Schätze auS Vulkanen Eine Zeitreise durch 500 Millionen Jahre Erdgeschichte - Geopark Porphyrland
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Wenn Sie dieses Symbol auf den Doppelseiten rechts oben anklicken, erreichen Sie wieder das Inhaltsverzeichnis. Inhalt Willkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Das Mügelner Schmalspurnetz und der Kaolintransport . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Geopark Porphyrland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Glossen – lebendiges Zeugnis histori- Wie unser Rohstoffreichtum scher Verlade- & Transporttechnologie . . . . . . . . . 31 entstand – eine Zeitreise . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Geoportal Bahnhof Mügeln Supervulkanismus – Basis des mit der Erlebniswelt Kaolin . . . . . . . . . . . . . . . 32 Geoparks Porphyrland . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Die Erden der Keramik im Steinreiche Landschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Künstlerhaus Schaddelmühle . . . . . . . . . . . . . .33 Berge und Türme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Die Fayence- und Steingut-Manufaktur Hubertusburg . . . . . . . . . 34 Geotope – Erlebnisorte zum Begreifen der Erdgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . 12 Erlebniswelt Eiszeit im Geopark Porphyrland . . . . 36 Industriekultur - Spuren der Trinkwassergewinnung im Geopark . . . . . . . . . . 38 industriellen Steinnutzung . . . . . . . . . . . . . . . 13 Bad Lausick – traditionsreicher Kurort seit 1820 . . . 39 Einzigartig und kostbar: „Rochlitzer Porphyrtuff“ . . 14 Burgen und Schlösser im Geopark Porphyrland . . . 40 Die Porphyrbrüche am Rochlitzer Berg und ihre Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16 Geopark und Genuss: Jagd und Fischerei . . . . . . . 43 Granitporphyr für das größte Denkmal Europas . . . 18 Geopark und Genuss: Obstbau . . . . . . . . . . . . . 44 Basalt-Actien-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Aktiv im Geopark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Unternehmerverband mineralische Baustoffe . . . . 21 Geopark-Faszination für Kinder . . . . . . . . . . . . 48 Die Geschichte der Steinbruchbetriebe Bildungs-, Erlebnis- und Projektangebote . . . . . . 49 im Raum Wurzen/Grimma . . . . . . . . . . . . . . . 22 Klimaschutz im Geopark . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Geoportal Herrenhaus Röcknitz . . . . . . . . . . . . 24 Nationale und transnationale Kooperationen . . . . 51 Geoportal Museum Steinarbeiterhaus Hohburg . . . . . . . . . . . . . . 25 Geopark – Visionär seiner Regionen . . . . . . . . . . 52 GeoErlebnis Werkstatt im Rittergut Trebsen . . . . . 26 Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Wanderungen zum Steinreichtum . . . . . . . . . . . 27 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Das weiße Gold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Besonderheiten des Geoparks Porphyrland . . . . . 56 2
Gleisbergbruch auf dem Rochlitzer Berg mit 60 Meter hohen Porphyrwänden Willkommen Herzlich willkommen zu einer Entdeckungstour durch und ausgedehnten Talhänge im Unterlauf zeugen den Geopark „Porphyrland. Steinreich in Sachsen“. Er davon. Die jüngste Vergangenheit und Gegenwart gehört mit der facettenreichen Landschaft und seinen hingegen sind durch eine neue, landschaftsformende erdgeschichtlichen Besonderheiten zu einem der 16 Nati- Kraft geprägt: die Besiedlung, Bewirtschaftung und onalen Geoparks Deutschlands. 500 Millionen Jahre alte Rohstoffnutzung durch den Menschen. Mit ihm ent- und an einzelnen Stellen an die Oberfläche ragende Mee- wickelte sich in der rohstoffreichen Geopark-Region resablagerungen wie der Collmberg bei Wermsdorf sind eine vielfältige Industriekultur hinsichtlich des Abbaus in 800 Meter mächtigen vulkanischen Schichten aus der und der Nutzung von Bau- und Keramikrohstoffen. Zeit des Perms vor ca. 290 Millionen Jahren ertrunken. Heute bilden die Hinterlassenschaften des Supervulka- Absätze von Glutwolken, Lavaströmen und Vulkantuf- nismus eine inhaltliche Klammer für die landschaftlich fen bilden das Herzstück unseres Geoparks. Markante reizvolle und mit vielen kulturhistorischen Zeugnissen Beispiele sind die Porphyrtuffe auf dem Rochlitzer Berg ausgestattete Muldenregion. Auch die Themen Archi- und die Quarzporphyre bei Wurzen. Aus den Vulkange- tektur, Baukunst und Handwerk sind mit dem Geopark steinen entstanden durch Verwitterung in Jahrmillionen verbunden und die Erdgeschichte wird sogar in Musik, wertvolle Kaolintone. Im Tertiär, etwa vor 66 Millionen Kunst, Sport, Wellness und Gastronomie aufgegriffen. Jahren beginnend, lag die Geoparkregion an der Süd- küste der Urnordsee. Der Abbau der Braunkohlenflöze Die Städte und Gemeinden zwischen den Hohburger kann bis in das Jahr 1697 zurückverfolgt werden. Bergen und dem Rochlitzer Berg, den Naunhofer Seen und dem Collmberg, die Landkreise Leipzig, Nordsach- Mit den großen nordischen Vereisungen während der sen und Mittelsachsen sowie die Mitglieder des Trä- letzten 500.000 Jahre erhielt die Region des Porphyrlan- gervereins treiben die Geopark-Entwicklung durch des im wahrsten Sinne ihren letzten Schliff, eindrucks- Installation neuer Besucherzentren und -ziele, durch voll illustriert durch die Gletscher- und Windschliffe Ausweisung und Beschilderung von GeoRouten so- auf vielen der Porphyrfelsen. Ihre Entdeckung in den wie mit einem vielseitigen Angebot für nachhaltige Hohburger Bergen bei Wurzen führte 1844 zur Begrün- Bildung und sanften Tourismus stetig weiter voran. dung der heute weltweit anerkannten Eiszeittheorie. Die skandinavischen Gletscher mit ihren eiszeitlichen Hinterlassenschaften aus Geschiebemergel, Sand Geopark Porphyrland e. V. und Kies gaben dem Flachland sein heutiges Gewand. Die Mulde mit ihren unterschiedlich alten Flusssedi- Trägerverein des Nationalen Geoparks menten erzählt uns ihre eigene Geschichte. Ihr teils „Porphyrland. Steinreich in Sachsen“ schroff eingeschnittener Oberlauf und die lieblichen 3
Geopark Porphyrland 87 B 18 B 2 Belgern-Schildau Eilenburg Landkreis Nordsachsen Röcknitz A 2 B Thallwitz 1 2 B 10 Hohburger Berge 7 B Hohburg 5 Lossatal 3 4 M ul de 7 B8 Wurzen Machern Dahlen B6 Bennewitz Leipzig 6 Brandis 7 Beucha Naunhof- B6 Brandiser Forst Wermsdorfer Wald Collmberg Naunhofer Seen 8 Trebsen 9 Oschatz Naunhof F Wermsdorf S 38 07 B1 A 38 Parthenstein A1 4 Landkreis Leipzig Grimma 7a Mügeln B 10 10 C Börtewitz Schaddel 11 12 13 D Thümmlitzwald 14 de ul 15 Leisnig Bad Lausick r M F r e i b e r ge B1 76 16 Borna Colditz Colditzer Forst Muld e Döbeln 5 u er 17 B 3 Waldheim B9 a ick Zw Geithain B 169 A 72 Rochlitz B7 Rochlitzer Berg Kohren-Sahlis 17 E Wechselburg 18 Altenburg X Geoportale Landkreis Mittelsachsen X GeoErlebnis Werkstatt Mittweida B1 O O Geotope 07 B 18 0 1 2 3 4 5 10 km 4 0 A 4 5 17 B
Geopark Porphyrland Leipziger Str. 17a · 04668 Grimma Tel. 03437 707361 · www.geopark-porphyrland.de Geoportale und GeoErlebnis Werkstatt Geotouristische Ziele A Geoportal Herrenhaus Röcknitz (Seite 24) Bad Lausick Ausstellung „Zeit-Wandel-Stein – Bewegte Geschichte Kurpark mit historischen Thermalquellen, Parthenquelle, Kur- und einer Landschaft“ Stadtmuseum mit Bohrkern aus Thermalwasserbohrung, Colditzer An der Wasserburg 3, 04808 Thallwitz, OT Röcknitz Forst Tel. 034263 70723 · www.gemeinde-thallwitz.de Bennewitz B Geoportal Museum Steinarbeiterhaus Hohburg (Seite 25) Planitzwald, LSG Großsteinberg-Ammelshain; Muldefähre Kirchgasse 5, 04808 Lossatal, OT Hohburg Tel. 034263 41344 · www.steinarbeiterhaus.de Brandis Kirchbruch Beucha mit Bergkirche, Beucha - Dorf der Steine, C Geoportal Bahnhof Mügeln „Erlebniswelt Kaolin“ (Seite 32) 7-Brüche-Weg, Kohlenberg mit Ost- und Westbruch, Bahnhofstr. 2, 04769 Mügeln Naunhof-Brandiser Forst Tel. 034362 442906 · www.stadt-muegeln.de Colditz D Geoportal „Erden der Keramik“ im Künstlerhaus Schaddelmühle Töpelsberg-Felsen mit Heimatturm, Zeugnisse der Keramikindustrie, Zur Schaddelmühle 5, 04668 Grimma, OT Schaddel (Seite 33) Schloss Colditz, Erlebnisgärtnerei Tanndorf, Colditzer Forst Tel. 034384 71202 · www.schaddelmuehle.org Grimma E Geoportal „Porphyrhaus“ auf dem Rochlitzer Berg (Seite 17) Geoportal Schaddelmühle, Alt-Steinbruch Schwemmteichbrüche, Rochlitzer Berg, 09306 Rochlitz Kössern – Dorf der Baumeister, Wilhelm Ostwald Park, Weg der Tel. 03737 7830 · www.rochlitz.de Steine, Muldeschifffahrt, Schiffsmühle Höfgen mit Bowlinggrotte, Thümmlitzwald F GeoErlebnis Werkstatt im Rittergut Trebsen (Seite 26) Thomas-Müntzer-Gasse 4c, 04687 Trebsen Leisnig Tel. 034383 92344 · www.rittergut-trebsen.de Burg Mildenstein mit Roter Porphyrwand, „Versteinerter See“ Börte- witz, Kloster Buch Geotope Lossatal � Geoportal Museum Steinarbeiterhaus Hohburg, Kleiner Berg mit Gletscherschliffe am Spielberg, Thallwitz, OT Böhlitz Wind- und Gletscherschliffen, Kaolinsee, GeoRouten Bergbaupfad � Gaudlitzberg, Thallwitz, OT Röcknitz und Kleiner Berg, aktiver Steinbruch Lüptitz, Alt-Steinbrüche Spitzbe- � rg und Wolfsberg, Hohburger Berge Steinbruch Spitzberg, Lossatal, OT Lüptitz � Steinbruch Wolfsberg, Lossatal, OT Lüptitz Mügeln � Windschliffe und Gletscherschrammen Geoportal Bahnhof Mügeln mit „Erlebniswelt Kaolin“, Schmalspurbahn, Feldbahn Glossen, Kaolin-Verladerampe Glossen, auf dem Kleinen Berg, Lossatal, OT Hohburg aktive Kaolin-Tagebaue, ehemaliger Mühlsteinbruch Sornzig � Steinbrüche und Pflanzenschutzgebiet Naunhof am Wachtelberg, Wurzen, OT Dehnitz Wasserwerke Naunhof, Alt-Steinbruch Ammelshain, Moritzsee, � Kirchbruch Beucha, Brandis, OT Beucha Grillensee, Albrechtshainer See, Naunhof-Brandiser Forst � Felswand am Haselberg, Naunhof, OT Ammelshain Rochlitz � Steinbruch am Collmberg, Wermsdorf, OT Collm Rochlitzer Berg mit Friedrich-August-Turm, ehemalige und aktiver Steinbruch, Porphyrlehrpfad, Waldlehrpfad zum Kloster Wechselburg, �� Gattersburger Porphyr an der Hängebrücke Grimma, Grimma GeoRoute Rochlitz-Fischheim-Seelitz, Schloss Rochlitz �� „Versteinerter See“, Leisnig, OT Börtewitz Thallwitz �� Mühlsteinbruch am Hasenbach, Mügeln, OT Sornzig Geoportal Herrenhaus Röcknitz, Vulkanspielplatz, Park Canitz, �� Schwemmteichbrüche, Grimma Wasserwerke Canitz und Thallwitz, Wasserroute, geologischer Ent- deckerpfad, Alt-Steinbrüche Gaudlitzberg, Spielberg, Holzberg �� „Großer Monolith“ und „Teufelsstein“, Grimma, OT Thümmlitzwald Trebsen �� Rote Porphyrwand an der Burg Mildenstein, Leisnig GeoErlebnis Werkstatt, Steinbrüche Altenhain und Trebsen, Alt-Stein- brüche am Frauenberg, Schloss Trebsen �� Parthequelle „Gossenborn“, Bad Lausick, OT Glasten �� Gleisbergbruch, Rochlitz, OT Noßwitz Wermsdorf Collmberg mit Albertturm, Grauwacke-Steinbruch am Collmberg, �� Eulenklufft, Wechselburg Steinbruch Wermsdorf, Schloss Hubertusburg, Kulturlandschafts- museum, Wermsdorfer Teiche, Wermsdorfer Wald Touristische Ziele und Angebote der Region Leipzig unter Wurzen www.leipzig.travel/de/region GeoRoute NSG Mühlbachtal-Wachtelberg, Wachtelberg mit Bismarckturm, Muldefähre 5
Wie unser Rohstoffreichtum entstand – eine Zeitreise Kaolintagebau Schleben/Crellenhain bei Mügeln Pyroxenquarzporphyr Jahre vor heute mit Windschliff Holozän 10 Tsd. Weichsel-Eiszeit 20 T. 30 T. 40 T. 50 T. Das Porphyrland ist steinreich. Hier liegen Locker- und Festgesteine aus 500 Millionen 60 T. 70 T. 100 Tsd. 80 T. Eem-Warmzeit Eiszeitalter 90 T. Quartär Saale-Eiszeit Holstein-Warmzeit 200 T. Elster-Eiszeit Jahren Erdgeschichte dicht beieinander. Die 300 T. Pleistozän 400 T. 500 T. 600 T. Geschichte der Rohstoffe, die heute im Geopark 700 T. Frühpleistozän 800 T. 1 Mio. 900 T. 2 M. gefördert werden, ist eine spannende Zeitreise. KÄNOZOIKUM 3 M. Pliozän 4 M. Quarzporphyr 5 M. 6 M. mit Gletscherschliff 7 M. Vor 500 Millionen Jahren, im Kambroordovizium, 8 M. Miozän reichte ein Ur-Meer bis in unseren Raum. Sandige, quarz- Braunkohlenzeit 9 M. 10 Mio. reiche Meeressedimente kamen zur Ablagerung. Vor fast Tertiär 20 M. 320 Millionen Jahren, im Karbon, falteten Gebirgsbil- Oligozän 30 M. dungsprozesse diese Sedimente zu gewaltigen Bergzü- Braunkohle 40 M. gen auf. Es war ein Hochgebirge, dessen allmähliche Ab- Eozän tragung so begann, wie wir das heute beispielsweise in 50 M. den Alpen beobachten können: über Verwitterungsvor- Paläozän 60 M. gänge, Muren und Flüsse. Erosionsreste dieses Gebirges bilden heute die quarzitische Grauwacke des Collm- 70 M. MESOZOIKUM 80 M. bergs bei Oschatz und der Deditz-Höhe bei Grimma. KREIDE Kaolin 90 M. 100 Mio. Vor 290 Mio. Jahren, im Perm, war der nordwestsächsi- sche Raum eine Senke, die sich mit Ablagerungen füllte. JURA 200 M. Hier kreuzten sich unterirdisch tiefreichende Störungssys- TRIAS Zechstein teme, die einen intensiven und großflächigen Vulkanismus PERM Rotliegend PALÄOZOIKUM verursachten. Seine aus tiefer liegenden Magmenherden 300 M. KARBON „Rochlitzer Porphyrtuff“ DEVON stammenden vulkanischen Gesteinsprodukte, unter dem 400 M. SILUR Namen Porphyre zusammengefasst, sind namensgebend ORDOVIZIUM für den Geopark Porphyrland. Sie dominieren das Erschei- KAMBRIUM 500 M. nungsbild dieser Region. NEOPROTEROZOIKUM 600 M. Die in dieser Zeit gebildeten Vulkangesteine unterscheiden quarzitische 700 M. sich nach der Form der vulkanischen Ablagerung: Gesteine Grauwacke aus Lavaergüssen, aus vulkanischen Aschen (Tuffe) und aus mächtigen Glutwolken (Ignimbrite, siehe Seite 8). 800 M. Granulit 900 M. Aus Lava entstand beispielsweise der Leisniger Porphyr, der die Wände im Einschnitt der Freiberger Mulde bei 1000 Mio. Leisnig bildet. Zeitliche Einordnung wichtiger geologischer Jahre vor Ereignisse im Geopark Porphyrland heute Weite Verbreitung haben Ignimbrite, die auf einen explosiven Vulkanismus und die Ablagerung von unter- 6
Wanderpause an den Gletscherschliffen auf Am Gleisbergbruch auf dem Kleinen Berg bei Hohburg dem Rochlitzer Berg schiedlich heißen Glutwolkenabsätzen zurückgehen. Alle oberflächennahen Gesteine waren nun einer inten- Unter ihnen bilden die von der Mulde zwischen Rochlitz siven chemischen Verwitterung ausgesetzt, bei der sich und Colditz weitflächig angeschnittenen Ignimbrite des Feldspäte zu Tonmineralen umbildeten. Das für die Kera- Rochlitzer Porphyrs mit 400 Meter Mächtigkeit die mikherstellung bedeutsame Gestein Kaolin entstand. verbreitetste vulkanische Schicht im Porphyrland. Unter Aus den kalifeldspatreichen Porphyren und Ignimbriten dem Namen „Rochlitzer Porphyrtuff“ wird ein nur bildeten sich im Zeitraum Oberkreide bis Tertiär Kaolin- am Rochlitzer Berg verbreitetes Ignimbritgestein seit lagerstätten, die noch heute bei Mügeln im Abbau sind. Jahrhunderten als begehrter Werkstein abgebaut. Auch im Norden bis Nordwesten des Porphyrlandes haben Während des Tertiärs, etwa zwischen 66 bis 2 Millionen Ignimbrite in Form der Pyroxenquarzporphyre eine Jahren, der Braunkohlenzeit, wurde Mitteleuropa vom weite Verbreitung. Sie wurden hier von Magmen durch- damaligen Nordmeer aus überflutet. Nordwestsachsen lag schlagen, die bereits bei dem Aufstieg aus dem Erdinne- am Südrand dieser Ur-Nordsee. Die Sande, Schluffe, Tone ren erstarrten und heute als Pyroxengranitporphyre und Braunkohlen sind vorwiegend Ablagerungen einer bekannt sind. Das bekannteste Abbaugebiet ist Beucha. von Gezeiten beeinflussten Flachmeerküste sowie ihres durch Flusssedimente geprägten Hinterlandes. Zeitweilig Am Ende des Perms (Zechstein) drang ein mit dem Ozean entstanden Küstenmoore, aus denen sich Braunkohlenla- verbundenes flaches Binnenmeer in unseren Raum ein. ger bildeten. Der Abbau dieser isolierten Braunkohlenvor- Bedingt durch das trocken-heiße Klima verdunstete das kommen ist in der Geopark-Region zahlreich belegt. Durch Salzwasser und ausgedehnte Dolomit-, Gips- und Salz- Abschlämmung und Umlagerung der Kaoline entstanden ablagerungen entstanden. Der Norden und Nordwesten tertiäre Tonschichten, deren Gewinnung zu einer reich diffe- Sachsens befand sich damals am Rande dieses Binnen- renzierten keramischen Industrie im Geopark-Gebiet führte. meeres. Hier bestimmten während dieser Zeit abgelagerte Fluss- und Schuttstromsedimente die Szenerie. Lediglich Das Quartär, das Eiszeitalter, begann vor etwa der marine Karbonathorizont des Plattendolomits ist ein- 2,6 Millionen Jahren mit einer starken Abkühlung. Perio- heitlich bis weit nach Süden verbreitet. Er ist in der Mügel- disch erreichte Mitteleuropa arktisches Klima. Schließlich ner Senke im Norden und in der Bornaer Senke im Westen rückte das Gletschereis aus Skandinavien während der von der nachfolgenden Erosion verschont geblieben und Elster- und Saale-Eiszeit bis in unser Gebiet vor. Es hin- steht noch heute in den Kalkbrüchen bei Ostrau im Abbau. terließ mächtige Moränenablagerungen und überformte die Landoberfläche. In Eisstauseen vor der Gletscher- Die Erdzeitalter von Trias und Jura, deren Ablagerun- front gelangten Seesedimente als Sande, Schluffe und gen im Thüringer Becken (Trias) weitflächig und in der Bändertone zur Ablagerung. Zeiten der Vergletscherung Lausitz (Jura) punktuell erhalten geblieben sind, fielen wechselten mit eisfreien Zeiten der Lösssteppe. In letzte- in Nordwestsachsen weitgehend der Erosion zum Opfer. ren wehten teils mächtige Lösse und Lösslehme an. Auf Nur in den Senken von Borna und Mügeln sind Sandsteine ihnen bildeten sich in den letzten 10.000 Jahren im Holo- und Konglomerate der Unteren Trias (Buntsandstein) im zän, der heutigen Warmzeit, besonders fruchtbare Böden. Untergrund und teilweise an der Oberfläche (Bad Lausick/ Eiszeitliche Fluss- bzw. Terrassenablagerungen der Elbe, Hopfgarten) vorhanden. Mulde oder Zschopau mit ihren Kiessandablagerungen sind als Lagerstätten für die Baustoffindustrie von hoher Im Kreidezeitalter gelangte Mitteleuropa im Zuge der wirtschaftlicher Bedeutung. Kontinentalverschiebung in subtropische Klimaregionen. 7
Supervulkanismus – Basis des Geoparks Porphyrland Fossilienfundstelle „Versteinerter See“ Börtewitz Vor etwa 300 bis 275 Millionen Jahren Tuffe ab. Am gefährlichsten waren jedoch Gemische aus befand sich Mitteleuropa am Äquator. Auf turbulenten Gasen, Aschen, vulkanischen Bomben und Fetzen des eruptierten Magmas. Sie ergossen sich in dem Urkontinent Pangäa herrschte über viele Form von gewaltigen, bis 1.000 Grad heißen Glutlawi- Millionen Jahre ein sehr starker Vulkanismus. nen (pyroklastische Ströme) in rasender Geschwindig- Der Geopark Porphyrland liegt in einem keit mehrfach über die Region des heutigen Geoparks. Im Zusammenhang mit den Glutlawinen-Ablagerungen solchen Eruptionszentrum, dem heutigen (Ignimbrite) kam es im Abstand weniger Millionen Nordwestsächsischen Vulkanitkomplex: Mit Jahre zum Einbruch zweier vulkanischer Kesselstruk- zirka 2.000 Quadratkilometern Fläche ist es turen, sogenannter Calderen: Mit Durchmessern von das größte aufgeschlossene Vulkangebiet Euro- bis zu 60 Kilometern ist die Rochlitz-Caldera gegen- über der Wurzen-Caldera mit etwa 40 Kilometern die pas aus dem Erdaltertum. größte. Die für Calderen typische Morphologie fiel inzwischen den Jahrmillionen Erdgeschichte und der Eine Folge explosiver Vulkanausbrüche gigantischen Erosion zum Opfer. Heute lässt sich ihre geologische Ausmaßes hinterließ umfangreiche vulkanische Ablage- Geschichte nur noch als Puzzle aus einzelnen Auf- rungen. Neben der am Boden aus zahlreichen Erdspal- schlüssen, Bohrungen und Geotopen rekonstruieren. ten und Vulkanschloten ausfließenden Lava gelangten vulkanische Aschen von feiner bis grober Beschaffenheit Die Mengen der vulkanischen Auswurfmassen, die bis weit in die Atmosphäre und lagerten sich später als diese extremen vulkanischen Ereignisse hinterließen, Ey lan ja d 0 Is fja , lla 27 Pu hile jo k m y e 0, C ku 3 , hu 2 8 ll, 20 M Ja e o u hr Co k m im nt 1 9 M Ja rd 3 , 2 o u hr on 0 1 Pi 91 M Ja im 10 na nt 1 8 -C 1 o u hr im tu au Lo r 0 K r 83 nt 1 8 bo n g ,7 6 lle ak vo Ta 15 Ye r 0 ,P , ak m Va M llo ,6 vo hi bo ta Ye 2 R o r z a. 2 lle io. lip w 4M u ra llo ,1 M vo y, Ja ch e n 9 0 , st W rc p , In w r in U hr on io. u In lit C M vo do st io. SA e e do e, Ja z C ald io n o n Ja ne Einordnung des ne 4 U hr 5 al er . Ja e , hr 80 si ,8 S A en si de a c h e U en km en Vulkanismus im Geo- n n km ra a. ren 1.0 SA 10 3 3 50 >5 1.0 00 2. km park Porphyrland im km .5 0 40 3 km 00 0 3 0 3 Vergleich zu globalen km km km 3 3 Ereignissen 3 8
Der „Versteinerte See“ bei Börtewitz Leben in der Vulkanlandschaft: In den Ruhezeiten vor, nach oder zwischen den vulkanischen Ereignissen formten sich Überschwem- mungsebenen heraus, über die sich in flussartigen Systemen die Abtragung fortsetzte oder in deren Bereich sich zeitweilig Seen anstauten. Zu ihnen zählen die Seeablagerungen von Börtewitz, aus denen zahlreiche Pflanzenreste mit Koniferen und Farnsamern sowie tierische Fossilien mit Amphibien, Fischen (unter anderem Reste eines eines Süßwasserhais) und Gliederfüßlern erhalten geblieben sind. Mit mehreren geowissenschaftlichen Grabungen der Bergakademie Freiberg und des Naturhistorischen Museums Schleusingen wurde hier reichhaltiges Fossilmaterial gefunden. Der „versteinerte oder fossile See“ Börtewitz ist ein offener Schurf, der als Flächennaturdenkmal unter Schutz steht. Nur an der freige- Lebensbild des versteinerten Sees legten Klopfhalde dürfen Fossilien gesucht werden. Phase 1 – Initialphase Phase 2 – Hauptphase Phase 3 – Spätphase Phase 4 – Überleitung zum nächs- (vor ca. 296 Millionen Jahren) (vor ca. 294 Millionen Jahren) (vor ca. 290 Millionen Jahren) ten vulkanischen Großereignis, dem Entstehen der Wurzen-Cal- dera (vor ca. 289 Millionen Jahren) heutige Situation – Schematische Schnitt- darstellung zu den heute im Geopark Porphyrland anzutref- fenden und genutzten permischen Vulkan- gesteinen (Schemata jeweils stark überhöht) zählen zu den größten der weltweit bekannten, soge- nannten „Supervulkanen“. Als solche werden Ausbrüche bezeichnet, die nach geologischen Maßstäben in kurzer Zeit ein Volumen von mehr als 1.000 Kubikkilometern an Asche, Lava und Gesteinstrümmern fördern. Das Mindestvolumen der Rochlitz-Eruptionen ist mit mehr als 5.500 Kubikkilometer, das der Wurzen-Eruption mit mindestens 1.000 Kubikkilometer berechnet worden. Caldera Aniakchak/Alaska, ein Beispiel für eine noch vollständig erhaltene Caldera (Durchmesser etwa 10 km, Tiefe bis 600 m) 9
2) Ignimbrite ehemalige pyroklastische Massenstromablage- rungen (Glutwolkenabsätze) Steinreiche Landschaften Pyroxenquarz- porphyr aus dem Steinbruch Lüptitz Das Erbe der permischen Vulkane machen den 3) Lavagesteine Geopark im wahrsten Sinne „steinreich“. Por- phyre – heute geologisch exakter als Rhyolithe ehemalige Extrusiva, d. h. Lavaausflüsse zu bezeichnen – werden schon seit Jahrhunder- ten als Baustoffe und Werksteine genutzt. Hervorzuheben sind die Porphyrtuffe des Rochlit- zer Berges und der Granitporphyr aus den Stein- brüchen um Beucha. Demgegenüber fristen die mehr grauen Quarzporphyre aus der Wurzener Leisniger Porphyr Region ein bescheidenes Dasein. Für den heutigen Verkehrsbau (Bahn, Straße) sind sie aber als hoch- wertige Schotter und Splitte nicht zu ersetzen. 4) Ganggesteine Das Verwitterungsprodukt der Porphyre, der Kaolin, wird zwischen Mügeln und Wermsdorf seit rund 300 ehemalige Intrusiva, d. h. Jahren abgebaut. Ohne die „weiße Erde“ von Colditz Magmaaufstiege bis in die hätte der Alchimist Johann Friedrich Böttger im Jahre obere Erdkruste und/oder 1708 nicht das für Europa erste weiße Hartporzellan an die Oberfläche herstellen können. Bis heute ist Kaolin für die Kera- mikindustrie ein zunehmend interessanter Rohstoff, der unter Einsatz modernster Fördertechnik durch den ortsansässigen Kaolinbergbau gewonnen wird. Gesteinstypen im Geopark Porphyrland Trebsener Andesit 1) Tuffe/Tuffite 5) Subvulkanite ehemalige ehemalige Intrusiva, vulkanische d. h. Magmaauf- Asche-Fallabla- stiege bis in die gerungen ohne obere Erdkruste bzw. mit Sedi- unter bzw. in die mentanteil Vulkane Lastauer Tuff Grimmaer Porphyr 10
Die Hügel im Geopark Porphyrland ragen zwar nicht wie der Himalaya bis in den Himmel, aber sie bergen nicht weniger interessante Geschich- ten. In drei Richtungen markieren die weithin sichtbaren Zeugen der Erd- und Landschaftsentstehung das Gebiet. Gesteine, die der Verwitterung Jahrmillionen widerstanden, treten als Berge und Höhenzü- Berge und Türme ge aus der überwiegend flachen Landschaft der Muldentäler hervor. Diese waren Sied- Ausblick vom Albertturm auf dem Collmberg lungs- und Zufluchtsort, Versammlungs- und Gerichtsort; im 19. und 20. Jahrhundert zen- trale Vermessungspunkte, Orte romantischen Heimat- von 1853, benannt nach dem späteren sächsischen gefühls und patriotischer Sehnsüchte; Rohstoffquellen König. Von hier oben genießt man eine hervorragende oder einfach nur beliebte Ausflugsziele – letzteres bis Sicht. Die 1865 aufgestellte Granitsäule auf der Aus- heute. Erdgeschichte lässt sich hier mannigfaltig erle- sichtsplattform war Triangulationspunkt I. Ordnung ben: vom Gipfel geschaut, auf ausgewiesenen GeoRou- innerhalb eines auf ganz Mitteleuropa ausgedehnten ten erkundet, kletternd auf Tuchfühlung mit dem Fels,… Vermessungsnetzes. Mit optischen Hilfsmitteln konn- te unter anderem der Fichtelberg angepeilt werden. Höchste Kuppe der Hohburger Berge im Norden ist der Löbenberg (240 m ü. NHN). Die durch den industri- Der Rochlitzer Berg (353 m ü. NHN), die höchste ellen Steinabbau der vergangenen zwei Jahrhunderte Erhebung im Süden des Geopark Porphyrland, war geprägte „Hohburger Schweiz“ hat schon seit über wie auch der Löbenberg Teil dieses Dreiecksnetzes. 150 Jahren als Wander- und Klettergebiet Tradition. Die Triangulationssäule aus Sandstein steht seit 1866 Der 1961 stillgelegte Steinbruch auf dem Gaudlitzberg auf der Plattform des Friedrich-August-Turmes. Der ist wegen seiner Kletterwand und des jährlich statt- eckige, oben polygonale Turm wurde 1859 zu Ehren des findenden Bergfilmfestivals international bekannt. verunglückten Königs Friedrich August II. von Sachsen Spektakuläre geologische Sehenswürdigkeiten bie- errichtet, entworfen von Eduard Heuchler im neuro- ten zwei kleinere Anhöhen: Das Geotop Gletscher- manischen Baustil. Er ist vollständig mit Rochlitzer schliffe am Spielberg sowie das Nationale Geotop Porphyrtuff verblendet, der seit dem frühen Mittelalter Wind- und Gletscherschrammen am Kleinen Berg. am Rochlitzer Berg gebrochen wird. Steinbruchbesit- zer Christian Gottlob Seidel beförderte ambitioniert Südlich der Hohburger Berge befindet sich der Wach- den Turmbau. Der Rochlitzer Berg wurde bereits im telberg (148,5 m ü. NHN). Seine Kuppe krönt seit 1909 frühen 19. Jahrhundert – im Zeitalter der Romantik – als ein Turm des Architekten Wilhelm Kreis aus Lüptitzer Wanderziel inszeniert. Schon 1817 ließ Seidel am Ran- Quarzporphyr mit wuchtigen, antik anmutenden de seines Steinbruchs die „Einsiedelei“ errichten, ein Ecksäulen – ein ehemaliger Bismarckturm. Im Inneren kleines Refugium mit Spitzbogenfenstern. Die tou- des heute „Wachtelbergturm“ genannten Bauwer- ristische Tradition auf dem Rochlitzer Berg hat ihren kes informiert eine Ausstellung über seine Erbauung Reiz bis heute behalten. Auch hier gibt es vielseitige sowie zur Flora und Fauna um den Wachtelberg. Wanderwege und Themenpfade, Kletterwände in alten Steinbrüchen, Kulturevents - und immer wieder beein- Im Osten dominiert der Collmberg (ca. 316 m ü. NHN) druckende Aussichten in den Geopark Porphyrland. in der flachen Landschaft. Die quarzitische Grauwacke, aus der er besteht, ist das älteste freiliegende Gestein des Geoparks Porphyrland. Ein seit 1975 unter Schutz stehender zugängli- cher Steinbruch an der Südwest-Seite lieferte ab 1835 größere Mengen an Baumaterial. Auf dem Gipfel steht der schlichte runde, durch eine Außentreppe erschlossene Albert-Turm links: Bismarckturm auf dem Wachtelberg Mitte: Friedrich-August-Turm auf dem Rochlitzer Berg rechts: Albertturm auf dem Collmberg 11
Geotope – Erlebnisorte zum Begreifen der Erdgeschichte Felswand am Haselberg in Naunhof, OT Ammelshain Was wäre der Nationale Geopark „Porphyr- • Dem permischen Vulka- nismus vor ca. 290 Millionen land. Steinreich in Sachsen“ ohne seine Geo- Jahren ist der „Porphyr- tope? Eine mitteleuropäische Flusslandschaft, tuff“ auf dem Rochlitzer wie es wohl noch viele andere gibt. Berg zuzuordnen. Er ist ein vulkanisches Ge- Erst die Geotope – Gebilde der unbelebten Natur wie stein, das aus Ablagerung Steinbrüche, Landschaftsformen, Fossilien, Minerale von heißen Glutwolken entstand, ein sogenannter oder auch Quellen – ermöglichen Einblicke in den Boden Ignimbrit. Der geologisch nicht exakte Name „Por- unter unseren Füßen: In den Geotopen offenbaren sich phyrtuff“ hat sich allerdings bis heute erhalten, mehr als 500 Millionen Jahre wechselvolle geologische da das ästhetische rötliche Gestein seit Jahrhun- Geschichte der Mulde-Region zwischen Rochlitzer Berg derten weltweit als Baustein genutzt wurde. und Leipziger Tieflandsbucht. Sie berichten von der Landschaftsgeburt im Perm aus der Lava von Super- • Das Geotop Kirchbruch Beucha ist ebenfalls ein vulkanen bis zu deren Überformung durch die nordi- Zeuge des permischen Vulkanismus. Allerdings han- schen Inlandeisgletscher während des Eiszeitalters. delt es sich bei dem dortigen Granitporphyr um ein magmatisches Gestein, das unterhalb der damaligen Es gibt eine Vielzahl von Geotopen im Geopark. Die geo- Erdoberfläche erkaltete und deshalb sehr schön anzu- logische Geschichte vor dem permischen Vulkanismus sehende Mineraleinschlüsse enthält. Es ist der Bau- erzählen z. B. die Quarzite auf dem Collmberg, einem stein, aus dem das Leipziger Denkmal für das Jahrhun- der ältesten Berge in Sachsen. Viele Geotope zeigen dertjubiläum der Völkerschlacht von 1813 entstand. Phänomene des permischen Vulkanismus teilweise in einer Deutlichkeit, wie man sie heute noch an aktiven • Während des Eiszeitalters ab etwa 500.000 Jahren Vulkanen beobachten kann. Aber auch der Kontext vor Heute ritzten die damaligen riesigen Inlandeisglet- von Kultur- und Industriegeschichte mit Gesteinsabla- scher die im Geopark angetroffenen Porphyre. Winde gerungen, die als Rohstoffe schon seit langer Zeit vom schliffen die offenen Felsen ab: Die in den Hohburger Menschen genutzt wurden (Porphyre, Kaolin, Ton, Kies- Bergen bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sande, Braunkohlen u. a.), lässt sich in den Geotopen gefundenen Gletscher- und Windschliffe spielten eine studieren. Ebenso kann die Wiederbesiedlung von bedeutende Rolle im geologischen Wissenschaftskrimi stillgelegten Steinbrüchen durch eine wertvolle Tier- um die heute allgemein anerkannte Eiszeittheorie. und Pflanzenwelt studiert oder die Folgenutzung der ehemaligen Steingewinnungsstätten für den Kletter- Die achtzehn geowissenschaftlich wertvollsten und und Tauchsport im Geopark Porphyrland erlebt werden. ästhetisch eindrucksvollsten Geotope des „Geoparks Porphyrland. Steinreich in Sachsen“ sind in der Bro- Von den vielen Geotopen im Geopark zählen drei schüre „Geotope – Einblicke in die Erdgeschichte“ mit Geotope als „Nationale Geotope“ zu den bedeutends- detaillierten geologischen Informationen, Fotos und ten geologischen Zeugen in Deutschland. Gleichzeitig Logistik-/Wanderhinweisen dargestellt. Das Heft verdeutlichen sie wesentliche Etappen der Erdgeschich- ist damit auch ein „Reiseführer“ für das individuel- te im Land links und rechts der Mulde-Flusslandschaft: le Entdecken der Geologie in der Geoparkregion. 12
Industriekultur - Spuren der industriellen Steinnutzung Werksanlage der Firma H. Aug. Schmidt Transportanlagenbau Wurzen Was ist die Basis der Industriekultur und wo Der Abbau der Gesteine und Verwitterungsprodukte erforderte, möglichst in der Region selbst Geräte ist sie im Geopark zu finden? für den Abbau und den Transport herzustellen. Seit 1837 gehört beispielsweise die Firma H. Aug. Schmidt Die natürlichen Schätze der Erde von Festgesteinen, Transportanlagenbau Wurzen zu den nachgefrag- Sanden, Kiesen, Erden bis zum Wasser sind in Kombi- ten Produzenten. Aus der Industrialisierung ergab nation mit dem Ideenreichtum der Menschen zu ihrer sich die Aufgabe, eine leistungsstarke Infrastruktur Nutzung und Wertschöpfung Voraussetzungen für zu entwickeln. Leipzig – Dresden als erste deutsche die Entstehung einer vielfältigen Industriekultur. Seit Ferneisenbahnverbindung, das größte Schmalspur- Jahrhunderten werden Werk- und Schottersteine aus netz Europas zwischen Oschatz und Mügeln, die durch Rhyolith und Porphyrtuff abgebaut. Lockergesteine wie die Postmeilensäulen bis heute nachzuvollziehende Kaolin und Tone, Lehm, Kies und Sand treten im Gebiet Überlagerung von Knotenpunkten, z. B. in Bad Lau- des heutigen Geoparks ebenfalls in großem Umfang auf. sick mit der Eisenbahnlinie Leipzig–Chemnitz (1887) und der zeitweilig bestehenden Eisenbahnverbindung Mit der Industrialisierung und der damit einhergehen- Bad Lausick–Großbothen (1920), sind Beispiele dafür. den intensiven Rohstoffgewinnung veränderte sich das natürlich gewachsene Landschaftsbild. Die ursprünglich Heute ist es Aufgabe, die Zeugnisse der industriellen aus agrarischen und handwerklichen Siedlungen Entwicklung zu erhalten, zu erklären und damit die Leis- und Kleinstädten bestehende Region wandelte tungen des Handwerks, der Industrie und Wirtschaft in- sich. Die Industrie der Steine- und Erdenge- nerhalb der zurückliegenden 150 Jahre zu würdigen. Zu- winnung hielt Einzug und mit ihr Herstel- gleich geht es um das Verstehen der heutigen Industrie. lerbetriebe zur Fertigung von Geräten und Anlagen zum Rohstoffabbau und -trans- Die Akzeptanz des heutigen und künftigen Rohstoffab- port. Kaolin und Tone bilden bis heute baus wird befördert und die dabei notwendigen Eingrif- die Basis einer leistungs- fe in die Landschaft werden starken Keramikindustrie, in die langfristige Entwick- die umfassender ist als der lung der Industriekultur- Blick auf das Meißner Por- landschaft eingeordnet. zellan nahelegt. Mügeln, Leisnig, Colditz, Brandis und Bennewitz sind einige Orte dieser Industrie. Eimerkettenbagger EB 60, herge- stellt von der VEB Fördertechnik Wurzen, heute H. Aug. Schmidt Transportanlagenbau Wurzen 13
Einzigartig und kostbar: „Rochlitzer Porphyrtuff“ Schloss Rochlitz mit Porphyrschau Mit dem heute 353 Meter über dem Meeres- vulkanischer Aktivitäten im Zeitraum vor ca. 296 bis 289 Millionen Jahren. Sein Ausgangsmaterial war ein spiegel liegenden Rochlitzer Berg befindet sich kieselsäurereiches Magma. Das gasreiche und zähe im Geopark Porphyrland eines der ausgezeich- Magma eruptierte in gigantischen Explosionen. neten Nationalen Geotope Deutschlands. Der Rochlitzer Berg bildet eine in Mittelsachsen Wolken aus heißen zerfetzten Gesteinen, so genann- ten Pyroklasten („pyr“ = Feuer; „klastos“ = zerbrechen) weithin sichtbare Landmarke sowie den mar- charakterisierten die Eruptionen. Das Spektrum der kantesten Grenzpunkt zwischen der Leipziger Pyroklastika reichte von reinen Aschefall-Ablagerungen Tieflandsbucht im Norden und der Vorerz- (Tuffen) bis zu Ablagerungen gasreicher pyroklastischer Ströme und Glutwolken (Ignimbrite), die aufgrund ihrer gebirgssenke im Süden. Sein rotes Gestein ist Dichte am Boden fließen können. Von der Temperatur einzigartig und kostbar. zum Zeitpunkt der Ablagerung hängt es ab, ob die Partikel verschweißen und lavaähnliche dichte Gesteine Entstehung ergeben oder ob poröse Massen entstehen. Das Gestein Der nur am Rochlitzer Berg vorkommende „Rochlitzer am Rochlitzer Berg ist ein überwiegend gering ver- Porphyrtuff“ gilt als das markanteste Gestein des Geo- schweißter Ignimbrit. Das rote, rotviolette, braune, teils parks. Unter der Bezeichnung Rochlitzer Porphyr wird graugelbe poröse Gestein wird oft von unregelmäßigen es seit Jahrhunderten als Werkstein vielseitig bautech- Klüften durchzogen. Es ist von zahlreichen Einschlüssen nisch eingesetzt sowie künstlerisch genutzt und ziert wie rundlichen Quarzen und Feldspäten gekennzeich- viele öffentliche net und enthält Bruchstücke von vulkanischen Gläsern Bauten in ganz und von älteren Gesteinen des Untergrundes (Fremd- Deutschland. gesteinseinschlüsse). Markant für das Vorkommen am Das einzigar- Rochlitzer Berg sind zahlreiche gelbliche Bänder, die das tige Gestein sonst rote Erscheinungsbild durchziehen. Radiometri- des „Rochlitzer sche Altersdatierungen zeigen einen unterpermischen Porphyrtuffs“ Ablagerungszeitraum um 294 Millionen Jahre entstand im vor Heute. Zuge massiver 14
Porphyrschau im Schloss Rochlitz Edler Stein für Steinmetz-Kunst und Architektur Steinbruchbesitzer, blieb bis in das 19. Jahrhundert Bereits in der Bronzezeit wurde das am Rochlitzer hinein Organisationsform des Gewerbes der Steinhauer Berg gebrochene Gestein zur Herstellung von Mahl- und Steinmetze. Zu den bedeutendsten Bauten dieser steinen zum Zerreiben des Getreides genutzt. Funde Zeit zählt das von Hieronymus Lotter erbaute Alte Rat- solcher Steine weisen ein Alter von 3.000 Jahren auf. haus zu Leipzig. Zuletzt wurden in Verantwortung der Der Beginn des Abbaus in Steinbrüchen und der Be- Hütte die massive Steinbrücke über die Zwickauer Mul- arbeitung lässt sich anhand der Entstehungszeit der de in Wechselburg (1844 bis 1846) und der Friedrich-Au- Bauwerke verfolgen. Bereits im 9. und 10. Jahrhun- gust-Turm auf dem Rochlitzer Berg (1859) erbaut. dert belegt die Verwendung an bedeutenden Bau- ten eine überraschend weite Verbreitung. 862 wird Schloss mit Porphyrschau beispielsweise der Grabstein des Heiligen Arno von Die ehemalige Hofstube auf Schloss Rochlitz aus dem Würzburg in der Kirche St. Aegidien zu Colditz aus Jahr 1588 beherbergt seit einiger Zeit die Porphyrschau dem roten Stein gefertigt. Für Kirchen und Grabma- in ihren Mauern. Verfolgen Sie mit Hilfe von vielen Aus- le wird seit der Romanik „Rochlitzer Porphyrtuff“ in stellungsstücken und informativen Tafeln die Entste- Rochlitz abgebaut. Das bekannteste Bauwerk ist das hung des Rochlitzer Porphyrs und die Entwicklung des Benediktinerkloster Wechselburg mit prachtvollen Abbaus in Rochlitz. Neben Werkzeugen aus dem Architekturdetails und wundervollen Skulpturen. 18. Jahrhundert sehen Sie das Wanderbuch des späteren Bruchbesitzers Johann Gottlieb Schilling aus den 1820er In der Gotik nehmen Verwendung und Verbreitung Jahren, die Abschrift einer Urkunde von König Ferdinand des „Rochlitzer Porphyrtuffs“ weiter zu. Beispielhaft II. aus dem Jahr 1621 und verschiedene Porphyr-Skulptu- zu nennen sind das Schloss Rochlitz sowie der beein- ren aus dem 12./13. und den da- druckende Chorbau und das Schiff der St. Kunigunden- rauffolgenden Jahrhunderten. kirche in Rochlitz. Verwendet wurde der Stein auch recht früh für Brücken – 1333 für die Brücke zu Bad Besonderheiten: Düben und hundert Jahre später für die massive Roch- • Ausstellung auf Schloss litzer Werksteinbrücke über die Zwickauer Mulde. Rochlitz • Abbaugeschichte vom Die erste Steinmetzhütte als Zunft entstand in Rochlitz 16. bis zum 21. Jahrhun- vermutlich im 15. Jahrhundert; erhalten ist das Rochlit- dert anschaulich zusam- zer Zunftlied von 1462. Die „Rochlitzer Hütte“, der tradi- mengefasst tionelle zünftige Zusammenschluss der Steinmetze und • Diashow und Audioguide Bilder von links nach rechts: Basilika des Klosters Wechselburg, vor 1200 Pöppelmannbrücke (Steinbrücke) in Grimma, 1719, Neu- aufbau 2015 Schloss Rochlitz, 10. Jh., mehrfach erweitert bis 1852 St. Trinitatis-Kirche in Leipzig, erbaut 2013 bis 2015 15
Die Porphyrbrüche am Rochlitzer Berg und ihre Besitzer Steinabbau auf dem Rochlitzer Berg um 1930 Das heute auf dem Rochlitzer Berg tätige und Otto Seidel und der Wechselburger Emil Schilling. Abbau- und Verarbeitungsunternehmen Die Handschrift der Rochlitzer Steinhauer tragen seit dieser Zeit zahlreiche Objekte der Staatseisenbahnlinie „Vereinigte Porphyrbrüche auf dem Rochlitzer Chemnitz-Leipzig, darunter das Göhrener Viadukt, die Berge“ GmbH versichert sich in seiner Fir- Bahnhöfe Cossen und Rochlitz und sämtliche Sta- men-Vita einer langen Geschichte als „Roch- tions-Steine. Zunehmend entdeckte das Bürgertum den Stein für Bürgerschulen (Rochlitz), Industriear- litzer Porphyr-Manufaktur seit 1585“. chitektur (Eisenwerke in Hof und Schwarzenstein), Universitäten (Lehrgebäude und Gewächshäuser des Botanischen Gartens Leipzig), Unternehmervillen und Rathäuser (Colditz, Groitzsch) sowie Grab- und Denk- mäler. Zahlreiche Kirchenrenovierungen und -umbauten führten bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer wachsenden Nachfrage nach „Rochlitzer Porphyrtuff“. Mit verbesserten Transportmöglichkeiten in Europa wuchs die Konkurrenz. Vor allem aus Skandinavien drängten Steinbruchunternehmen auf den attrak- tiven deutschen Markt. 1907 bis 1909 wurde am Verladebahnhof Breitenborn ein Werkbetrieb mit modernem Steinsägewerk aufgebaut. Das Werk er- hielt ein eigenes Zweiggleis zu den Königlich-Säch- sischen Staatsbahnen und damit Anschluss an die rasant wachsenden Großstädte Leipzig, Chemnitz und Dresden, aber auch andere Großstädte wie Ham- burg. 1924 wurde ein Steinbrech- und Walzwerk ein- geweiht. Aus zerkleinertem Tuff wurde Porphyrgrus für Putze, Wegbeläge und Sportstätten gewonnen. Geologische Exkursion im Seidelbruch auf dem Rochlitzer Berg Zu den bedeutenden Bauten jener Jahre gehören Sie bezieht sich auf den vom ersten Steinmetz der Gebäude der Allgemeinen Ortskrankenkasse und das Familie Haberkorn seit dieser Zeit betriebenen Stein- Untergrundmessehaus am Markt in Leipzig. An ei- bruch. Die Steinbruchbesitzer jener Zeit, deren Namen nem der größten Museumsneubauten, dem Leipziger sich mit der Bezeichnung der Steinbrüche fest mit dem Grassi-Museum, wurden 1.600 Kubikmeter des roten Rochlitzer Berg verknüpft haben, schlossen sich 1897 Werksteines verbaut. Als Schmuck für Grabmale und zu einer neuen wirtschaftlichen Organisationsform Denkmäler verbreitete sich der Stein über den ganzen zusammen: Sie gründeten die nach eigener Auskunft deutschsprachigen Raum. Das Grabmal Immanuel Kants dritte sächsische Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Königsberg wurde 1923 in „Rochlitzer Porphyrtuff“ aus- (GmbH). Dazu gehörten die Steinmetze und Stein- geführt. Auch bedeutsame Brückenbauwerke zeugen bruchbesitzer Emil und Oswald Haberkorn, Clemens von dem Gestein des Rochlitzer Berges. Die berühmte 16
und Bildunterschrift mit moderner Technik heute Pöppelmannbrücke über die Mulde in Grimma, die nach ihrem Neuaufbau nach dem Hochwasser 2002 in neuem Glanz erstrahlt, sei an dieser Stelle hervorgehoben. Nach dem Kriegsende 1945 blieben die Brüche in Privat- besitz der Familie Haberkorn, bis sie 1972 verstaatlicht wurden. 1990 wurde der Betrieb an Ruth Haberkorn rückübertragen. 1991 übernahm die Kalenborn KG aus Essen das Unternehmen. Einer der größten Auf- träge war die Verkleidung für den 2015 geweihten Neubau der katholischen Kirche der Kirchgemeinde der Leipziger Probsteikirche St. Trinitatis in Leipzig. Porphyrhaus auf dem Rochlitzer Berg „Porphyrhaus“ – das Geoportal auf dem Rochlitzer Berg Performance zum Stein – Klang, Licht und Magie Das Geoportal im ehemaligen Sozialgebäude der im Steinbruch Steinmetze auf dem Rochlitzer Berg steht für Touristen, Jährlich überrascht die Performance zum Stein in einem Ausflügler, aber auch Wissenschaftler, Fachleute und Steinbruch auf dem Rochlitzer Berg die Besucher mit Schüler zur Verfügung. Es bietet Platz für Seminare und einer neuen Idee und verzaubert mit künstlerischen Workshops und ist Veranstaltungsort für Vortragsreihen. Installationen. Die nächtliche Performance ist tradi- Die GeoRanger des Geoparks Porphyrland und der Hei- tioneller Teil des Mittelsächsischen Kultursommers. mat- und Verkehrsverein „Rochlitzer Muldental“ nutzen www.miskus.de das Geoportal als Ausgangspunkt → Kontakt siehe S. 54 für schulische und außerschuli- sche Programmangebote, z. B. Aktivprogramme mit dem Stein- metz, Erlebnisangebote auf dem Porphyrlehrpfad oder geführte Wanderungen nach Wechsel- burg, Fischheim oder Seelitz. www.rochlitzer-muldental.de → Kontakt siehe S. 53 Performance zum Stein 17
Granitporphyr für das größte Denkmal Europas Nationales Geotop „Kirchbruch Beucha“ mit der malerisch gelegenen Bergkirche Im Nordwestsächsischen Vulkanitkomplex Hinzu kam die Mächtigkeit der Steine im Felsverband. wurden Magmen und Tuffe in mächtigen In den Lagerstätten waren horizontale und vertikale Klüfte weiträumig verteilt und erlaubten den Abbau Schichten abgelagert. Im Zuge von Intrusio- von großformatigen Steinen von zehn Kubikmetern nen – dem Eindringen fließfähigen Gesteins- und größer. materials in bestehende Gesteinskörper – Umgehend wurden Steinmetze in Beucha angestellt entstanden Gesteine in Form von Gängen. und eine Lehrausbildung begonnen. Die Stadt Leipzig Der Beuchaer Granitporphyr ist ein in rund einem entwickelte in der Blütezeit von Historismus und Ju- Kilometer Tiefe erstarrter Magmakörper (Subvulkanit) gendstil einen enormen Bedarf. Die prächtigen Bür- aus der Rotliegendzeit (Perm). Kristalline Einspreng- gerhäuser im Waldstraßenviertel tragen Stufen und linge geben dem Gestein sein charakteristisches Sockelverkleidungen aus Beucha. Granitporphyr wurde Bild. Die Gemengeteile sind Quarz, Orthoklas, Pla- verlegt beim Bau des Hauptbahnhofes, der Deutschen gioklas, Pyroxen, Chlorit, Biotit und Erzminerale. Bücherei (heute Deutsche Nationalbibliothek), des damaligen Reichsgerichtes (heute Bundesverwaltungs- Den besonderen Wert des gericht) und bei der Restaurierung des Alten Rathauses. Beuchaer Granitporphyrs zur Natursteinverwen- 1894 beschließen Leipzigs Stadträte den Bau des Völker- dung erkannte als erste die schlachtdenkmals, das in seinen sichtbaren Teilen kom- Firma Günther & Fiedler im plett aus Beuchaer Granitporphyr errichtet wurde. Am Jahre 1884. Geschäftstüch- 300.000 Tonnen schweren Denkmal wurden 26.500 tig hatte sie zwei bayrische Steine verbaut, die im Steinbruch „Sorge“ und im Kirch- Steinmetze nach Beucha bruch von Beucha gebrochen wurden. 1560 Steinmetze eingeladen, die den Stein und 450 Arbeiter wurden neu eingestellt, um die große auf Tauglichkeit für ihr Menge Steine maßgerecht im Steinbruch zu gewinnen, Handwerk prüfen sollten. sie zum Werksteinplatz an der „Sorge“ zu transportie- Die Steinblöcke erwiesen ren und sie dort nach Zeichnungen und Schablonen zu sich nicht nur als geeignet bearbeiten und die nötigen Werkzeuge zu schärfen. Der für die weitere Bearbeitung lukrative Auftrag erforderte Fachkräfte. Steinmetze aus in Steinmetz-Werkstätten, Bayern, aus dem Fichtelgebirge und aus Italien kamen Sägereien und Schleiferei- nach Beucha. „Bei allen Kollegen, die an dem berühmten en. Ihre Eigenschaften wie Denkmal mitgearbeitet haben, war ein gewisser Stolz Härte, hohe Druckfestig- zu erkennen, denn immerhin war dieser Bau mit allen keit, Wetterbeständigkeit Schwierigkeiten des Steinmetzhandwerks bestückt“, bei Frost und Tauwetter, erinnern sich Johan Halser und Max Singer, die als Wasserundurchlässigkeit, junge Gesellen Steine für das Denkmal bearbeiteten. Polierfähigkeit eröffneten neue Chancen des Einsat- Der erste Weltkrieg brachte die Steinindustrie in zes in Bau und Architektur. Beucha fast zum Erliegen. Nur noch ein Bruchteil der Betonsäulen am Kirchbruch Beucha, ummantelt mit Werksteinen aus sächsischen Gesteinsvorkommen 18
Völkerschlachtdenkmal in Leipzig einstigen Arbeitskräfte konnte beschäftigt werden. meter Platten, je vier Zentimeter dick. 1996 stellte der Sie stellten zunächst Straßenpflaster her. Erst in den inzwischen modernisierte Betrieb seine Arbeit ein. 1930er Jahren waren bearbeitete Werksteine aus Beucha für Brücken und Gebäude wieder gefragt. Der Das Dorf der Steine Beucha zweite Weltkrieg setzte dem schnell wieder ein Ende. Das 3000 Einwohner zählende Dorf Beucha nennt sich zu Recht „Dorf der Steine“. Steinbrüche prägen das Ortsbild; in der Ortsmitte verdoppelt sich im Wasserspiegel des einstigen Kirchbruchs das Bild der Beu- chaer Bergkirche. Der schon den Slawen als Kultort dienende Kirchberg sollte Mitte des 19. Jahrhunderts samt Kirche für die Steingewinnung abgetragen werden. Turm und Sakristei der Kirche entstanden bereits im Mittelalter. Als das Gotteshaus dem gewaltigen Bedarf nach Steinen weichen sollte, erhob der damalige Pfarrer Stephani Verladestation mit Steinmetzhütten Beucha um 1900 erfolgreich Einspruch. Kirche und Friedhof blieben auf dem Rest des Kirchbergs Im Oktober 1945 wurden die drei großen Beuchaer stehen und der Steinbruch fraß sich an den Seiten Natursteinbetriebe durch die sowjetische Militärad- vorbei. Heute sind Bergkirche und Kirchbruch das ministration enteignet und demontiert. Die Betriebe Wahrzeichen von Beucha und beliebtestes Fotomotiv. übernahm anschließend der VEB Granitwerke Beucha. Die technische Ausrüstung blieb bis in die sechziger Durch den Rundbogen des Was- Jahre mangelhaft. Aber Ruf und Können der handwerk- serturms steigt man zur Kirche lich erfahrenen Techniker und Steinmetze sicherten hinauf. Von hier aus kann man die Realisierung weiterer Aufträge: das Denkmal der bei schönem Wetter das Völ- Begegnung in Torgau, ein Teil des Buchenwalddenk- kerschlachtdenkmal sehen und mals und Brücken für die Grachten in Amsterdam. In Einblicke in den Steinbruch „Sorge“ den 1960er Jahren beförderte der Wohnungsneubau erhalten. Es ist der einzige der einen großen Bedarf. Mehr als 15 000 Quadratmeter fünf Beuchaer Steinbrüche, Platten aus Granitporphyr wurden allein in der Leipziger der heute noch genutzt wird. Innenstadt, so z. B. am Gewandhaus verbaut. Von hier kam auch kurz vor der politischen Wende der große Beucha – Dorf der Steine, Auftrag für den Querbahnsteig des Leipziger Haupt- Sax-Verlag, 2012 bahnhofes mit der Herstellung von 10 000 Quadrat- 19
Beuchaer Granitporphyr Denkmal zur Erinnerung an den Steinabbau in Beucha Hier wurden die Steine für Wandelkonzert – Klangpfad um die Restaurierung des Völ- den Kirchbruch Beucha kerschlachtdenkmals und des davor liegenden Wasserbeckens gebrochen. „Spit- Der im Brandiser Ortsteil Beucha ansässige Klangkünst- telbruch“ und „Hausbruch“ befinden sich im Ortsteil ler Erwin Stache organisiert seit 2019 gemeinsam mit Kleinsteinberg. Die stillgelegten Brüche gehörten dem Verein Kulturhaus Beucha am Kirchbruch Beucha früher zum Besitz der Familie Preißer. An dem am ein in der Region Leipzig einzigartiges Kulturevent: Ortsausgang Richtung Brandis liegenden ehemaligen Ausgehend von der malerisch gelegenen Bergkirche „Tollertbruch“ finden sich zur Erinnerung an den Ab- führt eine musikalisch-szenische Erlebniswanderung bau von Granitporphyr eine Lore aus dem Steinbruch, um den ehemaligen Steinbruch, der im Sommer 2019 etliche Blöcke Granitporphyr und eine Hinweistafel. als Nationales Geotop Deutschlands zertifiziert wurde. Die Beuchaer selbst haben ihre Geschichte als Dorf der Steine und Steinmetzen stets bewahrt. Vom Kirchbruch aus findet man in der August-Bebel-Straße das Steinarbei- terdenkmal. 1984 entstand es in Erinnerung an die hundertjährige Steinmetztradition in Beucha. Die Gemeinde bot den Platz am Kirchbruch an. Auf figürliche Darstel- lung, so erinnert sich der damalige Be- triebsleiter Rainer Habel, wurde bewusst verzichtet, damit nicht der Bildhauer, sondern der Steinmetz dominiert. Der Leipziger Bildhauer Hans Förster entwarf die Steinsäule auf einem rustikalen Sockel. Nur wenige Schritte weiter auf dem Park- platz begegnet man Resten des einstigen Aufzuges für die gebrochenen Steine des Kirchbruchs, zwei fünf Meter hohe Stahlbetonsäulen, An den Hör- und Sehstationen sind Chöre, Musiker die man nicht sprengen konnte. 1988 entstand die Idee, und Klangkünstler aus Beucha und Umgebung be- die Betonsäulen für eine Darstellung der Werksteine teiligt, und es werden außergewöhnlichen Klangkör- aus Hartgestein in der damaligen DDR zu nutzen. pern, wie einer selbstspielenden Kuckucksuhrenor- Grafiker Gerd Nawrot und die Geologen von „Elbna- gel, ungewöhnliche Töne entlockt. Die Verwandlung turstein Dresden“ berieten bei der Umsetzung. Das des Kirchbruchs Beucha in eine klingende Land- Umfeld wurde von der Gemeinde gestaltet. Hier kann schaft findet einmal im Jahr im Sommer statt. man bis heute Granit, Syenit, Quarzporphyr, Diabas www.kulturhaus-beucha.org und www.estache.de und Syenitgranit verschiedener Vorkommen aus dem → Kontakt siehe Seite 54 Osten Deutschlands vergleichen und bewundern. 20
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