Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...

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Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn
                              Demokratietraining – ein SZ-Versuch
                              Der neue BJV-Geschäftsführer im Gespräch
                              Jetzt beantragen: Presseausweis 2018
Ausgabe 5/2017                 www.bjv.de / www.djv.de

   Frau im Spiegel
   Journalistinnen heute –
   zwischen Macho und Mieze
Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
Pressestellen A bis Z im BJVreport
       Ab Seite 17 finden Sie die Einträge von Pressestellen aus den Bereichen Bildung/Wissenschaft (BW),
      Messen/Ausstellungen (MA), Finanzen (F), Versicherungen (V), Energie (E), Verkehr (VK), Unternehmen (U),
                                Kammern (K), Verbände (VB), Soziales/Kirche (SK):

A                                       F                                      Süddeutscher Verband
AFAG Messen und                         Flughafen München (VK)                   reisender Schausteller und
  Ausstellungen (MA)                    Fraunhofer-Institut für                  Handelsleute (VB)
AOK Bayern (V)                            Integrierte Schaltungen IIS (BW)     swa Stadtwerke Augsburg
AUDI (U)                                                                         Holding (E)
                                        G/H
B/C                                                                            T/U
                                        GVB Genossenschaftsverband
Bauindustrie Bayern/                                                           Thüga (E)
                                         Bayern (F)
 Bayerischer                                                                   TÜV Rheinland (U)
                                        Hanns-Seidel-Stiftung (BW)
 Bauindustrieverband (VB)                                                      TUM Technische Universität
Bayerische                                                                       München (BW)
                                        I/J/K
 Landesärztekammer (K)
                                        Interhyp Gruppe (F)                    V
Bayerische
 Landeszahnärztekammer (K)                                                     VAG Verkehrs-
                                        L/M                                      Aktiengesellschaft (VK)
Bayerischer Gemeindetag (VB)
                                        LEONI (U)                              VdK Bayern Sozialverband (SK)
Bayerischer Jagdverband (VB)
                                        LEW Lechwerke (E)                      Versicherungskammer Bayern (V)
Bayerngas (E)
                                        LMU Ludwig-Maximilians-                VGN Verkehrsverbund
Bayernhafen Gruppe (VK)
                                         Universität München (BW)               Großraum Nürnberg (VK)
Bayernwerk (E)
BayWa (U)
                                        N                                      W
bbw Bildungswerk der Bayerischen
                                        N-ERGIE (E)                            wbg Nürnberg Immobilien (U)
  Wirtschaft (BW)
                                        NÜRNBERGER
Bischöfliche Aktion Adveniat (SK)
                                         Versicherungsgruppe (V)
BMW Group (U)
                                        NürnbergMesse (MA)
D
                                        O/P/R                                  Dank auch den Sonderinserenten:
DIEHL Diehl Stiftung (U)
                                        OMV Deutschland (U)                    • Akademie der Bayerischen
DRÄXLMAIER Group (U)
                                                                                 Presse
E                                       S                                      • Presse-Versorgung
Erdgas Schwaben (E)                     Sparkassenverband Bayern (F)             (Versorgungswerk der Presse)
E-T-A Elektrotechnische                 StWN Städtische Werke                  • JhJ – Journalisten helfen
  Apparate (U)                            Nürnberg (U)                           Journalisten

                                     Kontaktbörse „Pressestellen“
                                     Die Rubrik „Pressestellen“ im BJVreport ist ein gern genutzter „Treffpunkt“
                                     für Kammern, Verbände, Organisationen, Dienstleister und Unternehmen aus
                                     vielen Bereichen, die regelmäßige und fundierte Pressearbeit betreiben.
                                     Nutzen Sie diese Kontaktbörse, alle zwei Monate, ein ganzes Jahr lang für
                                     nur 1300,– EUR inkl. Gestaltung und zzgl. MwSt.
                                     Das Medienmagazin BJVreport erscheint 6 x jährlich, jeweils zur Monatsmitte
                                     im Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember • Anzeigenschluss
                                     vier Wochen vorher • Mediadaten unter www.bjv.de • Planung/Abwicklung:
                                     Mediasüd, Robert Macher, Telefon 0 91 81 / 29 99-477, Fax 0 91 81 / 29 99-479,
                                     robert.macher@mediasued.de
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Inhalt

                          Frauenpower versus                                  Kaleidoskop
                                                                               4 Medienköpfe
                          Verlagsstrukturen                                    5 Social Media auf Papier

                        Keine einzige Frau steht an der obersten
                        Redaktionsspitze einer bayerischen Regional-          Verband
                        zeitung. Bis in den Sommer gab es immerhin             6 Abgesang auf den Bildjournalismus?
                        mit Christina Knorz beim Nordbayerischen                   Fotohonorare häufig weit unter dem Mindestlohn
                        Kurier eine Chefredakteurin. Den Posten ent-
                        zog man ihr, seit 1. Oktober ist sie ganz frei-       Titel
                        gestellt. Über Chancengleichheit wird im
Michaela Schneider      Rundfunk viel geredet – und in Printmedien            8    „Strukturen sind gegen uns“
Leitende Redakteurin nicht weniger geschrieben. Blickt man aller-                  Immer noch kaum Medienfrauen in den Chefetagen
Foto: Günter Schneider                                                        11   Erfolg im Dutzend
                        dings in die Chefetagen der Verlage, bleibt
                                                                                   Zwölf Journalistinnen im Porträt
kaum mehr, als jede Menge Armutszeugnisse auszustellen. Die gute
                                                                              14 Rau, aber reizvoll
Nachricht: Es gibt etliche spannende Kolleginnen, wie wir in zwölf                 Aus dem Berufsleben vier bayerischer Pressefotografinnen
Kurzporträts exemplarisch zeigen. Wir lassen engagierte Pressefoto-           16 Von Frauen, die nicht schweigen
grafinnen zu Wort kommen und schauen auf mutige Journalistinnen                    Arbeit in Krisenregionen unter oft extremen Bedingungen
in Krisenregionen. Wir sind guter Dinge: Bei so viel Frauenpower
muss es früher oder später gelingen, verkrustete Verlagsstrukturen            17   Pressestellen
aufzubrechen. Ab Seite 8
                                                                              Medienszene
Mancher freie Kollege kann kaum mehr von der Fotografie leben. Ein
Stück weit sind Kollegen hier selbst gefordert – etwa, indem sie die          23 „Polizei muss Grundrechte von Journalisten achten“
Komfortzone verlassen und mit Verlagen selbstbewusst verhandeln.              24 Lasst uns streiten: Democracy Lab der SZ
Ab Seite 6
                                                                              Verband
Der BJV hat mit Dennis Amour einen neuen Geschäftsführer. Im In-              25 Sie haben die Wahl
terview erzählt er unter anderem, wie er junge Journalisten von einer              Auf ein Wort mit Michael Busch
Verbandsmitgliedschaft überzeugen will. Ab Seite 32                           26 Aus dem Verbandsleben
                                                                              28 „Auf Augenhöhe mitmischen“
Die „Wertschätzer“ vom Obermain-Tagblatt sind wieder auf Arbeits-                  Ein Gespräch mit dem neuen BJV-Geschäftsführer Dennis Amour
kampf-Tour, diesmal in Augsburg. Seite 31                                     30 Ein Stichwort treibt ein Feature an
                                                                                   Serie Innenleben: Wettbewerb „Pressefoto Bayern“
    Unser Titelbild                                                           31   „Gallier“ klärten Augsburger auf
                                                                              32 Zurückhaltung im Sinne des BJV
Jaja, die Klischees ... Da mischt in der ZDF-                                 33 Antrag Presseausweis 2018
Serie „Zarah – Wilde Jahre“ eine Journalistin
in den 70er Jahren ein Wochenmagazin als
                                                                              Service
Chefredakteurin auf, kämpft für Gleichbe-
rechtigung – und gleichzeitig werden beim                                     34 Recht
Blick auf die Karrierefrau sämtliche Vorurtei-                                     Wie man sich gegen Pannen wie beim G-20-Gipfel wehren kann
le bedient. Auch die Würzburger Fotografin                                    35 Rezensionen
                                                     Patty Varasano
Patty Varasano zeigt auf dem Cover des BJV- Foto: Volker Danzer               36 Technik
                                                                                   Sprachsteuerung: Möglichkeiten und Grenzen
report mit einer Machojournalistin in Män-
nerkleidung und einer sexy Reportermieze zwei Stereotype. Doch Va-            38 Termine
rasano fragt sich: Braucht es das ein oder andere wirklich? Nein! Auf
Seite 8 lässt sie die Journalistin deshalb sie selbst sein und sich selbst-   Zur Person
bewusst auf die eigenen Stärken besinnen. Sie selbst liebe das Leben,
                                                                              39 Jubilare, Impressum
das Nah-dran-sein-am-Menschen, das Licht und Schäfchenwolken,
                                                                              40 Nachrufe
das genaue Hinschauen beim Momente-Einfangen, sagt Patty Varasa-
no. Die Würzburgerin ist gelernte Redakteurin. Ihr Volontariat machte
sie bei der Main-Post. 2013 und 2015 gewann sie den ersten Preis beim         Sagen Sie mal …
Wettbewerb Pressefoto Unterfranken des BJV in der Kategorie „Preis            41 „Manchmal wäre ich gerne ein alter Sack“
der Stadt Würzburg“, 2016 in der Kategorie „Sport“.                                Zeit-Frau Vanessa Vu betreibt einen feministischen Podcast

BJVreport 5/2017                                                                                                                                3
Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
M e dien -Szene

                     Ivo Knahn (@                                                                                              schäftsführender Redakteur tätig.
                   IvoKnahn) ist                                                                                               Seinen neu geschaffenen Posten
                   bei der Me-                                                                                                 in Hamburg tritt Plöchinger An-
                   diengruppe                                                                                                  fang 2018 an.
                   Main-Post zu
                   einem von fünf                                                                                              Birgitta Kaßeckert und Johannes
                   Stellvertretern                                                                                             Honsell sind für ihren Film
von Chefredakteur Michael Rein-                                                                                                „Checker Tobi. Der Leben- und
hard befördert worden. In dieser                                                                                               Sterben-Check“ mit dem Ro-
Position soll der 41-Jährige neue                                                                                              bert-Geisendörfer-Preis ausge-
redaktionelle Produkte entwi-                                                                                                  zeichnet worden. Die Sendung
ckeln und sich um die Lokal-                                                                                                   aus der Reportagereihe „Checker
redaktionen kümmern. Knahn                                                                                                     Tobi“ (BR/ARD) konfrontiere
volontierte bei der Main-Post,             Der Top-Moderator und das Top-Model: Beim Deutschen Radiopreis                      Kinder auf feinfühlige und be-
arbeitete als Lokalredakteur und           in der Elbphilharmonie posierten Wolfgang Leikermoser (53) und                      rührende Weise mit dem Thema
sammelte       Magazinerfahrung            Toni Garrn (25) gemeinsam vor der Kamera; sie als seine Laudatorin,                 Sterben, befand die Jury.
(Die Neun). Zuletzt war er als             er als Preisträger in der Kategorie „Beste Moderation“. Denn Bayern
Transformationsmanager zustän-             wird nach Jurymeinung mit „Leiki“, wie ihn die Fans von Antenne                     Sebastian Matthes (@smatthes),
dig für Strukturveränderungen              Bayern liebkosen, vom besten Moderator Deutschlands geweckt. 1988                   Gründungschefredakteur       der
in der Redaktion.                          stieß der Radio-Profi mit österreichischen Wurzeln zur Antenne. Mit                 deutschen Huffington Post, wech-
                                           jeder „Guten Morgen Bayern“-Ausgabe erreicht er dreieinhalb Millio-                 selt Anfang 2018 von München
Jörg Sadrozinski (@jsadro), bis            nen Hörer, und das, so die Jury, mit Moderationen auf „beständig ho-                in die Handelsblatt-Chefredakti-
Juni Leiter der Deutschen Jour-            hem Niveau“, „nie langweilig, anbiedernd oder gar unverschämt“.                     on nach Düsseldorf als Stellver-
nalistenschule, arbeitet jetzt im                                               Foto: Deutscher Radiopreis/Morris Mac Matzen   treter von Sven Afhüppe. Er soll
Leitungsgremium der Repor-                                                                                                     die digitalen Angebote der Wirt-
terfabrik von Spiegel-Veteran              danten seinen Vertrag, anders als                           Gordon Harms            schaftszeitung weiterentwickeln.
Cordt Schnibben und Correc-                in der Vergangenheit, nicht um                          ist seit Oktober            Matthes, 40, bringt Erfahrung
tiv-Gründer David Schraven.                fünf, sondern nur um drei Jahre                         neuer Musik-                aus seiner Zeit bei der Wirt-
Seine Aufgabe in der neuen On-             verlängert.                                             chef von An-                schaftsWoche mit ein.
line-Journalistenschule: das Me-                                                                   tenne Bayern.
dienkompetenzprojekt „Journa-              Björn Beinhauer und Michael                             Der 46-Jährige              Jörg Allgäuer (@JEAllg), zuletzt
lismus für Schulen“ leiten.                Gerhäußer (@gerhaeuser) sind                            kommt        von            Pressesprecher von Sky, spricht
                                           die neue Doppelspitze von Sport-     den öffentlich-rechtlichen Wellen              jetzt für den Rückversicherer
                     Rieke C. Harm-        deutschland.tv.     Der     On-      NDR 2 und NDR Blue. Unterstüt-                 Munich Re. Der gebürtige New
                     sen (@Rieke-          line-Sportsender, gerade von         zung bekommt er von seinen                     Yorker, 51, hat in seiner Karriere
                  Harmsen) ist             Köln nach Unterföhring gezogen,      Stellvertretern Tarik Ahmadi und               bereits mehrfach zwischen der
                  seit Juni On-            ist ein Jointventure von ProSie-     Steve Brembach.                                Medien- und der Finanzbranche           Fotos: rbb/Oliver Ziebe, Angie Wolf, Christian Topp, Gert Krautbauer, Antenne Bayern

                  l i n e - C h e f re -   benSat.1 und dem Deutschen                                                          gewechselt.
                  dakteurin des            Olympischen Sportbund.               Ulrich Wilhelm übernimmt als
                  Evangelischen                                                 BR-Intendant 2018 zusätzlich das                                 Vera      Rockel
Presseverbands für Bayern (EPV)                              Bettina Schön      Amt des ARD-Vorsitzenden. Er                                     verantwor tet
und verantwortet alle digitalen                                wird ab 2018     folgt turnusgemäß auf Karola                                     seit September
Projekte des kirchlichen Medien-                               das ARD-„Mit-    Wille vom MDR. Der BR hatte                                      die Unterneh-
hauses (Sonntagsblatt.de). Die                                 tagsmagazin“     den Vorsitz zuletzt 2005/2006                                    mens-       und
Medienkauffrau und Kunsthisto-                                 leiten,    das   inne. Wilhelm ist seit 2011 Inten-                               Programm-
rikerin war zuletzt Bezirks-                                   dann     nicht   dant des BR.                                                     kommunikati-
redakteurin für München und                                    mehr vom BR,                                                    on des Pay-TV-Anbieters NBC
Oberbayern bei der Nachrichten-            sondern vom RBB in Berlin ver-       Stefan Plöchinger (@ploechinger),              Universal in München (13th
agentur epd.                               antwortet wird. Die 41-Jährige       seit 2010 Digital-Chef bei der                 Street). Die studierte Kulturwis-
                                           BR-Journalistin ist seit 2013 als    Süddeutschen, kehrt zum Spiegel                senschaftlerin soll die Pressear-
Volker Herres (@Volker_Herres),            Vize-Redaktionsleiterin für das      zurück und wird dort Leiter Pro-               beit bei NBCU, wo das Personal
seit 2008 Programmdirektor der             „MiMa“ tätig. Wer als „Mi-           duktentwicklung für die gesamte                zuletzt häufig wechselte, bis Jah-
ARD, darf seinen Job mit Sitz in           Ma“-Moderator/-in auf Hansi Fi-      Gruppe. Der 41-Jährige war be-                 resende neu ausrichten und das
München bis 2021 behalten.                 scher folgt, stand bis Redaktions-   reits bei Spiegel Online als Chef              Team erweitern.
Allerdings haben die ARD-Inten-            schluss nicht fest.                  vom Dienst, Textchef und ge-                                        Senta Krasser

4                                                                                                                                                   BJVreport 5/2017
Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
Net z-Szene

Vom digitalen                                                                                                                           Am besten schnitt von den acht
                                                                                                                                        untersuchten Medien Spiegel On-
Desinteresse und                                                                                                                        line ab, von 233 untersuchten Pos-
Fake-Champions                                                                                                                          tings war keines zu beanstanden.
Die Bundestagswahl ist vorbei –                                                                                                         Pikant, aber selbstkritisch, dass
und was digitale Dinge betrifft,                                                                                                        acht Prozent der VICE-Postings
war das Drumherum wenig auf-                                                                                                            nicht ganz koscher waren. Über
regend. Das ist auch mitunter                                                                                                           Auswahl der Medien, Methodik
ganz gut so: Prognosen, die unter                                                                                                       und Schlussfolgerungen von Lo-
anderem davor warnten, die                                                                                                              ckers Analyse kann man streiten,
Wahlergebnisse könnten gefälscht       Viel falsch: VICE-Analyse zu Falschmeldungen.                                                    doch auch unter anderen Konstel-
werden, traten – zumindest bis                        Screenshot:ThomasMrazek,Grafik:IllustrationVICE, Julia Weber, vonjott.com    lationen wäre wohl ein mitunter
Redaktionsschluss – nicht ein.                                                                                                          für den professionellen Journalis-
Auch nachträglich noch lesens-         nen von Zeit Online, geht. Des-              Und Falschmeldungen haben                           mus blamables Ergebnis zustande
wert: „Die Bundestagswahl kann         halb fragen wir Sie täglich nach             dauerhaft eine gute Konjunktur.                     gekommen: bjvlink.de/fake-cham-
manipuliert werden“ von Kai            Ihrer Stimmung.“ Am Sonntag,                 Medienhäuser werben ja gerne                        pions.
Biermann (@kaibiermann) und            24. September, gab es kurz nach              damit, dass sie keine Fake News
Holger Stark (@holger_stark) bei       18 Uhr das größte Stimmungstief              verbreiten. Das Lifestyle- und Ju-                  Wahrheit: nichts Relatives
Zeit Online (@zeitonline_dig):         seit März. Eine kleine, aber feine           gendmagazin VICE (@Vice_Ger-                        Sehr lesenswert ist der Kommen-
bjvlink.de/wahlsoftware.               Mitmachoption der Berliner On-               many) schreckte einen indes                         tar des Medienjournalisten Stefan
                                       line-Redaktion: bjvlink.de/stim-             kürzlich mit der Recherche „Wel-                    Niggemeier (@niggi) zu dieser
„Wir checken Fakten“                   mungskurven.                                 che deutsche Nachrichtenseite                       Untersuchung, er endet mit die-
Ebenso ausgeblieben sind die           Und noch zwei letzte Anmerkun-               verbreitet die meisten Falschmel-                   sen Worten: „Man weiß als Jour-
„konzertierten digitalen Wahl-         gen zur Bundestagwahl: Netzpo-               dungen auf Facebook?“ auf. In                       nalist oft nicht, was die ‚Wahrheit‘
kampfmanipulationen (…) aus            litik und Digitalisierung spielten           der IT-Rubrik Motherboard (@                        ist, aber man kann anerkennen,
dem Kreml oder dem AfD-Haupt-          keine Rolle! Welche Themen                   Motherboard_De) veröffentlichte                     dass es sie gibt und sie nichts Re-
quartier“, wie Laura Lucas (@Lcs-      wichtig gewesen wären und wel-               es eine Analyse von acht verschie-                  latives ist: Man kann versuchen,
Who) in einem Beitrag für die          che Positionen die Parteien ver-             denen deutschsprachigen Online-                     ihr so nahe wie möglich zu kom-
Initiative Fearless Democracy (@       treten, dokumentiert das Netz-               Nachrichtenmedien mit „großer                       men. Und man kann anerkennen,
FearlessDemDE,       fearlessdemo-     magazin Golem übersichtlich und              Reichweite“. Über einen Zeitraum                    dass Kategorien wie ‚richtig‘ oder
cracy.org)     bei     Übermedien      manchmal auch angemessen po-                 von sechs aufeinanderfolgenden                      ‚falsch‘ klare Kategorien sind und
schreibt: bjvlink.de/russen-bots.      lemisch: „Dreitagebart first, In-            Tagen wurden rund 2100 Face-                        keine subjektiven Labels.“
Positiv fiel online immer wieder       halte second“, wird etwa die Hal-            book-Posts in einer Woche ge-                       (bjvlink.de/wahrheit).
der #faktenfuchs („Wir checken         tung der „Bürgerrechtspartei“                speichert und inhaltlich vorsor-
Fakten und verifizieren“) des Bay-     FDP beschrieben: bjvlink.de/netz-            tiert, beschreibt Autorin Theresa
erischen Rundfunks (@br24, bjv-        politik17.                                   Locker (@ok_but_why) ihr Vor-                       Gezwitschert
link.de/faktenfuchs) auf: Neben                                                     gehen. Als irreführend oder falsch                  Die Klammern hinter einigen
aktuellen Analysen etwa zum            Auf Löschungen schauen                       identifizierte sie dabei 44 Prozent                             Namen sind die Twit-
Wahlkampf auf Twitter gibt es          Auch über das seit 1. Oktober gel-           der Postings der Huffington Post                                ter-Adressen der Kol-
dort auch grundlegende Informa-        tende Netzdurchsetzungsgesetz                und immerhin 15 Prozent bei                                     legen beziehungswei-
tionen für die Nutzer wie „Drei        (NetzDG) gab es im Wahlkampf                 Focus Online. Im Ranking der                        se Medien. Bereits über 4500
Tipps, wie Ihr Fake News erken-        keine Debatten. Plattformbetrei-             „Champions der Desinformation“                      Nutzer folgen übrigens dem BJV
nen könnt“. Im Hinblick auf die        ber müssen jetzt Beleidigungen,              belegen die beiden Burda-Ange-                      bei Twitter: @bjvde.
Landtagswahl im Herbst 2018            Schmähungen, Volksverhetzun-                 bote den zweiten und fünften
könnte sich dieses ressortüber-        gen und Drohungen löschen, um                Platz, „Fake-Champion“ ist das                      Der BJV ist zudem täglich
greifende und oftmals datenjour-       Geldstrafen zu vermeiden. Der                russische Sputnik Deutschland                       für Sie im Netz: bjv.de,
nalistisch betriebene Angebot          DJV hatte kritisiert, dass künftig           (de.sputniknews.com) mit 47 Pro-                    facebook.com/bjvde und
weiter etablieren.                     Privatunternehmen wie Facebook               zent.                                               am Freitag bjv.de/newsletter.
Apropos Datenjournalismus: Es          die Grenzen der Meinungsfreiheit
muss ja nicht immer hochkompli-        im Netz willkürlich festlegen
                                                                                                                 Der Autor
ziert und aufwändig sein: Ganz         könnten. Er ruft Journalisten und                                         Thomas Mrazek (@tmrazek) arbeitet als freier Jour-
schlicht fragt etwa Zeit Online seit   Medien auf, alle Löschungen ih-                                           nalist in München und betreut die Netzaktivitäten
März seine Leser: „Wie geht es         rer Postings in sozialen Medien                                           des BJV; thomas-mrazek.de.
uns?“ „Wir wollen besser verste-       zu dokumentieren: bjvlink.de/                                             Foto: Günter Distler

hen, wie es Ihnen, den Leser/-in-      netzdg.

BJVreport 5/2017                                                                                                                                                          5
Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
Verband

Abgesang auf den Bildjournalismus?
Honorare bewegen sich häufig weit unter dem Mindestlohn,
freie Kollegen können kaum mehr von der Fotografie leben
Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r

Thomas Geiger malt ein düsteres Bild: „Den          Profiwissen – und hat seinen Preis. Aber wo         Kündigung für unwirksam und vertritt die
klassischen Bildjournalisten wird es nicht          liegt dieser?                                       Ansicht, dass die gemeinsamen Vergütungs-
mehr lange geben“, vermutet der Vorsitzende             Zunächst einmal: Es gibt sie, die Honorar-      regeln weiter durchgesetzt werden können.
der Fachgruppe Bildjournalisten im BJV. Weil        vorgaben, an denen sich freie Fotojournalis-        Und selbst, wenn dies nicht der Fall sein soll-
sich Honorare häufig weit unter dem Min-            ten orientieren können. Der Jurist Dennis           te, geht der Jurist davon aus, dass sich Ge-
destlohn bewegen, die Zeitungen an freie Fo-        Amour, Geschäftsführer des BJV, verweist            richte daran orientieren werden, wenn es um
tografen zahlen. Weil ganze Arbeitsfelder           hier als Erstes auf die „Vergütungsregeln für       die Festlegung angemessener Honorare geht.
wegfallen. Weil der Markt überschwemmt              hauptberufliche Journalisten/-innen an Ta-              Auch in den Richtlinien der Mittelstands-
wird mit Billigmaterial. Weil im Digitalzeital-     geszeitungen“. Die Vereinbarung zwischen            gemeinschaft Foto-Marketing (mfm) finden
ter schon Amateurfotografen passable Bild-          Journalistenverbänden und dem Bundesver-            sich laut Amour Honorarvorgaben für Bild-
ergebnisse erreichen können. Weil Redak-            band Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)              beiträge in redaktionellen wie aber auch
tionen mit Buy-Out-Fotografen sämtliche             beinhaltet nicht nur Angaben zu verbindli-          werblichen Medien. Die Honorare für Foto-
Nutzungsrechte einkassieren wollen.                 chen Mindesthonoraren für Text-, sondern            nutzungen in Deutschland werden hier jähr-
   Was Redaktionen dabei gerne zu verges-           auch für Bildbeiträge. Diese sind abhängig          lich neu ermittelt. In einer gut 100-seitigen
sen scheinen: Es geht bei einer Zeitung nicht       von Auflage, Abdruckgröße sowie Erst- und           Broschüre wird eine sehr differenzierte und
darum, ein halbwegs „schönes Bild“ zu dru-          Zweitdruckrecht und bewegen sich beim               umfangreiche Übersicht der marktüblichen
cken. Ein gutes Pressefoto zeichnet sich da-        Erstdruck zwischen 19,50 und 75,50 Euro.            Vergütungen für Bildnutzungsrechte gelie-
durch aus, dass es – wie ein guter Artikel –                                                            fert – nicht nur bezogen auf Fotojournalis-
eine Geschichte erzählt. Es dokumentiert den        BJV: „Kündigung der                                 mus. Gegenüber der Vorjahres-Übersicht sind
Lebensalltag der Menschen, beleuchtet Ereig-        Vergütungsregeln unwirksam“                         die Honorare für die reinen Print-Rechte 2017
nisse oder analysiert das Weltgeschehen.               Zwar hat der BDZV die Vergütungsregeln           übrigens um rund fünf Prozent gesunken.
Nicht von ungefähr lautet die offizielle Be-        zum 1. März gekündigt, nachdem der Gesetz-              Allerdings: Gesetzliche Vorgaben sind we-
rufsbezeichnung Fotojournalist und nicht            geber das Verbandsklagerecht beschlossen            der die Vergütungsregeln noch die
Pressefotograf. Dieses Handwerk braucht             hatte. Doch Amour betont: Der BJV hält die          mfm-Richtlinien, aber die Honorare gelten
                                                                                                        als angemessen, falls es zum Rechtsstreit
                                                                                                        kommt. „Das heißt aber auch: Nach oben
                                                                                                        kann der Fotograf jederzeit das verlangen,
                                                                                                        was er üblicherweise für seine Bilder be-
                                                                                                        kommt“, betont Amour. Übrigens auch wenn
                                                                                                        es etwa wegen Urheberrechtsverletzungen zur
                                                                                                        gerichtlichen Auseinandersetzung kommt.
                                                                                                            Doch hier noch einmal einen Schritt zu-
                                                                                                        rück. Immer häufiger kommt es vor, dass Fo-
                                                                                                        tografen in den Weiten des Internets eigenes
                                                                                                        Bildmaterial entdecken, das so nie weiterge-
                                                                                                        reicht, so nie honoriert wurde. Amour emp-
                                                                                                        fiehlt, die Urheberrechtsverletzung im ersten
                                                                                                        Schritt zu dokumentieren, zum Beispiel mit
                                                                                                        einem Screenshot der Website. „Ruhe bewah-
                                                                                                        ren und bei der Rechtsberatung des BJV an-
                                                                                                        rufen“, lautet sein nächster Tipp. Gemeinsam
                                                                                                        kann dann das weitere Vorgehen beraten wer-
                                                                                                        den. Bei Urheberrechtsverletzungen bestehen
Leserfotos kosten Zeitungen nichts, bei Stock-Foto-Agenturen gibt es Bildmaterial für wenige            Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentli-
Cent. Und auch die neuen Kriterien der Google-Bildersuche machen Pressefotografen das Leben             chung, auf Auskunft darüber, wie lange das
schwer.                                                                      Foto: Michaela Schneider   Bild schon veröffentlicht ist, wie man das Ver-

6                                                                                                                                         BJVreport 5/2017
Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
Verband

vielfältigungsstück erlangt hat – und schließ-   nalisten wegfallen, ist den Einsatzkräften in    Fehlanzeige! Das heißt: Websites, die mit Fo-
lich auf Schadensersatz. Dessen Höhe hängt       der Regel kaum bewusst.                          tos arbeiten, verzeichnen drastische Rückgän-
dann von der Nutzungsdauer und den übli-            Und schließlich macht laut dem Vorsit-        ge bei den Besucherzahlen. Und bemerkbar
chen Honoraren des Fotografen ab. Denkbar        zenden der Fachgruppe Bildjournalisten seit      machen kann sich das auch monetär, wenn
ist auch eine nachträgliche Lizenzierung.        einigen Monaten Fotografen wie übrigens          ein Fotograf Anzeigen auf der eigenen Inter-
                                                 auch Redaktionen ein weiteres Thema zu           netseite platziert und die Werbeeinnahmen
„Bei einem Vertrag geht                          schaffen: Seit 1. März 2017 zeigt Google in      entsprechend sinken. Fotoverbände sehen
es nicht ums Knechten“                           seiner Bildersuche Fotos in der vollen Auflö-    Urheberrechte verletzt, der Verband Freelens
   Ein großes Problem der Branche sind           sung der Zielseite. Eine Nennung des Urhe-       e.V. hat bereits Ende März Klage beim Land-
längst Buy-Out-Verträge, wie sie Redaktio-       bers oder der professionellen Bilddaten?         gericht Hamburg eingereicht.
nen Text- wie Fotojournalisten immer wieder
vorlegen. Fachgruppenvorsitzender Geiger
warnt vor einer vorschnellen Unterschrift.           Besser verhandeln – sechs Tipps
„Ein Vertrag ist immer Verhandlung“, sagt er.
                                                     Christiane Krinner ist seit 25 Jahren selbstständige PR-Beraterin,
Dabei gehe es nicht ums Knechten, sondern            arbeitet als zertifizierter Coach und als Trainerin. Bei den

                                                                                                                                               Foto: Korbi Krinner
darum, einen gemeinsamen Nenner zu fin-              Coachings der Vorsitzenden der Fachgruppe Chancengleichheit im
den, mit dem beide Seiten zufrieden sind.            BJV liegt ein Schwerpunkt auf dem Thema „Verhandlungstraining
Auch Amour warnt: „Der zielgerichtete Blick          für Frauen“. Sie selbst kennt Verhandlungstechniken von beiden
aufs Honorar verblendet manchmal die Ge-             Seiten des Schreibtisches – und gibt sechs Tipps für die Praxis.
fahren, die im Umfang der Einräumung der
                                                     Die Komfortzone verlassen: „Der Kunde verhandelt sowieso nicht.“ „Die Redaktion kann
Nutzungsrechte stecken.“ Der Fotograf sollte
                                                     nicht mehr zahlen, der Spielraum ist ausgereizt.“ „Wenn ich nachfrage, bekomme ich
zum Beispiel hinterfragen: Werden einfache           vielleicht keine Aufträge mehr“: Spricht Christiane Krinner im Coaching übers Thema
oder ausschließliche Nutzungsrechte verge-           Verhandeln, wird sie von Seminarteilnehmern häufig mit einer geballten Ladung an
ben? Gewähre ich Exklusivität nur vorüber-           Bedenken konfrontiert. Wer mehr verdienen will, kommt jedoch nicht darum herum, die
gehend? Wie sieht es aus mit Drittverwer-            Komfortzone zu verlassen. Und meistens, so Krinners Erfahrung, sind die Bedenken
tungsrechten?                                        unbegründet. Etliche Redaktionen haben finanziellen Spielraum.
   Woran aber liegt’s, dass Fotohonorare in
                                                     Vorbereitung ist die halbe Miete: Vor Verhandlungsgesprächen sollten freie Journalisten
den Keller gefallen sind und sich etliche Ver-       zunächst die eigenen Erfahrungen analysieren, sagt Krinner. Was ist gut gelaufen bei
lage nicht an jenen Honorarsätzen orientie-          früheren Verhandlungen, wo hat es gehakt? Freiberufler müssen den Branchenwert sowie
ren, die als angemessen gelten? Geiger fallen        den Branchensatz kennen, ihren eigenen Wert kalkulieren und wissen, was sie erreichen
viele Punkte ein. Verlage bedienen sich bei          wollen. Überlegen sollte man sich: Mit welchen Argumenten könnte der Verhandlungs-
Stock-Agenturen wie Fotolia und zahlen hier          partner einen konfrontieren? Auf die Aussage „bei uns wird nicht mehr gezahlt“ helfen
                                                     laut Krinner oft schon Gegenfragen, zum Beispiel: „Warum halten Sie meine Forderung für
nur Centbeträge pro Bild. Zeitungen füllen
                                                     unangemessen?“
ganze Seiten mit Leserfotos. Weil das die Le-
serblattbindung fördere, argumentiert man-           Nicht nur aufs Honorar schauen: Wer verhandelt, sollte sich auch überlegen, welcher
che Redaktion. Thomas Geiger kann da nur             Zusatznutzen herausspringen könnte: etwa die Erstattung von Spesen, Paketlösungen,
den Kopf schütteln. „Ehe die Tageszeitung ei-        Folgeaufträge, Reputation oder die Möglichkeit zur Mehrfachverwertung.
nen Fotografen beauftragt, versucht sie ganz         Eigenlob stinkt nicht: „In Verhandlungen darf man sich ruhig auf die Schulter klopfen“,
einfach immer erst, ein kostenloses Bild zu          betont Christiane Krinner. Dazu gehört es, die eigene Position, den eigenen Wert zu
bekommen“, sagt er. Ganz egal ob Leserfoto,          kennen – und auch selbst zu würdigen. Zudem braucht es eine gute Präsenz, das heißt
Presseagenturbild oder Bildmaterial der örtli-       etwa: Freiberufler müssen Leistungen gut nachvollziehbar im Netz zeigen.
chen Rettungskräfte.
                                                     Die persönliche und die Sachebene trennen: In Verhandlungsgesprächen kann es
                                                     passieren, dass man für seine Forderungen persönlich angegangen wird. „Dann sollte
Kostenloses Fotomaterial                             man versuchen, schlagfertig zu sein, auch schon zum Selbstschutz“, sagt Krinner und
von Feuerwehren und Polizei                          betont: Selbst darauf kann man sich vorbereiten, indem man vorab überlegt, mit welchen
   Deshalb befindet sich der BJV übrigens            Angriffen man konfrontiert werden könnte. Gerade Frauen bekämen häufig gesagt: „Du
schon seit geraumer Zeit in Gesprächen mit           siehst das viel zu emotional!“. Hier empfiehlt Krinner darzulegen, dass in bestimmten
Polizei und Feuerwehren. Deren Mitarbeiter           Bereichen Emotion durchaus eine Stärke sein kann. Und frau dennoch in der Lage sei,
                                                     Situationen analytisch zu überblicken.
haben heute bei der Unfallaufnahme oder
beim Brandeinsatz in der Regel selbst eine           Den Mut haben, Nein zu sagen: „Keiner kann es sich leisten, ständig unter seinem
Digitalkamera oder das Smartphone dabei.             minimalen Stundensatz zu arbeiten“, sagt Krinner. Dann sei es sinnvoller, die Zeit anders
Nach dem Einsatz bieten sie den Redaktionen          zu nutzen. Wer verhandelt, muss deshalb ein „Nein“ einkalkulieren, falls es zu keiner für
das Bildmaterial kostenlos an – inzwischen           beide Seiten akzeptablen Einigung kommt. Krinner beobachtet aber auch, dass es nur
                                                     selten so weit komme. Und falls doch: aufstehen, Krone richten, weitermachen.
mancherorts sogar Bewegtbilder, wie Geiger
weiß. Dass damit Arbeitsplätze für Bildjour-

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Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
„Strukturen sind gegen uns“
Journalismus wird immer weiblicher. Blickt man in die Chefetagen,
zeichnet sich ein anderes Bild. Familie und Karriere lassen sich nach
wie vor schwer vereinbaren. Doch das ist nur einer der Gründe.
Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r
Frau im Spiegel Journalistinnen heute - zwischen Macho und Mieze - Fotohonorare oft weit unter Mindestlohn Demokratietraining - ein SZ-Versuch Der ...
Titel

                       L
                                   ange war Journalismus ein von Männern do-          det derzeit noch mit Stefan Plöchinger eine Doppelspitze.
                                   miniertes Pflaster. Noch in den 70er Jahren        Im März sprach sie als Impulsrednerin bei der Mitglie-
                                   war frau in mancher Redaktion allein auf           derversammlung des BJV in Regensburg über Chancen-
                                   weiter Flur. Doch das ist Vergangenheit. An        gleichheit. Eine Empfehlung: Onlineredaktionen ausbau-
                                   einigen Universitäten überwiegt in den Jour-       en und daran arbeiten, dass diese so ernst genommen
                       nalistik-Studiengängen inzwischen die Zahl der Studen-         werden wie der Rest des Hauses. Denn die Mehrzahl der
                       tinnen. Also alles gut aus Sicht der Gleichstellungsbeauf-     Berufseinsteiger sei weiblich – und gerade der Nach-
                       tragten? Nein, denn blickt man in die Chefetagen, zeichnet     wuchs sei hochqualifiziert fürs Onlinegeschäft.
                       sich ein anderes Bild. Von einer „desaströsen Situation“           Ein Blick auch auf den öffentlich-rechtlichen Rund-
                       spricht Rundfunkjournalistin Kathrin Buchner, Regional-        funk. Als Ulrich Wilhelm 2011 die Intendanz beim Baye-
                       sprecherin im Raum München des Vereins Pro Quote,              rischen Rundfunk antrat, holte er zwei Frauen ins Direk-
                       beim Blick auf die Regionalzeitungen. Und kritische Stim-      torium – mittlerweile ist es mit Birgit Spanner-Ulmer als
                       men mutmaßen auch, dass Journalismus vor allem weib-           Direktorin der Produktions- und Technikdirektion nur
                       licher werde, weil die Branche mehr und mehr in den            noch eine. Chefredakteurin gibt es keine. Noch eine Zahl:
                       Niedriglohnsektor abdriftet.                                   Von den 50 Mitgliedern des Rundfunkrates sind nur 15
                                                                                      weiblich. Immerhin: Schon seit langem gibt es im Haus
                       Weg an die Spitze folgt genauem Muster                         ein Frauennetzwerk, dieses wurde bei der Ausarbeitung
                           Christina Knorz stand bis in den Sommer bayernweit des Gleichstellungskonzepts 2017 angehört. Doch die Zu-
                       als einzige Frau an der Redaktionsspitze einer Regional- geständnisse halten sich in Grenzen. Erreichen wollten
                       zeitung mit eigener Mantelredaktion. Das ist Vergangen- die Frauen eine paritätische Besetzung von Arbeitsgrup-
                       heit – und zum 1. Oktober wurde die einstige Chefredak- pen – zugestanden hat man ihnen, dass es keine Arbeits-
                       teurin des Nordbayerischen Kuriers ganz freigestellt. Noch gruppe ohne weibliche Beteiligung geben wird. Disku-
                       im Frühjahr hatte sie via Videobotschaft dem Verein Pro tiert wird laut Artikel im BR-Intranet eine weitere
                       Quote „Ihr herzlichstes Beileid“ zum fünften Geburtstag Forderung der Frauen: keine Sitzungen nach 16 Uhr.
                       ausgerichtet. Sie befürchte, dass die Initiative noch viel         „Die Strukturen sind gegen uns“, sagt Christiane Krin-
                       älter werden müsse, bis sie                                                               ner, Vorsitzende der Fachgrup-
                       ihren Zweck erfüllt habe, er-           „Man hat Vorbilder als                            pe Chancengleichheit im BJV.
                       klärte sie da. Tageszeitung sei         Journalistin und als Mutter. Kind- und Karriereplanung
                       eben kein modernes Medium,                                                                geschehen zu ähnlichen Zeiten
                       der Weg an die Spitze folge             Aber es gibt zu wenige                            und Unternehmen leisten we-
                       immer noch einem ganz ge-               Vorbilder, die beides sind.“ nig Beitrag, Müttern einen
                       nauen Muster: Studium und               Lisa Böttinger, freie Journalistin                Einstieg nach der Babypause
                       Praktika, Volontariat, Redak-                                                             zu erleichtern. Auch sehe man
                       teur, Redaktionsleiter, Sprung ins Führungsteam und von oft: Männer stellten lieber Männer ein. Doch bei aller
                       dort aus an die vorderste Spitze – und das möglichst in Kritik an verkrusteten Strukturen sieht Krinner auch,
                       einem Alter unter 40 Jahren. Heißt gleichzeitig: Kommt dass sich Frauen in Sachen Karriere gelegentlich selbst im
                       Frau aus der Babypause, sind die Posten schon vergeben. Weg stehen: Weil sie zu Zurückhaltung erzogen wurden,
                           Die Passauer Neue Presse beschäftigt mit Carola Hol- sich beim Verhandeln schwertun und der Job gern als
                       ler immerhin noch eine stellvertretende Chefredakteurin. Selbstverwirklichung gilt, Geld und Karriere indes als
                       Und die Mittelbayerische Zeitung hat im Sommer dieses zweitrangig betrachtet werden.
                       Jahres die 31-jährige Andrea Fiedler als Vize-Chefredak-
                       teurin an die Zeitungsspitze befördert. Heißt im Um- Pro Quote legt die Messlatte noch höher
                       kehrschluss: Bei den übrigen Regionalzeitungen bestim-             2012 war der Verein Pro Quote mit seiner Forderung
                       men die Herren das Redaktionsgeschehen. Laut Pro nach 30 Prozent weiblichen Führungskräften in Medien-
                       Quote sind sage und schreibe 95 Prozent der Chefredak- berufen an die Öffentlichkeit gegangen. Im Juli dieses
                       teure der gut 100 Regionalblätter in Deutschland, die Jahres legte er die Messlatte mit 50 Prozent noch ein
                                                                     noch     den Stück höher. Dabei ist das Thema Quote auch unter
                             „Männer protegieren Mantel selbst Frauen strittig – vor allem aus Angst vor dem Stempel
                             eher Männer.“                           produzieren, „Quotenfrau“. Kathrin Buchner sieht dies nüchtern: Ein
                                                                     Männer.          paar wenige Frauen könnten die Strukturen eben nicht
                             Marion Trutter, Journalistinnenbund
                                                                        Und wie ändern, dafür brauche es ein kollektives Aufbegehren.
Foto: Patty Varasano

                       sieht es bei Bayerns Print-Aushängeschild, der Süddeut- Und das sei nur mit entsprechend vielen Frauen an der
                       schen Zeitung, aus? „Die steht auch nicht besser da“, sagt Spitze möglich. Die bisher größten Erfolge der Quoten-
                       Buchner. Immerhin wurde mit Julia Bönisch Ende 2016 forderung verortet Buchner übrigens andernorts: Man-
                       eine Frau zur Chefredakteurin von sz.de ernannt und bil- ches Medienunternehmen sei sich der Problematik und

                                                                                                                                              9
Titel

             Verantwortung überhaupt erst bewusst geworden. Werde beim Fernsehsender und in der Schule war. Mittlerweile
             wieder ein Mann an die Spitze befördert, stünden die arbeitet die 30-Jährige als freie Journalistin, bekam aber
             Entscheider zumindest unter Rechtfertigungsdruck. Al- noch während eines DJS-Praktikums angeboten, regel-
             lerdings kritisiert sie auch: „Es wird mehr über die Quote mäßig im Schichtsystem für sz.de zu arbeiten. „Es ist
                                                          gesprochen, nicht einfach, Familie und Arbeit unter einen Hut zu
                   „Junge Kolleginnen                     als dass man bringen“, sagt die zweifache Mutter. Und brennt trotz-
                                                          sich an die dem – oder auch erst recht – für ihre Arbeit. Wünschen
                   wissen sehr genau,                     Um s e t z u n g würde sie sich mehr Vorbilder, die Mutter und Journalis-
                   was sie wollen, und                    macht.“          tin sind. In dem Zusammenhang verweist sie auf eine
                   sind sehr ehrgeizig.“                      Was    also  Studie aus dem Jahr 2006, die ergab: Die deutsche Durch-
                   Henriette Löwisch,                     muss  noch  ge-  schnittsfrau hat 1,6 Kinder, die Journalistin nur 0,5. Sie
                   Leiterin der Deutschen                 schehen?    Die  empfiehlt Kolleginnen, offen auf der Arbeit über Schwie-
                   Journalistenschule                     freie Journa- rigkeiten zu sprechen und in Partnerschaft und Familie
                                                          listin Marion die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung einzufordern.
             Trutter sagt: „Frauen brauchen eigene Netzwerke.“ Seit           Und was sollte sich in Verlagen ändern? Arbeit im
             über 20 Jahren ist sie Mitglied im Journalistinnenbund, Schichtbetrieb, Gleitzeit, Konferenzen zu fairen Zeiten,
             seit fünf Jahren eine der zwei Münchner Regionalgrup- Homeoffice, gesplittete Führungspositionen, Elternkin-
             pensprecherinnen. Zwar will sie sich hier demnächst zu- derzimmer und Betriebskindergärten sind nur einige
             rückziehen, doch nur, um sich noch intensiver auf die Punkte, die die Gesprächspartnerinnen listen.
             Arbeit im BJV konzentrieren zu können als Mitglied im            Henriette Löwisch, neue DJS-Leiterin, betont: „Es gibt
             Vorstand der Fachgruppe freie                                                           wenige Menschen, die ihre
             Journalisten und Beisitzerin im
                                                        „Eine Frau allein kann die Zeit so stringent einteilen und
             Landesvorstand. Zwei Hauptziele                                                         so effektiv arbeiten wie junge
             verfolgt der Journalistinnen-              Strukturen nicht ändern, Mütter. Das ist eine großartige
             bund: Im Netzwerk unterstützen             es braucht ein kollektives Qualifikation.“ Apropos: In
             sich Kolleginnen gegenseitig; und                                                       Sachen Qualifikation nehmen
                                                        Aufbegehren.“
             analysiert wird, wie Medien über                                                        sich die männlichen und weib-
                                                        Kathrin Buchner, Pro Quote
             Frauen in Politik und Gesell-                                                           lichen Bewerber an der DJS
             schaft berichten. Aus der Koope-                                                        laut deren Leiterin nichts. Jun-
             ration des Journalistinnenbundes mit anderen Frauen- ge Kolleginnen träten selbstbewusst auf und wüssten sehr
             netzwerken hervorging 2015 auch der Thementag „Media genau, was sie wollen. Als ganz praktische Tipps gibt Lö-
             Women Connect“ bei den Münchner Medientagen. Beob- wisch mit auf den Weg: ein Sprechtraining, um sich in
             achtet habe man, dass dort wie auf vielen anderen Podien männerdominierten Runden Gehör zu verschaffen; sich
             kaum weibliche Experten sitzen, so Trutter. „Wir sagten: Mentorinnen suchen; an der Selbstvermarktung arbeiten.
             Hey, wir müssen viel sichtbarer werden, schließlich gibt es
             jede Menge tolle Medienfrauen.“ Verschiedene Frauen-
             netzwerke schlossen sich zusammen und gestalten seither            Gender im BJV
             ein Aktionsforum bei den Medientagen (mehr auf Sei-
                                                                                Von 7389 Mitgliedern sind 3259 Frauen. Das ent-
             te 15).
                                                                               spricht 44 Prozent. Doch wie sieht es auf der Funk-
                                                                               tionärsebene aus? Von den fünf Bezirksverbänden
             Kind und Karriere? Ein Beispiel                                   werden drei von Frauen angeführt. Bei den elf
                 Bleibt die Frage: Lassen sich Kind und Karriere wirk-         Fachgruppen sind acht durch Männer besetzt. Wenn
             lich kaum vereinbaren? Eine, die Kolleginnen Mut ma-              man bei beiden Gruppierungen in die Vorstände
             chen will, ist die 30-jährige Lisa Böttinger mit ihrem Blog       schaut (bis zu vier Stellvertreter sind dort gewählt),
                                                                               sieht es folgendermaßen aus: 20 Männer und 21
             www.mammalocker.de. Im Oktober 2012 startete die in-
                                                                               Frauen bestimmen das Fachgruppenleben. Lediglich
             zwischen zweifache Mutter ihre Ausbildung an der Deut-
                                                                               die FG Chancengleichheit besteht ausschließlich
             schen Journalistenschule (DJS) in München. Zwei Mona-             aus Damen, die FG Bild ausschließlich aus Männern,
             te später erfuhr sie, dass sie schwanger ist. „Erstmal            sonst ist es gemischt. Bei den Bezirken treffen zehn
             stürzte für mich eine kleine Welt zusammen“, sagt sie. Ein        Männer auf neun Frauen. Bleibt noch der geschäfts-
             Ausbildungsabbruch kam für sie nicht in Frage – und bei           führende Vorstand. Zwei Damen (die beiden Stell-
             der DJS wie auch bei ihrer Familie erfuhr sie volle Unter-        vertreterinnen) treffen auf drei Männer. Und in der
                                                                               Geschäftsstelle – inklusive der Presseabteilung: elf
             stützung. Als das Kind zur Welt kam, setzte sie nur vier-
                                                                               Frauen (Sekretariat – 6, Juristen – 4, Presse – 1)
             einhalb Monate aus und holte den Radiopart und ein
                                                                               und drei Männer. (Juristen – 2, Presse – 1).
             Praktikum nach. Ihre Familie reiste abwechselnd nach                                                               (mb)
             München, um das Baby zu hüten, während die Mama

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Titel

Erfolg im Dutzend
Zwölf Journalistinnen im Porträt: wie sie wurden, was sie sind

                                               J
Vo n S e n t a K ra s s e r
                                                            ournalistinnen haben es im Beruf schwerer als ihre männlichen Kollegen? Mag sein. Die Statistik aus den Chef-
                                                            etagen der Redaktionen spricht dafür. Trotzdem sind Frauen, wenn man in die Journalistenschulen und Aus-
                                                            bildungsstätten schaut, in der Überzahl. Was auf sie zukommt? Wir stellen hier zwölf Kolleginnen vor, die es,
                                                            jede auf ihre Weise, geschafft haben. Die sich durchgeboxt haben (oder es noch tun). Für die keine Hürde im
                                                            Journalismus zu hoch ist. Und die Mut machen auf dem Weg nach oben.

                                                     Julia Bönisch                                                                          Christine Auerbach
                                                     Chefredakteurin SZ.de                                                                  Feste Freie, Bayerischer Rundfunk
                                                                               Jung, weiblich, digital und in ei-                                                     Manchmal muss es schnell ge-
                                                                               ner Führungsposition – wollen                                                          hen. Ein Hilferuf aus der Redak-
                                                                               Organisatoren Runden mit er-                                                           tion, Koffer packen und schon
                                                                               grauten Zeitungsherren über          Foto: Matthias Kestel                             geht es los, nach Wien zum Bei-
                              Foto: Bastian Linder

                                                                               fünfzig auflockern, suchen sie                                                         spiel zum Studio des BR Hör-
                                                                               händeringend nach Kolleginnen                                                          funk, wo ein Kollege ausgefallen
                                                                               wie Julia Bönisch. „So viele von                                                       ist. Christine Auerbach über-
                                                                               unserer Sorte gibt es ja nicht“,                                                       nimmt dann kurzzeitig die Ver-
                                                     scherzte die Chefredakteurin von SZ.de im Frühjahr auf                                 tretung. Seit die frühere DJSlerin und inzwischen mehr-
                                                     dem Journalistentag des BJV. Und doch sieht sich Bönisch                               fach preisgekrönte Radioreporterin (unter anderem CNN
                                                     nicht in der Rolle der offensiven Lautsprecherin: Wer von                              Journalist Award) vom Schlusspraktikum nahtlos in eine
                                                     innen heraus etwas verändern wolle, brauche andere Me-                                 12A-Stellung beim BR übergegangen ist, kommen solche
                                                     thoden als den Frontalangriff. Ihre eigenen Methoden,                                  Feuerwehreinsätze immer wieder mal vor. Sie sei super-
                                                     Durchsetzungskraft und Humor, haben sie heuer an die                                   flexibel, sagt Auerbach, schränkt aber ein: solange sie kei-
                                                     Spitze der Online-Redaktion der SZ gebracht.                                           ne Kinderbetreuung organisieren müsse.
                                                     ❱❱ Erstens: Entscheidet euch! Wollt ihr einen Chef-Titel                               ❱❱ Geschichten spielen draußen und selten am Bildschirm.
                                                     oder die Freiheit als Reporterin? Beides geht nicht.                                   Deshalb: Geht raus, verliert nicht die Neugier – sagt aber
                                                     Zweitens: Arbeitet an euren Schwächen! ❰❰                                              auch mal Nein, selbst wenn das manchmal schwierig ist. ❰❰

                                                     Lea Hampel                                                                             Johanna Wild
                                                     Mit-Gründerin des Büros „Affe im Kopf“                                                 Gründerin des Start-ups Wafana
                                                                               Jerusalem, Paris, Barcelona oder                                                     Gründerinnen? Sind in Bayern
                                                                               London, Lea Hampel hat nach                                                          so rar wie Chefredakteurinnen
                                                                               ihrer Ausbildung an der DJS in                                                       bei Zeitungen. Johanna Wild ist
                                                                               vielen aufregenden Städten ge-                                                       trotzdem das Risiko Start-up
                              Foto: Magdalena Jooß

                                                                                                                    Foto: Thomas Imo

                                                                               lebt und von dort aus für Zeitun-                                                    eingegangen. Im Vorjahr grün-
                                                                               gen wie Die Zeit und Süddeut-                                                        dete sie Wafana, „die erste Fact-
                                                                               sche berichtet. Sie kennt die                                                        checking-Agentur          Deutsch-
                                                                               täglichen Hürden als Journalis-                                                      lands“. Seither reist sie mit ihren
                                                     tin, zumal als freie; das Lampenfieber etwa vor dem An-                                Mitstreitern durch die Republik und coacht Redaktionen
                                                     ruf bei einem neuen Medium, für das man arbeiten                                       im Umgang mit Fake News. Auch eine Software ist in der
                                                     möchte. 2011 ging Hampel ein noch größeres Wagnis                                      Entwicklung. Dass sie einmal in der männerdominierten
                                                     ein: Mit neun Kollegen (darunter Christine Auerbach)                                   Start-up-Welt landen würde, war nicht geplant, erscheint
                                                     gründete sie in München das multimediale Redaktions-                                   der Münchner Journalistin aber rückblickend wie eine lo-
                                                     büro „Affe im Kopf “. Ihr Mut zahlte sich aus. Das Bun-                                gische Fortführung. Vier Jahre lang baute Wild in Kigali
                                                     deswirtschaftsministerium förderte das Konzept mit dem                                 mit lokalen Journalisten eine Medienorganisation auf
                                                     Preis „Kultur- und Kreativpiloten“.                                                    und produzierte Radiosendungen.
                                                     ❱❱ Man kann Menschen um Hilfe bitten, man kann mehr                                    ❱❱ Habt keine Angst, euch auf die neue Medienwelt einzu-
                                                     Geld fordern, man kann sagen ,ich kann das‘, auch wenn                                 lassen! Sie bietet so viele Möglichkeiten, neue Formate
                                                     man sich nur zu 95 Prozent sicher ist. ❰❰                                              auszuprobieren oder ein eigenes Start-up zu gründen. ❰❰

BJVreport 5/2017                                                                                                                                                                                     11
Titel

                                     Andrea Rexer                                                                       Jana Wiske
                                     Leiterin Finanzen und Plan W, Süddeutsche Zeitung                                  Sportjournalistin, Professorin und Autorin
                                                              Dass man nicht zwangsläufig                                                         Schon als Kind hatte Jana Wiske
                                                              eine der großen Journalisten-                                                       einen Traum: Einmal ein Fuß-
                                                              schulen durchlaufen muss, um                                                        ball-WM-Finale zu kommentie-
                                                              später Karriere zu machen, be-                                                      ren. Trotz aller (sport-)journalis-
             Foto: Studio Blende11

                                                              weist Andrea Rexer. Sie ent-                                                        tischer Ambitionen entschied sie

                                                                                                   Foto: Udo Dreier
                                                              schied sich ganz bewusst für das                                                    sich zunächst für ein solides
                                                              „Passauer Modell“, in dem Studi-                                                    BWL-Studium. Im Jahr 2000 er-
                                                              um und Volontariat gekoppelt                                                        gatterte sie ein Volontariat beim
                                     sind inklusive vieler attraktiver externer Stationen. Bis                          bekanntesten deutschen Fußballmagazin kicker und etab-
                                     nach Buenos Aires zur dpa verschlug es die heute 36-Jäh-                           lierte sich dort bis 2017 als Redakteurin in der Männer-
                                     rige. Die erste Festanstellung, beim Wirtschaftsmagazin                            domäne Sportjournalismus.
                                     profil in Wien, war ein Triumpf (direkt nach dem Studi-                            Nach mehreren Lehraufträgen, die sie seit 2006 parallel
                                     um!) und zugleich ein Kulturschock („Ja, Österreicher                              an deutschen Hochschulen erfüllt hatte, wechselte Wiske
                                     sind anders!“) für die junge Journalistin. Aber sie biss                           hauptberuflich in die Wissenschaft. Mit der Übernahme
                                     sich durch, fand etwa in Esther Mitterstieler, heute Che-                          einer Professur an der Hochschule Ansbach mit den
                                     fin von News, eine wertvolle Ratgeberin. Inzwischen ist                            Schwerpunkten Ressortjournalismus und Unterneh-
                                     Rexer selbst eine Chefin. In diesem Jahr übernahm sie als                          menskommunikation betritt die 42-Jährige ab Oktober
                                     Finanzredakteurin der SZ zusätzlich die Leitung von                                2017 erneut ein von Frauen unterrepräsentiertes Terrain.
                                     Plan W. Das Magazin will sie zu einer Instanz beim The-                            Fast zeitgleich erscheint mit „Die Elite“ im Halem Verlag
                                     ma „Frauen in der Wirtschaft“ führen und lässt keinen                              ihre Doktorarbeit, in der sie sich der Live-Berichterstat-
                                     Zweifel aufkommen, dass es ihr gelingen wird.                                      tung im deutschen Spitzensport aus der Sicht von Sport-
                                     ❱❱ Frauen neigen dazu, besonders fleißig sein zu wollen.                           journalisten widmet.                           Nicole Heupel
                                     Konzentriert euch darauf, gut zu sein! Und gebt Acht im                            ❱❱ Man sollte auch offen sein für Presse- und Öffentlich-
                                     Privaten: Der größte Karrierekiller ist ein egoistischer                           keitsarbeit. Erstens, um die andere Seite zu verstehen.
                                     Partner. ❰❰                                                                        Zweitens, um dort gegebenenfalls Fuß fassen zu können. ❰❰

                                     Andrea Kümpfbeck                                                                   Barbara Brandstetter
                                     Ressortleiterin Bayern und Welt, Augsburger Allgemeine                             Professorin für Wirtschaftsjournalismus, Neu-Ulm
                                                               Müsste man Andrea Kümpfbeck                                                       Journalismus, da war sich Barba-
                                                               mit einem einzigen Adjektiv be-                                                   ra Brandstetter nach dem Biolo-
                                                               schreiben, dann mit diesem: Sie                                                   giestudium sicher, sei genau das
                                                               ist furchtlos. Schon als Chefre-                                                  Richtige für sie. Statt im Labor
             Foto: Ulrich Wagner

                                                                                                   Foto: Anja Koehler

                                                               porterin der Augsburger Allge-                                                    zu forschen, lieber was mit Spra-
                                                               meinen kämpfte sie sich nach der                                                  che und Literatur. Das Entsetzen
                                                               Jahrtausendwende durch die                                                        war groß, als man sie im Prakti-
                                                               Tsunami-Gebiete in Südostasien,                                                   kum bei der Rheinpfalz der
                                     scheute nicht die Reise in Bürgerkriegsländer wie den                              Wirtschaftsredaktion zuteilte – sie, die bis dato absolut
                                     Irak und hatte wiederholt das Leid vor Augen in den                                nichts mit Wirtschaft zu tun hatte? Bald lernte sie, dass
                                     Hunger- und Dürreländern Afrikas und Asiens. Den Le-                               Wirtschaftsberichterstattung mehr ist als schnöde Zah-
                                     sern aus erster Hand zu berichten statt Secondhand-Jour-                           lenhuberei und fast jeden Lebensbereich in irgendeiner
                                     nalismus zu betreiben, ist Kümpfbecks Antrieb, gleich ob                           Form tangiert. So schrieb die Praktikantin etwa über den
                                     sie in Bayern unterwegs ist oder in Bangladesch. Als wäre                          Polen Josef, der seit vielen Jahren in die Pfalz kam, um
                                     es speziell auf sie zugeschnitten, übernahm die Kosmo-                             bei der Spargelernte zu helfen, oder über den Marken-
                                     politin mit Wurzeln in Niederbayern 2008 die Leitung                               wahn bei Jugendlichen. Ihre Begeisterung für den Ver-
                                     des AZ-Ressorts „Bayern und Welt“. Ihre Vorgesetzten                               braucherjournalismus war geweckt. Wer sich heute für
                                     hätten sie stets unterstützt und gefördert und zu dem ge-                          Journalismus interessiert, der Lebenshilfe gibt und Ent-
                                     macht, „was ich heute bin“, sagt Kümpfbeck. Sie genieße                            scheidungen erleichtert, kommt an Barbara Brandstetter
                                     viel Freiheit und berichte nach wie vor regelmäßig aus                             nicht vorbei. Ihr Lehrbuch Verbraucherjournalismus gilt
                                     allen Ecken der Welt. Für eine Regionalzeitung ist das                             als Standardwerk. Seit 2011 ist sie Professorin für Wirt-
                                     nicht selbstverständlich.                                                          schaftsjournalismus und -kommunikation in Neu-Ulm.
                                     ❱❱ Glänzt durch gute Arbeit, kämpft für eure Geschichten                           ❱❱ Setzt euch Ziele, seid offen für Neues! Und vergesst
                                     und solidarisiert euch mit Kolleginnen – so wie es Männer                          nicht, immer an euch zu arbeiten. Als Expertin auf einem
                                     in ihren Machtzirkeln erfolgreich tun. Aber bleibt Frau. ❰❰                        Gebiet kommt ihr voran. ❰❰

12                                                                                                                                                                      BJVreport 5/2017
Titel

                                                   Lina Timm                                                                           Andrea Fiedler
                                                   Leiterin MediaLab Bayern                                                            Vize-Chefredakteurin, Mittelbayerische Zeitung
                                                                             Sich „Bossy“- und „Sensibel-                                                       Ihr Einstieg in den Beruf war
                                                                             chen“-Sprüche anhören zu müs-                                                      klassisch: Ratssitzungen, Schul-
                                                                             sen, das sei schon „krass an-                                                      feste, Vereinsehrungen – als
                                                                             strengend“, las man unlängst in                                                    schreibende und fotografierende

                                                                                                                 Foto: Stefan Gruber
                                                                             Lina Timms Twitter-Timeline,                                                       Lokalreporterin bei der Mittel-
                   Foto: Erol Gurian

                                                                             was so gar nicht zu ihrem öffent-                                                  bayerischen Zeitung sammelte
                                                                             lichen Auftreten passen mag.                                                       Andrea Fiedler schon früh jour-
                                                                             Denn wenn die Leiterin des Me-                                                     nalistische Erfahrung, zunächst
                                                   diaLab Bayern, dem Gründerzentrum der Bayerischen                                   im Praktikum, später als freie Mitarbeiterin und Volontä-
                                                   Landeszentrale für neue Medien, die Podien betritt, dann                            rin. Ihr Aufstieg in die Chefetage der Regensburger Zei-
                                                   stets souverän und wortgewandt. Mit gerade einmal 30                                tung in diesem Sommer ist indes alles andere als typisch.
                                                   Jahren ist sie Bühnenprofi, der keinerlei Verunsicherung                            Es erinnert an Roulette, wenn es in den bayerischen Me-
                                                   erkennen lässt. Applaus ist ihr immer sicher. Nach dem                              dienhäusern (und auch außerhalb) doch mal eine Frau an
                                                   DJS-Diplom kam Timm über einen studentischen Job bei                                die Spitze schafft, und sei es als Stellvertreterin von
                                                   der BLM in ihre heutige Leitungsposition. Sie hatte das                             männlichen Kollegen. Wie sie es geschafft hat? Weil sie
                                                   Konzept entwickelt, wie Medienleute im Digitalen besser                             hartnäckig sei und wisse, wohin sie möchte, antwortet die
                                                   Start-ups gründen. Keiner kam auf sie zu, ob sie nicht die                          31-Jährige, die zuvor auch Möglichkeiten beim ZDF in
                                                   Leitung des Labs übernehmen wolle. Also brachte sich                                Mainz, bei der Frauenzeitschrift Myself in München und
                                                   Timm bei ihrem Chef selbst ins Rennen. Und so wurde                                 beim UNHCR in Berlin getestet hat. Weil ihr Herz am
                                                   aus der Journalistin, die weiter frei schreibt etwa für die                         Lokaljournalismus hängt, kehrte Fiedler zurück in die
                                                   Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, eine Medienma-                              Heimat. Insbesondere mit ihren Kenntnissen im Digita-
                                                   nagerin, die für viele Frauen Vorbild ist.                                          len machte sie sich bei der MZ unersetzlich.
                                                   ❱❱ Wenn ihr gefragt werdet, sagt einfach zu – und denkt                             ❱❱ Bleibt neugierig! Technische Veränderungen und Wan-
                                                   erst später nach, ob das eine gute Idee war. Ihr könnt viel                         del gehören zum journalistischen Alltag – das macht ihn
                                                   mehr, als ihr euch zutraut. ❰❰                                                      aber spannend. ❰❰

                                                   Jeanne Rubner                                                                       Elisabeth Schlammerl
                                                   Leiterin Wissenschaft und Bildungspolitik, BR-Hörfunk                               Freie Sportreporterin, unter anderem FAZ
                                                                            Sie ist der Beweis, dass Kind und                                                   „Für ne Frau haben Sie viel Ah-
                                                                            Karriere doch gut zusammenge-                                                       nung von Fußball“, lobte einst
                   Foto: Alessandra Schellnegger

                                                                            hen. Vier Kinder hat die promo-                                                     der raubeinige Ex-Bundesliga-
                                                                            vierte Biophysikerin auf die Welt                                                   Trainer Werner Lorant Elisabeth
                                                                                                                 Foto: Thomas Mrazek

                                                                            gebracht und stets voll gearbeitet                                                  Schlammerl. Die 1962 geborene
                                                                            als Politik- und Wissenschaftsre-                                                   Münchnerin registrierte dieses
                                                                            dakteurin bei der Süddeutschen                                                      Lob gerne. Die von Männern ge-
                                                                            Zeitung. Dass ihr Nachwuchs                                                         prägte Welt des Profifußballs
                                                   „weder neurotisch noch verwahrlost“ sei, verdanke sie,                              hatte es ihr schon als Zehnjährige angetan. Heute beglei-
                                                   wie Jeanne Rubner in einem Beitrag für die Emma ver-                                tet sie vor allem den FC Bayern und schreibt frei für Zei-
                                                   riet, nicht zuletzt ihrem Mann. Frauen müssten in der                               tungen wie FAZ und Tagesspiegel sowie auf Online-Porta-
                                                   Kinderfrage ihre Männer generell mehr in die Pflicht                                len. Basiswissen habe sie von allen Disziplinen, im Winter
                                                   nehmen. Allerdings hätten es ihr die vor allem männli-                              schreibt sie gerne über Schneesportarten. Bei mehreren
                                                   chen Vorgesetzten nicht immer leicht gemacht. Gut, sie                              Sportbiografien wirkte sie als Co-Autorin mit. Nach dem
                                                   habe, nachdem sie aus dem Praktikum unmittelbar in die                              BWL-Studium absolvierte Schlammerl ein Volontariat
                                                   Festanstellung kam, unverschämt schnell das erste Kind                              beim Münchner Merkur und arbeitete dort zwölf Jahre als
                                                   bekommen. Aber die Reaktion der Kollegen (Gott, jetzt                               Sportreporterin, bevor sie zur FAZ wechselte. Nicht mal
                                                   kann sie abends nicht länger bleiben) spreche dafür, dass                           zehn Prozent der Sportjournalisten sind Frauen. Arg-
                                                   die SZ in ihrer Binnenstruktur weniger liberal sei, als sie                         wohn verspürte sie eher bei männlichen Kollegen denn
                                                   sich nach außen gebe. 2012 wechselte Rubner zum BR.                                 bei Sportlern. Ihr Wissen lehrt sie auch an Hochschulen
                                                   Die Lust, mit 50 Neues zu wagen, überwog. Und famili-                               in München und Tübingen. Seit dem Frühjahr engagiert
                                                   enfreundlicher soll es bei den Öffentlich-Rechtlichen                               sie sich als zweite Vizepräsidentin des Verbands Deut-
                                                   auch zugehen.                                                                       scher Sportjournalisten (VDS).             Thomas Mrazek
                                                   ❱❱ Es klappt im Beruf, wenn man authentisch ist und nicht                           ❱❱ Nachwuchskolleginnen sollten sich möglichst breit
                                                   nur sich, sondern auch Kindern und Mann mehr zutraut. ❰❰                            aufstellen und in alle Mediengattungen reinschnuppern. ❰❰

BJVreport 5/2017                                                                                                                                                                              13
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