheimi- Qualität der englischsprachigen Ausbil- schen Fischer bei der Rettungsaktion dung wird international geschätzt. und den anschließenden Transporten zwischen Schiff und Insel großes see- Was heute wie selbstverständlich klingt, männisches Geschick aufwiesen. Dies erforderte in den ersten Jahren unge- wurde begeistert an die Zentrale der wöhnliche Anstrengungen. Das wurde Reederei in Hamburg gemeldet, wo man bei der Jubiläumsfeier am 22. Juli sich gerade mit dem Problem des Ar- 2017 spürbar, als mit John Simpson beitskräftemangels für die wachsende (damals für China Navigation) ein Lehrer deutsche Handelsflotte herumschlug; es der ersten Stunde aus dem Nähkästchen war die Zeit, in der auch andere Bran- plauderte. Der Schulbetrieb startete mit chen verstärkt um Gastarbeiter aus dem einem Trainingsschiff, einem Beiboot, Ausland warben. Gleichzeitig stand die drei Hütten und einem Büro. Gravieren- Kolonialregierung in Tarawa vor dem der als der Mangel an Material und Lehr- Problem, dass die Phosphatreserven auf plänen war jedoch das fehlende Vorstel- Banaba („Ocean Island“) fast erschöpft lungsvermögen der jungen Atollbewoh- und keine neuen Einnahmequellen für ner über die weite Welt, die bald ihr Ar- die Inseln in Sicht waren. beitsplatz sein sollte. Hochhäuser? Fahr- stühle? Winter? Als seine Jungs partout So fanden sich die Partner für eine „Ma- nicht einsehen wollten, warum sie die rine Training School“ zusammen, zu warme Schutzkleidung, die er ihnen gab, denen neben Hamburg-Süd und der Ko- für ihre internationalen Einsätze mitneh- lonialregierung am Anfang auch noch die men sollten, traf John Simpson eine Ver- Reederei China Navigation gehörte. Der einbarung mit dem einzigen größeren erste Kursus startete im April 1967 mit Lebensmittelladen und erfand den 45 Auszubildenden. „Walk in freezer“: Er brachte seine Schüler zum Laden, schloss sie in die
Rundbrief September 2017 Seite 14 Gefrierkammer ein und kam nach 15 Mi- nuten zurück. Dann war dieses Thema erledigt. Der britische Einfluss an der Schule sank mit der Unabhängigkeit der Gilbert- und Ellice- Inseln (aus ersteren wurde 1979 Kiribati, aus letzteren bereits 1978 Tuvalu). Die Schule entwickelte sich wei- ter und passte sich deutschen und inter- nationalen Ausbildungsstandards an. Inzwischen sind über 5000 Seeleute an der Schule ausgebildet worden, die seit 1983 „Marine Training Centre“ (MTC) heißt und kurz danach, mit japanischer Entwicklungshilfe, um eine Abteilung für Fischerei erweitert wurde, in der See- leute für die japanische Thunfischflotte trainiert werden. Die Ausbildung für die Handelsflotte erstreckt sich im Deck-, Maschinen- oder Wirtschaftsbereich über 20 Monate, davon 2 Monate an Bord eines SPMS-Schiffes. Nach mindes- tens 24 Monaten weiterer Seefahrtszeit Trainee vom 98. Kurs beim Spleißen. Fotos in diesem Artikel: Ingrid Schilsky. kann dann an der Schule die Prüfung zum Matrosen, Motorenwärter oder Ste- schwierigsten Bedingungen geübt wer- ward abgelegt werden. Derzeit fahren den kann. Dass den zur Zeit über 150 knapp 700 Seeleute auf SPMS-Schiffen, Internatsschülern modernste Ausbil- von denen sich etliche zu Schiffsoffizie- dungseinrichtungen und Gebäude zur ren oder -ingenieuren weitergebildet ha- Verfügung stehen, ist vor allem der neu- ben, einer sogar zum Kapitän. Vor der seeländischen Entwicklungshilfepolitik Schifffahrtskrise waren es sogar mal zu verdanken. Diese hat seit 1983 ihren über 1100 Seeleute. Schwerpunkt auf den pazifischen Inseln. Das MTC in Kiribati wird als besonders Die Ausbildung erstreckt sich von hand- erfolgreich angesehen. Deshalb sagte werklichen Fertigkeiten wie dem zur 50-Jahr-Feier eine extra aus dem Spleißen von Tauen bis zum Training an neuseeländischen Außen- und Handels- einem modernen Brückensimulator, ministerium angereiste Vertreterin für mit Hilfe dessen das Steuern eines meh- die nächsten 5 Jahre einen weiteren Zu- rere hundert Meter langen Schiffes unter schuss von 2,8 Mio NZD zu. Auch aus Australien, Japan und Deutschland kommt immer wieder Unterstützung; so erhielt die Bibliothek vom zuständigen deutschen Botschafter Gerhard Thiede- mann aus Wellington bei der Feier einen Zuschuss von 15.000 AUD für die An- schaffung neuer Bücher. Brückensimulator am MTC.
Rundbrief September 2017 Seite 15 Seit etlichen Jahren versorgt ein Arzt in einer – ebenfalls mit neuseeländischem Geld - gut ausgestatteten kleinen Klinik auf dem Schulgelände nicht nur die Aus- zubildenden, sondern nimmt vor allem die für Seeleute so wichtigen Untersu- chungen zur Seediensttauglichkeit vor. In den Anfängen mussten sich die Aus- bilder noch mit einem einfachen Sehtest zur Rot-Grün-Blindheit behelfen. Die Ausbildung begann vor 50 Jahren mit sehr viel Drill. Einiges davon wurde im Laufe der Jahrzehnte abgeschafft, z.B. die morgendliche Kontrolle der sau- beren Fingernägel. Was sich allerdings bei den Auszubildenden seit einem hal- ben Jahrhundert großer Beliebtheit er- freut, offenbar keinerlei negative Assozi- ationen hervorruft und deshalb immer beibehalten wurde, sind die zu Anfang eingeführten „laufenden“ Nummern, die groß und stolz auf der Brust getragen werden. Was sich, zum Leidwesen der Verant- wortlichen auf allen Seiten, trotz aller Aufklärungsarbeit ebenfalls wenig ver- auch für den einheimischen marinen Ar- ändert hat, ist die Anfälligkeit mancher beitsmarkt. Seeleute für erhöhten Alkoholkonsum, und ihre Leichtgläubigkeit, wenn sie sich Mit ihren Rücküberweisungen (Remit- zum Drogenschmuggel überreden las- tances), die jährlich bei acht bis zwölf sen, was schon manchmal zu drakoni- Millionen Austral-Dollar liegen, tragen schen Strafen in fremden Ländern die Seeleute nicht unwesentlich zum führte. Staatshaushalt der kleinen Inselrepublik bei. Dieser Betrag wird nur noch durch Seit Jahren wird versucht, auch junge Gebühren aus der internationalen Frauen für Berufe auf See zu begeis- Vergabe von Fischereilizenzen getoppt. tern. Zwar finden sich immer wieder In- Wie wichtig die Seeleute für sein Land teressierte, vor allem im Catering-Be- sind, betonte auch Staatspräsident Ta- reich, aber nach wenigen Jahren auf See neti Maamau in seiner Rede während des kehren die Frauen aus unterschiedlichen „Golden Jubilee”. Das für das MTC zu- Gründen doch auf ihre Inseln zurück. ständige Arbeitsministerium hatte keine Allerdings: Ob kurz oder lange auf See – Mühe gescheut, mit einem aufwendigen wer für immer nach Kiribati zurückkehrt, Jubiläumsprogramm die Wertschätzung hat von jeher gute Chancen, zu Hause des Landes für die Schule auszudrücken. einen Job zu finden oder sich mit einem Neben Vorführungen aus den verschie- kleinen Reparaturbetrieb oder Laden denen Werkstatt- und Schulungsberei- selbständig zu machen, auch auf den chen des MTC präsentierten sich einhei- Außeninseln. Die in der Ausbildung und mische Tanzgruppen, die amtierende auf den Schiffen erworbenen Fertigkei- Miss Kiribati war mit einer lebhaften Per- ten zahlen sich in vielfacher Weise aus, formance vertreten und eine witzige Ein- für die Seeleute und ihre Familien, aber lage der Landespolizeikapelle amüsierte
Rundbrief September 2017 Seite 16 nicht nur die auswärtigen Gäste, son- Wahrscheinlich hätten westliche Waren, dern mehr noch die Einheimischen, die wie früher Videorekorder und heute Mo- oft und gerne lachen (was mich persön- biltelefone, auch ohne Seeleute ihren lich immer wieder fasziniert hat: Die Einzug nach Kiribati gehalten, nur etwas Fröhlichkeit ausgerechnet auf diesen später. Dennoch hat uns vor 30 Jahren überaus kargen Inseln!). gerade der Einfluss von Videofilmen manchmal erschüttert – waren doch diese Filme das einzige Bildmaterial, das es, vor allem auf den äußeren Inseln, vom „Rest“ der Welt gab. Und da, auch aus sprachlichen Gründen, vor allem selbsterklärende bildkräftige Schläger- filme im Kung-Fu-Stil gezeigt wurden, entstand der Eindruck, so gehe es gene- rell außerhalb von Kiribati zu; auch bei angehenden Seeleuten, die dann grö- ßere Ängste vor ihrem ersten Flug in die weite Welt hatten. Nicht selten übrigens Dorf in Nordtarawa. fanden diese Kampffilmvorführungen auf den Außeninseln damals in den Ver- Fazit: Dass in einem Land mit wenig ei- sammlungshallen der Kirchen statt, da genen Ressourcen ein Entwicklungspro- diese die einzigen Einrichtungen mit Ge- jekt über 50 Jahre lang erfolgreich läuft, nerator waren … ist sicher beispiellos. Dennoch bleiben heute noch die gleichen Fragen wie vor 30 Jahren, als ich die Schule zum ersten Mal besuchte: Was ist ein „gerechter Lohn“ für die Seeleute? Ist es der gewerkschaftlich ausgehandelte Heuervertrag, der sehr gut qualifizierte Seeleute fast so viel ver- dienen lässt wie Regierungsmitglieder? Der aber im Vergleich zu europäischen Löhnen so niedrig ist, dass die Seeleute Übungshafen mit Freifallboot. als Arbeitskräfte konkurrenzfähig sind trotz ihrer hohen An- und Heimflugkos- Heute haben moderne Kommunikations- ten und trotz der erheblichen finanziellen mittel längst auch Kiribati erreicht. Auf Mittel, die die deutschen Reeder in den den größeren Inseln ist Internet verfüg- Schulbetrieb stecken. bar, und der Ausbau der Infrastruktur für die kleineren Dörfer steht oben auf Wirken sich die von den Seeleuten ins der Prioritätenliste der derzeitigen Re- Land gebrachten Konsumgüter negativ gierung, die mit ihrer „Kiribati Vision auf das Zusammenleben und die Kultur 2020“ die Abwanderung von den „outer des Landes aus? Haben die Matrosen islands“ auf das bereits elend übervöl- eine Orientierung weg von einer Gesell- kerte Südtarawa-Atoll stoppen will. Dem schaft, in der alles geteilt wurde, hin zu entspricht die jahrzehntelange Praxis einer Gesellschaft mit westlich-nördli- des Marine Training Centre, für die Ein- chen Gütern und Werten (wie dem Stre- gangsprüfungen auf alle bewohnten In- ben nach Geld) mitverursacht? seln des Landes zu fahren und von über- all neue Auszubildende mitzubringen. Mit seiner qualifizierten Ausbildung lag das MTC jedoch auch auf der politischen
Rundbrief September 2017 Seite 17 Linie der Vorgängerregierungen, die mit ihrem Fokus auf „Migrate with dignity“ erreichen wollten, dass gut ausgebildete Arbeitskräfte anstelle von Handlangern auswandern, wenn der Klimawandel dies erforderlich macht. Inwieweit allerdings das Bestreben der neuen Regierung, auf den Außeninseln neben Transport und Kommunikation, Solarstrom und Wasserversorgung auch den Tourismus zu entwickeln, mit den Löschübung an der MTC Fire School. von derselben Regierung mit Schrecken registrierten fortschreitenden klimawan- Zur Autorin: Netzwerkmitglied Ingrid delbedingten Veränderungen wie Ero- Schilsky aus Hamburg hat vor fast 30 Jah- ren knapp zwei Jahre lang als „begleitende sion der Küsten, Versalzung küstenna- Lebensgefährtin” in Kiribati gelebt und ist her Zonen und Trinkwasservorräte und jetzt zum ersten Mal wieder dort gewesen. infolgedessen steigendem Landmangel einhergeht, ist ein anderes Thema … „Schwarzer Donnerstag“ – ??? Betio/Tarawa, Republic of Kiribati, 20.7.2017: An diesem Donnerstagmor- gen fallen mir in unserem einfachen Ho- tel zuerst die schwarzgekleideten einhei- mischen Frauen auf. Ein Trauerfall? Ich weiß nicht mal, ob auf diesen zentralpa- zifischen Inseln unsere Tradition der schwarzen Trauerkleidung bekannt ist, und wage nicht zu fragen. Als mir später im Nachbarort immer wieder Frauen in Schwarz begegnen, traue ich mich. Er- staunt werde ich angeschaut: Ob ich denn die „Thursdays in Black“ nicht kenne? Das sei doch ein INTERNATIONALER Tag gegen Gewalt an Frauen und Kindern … Ich bin be- schämt. weltweit täglich unter Gewalt leiden und Meine Internetrecherche zu Hause sich aus eigener Kraft nicht dagegen ergibt: Bei seiner Vollversammlung im wehren können. Jahr 2013 hat der Ökumenische Rat der Kirchen dazu aufgerufen, die bereits in Meine Hochachtung für die Frauen in den 1980er Jahren gestartete Men- Kiribati, die jeden Donnerstag SCHWARZ schenrechtskampagne „Donnerstage in tragen! Schwarz“ wieder aufleben zu lassen, um daran zu erinnern, dass viele Frauen Autorin: Ingrid Schilsky
Rundbrief September 2017 Seite 18 Aktion Natürliche Medizin in den Tropen anamed international e.V. Von Hans-Martin Hirt exportiert und zurück in die Tropen als wirksamer Bestandteil von Rheumasal- ben importiert. Auch heute noch wird die Heilpflanze Artemisia annua in Tansania industriell angebaut und kommt dann, über den Umweg über Europa, als für viele unbezahlbar teure Malaria-Tablet- ten zurück in die Entwicklungsländer. Wir als Touristen empfinden tropische Länder als paradiesisch, wenn wir dort mit unseren eigenen Tabletten ankom- men. Einheimische Menschen erfahren dieses Paradies als Tropenhölle, zum „Davonlaufen“, weil kein Mensch auf der Welt bereit ist, die erforderlichen Kosten für den Einkauf dringendst notwendiger („westlicher“) Medikamente auch nur annähernd zu spenden. Hirt mit Mitarbeiter Dr. Feleshi aus Tansania auf ei- ner AIDS Tagung. Fotos in diesem Artikel: H.-M. Hirt. Tropische Länder sind extrem arm an Papiergeld, aber extrem reich an Heil- Tropenparadies für Touristen, Tro- pflanzen. Deswegen will unsere „Aktion penhölle für Einheimische? Natürliche Medizin“ mit einem Minimum Weiße Eroberer brachten europäische an Spenden ein Maximum an Menschen- Krankheiten in die heutigen Entwick- leben retten. Dazu bieten wir Seminare lungsländer, zum Beispiel Masern und in aller Welt an. Erfahrungsgemäß kann Windpocken. Die Europäer waren immun somit die Hälfte der bisher importierten oder geimpft gegen diese Krankheiten; Medikamente vor Ort produziert werden. die lokalen Medizinmänner aber waren Dafür wollen wir in Afrika und Asien den mit ihrem Latein am Ende: Ihre Vorfah- Bau von anamed-Ausbildungszentren ren hatten ein immenses Wissen über unterstützen und Literatur in einheimi- Heilpflanzen angehäuft, aber nicht ge- schen Sprachen drucken, sodass immer gen diese neuen Krankheiten. Alterna- mehr „chemische" Medikamente durch tive Eins war, die Geister anzurufen, selbst hergestellte Heilpflanzen-Präpa- aber die Heiler starben ja selbst an die- rate ersetzt werden können. „Ganz ne- sen neuen Krankheiten. Alternative Zwei benbei“ bekommen unsere Seminartei war nur anfangs noch möglich: Sich zu- nehmenden dabei wieder den berechtig- rück zu ziehen, jeden Kontakt mit Wei- ten Stolz auf ihr einheimisches Wissen ßen zu vermeiden. Alternative Drei war zurück. dagegen „nachhaltig“: Das eigene Wis- sen als Humbug zu bezeichnen, und Zum Autor: Dr.Hans-Martin Hirt, Jahr- fortan nur noch an die Kraft der bunten gang 1951 in Winnenden, Studium der Phar- Pillen und Injektionen der Weißen zu mazie in Heidelberg, 1985–1991 Medizini- glauben. Dieser Minderwertigkeitskom- scher Berater in Matamba-Solo/Zaire; seit 1994 freiberuflicher Berater für „Natürliche plex hat sich bis heute erhalten und wird Medizin" auf Anforderung von Überseepart- ständig durch unsere Industrienationen nern. gefördert. So wird auch heute noch Chili Weitere Informationen zum Verein: aus den Entwicklungsländern nach China www.anamed.org/.
Rundbrief September 2017 Seite 19 TAGUNGS- UND VERANSTALTUNGSBERICHTE Searching for our future in the discoveries of our past Von Robert Steinle und Michaela Appel Nutzen seiner unmittelbaren Mitmen- schen, Verwandten und Freunde von den Cook Islands, sondern zu einem insge- samt besseren Verständnis seiner Kultur in der Welt. Nach einer sehr intensiven lecture in der Ausstellung, die sich schnell zu einem le- bendigen Spontan-Austausch mit den Ngaa Kitai Taria. Fotos: Museum Fünf Kontinente. Gästen entwickelt hatte, gab es noch eine unangekündigte Überraschung: Im Unter diesem Motto zeigte Ngaa Kitai Garten des Museums Fünf Kontinente Taria Pureariki am 28. Juni 2017 im hatte Ngaa einen traditionellen Erdofen Polynesien-Raum der Ozeanien-Ausstel- umu ausgehoben, angeheizt und im Bei- lung des Museums Fünf Kontinente di- sein der lecture-Gäste befüllt. Der Ge- rekt anhand von Figuren und Objekten nuss der in zwei Stunden fertig gegarten viele Details der Geschichte, Kultur und Speisen bildete den krönenden Ab- Umwelt der Cook-Inseln auf. Dem Publi- schluss dieses wahrlich nicht alltäglichen kum wurde schnell klar, dass für ihn die Museums-Nachmittages mit vielen er- Muster und Motive auf den Exponaten staunt-zufriedenen TeilnehmerInnen. neben der mündlichen Überlieferung Ausdruck der Grundwerte einer traditio- Zum Autor: Dr. Robert Fin Steinle, Pres- nellen Kultur sind, die durch Auswirkun- sereferent, und Michaela Appel, Leiterin gen der Missionierung in weiten Teilen der Abteilung Südasien, Südostasien und verloren ging. Weil er aus einer Familie Australien, Museum Fünf Kontinente Mün- stammt, deren Mitglieder innerhalb ihrer chen. Gesellschaft über Generationen hinweg die Funktion von care-takers innehatten, war Ngaa glücklicherweise in der Lage, unmittelbare Aussagen zu deren Inhal- ten zu treffen. Ngaa Kitai Taria Pureariki war zum zwei- ten Mal nach Europa gekommen, um er- neut Schätze aus seiner Heimat in den Museen Englands, Schottlands und Frankreichs kennen zu lernen und seine eigenen Wurzeln besser zu verstehen. Denn nur so kann er, wie er selbst sagt, Ngaa erklärt interessierten Besuchern Ausstellungsstücke. sein Wissen vermehren und es in die Zu- kunft tragen. Nicht nur zum Wohl und
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