Rundum gesund. Leitlinie Gesundheit: Herausforderungen begegnen, Perspektiven schaffen, Lebensqualität fördern - Muenchen.de

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Perspektive München | Konzepte

                    Rundum gesund.
                    Leitlinie Gesundheit: Herausforderungen begegnen,
                    Perspektiven schaffen, Lebensqualität fördern.

                                                               Perspektive
                                                               München
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Leitlinie Gesundheit | Inhaltsverzeichniss

Inhaltsverzeichnis

1. Herausforderungen in der Gesundheitspolitik   6
2. Grundsätze der Münchner Gesundheitspolitik    8
3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit         10
3.1 Gesundheitliche Chancengleichheit            11
3.2 Prävention und Gesundheitsförderung          15
3.3 Gesundheitsförderliche Umwelt                23
3.4 Gesundheitliche Versorgung                   29
4. Leitprojekte                                  34

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Leitlinie Gesundheit | Vorwort

Liebe Münchnerinnen und Münchner,

‚Gesundheit ist nicht alles, aber ohne   In der Leitlinie Gesundheit sind
Gesundheit ist alles nichts‘ sagt der    gesundheitspolitische Strategien und
Volksmund und wie so oft hat er          Zielvorgaben für die kommenden
Recht: Gesundheit ist eine der wich-     Jahre festgehalten. Sie ist Bestandteil
tigsten Grundlagen für ein zufrieden     der Perspektive München, welche
stellendes Leben.                        den langfristigen, integrierten Orien­
                                         tierungs- bzw. Entwicklungsrahmen
Entsprechend groß ist die Aufmerk-       für München darstellt und alle wich-
samkeit, die dieses Thema in der         tigen stadtentwicklungsplanerischen
Öffentlichkeit genießt. Die gesund-      Bereiche umfasst.
heitspolitischen Eckdaten werden
weitgehend durch Bund und Länder         Im Februar 2009 hat der Stadtrat die
vorgegeben. Die Ausgestaltung dieser     Leitlinie Gesundheit endgültig ver-
Vorgaben ist auf mehrere Schultern       abschiedet. Damit hat sich die Stadt
verteilt. Eine ganz wesentliche Rolle    einen verbindlichen Orientierungs-
spielen, von manchen vielleicht          rahmen für die langfristige kommu-
unbemerkt, die Kommunen.                 nale Gesundheitspolitik in München
                                         gegeben. Gesundheit ist eine Quer-
Mit einem eigenen Referat für Ge-        schnittsaufgabe – so ist es auch in der
sundheit und Umwelt und mit einem        Leitlinie Gesundheit verankert. Nun
breit gefächerten und vielfältigen       ist es die Aufgabe vieler Referate und
Angebot wollen wir diesen Anforde-       vieler unserer Kooperationspartnerin-
rungen gerecht werden. Über unsere       nen und -partner, diese Vorgaben in die
Mitgliedschaft im Gesunde Städte-        Tat umzusetzen; wir werden unseren
Netzwerk sichern wir die Vernetzung      Beitrag hierzu leisten.
mit anderen Kommunen, mit dem
Gesundheitsbeirat, mit den Münchner      Ihr
Gesundheitsakteuren.

Der soziodemografische Wandel
stellt die Landeshauptstadt München
jedoch auch in der Gesundheitspolitik    Joachim Lorenz
vor neue Herausforderungen. Um hier      Referent für Gesundheit und Umwelt
adäquat antworten zu können, wurde
unter der Federführung meines Hauses
gemeinsam mit vielen Fachleuten und
mit vielen Bürgerinnen und Bürgern die
Leitlinie Gesundheit erarbeitet.

                                                               Wenn Sie sich für mehr Details zur Leitlinie Gesundheit,
                                                               für die Leitprojekte oder die Erarbeitung der Leitlinie
                                                               interessieren, besuchen Sie unsere Internetseite unter
                                                               www.muenchen.de/leitlinie-gesundheit

                                                                                                                          5
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Leitlinie Gesundheit | 1. Herausforderungen in der Gesundheitspolitik

          1.                            Herausforderungen
                                        in der Gesundheitspolitik
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Herausforderungen des                            Strategien und sektoralen Maßnahmen
                                                       soziodemografischen Wandels                      begegnet werden kann, sondern dass
                                                                                                        eine integrierte Stadtentwicklungspla-
     Gesundheit ist zur treibenden Kraft               Alle Prognosen zur demografischen                nung notwendig ist. 3 Die Perspektive
     in der Gesellschaft geworden –                    Entwicklung in Deutschland stimmen               München mit ihren Leitlinien nimmt
     ökonomisch, politisch und sozial,                 darin überein, dass es mittel- bis               als „Stadtentwicklungsplanung im
     wie Ilona Kickbusch in ihrem Buch                 langfristig zu teilweise tiefgreifenden          Prozess“ diese Aufgabe wahr.
     „Die Gesundheitsgesellschaft“ 1                   Veränderungen der Bevölkerungs-
     feststellt. Unter Anderem identi­                 und Alterstruktur kommen wird, die               Mit der Leitlinie Gesundheit bringt die
     fiziert sie dafür folgende Gründe:                auch in München – wenngleich in                  Landeshauptstadt München ihr Verant-
                                                       abgeschwächter Form im Vergleich                 wortungsbewusstsein für die Gesund-
       as öffentliche und persönliche
      d                                                zu anderen Städten – zum Tragen                  heit der Bevölkerung zum Ausdruck.
      Interesse an der Gesundheit hat                  kommen werden. Einige wesentliche
      stark zugenommen,                                für München prognostizierte Entwick-             Sie befasst sich mit vier
                                                       lungen, auf die sich die kommunale               Themenfeldern:
       ie Menschen leben länger und
      d                                                Gesundheitspolitik einstellen muss,
      sind länger gesund,                                                                                Gesundheitliche Chancengleichheit
                                                       sind 2:
       as Krankheitsspektrum der
      d                                                                                                   rävention und
                                                                                                         P
      Gesellschaft hat sich signifikant                Die Alterung der Münchner Bevölke-                Gesundheitsförderung
      hin zu den chronischen, zum                      rung wird zunächst weniger stark aus-
                                                                                                         Gesundheitsförderliche Umwelt
      Teil vermeidbaren Erkrankungen                   fallen als im Bundesdurchschnitt, aber
      verschoben.                                      es werden im Jahr 2020 deutlich mehr              Gesundheitliche Versorgung
                                                       Menschen über 74 Jahre in München
     München schneidet im Vergleich                    leben als heute. Die Zahl der Kinder             Diese vier Themenfelder stehen nicht
     mit anderen bundesdeutschen                       und Jugendlichen wird geringfügig                auf einer Ebene, da Chancengleichheit
     Städten in Bezug auf die Gesund-                  ansteigen. Die Zahl der Einpersonen-             sich als Querschnittsthema in den
     heit der Bevölkerung und die ge-                  haushalte ist in den letzten Jahrzehn-           übrigen drei Themenfeldern konkre-
     sundheitliche Versorgung gut ab.                  ten kontinuierlich gestiegen. Neben              tisiert. Alle Themen sind miteinander
                                                       jüngeren Singles sind es vor allem               vernetzt und beeinflussen sich gegen-
     Dies geht auch aus der Gesund-                    ältere Menschen und hier insbesonde-             seitig. Vorangestellt sind Grundsätze
     heitsberichterstattung für die                    re Frauen, die allein leben. Die Bezie-          der Münchner Gesundheitspolitik,
     Landeshauptstadt München                          hungsstrukturen innerhalb der Familien           die Leitbilder und Verpflichtungen
     hervor, nach deren Ergebnissen                    und zwischen den Generationen                    der kommunalen Gesundheitspolitik
     sich die Bevölkerung Münchens                     werden sich weiter verändern. Der An-            aufgreifen und für alle Themenberei-
     zum großen Teil gesund fühlt und                  teil der nicht-deutschen Bevölkerung             che gemeinsam geltende Grundsätze
     länger lebt als der Durchschnitt                  bleibt annähernd gleich; der Anteil der          benennen.
     der Bevölkerung in Bayern und                     nicht-deutschen Älteren wird jedoch
     Deutschland.                                      deutlich ansteigen. Darüber hinaus               Die Leitlinie Gesundheit soll den
                                                       werden sich die Zahl und der Anteil              fachspezifischen Entwicklungsrah-
     Trotzdem gibt es in einer Groß-                   der Bevölkerung mit Migrationshin-               men für die Gesundheitspolitik der
     stadt wie München vielfachen                      tergrund erhöhen. Die Disparitäten               Landeshauptstadt München für einen
     Handlungsbedarf für das öffent­                   zwischen Arm und Reich werden sich               längeren Zeitraum definieren, der
     liche Gesundheitswesen.                           voraussichtlich verstärken.                      die fach- und referatsübergreifenden
                                                                                                        Handlungsansätze einbezieht. Sie
                                                       Verantwortung für die Gesundheit                 übernimmt nicht die Funktion eines
                                                       der Münchner Bevölkerung                         detaillierten Fachkonzepts oder Maß-
                                                                                                        nahmenprogramms. Mit den Leitpro-
                                                       In den deutschen Kommunen wurde                  jekten wird aber deutlich gemacht, wie
                                                       erkannt, dass den Herausforderungen              die Strategien und Leitziele beispiel-
                                                       der Zukunft nicht mit kurzfristigen              haft umgesetzt werden können.

1   Kickbusch, I: Die Gesundheitsgesellschaft, Verlag für Gesundheitsförderung, Gamburg 2006
2    us: „Handlungskonzept: Herausforderungen des soziodemografischen Wandels für die Stadtentwicklung“ des Referates für Stadtplanung und Bauordnung,
    A
    Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 08.10.2008
3   Vgl. Deutscher Städtetag (Hrsg.), Demografischer Wandel, Köln und Berlin 2006

                                                                                                                                                      7
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Leitlinie Gesundheit | 2. Grundsätze der Münchner Gesundheitspolitik

            2.                                  Grundsätze der Münchner
                                                Gesundheitspolitik
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Die Leitlinie Gesundheit der Landes-               Die Landeshauptstadt München                       Im März 2007 hat die Landeshauptstadt
hauptstadt München steht in der                    schließt sich auch der Einschätzung                München die „Aalborg Commitments“
Tradi­tion einer Reihe von Leitlinien und          des Europäischen Grünbuchs „Die psy-               unterzeichnet und damit ihre Zustim-
Zielen zur Gesundheit in den Städten,              chische Gesundheit der Bevölkerung                 mung zur „Aalborg-Charta (Charta der
allen voran der Ottawa Charta von 1986.            verbessern – Entwicklung einer Strate-             Europäischen Städte und Gemeinden
München ist seit 1989 als Gründungs-               gie für die Förderung der psychischen              auf dem Weg zur Zukunftsbeständig-
mitglied im Gesunde Städte-Netzwerk                Gesundheit in der Europäischen Union“              keit)“ erneuert. In dieser heißt es: „Wir
der Bundesrepublik Deutschland                     an, dass die menschliche, soziale und              verpflichten uns, die Gesundheit und
ver­treten und bekennt sich damit zum              wirtschaftliche Dimension der psychi-              das Wohlbefinden unserer Bürgerinnen
WHO-Prinzip „Gesundheit für alle“.                 schen Gesundheit einen hohen Stellen-              und Bürger zu schützen und zu ver­
                                                   wert in der Öffentlichkeit bekommen                bessern“ 5.
„Eine gesunde Stadt (nach WHO-                     und die Förderung der seelischen
Definition) verbessert kontinuierlich              Gesundheit ein vorrangiges Ziel in                 In den vom Münchner Stadtrat 2003
die physischen und sozialen Lebens-                allen Politikbereichen werden muss.                beschlossenen „Münchner Nach­
bedingungen und fördert die Entfal-                                                                   haltigkeitszielen“ wird unter Anderem
tung gemeinschaftlicher Aktions- und               2005 ist die Landeshauptstadt                      das Thema Gesundheit aufgegriffen:
Unterstützungsformen; beides mit dem               München der „Europäischen Charta                   Gesundheitsförderung beim Nach-
Ziel, die Menschen zu wechselseitiger              für den Schutz der Menschenrechte                  haltigkeitsziel zur Lebensqualität und
Unterstützung in allen Lebenslagen                 in der Stadt“ beigetreten, die auch                gleichberechtigter Zugang zu den
zu befähigen und ihnen damit die                   das Recht auf Gesundheit und eine                  Gesundheitsdiensten beim Ziel zur
maxi­male Entfaltung ihrer Anlagen                 ge­sunde Umwelt, verbunden mit kon­                Chancengleichheit.
zu ermöglichen.“                                   kreten Zielvorgaben, enthält. 4

      Vor dem Hintergrund dieser Verpflichtungen und Ziele gelten
      die folgenden Grundsätze für die Münchner Gesundheitspolitik.
      Diese beziehen sich auf alle vier Themenfelder der Leitlinie:
      Die Landeshauptstadt München

        s chützt und fördert die Gesundheit der Münchner                      eachtet bei allen gesundheitspolitischen Konzepten
                                                                              b
         Stadtbevölkerung im Zusammenwirken von indi­­vi­                     die Bedeutung von sozialer Lage, kultureller
         dueller und kommunaler Verantwortung;                                Herkunft, Aufenthaltsstatus, Lebensphase und
                                                                              Lebenssituation, Minderheitenstatus, Alter,
         rientiert sich an einem ganzheitlichen Gesundheits-
        o
                                                                              Geschlecht und sexueller Identität;
        begriff, der die körperliche, seelische und soziale
        Dimension einschließt;                                                v erpflichtet sich in ihrer Gesundheitspolitik dem Ziel
                                                                               der Nachhaltigkeit;
        s ichert einen zukunftsfähigen Öffentlichen Gesund-
         heitsdienst;                                                          ringt die kommunalen Interessen in Gesetzge-
                                                                              b
                                                                              bungsverfahren und die Gesundheit betreffende
         egreift Gesundheit als eine Querschnittsaufgabe,
        b
                                                                              Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene ein;
        die eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit der
        städtischen Referate mit den gesundheitsrelevanten
                                                                              f ördert im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Entwick-
        Akteuren, Institutionen und Initiativen außerhalb der
                                                                               lung des Gesundheitssektors im Wirtschaftsraum
        Stadtverwaltung erfordert; 6
                                                                               München 7.
         nterstützt die Bevölkerung dabei, ihre Gesundheits-
        u
        kompetenzen zu stärken und ein eigenverantwort­
        liches und selbst bestimmtes Leben zu führen;

4  Vgl. Europäische Charta zum Schutz der Menschenrechte in der Stadt 2000, Art. XVII und XVIII
5  Vgl. Aalborg+10 – Inspiring Futures 2004, 7 Kommunale Maßnahmen im Gesundheitsbereich
6 Dieser Aufgabe widmet sich insbesondere der Gesundheitsbeirat der Landeshauptstadt München mit seinen Facharbeitskreisen

7 Dieser Aspekt wird im Masterplan Gesundheitswirtschaft des Referates für Gesundheit und Umwelt behandelt

                                                                                                                                               9
Rundum gesund. Leitlinie Gesundheit: Herausforderungen begegnen, Perspektiven schaffen, Lebensqualität fördern - Muenchen.de
Leitlinie Gesundheit | 3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit

        3.                                  Themenfelder
                                            der Leitlinie Gesundheit
3.1 Gesundheitliche Chancengleichheit

Kernaussage                                             Die Schaffung von Chancengleichheit                    Armut und soziale Benachteiligung
                                                        ist zentrales Element einer gesund-                    machen krank
Die Gesundheitspolitik der Landes-                      heitsförderlichen Gesamtpolitik und ist
hauptstadt München orientiert sich am                   handlungsleitend für alle drei weiteren                In der gesundheitswissenschaftlichen
WHO-Ziel „Gesundheit für alle“ und                      Themenfelder der Leitlinie Gesundheit.                 Diskussion ist heute Konsens, dass
leistet einen Beitrag zu mehr gesund-                                                                          gesundheitliche Ungleichheit in enger
heitlicher Chancengleichheit für ihre                   Begründung                                             Verbindung mit Armut und sozialer
Stadtbe­völkerung.                                                                                             Ungleichheit steht; dies zeigt sich
                                                        Die individuellen Bedingungsfaktoren                   sowohl in den Krankheits- wie in den
Gesundheitliche Chancengleichheit                       von Gesundheit und Krankheit sind                      Sterblichkeitsraten 11. Ein niedriger
meint gleiche Möglichkeiten, gesund                     in engem Zusammenhang mit der                          sozio-ökonomischer Status führt zwar
zu sein, gesund zu bleiben und gesund                   sozialen Lage zu sehen, in der sich ein                nicht zwangsläufig zu schlechterer
zu werden, unabhängig von sozio-öko-                    Mensch befindet. Die wesentlichen                      Gesundheit, vielmehr spielen die
nomischem Status, kultureller Zuge-                     Aspekte der sozialen Lage sind Bil-                    persönlichen und sozialen Ressour-
hörigkeit, Minderheitenstatus, Alter,                   dung, Einkommen, Stellung im Beruf                     cen der Person, der Familie und des
Geschlecht und sexueller Identität.                     (zusammengefasst als sozio-ökono-                      sozialen Netzwerkes eine moderieren-
                                                        mischer Status) sowie Migrations-                      de Rolle. Die Lebenssituation sozial
Die Voraussetzungen zur Erhaltung                       hintergrund, kulturelle Zugehörigkeit,                 Benachteiligter 12 zeichnet sich jedoch
und Wiedererlangung der Gesundheit                      Lebensphase und Geschlecht.                            i.d.R. durch geringere persönliche und
werden insbesondere für die Men-                                                                               soziale Ressourcen wie z.B. niederer
schen verbessert, die mit erhöhten                                                                             Bildungsstand, niederes Einkommen,
gesundheitlichen Risiken leben.                                                                                defizitäres Wohnumfeld und höhere
                                                                                                               gesundheitliche Belastungen (u.a. am
                                                                                                               Arbeitsplatz) aus.

         Leitlinien
            ie Landeshauptstadt München ermöglicht allen Menschen, die in München wohnen, den Zugang zu einer
           D
           umfassenden und adäquaten gesundheitlichen Prävention und Versorgung, unabhängig von ihrem sozialen
           Status, ihren finan­ziellen Möglichkeiten sowie unabhängig von kultureller Zugehörigkeit, Minderheitenstatus,
           Alter, Geschlecht und sexueller Identität. 8

            ie Landeshauptstadt München richtet ihre Angebote zur kommunalen Gesundheitsförderung und Prävention
           D
           vor allem auf die Menschen aus, die von gesundheitlicher und sozialer Benachteiligung betroffen sind; diese
           werden gezielt unterstützt und in ihren Ressourcen für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil gestärkt. 9

            ie Landeshauptstadt München ergreift Maßnahmen vor allem dort, wo sich soziale und umweltbedingte
           D
           Benachteiligungen und Risiken häufen, um die Belastungen der Bevölkerung zu verringern und damit ihre
           gesundheitlichen Chancen zu verbessern. 10

            ie Landeshauptstadt München wird der Vielfalt der Bedürfnisse und Bedarfe im Gesundheitsbereich gerecht,
           D
           indem die Grundsätze der allgemeinen Gleichstellung, insbesondere die Strategien des Gender Mainstreaming
           sowie der interkulturellen Orientierung und Öffnung in den Strukturen und Angeboten umgesetzt werden.

8   Vgl. Themenfeld Prävention und Gesundheitsförderung sowie Versorgung
9   Vgl. Themenfeld Prävention und Gesundheitsförderung
10   Vgl. Themenfeld Gesundheitsförderliche Umwelt
11   
     Vgl. u.A. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Lebenslagen in Deutschland, zweiter Armutsbericht 2005; Geene R. et al. 2001 (Hrsg.):
     Armut macht krank, Berlin 2001; Mielck A.: Soziale Ungleichheit und Gesundheit, Bern, Göttingen 2000; Referat für Gesundheit und Umwelt (Hrsg.):
     Soziale Ungleichheit, Armut und Gesundheit in München, Gesundheitsberichterstattung für die Landeshauptstadt München 2006
12   
     Indikatoren für soziale Benachteiligung sind u.a. niedriges Einkommen, niedriger beruflicher Status, niedrige Schulbildung und schwierige
     Lebenslagen der Betroffenen.

                                                                                                                                                        11
Die individuellen Bewältigungsstrate-
gien gehen zudem häufig mit riskan-
terem Gesundheitsverhalten und
geringerer Inanspruchnahme präven-
tiver Leistungen einher. Gleichzeitig
sind die präventiven Leistungen nicht
ausreichend auf sozial benachteiligte
Bevölkerungsgruppen, ihre Möglich-
keiten und ihr Inanspruchnahmever-
halten ausgerichtet. Der Zugang zum
gesundheitlichen Versorgungssystem
ist häufig zu hochschwellig und zu kos-
tenintensiv, Wege und Hilfsangebote
sind zu wenig bekannt.

Besonders von Armut betroffen sind in
München alte Menschen (hierbei ein
zunehmender Anteil mit Migrations-
hintergrund), Alleinerziehende sowie
Kinder und Jugendliche, deren Eltern
über kein ausreichendes Einkommen
verfügen. 13 Arbeitslosigkeit ist eine
Hauptursache von Armut. Die damit
verbundenen psychosozialen Belastun-
gen verstärken das Gesundheitsrisiko
zusätzlich. Dies betrifft vor Allem Lang-              Vereinen. Insofern kann eine wirksame                 Unter den Ursachen für Arbeitsunfä-
zeitarbeitslose, besonders junge und                   Gesundheitsförderung bei Kindern und                  higkeit und verminderte Erwerbsfä-
ältere Männer. Eine weitere Zielgruppe                 Jugendlichen zur Kompensation sozia-                  higkeit ist der Anteil der psychischen
sind Jugendliche ohne Schulabschluss                   ler Benachteiligung beitragen.                        Erkrankungen in den letzten Jahren
und berufliche Perspektive.                                                                                  kontinuierlich angestiegen.(Depressio-
                                                       Krankheit und Behinderung                             nen gehören hierbei zu den häufigsten
Bundesweit zeigt sich, dass sozial                     führen zu sozialer Benachteiligung                    Einzeldiagnosen). Schwere psychische
bedingte ungleiche Gesundheitschan-                    und Armut                                             Erkrankungen oder Suchtkrankheiten
cen bereits im Kindesalter festzu-                                                                           gehen häufig mit einer Kumulation
stellen sind. Ob bei Fehlernährung,                    Der Wirkungszusammenhang - soziale                    existenzieller Nöte, wie z.B. Arbeits-
Übergewicht, Bewegungsmangel,                          Benachteiligung und Armut führen zu                   losigkeit, sozialer Ausgrenzung und
Suchtmittelmissbrauch oder psycho-                     Krankheit - greift auch in umgekehrter                Stigmatisierung einher bis hin zu dro-
somatischen Auffälligkeiten, sämtliche                 Richtung: Krankheit kann zu Erwerbs-                  hender Obdachlosigkeit und Verelen-
Risikofaktoren und gesundheitlichen                    losigkeit, Armut und zur Verringerung                 dung. Der Bedarf an gesundheitlichen
Beeinträchtigungen treten bei Kindern                  der Teilhabemöglichkeiten in der Ge-                  Leistungen und psychosozialer Un-
und Jugendlichen aus sozial benach-                    sellschaft führen. Besonders gefährdet                terstützung ist bei dieser Zielgruppe –
teiligten Familien überproportional                    sind chronisch Kranke und behinderte                  auch aufgrund von Folgeerkrankungen
häufig auf. Die einzige Ausnahme                       Menschen, die häufig von sozialer                     – besonders hoch und erstreckt sich
bilden Allergien, bei denen der soziale                Isolation bedroht sind. Sie sind in ihren             zusätzlich auf Unterstützungsangebote
Gradient umgekehrt ist. 14 Auch hier                   Entwicklungs- und Bildungschancen                     für Angehörige und Personen aus dem
gilt: Wie Kinder und Jugendliche eine                  sowie im Erwerbsleben deutlich ein-                   engen Freundeskreis.
benachteiligte Lebenslage verarbeiten                  geschränkt und dauerhaft auf gesund-
und welche gesundheitlichen Aus-                       heitliche Leistungen angewiesen. Sie
wirkungen diese hat, hängt u.a. von                    sind zudem durch die zurückliegenden
dem Rückhalt und der Unterstützung                     Sozialreformen (Leistungsausgren-
ab, die sie erfahren, zum Beispiel in                  zungen und Zuzahlungen) besonders
der Familie, im Freundeskreis, in der                  belastet worden.
Kindertagesstätte, Schule oder in

13   Vgl. Landeshauptstadt München, Sozialreferat (Hrsg.) Münchner Armutsbericht 2007, München, 2008
14   
     Vgl. Robert Koch Institut (Hrsg.): Armut bei Kindern und Jugendlichen, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 4, 2005:
     Bundesgesundheitsblatt, Band 50, Heft 5/6, Ergebnisse der Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS). 2007

12
Leitlinie Gesundheit | 3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit

Interkulturelle Unterschiede                           von Sprachschwierigkeiten, Informati-                Vorsorgeleistungen im Kindes- und
                                                       onsdefiziten und ausländerrechtlichen                Erwachsenenalter und verhindern da-
Ein Migrationshintergrund, als wei-                    Rahmenbedingungen). Flüchtlinge sind                 mit eine mögliche Früherkennung von
terer Aspekt der sozialen Lage,                        zusätzlich durch die traumatischen                   gesundheitlichen Störungen. 15
bedeutet nicht per se ein höheres                      Vorerfahrungen und eingeschränk-
gesundheitliches Risiko. Migranten                     ten Zugang zum Gesundheitswesen                      Strategien der interkulturellen Orien-
und Migrantinnen bilden eine sehr                      belastet.                                            tierung und Öffnung von Diensten und
heterogene Gruppe von Menschen,                                                                             Einrichtungen des Gesundheitswe-
die z.B. als Asylbewerber, Arbeitsmi-                  Angehörige verschiedener Ethnien und                 sens 16 sowie gezielte Angebote der
grant/innen oder als dritte Generation                 Kulturen haben häufig unterschiedliche               Gesundheitsförderung für Migrantin-
mit deutschem Pass bei uns leben.                      Erklärungsmuster und Bewältigungs-                   nen und Migranten zielen darauf ab,
Es muss vor allem dann von einem                       strategien für Gesundheit und Krank-                 die strukturelle Benachteiligung dieser
hohen Risiko-Potential ausgegangen                     heit, zudem ist ihnen das deutsche                   Bevölkerungsgruppen zu überwinden.
werden, wenn ein niedriger sozio-öko-                  Gesundheitswesen oft fremd oder
nomischer Status mit den besonderen                    unverständlich. Die hierin begründeten
Belastungen von Migrantinnen/Mig-                      Zugangsbarrieren führen u.a. zu einer
ranten zusammen trifft (z.B. infolge                   geringeren Inanspruchnahme von

15   
     Vgl. Zeeb H., Epidemiologische Studien in der Migrationsforschung, Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz,
     Heft 9, 2006; Referat für Gesundheit und Umwelt (Hrsg.) Gesundheit von Migrantinnen und Migranten in München, Gesundheitsberichterstattung
     für die Landeshauptstadt München, 2005
16   Vgl. Landeshauptstadt München, Sozialreferat (Hrsg.): Interkulturelles Integrationskonzept, München 2008

                                                                                                                                                  13
Unterschiede zwischen Frauen                          (z.B. häufiger gefährliche Arbeitsplät-            Die überkommenen Geschlechtsrol-
und Männern                                           ze bei den Männern, häusliche Ge-                  lenmuster prägen bislang auch die
                                                      walt für Frauen) sowie geschlechts­                Kommunikation zwischen dem traditi-
Die unterschiedlichen Chancen von                     spezifische Verhaltensmuster (z.B.                 onellen Gesundheitssystem und den
Frauen und Männern, ihre gesund-                      geringere Inanspruchnahme von Vor­                 Patientinnen/Patienten und erschwe-
heitlichen Potenziale optimal zu                      sorgeuntersuchungen durch Männer)                  ren damit eine adäquate Gesund-
entfalten, müssen differenziert                       zum Tragen.                                        heitsförderung und -versorgung. Die
betrachtet werden. Frauen und                                                                            Berücksichtigung der Ergebnisse der
Männer unterscheiden sich in ihrer                    Der Abbau der gesundheitlichen                     Gender- und Frauengesundheitsfor-
Lebenserwartung, ihrem Krankheits-                    Ungleichheit zwischen den Ge-                      schung liegt im Interesse von Frauen
und Sterblichkeitsgeschehen sowie                     schlechtern erfordert einen neuen                  und Männern und ist eine wichtige
ihrem Gesundheits- und Krankheits-                    gesellschaftlichen Konsens: Die                    Voraussetzung zur Überwindung der
verhalten 17. Neben genetischen und                   Alleinzuständigkeit von Frauen für                 geschlechtsbezogenen gesundheitli-
biologischen Faktoren kommen hier                     die Bedürfnisse der Familie ist zu                 chen Ungleichheit.
soziale und ökonomische Ungleich-                     überwinden und neue Modelle der
heiten (z.B. erhöhtes Armutsrisiko                    Männlichkeit unter Einschluss von
von Frauen, v.a. allein Erziehenden),                 Fürsorge für sich selbst und andere
unterschiedliche Gesundheitsrisiken                   sind zu entwickeln.

         Fazit
         Nur durch eine enge Verzahnung der Bereiche Gesundheit, Bildung
         und Soziales können die Voraus­setzungen für gleiche Gesundheits-
         und Teilhabechancen geschaffen werden.
         In den vorgenannten Gruppen muss nicht automatisch                    Gesundheitsförderung durchzuführen. Diese können
         ein Interventionsbedarf vorhanden sein. Bei einer                     nur dann erfolgversprechend sein, wenn sie an der
         Kumulation der Belastungsfaktoren ergibt sich jedoch                  Lebenswelt und den Möglichkeiten der Betroffenen
         ein gesteigerter Bedarf an gezielten gesundheits­                     ansetzen, niederschwellig (aufsuchend, möglichst
         förderlichen Maßnahmen.                                               kostenlos, ggf. muttersprachlich) angeboten werden
                                                                               sowie kulturelle und geschlechtsbezogene Aspekte
         Es ist eine genuine Aufgabe des Öffentlichen Ge-                      integrieren.
         sundheitsdienstes, diesen Bedarf im Interesse der ge-
         sundheitlich und sozial Benachteiligten aufzugreifen,                 Die Strategien des Gender Mainstreaming sowie der
         Zugangsbarrieren zum gesundheitlichen Versorgungs-                    interkulturellen Orientierung und Öffnung sind dauer-
         system abzubauen und – sofern keine geeigneten                        hafte Bestandteile des Qualitätssicherungsprozesses
         Angebote vorhanden sind – eigene Maßnahmen zur                        und der Personal- und Organisationsent­wicklung der
                                                                               Landeshauptstadt München.

17    gl. Trojan A./Legewie H.: Nachhaltige Gesundheit und Entwicklung, Leitbilder, Politik und Praxis der Gestaltung gesundheitsförderlicher Umwelt-
     V
     und Lebensbedingungen, Frankfurt 2001, Gesundheitsbeirat der Landeshauptstadt München (Hrsg.): „G’sund samma!?“ Männergesundheit in München,
     Dokumentation der Gesundheitskonferenz, München 2005, Robert Koch Institut (Hrsg.): Gesundheit von Frauen und Männern im mittleren Lebensalter,
     2006

14
Leitlinie Gesundheit | 3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit

3.2 Prävention und Gesundheitsförderung

Kernaussage                                             Begründung                                             Gesundheitsförderung für alle

Die Landeshauptstadt München räumt                      Prävention und Gesundheitsförderung                    In den Ländergesetzen zur Öffentli-
der Präven­tion und Gesundheitsförde-                   sind zwei sich ergänzende Strate­                      chen Gesundheit wurde Gesundheits-
rung einen hohen Stellenwert ein.                       gien. 18 Prävention hat das Ziel, durch                förderung als wichtige Aufgabe des
                                                        gezielte Maßnahmen Krankheiten zu                      öffentlichen Gesundheitsdienstes fest-
Zivilisationskrankheiten, zivilisations-                verhüten bzw. das Auftreten gesund-                    gelegt. Die Umsetzung dieser Aufgabe
bedingte Gesundheitsrisiken sowie                       heitlicher Schädigungen zu verzögern;                  erfordert sowohl strukturelle als auch
psychische Störungen bereits im                         dazu zählen auch die Maßnahmen des                     zielgruppenbezogene Angebote.
Kindesalter verdeutlichen die Dringlich-                Gesundheitsschutzes. Gesundheitsför-
keit einer frühzeitigen Prävention und                  derung zielt einerseits auf die Beein-                 Neben Maßnahmen im Bereich
Gesundheitsförderung.                                   flussung der individuellen Ressourcen                  Wohnen, Verkehr, Grünflächen usw.
                                                        und Kompetenzen zur Verbesserung                       (vgl. Themenfeld „Gesundheitsförder­
Investitionen in Gesundheitsförderung                   der Gesundheit ab, andererseits auf                    liche Umwelt“) unterstützt die Landes-
und Prävention sind nicht nur ein Kos-                  die Mitgestaltung der ökonomischen,                    hauptstadt München Anstrengungen
tenfaktor, sondern können auch eine                     sozialen, ökologischen und kulturellen                 zur Verbesserung der gesundheit­lichen
Minderung von krankheitsbedingten                       Verhältnisse, um gesundes Leben zu                     Situation am Arbeitsplatz für alle
Ausgaben bewirken.                                      ermöglichen.                                           Erwerbstätigen.

Wichtige Grundprinzipien in der Ge-                     In der Gesundheitsförderung kommt                      Die Stadtverwaltung München legt als
sundheitsförderung sind Partizipation,                  der Beteiligung der Betroffenen bei                    Arbeitgeberin besonderen Wert auf
Empowerment und Lebensweltorien-                        der Planung und Durchführung von                       die ihr zukommende Verantwortung
tierung.                                                Projekten und Maßnahmen ein hoher                      hinsichtlich gesundheitsförderlicher
                                                        Stellenwert zu (Partizipation). Geeigne-               Arbeitsverhältnisse für ihre Mitarbei-
Die kommunalen Aktivitäten zielen                       te Maßnahmen und Strategien sollen                     terinnen und Mitarbeiter. Dafür hat
sowohl auf die Förderung von gesun-                     die Betroffenen in die Lage versetzen,                 die Stadt München im Personal- und
den Lebensweisen wie auch auf die                       ihre Interessen selbstverantwortlich                   Organisationsreferat ein Betriebliches
Verbesserung gesundheitsrelevanter                      und selbstbestimmt zu vertreten (Em-                   Gesundheitsmanagement eingerich-
Lebensbedingungen.                                      powerment). Die jeweiligen Lebens-,                    tet, dessen Ziel es ist, dauerhaft und
                                                        Arbeits-, Wohn- und Umweltbedingun-                    flächendeckend gesunde Organisa-
                                                        gen werden dabei mit berücksichtigt                    tionsformen und Arbeitsprozesse zu
                                                        und gestaltet (Lebensweltorientierung,                 schaffen. Ergänzend wird das gesund-
                                                        Setting-Ansatz).                                       heitsförderliche Verhalten der Beschäf-
                                                                                                               tigten unterstützt. Beide Ansätze,
                                                                                                               verhältnis- und verhaltensbezogene
                                                                                                               Prävention und Gesundheitsförderung,
         Leitlinien                                                                                            sind entscheidende Erfolgsfaktoren
                                                                                                               einer nachhaltigen Personalpolitik, die
            ie Landeshauptstadt München gestaltet in ihrem Verantwortungs-
           D                                                                                                   letztlich auch der Bevölkerung zugute
           bereich die Lebensbedingungen so, dass eine gesundheitsförderliche                                  kommt.
           Lebensweise der Stadtbevölkerung erleichtert und unterstützt wird.

            ie Landeshauptstadt München unterstützt Maßnahmen und
           D
           Angebote, die zum Ziel haben, die Gesundheitskompetenzen der Stadt-
           bevölkerung zu stärken und diese zu verantwortlichem
           gesundheitsförderlichen Verhalten zu befähigen.

            ie Landeshauptstadt München setzt in der Prävention und Gesund­
           D
           heitsförderung einen besonderen Schwerpunkt bei Kindern und Jugend­
           lichen, die von Armut und sozialer Benachteiligung betroffen sind.

            ie Landeshauptstadt München baut präventive Angebote für ältere
           D
           und alte Menschen aus.

18   Zur Definition vgl. BZgA Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.), Leitbegriffe der Gesundheitsförderung, 6. Auflage 2006

                                                                                                                                                    15
Darüber hinaus sieht die Landes-          Mütter-, Stadtteil- sowie Alten- und       Gesundheit zugänglich machen
hauptstadt München eine Aufgabe           Service-Zentren zur Verfügung gestellt.
darin, Netzwerke zu ini­tiieren oder zu   Eine wichtige Herausforderung für          Der Gesundheitszustand von Men-
fördern, um gemeinsam mit anderen         die Landeshauptstadt München ist           schen hängt auch davon ab, inwie-
Akteuren Verbesserungen der Arbeits-      es, bestimmte Zielgruppen besser zu        weit es ihnen möglich ist, die für sie
bedingungen zu erreichen. Gezielter       erreichen, zum Beispiel Frauen mit         gesundheitsrelevanten Angebote in
Aufmerksamkeit bedarf die Situation       Migrationshintergrund, Jugendliche         Anspruch nehmen zu können. Infor-
von Beschäftigten im Niedriglohnsek-      oder alte Menschen.                        mation ist dafür die erste Vorausset-
tor (z.B. auch der Menschen, die ohne                                                zung. Das Referat für Gesundheit
gültige Papiere in München leben),        Einen Schwerpunkt setzt die Landes-        und Umwelt der Landeshauptstadt
deren Arbeitsplätze häufig besonders      hauptstadt München bei gesunder            München informiert auf Internetseiten,
gesundheitsgefährdend sind.               Ernährung. Durch die Zusammenarbeit        in Broschüren und Veranstaltungen
                                          vieler Akteurinnen und Akteure in der      über wichtige Gesundheitsthemen und
Die Landeshauptstadt München bietet       Stadtverwaltung, der Gastronomie           -aktionen für alle Bevölkerungsgruppen
selbst und in Kooperation mit freien      und dem Ernährungshandel im Projekt        und baut diese Informationsangebote
Trägern und Initiativen ein breites       Biostadt München wird das Angebot          kontinuierlich aus.
Spektrum an Informationen und             an gesunder und biologischer Ernäh-
Beratungen, Sport- und Bewegungs-         rung für alle Bürgerinnen und Bürger
programmen, Gesundheitschecks             erweitert. Bis zum Jahr 2010 sollen im
u.a.m. an, die allen Menschen in          Kindergarten- und Schulbereich 50 %
München offen stehen. Wo möglich          der Ernährungsangebote auf Bio um-
werden diese wohnortnah in Schulen,       gestellt sein. (Vgl. Leitprojekt Nr. 2).

16
Leitlinie Gesundheit | 3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit

Es gibt jedoch Bevölkerungsgruppen,       Weitere Strategien zur Verringerung       1999 wurde das Bund-Länder-Pro­
die mit Printmedien oder Internet nicht   von Zugangsbarrieren sind stadtteil-      gramm „Stadt- und Ortsteile mit
erreicht werden. Um diese ansprechen      bzw. sozialraumbezogene Ansätze, die      besonderem Entwicklungsbedarf – die
zu können, sind verschiedene Heran-       an der Lebenswelt der Bevölkerung         soziale Stadt“ gestartet. Der sozial-
gehensweisen erforderlich. Ein Weg        und insbesondere an ihrer Bereitschaft    raumbezogene Ansatz versucht, der
führt über Schlüsselpersonen in Verei-    anknüpfen, selbst in ihrem direk-         zunehmenden sozialen und räumlichen
nen und Organisationen, ein anderer       ten Umfeld tätig zu werden. Erfolg        Spaltung in den Städten entgegen zu
über aufsuchende Angebote wie z.B.        versprechend sind gesundheitsförder-      wirken. In den Programmgebieten
präventive Hausbesuche. Zusätzlich        liche Angebote an Orten des Alltags       leben überdurchschnittlich viele sozio-
können einzelne Vertreterinnen und        wie Kindertagesstätten, Schulen,          ökonomisch benachteiligte und damit
Vertreter einer Zielgruppe zu wichtigen   Mütterzentren und in speziellen           arme Haushalte. Die Landeshauptstadt
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren    niedrigschwelligen Einrichtungen wie      München unterstützt dort gezielt die
fortgebildet werden. Beispiele hierfür    der städtischen Gesundheitsbera-          stadtteilorientierte Gesundheitsförde-
sind der „peer to peer“-Ansatz, bei       tungsstelle Hasenbergl im Verbund mit     rung im Sinne des Setting-Ansatzes,
dem Jugendliche von Jugendlichen          Netzwerkbildung. Unterstützt werden       um die gesundheitlichen Risiken der
beraten werden oder das Projekt MiMi      diese Ansätze auch durch die Arbeit       Bevölkerung in diesen Gebieten zu
(Mit MigrantInnen für MigrantInnen),      von Selbsthilfegruppen, in denen sich     senken und bessere Möglichkeiten
bei dem interkulturelle Gesundheits-      Rat Suchende gegenseitig Hilfe an-        dafür zu schaffen, dass die Menschen
mediatorinnen und -mediatoren             bieten und in schwierigen Situationen     in ihrem Wohnbereich gesund leben
muttersprachliche Informationsver-        begleiten.                                und gesund alt werden können (siehe
anstaltungen zu Gesundheitsthemen                                                   Leitprojekt Nr. 3).
durchführen.

                                                                                                                          17
Gesundheitsfördernde Maßnahmen
können dann nachhaltig verankert
werden, wenn die Menschen diese in
ihrem alltäglichen Leben aufgreifen.
In diesem Prozess des Lernens sind
immer wieder Anstöße und Unter-
stützung notwendig. Hier bietet sich
der Weg über Multiplikatorinnen und
Multiplikatoren: Durch die gezielte
Schulung von Fachkräften können
die Inhalte der Gesundheitsförderung
in die Lebenswelten der Zielgrup-
pen (z.B. Kindertagesstätte, Schule,
Nachbarschaft) transportiert und
Koopera­tionspartnerinnen und -partner
gewonnen werden. Zum Beispiel
werden im Bereich der frühzeitigen
Suchtprävention pädagogische Fach-
kräfte wie Erzieher/innen, Sozialpä­
dagogen/innen, Psychologen/innen
oder Lehrer/innen zu verschiedenen
Themen der Suchtprävention, Er­
nährung, Medienkompetenz oder
Bewegung weitergebildet.

Um auch Migrantinnen und Migranten                        Aktuelle Studien belegen die Zunah-                 Kinder- und Jugendhilfe. Eine enge
Gesundheitsförderung und Prävention                       me gesundheitsschädigender Ver-                     Ko­operation zwischen Öffentlichem
zugänglich zu machen, werden – wo                         haltensweisen und gesundheitlicher                  Gesundheitsdienst und Kindertages-
nötig – zusätzlich muttersprachliche                      Beeinträchtigungen im Kindes- und                   stätten sowie Schulen als zentralen
Angebote gemacht.                                         Jugendalter. Hervorzuheben sind hier                Orten, an denen Kinder und Jugendli-
                                                          vor allem ungesunde Ernährung und                   che wie auch deren Eltern erreicht und
Präventions- und Gesundheitsförde-                        Übergewicht, Mangel an Bewegung                     angesprochen werden, ist von grund­
rungsmaßnahmen müssen künftig                             und Defizite in der körperlichen Leis-              legender Bedeutung für die Wirksam-
auch stärker auf die Bedürfnisse der                      tungsfähigkeit, Asthma und Allergien,               keit aller Maßnahmen. Ebenso wichtig
Menschen ausgerichtet werden, die                         hoher Medienkonsum, Suchtgefähr-                    ist die gelungene Vernetzung mit den
aufgrund eingeschränkter kognitiver                       dung, Verhaltensstörungen und psy-                  nicht-städtischen Akteuren, freien
Fähigkeiten, psychischer Verfassung                       chische Auffälligkeiten. 19 Zunehmend               Trägern und Initiativen.
oder Behinderung nicht oder nur                           erkannt werden auch die negativen
schwer in der Lage sind, Kontakt-                         Auswirkungen von häuslicher Gewalt                  Im Sinne einer Stärkung der Gesund-
schwellen bzw. Zugangsbarrieren zu                        auf die Gesundheitschancen der mit                  heitsressourcen am Lebensanfang ist
überwinden.                                               betroffenen Kinder.                                 es wichtig, den Müttern und Vätern
                                                                                                              bereits ab der Schwangerschaft und
Gesund aufwachsen                                         Kommunale Gesundheitsförderung hat                  in der Phase rund um die Geburt un-
                                                          daher zum Ziel, die gesunde körperli-               terstützende Angebote zugänglich zu
Gesundheitsrelevante Verhaltens-                          che, seelische und soziale Entwicklung              machen. Diese reichen von Schwan-
weisen bilden sich bereits im frühen                      von frühester Kindheit an zu fördern                gerenvorsorge, Hebammenhilfe,
Lebensalter ebenso wie viele Risiko-                      und die hierfür erforderlichen Rahmen-              gesundheitlicher und psychosozialer
faktoren für schwerwiegende Erkran-                       bedingungen zu schaffen. 20 Dieser                  Beratung bis zu Früher Förderung im
kungen im Erwachsenenalter.                               Auftrag erfordert ein Zusammenwirken                Kleinkindalter. Auf diesem Fundament
                                                          aller städtischen Referate und stellt               bauen spätere Angebote für Kinder
                                                          sich insbesondere dem Gesundheits-                  und Jugendliche aller Altersstufen auf.
                                                          und Bildungsbereich 21 sowie der

19   Vgl. Bundesgesundheitsblatt, Band 50, Heft 5/6, Ergebnisse der Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS). 2007
20   Vgl. Landeshauptstadt München, Sozialreferat (Hrsg.): Leitlinie Kinder- und Familienpolitik, Kap. 3.6
21    gl. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen sowie Staatsinstitut für Frühpädagogik: Der Bayerische Bildungs- und
     V
     Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zu Einschulung, 2. Auflage, Weinheim, Basel 2005

18
Wichtige Themen der Gesundheitsför-       Gesundheitsförderung stärkt die per-      Der Öffentliche Gesundheitsdienst
derung bei Kindern und Jugendlichen,      sonalen Ressourcen (z.B. körperliche      fokussiert und erweitert seine fach-
die in den Projekten und Angeboten        Fitness), die sozialen Kompetenzen        übergreifend vernetzten Arbeitsan-
der Landeshauptstadt München sowie        (z.B. Konfliktfähigkeit) der Kinder und   sätze vor allem im Hinblick auf sozial
der freien Träger und Initiativen         Jugendlichen und dient damit der          benachteiligte Kinder und Jugendliche,
aufgegriffen werden, sind z.B.:           gesunden körperlichen und seelischen      die, insbesondere wenn sie von Armut
Gesunde Ernährung, Bewegung und           Entwicklung. Angesichts der Zunahme       betroffen sind, in der Regel mit höhe-
Entspannung, Sexualität, Gewalt- und      psychischer Auffälligkeiten bereits       ren gesundheitlichen Risiken leben
Suchtprävention. Anknüpfend an den        im Kindesalter muss darüber hinaus        und gleichzeitig von den gängigen Vor-
Alltag, den Lebensstil und die Ressour-   die gezielte Prävention psychischer       sorgeangeboten nicht so gut erreicht
cen der jeweiligen kulturellen Herkunft   Störungen im Kindes- und Jugendalter      werden.
der Mädchen und Jungen bzw. jungen        verbessert werden:
Frauen und Männer, werden diese                                                     Unter den Angeboten des Öffentlichen
ermutigt, sich mit den verschiedenen      Ressourcen für die psychische Ge-         Gesundheitsdienstes sind in diesem
Aspekten des Gesundheitsverhaltens        sundheit der Kinder und Jugendlichen      Zusammenhang besonders die Haus-
interaktiv auseinander zu setzen, um      müssen gestärkt, Entwicklungskrisen       besuche durch die Kinderkranken-
ihnen letztlich die Entscheidung für      und -störungen wahrgenommen und           schwestern bei Familien mit Säuglin-
einen verantwortlichen, gesundheits-      aufgefangen, manifeste psychische         gen und Kleinkindern hervorzuheben.
förderlichen Lebensstil zu erleichtern    Störungen möglichst früh erkannt und      Dieses niederschwellige aufsuchende
(vgl. z.B. sexualpädagogische Ange­       richtig behandelt werden. Gefordert       Beratungsangebot kommt gezielt
bote der Schwangerenberatungsstel-        sind u.a. zielgruppenspezifische Infor-   gefährdeten oder benachteiligten
len und Jugendeinrichtungen, das          mation und Aufklärung, niederschwel-      Kindern aus Familien mit und ohne
Grund­schulprojekt Klasse 2000, das       lige Beratung, mehr Transparenz und       Migrationshintergrund zu Gute. Die
Kooperationsprojekt „Fit & Gut            nicht zuletzt auch Qualifizierung der     Untersuchungen aller Kinder einer
drauf“). Ein zentraler Baustein bei       pädagogischen Fachkräfte, die im Um-      Jahrgangsstufe anlässlich der Einschu-
vielen Maßnahmen und Projekten ist        gang mit den psychischen Problemen        lung leisten einen Beitrag zum Abbau
die Bewegungsförderung, die z.B.          der Kinder und Jugendlichen oftmals       gesundheitlicher Risiken insbesondere
beim „Bewegungskindergarten“ und          überfordert sind. Wichtig ist in diesem   bei den Kindern, deren Eltern die kin-
der „Bewegten Schule“ im Mittel-          Zusammenhang die Verbesserung             derärztlichen Vorsorgeuntersuchungen
punkt steht und für alle Altersstufen     der Kooperation und Vernetzung der        unzureichend wahrnehmen. Auch für
noch weiter ausgebaut werden soll.        zuständigen Kosten- und Leistungs-        die Zahngesundheit der Kinder sind
                                          träger.                                   Zusammenhänge mit sozialen Fakto-
                                                                                    ren und niedrigem Bildungsstand der
Leitlinie Gesundheit | 3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit

Eltern belegt. Bei der zahnärztlichen    Besonders gefährdet sind Kinder, die        frühzeitig entgegengesteuert werden
Betreuung in Kindertagesstätten,         Gewalt in der Familie erleben sowie         kann. Alle Akteurinnen und Akteure
Grund- und Förderschulen werden          Kinder von suchtkranken oder psy-           rund um Schwangerschaft und Geburt,
daher insbesondere Einrichtungen mit     chisch kranken Eltern. Diese Kinder         Kind und Familie werden dabei einbe-
überdurchschnittlicher Kariesprävalenz   bedürfen eines besonderen Schutzes          zogen. Einrichtungen der Gesundheits-
berücksichtigt.                          und tragender Netzwerke, die die            versorgung, Kinderkrankenschwestern
                                         verbindliche Kooperation aller tan-         des Referats für Gesundheit und
In den schulärztlichen Sprechstunden     gierten sozialen und medizinischen          Um­welt, Sozialbürgerhäuser und Freie
werden Kinder und Jugendliche mit        Dienste und Einrichtungen erfordert.        Träger arbeiten dabei verzahnt zusam-
gesundheitlichen Problemen und           Die Landeshauptstadt München hat            men (vgl. Leitprojekt Nr. 1).
Schulfehlzeiten durch die verbes-        in Kooperation mit freien Anbietern
serte Kooperation mit Schule und         der Gesundheits- und Jugendhilfe ein
Jugendamt vermehrt erreicht und die      differenziertes Kooperationsnetzwerk
Möglichkeiten zur Prävention werden      für Kinder und ihre suchtkranken
verstärkt genutzt. Haupt- und Förder-    Eltern entwickelt (www.muenchen.
schüler/innen haben einen besonderen     de/hilfenetzwerk). Eine Kooperations-
Bedarf. Um diese zu erreichen sind       vereinbarung im Bereich der Familien
niederschwellige Angebote vor Ort        mit psychisch kranken Eltern wird
erforderlich. Schulärztinnen müssen in   erarbeitet.
den Schulen regelmäßig präsent sein
und eng mit der Schule (Lehrerschaft,    Darüber hinaus hat die Landeshaupt-
Schulsozialarbeit, Schulpsychologi-      stadt München referatsübergreifend
scher Dienst), Eltern, niedergelasse-    ein speziell auf die Münchner Verhält-
nen Ärzten/innen sowie Therapeuten/      nisse zugeschnittenes soziales Früh-
innen zusammenarbeiten. Dieser inter-    warnsystem – das Münchner Modell
disziplinäre Ansatz wird als kommuna-    der Früherkennung und Frühen Hilfen
les Kooperationsprojekt mit dem ÄKBV     für psycho-sozial hoch belastete Fami-
(Ärztlicher Kreis- und Bezirksverband    lien – entwickelt, das stufenweise im-
München) umgesetzt (vgl. Leitprojekt     plementiert wird. Ziel ist, alle Familien
Nr. 4)                                   mit Kindern bis 3 Jahren mit Risiken
                                         für Vernachlässigung und Misshand-
                                         lung zu erkennen und zu unterstützen,
                                         damit krisenhaften Entwicklungen
Gesund alt werden

Bedingt durch die zunehmende
Lebenserwartung steigt die Zahl der
älteren Menschen. In München wird
es im Jahr 2020 im Vergleich zu 2006
ca. 6 % (rd. 15.000 Personen) mehr
Menschen im Alter von 65 Jahren und
darüber geben. Der Zuwachs von ca.
27 % bei den Hochbetagten mit 80
und mehr Jahren (von rd. 58.000 auf
rd. 74.000) findet vor allem bei den
Männern statt. In dieser Altersgruppe
wird der Anteil der Frauen 2020 aber
immer noch ca. 60 % ausmachen.
Besonders stark ist der Anstieg bei der
Zahl hochbetagter Männer ohne deut-
sche Staatsangehörigkeit, wenn auch
von einer niedrigen Basiszahl ausge-
hend (von ca. 1.000 im Jahr 2006 auf
ca. 4.300 im Jahr 2020). Die Zahl der
nichtdeutschen hochbetagten Frauen
wird sich den Schätzungen zufolge
verdoppeln, von ca. 1.300 auf
ca. 2.700 Personen. Zu berücksichti-                     für ältere und alte Menschen mit und                   zu machen. Hier stehen nicht nur
gen ist auch die steigende Zahl von äl-                  ohne Migrationshintergrund weiterent-                  Bewegungs- und Ernährungsangebote
teren Menschen mit Behinderungen 22.                     wickelt und ausgebaut werden.                          im Fokus, sondern auch präventive
                                                                                                                medizinische Maßnahmen, wie z.B.
Durch die Veränderungen der Familien-                    Bestehende Strukturen und Einrichtun-                  Zahnprophylaxe und fachärztliche
strukturen (Kleinfamilien, Kinderlosig-                  gen vor Ort wie z.B. die dreißig Alten-                Vorsorgeuntersuchungen.
keit) leben immer mehr ältere Men-                       und Service-Zentren in München, die
schen allein, so dass die Gefahr einer                   Bildungsträger, die Sportvereine und                   In den Bereichen Wohnen und Wohn-
zunehmenden Vereinsamung besteht.                        andere Einrichtungen der öffentlichen                  umfeld ist der Ausbau von Sicher-
Die Isolation wird verstärkt durch die                   und freien Träger können dabei für den                 heitsmaßnahmen für ältere und alte
zunehmende Verarmung, insbeson-                          weiteren Aus- oder auch Umbau von                      Menschen notwendig. Hier stehen
dere von älteren Frauen, die meist                       Angeboten genutzt werden. Apothe-                      die Bauträger und –gesellschaften
nur eine kleine Rente haben oder                         ken spielen als wohnortnah positio-                    mit ihren technischen Berufsgruppen
Grundsicherungsleistungen beziehen.                      nierte Einrichtungen ebenfalls eine                    sowie die öffentliche Verwaltung in
In dieser Situation ist die Teilnahme an                 wichtige Funktion besonders für alte,                  der Pflicht, barrierefreies Bauen und
Präventionsangeboten erschwert.                          isolierte Menschen.                                    Wohnen als Standard zu entwickeln.
                                                                                                                Die Landeshauptstadt München hat
Studien belegen die positiven Auswir-                    Zusätzlich zu den oben beschriebenen                   bereits viel für behinderte und alte
kungen sozialer Vernetzung für Men-                      Angeboten mit „Kommstruktur“ ist                       Menschen im Verkehrsbereich umge-
schen aller Altersstufen: 23 Das Wohl-                   eine aufsuchende gesundheitsfördern-                   setzt (z.B. Niederflurbusse, Aufzüge
ergehen eines jeden Menschen wird                        de und präventive Unterstützung im                     in den U-Bahnen). Der demografische
durch die Einbindung in gute nachbar-                    häuslichen Lebensumfeld erforderlich,                  Wandel bringt in dieser Hinsicht
schaftliche Netzwerke und Teilhabe an                    um vorhandene Ressourcen der alten                     zusätzliche Anforderungen mit sich.
gesundheitsförderlichen Maßnahmen                        Menschen möglichst lange zu erhalten                   Um die Mobilität alter Menschen zu
gesteigert. Angesichts der bereits                       (z.B. präventive Hausbesuche).                         erhalten und deren Isolation zu ver-
bestehenden Isolation vieler alten                                                                              hindern, müssen Verkehrswege und
Menschen in München und angesichts                       Für Menschen, die in Einrichtungen,                    -infrastruktur noch mehr als bisher auf
der demografischen Entwicklung                           wie Alten- und Pflegeheimen oder                       sie ausgerichtet werden.
müssen wohnortnahe Gesundheits-                          in Behinderteneinrichtungen leben,
förderungs- und Präventionsangebote                      sind präventive Angebote zugänglich

22   Quelle: Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München, Planungsprognose 2007 (Basis 31.12.2006)
23   Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich (Hrsg.), Konzept für Prävention und Gesundheitsförderung im Kanton Zürich, 2004

22
Leitlinie Gesundheit | 3. Themenfelder der Leitlinie Gesundheit

3.3 Gesundheitsförderliche Umwelt

Kernaussage                                           planung, Wohnumfeld, Ausbau von                    Begründung
                                                      Rad- und Fußgängerverkehr, Barriere-
„Jeder Mensch hat Anspruch auf eine                   freiheit im öffentlichen Raum, Energie             Die Art und Weise, wie wir unsere
Umwelt, die ein höchstmögliches                       und Klimaschutz, Hygienemaßnah-                    Umwelt gestalten, ist für die Ge-
Maß an Gesundheit und Wohlergehen                     men und Anderes mehr. Damit ist die                sundheit der Bevölkerung von maß-
ermöglicht.“ 24                                       Gestaltung gesundheitsförderlicher                 geblicher Bedeutung. Erst in den
                                                      Umweltbedingungen eine sektoren-                   letzten Jahren werden die vielfältigen
Die Landeshauptstadt München han-                     übergreifende Herausforderung.                     Zusammenhänge von Umwelt und
delt entsprechend dieser politischen                                                                     Gesundheit in Politik und Wissen-
Willenserklärung und schafft in ihrem                 Dies zeigt sich auch in den starken                schaft wahrgenommen und gewinnen
Verantwortungsbereich Rahmenbe-                       Überschneidungen dieses Themenfel-                 auf internationaler, nationaler sowie
dingungen, um die Belastung der                       des mit der Leitlinie Ökologie in den              kommunaler Ebene immer mehr an
Münchner Bevölkerung durch Einflüs-                   Zielaussagen zu den Ressourcen Luft,               Gewicht.
se aus der Umwelt zu reduzieren und                   Lärm, Wasser 25. Die Verbesserung der
nachhaltig für eine gesundheitsförder­                Luftqualität, Lärmminderung und Klima              Gesundes Lebensumfeld
liche Umwelt in der Stadt zu sorgen.                  sind auch Anliegen im Verkehrsent-
                                                      wicklungsplan (VEP), einem Leitprojekt             Der Begriff „Lebensumfeld“ umfasst
Dies beinhaltet so unterschiedliche                   der Perspektive München 26.                        in diesem Kontext sowohl „objektive“
Bereiche wie Luftreinhaltung, Lärm-                                                                      Größen (Luft, Lärm, Strahlen, Grünflä-
minderung, Grün- und Freizeitflächen-                                                                    chenanteil usw.) als auch „subjektive“
                                                                                                         (Sicherheitsgefühl, Risikoeinschätzung,
                                                                                                         Wahrnehmung der Umgebung usw.)
                                                                                                         sowie Interaktionen zwischen beiden.

         Leitlinien
            ie gesamte Stadtentwicklungsplanung der Landeshauptstadt München verpflichtet sich dem Ziel der
           D
           Schaffung und Erhaltung eines möglichst gesundheitserhaltenden und -förderlichen Wohn- und Arbeitsum­
           feldes für ihre Bevölkerung. Die demografische Entwicklung sowie die unterschiedliche Nutzung durch
           einzelne Zielgruppen sind dabei besonders zu berücksichtigen.

            ie Landeshauptstadt München unterstützt die Eigeninitiative und Beteiligung der Bewohnerinnen und
           D
           Bewohner bei der gesundheitsförderlichen Gestaltung ihrer Wohnumgebung durch Förderprogramme bzw.
           Maßnahmen. Sie bezuschusst Initiativen, Einrichtungen und Projekte und kooperiert mit ihnen.

            ie Landeshauptstadt München stärkt eigenverantwortliches Handeln ihrer Bewohnerinnen und Bewohner im
           D
           Hinblick auf den Umgang mit Umweltbelastungen und -gefahren durch geeignete Maßnahmen der Information
           und Risikokommunikation. 27

            ie Landeshauptstadt München konzentriert ihre Maßnahmen vor allem dort, wo sich Umweltbelastungen für
           D
           die Bevöl­kerung häufen und mit Gesundheitsrisiken einhergehen. 28

            ie Landeshauptstadt München schöpft den Gestaltungsspielraum der kommunalen Selbstverwaltung bei
           D
           gesetzlichen Vorgaben in Überprüfungs- und Genehmigungsverfahren optimal zum Zweck der Verringerung
           von Umwelt­belastungen aus.

            ie Landeshauptstadt München verpflichtet sich, der Münchner Bevölkerung auch weiterhin sauberes
           D
           Trinkwasser von höchster Qualität zur Verfügung zu stellen 25.

24   „Europäische Charta Umwelt und Gesundheit“, 1989 in Frankfurt von den Umwelt- und Gesundheitsministerinnen und -ministern verabschiedet
25   
     Vgl. „Perspektive München – Leitlinie Ökologie“, Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates der Landeshauptstadt München vom 21.03.2001;
     das Kapitel Klimawandel und Klimaschutz wird 2009 überarbeitet und aktualisiert.
26   Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates der Landeshauptstadt München vom 15.03.2006
27   Vgl. Themenfeld Prävention und Gesundheitsförderung
28   Vgl. Themenfeld Chancengleichheit

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