EINE STIMME HABEN - null41

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EINE STIMME HABEN - null41
www.null41.ch
      Oktober 2020
        SFr. 9.–

50 JAHRE NACH DEM JA ZUM
FRAUENSTIMMRECHT IM KANTON LUZERN

EINE STIMME
HABEN …
… UND SIE FÜR MEHR GLEICHSTELLUNG ERHEBEN
… OBWOHL MAN MEHR SPINNE ALS RAMPENSAU IST
… ALS FRISCH ZUGEZOGENE KULTURSCHAFFENDE

AUSSERDEM
07:60 PM: DA MACHT DIE MUSIK ECHTES THEATER
100 JAHRE KAMPF FÜR FRAUENRECHTE IN LUZERN
2 ZENTRALSCHWEIZER BLICKE AUF DAS IMPERIAL VALLEY
EINE STIMME HABEN - null41
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     ISABELLE HUPPERT                                      OKT
     IST
     50% POLIZISTIN
                                                           2020               Bourbaki Panorama, Löwenplatz 11, Luzern
                                                                              041 410 30 60 www.stattkino.ch

     50% DEALERIN                                                    DO 01     20.30    WETLANDS,
                                                                                        DIE ERBSCHAFT VON LUC HOFFMANN

     100% GLAUBWÜRDIG                                                                   von Stephan Rytz CH 2019, 90', F/d

                                                                     FR 02     20.45 KURZFILMNACHT 2020
                                                                                     www.kurzfilmnacht.ch

                                                                     SA 03     20.30    WETLANDS,

           LA DARONNE
                                                                                        DIE ERBSCHAFT VON LUC HOFFMANN
                                                                                        von Stephan Rytz CH 2019, 90', F/d

                                                                    SO 04             DE VIGO À VARDA & ROHMER
                                                                                11.00 PAULINE À LA PLAGE von Eric Rohmer, F 1982, 91', F/d
           EINE FRAU MIT BERAUSCHENDEN TALENTEN                                      CINEMANIA SWITZERLAND
                                                                               13.00 GOBLIN SLAYER THE MOVIE:

                         EIN FILM VON   JEAN-PAUL SALOMÉ                             GOBLINS CROWN
                                                                                     von Takahara Ozaki, JAP 2020, 90', OV/d
                                                                                     Tickets sind verfügbar auf eventfrog.ch
                                                                               20.30 WETLANDS,
                                                                                     DIE ERBSCHAFT VON LUC HOFFMANN

                                                             MO 05 / DI 06     20.30    WETLANDS, DIE ERBSCHAFT VON LUC HOFFMANN

                                                                     MI 07           DE VIGO À VARDA & ROHMER
                                                                               18.30 LE RAYON VERT von Eric Rohmer, F 1985, 98', F/d

                                                                    DO 08               FILM & GESPRÄCH
                                                                               19.00    SOUS LA PEAU von Robin Harsch, CH 2019, 84', F/d
                                                                                        Podiumgespräch mit Regie, Even Meier (Transaktivist_in)
                                                                                        und Stephenie Vee, Schriftstellerin

                                                              FR 09 – DI 13    18.30 SOUS LA PEAU

                                                                     MI 14              LEBENSREISE – IN ZWEI WELTEN ZU HAUSE
                                                                               16.00    UNTER EINEM DACH
                                                                                        von Maria Müller, CH 2019, 86', OV/d

                 AB 24. SEPTEMBER IM KINO                                      18.30    SOUS LA PEAU

                                                              DO 15 – SA 17    20.30 SOUS LA PEAU

                                                                     SO 18
              Die neue Feelgood-Komödie                                         11.00
                                                                                        ZUSAMMEN LEBEN MAIHOF-LÖWENPLATZ
                                                                                        HAPPY von Carolin Genreith
                     von Rolf Lyssy                                                     DE 2016, 85', D
                                                                               20.30    SOUS LA PEAU

                                                                    MO 19      20.30 SOUS LA PEAU

                                                                     DI 20              BUCHPRÄSENTATION
                                                                               19.00    «IN DEN GLETSCHERN DER ERINNERUNGEN»
                                                                                        Literarische Gletscherbilder aus drei Jahrhunderten

                                                                     MI 21           LEBENSREISE – IN ZWEI WELTEN ZU HAUSE
                                                                               16.00 LE MILIEU DE L’HORIZON von Delphine Lehericey
                                                                                     CH/BEL 2019, 92', F/d
                                                                                     FILM & GESPRÄCH MIT DER REGISSEURIN
                                                                               18.30 ZELIHAS HÜTTE von Gabriela Gyr
                                                                                     CH 2020, 45', OV/d

                                                             DO 22 / FR 23     18.00    THERE IS NO EVIL
                                                                                        von Mohammad Rasoulof
                                                                                        Iran 2020, 150', Farsi/d,f

                                                                    SA 24      13.30 SOUS LA PEAU
                                                                               18.00 THERE IS NO EVIL

                                                                     SO 25              FILM & GESPRÄCH MIT DER REGISSEURIN
                                                                                11.00   ZELIHAS HÜTTE von Gabriela Gyr, CH 2020, 45', OV/d
                                                                               13.30    SOUS LA PEAU
                                                                               18.00    THERE IS NO EVIL

     EDEN JEDEN
                                                              MO 26 / DI 27    18.00 THERE IS NO EVIL

                                                                     MI 28              LEBENSREISE – IN ZWEI WELTEN ZU HAUSE

                             FÜR                                               16.00    PLÖTZLICH HEIMWEH
                                                                                        von Hao Yu CH 2019, 79', D/Chin./d
                                                                               20.00    THERE IS NO EVIL

                       jjedem siis gärtli
                                   g                         DO 29 – SA 31     20.00 THERE IS NO EVIL

                                                           Reservationen: Tel. 041 410 30 60 (Combox) Q Kassenöffnung jeweils 30 Min. vor der
             AB 1. OKTOBER 2020 IM
                                                           Vorführung Q Programmänderungen vorbehalten Q Wir verweisen auf die Kinoseiten
                                                           in der Tages presse und auf www.stattkino.ch Q Das stattkino ist rollstuhlgängig Q
EINE STIMME HABEN - null41
EDITORIAL

                                                                                    STIMM-
                                                                                    GEWALTIG
                                                                                                   Liebe Leserinnen und Leser
                                                                                                        Dann also auch die Frauen: Seit
                                                                                                   fünfzig Jahren dürfen sie im Kanton
                                                                                                   Luzern abstimmen, wählen und sich
                                                                                                   wählen lassen. Die Abstimmung im
                                                                                                   konservativen Zentralschweizer
                                                                                                   Kanton war ein wichtiger Pulsmesser
                                                                                                   für die wenige Monate später anbe-
                                                                                                   raumte Entscheidung über das Frau-
                                                                                                   enstimmrecht auf nationaler Ebene.
                                                                                                   Diesen Schritt feiern wir mit unserer
                                                                                                   Oktober-Ausgabe und erinnern an all
                                                                                                   jene Menschen, die sich dafür einge-
                                                                                                   setzt haben.
                                                                                                        Feiern bedeutet für uns vor allem: weiter-                  dabei sind. «Wen repräsentieren unsere Par-
                                                                                                   denken. Wir reden einerseits mit zwei Gleich-                    lamente genau?», fragen wir am 20. Oktober
                                                                                                   stellungsaktivistinnen darüber, was in den                       und denken das Thema unseres Magazins in
Plakat «Ziit isch da», 1970, Werbeagentur BSR, Hans und Urs Hilfiker, Luzern, 1970

                                                                                                   vergangenen fünfzig Jahren alles erreicht                        einer 45-minütigen Gesprächsrunde noch
                                                                                                   wurde, wo es noch weiterzukämpfen gilt und                       weiter – kurzweilig, urban, mit Bier. Es
                                                                                                   wie man was am besten anpackt.                                   würde mich sehr freuen, Sie dort persönlich
                                                                                                   Anderseits zeigen wir auf, welche Stimmen                        begrüssen zu dürfen.
                                                                                                   heute noch ungehört bleiben: sowohl auf poli-                         Schliessen möchte ich mit ein paar per-
                                                                                                   tischer Ebene als auch in der Kulturförde-                       sönlichen Worten. Keinesfalls will ich mich
                                                                                                   rung. Dritterseits stellen wir die Veranstal-                    darüber beklagen, aber: Ich bin als Frau ge-
                                                                                                   tungstechnikerin Franzisca «d’Franz» Rüedi                       boren, und dann auch noch in Prag. Dass ich
                                                                                                   ins Rampenlicht, die für Künstlerinnen und                       eine Stimme habe in unserer Gesellschaft, ist
                                                                                                   Künstler die perfekte Stimmung auf der                           deshalb für mich alles andere als selbstver-
                                                                                                   Bühne schafft, und porträtieren die Singer-                      ständlich. Darum liegt mir dieses Magazin
Staatsarchiv Luzern, StALU PLB 13/13

                                                                                                   Songwriterin Valerie Koloszar alias Pink                         noch ein bisschen mehr am Herzen als an-
                                                                                                   Spider. Dazu kommt eine ganze Reihe von                          dere Ausgaben. Ich wünsche Ihnen eine an-
                                                                                                   Hinweisen auf Zentralschweizer Kultur auf                        regende Lektüre und hoffe, das Magazin
                                                                                                   Bühnen, zwischen Buchdeckeln und auf                             inspiriert Sie dazu, sich für Anliegen einzu-
                                                                                                   Vinyl.                                                           setzen, die wirklich wichtig sind.
                                                                                                        Zu entdecken gibt es zudem noch ein
                                                                                                   neues Format. Wobei: Neu ist vor allem, dass                            Herzlich,
                                                                                                   wir als Kulturmagazin beim (seit Jahren                                 Anna Chudozilov
                                                                                                   bewährten) Neubad Talk als Gastgeberin mit                              Redaktionsleiterin

                                                                                    Oktober 2020                    041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                              3
EINE STIMME HABEN - null41
INHALTSVERZEICHNIS

        Der Kampf für Gleichstellung ist mit dem Stimmrecht noch nicht                   Simon Hafner, Annina Polivka und Stoph Ruckli sorgen für eine
      gewonnen: Beim Frauenstreik von 1991 werden weitere Forderungen                       glückliche Bühnen-Ehe der Genres im Südpol. > Seite 38
                              gestellt. > Seite 32

                                                                                  Editorial > Seite 3
    MEHR GLEICH-                                                                  Guten Tag > Seite 5
                                                                                  Stadt – Land
    STELLUNG
    Franziska Lingg und Dinah Knuchel diskutieren mit Jana Avanzini über
                                                                                  Blick durch die Linse aus Luzern und Willisau > Seite 6

                                                                                  Poliamourös
                                                                                  Von unheimlichen Masken und Maskenmuffeln > Seite 8
    Prioritäten, Methoden und Ziele der Gleichstellungsbewegung > Seite 12
                                                                                  Kosmopolitour
                                                                                  Warum selbst die Londoner jetzt nicht calm keepen > Seite 9

    MEHR AKTUALITÄT
    Kulturförderung setzt in der Schweiz Geburt oder Sesshaftigkeit
                                                                                  Nachschlag
                                                                                  Wo man Altbewährtes mit Neuem kombiniert > Seite 10
    voraus - Emilia Roza Sulek schildert, was diese Förderkriterien
    verhindern > Seite 20
                                                                                  Fotodok
                                                                                  Extrem faszinierende, ganz normale alte Fotos > Seite 11

                                                                                  Anno41
MEHR DEMOKRATIE
Nur Zypern schneidet punkto politischer Integration von Migrantinnen
                                                                                  Wie die Albert Koechlin Stiftung die Gunst der Kulturakteure
                                                                                  errang. > Seite 30

und Migranten schlechter ab als die Schweiz – warum das so ist und                Ausgefragt
wie das mit dem Frauenstimmrecht zusammenhängt > Seite 23                         Adina Friis bringt Rolf Lyssys neuen Film zum Klingen > Seite 37

                                                                                  Käptn Steffis Rätsel > Seite 66
                                                                                  Gezeichnet > Seite 67

Titelbild: Erste Stimmabgabe Luzern 1971.
Hanni Zosso wirft am 7. Februar ihren Stimmzettel ein.
Fotograf: unbekannt, Stadtarchiv Luzern, N1.5/95:1

KULTURKALENDER                                                                    Bau > Seite 44
                                                                                  Kinder > Seite 46
OKTOBER 2020                                                                      IG Kultur > Seite 48
Kunst > Seite 32                                                                  Veranstaltungen > Seite 49
Musik > Seite 35                                                                  Ausstellungen > Seite 59
Film > Seite 36                                                                   Impressum > Seite 63
Bühne > Seite 38                                                                  Adressen A-Z > Seite 63
Wort > Seite 40                                                                   Ausschreibungen > Seite 64

4                                                 041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                  Oktober 2020
EINE STIMME HABEN - null41
GUTEN TAG

               GUTEN TAG, GRAND HOTEL
               NATIONAL
               Böden aus italienischem Marmor,
          Wände mit exklusiven Seidentapeten, hand-
          gewebte Teppiche: Die Aufzählung auf
          Deiner Webseite lässt ein absolutes Luxus-                           GUTEN TAG, KAMPUS SÜDPOL
          haus vermuten. Ziemlich schäbig finden wir                         Da wird’s einem ganz schwindlig mit all
          hingegen, dass Du live Musik spielen lassen                   diesen Namen: Da ist die Blackbox, die eigent-
          willst für kein Geld. Was klingt wie ein An-                  lich Kosmos heisst, aber grundsätzlich irgend-
          gebot von vor 150 Jahren, haben wir kürzlich                  wie die lang ersehnte Salle Modulable sein soll.
          auf Deiner Facebook-Seite entdeckt: «Du bist                  Die wiederum ja eigentlich eine Erweiterung
          Solokünstler/in oder Teil eines Duos, Trios                   der Salle Blanche ist – black, white, Wortspiel
          oder Quartetts? (...) Überzeuge unsere Fach-                  gefällig? Wo wir wieder beim Kampus (kann
          jury mit Deinem Demoband (...) und gewinne                    man Kulturcampus kuuler abkürzen?!) wären,
          einen oder mehrere Auftritte inkl. Übernach-                  dessen unterirdischer (baulich, nicht klanglich)
          tung und Verpflegung im Doppelzimmer für                      Konzertsaal die «dunkle Schwester» wiederum
          zwei Personen pro Künstler und Auftritt-                      der Salle Blanche ist, aber eigentlich Salquin
          stag.» Du verkaufst das ganze ohne Scham als                  heisst. Vom Knox-Club (oder doch Club Knox)
          Wettbewerb, lässt Menschen um die Wette                       und dann all den Räumen im Orchesterhaus
          antreten um die Möglichkeit, ohne Gage bei                    des LSO (das ja – um gewappnet zu sein für den
          Dir aufzuspielen. Bietest Du solche Deals                     definitiven internationalen Durchbruch – die
          auch für Reinigungskräfte, Servicepersonal                    Abkürzung nicht mehr verwendet!) und vom
          oder Mitarbeitende Deiner PR-Abteilung?                       Südpol (ohne Kampus, neu aber mit Buvette)
          Oder hat sich da die Vorstellung durchgesetzt,                mit seinen ganz eigenen «Herzstücken», «heim-
          dass diese Leute für ihren Job ein ordentli-                  lichen Stars» und «Schwestern» haben wir noch
          ches Gehalt bekommen, über das sie autonom                    gar nicht gesprochen. Hauptsache ist doch,
          verfügen dürfen? Viele Musikerinnen und                       dass es gut klingt!
          Musiker wissen heute kaum, wie sie die
          nächste Miete bezahlen können – aber wer                      Voll verwirrt, 041 – Das Kulturmagazin
          weiss, vielleicht ist Euch das ja durchaus
          bewusst und die Auserwählten dürfen Über-
          nachtung und Verpflegung auch an ihre
          Vermieter abtreten. Tauschhandel 2021.

          Lohn statt Luxus fordernd,                                           GUTEN TAG, NEUBAD TALK
          041 – Das Kulturmagazin
                                                                               FEAT. 041
                                                                              Du machst es möglich, dass unsere Lese-
                                                                        rinnen und Leser unsere Themen nun auch mit
                                                                        uns diskutieren können. Am 20. Oktober geht’s
                                                                        los: «Wen repräsentieren unsere Parlamente
                                                                        genau?» Diese Frage macht uns ab 20.15 Uhr im
                                                                        Neubad heisse Ohren. Dafür sorgen Ylfete
                                                                        Fanaj, Kantonsratspräsidentin (SP) und
                                                                        Christof Schwenkel, Politik- und Verwaltungs-
                                                                        wissenschaftler bei Interface Politikstudien
                                                                        und (einigermassen) frisch gebackener
                                                                        Schweizer Bürger. Moderiert wird das Ganze
                                                                        von Anna Chudozilov, der Redaktionsleiterin
                                                                        von «041 – Das Kulturmagazin». Wir hoffen,
                                                                        Du wirst uns viele neue Inputs bringen und
                                                                        allen reichlich Spass machen.

                                                                        Die rhetorischen Waffen wetzend,
                                                                        041 – Das Kulturmagazin

Oktober 2020                           041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                       5
EINE STIMME HABEN - null41
STADT
            9. SEPTEMBER, KAFFEE KIND, BASELSTRASSE, LUZERN

    «Die Welt ist keine Scheibe, wer Pizza isst,
                 tut niemandem was zu leide.»
                                                                          Bild & Wort:   Caroline Schnider

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LAND
         11. SEPTEMBER, KATHOLISCHE PFARRKIRCHE ST. PETER UND PAUL, WILLISAU, 12. WILLISAUER MUSIKNACHT

«Kerzenlicht im Kirchenraum –
Priska Zettel-Arnet und Stephan
Schrag auf der Empore – Klang
im Raum.»
Bild & Wort:   Sarah Rüssli

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POLIAMOURÖS

                                                                                                        Kulisse noch Schminke nötig sei,
                                                                                                        Mann rasiert sich seltener, beide las-
                                                                                                        sen die Nasenhaare stehen und auf
                                                                                                        Dauer könnten die untrainierten
                                                                                                        Muskeln leiden und der Menschheit
                                                                                                        die Gesichtszüge gänzlich entgleiten.
                                                                                                        Nur sieht das halt niemand.
                                                                                                              Zugleich verwandelt die Maske

Über Kulturtechniken                                                                                    die Trägerin in etwas anderes, etwas
                                                                                                        jenseits des homogenen äusseren
                                                                                                        Scheins, denn diese Verhüllung ist
            Neben den traditionellen Kulturtech-       Identitätswechsels werden spassbe-               mehr als ein Stück Aus-Was-auch-
            niken Lesen, Schreiben und Rechnen         freite 365 Tage. Dabei ist das doch              immer-Masken-sind, sie ist Signal und
            ist momentan eine gefragt, die ohren-      endlich mal ein echtes Ding, ein                 Botschaft der Solidarität. Und wer
            scheinlich recht gelitten hat: deutli-     sinnlich erfahrbarer Gegenstand, der             keine trägt, entlarvt sich als Solidari-
                              ches Sprechen. Hinter    das Unfassbare sicht- und am Bänd-               tätsmuffel.
Text: Rayk Sprecher           den Masken wird so       chen fassbar macht und uns ganz                        Dionysos, der berüchtigte grie-
Illustration: Anja Wicki gemurmelt und genu-           nebenbei den eigenen Atem näher-                 chische Feiergott, trägt eine Men-
                              schelt, gehaucht und     bringt!                                          schenmaske. Wir könnten diesen Trick
            gesäuselt, dass auch bestgespitzte                Aber klar, das Antlitz als Eben-          umkehren und uns vermittels Ge-
            Ohren keinen Sinn zu erhaschen             bild Gottes ist so nicht mehr zu sehen.          sichtsbedeckung in etwas Über-, weil
            vermögen und sich ein bislang unge-        Stattdessen wirkt die Maske auf uns              Mitmenschliches verwandeln. Die
            ahntes Potenzial für Sprechausbildung      un-heimlich im Sinne Heideggers, sie             Maske als Kulturtechnik.
            manifestiert.                              zeigt uns, dass wir in dieser Welt nie                 An der Verständlichkeit müssen
                   Die Maske selbst ist, glaubt man    ganz zu Hause und keineswegs allein              wir noch ein bisschen arbeiten.
            Wikipedia sowie kreuzwortraetsel-          sind. Das Virus stellt sich als reniten-
            hilfe.com, selbst auch eine Kulturtech-    ter Mitbewohner heraus. Ausserdem
            nik, an der wir aktuell gesichtsverlust-   bleiben hinter der Maske Emotionen
            bedingt und um Atem ringend leiden.        verborgen, Mundwinkelausrichtun-
            Aus sechs Tagen im Jahr mit Maske          gen sind unsichtbar, Freundlichkeit
                                                                                                                  Wenn Rayk Sprecher nicht gerade die
            zum Zwecke des augenzwinkernden            ist diesseits eines herzhaften Lachens                     Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
                                                       kaum auszumachen. Wechselseitiges                          der Universität Luzern managt, ist er
                                                       Erkennen wird erschwert, fehlen doch                       freischaffender Philosoph, Dozent,
                                                                                                                  Berater und Kabarettist, zum Beispiel
                                                       wesentliche Merkmale zur Identifi-                         im Kleintheater Luzern mit der Philo-
                                                       kation. Frau fragt sich, ob hinter der                     Kabarett-Reihe «standup philosophy».

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KOSMOPOLITOUR

           Über die Jahre in London habe ich mit
           der britischen Hauptstadt und ihren
           Menschen vieles durchlebt; ich wurde
           Teil der Stadt, sie von mir und ich fand
                            in ihr ein Zuhause. Ob-
Text und Bild:
David Kilian Beck
                            wohl etwas abgegriffen,
                            die Devise KEEP CALM      KEEP CALM &
                            & CARRY ON wird mit
           der Zeit in die DNA der Londoner ge-
           ätzt; stoisch und unerbittlich gehen sie
                                                      CARRY ON
           dem eigenen Leben nach, unbehelligt        Ruhig bleiben ist den Londonern in die DNA geätzt.
           von Grossereignissen und Tragödien.        Doch die Pandemie bringt selbst die stoischsten
           Mit einer globalen Pandemie wurde
           aber auch in London nicht gerechnet
                                                      Metropolitinnen aus dem Tritt.
           und zum ersten Mal erlebe ich die          pagne mit Kulturpostkarten und wie
           Metropole betäubt.                         alle anderen Institutionen und Kultur-
                   Die Kulturabteilung der Schwei-    schaffenden buhlten wir um das zu
           zerischen Botschaft sah 2020 BC (Befo-     Hause eingesperrte Publikum. Die
           re Covid) einem dichten Programm           Londoner Kulturszene ist aus der Bahn
           entgegen. Wir hatten den Kammermu-         geworfen worden: Balletttänzer von
           sikpreis Swiss Ambassador’s Award          Weltklasse komprimierten komplexe
           neu konzipiert, in der Royal Academy       Choreografien für ein Instagram-Pu-
           hätte eine Angelika-Kauffmann-Re-          blikum auf wenige Minuten; visuelle
           trospektive stattfinden sollen und im      Künstlerinnen verkauften ihre Kunst
           Sommer hätte Pro Helvetia am Edin-         mit dem Versprechen, ab einem gewis-
           burgh Fringe zum zweiten Mal einen         sen Gewinn die Kunst anderer abzu-
           Schweizer Theater-Fokus geplant; das       kaufen (#artistsupportpledge); eine der
           nur einige Höhepunkte neben vielen         besten Bratschistinnen des Landes füllt
           kleineren Kulturprojekten mit Schwei-      Regale im Supermarkt und frisch dip-
           zer Bezug. Allgemein kümmern wir           lomierte Kunst- und Musikschulabgän-
           uns um den interkulturellen Austausch      ger suchen verzweifelt nach einer
           zwischen der Schweiz und dem Verei-        Chance in der Berufswelt. Zwar zeigte
           nigten Königreich, erweitern Netzwer-      sich die konservative Regierung gross-
           ke, initiieren eigene Kulturprojekte und   zügiger als erwartet mit einem Hilfs-
           stärken so das Bild der Schweiz im         paket für den Kultursektor, doch kon-
           Gastland.                                  zentriert sich dieses auf Institutionen               Noch wird gebaut in London.
                   Unter Ugo Rondinones Baum-         und kaum auf die Kunstschaffenden.
           skulptur, an einer Vernissage der Hay-           Zögerlich kehren die Londoner, kann die Ausgaben nicht decken. Auf
           ward Gallery im März, gab ich einer        die noch einen Job haben, zu ihren Ar- meinem Arbeitsweg sehe ich im Mor-
           Kollegin zum letzten Mal einen Begrüs-     beitsplätzen zurück – viele nur Teilzeit, gendunst die Wolkenkratzer der Ban-
           sungskuss und fragte mich zugleich, ob     man will das U-Bahn-Netz nicht ken in Canary Wharf und vor mir
           wir das noch tun sollten. Eine Woche       überbelasten. Grossraumbüros wirken Kräne, die neben dem Olympischen
           später gingen wir in den Lockdown.         plötzlich veraltet, fahrlässig. Staatliche Park ein neues Museum und Tanzthe-
           Ausser meinem Mann habe ich wäh-           Massnahmen versuchen die äusseren ater bauen. In gewohnter Manier macht
           rend dreieinhalb Monaten Familie,          Kapillaren der Wirtschaft zu reanimie- und baut man weiter, stoisch, so gut es
           Freunde und Arbeitskolleginnen nur         ren, doch vieles bleibt ungewiss. Leere geht. Doch die Frage stellt sich, wie
           durch Scheiben gesehen; am Computer,       Cafés, Büroflächen und Ladenlokale zukunftstauglich die Institutionen, wie
           am Telefon, vereinzelt wurde aus dem       deuten darauf hin, dass sich schon wir sie kennen, noch sind. Oder aber ob
           Vorgarten zugewinkt. Unser Jahrespro-      vieles verändert hat. Die antiviralen Arbeits-, Lebens- und Kulturräume neu
           gramm kollabierte. Als man die im          Handgels und die Maskenpflicht in definiert werden müssen.
           Spätherbst angesetzte Klimakonferenz       Restaurants, Pubs, Geschäften und
           in Glasgow schon früh aufs nächste         Museen vermögen das Publikum nicht
           Jahr verschob, wurde klar: 2020 is can-    zu beruhigen, die Besucherzahlen sind                David Kilian Beck lebt seit 13 Jahren in
           celled.                                    geschrumpft. Theater bleiben bis auf                 London. Er studierte Fotografie an der
                                                                                                           University of Westminster und leitet seit
                  Wir hievten unsere Projekte on-     Weiteres geschlossen, das kleine Pub-                ein paar Jahren die Kulturabteilung der
           line, initiierten eine Solidaritätskam-    likum, das in Auditorien erlaubt ist,                Schweizerischen Botschaft in London.

Oktober 2020                                  041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                        9
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NACHSCHLAG

                                                                                                      ist mit Zubereitung und Präsentation
                                                                                                      zufrieden. Ich fühle mich verpflichtet,

Runter vom                                                                                            die Kutteln in Champagnersauce zu
                                                                                                      nehmen. Sie sind gut, sie sind mild und

hohen Rössli
                                                                                                      durch den Schaumwein mit einer
                                                                                                      säuerlichen Note versehen, die aber
                                                                                                      vom Sbrinz stark im Zaum gehalten
                                                                                                      wird. Fast schon zu brav für Innereien.
Direkt beim Kreisel findet sich in Root das                                                            Wir schliessen unseren Schmaus mit
neu renovierte Rössli hü. Da wird Neues                                                               einem schön angerichteten, aber gäh-
gekonnt mit Altem verbunden und der                                                                   nend langweiligen Schoggichüechli ab,
Städter mit ländlichem Charme um den                                                                  zu dessen Ehrenrettung hausgemach-
Finger gewickelt.                                                                                     te Sauerrahmglace gereicht wird. Bei
                                                                                                      der zitronigen Pannacotta mit Chriesi-
          Landschaftlich unspezifisch, steuerlich    haften Anbau in schwarzem Holz und               kompott kommt nun der haustypische
          ungünstig, wirtschaftlich pulsierend:      soll wohl schon nach aussen hin erkenn-          «konservierende» Stil von anno dazu-
          das Rontal. An seinem Ende in Root         bar machen, dass man hier Altes mit              mal zur Entfaltung. Haltbar gekochte
          haben Samuel Vörös und Simone              Neuem verbindet. Entsprechend ist                Chriesi, sorgfältig gearbeitet, nicht
                               Hafner-Meyer eine     denn auch das Rindstatar nonkonfor-              unnötig übergeliert.
Text: Michal Niezborala        alte Dorf beiz res-   mistisch: mit vielen Kapern (vielleicht                 Wie auf dem Teller verfolgt man
                               tauriert und bewir-   auch Oliven) und einer ölig angebacke-           auch bei der Einrichtung die Strategie,
          ten seit Januar 2019 die Einzugsbereiche   nen Focaccia. Der mediterrane Ein-               Altbewährtes und Neues zu verbinden.
          der Kantonsstrasse 4 und der S1 von        schlag konterkariert meine Erwartun-             Eine violette Decke prägt den licht-
          Sursee nach Baar. Was als soziales         gen eines langweilig-landläufigen                durchfluteten Gastraum. Schieferti-
          Dorfzentrum nicht mehr funktioniert        Tatars. Anderseits wäre es nicht Vörös’          sche aus den Vorgängerbeizen und
          hat, mag nun vielleicht nach einer         Art, sich beim Tatar zu blamieren. Sein          mehrere Séparées mit Holzvertäfelung
          Transformation den entwurzelten            Name steht für mutige Konzepte, die              und Kachelofen erwecken den Geist
          Arbeiterinnen des D4 oder gar der          entsprechend Angriffsfläche bieten,              des alten Rösslis zum Leben. Für etwas
          Suurstoffi in Risch-Rotkreuz neue          weil sie sich von der Sättigungskonkur-          längere Wartezeiten mache ich die
          kulinarische Heimat sein.                  renz absetzen. Da weiss man, was man             Architektur verantwortlich: Der Pass
                 Von Luzern aus treffe ich an ei-    hat – als Gast und als Kolumnist.                dieser einsehbaren Küche ist hinter der
          nem Mittwochabend am S-Bahn-Halt                  Zurück zum Essen. Parallel zum            Bar. Wer kümmert sich schon um Ge-
          « Gisikon-Root » (Ba hnhof w äre           Tatar vermag der hausgemachte Schin-             tränke, wenn die Köche böse zum
          übertrieben) ein und warte auf meine       ken vom Milchsäuli meine Begleitung              Service schauen (können)? Als man
          Begleitung. Meine Lektüre rettet mich      nicht zu überzeugen: Aufschnitt, eine            uns aber tatsächlich fragt, ob wir nach
          davor, zu lang darüber nachzudenken,       Vinaigrette, ein paar Kräuter. Doch              dem Weisswein neue Gläser für den
          ob der Steinmetz Emilio Stecher auch       während sie an der Einfachheit und der           Rotwein haben wollen, fühle ich mich
          Grabsteine macht. Denn ausser              Nicht-Zubereitung Anstoss nimmt,                 gänzlich von meinem snobistischen
          Emilio Stecher findet sich in «Gisikon-    lobe ich die zarte Konsistenz und die            hohen Ross heruntergeholt und in die
          Root» nichts Sehens- oder Nachden-         geschmacklichen Vorzüge des Schin-               Unkompliziertheit einer Dorfbeiz in-
          kenswertes.                                kens. Bei den Hauptgängen geht es                tegriert.
                 Nach zehn Gehminuten errei-         fleischig, jedoch auch «verwertend»
          chen wir das Rössli hü an einem rontal-    weiter: Wie schwarze Schokoladen-
          typischen Drei-Ausfahrten-Kreisel.         würfel mit eingerammten, knöchernen              Michal Niezborala isst sich für 041 – Das
                                                                                                      Kulturmagazin durch die Zentralschweiz.
          Das denkmalgeschützte, mächtige            Glacestielen kommen die geschmorten              Für diese Ausgabe war er im Rössli hü an
          Haus hat einen modernen zwillings-         Rindsrippli daher. Meine Begleitung              der Luzernerstrasse 7 in Root.

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10                                            041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                  Oktober 2020
FOTODOK

Strasse
statt Street
Heute ist gestern – einfach erst
morgen. Das gilt in verschiedenen
Hinsichten, ganz besonders aber
in der Fotografie. Denn diese
vermag das Heute so lange fest-
zuhalten, bis es ein Gestern ist.

          Im Kontakt mit Kundinnen und
          Kunden der Fotodok fällt oft auf, dass
          alten Fotos viel mehr Aufmerksamkeit
                        geschenkt wird als neuzeit-
Text: Simon Meyer lichen. Das gilt nicht nur für
                        Foto-Interessierte, sondern
          gerade auch für Fotografinnen und
          Fotografen. Die Frage an die Fotodok,
          ob wir «alte Fotos» sammeln, irritiert
          mich noch immer, denn es ist ja klar,
          dass ein heute gemachtes Foto der
          Weggisgasse in vierzig Jahren ebenso
          alt sein wird wie heute ein Bild von
          1980. Daher wären ja eigentlich beide
          zu sammeln. Es gibt aber leider immer
          weniger Fotografinnen und Fotogra-
          fen, die sich am Feierabend ihre Kame-
          ra über die Schulter hängen und einfach
          durch die Stadt oder die Landschaft
          ziehen, um Häuser, Strassen und
          Menschen zu fotografieren. Da sei kein
          Kick dabei, sagte mal einer.
                  Wäre der Fotograf Mondo An-
          noni ebenfalls dieser Meinung gewe-
          sen, dann hätten wir heute Tausende
          Bilder nicht, die gerade wegen der all-
          täglichen Belanglosigkeit, die er foto-
          grafisch festhielt, von so hohem doku-
          mentarischem Wert sind. Diese Bilder        kannt, dann kann man auch gleich                 Fotodok daher wünschenswert, wenn
          zeigen mehr als andere, dass es wichtig     beide wegwerfen: Das Bild, das man               etwas weniger Street-Fotografie ge-
          ist, sich mit dem Thema «Auswahl und        behalten würde, ist nicht tatsächlich            macht, dafür wieder mehr auf der
          Beurteilung» von Bildern zu befassen.       wichtiger. Es ist bloss das Bild, das der        Strasse fotografiert würde.
                  Die Frage, welches Bild in einem    entscheidenden Person gerade wichti-
          Bestand bleiben soll und welches            ger scheint. Natürlich sprechen wir hier
          weggeworfen wird, ist von unserer           nicht von Serien gleicher Objekte oder
                                                                                                       Die Stiftung Fotodokumentation Kanton Luzern
          Seite her klar mit «beide» zu beantwor-     Dubletten. Und auch bei zehn Fotos               (Fotodok) besteht seit 1992 und hat ihren Sitz in
          ten: Behalte beide oder wirf beide weg.     des blauen Himmels verhält es sich               Luzern. Sie schützt, kuratiert und vermittelt das
                                                                                                       Kulturgut Fotografie in den Arbeiten und Werken
          Wenn anerkannt wird, dass es auf die        anders. Sondern wir reden hier von               von Fotografinnen und Fotografen aus der Zentral-
          Fragestellung ankommt, die einem Bild       ganz normalen Fotos, die ganz norma-             schweiz. In dieser Serie stellt die Stiftung Fotodok
          einen dokumentarischen Wert verleiht,       le Dinge zeigen: einen Parkplatz, einen          in einer Kooperation mit dem Kulturmagazin Foto-
                                                                                                       grafien und die Geschichten dahinter vor. Simon
          dann müssen beide aufbewahrt wer-           Kindergarten, einen Hund, der an einen           Meyer ist Geschäftsleiter der Fotodok. Foto:
          den. Wird dieser Umstand nicht aner-        Baum pinkelt. Es wäre vonseiten der              Mondo Annoni, FDOK_007_013, ©Stiftung Fotodok

Oktober 2020                                   041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                            11
FOKUS: EINE STIMME HABEN

BEWEGTE
12   041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz   Oktober 2020
FOKUS: EINE STIMME HABEN

    Die tatsächliche Gleichstel-
    lung von Frauen und Männern
    ist noch nicht erreicht. Welche
    Probleme noch bestehen und
    wie Lösungsansätze ausse-
    hen können, diskutieren hier
    engagierte Kämpferinnen für
    Gleichberechtigung über
    Generationsgrenzen hinweg.

 FRAUEN
    EIN INTERVIEW NACH 50 JAHREN
    FRAUENSTIMMRECHT IN LUZERN
    Text: Jana Avanzini   Bilder: Franca Pedrazzetti

Oktober 2020                           041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz   13
FOKUS: EINE STIMME HABEN

            Die Frauenbewegung hat in den vergangenen                       Doch was, wenn man keine gemeinsame Form
            Jahren wieder Schwung aufgenommen: Mit                          findet? Liegt das allenfalls daran, dass man
            #metoo, dem Frauen*streik und einer neuen                       nicht DIE Inhalte hat, auf die man sich einigen
            Generation Feministinnen. Dieses Jahr feiern                    kann? Wir gehen auf die Strasse für Elternzeit,
            wir im Kanton Luzern 50 Jahre Frauenstimm-                      gegen sexuelle Gewalt, etwas mit Militär und
            recht. Was haben wir seither erreicht?                          viel mit Care-Arbeit, wegen der Renten oder der
            Dinah Knuchel: Rechtlich haben wir zwischen der                 Luxussteuer auf Tampons. Wir stellen Ge-
     Einführung des Frauenstimmrechts und heute riesige                     schlechterrollen radikal infrage oder feiern die
     Schritte gemacht. Die Gleichstellung von Mann und                      Weiblichkeit. Perlen neben Fäusten. Wo finden
     Frau wurde in der Verfassung verankert, die Fristenrege-               wir uns heute?
     lung eingeführt, dann der Mutterschaftsurlaub, wir                     F. L.: Offenbar schafft man es kaum noch, Prioritä-
     haben das Gleichstellungsgesetz und rechtlich Anspruch            ten zu setzen. Man muss sich darauf einigen, was das
     auf gleichen Lohn. Doch die grosse Herausforderung un-            dringendste Anliegen darstellt.
     serer Generation wird es sein, unsere Gesellschaft zu ver-             Und was ist das? Was muss jetzt in Angriff
     ändern. Gerade was Geschlechterstereotypen oder                        genommen werden? Ganz subjektiv.
     Themen wie sexuelle Gewalt betrifft.                                   F. L.: Es braucht den Schulterschluss mit der Klima-
            Franziska Lingg: Die Gesellschaft verändern ist            bewegung. Denn dort brennt es. Und neben diesen
     schnell gesagt. Aber wer ist diese Gesellschaft? Wir sind         Themen sind teure Tampons lediglich Luxusprobleme.
     sie!                                                                   Nur sind in unserer gerade sehr satten und
            D. K.: Selbstverständlich. Damit meine ich vor                  kuschlig eingepackten Gesellschaft Dringlich-
     allem, dass wir bei der nächsten Generation ansetzen                   keiten doch oft abstrakt. Weshalb sollten wir
     und sie gleichberechtigter erziehen müssen. Ich habe                   überhaupt für etwas kämpfen? Letztendlich
     zum Beispiel sehr oft, sei’s beruflich oder ehrenamtlich,
     mit älteren Herren zu tun – viele immer ganz Gentleman.
     Aber sie nehmen dich als Frau, besonders als junge Frau,
     nicht im Geringsten ernst. Das sind keine bösen Men-
     schen, aber die kannst du nicht mehr ändern.
            F. L.: Sowieso muss man sich, um etwas zu verän-
     dern, Methoden und Strategien zurechtlegen. Darüber,
     wie man verhandelt, wie man taktiert. Die Grundvoraus-
     setzung jedoch, ohne die man gar nicht erst zu diskutie-
     ren beginnen muss: eine felsenfeste Überzeugung.                                  Es spricht: Dinah Knuchel. Die 34-Jährige arbeitet als
                                                                                       Archivarin im Luzerner Staatsarchiv und schmeisst die
            Du, Franziska, hast bereits beim ersten Frauen-
                                                                                       Gastro im Theater Pavillon. Sie waltet im Vorstand der
            streik 1991 in Luzern ganz vorne mitgekämpft.                              Luzerner Spielleute und der Historischen Gesellschaft
            Wie kamst du überhaupt dazu?                                               Luzern und ist aktiv im Vollgas Theater von Insieme, im
                                                                                       Historischen Verein Zentralschweiz, beim Frauenstadt-
            F. L.: Es war erst nur ein schlichter Flyer, der mich                      rundgang und beim Frauen*streik-Komitee Luzern.
     auf den geplanten Streik aufmerksam machte. Die ersten                            Zudem führt sie regelmässig durch das Luzerner Regie-
     Treffen fanden dann bei Agatha Fausch am Küchentisch                              rungsgebäude.
     statt. Doch als wir schnell mehr wurden, zogen wir über
     dem Parterre in das sogenannte Frauenzimmer. Schnell                              Es spricht: Franziska Lingg (70). Die freischaffende
     begannen wir dann auch damit, Strukturen und Kompe-                               Soundkünstlerin und Komponistin war bis zu ihrer Pen-
                                                                                       sion auch als Dozentin an der Hochschule Luzern –
     tenzgruppen zu bilden. Wer kümmert sich um die PR,                                Design & Kunst tätig. Sie war Schweisserin, Betreuerin
     wer ums Netzwerk, Budget … Ich habe mit meiner Gruppe                             in der Stiftung Brändi und Primar- und Zeichnungsleh-
     die beweglichen Plakat-Installationen geschaffen.                                 rerin. Sie studierte englische Literatur in Oxford, war an
                                                                                       der Hochschule der Künste in Berlin. Zahlreiche Werk-
            Das erinnert mich an dein Plädoyer im Vorfeld                              stipendien führten sie unter anderem auch nach Hol-
            des Streiks 2019 für ein professionelles Auftre-                           land, Südafrika und die USA. Immer wieder engagierte
                                                                                       sie sich in politischen Bewegungen, auch beim Luzerner
            ten und gegen eine gebastelte Ästhetik. Ich hatte
                                                                                       Frauenstreik im Jahr 1991.
            das Gefühl, dass dir das oft sauer aufstösst bei
            den Aktionen und Demonstrationen.
                                                                                       Es spricht und hat aufnotiert: Jana Avanzini (33). Die
            F. L.: Ich habe meinen Hintergrund als Künstlerin,                         freischaffende Journalistin und Texterin ist Teil der
     den kann ich nicht zur Seite stellen. Aus dem Blickwinkel                         externen 041-Redaktion. Neben dem Journalismus ist
     sehe ich das Handicap oft in der Form. Wenn etwas un-                             die studierte Theaterwissenschaftlerin auch als Pro-
                                                                                       duktionsleiterin und Theaterschaffende im Zentral-
     präzis ist. Mit Hingepinseltem, Handglismetem, damit                              schweizer Volkstheater und in der freien Theaterszene
     habe ich Mühe. Willst du mir etwas mitteilen? Dann                                tätig. Sie ist Teil des Frauen*streik-Komitees Luzern.
     drück dich verständlich aus, stell dich gerade hin. Finde
     eine klare Form!

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FOKUS: EINE STIMME HABEN

                                                     «Sowieso muss man sich, um etwas zu verändern,
                                                            Methoden und Strategien zurechtlegen.»
                                                                                                                                    Franziska Lingg

                     sind es prozentual auch nicht viele, die sich                    Bei tieferem Lohn? Ich leider nicht.
                     aktiv einsetzen. Sei es fürs Klima oder für                      F. L.: Und weshalb nicht?
                     Gleichstellung.                                                  Ich habe es erst später erfahren. Während
                     D. K.: Gerade deshalb ist sicher wichtig, Kräfte zu              meiner Anstellung ging ich natürlich davon aus,
               bündeln. Ich kämpfe ja nicht nur für mich. Aber auch für               dass wir gleich viel verdienen.
               mich sind Gleichstellungsthemen nicht abstrakt, son-                   F. L.: Na. Dann warst du aber schlicht naiv.
               dern sehr direkt spürbar. Wenn wir von Übergriffen spre-               Offensichtlich.
               chen zum Beispiel. Oder dass man sich als Frau oft als                 D. K.: Aber es geht ja auch nicht nur um die Lohnar-
               Mensch zweiter Klasse fühlt. Man wird weniger ernst ge-          beit. Nehmen wir die Wertschätzung der unbezahlten
               nommen, muss mehr bieten, muss mehr Krankenkasse                 Care-Arbeit. Mein Grosi zum Beispiel hat die kleinste
               zahlen, verdient weniger.                                        AHV, keine Pensionskasse. Sie hat aber ihr Leben lang
                     F. L.: Und entweder du nimmst das hin, mit dem             erst die Kinder betreut, dann die Grosseltern, schliesslich
               Lohn zum Beispiel – dann brauchst du dich auch nicht zu          Eltern und Schwiegereltern gepflegt. Und so geht es
               beschweren –, oder du handelst. Ich persönlich habe              vielen Frauen.
               sowas einmal erlebt, mich wahnsinnig aufgeregt und                     F. L.: Die Pensionierung ist ein grosses Thema –
               auch sofort und mit Erfolg gefordert, dass diese Ungleich-       auch in der Kultur. So viele meiner Freundinnen aus dem
               heit behoben wird.                                               Kunstbereich haben bei den AHV-Einzahlungen Löcher.

Oktober 2020                                    041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                   15
FOKUS: EINE STIMME HABEN

                                                                                «Aber es geht ja auch nicht nur
                                                                                um die Lohnarbeit. Nehmen wir
                                                                                die Wertschätzung der unbe-
                                                                                zahlten Care-Arbeit. Mein Grosi
                                                                                zum Beispiel hat die kleinste
                                                                                AHV, keine Pensionskasse.»
                                                                                Dinah Knuchel

     Mir geht es nicht anders. Wichtig aber finde ich auch,                 D. K.: Es ist deshalb auch so wichtig, dass im Vor-
     nicht zu vergessen, dass Gleichberechtigung vor allem           feld des Streiks 2019 der Zusammenschluss mit verschie-
     ein Klassenthema ist. Dort bin ich sehr empfindlich. Weil       denen, bereits sehr aktiven Migrantinnen-Gruppen pas-
     eben meist die, die es am stärksten betrifft, keine Zeit        siert ist. Dieser Austausch und das gemeinsame Arbeiten
     und Kraft dafür haben, zu kämpfen, sich politisch zu or-        in den Arbeitsgemeinschaften ist extrem wertvoll.
     ganisieren. So hatten wir ja 1991 leider auch keine Mig-               Wir konnten uns sicher nochmals breiter
     rantinnen dabei, die Teil der Bewegung waren.                          vernetzen und zusätzliche Verbindungen
           Aber da hat die Frauenbewegung auch in der                       schaffen. Das liegt aber auch daran, dass der
           Schweiz sicher einen Sprung gemacht. Wenn                        Feminismus in den vergangenen Jahren massen-
           man im Feminismus heute von Sexismus                             tauglicher geworden ist. Auch wenn es dabei
           spricht, ist die Kumulierung mit Rassismus oft                   zum Teil seltsame Auswüchse gibt. Gerade
           ebenfalls Thema – Stichwort Intersektionalität.                  kürzlich hat sich in einer TV-Sendung ein Typ
           Doch dass ich als weisse, heterosexuelle                         als Feminist bezeichnet, dessen Vorstellung
           Schweizerin nur einen Bruchteil der Diskrimi-                    davon war, dass er Frauen total schön findet, sie
           nierung erlebe, die zum Alltag einer schwarzen,                  auf Händen trägt, auf sie aufpasst, damit ihnen
           lesbischen Frau gehören, war mir früher                          nichts passiert, und ihnen all ihre Wünsche von
           tatsächlich kaum bewusst.                                        den Augen abliest. Mir haben die Worte gefehlt …

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FOKUS: EINE STIMME HABEN

                      F. L.: Mir stellt sich da aber auch die Frage: Braucht            schiefer Ansatz, dass wir bei den potenziellen
               es diese Deklaration? Feminist*in! Was bringt’s? Eine Be-                Opfern ansetzen. Wir schulen Mädchen, wie
               wegung muss über Bezeichnungen und vor allem auch                        sie sich anzuziehen haben, wo und zu welcher
               über eine Betroffenheit hinausgehen. Es braucht erst mal                 Nachtzeit sie unterwegs sein dürfen und wie
               Überzeugung für eine Sache und dann die Frage: Wo                        sie sich schliesslich verteidigen, wenn es zum
               müssen und können wir Einfluss nehmen, um unsere                         Äussersten kommt … Anstatt bei den Typen
               Ziele zu erreichen? Brauchen wir Petitionen, Initiativen,                anzusetzen, wo der Schaden eigentlich zu
               Öffentlichkeitsarbeit? Zusätzlich muss man Entwick-                      verorten ist.
               lungen im Auge behalten. Ich habe in meinen jungen                       D. K.: Das war tatsächlich einer der Punkte, die mir
               Jahren in den USA haufenweise englische politische und             bereits in der Jugend hängen geblieben sind. Es war voll-
               historische Literatur gelesen und dabei andere Modelle             kommen normal, dass mein Papa mich und meine
               und Theorien entdeckt, die neue Wege aufzeigten. Und               Schwester selbst tief in der Nacht von jeder Hundsverlo-
               sobald man sich etwas damit auseinandersetzt, wird                 chete abgeholt hat. Uns wurde eingebläut: Achtet aufein-
               auch klar, dass es in zahlreichen Bereichen sehr relevante         ander! Bei den Jungs hingegen war das alles kein Thema.
               Vorreiterinnen gab, deren Namen uns vollkommen un-                 Mir blieb damals die Frage hängen, weshalb sich die Ge-
               bekannt sind. Aber in der Geschichtsschreibung werden              sellschaft um mich mehr Sorgen machen muss als um
               sie schlichtweg ignoriert.                                         meinen Kollegen.
                      Ein Thema, bei dem doch die Archivarin                            Und so läuft es immer noch. Es ist doch ein
                      einhaken muss …                                                   strukturelles Problem, dass man nur bei den
                      D. K.: (Lacht.) Der Punkt ist: Geschichtsschreibung               Mädchen ansetzt. Da ist das Thema allgegen-
               ist immer subjektiv. Und Geschichtsschreibung bis dato                   wärtig. Ich kenne auch kaum eine Frau, die noch
               wird in erster Linie – etwas plakativ gesagt – vom Patriar-              nie ungefragt angefasst wurde – oder sehr viel
               chat geschrieben. Es gab auch in Luzern wahnsinnig                       Heftigeres. Bei den Männern jedoch fehlt mir
               spannende und relevante Frauen durch die Jahrhunder-                     die Auseinandersetzung damit sehr, dass viele
               te. Sie kommen kaum vor. Nehmen wir Anna Maria Rüti-                     von ihnen übergriffig sind. Das können ja nicht
               maa, die am Mühleplatz lebte und die mit ihren Brief-                    alles die zwei, drei gleichen Typen verbrochen
               wechseln nach Bern und Genf im frühen 19. Jahrhundert                    haben.
               massgeblich daran beteiligt war, die Schweiz vorzuberei-                 D. K.: Mir wurde schon gesagt, dass ich immer
               ten, wie wir sie heute kennen. Sie kommt schlicht nir-             wieder mit diesem Thema komme. Und so ist es auch.
               gends vor. Oder die Pfefferfrauen beim Zurgilgenhaus an            Aber solange Männer untereinander nicht darüber spre-
               der Reuss sind auch kaum jemandem ein Begriff. Sie fi-             chen, werde ich damit weitermachen.
               chierten und sabotierten politische Gegner im 17. Jahr-                  F. L.: Es gibt ja schon Angebote wie Agredis. Das
               hundert.                                                           finde ich ein grossartiges Angebot. Hier wird eine Brücke
                      F. L.: Da braucht es Historikerinnen, Vertreterin-          gebaut und Männer lernen, über solche Themen zu spre-
               nen der Kulturgeschichte, die solche Menschen und ihre             chen.
               Geschichten für die Öffentlichkeit zugänglich machen.                    D. K.: Das finde ich auch super, aber da wird aus
                      Damit sind wir zurück beim Thema: Was muss                  meiner Sicht schon spät angesetzt. Erst wenn es um hef-
                      in den nächsten 50 Jahren passieren, um der                 tige körperliche Gewalt geht, dann wird empfohlen:
                      Gleichstellung aller Geschlechter näherzukom-               Mann, such dir Hilfe! Die «kleineren» Übergriffe sind
                      men?                                                        eher selten Thema.
                      D. K.: Natürlich muss man beim Militärersatz, der                 F. L.: Ich bin aber auch nicht dafür, dass der Ball an
               Krankenkasse oder der Pension politisch noch einiges               die Täter zurückgeht. Aus meiner Sicht müsste man sich
               optimieren. Aber das Umdenken muss besonders auch                  ohne Opfer- und Täterstatus wieder begegnen können.
               im Kleinen stattfinden – zum Beispiel beim übergriffi-                   D. K.: Da müssen wir aber auch in der Bildung und
               gen Verhalten von Männern. Ihr glaubt nicht, wie viele             bei der Vermittlung ansetzen. Bereits in der Schule oder
               Dick-Pics mir nach dem Streik 2019 aufs Natel geschickt            in Vereinen sollte – wie mit dem Ansatz «Gewalttrai-
               wurden. Einfach das Letzte.                                        ning» – gelernt werden, wo eine Grenze überschritten
                      F. L.: (Stösst entrüstet den Rauch aus.) Das ist wie        wird. Und wo ein Eingreifen gefragt ist.
               dieses Grapschen. Ich habe sehr früh mit Selbstverteidi-
               gungskursen begonnen. Noch heute habe ich viele der
               Handgriffe und Reflexe verinnerlicht. Das ist schlicht
               wichtig, dass wir uns als Frauen auch zu verteidigen
               wissen.
                      Ich hatte mit 14 mit dem Kickboxen angefan-
                      gen – aus demselben Grund. Und ich bin auch
                      froh darüber. Aber trotzdem ist es doch ein

Oktober 2020                                      041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                  17
«HAUPTSACHE, AM
      SCHLUSS DES ABENDS
     SIND ALLE ZUFRIEDEN!»
        Franzisca «d’Franz» Rüedi ist eine der ersten Veran-
       staltungstechnikerinnen Luzerns. In ihrem Job hat sie
        unzähligen Menschen zu einem grossartigen Sound
        auf der Bühne und einer ebensolchen Stimmung im
                        Publikum verholfen.
                      Text: Stoph Ruckli         Bild: Mo Henzmann

18                041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz   Oktober 2020
FOKUS: EINE STIMME HABEN

               «Ganz ehrlich, ich war sicher fünf Mal kurz davor, das Ge-
               spräch abzusagen – ich stehe überhaupt nicht gerne im
                                                                                     «Was hatte ich zu verlieren? Wenn’s
               Mittelpunkt», begrüsst Franzisca «d’Franz» Rüedi gleich               nicht geklappt hätte, hätte ich auch
               zu Beginn des Gesprächs. Ganz die Veranstaltungstech-                             wieder gehen können.»
               nikerin, hat sie automatisch den Platz mit der gefühlt ein-
               zigen Steckdose im Restaurant ausgewählt, damit der
               hier Schreibende sich keine Sorge um Strom für sein               heute noch an mich als Coffee-Girl erinnert», führt sie
               Gerät machen muss. Und noch bevor der Computer auf-               aus. Franz im falschen Moment zu erwischen, konnte
               geklappt oder die erste Frage gestellt ist, sprudelt die          dabei sogar zu einer physischen Angelegenheit werden:
               Luzernerin schon los. Der Satz «Das ist noch mal eine             «Kurz vor Show musste niemand zu mir ans Pult
               andere Geschichte» wird zum ständig auftauchenden Be-             kommen. Das hätte ein blaues Auge gegeben.»
               gleiter eines hochspannenden Gesprächs mit einer der
               ersten Veranstaltungstechnikerinnen Luzerns.                             Einschüchtern als Mittel gegen
                     Geboren 1974 in Luzern, wuchs «d’Franz» zwi-                       Nervosität
               schen Kulturzentrum Sedel und Reussbühl auf. Nach der                    Im Nachhinein ist sie nicht stolz auf dieses Verhal-
               Ausbildung zur Schreinerin und mehreren Zwischensta-              ten. «Ich behaupte, dass ich mich zum Eigenschutz so
               tionen – unter anderem in einem Kibbuz, im Theater                verhalten habe. Vor jeder Show war ich furchtbar nervös
               Bern und in einer Bäckerei – lebte die Luzernerin fünf            und mir fehlte das Selbstvertrauen», sagt sie und fährt
               Tage die Woche vom Schreinern und Zimmern und arbei-              fort: «Seit Kindheit bin ich depressiv veranlagt, hatte
               tete am Wochenende im Musikzentrum Sedel hinter der               immer Zweifel. Durch das Einschüchtern anderer
               Bar. Zusätzlich wirkte sie dort an der legendären Jahres-         wurde ich unnahbar. Dabei war ich eigentlich einfach
               hitparade als Bühnentechnikerin und wurde in dieser               nur froh, wenn am Schluss des Abends alle zufrieden
               Funktion von Alan Benz angesprochen, dem Techniker                waren.» Festzuhalten gilt: Rüedi konnte ebenso austei-
               des Konzerthauses Schüür: «Er ging auf Weltreise und              len wie einstecken, ohne dass der Job darunter litt.
               fragte, ob ich nicht in der Schüür arbeiten wolle», schil-        Knapp 15 Jahre Schüür, langjährige Engagements bei
               dert Rüedi die Begegnung: «Was hatte ich zu verlieren?            wichtigen Anlässen wie dem Blue Balls Festival oder
               Wenn’s nicht geklappt hätte, hätte ich auch wieder gehen          Funk am See und viele Tourneen mit Projekten aller Art
               können.»                                                          sprechen für ihre Qualität.
                                                                                        Trotzdem kam für sie der Moment, sich neu zu ori-
                    Von der Schüür auf Europatournee                             entieren: «Der Job machte mir Spass, aber nach dieser
                     Im Herbst 2003 startete sie denn knapp 30-jährig            langen Zeit hatte ich irgendwann nicht mehr die Nerven.
               im bekannten Luzerner Konzerthaus. Zwei Momente                   Ausserdem wollte ich einer jüngeren Person Platz
               bezeichnet sie dabei als zentral. Einerseits war das ein          machen.» Nach Zwischenstationen bei Auviso und dem
               Konzert von Christian Kjellvander, das sie unerwartet             KKL arbeitet die Luzernerin inzwischen Teilzeit für die
               mischen musste: «Der hatte Instrumente wie Banjo und              junge Amuel AG, die im Bereich Audiovisuelle Montage-
               Sitar dabei; ich wusste nicht mal, wie die mikrofoniert           und Eventtechnik tätig ist. Dort hat sie neben handwerk-
               werden! Zusammen haben wir das Boot aber mehr als or-             lichen Tätigkeiten neu auch Büroarbeiten übernommen.
               dentlich geschaukelt.» Anderseits verantwortete sie den           Ihre Erfahrung, ihre Neugier und viele Weisheiten, die in
               Bühnen-Mix von Kyuss Lives! (heute Vista Chino),                  ihrer Menge diesen Artikel sprengen würden, begleiten
               einem Nachfolgeprojekt von Kyuss, der wichtigsten Sto-            sie dabei weiter. Und machen klar: Die Geschichten
               ner-Rock-Formation der Musikgeschichte, die zugleich              gehen Franzisca Rüedi nie aus. Oder wie sie selbst sagt:
               zu Rüedis Lieblingsbands gehört. Die amerikanisch-hol-            «Auch mit 46 bin ich noch lange nicht fertig mit Lernen –
               ländische Truppe war derart beeindruckt von ihrer                 und das, obwohl ich doch zugleich ein Kindskopf geblie-
               Arbeit, dass sie die Luzernerin direkt von der Schüür aus         ben bin.»
               auf Europatournee mitnahm. Ein ausschlaggebender
               Punkt nebst dem technischen Können für das Engage-                  Hier gibt’s Diversität!
               ment: «Ich sah Bandmitglieder stets als Menschen, nie als
                                                                                   Die Vernetzungsplattform Helvetiarockt sorgt ab Oktober dafür,
               Stars, habe mich nicht aufgedrängt und bin stets ehrlich
                                                                                   dass künftig alle eine Frau finden – fürs Podium, eine Publikation
               geblieben.»                                                         oder ihren Event. In der Datenbank «Music Directory» können sich
                     Für ihre stellenweise grobe, zickige Art war Rüedi            Frauen, inter-, trans- und non-binäre Menschen registrieren, die
                                                                                   der Schweizer Musikbranche angehören. Willkommen sind Leute in
               in diesem Kontext berühmt-berüchtigt. Dabei machte sie              verschiedensten Funktionen – ob sie nun singen, verkabeln oder
               keinen Unterschied zwischen Weltstar und Lokalstern-                über Musik berichten. Die Datenbank soll zudem die Sichtbarkeit
               chen. «Ich habe auch schon Till Lindemann von                       erhöhen, Vorbilder zeigen und die Community stärken.
               Rammstein oder Dave Wyndorf, den Monster-Magnet-                    www.femalemusicdirectory.ch
               Frontmann, angefahren, wobei letzterer sich deshalb bis

Oktober 2020                                     041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz                                         19
FOKUS: EINE STIMME HABEN

KEIN GELD FÜR
KULTURNOMADEN
In der Schweiz legt der Kantönligeist Kunst- und Kulturschaffenden
mit Migrationshintergrund und Bewegungsfreude unnötig Steine in
den Weg. Dabei könnten diese Menschen wertvolle Perspektiven in
das hiesige Kulturwesen einbringen.

              Vor drei Jahren wollte ich ein Buch schreiben. Über die           ten Arbeitsplatz. In der Freizeit geht man wandern und
              Schweiz. Das Land war so faszinierend anders als alle             erklimmt Berge. Plötzlich jedoch scheint in dieser mobilen
              anderen, in denen ich bisher gelebt hatte. Die ersten Kapi-       Welt Mobilität ein Nachteil zu sein. Und das ausgerechnet
              tel schrieb ich wie im Rausch. Dann legte ich das Projekt         im Kulturbereich.
                               auf Eis. Die Faszination ist noch da, aber             Dabei sind die Kulturschaffenden doch eigentlich
Text: Emilia Roza Sulek der richtige Zeitpunkt zum Schreiben ist                genau das: mobil. «Sie essen Brot aus vielen Öfen», wird
Illustration: Marina Lutz verflogen. Was dies mit der hiesigen För-             in meiner Muttersprache über zeitgenössische Nomaden
                               derung von Kulturschaffenden zu tun hat,         und Abenteurer gesagt. Auf dem Arbeitsmarkt wird
              die nicht hierzulande geboren und nicht für immer am              Mobilität als Zeichen für Dynamik und Flexibilität ge-
              gleichen Ort zu leben beschlossen haben? Hier die Antwort.        schätzt. Sie zeigt Bereitschaft, neue Herausforderungen
                     Das 041 lese ich immer vom Ende her, also fast vom         anzunehmen. Sind diese Kriterien für den kantonalen
              Ende. Ich fange an mit der Seite mit den Ausschreibungen.         Kulturbetrieb nicht relevant?
              Als ich nach Luzern gezogen bin und das lokale Kultur-
              magazin zu lesen begann, wollte ich mich überall bewer-                  Die magischen drei Jahre
              ben. Ich fühlte mich wie eine Sprinterin in den Startblöcken.            Jede Kulturinstitution hat das Recht, ihre Türe
              Gerade mit einem Studium des Kulturmanagements an                 aufzureissen oder nur einen Spalt weit zu öffnen, die
              der HSLU begonnen, war ich voller Tatendrang.                     Hürde auf diese oder jene Ebene zu stellen und zu beob-
                     Eine genauere Lektüre der Teilnahmekriterien liess         achten, wer springen kann und wer sich die Beine bricht.
              meine Begeisterung jedoch rasch schwinden. Die Dusche             Ich hinterfrage dieses Recht nicht. Als Ethnologin frage
              war eiskalt. Ich bin nicht förderungsfähig, musste ich            ich aber, was dahintersteckt: Warum sollen gerade drei
              feststellen. Weil ich nicht «von hier» bin. Auf den ersten        Jahre jemanden «einheimisch» und somit förderungswür-
              Schock folgten einige kritische Gedanken: Ist die Gnade           dig machen? Ist diese Zeit notwendig, um den Kantönligeist
              der Geburt ein Organisationsprinzip der Schweizer Kul-            hervorzurufen? Setzt ein qualitativer Wandel ein? Findet
              turpolitik? Ich dachte, Kulturschaffende seien Weltbürger,        eine Initiation statt?
              die nicht in diesen engen Rahmen passen müssen. Ich                      Stellen wir uns eine andere Situation vor. Sagen wir,
              erkannte: Wer nicht mit der «richtigen» Geburtsurkunde            ich möchte meine Forschungsprojekte in der Schweiz
              gesegnet ist, kann durch einen örtlichen Wohnsitz begna-          fortsetzen. Eine Förderstelle weist mich aber ab: «Es tut
              digt werden. Drei Jahre Ortsansässigkeit lautet oft das           uns leid, wir fördern nur lokal geborene Forschende. Sie
              alternative Förderkriterium. Ich rechnete. Im Februar bin         können sich aber in drei Jahren bewerben.» Unvorstellbar,
              ich nach Luzern gezogen. 2020 + 3 =                               oder? Bis dahin kann das Forschungsthema seine Aktua-
                     Im Jahr 2023 werde ich förderungswürdig sein! Bis          lität verlieren! Die Förderung der Wissenschaft erkennt
              dahin bleibe ich in Kulturquarantäne. Gemeinsam mit               das und funktioniert darum anders. Kulturförderung ist
              mir sitzen dort noch andere «Förderungsunwürdige». Wir            aber kantonal geregelt, ja oft genug sogar auf der Ebene
              sind «Kantonsfremde». Menschen also, die zugezogen                der Gemeinden. Die Gründe dafür bleiben mir ein Rätsel.
              sind. Ausnahmsweise geht es dabei nicht um Landesgren-
              zen. In puncto Kulturförderung scheint alles ausserhalb des              Das berüchtigte Wort «Bezug»
              Kantons bereits als Fremdland zu gelten.                                Jetzt aber die gute Nachricht: Es gibt ein Seitentür-
                     In jeder Gesellschaft gibt es Widersprüche. Mobili-        chen. Für diejenigen, die sich in einem Kanton um Kultur-
              tät ist das, was die Schweiz prägt: Tausende pendeln zur          gelder bewerben wollen, in dem sie weder geboren sind
              Arbeit oder ziehen gleich an ihren viele Kilometer entfern-       noch drei Jahre lang leben. Es ist mit dem Schild «BEZUG»

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Die verflixten Kantönligeister verkomplizieren die Kulturförderung.

Oktober 2020         041 – Die unabhängige Stimme für Kultur in der Zentralschweiz   21
FOKUS: EINE STIMME HABEN

                                                                         Fähigkeit, Selbstverständliches zu hinterfragen und bereits
Der neutrale Status der Schweiz                                          Verinnerlichtes noch einmal sichtbar zu machen. Das kann
zog Wissenschaftlerinnen, Frei-                                          irritierend sein, aber es erlaubt auch einen Blick über den
heitskämpfer, Künstlerinnen und                                          Tellerrand. Wenn man «neu» ist, nimmt man alles sehr
                                                                         intensiv wahr. Geht man davon aus, dann können die
Entdecker aus aller Welt an.                                             «Kantonsfremden» durchaus zur lokalen Kultur beitragen.
                                                                         Und man sollte nicht warten, bis der neugierige Glanz aus
                                                                         ihren Augen verschwunden ist. Besteht das Ziel der Kul-
                                                                         turpolitik tatsächlich darin (und darin sollte es doch be-
                                                                         stehen), nach klugen Köpfen mit frischen Ideen zu suchen,
                                                                         sollte man diese auch entsprechend fördern.
                                                                                Die Schweiz hat auf diesem Gebiet eine gute Bilanz.
                                                                         Ihr neutraler Status zog Wissenschaftlerinnen, Freiheits-
                                                                         kämpfer, Künstlerinnen und Entdecker aus aller Welt an.
      gekennzeichnet. Bis vor Kurzem verwendete ich «Bezug»              Niemand zweifelt heute an ihrem Beitrag. Warum nicht
      nur in Amtssprache. Jetzt muss ich mich mit diesem Wort            so weitermachen? Wäre ich eine Entscheidungsträgerin
      im Alltag anfreunden: Hätte mein Kulturprojekt nämlich             in einer Kulturinstitution, würde ich die Hürde niedriger
      «Bezug zur kantonalen Kultur», wäre ich eventuell förde-           setzen oder ein massgeschneidertes Programm für jene
      rungswürdig. Doch schon wieder eine Frage, die ich nicht           ins Leben rufen, die noch nicht so richtig «von hier» sind.
      beantworten kann: Was bedeutet «kantonale Kultur»?                 Denn kulturelle Entwicklung findet nicht durch Ausgren-
             Wird sie symbolisch durch das Blut der hier Gebo-           zung, sondern durch Öffnung statt.
      renen definiert? Das wäre ein aufregender Anachronismus!                  Aber ich bin keine Entscheidungsträgerin. Ich bin
      Geht es um gesetzlichen Wohnsitz? Dann wäre die                    ein Mensch in Kulturquarantäne. Drei Jahre warten. Drei
      «kantonale Kultur» eine rein bürokratische Kategorie.              Jahre, in denen sich die Welt komplett verändern kann.
      Wird sie als Summe bestehender Kulturinstitutionen                 «Einen Finger am Puls der Ereignisse halten», heisst es
      verstanden? Dann wäre sie ein Sammelbegriff. Oder geht             im Polnischen, meiner Muttersprache. In drei Jahren wird
      es um bevorzugte künstlerische Formen und Themen?                  die Welt anders pulsieren. Wie wirkt sich die Kulturqua-
      Ich wandte mich mit meinen Fragen an Instanzen, die es             rantäne auf Ideen aus? Wie ein Brutkasten, denken nun
      eigentlich wissen müssten: zwei Gastredner, die ich im             vielleicht manche. Oder ein Gefrierschrank. Ein Schred-
      Rahmen meines Kulturmanagementstudiums kennen-                     der. Das mit dem Buch über die Schweiz ist jetzt passé.
      lernte. Der eine war in der Kulturverwaltung in Aarau              Was aus meinen anderen Ideen wird, zeigt sich dann im
      tätig, der andere im gleichen Bereich in Zug. Bei der Defi-        Februar 2023.
      nition der «kantonalen Kultur» stiessen sie allerdings auf
      Schwierigkeiten. Mit entwaffnender Ehrlichkeit nannten
      sie zwei eher verlegene Beispiele: die (Aargauer) Rüebli- und
      (Zuger) Kirschtorte. Zweifellos gibt es in beiden Kantonen
      mehr Kultur als jene aus Konditoreien. Die Antworten
      wichen der Frage aus, eben weil sie nicht einfach zu klären
      ist. Es sei denn, wir sprechen von rein kommerziellen
      Kulturprodukten. Die inhaltliche Definition ist schwierig.                                                Emilia Roza Sulek ist eine
             Die «kantonale Kultur» scheint eine bürokratische                                                  Nomadin. Ihr bewegtes Leben
                                                                                                                führte sie immer wieder in
      Illusion zu sein, die ins Leben gerufen wurde, weil die
                                                                                                                unterschiedliche Welten:
      Kultur kantonal verwaltet wird. Illusionen im Leben sind                                                  Geboren ist sie in Warschau,
      wichtig, aber sie zu hinterfragen und manchmal aufzuge-                                                   wo sie Ethnologie und Kultur-
                                                                                                                wissenschaften studiert hat.
      ben, kann auch Gutes bewirken. Das föderale Denken in                                                     Promoviert wurde sie in Ber-
      Bezug (sic!) auf Kultur scheint fragwürdige künstliche                                                    lin. Geforscht hat sie unter
      Kategorien zu reproduzieren, was wiederum zur bürokra-                                                    Nomaden in Tibet. Ein Buch
                                                                                                                darüber publiziert hat sie in
      tischen Ausgrenzung beiträgt.                                                                             Amsterdam. Inzwischen lebt
                                                                                                                sie in Kriens und unterrichtet
            Kantonsfremde als Ressource                                                                         an den Universitäten Bern
                                                                                                                und Zürich. Derzeit forscht sie
            Es ist ein Privileg von Neuankömmlingen (egal                                                       zur Neuen Seidenstrasse
      woher sie kommen), ihr neues Umfeld mit Neugierde zu                                                      in Zentralasien und Europa,
                                                                                                                schreibt und entwickelt
      beobachten und bewusst zu erfahren. Und genau das
                                                                                                                Kulturprojekte in der Schweiz.
      faszinierend zu finden, was für Alteingesessene «normal»
      ist. Kulturschaffende und Ethnologinnen teilen die

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