Schadensbegrenzung statt Entwicklung? - Internationale Zusammenarbeit - Reformierte ...
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N r . / N o 1 4 —— D e z e m b e r / D é c e m b r e 2 0 1 6 Das Magazin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn Le Magazine des Eglises réformées Berne-Jura-Soleure Schadensbegrenzung statt Entwicklung? — Internationale Zusammenarbeit Limiter les dégâts au lieu de développer? – La coopération internationale
I N H A L T 4 DOSSIER INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT LA COOPÉRATION INTERNATIONALE 4 Schadensbegrenzung statt Entwicklung? Oser viser les grands objectifs 10 «Die Solidarität ist gewachsen» «Il y a davantage de solidarité aujourd’hui» 14 La malédiction des ressources Der Fluch der Rohstoffe 16 Wärmeres Hemd oder besserer Rock? 17 Une cible pour faire la différence IM PR E S S UM 18 FOKUS ENSEMBLE — Magazin für mitarbeitende, ehrenamtliche und engagierte Mitglieder der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn / Aktuelles aus Bern-Jura-Solothurn Magazine pour les membres engagés, colla FOCUS Actualités de Berne-Jura-Soleure borateurs et bénévoles des Eglises réformées Berne-Jura-Soleure — Herausgeberin / Editeur: Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn / Egli- 23 KREUZ UND QUER ses réformées Berne-Jura-Soleure / Altenb erg- strasse 66, Postfach / Case postale, 3000 Bern 22, Aus den Bezirken, Kirchgemeinden und dem Haus der Kirche ENSEMBLE@refbejuso.ch (auch für Abobestel- lungen) DE LONG EN LARGE Régions, paroisses et Maison de l’Eglise Erscheinungsweise / Parution: 10-mal pro Jahr / 10 fois par année — Auflage / Tirage: 5110 — 29 KURZ UND BÜNDIG Nächste Ausgabe / Prochaine parution: Ende Dezember / fin décembre Kreisschreiben des Synodalrats Redaktion / Rédaction: Adrian Hauser (ver EN BREF Circulaire du Conseil synodal antwortlich / responsable), Nicolas Meyer — Übersetzungen / Traductions: Antoinette Prince, Gabrielle Rivier — Korrektorat / Corrections: 31 SCHAUFENSTER Renate Kinzl — Titelbild / Image de couverture: Goldbarren mit Marmelade (Urs Keller, Ex-Press) VITRINE Grafisches Konzept / Concept graphique: Neid- hart Grafik, Klösterlistutz 18, 3013 Bern —Inhalt- liches Konzept und Beratung / Concept du contenu et conseil: hpe Kommunikation, Sustenweg 64, 3014 Bern — Layout / Druck / Im- pression: Jost Druck AG, Stationsstrasse 5, Post- fach 102, 3626 Hünibach Inhalt —– ENSEMBLE 2016/14
E D I T O R I A L LIEBE LESERINNEN UND LESER CHÈRE LECTRICE, CHER LECTEUR Wenn Schweizer Konzerne in Entwicklungs Lorsque des grands groupes industriels F ländern Rohstoffe abbauen, blutet nicht selten die suisses exploitent des matières premières ortsansässige Bevölkerung. Saurer Regen, ver- dans des pays en développement, il est rare que la seuchtes Wasser und verpestete Flüsse sind oft die population locale n’en souffre pas. Pluies acides, Folge davon. Viele internationale Unternehmen eau contaminée et cours d’eau pollués en sont sou- scheren sich keinen Deut um die Einhaltung von vent les conséquences. De nombreuses entreprises Menschenrechten oder Umweltschutzstandards. internationales ne se préoccupent guère de res- Angesichts dieser Not wirkt die Parlaments pecter les droits humains et l’environnement. debatte in der Schweiz um den Rahmenkredit für Face à cette détresse, les débats parlementaires Entwicklungszusammenarbeit schon fast lächer- en Suisse sur le crédit cadre de la coopération au lich. Die Gelder wurden gekürzt und erreichen bis développement semblent dérisoires. Les budgets 2020 keine 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkom- ont été réduits et représentent, jusqu’en 2020, mens mehr. Dies obwohl die UNO fordert, 0,7 Pro- moins de 0,5 pour cent du produit national brut. zent des Bruttonationaleinkommens für öffent Ceci, même si l’ONU recommande d’octroyer liche Entwicklungshilfe einzusetzen. Einem Land, 0,7 pour cent à l’aide publique au développement. das zu den reichsten der Welt gehört, würde es Pour un pays qui figure parmi les plus riches du gut anstehen, die Forderung der UNO zu erfüllen. monde, il serait bien de pouvoir remplir cet ob Das könnte sogar den eigenen Interessen dienen. jectif. Cela pourrait même servir ses propres inté- Denn wären die Lager mit Flüchtlingen aus Syrien rêts. En effet, si les camps qui accueillaient des wegen fehlender Gelder nicht ausgehungert réfugiés syriens ne s’étaient pas retrouvés en pé- worden, hätte die Schweiz möglicherweise viel nurie alimentaire due au manque de ressources weniger Asylgesuche. financières, la Suisse aurait certainement eu Doch anstatt die Probleme bei der Wurzel moins de demandes d’asile. a nzupacken, ziehen die Behörden lieber die Mais, au lieu de prendre les problèmes à la Schrauben bei der Auslegung des Asylgesetzes racine, les autorités resserrent plus volontiers an. So verzeichnet unser Land zurzeit mehr l’application des mesures d’asile. Notre pays Dublin-Rückführungen als Deutschland und etwa compte actuellement plus de renvoi que l’Alle- gleich viele wie alle weiteren Dublin-Staaten zu- magne et presque autant que tous les autres pays sammen. Gleichzeitig wird mit Flüchtlingen aus ayant signés les accords de Dublin. Parallèlement, gewissen Ländern wie Eritrea noch restriktiver des mesures plus restrictives sont appliquées à des umgegangen als zuvor. réfugiés de certains pays comme l’Erythrée. Währenddem die offizielle Schweiz versucht, Alors que la Suisse tente officiellement de die Asylgesuchszahlen tief zu halten, hat an der maintenir les statistiques de demandes d’asile, la Basis eine breite Mobilisierung stattgefunden. population s’est fortement mobilisée. Beaucoup Viele Einzelpersonen, aber vor allem auch Kirch- de personnes, mais aussi des paroisses, s’engagent gemeinden engagieren sich für die Integration pour l’intégration des réfugiés ou font des von Flüchtlingen oder spenden Gelder für die dons en faveur de l’aide au développement, E ntwicklungshilfe, obwohl sie selbst sparen même si elles doivent aussi économiser. Preuve müssen. Weitsicht lässt sich eben nicht einfach que tout ne repose pas que sur des questions finanztechnisch abhaken. financières. Wir wünschen Ihnen eine vorausschauende Lektüre, Nous vous souhaitons une lecture prévoyante, Adrian Hauser, verantwortlicher Redaktor / rédacteur responsable ENSEMBLE ENSEMBLE 2016/14 —– Editorial 3
SCHADENS- BEGRENZUNG STATT ENTWICKLUNG? INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT LIMITER LES DÉGÂTS AU LIEU DE DÉVELOPPER? LA COOPÉRATION INTERNATIONALE Die Schweiz streicht Entwicklungsgelder zusammen, was eine Kapitulation vor den Herausforderungen der Weltgemein- schaft bedeutet. In der Entwicklungshilfe gefragt ist ganzheitliches Denken, wie es kirchliche Akteure fordern. Von Heinz Bichsel* Die Parlamentsdebatte zum Rahmenkredit der Entwicklungszusammenarbeit 2017 bis 2020 im Sommer 2016 hat gezeigt, dass Gewissheiten im Budget fehl am Platz sind. Auch wenn die schlimmsten Szenarien nicht eingetroffen sind, steht doch fest, dass in den kommenden Jahren die internationale Zusammenarbeit der Schweiz nicht mehr 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkom- mens erreichen wird. Damit wird der entsprechen- de Parlamentsentscheid von 2011 in Frage gestellt und bewusst ein Zeichen gesetzt: Man denkt nicht daran, der von der UNO seit 1970 postulierten For- derung nachzukommen, 0,7 Prozent des Brutto- nationaleinkommens für öffentliche Entwick- lungshilfe aufzuwenden. Eine Forderung, die übrigens von den landeskirchlichen Werken der Entwicklungszusammenarbeit seit jeher unter- stützt wird. Leider wird sie bisher nur von wenigen Ländern wie beispielsweise Norwegen, Schweden, Dänemark, Niederlande, Grossbritannien oder Lu- xemburg erfüllt. Im Konzert der internationalen Gemeinschaft wirkt diese schweizerische Debatte peinlich. Ge- hört die Schweiz doch zu den reichsten Ländern der Welt und hat beste Aussichten, diesen Platz auch in Zukunft zu behaupten. * Bereichsleiter Ökumene, Mission, Entwicklungszusammen arbeit und Migration 4 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
künftig auch der Klimaschutz aus dem Budget der Exodus wegen Geldknappheit DEZA und des SECO (Staatssekretariat für Wirt- Es geht aber nicht einfach um Zahlen. Die Sparrun- schaft) berappt werden soll. Dabei geht es um Hun- de überdeckt lediglich, dass der politischen Debat- derte von Millionen und um ein Engagement, das te um die internationale Zusammenarbeit die gros- mit Entwicklung nichts zu tun hat, sondern ledig- sen Ziele abhandengekommen sind. Man stellt lich Schadensbegrenzung betreibt. keine grundlegenden Fragen, sondern das Budget Es scheint sich die Vorstellung zu etablieren, Forderung der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusam- Entwicklungszusammenarbeit müsse primär der UNO: 0,7 Prozent des menarbeit) wird mit allem Möglichen belastet. unsere Probleme lösen. Sie soll zum Beispiel vor Bruttonationalein- Humanitäre Notlagen, denen bisher mit Nachtrags- Migrationsströmen bewahren. Dass dies zutreffen kommens sollen krediten begegnet wurde, müssen mit dem neuen kann, bestätigt Peter Niggli, ehemaliger Direktor für die öffentliche Entwicklungs- Rahmenkredit 2017–2020 weitgehend abgedeckt von «Alliance Sud»: «Wären die UNO-Lager syri- hilfe aufgewendet werden. Sie konkurrenzieren deshalb die langfris- scher Flüchtlinge nicht ausgehungert worden, werden. tige Aufbau- und die kontinuierliche Projektarbeit. weil die Geberstaaten zu wenig Geld zur Ver Revendication de l’ONU: Dieselbe Auswirkung hat der fixe Einbezug von fügung stellten, wäre es 2015 nicht zum grossen 0,7 pour cent du Aufwendungen für das Asylwesen in das Budget Exodus gekommen.» Eine solche Wirkung aber produit national brut doit être der «öffentlichen Entwicklungshilfe». Möglicher- generell von Entwicklungszusammenarbeit zu attribué à l’aide au weise noch gravierender ist die politische Idee, dass erwarten, ist weit überzogen. développement. © Ruben Wyttenbach / Ex-Press EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4 —– D oss i e r 5
Die politische Debatte wirft vielmehr die Frage Strategie zu einer nachhaltigen Entwicklung der auf, ob man überhaupt noch die Hoffnung hat, Schweiz und dem entsprechenden Aktionsplan etwas zum Wohle der Menschen weltweit bewe- 2016–2019 lediglich zu erahnen. Greifbar wird in gen zu können. Dabei weiss man dank der Eva den entsprechenden Unterlagen, dass das Wachs- luation der Millenniums-Entwicklungsziele der tum armer Länder Voraussetzung für Entwicklung UNO, dass in der Überwindung von Armut mit ist und das Wachstum der reichen Länder die koordinierter Vorgehensweise wesentliche Fort- Grenzen längst erreicht hat. Wir verbrauchen schritte möglich sind. mehr, als für eine nachhaltige Nutzung unseres Landes zulässig wäre. Und im Aktionsplan wird Veränderungen hier und dort schon fast lakonisch bemerkt: «Rund 70 Prozent Es wäre naiv zu glauben, es sei einfach, in Krisen- des Schweizerischen Ressourcenverbrauchs fallen gebieten unter schwierigen sozialen und ökologi- jedoch im Ausland an.» Das zeigt: Eine grundle schen Bedingungen oder in Situationen, in denen gende Transformation ist nötig. politische und wirtschaftliche Korruption herrscht, Erfolge zu erzielen. Viele Irrwege wurden beschrit- Kirchen gestalten Entwicklung ten. Auch in Zukunft wird sich manches noch so Mit welcher Verbindlichkeit auch immer sich die sorgfältig geplante Projekt als Fehlgriff erweisen. Schweizerische Eidgenossenschaft zu den Ent- Das ist aber kein Grund, nicht anzupacken. Die wicklungszielen stellen wird, Staaten allein UNO hat sich mit den nachhaltigen Entwicklungs- werden es nicht richten. Die nachhaltigen Ent- zielen und der daraus folgenden Agenda 2030 ein wicklungsziele haben einen engen Bezug zum äusserst ambitioniertes Programm für die Zukunft biblischen Verständnis der Gleichheit der Men- schen vor Gott und zu der Grundüberzeugung, dass das eigene Leben und die Schöpfung Ge- © Angelo Lucas / Imagopress schenke aus Gottes Hand sind. Sowohl die Römisch-katholische Kirche als auch der Ökumenische Rat der Kirchen haben ihren Willen bekräftigt, zusammen mit verschie- densten Partnern der säkularen Gesellschaft eine nachhaltige Entwicklung der Welt mitzugestal- ten. Religion wird heute häufig als Hemmnis für die menschliche Entwicklung und als Konflikt potenzial gesehen. Mit den Impulsen aus der Öku- mene werden dagegen jene Kräfte gestärkt, die es wagen, Zielsetzungen zu formulieren, die das Wohl aller Menschen im Blick haben. Werke der Entwicklungszusammenarbeit wie «HEKS», «Brot für alle» sowie auch die Missions- werke «Mission 21» und «DM-échange et mission» leisten spezifische thematische Beiträge. Sie pfle- Es ist nicht ein- gegeben. Erstmals enthalten Entwicklungsziele gen zudem Arbeitsformen, die säkularen Akteuren fach, in Krisen auch Finanzierungsvorschläge. Diese zeigen deut- fremd sind. Gerade zur gesellschaftlichen Trans- gebieten Erfolge zu erzielen. lich auf, dass die Ziele nicht ohne die Zusammen- formation und zur Bedeutung von Religion für Il n’est pas facile arbeit mit verschiedensten staatlichen, zivilgesell- die gesellschaftliche Entwicklung erarbeiten sie de parvenir à des schaftlichen und privaten Akteuren zu erreichen eigene Beiträge. Sie kooperieren mit der Zivilge- résultats dans les zones de guerre. sind. Auch wenn einige Ziele wie «die Armut in sellschaft und mit Kirchen weltweit, pflegen lang- allen ihren Formen und überall beenden» oder jährige Partnerbeziehungen und den Austausch «den Hunger beenden» altbekannt erscheinen, von Personal zwischen Norden und Süden. wird erstmals klar postuliert, dass Entwicklungs- Angesichts wachsender fundamentalistischer ziele nicht nur weit weg von der Heimat erreicht Strömungen auch in den christlichen Kirchen werden müssen. Denn das Gelingen von Entwick- kommt zudem einer verantwortungsvollen, dia- lung setzt Veränderung hier und dort voraus. logfähigen, ökumenisch-theologischen Ausbil- In diesem Zusammenhang ist von Transforma- dung weltweit eine enorme Bedeutung zu. Viele tion die Rede. Die reichen Gesellschaften werden Kirchen können diese nicht aus eigenen Kräften in Zukunft nicht mehr denselben Verbrauch an finanzieren. Hier leisten die Missionswerke einen Ressourcen für sich beanspruchen können, wenn einmaligen Beitrag zu einer nachhaltigen sozialen sie nicht massive Schäden für alle in Kauf nehmen Entwicklung und zu interreligiöser Friedensarbeit. wollen. Vielleicht wäre hier der Begriff des Sparens Wenn die Kirchen dies nicht unterstützen, wer sogar produktiv eingesetzt. Leider ist dies in der dann? 6 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
© Emanuel Ammon / Aura En coupant dans les budgets de la coopéra- leurs toujours soutenu cet appel de l’ONU. Seuls Il est nécessaire F d’avoir des objec- tion au développement, la Suisse est en quelques rares pays ont fait le pas à ce jour, comme tifs pour le bien train de démissionner face aux défis de la com- par exemple la Norvège, la Suède, le Danemark, de tous. munauté internationale. L’aide au développe- les Pays-Bas ou le Luxembourg. Es braucht Ziel ment a besoin d’une vision globale. Les organisa- Dans le concert de la communauté internatio- setzungen für das Wohl aller tions ecclésiales plaident en ce sens. nale, le débat de cet été au parlement suisse paraît Menschen. plutôt embarrassant, alors que notre pays est l’un Par Heinz Bichsel* – Les réalités de la situation in- des plus riches au monde et qu’il a toutes les ternationale n’ont malheureusement pas leur chances de le rester encore longtemps. place lorsqu’il s’agit de parler budget: le débat parlementaire de l’été 2016 sur le crédit cadre de L’exode par manque d’argent la coopération au développement 2017–2020 en Mais il ne s’agit pas que de chiffres: derrière ces est la preuve. Même si les pires scénarios ne se mesures d’économie se cache le fait que le débat sont pas réalisés, il est désormais clair que, pour politique autour de la coopération internationale les années à venir, la coopération internationale a perdu de vue tous les grands objectifs. Les ques- de la Suisse représentera moins de 0,5 pour cent tions de fond ne sont plus à l’ordre du jour: on se du produit national brut. contente d’ajouter un item après l’autre au budget Le vote parlementaire de 2011 sur ce point se de la DDC (Direction du développement et de la trouve donc remis en question et le signal envoyé coopération). Finis les crédits supplémentaires est clair: le parlement n’envisage même plus de pour faire face aux urgences humanitaires: celles- s’approcher de l’objectif postulé par l’ONU depuis ci devront désormais être couvertes essentielle- 1970, soit que chaque pays consacre 0,7 pour cent ment par le nouveau crédit cadre 2017–2020, ce de son produit national brut à l’aide publique au qui les met en concurrence avec le travail et les développement. Les organisations de coopération projets de développement à long terme. Le même au développement des Eglises nationales ont d’ail- problème se pose avec l’inclusion des dépenses de l’asile dans le budget de l’aide publique au déve- * Responsable du Service ŒTN-Migration loppement. Pire encore: le soutien à la lutte contre EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4 —– D oss i e r 7
le changement climatique pourrait à l’avenir aus- Existe-t-il seulement encore? Pourtant, l’évalua- si incomber à la DDC et au SECO (Secrétariat d’Etat tion des Objectifs du Millénaire pour le dévelop- à l’économie). On parle là de plusieurs centaines pement (OMD) de l’ONU a bien démontré qu’il est de millions de francs pour un engagement qui n’a possible de faire des progrès importants dans rien à voir avec le développement puisqu’il vise la lutte contre la pauvreté grâce à une action co simplement à limiter les dommages. ordonnée. De plus en plus, on dirait que la coopération au développement doit avant tout servir à ré- Changer ici et là-bas soudre nos propres problèmes, par exemple nous Mais il serait naïf de croire qu’il est facile de réa- protéger des flux migratoires. Une évolution que liser des projets – aussi bien pensés et préparés confirme Peter Niggli, ancien directeur d’«Alliance soient-ils – dans des zones de conflit, dans des Sud»: «Si les camps de réfugiés syriens de l’ONU situations sociales et écologiques difficiles ou dans ne s’étaient pas retrouvés en pénurie alimentaire des contextes dominés par la corruption. On a L’ONU s’est dotée parce que les pays donateurs n’ont pas mis assez souvent fait fausse route, et même à l’avenir, nous d’un programme ambitieux avec ses de moyens à disposition, le grand exode de 2015 ne pourrons pas toujours éviter les échecs. Ce n’est objectifs de déve- n’aurait pas eu lieu.» Mais il serait exagéré d’at- pas pour autant qu’il ne faut rien faire: avec ses loppement durable. tendre de la coopération au développement qu’elle Objectifs de développement durable et l’Agenda Die UNO hat sich mit den nach- vienne à elle seule à bout de tous ces problèmes. 2030 qui en découle, l’ONU s’est dotée d’un haltigen Entwick- Le débat politique suisse soulève plutôt la programme extrêmement ambitieux. Pour la pre- lungszielen ein ambitioniertes Pro- question suivante: où est passé l’espoir de pouvoir mière fois, ce programme contient aussi des gramm gegeben. faire quelque chose pour le bien de l’humanité? p ropositions de financement. Cette approche © Patrick Lüthy / Imagopress 8 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
pragmatique montre bien que les objectifs de dé- veloppement ne peuvent être atteints sans la col- laboration des divers acteurs publics, privés et de la société civile. Certains peuvent sembler redon- dants, comme «éradiquer la pauvreté sous toutes ses formes et partout» ou «éliminer la faim». Mais pour la première fois, cet agenda stipule explici- tement que les objectifs de développement ne doivent pas seulement être poursuivis loin de nos pays. Un développement réussi exige des change- ments aussi bien chez nous que dans les pays en développement. C’est dans ce contexte que nous parlons de «transformation» nécessaire. Les sociétés aisées ne peuvent plus se permettre de consommer autant de ressources sans porter la responsabilité de cau- ser des préjudices considérables pour l’ensemble de la planète. «Economiser» pourrait, dans ce contexte, même devenir un terme constructif. Mal- heureusement, la Stratégie pour le développement durable en Suisse et le Plan d’action 2016–2019 qui l’accompagne ne font qu’effleurer la question. On y constate simplement que la croissance est une condition de développement pour les pays pauvres et que la croissance des pays riches a depuis long- temps atteint ses limites. Nous consommons bien plus que ne l’autoriserait une utilisation durable des ressources de notre pays. Un constat illustré de façon assez laconique dans le plan d’action: «Environ 70 pour cent de la consommation suisse des ressources incombent à l’étranger.» Un chan- gement fondamental est désormais indispensable. © Michael Würtenberg / Ex-Press Les Eglises contribuent au développement Les Etats n’y parviendront pas à eux seuls, même si la Confédération s’engage fermement à pour- suivre les objectifs de développement. Les Objectifs du Millénaire pour le développement étaient très proches de la conception biblique de l’égalité entre les humains devant Dieu. Ils reflètent aussi la conviction que la vie de chacun – tout comme la acteurs séculiers sont peu habitués. Elles ap- La croissance des pays pauvres Création – est un cadeau du S eigneur. portent leur contribution propre liée aux change- est une condition Tant l’Eglise catholique romaine que le Conseil ments de société et à l’évolution du rapport au au développement œcuménique des Eglises ont réaffirmé leur volon- religieux. Elles collaborent avec la société civile global. té de contribuer activement au développement et les Eglises du monde entier, entretiennent des Das Wachstum armer Länder ist durable de la planète en collaborant avec les dif- partenariats à long terme et favorisent les Voraussetzung férents partenaires de la société civile. Si la reli- échanges de personnel entre le Nord et le Sud. für globale Ent- wicklung. gion est souvent considérée comme un frein au Dans un contexte de montée des courants fon- développement humain ou comme source poten- damentalistes à travers le monde – aussi dans les tielle de conflit, la pensée œcuménique encourage Eglises chrétiennes – une éducation théologique plutôt à formuler des objectifs qui visent le bien et œcuménique, responsable, axée sur le dialogue de tous. n’en est que plus importante. Mais les Eglises n’ont Des organisations de coopération au dévelop- pas toujours les moyens de financer elles-mêmes pement telles que l’EPER et «Pain pour le pro- cette formation. Les œuvres d’entraide apportent chain», ainsi que les œuvres «Mission 21» et donc une contribution précieuse pour un déve- «DM-échange et mission» apportent toutes leurs loppement social durable et contribuent à favori- contributions spécifiques. Ces organisations ser la paix interreligieuse. Si les Eglises ne sou- cultivent des façons de travailler auxquelles les tiennent pas cet engagement, qui donc le fera? EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4 —– D oss i e r 9
«DIE SOLIDARITÄT IST GEWACHSEN» ASYLWESEN «IL Y A DAVANTAGE DE SOLIDARITÉ AUJOURD’HUI» ASILE Alberto Achermann ist Professor für dann kommt die Frage, was man tun kann, um die Migrationsrecht an der Universität Bern, Menge an Asylgesuchen zu senken. Also handelt selbstständiger Anwalt und Rechtskonsulent man dort, wo es noch einen Spielraum gibt: eine sowie Präsident der Nationalen Kommission härtere Praxis gegenüber einzelnen Ländern wie zu Verhütung von Folter. Ein Gespräch Eritrea oder eben eine strengere Umsetzung der über die Entwicklungen des Asylwesens. Dublin-Verordnung. Im Fall von Eritrea erhalten Personen, die «nur» Von Adrian Hauser illegal ausgereist sind und nicht den Militärdienst verweigert haben oder desertiert sind, kein Asyl Herr Achermann, gegenüber dem Vorjahr sind die mehr. Was halten Sie von dieser Praxis? Asylgesuche gemäss Statistik um 42 Prozent zu- Bei einer strikten Auslegung des Asylgesetzes rückgegangen. Warum? ist das juristisch in Ordnung. Die Frage ist nun Dazu haben verschiedenen Faktoren beige aber, was mit diesen Personen passiert. Wenn man tragen. Ein wesentlicher Faktor ist die mehr oder ihnen wie in anderen Ländern einen Schutzbe- weniger geschlossene Balkanroute. Viele Leute dürftigenstatus geben würde, der vergleichbar mit wollen auch nicht unbedingt in die Schweiz und dem Flüchtlingsstatus ist, dann wäre das einiger- reisen weiter, nachdem sie das Mittelmeer über- massen akzeptabel. Denn so hätten sie eine Pers- quert haben. pektive, könnten arbeiten und etwas aufbauen. Auch ein Familiennachzug wäre möglich. Bei uns Warum wollen weniger Leute in die Schweiz? ist das Verheerende, dass viele von diesen Men- Die Schweiz hat teilweise den Ruf, sehr strikt schen, sofern sie nicht vorläufig aufgenommen zu sein. Sie ist das einzige Land, welches das werden, in der Nothilfe landen, weil sie gegen D ublin-Regelwerk sehr konsequent umsetzt. Die ihren Willen nicht in ihre Heimat ausgeschafft Schweiz hat mehr Dublin-Rückführungen als werden können. Das müsste uns Sorgen machen: Deutschland und etwa gleich viele wie alle die Zunahme von Nothilfebezügern ohne Aussicht weiteren Dublin-Länder zusammen. Ich nehme an, auf eine Legalisierung. dass sich das herumgesprochen hat. Zudem haben sich neue Diasporas beispielsweise in Schweden Das ist eine Prekarisierung einer ganzen Bevölke- und in Deutschland gebildet, und eritreische Asyl- rungsschicht ... suchende wollen vermehrt in diese Länder. Genau! Man schafft eine grosse Kategorie weit- gehend rechtloser Leute. Das ist eine sehr ungute Was ist der Grund für die restriktive Haltung der Entwicklung. Schweiz? Der allgemeine Druck von Bundespolitikern Wie will man das lösen? Irgendwann muss man und Kantonen auf die Regierung ist sehr hoch und sich diesem Problem ja stellen ... der asylpolitische Spielraum sehr klein. Denn vie- Die Schweiz will das nicht lösen. Das ist natür- le Leute, die hierherkommen, sind auch tatsäch- lich eine Abschreckungspolitik. Man will die L eute lich schutzbedürftig. Man kann diese Menschen hinausekeln und ja keine Anreize setzen. nicht einfach mit schnellen Verfahren und einer gross angelegten Ausschaffungsmaschinerie aus Die Praxis hat sich also doch verschärft in den dem Land bringen. Das ist den meisten klar. Aber letzten Jahren? 10 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
Zum Teil hat sich die Praxis verschärft, zum Teil aber auch nicht. Es gibt im Flüchtlingsbereich nie ganz lineare Entwicklungen. Einerseits haben wir in den letzten 15 Jahren eine Ausweitung des Flüchtlingsbegriffs erlebt, andererseits gab es aber auch massive Verschärfungen. Wie steht die Schweiz denn im internationalen Vergleich da? Die Schweiz hatte tendenziell immer eine strengere Praxis im Vergleich zu anderen europä- ischen Staaten. Bei den Asylgesuchszahlen befin- den wir uns im europäischen Vergleich immer noch im obersten Fünftel. Die Schweiz hatte in den letzten 20 Jahren pro Kopf doppelt so viele Asylsuchende wie Deutschland. Wie werden sich die Asylgesuchszahlen ent wickeln? © Adrian Hauser Ich nehme an, dass die Zahlen anhaltend hoch bleiben werden. Wir müssen damit rechnen, dass pro Jahr eine halbe bis eine Million Menschen nach Europa ins Asylverfahren kommen werden. Heimmärkte öffnen, andererseits sind jene Märk- Alberto Achermann Was müsste man tun, damit weltweit weniger te, in denen sie eigentlich stark wären, für sie ge- Menschen flüchten müssen? schlossen. Das ist die grosse Frage des globalen Man muss unterscheiden, was für eine Situa- Ungleichgewichts. Ich habe nicht das Gefühl, dass tion in einem Land herrscht. Ein Konflikt wie in man hier wahnsinnig weit ist. Syrien ist etwas völlig anderes als eine allgemeine wirtschaftliche Misere. In Konflikten müsste man Was könnte die Schweiz im Umgang mit Flücht- Friedenspolitik betreiben, aber wir wissen ja, dass lingen verbessern? dies aufgrund der Involvierung verschiedener Die Aufwertung des Status der vorläufig Auf- Mächte fast unmöglich ist. Gegen die irreguläre genommenen, wie es der Bundesrat kürzlich vor- Flucht, bei der die Menschen ihr Leben riskieren geschlagen hat, wäre wichtig. Denn das betrifft und viel Geld ausgeben, sind Umsiedlungspro- über 30 000 Menschen, die nach ein paar Jahren gramme ein wirksames Mittel. Dabei holt man vielleicht eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, jedes Jahr eine bestimmte Anzahl Leute aus einem aber wegen des erschwerten Arbeitsmarktzugangs Land und nimmt sie auf. Die Zurückgebliebenen wertvolle Jahre von ihrem Leben mit Warten ver- müssen warten, bis sie an der Reihe sind, aber sie lieren. Auch mit den schnelleren Asylverfahren ist wissen, dass man sie holen wird. Man hat früher allen gedient, solange der Rechtsschutz gewähr- bei Vietnam gesehen, dass dadurch die Zahlen leistet ist. spontaner Ausreisen massiv zurückgegangen sind. Aus Vietnam hat man zweieinhalb Millionen Leu- Wo sehen Sie die Rolle der Kirchen im ganzen Asyl- te in den Westen umgesiedelt. wesen? Die Kirchen haben in der gesamten Schweizer Und bei wirtschaftlichen Miseren? Flüchtlingspolitik immer eine sehr grosse Rolle Die grosse Lebenslüge von Europa ist, dass man gespielt. Vor und während dem Zweiten Weltkrieg keine billigen Arbeitskräfte brauche. Man könnte hat der Staat nichts für den Flüchtlingsschutz be- beispielsweise Menschen aus Afrika die Möglich- zahlt. Das waren ausschliesslich die Zivilgesell- keit geben, zwei oder drei Jahre legal hier zu ar- schaft und vor allem die Kirchen, welche die beiten. Spanien hat das relativ erfolgreich mit Flüchtlinge mit eigenen Mitteln unterstützt ha- Leuten aus Marokko und Südamerika gemacht. ben. Der Staat ist erst in den 50er-Jahren in die Und der Rest ist dann die ganz grosse Handels Fürsorge von Flüchtlingen eingestiegen. Das HEKS politik. Wie können Produzenten aus schlechter hat im Landesinnern bis in die 80er-Jahre prak- entwickelten Ländern ihre Waren auf dem Welt- tisch nur Flüchtlingsarbeit gemacht. Auch bei der markt verkaufen? Solange Europa die Landwirt- Finanzierung von Rechtsberatungsstellen spielen schaft massiv subventioniert, haben diese Länder die Kirchen eine wichtige Rolle und natürlich bei kaum eine Chance. Einerseits mussten sie ihre der Integration. Es ist schon beeindruckend zu EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4 —– D oss i e r 11
sehen, was an der Basis in Kirchgemeinden alles lérées et d’expulsions massives. Presque tout le geleistet wird. Sie knüpfen Kontakte zu den An- monde est d’accord là-dessus. Se pose alors la kömmlingen und binden sie sozial ein. Wenn ich question suivante: que peut-on faire pour dimi- manchmal mit Politikern rede, merke ich, dass die nuer le nombre de demandes d’asile? Le gouver- das gar nicht richtig mitbekommen. Im Bundes- nement agit là où il le peut: en se montrant plus haus ist vieles auf Angst und Abwehr eingestellt, ferme face à certains pays, comme l’Erythrée, ou dabei gab es in Städten und auch in kleinen Ge- en appliquant à la lettre le règlement Dublin. meinden eine grosse Mobilisierung. Es gibt viele Einzelpersonen, die sich auf unterschiedliche Wei- Dans le cas de l’Erythrée justement, les personnes se für Flüchtlinge einsetzen. qui ont «seulement» quitté leur pays illégalement et qui n’ont pas déserté ou refusé le service mili- Dann könnte man also sagen, dass die Solidarität taire n’obtiennent plus l’asile. Qu’en pensez-vous? in den letzten Jahren gewachsen ist? C’est juridiquement correct dans le cadre d’une Ja, die Solidarität ist eindeutig gewachsen. Vor application stricte de la loi sur l’asile. Mais que ein paar Jahren war die Asylpolitik noch ein «Pfui- deviennent alors ces personnes? Ce serait déjà un Thema», aber das ist vorbei! peu plus acceptable de leur accorder une sorte de statut de personnes à protéger comme ça se pra- tique dans certains pays, qui serait comparable à Alberto Achermann est professeur de droit un statut de réfugié. Ces gens auraient au moins F des migrations à l’Université de Berne, un avenir, pourraient travailler et se construire avocat indépendant et consultant. Président une existence. Même le regroupement familial de la Commission nationale pour la prévention serait possible. de la torture, il livre ici son point de vue sur Ce qui est dramatique actuellement, c’est que l’évolution dans le domaine de l’asile en Suisse. beaucoup de ces personnes, si elles ne sont pas admises provisoirement, aboutissent à l’aide d’ur- Par Adrian Hauser gence, car elles ne peuvent être renvoyées contre leur gré dans leur pays d’origine. Et c’est cela qui Les demandes d’asile en Suisse ont reculé de devrait nous inquiéter: l’augmentation de béné 42 pour cent par rapport à l’an dernier, selon les ficiaires de l’aide d’urgence qui n’ont aucune pers- statistiques. Pourquoi? pective de régularisation de leur situation. Plusieurs facteurs ont joué un rôle, le principal étant la fermeture de la route des Balkans. Mais il Il y a donc une précarisation de toute une tranche y a aussi le fait que de nombreux migrants ne de la population. veulent pas forcément venir en Suisse. Après avoir Exactement! On est en train de créer une im- traversé la Méditerranée, ils préfèrent poursuivre portante catégorie de personnes pratiquement leur route vers d’autres pays. sans aucun droit. Ce n’est pas une bonne évolu- tion. Et pourquoi sont-ils moins nombreux à vouloir venir dans notre pays? Comment trouver une solution? Il faut faire face La Suisse a un peu la réputation d’être sévère. au problème un jour ou l’autre… C’est le seul pays qui applique les règles Dublin de La Suisse ne veut pas trouver de solution. Il manière très conséquente. Nous avons par exemple s’agit bien sûr d’une politique de dissuasion: on plus de renvois Dublin que l’Allemagne, et à peu veut surtout décourager les gens et éviter tout près autant que tous les autres pays Dublin réunis. effet incitatif. J’imagine que ces informations circulent. Par ail- leurs, de nouvelles diasporas se sont formées, en La Suisse a donc serré la vis ces dernières années? Suède ou en Allemagne par exemple. Les requé- En partie, mais pas dans tous les domaines. rants d’asile érythréens veulent de plus en plus L’évolution dans le domaine de l’asile n’est jamais rejoindre ces pays-là. parfaitement linéaire. D’un côté, la notion de ré- fugié a été élargie ces 15 dernières années. Mais il Pourquoi la Suisse se montre-t-elle plus stricte? y a eu aussi des durcissements importants. D’une manière générale, la pression des poli- ticiens et des cantons sur le gouvernement est très Comment se situe la Suisse en comparaison inter- forte et la marge de manœuvre dans la politique nationale? d’asile est mince. Parmi les personnes qui arrivent La Suisse a toujours eu une pratique plus stricte chez nous, nombreuses sont celles qui ont bel et comparée à celle d’autres pays d’Europe. Par rap- bien besoin de protection. On ne peut pas simple- port au nombre de demandeurs d’asile, nous nous ment les faire partir à coups de procédures accé- situons dans le cinquième supérieur en comparai- 12 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
son européenne. Au cours des 20 dernières années, de 30 000 personnes. Au bout de quelques années, la Suisse a recensé deux fois plus de demandeurs elles obtiendront peut-être une autorisation de d’asile par habitant que l’Allemagne. séjour, mais elles auront perdu de précieuses an- nées à attendre puisque l’accès au marché du Et comment ces chiffres vont-ils évoluer? travail est difficile. La nouvelle procédure d’asile Je pense que le nombre de requérants va rester accélérée est aussi à l’avantage de tous, pour élevé. Nous devons nous attendre à voir chaque autant que la protection juridique soit garantie. année entre un demi-million et un million de per- Comment voyez-vous le rôle de l’Eglise dans le sonnes intégrer les procédures d’asile en Europe. d omaine de l’asile? Les Eglises ont toujours joué un rôle très im- Que faudrait-il faire pour qu’il y ait, dans le mon- portant dans la politique suisse des réfugiés. Avant de, moins de personnes qui doivent fuir leur pays? et pendant la Seconde Guerre mondiale, l’Etat ne Il faut bien distinguer les situations de chaque déboursait rien pour la protection des réfugiés. pays. Un conflit comme celui qui ravage la Syrie Seule la société civile, et surtout les Eglises ont représente un contexte totalement différent de alors apporté et financé le soutien aux réfugiés. celui d’un pays qui souffre d’une misère écono- Ce n’est que dans les années 1950 que l’Etat a com- mique généralisée. Pour les zones de conflit, il mencé à s’impliquer dans la prise en charge des faudrait pratiquer une politique de paix. Mais nous réfugiés. Jusque dans les années 1980 d’ailleurs, voyons bien que c’est quasi impossible en raison l’essentiel du travail en Suisse de l’EPER concernait de l’implication de plusieurs puissances antago- les réfugiés. Les Eglises ont également participé nistes. En revanche, les programmes de relocali- de façon significative au financement des centres sation s’avèrent un moyen efficace pour lutter de conseil juridique pour les réfugiés, et bien sûr, contre la fuite clandestine, où les gens risquent au soutien à l’intégration. leur vie et paient très cher. Il s’agit de faire venir Je suis assez impressionné de voir tout le travail chaque année un certain nombre de personnes réalisé au niveau de la base, dans les paroisses. d’un pays et de les accueillir. Ceux qui restent là- Celles-ci créent des liens avec les nouveaux arri- bas doivent attendre leur tour, mais ils savent vants et les intègrent socialement. Quand je dis- qu’on viendra les chercher. Dans le cas de l’exode cute avec des politiciens, je réalise qu’ils ne sont du Vietnam, on a pu constater que ces programmes pas du tout conscients de cet investissement. Au ont fait chuter le nombre de départs spontanés. parlement à Berne, on entend surtout parler de Deux millions et demi de personnes ont pu être peur et de rejet. Pourtant, il y a eu des grandes relocalisées dans des pays occidentaux. mobilisations en faveur des réfugiés dans les villes et même dans des petites communes. Et de nom- Et dans les cas de misère économique? breuses personnes s’engagent de toutes sortes de Le grand mensonge de l’Europe est de dire manières pour aider les réfugiés. qu’elle n’a pas besoin de main-d’œuvre bon marché. On pourrait par exemple donner la pos- On peut donc affirmer que la solidarité a augmen- sibilité à des Africains de venir travailler légale- té ces dernières années? ment pendant deux ou trois ans. L’Espagne l’a fait Oui, il y a clairement plus de solidarité. Il y a avec des personnes venant du Maroc ou d’Amé- quelques années, la politique de l’asile était en- Alberto rique du Sud, avec un certain succès. Pour le reste, core un sujet rédhibitoire, mais plus maintenant! Achermann c’est du domaine de la politique commerciale: comment les producteurs de pays peu développés peuvent-ils vendre leurs produits sur le marché mondial? Tant que l’Europe subventionne massi- vement son agriculture, ils n’ont pratiquement aucune chance. Ces pays doivent ouvrir leurs mar- chés domestiques, alors que les marchés qui leur seraient profitables sont verrouillés. C’est toute la question du déséquilibre global. Je n’ai pas l’im- pression que nous sommes terriblement avancés dans ce domaine. Comment la Suisse pourrait-elle mieux faire face aux réfugiés? © Adrian Hauser Il serait important de revaloriser le statut des admissions provisoires, comme l’a proposé le Conseil fédéral dernièrement. Cela concerne plus EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4 —– D oss i e r 13
LA MALÉDICTION DES RESSOURCES ÉCONOMIE DER FLUCH DER ROHSTOFFE WIRTSCHAFT De nombreuses entreprises internationales améliorer les conditions d’existence des familles ne respectent pas les droits humains et afin qu’elles touchent un revenu suffisant pour portent atteintes à l’environnement dans des vivre. pays en voie de développement où les obli- A Mufulira en Zambie, la mine de cuivre de gations sont moins contraignantes. Plusieurs Mopani rejette des émissions de dioxyde de soufre d’entre elles ont leur siège en Suisse. qui polluent l’air, rendent la population malade et entraînent le décès prématuré des personnes les plus fragiles. Des pluies acides rongent le toit Par Nicolas Meyer des habitations et rendent la terre incultivable. Le site est exploité par le géant zougois des matières Afin de contraindre les multinationales qui ont premières Glencore qui a racheté la mine pour leur siège en Suisse à respecter les droits humains augmenter fortement la production sans se sou- et l’environnement, une initiative a été déposée cier des implications. le 10 octobre dernier (voir p. 21). Plusieurs exemples sont mis en lumière par ses instigateurs: en Vaines promesses Afrique de l’Ouest, plus d’un demi-million d’en- Suite à la publication de conclusions de Pain pour fants récoltent des fèves de cacao dans des condi- le prochain, concernant l’exploitation de deux tions misérables. Cette région qui produit 70 pour mines en République démocratique du Congo cent de la production mondiale est en lien étroit (RDC) par la société Glencore, quelques améliora- L’exploitation de avec notre pays qui abrite les plus importantes tions ont été faites. Pourtant des eaux fortement mines pollue sociétés de négoce de cacao. Bien que les entre- contaminées continuent de se déverser dans les l’environnement. prises soient au courant de la situation, elles n’ont affluents d’un fleuve proche d’une des mines. Die Ausbeutung von Minen ver- pratiquement rien fait pour changer cette situa- L’autre exploitation force les populations locales pestet die Umwelt. tion. Leur responsabilité serait de contribuer à à contourner le site, les obligeant à faire un détour de plus de 10 kilomètres à pied pour aller vendre leurs légumes dans la ville voisine. Le plus grand © Waldemar Da Rin / Ex-Press paradoxe reste que la RDC profite finalement très peu de la présence de cette multinationale sur ses terres. On peut estimer le manque à gagner à 157 m illions de francs, une somme non négli- geable pour un des pays les plus pauvres au monde. Même si le pays dispose d’une législation qui régit les mines et définit les obligations des groupes qui les exploitent, ces derniers arrivent souvent à contourner l’Etat. Agir avant qu’il ne soit trop tard Pain pour le prochain s’est également intéressé de près au géant genevois des matières premières Vitol qui a acquis les droits exclusifs sur deux mines charbon en Afrique du Sud. Leur exploita- tion engendrerait une pollution massive des eaux. 14 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
La population serait exposée à des émissions de rungen vorgenommen. Allerdings gelangen immer poussières de carbone qui pourraient provoquer noch stark verseuchte Abwässer in einen Fluss, der de graves problèmes de santé. L’ensemble des nahe an der einen Mine vorbeifliesst. Die andere cultures environnantes serait mis en péril. Un pro- Mine zwingt die lokale Bevölkerung dazu, das Ge- blème de taille puisque la région produit 60 pour lände zu umgehen und zu Fuss einen Umweg von cent des fruits, des légumes, du blé et du coton mehr als 10 Kilometern in Kauf zu nehmen, um in sud-africains. Le parc national de Mapungubwe der benachbarten Stadt Gemüse verkaufen zu kön- en subirait aussi les conséquences et plus de 5600 emplois seraient perdus. © Andreas Busslinger / Aura Suite à ces constatations, les familles pay- sannes, les communautés villageoises et diffé- rentes organisations environnementales se sont opposées à cette exploitation. Vitol n’a pour l’ins- tant pas donné suite et l’entreprise ne se sent pas impliqué dans les conséquences de ces activités. Es gibt zahlreiche internationale Unter D nehmen, welche die Menschenrechte nicht respektieren und der Umwelt schaden. Das ist vor allem der Fall in Entwicklungsländern, wo die Regelungen nicht so strikt sind. Mehrere dieser Unternehmen haben ihren Sitz in der Schweiz. Von Nicolas Meyer – Um Multis, die ihren Sitz in der Schweiz haben, verpflichten zu können, dass sie nen. Paradox ist, dass die DRK letztlich kaum von Mehr als eine halbe Million die Menschenrechte und die Umwelt respektieren, der Präsenz des Multis auf ihrem Gebiet profitiert. Kinder erntet wurde am vergangenen 10. Oktober von verschie- Der Gewinnausfall wird auf 157 Millionen Franken in Westafrika denen Organisationen eine Initiative eingereicht veranschlagt. Das ist für eines der ärmsten Länder Kaffeebohnen. (s. Seite 20). Sie deckten verschiedene Missstände der Erde ein nicht unerheblicher Betrag. Zwar ver- En Afrique de l’Ouest, plus d’un auf: Mehr als eine halbe Million Kinder ernten in fügt das Land über eine Gesetzgebung in Bezug auf demi-million Westafrika Kakaobohnen. Die Kinder verrichten Minen und regelt die Verpflichtungen von Unter- d’enfants récol- tent des graines diese Arbeit unter miserablen Bedingungen. Die nehmen. Die Unternehmen hebeln diese Gesetzge- de café. Region liefert über 70 Prozent der weltweiten Pro- bung aber nicht selten aus. duktion und unterhält enge Beziehungen zu un- serem Land, in dem die grössten Kakao-Handels- Handeln, bevor es zu spät ist gesellschaften tätig sind. Obwohl sich diese In Südafrika hat gemäss «Brot für alle» der Genfer Unternehmen der Situation bewusst sind, haben Rohstoffgigant Vitol die Exklusivrechte für zwei sie kaum etwas dagegen unternommen. Es läge Kohleminen erworben. Deren Ausbeutung würde in ihrer Verantwortung, die Lebensbedingungen eine massive Gewässerverschmutzung mit sich der Familien zu verbessern, damit diese ein exis- bringen. Die Bevölkerung wäre Kohlestaub-Emis- tenzsicherndes Einkommen erhalten. sionen ausgesetzt, die ernsthafte Gesundheitspro- In Mufulira (Sambia) stösst die Kupfermine bleme hervorrufen könnten. Sämtliche Anbauge- «Mopani» Schwefeldioxid aus, das die Luft ver biete in der Umgebung wären gefährdet. Das ist pestet, die Bevölkerung krank macht und zum ein Problem von grösserem Ausmass, denn die vorzeitigen Tod von gesundheitlich angeschlage- Region produziert 60 Prozent der Früchte, des Ge- nen und schwächeren Menschen führt. Säureregen müses, des Weizens und der Baumwolle Südafri- nagt an den Dächern und macht die Erde unfrucht- kas. Auch der Nationalpark Mapungubwe müsste bar. Die Mine wird vom Zuger Rohstoffmulti Glen- unter den Folgen leiden, und es würden über 5600 core ausgebeutet. Glencore hat die Mine gekauft, Stellen verloren gehen. um die Produktion hochfahren zu können, ohne Angesichts dieser Umstände haben sich die sich um die Folgen kümmern zu müssen. Bauernfamilien, die dörflichen Gemeinschaften und verschiedene Umweltorganisationen zu Leere Versprechungen sammengeschlossen, um die Ausbeutung der Nach der Veröffentlichung der Recherchen von Minen zu verhindern. Vitol ist auf die Anliegen «Brot für alle» über die Ausbeutung von zwei wei- bislang nicht eingegangen und hat nicht das Ge- teren Minen durch Glencore in der Demokratischen fühl, für die Folgen seiner Tätigkeit geradestehen Republik Kongo (DRK) wurden ein paar Verbesse- zu müssen. EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4 —– D oss i e r 15
K I RCHGEM EIN DEN Wärmeres Hemd oder besserer Rock? Die Kirchgemeinde Wohlen muss sparen. fischer Entwicklungen zurück und können bei Wenn es nicht mehr für alles reicht, muss man weitem nicht durch Tariferhöhungen zusätzlicher sich entscheiden. Das hat auch Auswirkungen Leistungen wettgemacht werden. Die Ausgaben auf den Bereich der Entwicklungszusammen- hingegen steigen kontinuierlich. Zwei Drittel von arbeit. Ein Erfahrungsbericht. ihnen sind gebunden, wie zum Beispiel Versiche- rungsprämien oder die Synodalratsabgaben, und werden in Zukunft wohl weiter zunehmen. Auch Von Laurence Gygi Luard* die Kosten der technischen Entwicklung setzen dem Budget zu. Sparen kann der Kirchgemeinde- Wohlen ist eine engagierte Kirchgemeinde. Ihre rat nur dort, wo er allein über seine Ausgaben Aktivitäten in den Bereichen OeME (Ökumene, bestimmt. Dies ist bei den Stellenprozenten seiner Mission, Entwicklungszusammenarbeit) und Mi- Angestellten und den Ressorts der Fall. gration sind seit Jahrzehnten gross: Sie hat eine Stellen zu kürzen, steht für den Kirchgemein- Stelle für Migrationsarbeit sukzessive bis auf rund derat Wohlen ausser Diskussion. Im Gegenteil: Er 60 Prozent aufgebaut. Sie pflegt persönlich und wird einen Teil der gestrichenen Pfarrstellenpro- finanziell Beziehungen zur Partnergemeinde in zente aus eigenen Geldern weiterfinanzieren, um Palästina sowie zu kleinen und grossen Hilfspro- den Pfarrpersonen den Raum zu geben, nebst Pre- jekten in Afrika und Lateinamerika. Nicht von digt und Kasualien auch weiterhin gemeinde ungefähr erhielt die Kirchgemeinde Wohlen, be- bildende Veranstaltungen durchzuführen. ziehungsweise ihre OeME- und Migrationskom- missionen, 2007 den Preis der Reformierten Kir- Wo noch sparen? chen Bern-Jura-Solothurn «für die beispielhafte Somit bleibt, da auch eine Erhöhung der Kirchen- Basisarbeit (...) für Integration, Solidarität und steuer kein Thema ist, bloss das Sparen in den Die Entwicklungs- mehr Gerechtigkeit». Ressorts, und alle Verantwortlichen finden auch hilfe steht finanziell unter hier und dort etwas zum Streichen. Nur zwei Be- Beschuss. Keine Stellenkürzungen reiche nicht: die Migrationsarbeit und die OeME. Le financement Und so fällt es ihr jetzt auch schwer, wenn nach Aber während das grosszügig dotierte Budget für de l’aide au déve- loppement est fetten Jahren nun die magereren anstehen: Die Integrations- und Flüchtlingsarbeit weiter aufge- remis en question. Einnahmen gehen vor allem aufgrund demogra- stockt wird, muss die OeME spürbare Kürzungen hinnehmen. Sie, mit ihrem viertgrössten Aus gabeposten der Kirchgemeinde Wohlen, habe am © David Adair / Ex-Press meisten Sparpotenzial und auch am ehesten Optionen, alternative Geldquellen zu äufnen. Die Proteste der OeME-Kommission verpufften im Gegenwind. Wer kann schon Entwicklungspro- jekte mit derselben Überzeugungskraft darlegen wie ein Vertreter die IT-Auslagen, um zu erklären, weshalb die anfallenden Kosten ebenso hoch wie zwingend sind? Zumindest in Kirchgemeinden stehen Laiengremien den Profis eindimensionaler Sachzwänge gegenüber. Irgendwie scheint die OeME-Arbeit für mehr Solidarität und Gerechtigkeit in der Krise zu ste- cken – und das nicht nur unverschuldet. Es be- schleicht einen das ungute Gefühl, im kühlen Sparwind, der allenthalben durch unsere Gesell- schaft weht, entschieden wir uns lieber für das wärmere Hemd – als ob dieses nichts mit dem Rock zu tun hätte. * Beauftragte Migration Kirchgemeinde Wohlen 16 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 6 / 1 4
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