SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
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fff E 11130 der report SCHI AHRT Fachbereich Verkehr 2/2007 Nordeuropäische Woche Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis 13 www.verdi.de
ver.di re p o r t | NACHRICHTEN MELDUNGEN AUS ALLER WELT Neue IAO-Konvention Höhe von 42 Euro (= 504 Euro pro „Der Verkehrssektor hat mich mit sei- für die Fischerei Jahr). ner Vielschichtigkeit schon immer Für Hafenarbeiter der Kategorie A, al- fasziniert“, so Ruthmann, „denn in Nach langen Verhandlungen hat so diejenigen, die in Vollcontainerbe- keinem anderen Bereich mussten so die Internationale Arbeitsorganisa- trieben bzw. dazugehörigen Dienst- frühzeitig Antworten auf die Globali- tion (IAO) am 15. Juni 2007 in Genf leistungsbetrieben arbeiten, wird die sierung gefunden werden. Die Ge- die Fischereikonvention beschlossen. besondere Zulage um monatlich 29 werkschaften im Verkehr haben gut An den Verhandlungen nahmen Ver- Euro erhöht. Sie erhalten damit ab 1. funktionierende internationale Netz- treter der Regierungen, der Arbeitge- Juni 2007 wiederkehrend und dauer- werke. Die ITF steht für eine erfolgrei- berverbände und der Gewerkschaf- haft eine monatliche Zulage in Höhe che Kampagnenarbeit. Mehr als 60 ten teil. von 84 Euro (= 1008 Euro pro Jahr). Jahre kämpft sie mit vereinten Kräf- Diese Internationale Konvention re- Hafenarbeiter der Kategorie B erhal- ten der 681 angeschlossenen Ge- gelt die Mindestbedingungen für das ten eine Einmalzahlung in Höhe von werkschaften weltweit gegen Ree- auf Fischereischiffen beschäftigte 200 Euro , Hafenarbeiter der Katego- der, die ihre Schiffe unter billigen Personal. Darin einbezogen sind alle rie A erhalten eine Einmalzahlung in Flaggen fahren lassen und keine ak- Fragen der Arbeitsverhältnisse, des Höhe von 800 Euro. zeptablen Arbeits- und Sozialbedin- Arbeitsschutzes, der sozialen Bedin- Betriebe, die unter den Beschäfti- gungen für ihre Seeleute bieten. Mit gungen. gungssicherungstarifvertrag fallen, Unterstützung der Hafenarbeiter set- Die Gewerkschaft ver.di war, im Zu- müssen die Erhöhung von 3,2 Pro- zen wir für Seeleute, die oft nicht für sammenwirken mit den anderen ITF zent spätestens bis zum 1. Mai 2008 sich selbst kämpfen können, Tarifver- Gewerkschaften, maßgeblich daran umsetzen. träge durch“. Ein Beispiel gut funk- beteiligt, dass es gelang, dieses Ab- Die Laufzeit beträgt zwölf Monate. tionierender Solidarität. 1600 Tarif- kommen zu verabschieden. Für Rückfragen können sich Mitglie- verträge hat die ITF in Deutschland In einer Branche in der Sozialdum- der an die ver.di-Bundesfachgruppe für Billigflaggenschiffe inzwischen ping an der Tagesordnung stand, be- Häfen wenden: Telefon (00 49) 30/ abgeschlossen. „Meine Kollegen Die- ginnen jetzt, Schritt für Schritt, Min- 69 56-26 20. ter Benze und Ali Memon haben die destbedingungen weltweit zu grei- Messlatte hoch gehängt. Dies ist An- fen. Über Details werden wir weiter Wachwechsel sporn, mich mit Begeisterung der berichten. neuen Herausforderung zu stellen.“ Die neue Leiterin Tarifabschluss Seehäfen der ITF-Kampag- Tarifforderungen für ne gegen Schiffe die Schifffahrt Mit dem diesjährigen Lohntarifab- unter billiger Flag- schluss für die deutschen Seehäfen ge bei ver.di ist Die Bundestarifkommission Binnen- hat ver.di erneut ihr Ziel erreicht. Ein- seit 1. Juni 2007 schifffahrt hat für die im Juli 2007 be- Foto: privat erseits sollen die Beschäftigten an Barbara Ruth- ginnende Tarifrunde beschlossen, die den wirtschaftlichen Erfolgen in einer mann. Die Ver- Löhne und Gehälter um linear fünf nach wie vor wachsenden Branche waltungswirtin Prozent zu erhöhen. Sie hält diese beteiligt werden. Andererseits wird blickt auf fast 25 Barbara Ruthmann Forderung unter Berücksichtigung die Belastungsgrenze der einzelnen Jahre Tätigkeit als der anhaltend guten Ertragslage in Betriebe berücksichtigt und so die Gewerkschaftssekretärin zunächst der Binnenschifffahrt für angemes- einheitliche Lohntabelle erhalten. Am bei der ÖTV, jetzt ver.di, zurück. Nach sen. 30. Mai hat die Bundestarifkommis- der Ausbildung zur Gewerkschaftsse- Die Bundestarifkommission See- sion folgendem Verhandlungsergeb- kretärin in der ÖTV war sie Kreisge- schifffahrt hat auf der Grundlage ei- nis zugestimmt: schäftsführerin in Goslar, übernahm ner Analyse beschlossen, für die im Die Grundstundenlöhne werden Aufgaben in der Luftverkehrspolitik Juli 2007 beginnende Tarifrunde eine ab dem 1. Juni 2007 um 3,2 Pro- innerhalb der ÖTV-Hauptverwaltung, lineare Heuerforderung in Höhe von zent erhöht. als stellvertretende Landesvorsitzende 5,5 Prozent aufzustellen. Darüber Für Hafenarbeiter der Kategorie B, im Saarland sowie als Leiterin der Bil- hinaus soll für Gewerkschaftsmitglie- also diejenigen, die nicht unter den dungsstätte am Wannsee in Berlin. der eine besondere tarifliche Leistung Beschäftigungssicherungstarifver- Vor elf Jahren startete sie im Fachbe- vereinbart werden. Für die bei der TT- trag fallen und nicht in Vollcontai- reich Verkehr der ÖTV, später ver.di, Line vorgeschriebene Dauerbereit- nerbetrieben arbeiten, wird die be- als Vorstandsreferentin. Durch diese schaftszeit soll ein tariflicher Aus- sondere Zulage um monatlich 21 Tätigkeiten gewann sie einen umfas- gleich geschaffen werden. Die Lauf- Euro erhöht. Sie erhalten damit ab senden Einblick in die Probleme aller zeit des neuen Heuertarifvertrages 1. Juni 2007 wiederkehrend und Verkehrsträger und in die internatio- soll ein Jahr betragen. Die Tarifrunde dauerhaft eine monatliche Zulage in nale Arbeit von ver.di. beginnt am 11. Juli 2007 in Hamburg. 2 2/2007 | SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t | KOMMENTAR Nachhaltige Politik! INHALT Nachrichten 2 Meldungen aus aller Welt Obwohl die Schifffahrt zu den umweltfreundlichsten Kommentar Verkehrsträgern gehört, gibt es keinen Zweifel daran, 3 Nachhaltige Politik! dass der Ausstoß an schädlichen Abgasen durch die Schifffahrtsförderung Schiffsmotoren erheblich reduziert werden muss. 4–6 Subventionen in der Schifffahrt Auch über eine einheitliche Reduzierung der Ge- Europameister im Ausflaggen schwindigkeiten muss Einvernehmen herbeigeführt Finnlines 7–8 „Am Ende bekam Barber werden, um damit den durch den Schiffsverkehr ver- International kalte Füße“ ursachten CO2-Ausstoß weltweit zu reduzieren. ver.di-Seminare 8 Seminararbeit tigung der Ökologie die Belastung sinkt. Technologisch erscheint diese Privatisierung Frage durchaus lösbar und ihre Lösun- 9 Kampf gegen Privatisierung der Lübecker Hafengesellschaft gen umsetzbar. Allerdings muss ein Umdenken bei der Verwendung der Ausbildung Treibstoffe stattfinden. Es müssen in 9 STCW-Ausbildung für Mannschaftsgrade Zukunft weniger mit Schwefel und Stickoxide belastete Treibstoffe ver- Titelgeschichte wendet werden. 10 – 13 United we stand Weiterhin wird aus unserer Sicht Kommentar bei all diesen Fragen zu wenig an Hafenisolation den menschlichen Faktor gedacht. 14 Fünf Monate isoliert im Nachhaltige Politik bedeutet für uns Industriehafen Foto: Fred Dott auch, dass nicht nur Fragen und Pro- Kreuzfahrer bleme technologischer Art zu lösen 15 – 17 Nach Süden übers Mittelmeer sind. Es müssen auch Fragen zur besse- Acht Glasen ren Ausbildung auf dem Gebiet des 17 Nachruf für Michael Blanke M anche befürchten (oder hof- Umweltschutzes und der Gefahrenab- Mitgliederwerbung fen?) nach dem Bericht des wehr beantwortet werden. 18 – 19 ver.di-Beitrittserklärung Weltklimarates flaue die Es muss ein Umdenken in den Köp- GUV/FAKULTA „Sommerlochdiskussion“ zu Umwelt- fen der Reeder erfolgen, nicht weiter politik, Nachhaltigkeit, Umweltschutz mit minimalen Besatzungen arbeiten Glosse bald wieder ab. Bei den Gewerkschaf- zu wollen. Die Folgen von „Fatigue„ 20 Energiedebatte ten jedenfalls nicht. und die Risiken von Seeunfällen sind Die Stellungnahme der Europä- nur allzu bekannt. ischen Transport Arbeiter Föderation Eine Verschlechterung der Ausbil- (ETF) zum Grünbuch der EU ist inner- dungsqualität weltweit darf nicht zu- halb von ver.di durch das Zusammen- gelassen werden. Der„billige Jacob“ IMPRESSUM wirken verschiedener Fachbereiche er- birgt keine Garantie für eine Vermin- folgt. Im Mittelpunkt unseres Beitra- derung des Umweltrisikos in sich son- Der ver.di-Report Schifffahrt Nr. 2, Juli 2007 ges stand eine konkrete Situationsa- dern ist ein Sicherheitsrisiko. nalyse. Die Gewerkschafter in der Die Seeleute sind mit im Boot bei Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Schifffahrtsbranche haben es sich Lösungen für eine Verbesserung des Fachgruppe Schifffahrt, nicht leicht gemacht und auf der Basis Energieverbrauchs, der Minimierung Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin der „Lissabonstrategie“, die Fragen der Treibhausgasemissionen und der v.i.S.d.P.: Frank Bsirske, Jan Kahmann, Bearbeitung: Dieter Benze des Wirtschaftswachstums, der Um- Verbesserung der Entwicklung der Be- Telefon (0 30) 69 56 26 32 weltfragen im Transportsektor, der Be- schäftigung/Ausbildung. Die Gewerk- Fax: (0 30) 69 56 38 20 schäftigung in der Schifffahrt zur Dis- schaften in der Branche bringen sich Internet: www.verdi.de kussion gestellt. ein und erarbeiten weitere Vorschläge Herstellung und Druck: Aus unserer Sicht sind alle Fragen für die EU-Gremien und die internatio- alpha print medien AG, einer nachhaltigen Politik unter dem nalen Gremien wie z. B. der IMO. Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt Aspekt zu bewerten, wie die Schiff- Wir werden darüber weiter in der www.alpha-print-medien.de fahrt, die zirka zwei Prozent der Um- Schifffahrt berichten. Layout: apm AG (Sabrina Stamm) weltbelastung global verursacht, dazu Karl-Heinz Biesold, Leiter der Titelbild: Sabine Vielmo beitragen kann, dass unter Berücksich- Bundesfachgruppe Schifffahrt SCHIFFFAHRT | 2/2007 3
ver.di re p o r t | SCHIFFFAHRTSFÖRDERUNG PANORAMA Nr. 679 vom 15. März 2007 Subventionen in der Schifffahrt Das ARD-Politmagazin hat sich kritisch mit der Schiff- wenn der nicht gebrochen wird, dann ist es keine Subvention mehr zur Erhal- fahrtsförderung auseinandergesetzt und ist zum tung eines Wirtschaftsbereichs, son- Ergebnis gekommen, dass die Reeder in Deutschland dern das ist im Grunde genommen in von der Politik verwöhnt werden. der Gefahr, eine reine Abzocke zu wer- den und dagegen muss die Politik vor- Anmoderation Anja Reschke l Die Tonnagesteuer – ein Geschenk gehen.“ „Wenn man das Wort Subvention hört, der Politik. Bei der Maritimen Konfe- dann denkt man an Bergleute oder renz in Hamburg trifft die Bundeskanz- Aber die Abzocke wird in Deutsch- Milchbauern. Man denkt nicht an Ree- lerin auf ihre Millionäre. Eine kleine land auch noch leicht gemacht. Trotz der. Reeder – dann hat man so Men- Gegenleistung hatte die Politik gefor- des Steuergeschenks – nie war es so schen wie Aristoteles Onassis im Kopf dert: wieder mehr Schiffe unter deut- einfach, deutsche Seeleute gegen aus- und der brauchte nun wirklich keine Fi- scher Flagge und damit wieder mehr ländische auszutauschen. Es reicht ein nanzspritze. Nun wollen wir nicht un- Arbeitsplätze für deutsche Seeleute. Antrag auf zeitweise Ausflaggung und gerecht werden, den deutschen Ree- Öffentlichkeitswirksam wurde deshalb die simple Begründung, dass der „Per- dern ging es vor zehn Jahren wirklich immer wieder auf einzelnen Schiffen sonalaufwand unter deutscher Flagge nicht gut. Sie wollten sogar ins Aus- die deutsche Flagge gehisst. Und die teurer ist als unter ausländischer Flag- land abwandern. Das wiederum wollte Regierung applaudiert: ge.“ Und dann urteilt die Behörde. die Regierung verhindern und half mit Helmut Ponath, Reeder l „Sodass großen Steuererleichterungen. Die die Bundesregierung das im Grunde Reeder sind geblieben, dafür sind viele genommen in der Hand hat, es selbst ihrer Schiffe ins Ausland gegangen. zu regulieren. Können einfach sagen, Steuererleichterungen gibt’s trotzdem. nein, wir geben keine Genehmigung. Was wie Seemannsgarn klingt, ist eine Aber sie geben momentan ja positive wahre Geschichte aus Deutschlands Bescheide aus, sodass also der Antrag Subventionsdschungel – erzählt von nicht negativ beschieden wird, son- Foto: Fred Dott Christiane Justus.“ dern positiv.“ Das deutsche Containerschiff Ursprünglich war die ausländische „Hanjin Madrid“ auf dem Weg nach Flagge für deutsche Reeder ausschließ- Hamburg. 4000 Container hat das lich als Ausnahmeregelung zur Über- Schiff in Asien geladen. Bauteile, Mö- Angela Merkel (CDU), Bundes- brückung wirtschaftlicher Notlagen bel, Kleidung. Ein tolles Geschäft, kanzlerin, 4. Dezember 2006 l gedacht. Wir recherchieren, stellen denn die Einfahrt nach Hamburg ist die „Ich möchte dankend sagen, dass die fest: 1312 Anträge wurden im vergan- Einfahrt in ein Steuerparadies, dank Schifffahrt ihre Versprechungen und genen Jahr gestellt – kaum zu glauben, der so genannten Tonnagesteuer. Zusagen eingehalten hat, dass wieder aber alle, wirklich alle wurden geneh- Helmut Ponath, Reeder l „ Den mehr Schiffe unter deutscher Flagge migt. Reedern geht’s seit 1985 wieder relativ fahren können.“ Margrit Wetzel, SPD Bundes- gut, in den letzten Jahren sogar sehr tagsabgeordnete l „Eine Ausnah- gut. Und da ist natürlich die Tonnage- Mehr Schiffe unter deutscher Flag- me ist das nicht mehr. Das ist inzwi- steuer eine Erleichterung gewesen, ge? Die Politik müsste es besser wis- schen die Regel geworden. Die Reeder zweifelsohne.“ sen. Die Fakten sehen völlig anders stellen den Antrag auf befristete Aus- Claus-Peter Offen, Reeder l „Ich aus. Die Zahl der Schiffe unter deut- flaggung, der wird genehmigt und da- würde mal sagen, dass die Tonnage- scher Flagge ist gesunken – um die mit bleibt dann die Möglichkeit, Ton- steuer einen ganz wesentlichen Beitrag Hälfte auf nur noch 410. Dagegen ist nagesteuer für diese ausgeflaggten geleistet hat, die Situation der Schiff- die Zahl der deutschen Schiffe unter Schiffe in Anspruch zu nehmen.“ fahrt, speziell auch der deutschen ausländischer Flagge deutlich gestie- Schifffahrt, deutlich zu verbessern.“ gen – auf 2200. An Bord aber nur billi- Zuständig ist das Bundesverkehrs- gere ausländische Arbeitskräfte. Und ministerium, wir bitten um ein Inter- Die Tonnagesteuer, der Traum eines trotzdem profitieren auch diese Schiffe view mit Minister Tiefensee. Als Ant- jeden Unternehmers. Denn statt ganz vom Geschenk der Tonnagesteuer. wort: weitschweifige schriftliche Erklä- normal die Gewinne zu versteuern, Prof. Rudolf Hickel, Wirtschafts- rungen, keine Stellungnahme zu den zahlt der Reeder nur einen jämmer- wissenschaftler l „Wenn da nichts Genehmigungen. lichen Pauschalbetrag. Nicht mal einen Nachhaltiges passiert, wenn der Trend, Wir fragen noch mal nach, aber das Cent pro Tonne, obwohl die Gewinne sozusagen der wachsenden Ausflag- Ministerium mauert. Und nach erneu- um ein zigfaches höher sind. gung seit 1998 über 230 Prozent, ter Anfrage treffen wir Minister Tiefen- 4 2/2007 | SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t | SCHIFFFAHRTSFÖRDERUNG see am Rande einer Pressekonferenz. Wolfgang Tiefensee, SPD Ver- lichen im Ministerium, was man tun Trotz der klaren Fakten, der Minister kehrsminister l „Ich weiß nicht… könne, um eine schärfere Bedarfsprü- versucht aus einem Desaster einen Er- können Sie mal ausschalten?“ fung bei der befristeten Ausflaggung folg zu machen: zu machen und dabei ist mir dann eben Ein Minister, der keine Antwort auf gesagt worden, dass das eindeutig PANORAMA l „Was sagen Sie dazu, kritische Fragen geben kann, ein Mi- nicht der politische Wille ist.“ dass ihre Behörde all diese Anträge ge- nisterium, das es den Reedern in nehmigt?“ Deutschland um jeden Preis recht ma- Der politische Wille folgt offen- Wolfgang Tiefensee, SPD Ver- chen will. sichtlich dem Willen der reichen Ree- kehrsminister l „Wir haben in der Prof. Rudolf Hickel, Wirtschafts- der – auf Kosten des Steuerzahlers. Vergangenheit eine Menge dafür ge- wissenschaftler l „Es werden im Mehr Arbeitsplätze auf See jedenfalls tan, dass es die so genannten Rück- Grunde genommen Augen zugedrückt, gibt es nicht. Experten haben berech- flaggungen gibt, dass wir also Schiffe, nach dem Motto, na ja, gut, dann net: Eine Milliarde Euro schenkt der die unter ausländischer Flagge fahren, nehmt euch den Vorteil der Billigflagge Staat den Reedern jährlich – ohne die wieder zurückholen in den deutschen noch mit, aber damit bricht die Recht- Gegenleistung wirklich einzufordern. Flaggenstaat.“ fertigung der Subvention zusammen.“ Margrit Wetzel, SPD, Bundes- Bericht: Christiane Justus PANORAMA l „Während parallel im- tagsabgeordnete l „Ich hab mehr- Kamera: Marcel Tauer mer mehr ausflaggen?“ fach nachgefragt bei den Verantwort- Schnitt: Swantje Kammann Kommentar Europameister im Ausflaggen Das ARD-Magazin „Panorama“ hat es auf den Punkt Die Kommission war sich bei der Bekanntgabe der neuen Leitlinie be- gebracht. Die politische Untätigkeit bezüglich des wußt, dass bereits eine ganze Reihe Mißbrauchs der Bareboat-Ausflaggung deutscher von EU-Schiffen unter fremder Flagge Reeder stinkt zum Himmel. Allein in den ersten fünf betrieben wurden. Sie bestand deshalb nicht darauf, dass nur Schiffe unter EU- Monaten diesen Jahres haben deutsche Reeder weite- Flagge in den Genuss der staatlichen re 134 Schiffe unter billige Flaggen verbracht. Beihilfe kommen dürfen. Sie hat den Rahmen für die Förderung fremdflag- I nsgesamt sind es jetzt 2336 Schiffe, Diese Ziele der Leitlinien werden von giger Schiffe wie folgt begrenzt: Steu- die „auf Dauer von höchstens zwei Deutschland ignoriert. Die Bundesre- ererleichterungen und das Führen ei- Jahren“ unter billiger Flagge fahren gierung tut so, als gäbe es keine Ver- ner Gemeinschaftsflagge sollen zwar und vom Staat mit Steuererleichterun- knüpfung der Tonnagesteuer mit der weiterhin flexibel bleiben, aber wirksa- gen (Tonnagesteuer) subventioniert Führung der deutschen Flagge. Die Ton- mer verknüpft werden. Nach diesem werden. Es gibt keinen weiteren Mit- nagesteuer sei „flag-blind“. Es gehe le- Grundsatz der Leitlinie können für gliedsstaat in der EU, in dem so massen- diglich darum, die Wettbewerbsfähig- Schiffe nur dann staatliche Beihilfen haft ausgeflaggt wird wie in Deutsch- keit der deutschen Reeder zu verbes- gewährt werden, wenn sie die Flagge land. Die Bundesregierung verstößt da- sern. Weit gefehlt, kann man da nur eines der Mitgliedsstaaten führen. bei eklatant gegen grundlegende Prin- überrascht anmerken, denn die Begrün- Zwar können nach wie vor flaggenneu- zipien der Europäischen Gemeinschaft. dung für die Leitlinien wurde von der trale Steuerregelungen wie die Tonna- Denn die Subventionierung eines Wirt- Kommission im Oktober 2003 gegeben: gesteuer angewendet werden, doch schaftsbereiches verstößt grundsätzlich Ziel sei die weitere Sicherstellung eines müssen Schifffahrtsunternehmen, die gegen die Wettbewerbsregeln der EU, günstigen Steuerumfeldes für Schiffs- weniger als 60 Prozent ihrer Tonnage es sei denn die Kommission stimmt sol- eigner, um so der internationalen Kon- unter der Flagge eines der Mitglieds- chen Steuervergünstigungen ausdrück- kurrenz in Form von offenen Registern staaten betreiben, den Anteil, den sie lich zu. In Bezug auf die Seeschifffahrt und Billigflaggen begegnen zu können. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der hat sie dies mit Hilfe der Leitlinien für Die Bundesregierung ficht das nicht neuen Mitteilung unter der Flagge ei- staatliche Beihilfen für den Seeverkehr an. Sie macht genau das Gegenteil, in- nes der Mitgliedsstaaten betreiben, er- von 2004 getan, um unter anderem Fol- dem sie auch Reedern, die jetzt und höhen oder zumindest auf demselben gendes zu erreichen: künftig alle ihre Schiffe unter Billigflag- Stand halten. Andernfalls können die- z Förderung des Fahrens von Schiffen ge betreiben, in den Genuss der Tonna- se Vergünstigungen für Schiffe, die der unter einer Gemeinschaftsflagge und gesteuer kommen lässt und damit der Flotte hinzugefügt werden und die z Erhalt des maritimen Know-hows Billigflaggenschifffahrt einen zusätz- Flagge eines Drittlandes führen, nicht durch Beschäftigung von mehr eu- lichen und nicht mehr einholbaren in Anspruch genommen werden. Von ropäischen Seeleuten. Wettbewerbsvorteil verschafft. dieser Regelung können die Mitglieds- SCHIFFFAHRT | 2/2007 5
ver.di re p o r t | SCHIFFFAHRTSFÖRDERUNG / FINNLINES staaten somit nur dann abweichen, rung stattgegeben würde, hätte dies tionsvertrag die Tonnagesteuer sowie wenn der auf Gemeinschaftsflaggen verheerende Folgen für die europä- der Lohnsteuereinbehalt weiterhin entfallende Anteil an der Gesamtton- ische Seeschifffahrt. Denn in den ande- beibehalten werden. Entsprechend nage nicht gesunken ist. ren Mitgliedsstaaten hat die Tonnage- den Leitlinien der EU müssen dafür die Neben dem deutschen Finanzmarkt steuer zu Steigerung der Anzahl der vereinbarten Rückflaggungen erfol- ist die grenzenlose Freiheit, alle Schiffe Schiffe unter nationaler Flagge ge- gen.“ Und an anderer Stelle heißt es: unter Billigflagge gefördert zu kriegen, führt. Wenn aber alle EU-Staaten dem „Der Deutsche Bundestag begrüßt, ursächlich dafür, dass zum Beispiel 80 schlechten deutschen Beispiel folgen dass die Bundesregierung die Voraus- Prozent der weltweit im Bau befind- würden, wäre das maritime Know-how setzungen für die Zusage der Reeder lichen Containerschiffe von deutschen in Europa nicht mehr zu halten. geschaffen hat, die unter deutscher Reedern geordert worden sind. Erste Anzeichen für eine Änderung Flagge fahrenden Handelsschiffe ab Der dadurch geschaffene Wettbe- der deutschen Schifffahrtspolitik erge- 2008 auf mindestens 500 zu erhöhen. werbsvorteil deutscher Reeder gegen- ben sich aus der am Donnerstag, den Ziel ist, dass ab 2010 wieder 600 Han- über anderen Reedern hat zur Folge, 21. Juni 2007 vom Deutschen Bundes- delsschiffe unter deutscher Flagge dass jetzt auch Reeder aus anderen tag verabschiedeten Entschließung fahren.“ Staaten und vor allem der europäische „Maritime Wirtschaft in Deutschland Wir sind gespannt, wann und wie Reederverband ECSA massiv die Sub- stärken“. Darin heißt es unter ande- die Bundesregierung diese Bundes- ventionierung der Billigflaggen-Schiff- rem: „der Deutsche Bundestag bekräf- tagsentschließung umsetzen wird. fahrt einfordern. Wenn dieser Forde- tigt, dass entsprechend dem Koali- Dieter Benze „Am Ende bekam Barber International kalte Füße“ Interview mit Rechtsanwalt Dr. Engelbrecht zum Boykottaufruf im März 2005 für die Besatzungen der Frachtfähren MS „Rider und „Runner“ Engelbrecht l Am 10. März 2004 D er Erfolg der diesjährigen Ak- gian Union of Marine Engeneers und tionswoche ist nicht vom Himmel hatte ver.di mit dem Verband deut- Norwegian Seamens Union ein Collec- gefallen. Im Jahre 2005 zum Bei- scher Reeder e.V. (VDR) einen auf die tive Bargaining Agreement (cba) mit spiel wurde ver.di wegen eines gemein- zwischen Turku und Lübeck-Travemün- Barber Int. Ltd. Auf den beiden Schif- samen Boykotts mit der finnischen Ge- de verkehrenden Frachtfähren MS „Ri- fen beschäftigt wurden seitdem nur werkschaft von Barber Int. in einen der“ und „Runner“ der Finnlines noch polnische Seeleute mit ver.di-Mit- Rechtsstreit verwickelt. Im Nachgang Deutschland AG bezogenen Verbands- gliedschaft. Norwegische Besatzungs- des Falles bestand Unsicherheit darüber, tarifvertrag abgeschlossen, um trotz mitglieder gab es nicht. wer den Fall eigentlich gewonnen habe. des Verkaufs der Schiffe „für alle jetzt Auch wenn ver.di Solidaritätsleistungen und zukünftig fahrenden Seeleute“ ta- Redaktion l Wurden die Tarifverträge an die beteiligten polnischen Seeleute rifliche Heuerkonditionen zu sichern, rechtmäßig gekündigt? gezahlt hat, kann der Rechtsstreit nicht die denen des deutschen HTV/MTV- Engelbrecht l Die Laufzeit des cba als verloren gelten. Barber Int. hat sämt- See entsprechen. Vorausgegangen war ging zunächst bis 31. Dezember 2004 liche Forderungen auf Regress zurück- ein zwanzigstündiger Arbeitskampf und sollte sich danach um jeweils ein gezogen, weil ihnen im Verlauf der ge- nach dem Finnlines Deutschland AG Jahr verlängern, wenn nicht eine Partei richtlichen Auseinandersetzung in Nor- angekündigt hatte ihre Schiffe nach vorher mit Dreimonatsfrist kündigte. wegen deutlich wurde, dass ihre Chan- Norwegen zu verkaufen, die deut- Ohne Abstimmung mit ver.di erklärte cen die Regressforderungen durchzuset- schen Seeleute zu ersetzen und die dann jedenfalls der Norsk Sjömanns- zen, ausgesprochen zweifelhaft waren. Schiffe für den Einsatz im gleichen forbund mit E-Mail vom 29. September Im folgenden drucken wir ein Ge- Fahrtgebiet zurückzuchartern. Die 2004 die Vertragskündigung gegenü- spräch zwischen der Redaktion des Schiffe wurden nach Abschluss des Ta- ber Barber. „Schifffahrtsreports“ und Rechtsan- rifvertrages an die zum norwegischen walt Dr. Engelbrecht über die recht- Barber-Konzern gehörende Finland Ro- Redaktion l Die Kündigung der Tarif- lichen Zusammenhänge des Falles und Ro KS verkauft und unter norwegische verträge durch ver.di hat also nicht seine politische Bedeutung. Flagge verbracht. stattgefunden. Hat Barber Int. denn In Ausführung des VDR-Tarifvertra- wenigsten ernsthaft Interesse gezeigt, Redaktion l Welche Tarifabschlüsse ges unterzeichnete ver.di am 8. März Tarifverhandlungen zu führen? mit dem VdR und Barber Int. sind für 2004 zusammen mit den drei norwegi- Engelbrecht l Nicht wirklich. Zwei den Rechtsstreit um den Boykottaufruf schen Gewerkschaften Norwegian Verhandlungsrunden vom 30. Novem- relevant? Martime Officers Association, Norwe- ber 2004 und 27. Januar 2005 über ei- 6 2/2007 | SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t | FINNLINES ne Vertragserneuerung blieben erfolg- weiterhin im Hafen fest lag und die z ver.dis Einwand, dass die an Bord be- los. Stattdessen und ebenfalls ohne Entladung unterblieb. findlichen Seeleute in Wahrheit nicht Absprache mit ver.di unterzeichnete streikten, sondern wegen der bis zu 60 Barber Int. nunmehr mit der polni- Redaktion l Doch die Rechtsmittel Prozent Heuerkürzung ihr kollektives schen Solidarnosc (wiederum zusam- von Barber Int. Waren noch nicht er- Recht auf Zurückbehaltung der Ar- men mit den drei norwegischen See- schöpft. Was taten sie als nächstes? beitskraft ausübten, ließ das LAG nicht leutegewerkschaften) ein neues cba Engelbrecht l Gegen dieses Urteil gelten. Zum einen sei nicht glaubhaft mit Wirkung vom 1. Januar 2005 und legten Finnlines Deutschland AG/ gemacht worden, dass die Seeleute ließ dieses cba für die auf den beiden Lübeck und Finland RoRo KS/Oslo Be- tatsächlich eine solche Zurückbehal- Schiffen „Rider“ und „Runner“ weiter rufung beim Landesarbeitsgericht tungserklärung gegenüber dem Kapi- oder neu beschäftigten Seeleute an- Schleswig-Holstein (LAG) ein. Nach tän als Arbeitgebervertreter abgege- wenden, obwohl sich die Solidarnocs ganztägiger Verhandlung vom 24. ben hätten. Zum anderen habe schon gegenüber Barber zuvor erfolgreich März 2005 mit Vernehmung verschie- der Zeitablauf dafür gesprochen, dass geweigert hatte, diese beiden Schiffe dener Zeugen sowie eines von der Ge- in Wahrheit der Boykottaufruf ursäch- in den in einer Anlage zum cba defi- werkschaft benannten norwegischen lich für die Blockade des Schiffes ge- nierten Geltungsbereich einzubezie- Rechtsanwalts als Sachverständigen wesen sei. hen. Der im Solidarnosc-cba vereinbar- zum norwegischen Tarif- und Streik- te NIS-Heuertarif lag insgesamt um zir- recht gab das LAG unter teilweiser Redaktion l Unmittelbar nach der Ur- ka 60 Prozent niedriger. Aufhebung der erstinstanzlichen Ent- teilsverkündung haben wir den Schiffs- scheidung dem Verfügungsantrag ge- besatzungen empfohlen, die zehn Ta- Redaktion l Nach einem Strategiege- gen ver.di statt. Die Argumente von ge andauernde Arbeitsniederlegung spräch in Norwegen mit Vertretern der ver.di wurden nach Ansicht des LAG zu beenden. norwegischen Gewerkschaften haben Kiel durch die Entscheidung des nor- Unter dem Einfluss des Arbeits- sich ver.di und die finnische Gewerk- wegischen Arbeitsgericht in Lysaker kampfes hatte sich die finnische Ree- schaft entschlossen, in den Häfen Lü- (Norwegen) geschwächt. Parallel zum derei Finnlines/Helsinki in der Zwi- beck-Travemünde und Turku (Finn- deutschen Gerichtsverfahren hatte schenzeit entschieden, die Schiffe un- land), die Hafenarbeiter am 13. März Barber Int. Ltd. gemeinsam mit ihrer ter finnischer Flagge weiter zu betrei- 2005 zum Boykott der Schiffe MS „Ri- Tochtergesellschaft Barber Ship Ma- ben und die polnischen gegen finni- der“ bzw. MS „Runner“ aufzurufen. nagement AS, Lysaker, gegen ver.di sche Seeleute auszutauschen. Die pol- Die Finnlines Deutschland AG/Lübeck beim dortigen Arbeitsgericht für Asker nischen Seeleute erhielten eine Abfin- und die Finland RoRo KS/Oslo versuch- und Baerum eine Eilentscheidung vom dung von der ITF und durch Vermitt- ten sich mit einem gerichtlichen Eilver- 21. März 2005 erwirkt, mit der die Ge- lung des deutschen ITF-Koordinators, fahren vor dem Arbeitsgericht Lübeck werkschaft aufgefordert wurde, „den Ali Memon, Arbeitsplätze auf anderen zu wehren. Am 14. März 2005 stellten Streik auf den Schiffen Rider und Run- Schiffen zu ITF-Konditionen. Wie ging beim Arbeitsgericht Lübeck gegen ner umgehend einzustellen“. die gerichtliche Auseinandersetzung ver.di und vier ihrer Vertreter einen An- Gleichzeitig erhoben die Barber- weiter? trag auf Erlass einer Einstweiligen Ver- Unternehmen eine ordentliche Klage Engelbrecht l Zu einer Überprüfung fügung, mit der den Verfügungsbe- auf Feststellung, dass der Streik an der insgesamt problematischen Eilent- klagten verboten werden sollte, zu Bord der beiden Schiffe unrechtmäßig scheidung des LAG Schleswig-Holstein Boykottmaßnahmen im Zusammen- sei und verlangten einen Schadener- im Hauptsacheverfahren ist es in hang mit einem Arbeitskampf an Bord satz, dessen Höhe in das Ermessen des Deutschland nicht gekommen, weil der Fährschiffe MS „Rider“ und MS Gerichts gestellt wurde. Unter dem Finnlines entgegen der vorherigen An- „Runner“ aufzurufen oder diesen aktiv Eindruck dieser norwegischen Eilent- drohung umfangreicher Regressforde- zu unterstützen. Wie wurde die erste scheidung begründete das LAG Schles- rungen (Drittschäden der Lkw-Fracht- Runde in dem Rechtsstreit entschie- wig-Holstein seine Berufungsentschei- führer) solche Ansprüche vor den deut- den? dung gegen ver.di zusammengefasst schen Gerichten nicht mehr geltend Engelbrecht l Der Antrag wurde mit mit folgenden Argumenten: machte. Urteil vom 17. März 2005 insgesamt z Das ver.di-cba vom 8. März 2004 sei Vielmehr verlagerte sich der Streit zurückgewiesen. Unabhängig von wei- zwar wirksam zustande gekommen, nunmehr auf das norwegische Verfah- teren Bedenken verneinte das Arbeits- dann allerdings von den norwegischen ren. Dort beantragte ver.di die Aufhe- gericht bereits einen Verfügungsgrund Gewerkschaften gekündigt worden. bung der zunächst ergangenen Eil- (Eilbedürftigkeit). Es sei schon nicht er- z Dieses cba sei nicht rechtswirksam maßnahme vom 21. März 2005 sowie kennbar, dass eine vorläufige Rege- durch das Solidarnosc-cba abgelöst die Abweisung der Feststellungs- und lung zur Abwendung von Nachteilen worden. Zahlungsklage. Die Begründung von der Reederei erforderlich waren. Nach z Gleichwohl habe Friedenspflicht be- ver.di lautete folgendermaßen: deren eigenem Vortrag habe der Boy- standen, weil zuvor keine Verhandlun- z Bestritten wurde zunächst schon die kottaufruf keinerlei Konsequenzen ge- gen vor der dortigen Schlichtungskom- örtliche und internationale Zuständig- habt. Jedenfalls sei bereits der Be- mission stattgefunden hatten. Deshalb keit des norwegischen Gerichts. Bar- schluss der Schiffsmannschaft, die Ar- sei ver.di „derzeit noch nicht“ berech- ber hatte sich dafür, dass angeblich beit an Bord niederzulegen, die Ursa- tigt gewesen, zu einem Arbeitskampf korrekte Heuerzahlungen geleistet che dafür gewesen, dass das Schiff aufzurufen. würden, auf das Solidarnosc-cba beru- SCHIFFFAHRT | 2/2007 7
ver.di re p o r t | FINNLINES / VER.DI-SEMINARE fen. Diese cba konnte jedoch – wie z Umgekehrt musste die Tariffähigkeit Einleitung von Kampfmaßnahmen zu- schon das LAG Schleswig-Holstein in- auch der norwegischen Gewerkschaf- nächst die Schlichtungskommission soweit zurecht festgestellt hatte – je- ten mangels Gegnerunabhängigkeit anrufen zu müssen, nicht gerechtfer- denfalls gegenüber ver.di keine Gel- bezweifelt werden. Weder besaßen tigt war. tung haben. Gemäß § 7 Ziff. 3 des nor- diese Gewerkschaften überhaupt tarif- Zu einem Urteil kam es schließlich wegischen Arbeitskampfgesetzes ist betroffene Seeleute als Mitglieder, auch in Norwegen nicht mehr. Barber für Klagen, die einen Tarifvertrag mit noch können sie als unabhängig ange- Int. hat es, nachdem ver.di seine Argu- einem einzelnen Arbeitgeber betref- sehen werden. Auch nach norwegi- mente dargelegt hatte, vorgezogen, fen, das Gericht am Arbeitgebersitz schem Arbeitskampfrecht sind die An- auf die bis dahin umfangreich ange- zuständig. Unstreitig war Barber Int. forderungen gemäß Art. 2 Nr. 2 des drohten Schadensersatzansprüche zu aber nicht selbst der Arbeitgeber. Die ILO-Übereinkommens Nr. 98 von 1949, verzichten und einen Antrag auf Ein- Heuerverträge waren vielmehr von ei- dem auch Norwegen beigetreten ist, stellung des Gerichtsverfahrens zu ner Barber Ship Management Ltd. ab- zu beachten. Danach muss sich eine stellen. Durch Gerichtsbeschluss vom geschlossen worden, obendrein nur Gewerkschaft vor jeder Einmischung 25. April 2006 wurde das Verfahren „on behalf of the owner as agent on- von der anderen Seite schützen, insbe- endgültig eingestellt. ly“. Die Schiffseignerin Finland RoRo sondere durch Geldmittel seitens Drit- KS war jedoch nicht als Klägerin auf- ter, um sie unter den Einfluss eines Ar- Redaktion l Beide Schiffe fahren in- getreten. Eine internationale Gerichts- beitgebers oder einer Organisation von zwischen wieder unter deutscher Flag- zuständigkeit hätte somit nach Art. 2 Arbeitgebern zu bringen. Tatsächlich ge und werden von der Reederei Lae- des Luganer Abkommens nur vor den hatte sich der Norges Sjömannsfor- isz/Rostock bemannt. Es ist der Reede- deutschen Gerichten am Sitz von bund gemäß Art. 15 des ver.di-cba die rei Finnlines also nicht gelungen, die ver.di bestanden. Zahlung von 25 US-Dollar monatlich finnischen oder deutschen Heuern in z Barber Int. hätte ohnehin keinen Fir- pro Besatzungsmitglied seitens des dem Fahrtgebiet zwischen Finnland mentarifvertrag wirksam abschließen Schiffseigners/Managers ausbedun- und Deutschland zu unterlaufen. Be- können, weil dieses Unternehmen we- gen, obwohl dem offensichtlich kei- dauerlich ist allerdings, dass im Laufe der selbst der Arbeitgeber war, noch – nerlei Gegenleistungen der Gewerk- des Konflikts die polnischen Seeleute jedenfalls nach deutschem Rechtsver- schaft an die ihr gar nicht angehörigen auf beiden Schiffen ihre Arbeitsplätze ständnis – als Konzernmutter befugt Seeleute gegenüber standen. verloren haben. Das macht uns betrof- war, den Tarifvertrag für eine ihrer z Problematisch blieb auch die Frage fen – auch wenn es uns gelungen ist, Tochtergesellschaften abzuschließen zur Nachwirkung des allenfalls unvoll- mit Hilfe der ITF allen Seeleuten neue oder diese hierbei zu vertreten. Kon- kommen von nur einer norwegischen Arbeitsplätze zu vermitteln. zerne sind selbst nicht tariffähig. Bar- Gewerkschaft gekündigten ver.di-cba. Wichtig für die weitere Arbeit ist, ber Int. besaß somit auch keine Befug- ver.di trug dazu vor, dass Barber selbst dass weder in Finnland, Deutschland nis, etwa in Prozeßstandschaft für die zuvor den Tarifvertrag gröblich verletzt oder Norwegen die Boykottaktion der möglicherweise als Tarifpartner in Be- und zugunsten des neu abgeschlosse- Hafenarbeiter in Turku und Lübeck- tracht kommende Schiffseignerin zu nen Solidarnosc-cba missachtet hatte Travemünde durch die Gerichte in Fra- klagen. und schon deshalb der Einwand, vor ge gestellt wurden. ❏ SEMINARARBEIT In den letzten Monaten sind drei Semi- nare durchgeführt worden. Und zwar: z Vom 16. bis 18. April für Seebetriebs- räte in Undeloh/Nordheide, z vom 24. bis 26. April für europäische Binnenschiffer aus Österreich, Schweiz und Deutschland in Berlin und z vom 30. Mai bis 1. Juni für Seeschiff- fahrtssenioren in Undeloh/Nordheide. Nebenstehendes Foto zeigt die Teil- nehmer/innen des Seebetriebsratsse- minars. Peter Maaß, Betriebsrat von RFS Rostock, kommentierte die Dis- kussion zur Schifffahrtspolitik so: Der Staat sollte auch die Reeder mehr Foto: Dieter Benze unter Druck setzen, denn wer die deutsche Tonnagesteuer bekommt, muss auch das geforderte deutsche Personal beschäftigen und seemänni- schen Nachwuchs ausbilden. 8 2/2007 | SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t | PRIVATISIERUNG Kampf gegen Privatisierung der Lübecker Hafengesellschaft Die Beschäftigten im Hafen müssen ihre Interessen wahrnehmen Seit nunmehr eineinhalb Jahren versu- tion des Privaten auf solche Geschäfts- in der Abfertigung – Lagerflächen ste- chen die Betriebsräte und Beschäftig- felder, die möglichst hohe Gewinnmar- hen kaum noch zur Verfügung, geord- ten des Lübecker Hafens zusammen gen erzielen, Arbeitsplätze in personal- nete Arbeitsabläufe sind undenkbar. mit ver.di, die im März letzten Jahres intensiven Bereichen wie z. B. dem Pa- Dies hat endlich auch die Kunden der von der Lübecker Bürgerschaft auf den pierumschlag erheblich gefährdet. LHG auf den Plan gerufen: Die „Verei- Weg gebrachte Privatisierung der Lü- „Trotz aller von Betriebsräten und nigung Lübecker Schiffsmakler“ und becker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG) ver.di immer wieder vorgetragenen der „Verein Lübecker Spediteure“ for- zu verhindern. Die CDU-Mehrheits- überzeugenden Argumente gegen den derten in einem offenen Brief Anfang fraktion im Stadtparlament hatte sei- Verkauf der LHG sind die Privatisie- Juni die Beendigung des Verkaufsver- nerzeit beschlossen, bis zu 90 Prozent rungsfetischisten in Lübeck offensicht- fahrens, einzelne Kunden der LHG der städtischen Gesellschaft, die 2006 lich ideologisch getrieben und wollen schlossen sich in der Folge dieser For- einen Gewinn von circa fünf Millionen den Ausverkauf mit allen Mitteln derung an. CDU und Geschäftsfüh- Euro vor Steuern erwirtschaftete, zu durchpeitschen“, so Bergemann. rung der LHG zeigten sich jedoch verkaufen. Begründung: Nur mit ei- weiterhin unbeeindruckt von diesen nem so genannten „strategischen Mediendemokratie Forderungen. Partner“ könnten die bei einer prog- nostizierten Verdoppelung der Um- Nach einer Pressemitteilung der Lübe- Kraftprobe schlagsmenge bis 2020 notwendigen cker Verwaltung, das konkrete Interes- Investitionen in den Lübecker Hafen re- senbekundungsverfahren zum Hafen- Erst ein am 15. Juni 2007 durchge- alisiert werden. verkauf nunmehr schnellstmöglich er- führter hafenweiter Warnstreik über ver.di und die Belegschaft sehen öffnen zu wollen, führten die Betriebs- drei Schichten brachte wieder Bewe- das anders: „Die Investitionen in die räte des Lübecker Hafens am 24. Mai gung in den Privatisierungskonflikt. Hafeninfrastruktur, also die grundsätz- 2007 eine gemeinsame zusätzliche „Obwohl dieser seit 30 Jahren erste liche Erschließung des Hafens wurden Betriebsversammlung zur Information Arbeitskampf im Rahmen der zufällig und werden auch weiterhin von der der Beschäftigten durch. Als Ergebnis zeitgleich stattfindenden Lohnrunde Hansestadt Lübeck vorgenommen, ein dieser sechsstündigen Betriebsver- im Hafen durchgeführt wurde, hat er Verkauf der LHG an einen Privaten sammlung, an der 880 der circa 1000 offensichtlich dazu geführt, dass Poli- würde hieran überhaupt nichts än- Beschäftigten des Lübecker Hafens tik und Verwaltung endlich erkannt dern“, so der ver.di-Bundesfachgrup- teilnahmen (zu der die Geschäftsfüh- haben, dass gegen den Willen der zu penleiter Häfen Andreas Bergemann. rung der LHG aber „wegen eines wich- fast 100 Prozent bei ver.di organisier- „Die Investitionen in die so genannte tigen Kundentermins“ nicht erschien), ten Belegschaften des Hafens nichts Suprastruktur, also Umschlagsgeräte, beschlossen die Lübecker Hafenarbei- zu machen ist“, kommentiert Berge- Lagerhallen usw., konnten von der ter, ab sofort keinerlei freiwillige Mehr- mann die aktuelle Entwicklung. Die LHG immer aus dem laufenden Ge- arbeit mehr zu leisten, bis die Privati- nunmehr unter Moderation des schäft erwirtschaftet werden. Dies sierung vom Tisch sei. 14 Tage später ehemaligen schleswig-holsteinischen wird auch zukünftig ohne Verkauf der verweigerten die Betriebsräte des Lü- Wirtschaftsministers Prof. Dr. Bernd LHG an einen Privaten möglich sein.“ becker Hafens sämtliche Mehrarbeit Rohwer zwischen CDU, Verwaltung, der Beschäftigten; seit dem 8. Juni Betriebsräten und ver.di aufgenom- Fatale Konsequenzen 2007 wird auch keine verpflichtende menen Gespräche zur Lösung des Mehrarbeit mehr durchgeführt. Konflikts dauerten bei Redaktions- Die Arbeitnehmervertreter sahen und Begleitet wurde dieses Vorgehen schluss noch an. ❏ sehen erhebliche Gefahren für die Mit- immer wieder von Demonstrationen arbeiter bei einer Privatisierung der der Beschäftigten, um die Lübecker Be- AKTUELL · AKTUELL LHG: Es sei zu erwarten, dass sich der völkerung über den drohenden Verkauf schon seit drei Jahren massiv ausgeüb- des Hafens als Lübecker Wirtschafts- Am 26. Juni wurde ein Kompromiss te Druck auf die noch immer guten Ar- motor zu informieren. Zwischenzeitlich gefunden. Statt 90 Prozent werden beitsbedingungen im Lübecker Hafen sind nach einer Umfrage der „Lübecker nur 25,1 Prozent der Anteile der Lü- nach einem Verkauf nochmals verstär- Nachrichten“ 80 Prozent der Lübecker becker Hafengesellschaft veräußert. ken wird; Neu-, Um- und Ausgründun- gegen einen Verkauf der LHG. Ein gutes Ergebnis, das ohne den gen zwecks Tarifflucht seien nicht aus- Die zwischenzeitlich eingetretene Einsatz der Beschäftigten nicht er- zuschließen. Darüber hinaus würden Situation im Lübecker Hafen ist ge- reicht worden wäre. durch eine zu erwartende Konzentra- prägt von erheblichen Verzögerungen SCHIFFFAHRT | 2/2007 9
ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE Foto: ITF-Taiwan United we stand I n den Aktionswochen gehen Trupps von ITF-Inspektoren, freiwilligen Ha- fenarbeitern und Seeleuten an Bord von Schiffen, insbesondere unter Billig- Die Vorbereitung und die Durchführung der ITF-Ak- flaggen. Als besonderer Schwerpunkt bei der Aktionswoche 2007 wurden die tionswoche 2007 waren von einem Trauerfall über- Kampagnen gegen die Reederei Leon- schattet. Michael Blanke, stellvertretender ITF-Ko- hardt & Blumberg (L & B) und gegen die ordinator in Bremen und wichtiger Organisator der von CSAV gecharterten Schiffe heraus- gestellt. Solche Reeder versuchen sich Aktionswoche in Deutschland, ist am 25. Mai 2007 einen Wettbewerbsvorteil zu verschaf- verstorben. Die Bestürzung war groß, doch wie Ruud fen, indem sie den Abschluss von inter- nationalen Tarifverträgen verweigern. Touwen, ITF-Koordinator in Holland, es formulierte: Hat das Schiff einen Tarifvertrag mit der „We called it a tribute to Michael Blanke“. ITF wird die Einhaltung kontrolliert. 10 2/2007 | SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE Schultern verteilt werden kann. So werden Schiffe eine Weile in einem deutschen Hafen boykottiert und dann ziehen gelassen mit der Gewissheit, dass sie zum Beispiel in einem nieder- ländischen oder belgischen Hafen von anderen ITF-Trupps erwartet werden. An der Aktionswoche 2007 vom 4. bis zum 8. Juli haben sich Gewerkschaften aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Großbritannien, Frankreich, Irland, Litauen, Lettland, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland und Schweden beteiligt. Die Trupps der ITF besuchten insgesamt über 180 Schiffe. Highlights z Wenn Dein starker Arm es will, stehen alle Räder still Selbst dem Pathos nicht so zugeneig- ten Menschen kommen diese Zeilen in den Sinn, wenn sie den Boykott eines Schiffes durch die Hafenarbeiter „life“ miterleben dürfen. Eben noch ein Höl- lenlärm am Kai, telefonieren mit dem Handy fällt wirklich schwer, und plötz- lich angenehme Stille. Die Gangway wird mit Flaggen und Transparenten geschmückt und die ITF-Aktion be- ginnt. z Schutzraum ausgeweitet Allein in Deutschland konnten für zwölf Schiffe neue Verträge zwischen Reedern und der ITF abgeschlossen werden. Besonders schön ist natürlich, dass bei den meisten dieser Schiffe al- lein die Boykottwar- Die ITF-Kampagne gegen nung oder das Wis- Charter-Schiffe der chileni- sen, dass das Schiff in schen Reederei CSAV wird einen ITF-geschütz- auch in Keelung/Taiwan ten Hafen einläuft, geführt. Daraufhin hat sich die Reeder zum die Reederei Anke Ritscher Schwenken der wei- Zum Beispiel durch die Überprüfung schließen, beginnt der GmbH am 26. Juli bereit- ßen Fahne bewegte. der Heuerabrechnungen oder die Kon- Boykott. Die Idee und erklärt, einen ITF-Vertrag Ein gutes Beispiel da- trolle der Hafenarbeiterklausel, um si- das Erfolgskonzept der abzuschließen. für war die von CSAV cherzustellen, dass Seeleute keine Ha- Aktionswoche ist die gecharterte „Libra Co- fenarbeit verrichten. Soweit möglich doppelte Solidarität. Die Durchset- pacabana“. Sie sollte am 8. Juni den werden auch die Lebens- und Arbeits- zungskraft der ITF-Trupps hängt davon Hafen von Rotterdam anlaufen und an- bedingungen der Seeleute überprüft. ab, dass die Hafenarbeiter die Abferti- schließend nach Hamburg und Ant- Besitzt das Schiff keinen Tarifvertrag gung des Schiffs, wenn notwendig, werpen gehen. Nachdem dem Reeder wird der Eigner, durch den Kapitän, verzögern, d. h. den Lade- und Lösch- bekannt wurde, dass die betroffenen aufgefordert, einen Tarifvertrag abzu- betrieb einstellen. Genauso wichtig ist Gewerkschaften in den drei Häfen Ver- schließen. Hierzu wird eine angemesse- die europäische Solidarität. zögerungsaktionen abgesprochen hat- ne Frist gesetzt und eine Boykottwar- Da die Durchführung eines länge- ten, entschied sich der Reeder noch vor nung ausgesprochen. Ist der Eigner ren Boykotts einer besonderen Kraft- Einlaufen der „Libra Copacabana“ in nach Ablauf der gesetzten Frist nicht anstrengung bedarf, ist es natürlich Rotterdam, einen Tarifvertrag mit der bereit, einen Vertrag mit der ITF abzu- von Vorteil, wenn diese auf mehrere ITF abzuschließen. Dem CSAV Charte- SCHIFFFAHRT | 2/2007 11
ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE lange, bis der Mann im von ihm geru- fenen Taxi auf dem Weg zum Arzt saß. Dort wurde das Besatzungsmitglied arbeitsunfähig geschrieben und konn- te auf eigenen Wunsch nach Hause fliegen. Doch was ist mit all den kran- ken Seeleuten, die in den Häfen un- entdeckt auf den Schiffen eingesperrt sind? Erfahrungen z International mobilisierbar Die zwölfte Aktionswoche hat es wie- der gezeigt: Im maritimen Bereich be- steht eine gewerkschaftliche Mobili- Fotos: Sabine Vielmo sierbarkeit, die zum Erhalt und der Ausweitung von vertraglichen Stan- dards und zur Verbesserung der Le- bensbedingungen genutzt werden kann. Diese Mobilisierbarkeit hat sich Diskussion mit Ehrenamtlichen zu Beginn der Aktionswoche sogar verbessert, da sie inzwischen von internationaler Handlungsfähig- rer konnten insgesamt zwei neue Tarif- rende „Millennium Express“. Es solle keit auf gewerkschaftlicher Seite be- verträge und der Reederei L & B ein dort Besatzungsmitglieder aus Birma gleitet wird. neuer Vertrag abgerungen werden. geben, die nur eine Heuer von 250 Beeindruckend ist auch, dass in US-Dollar monatlich erhalten. Außer- z Ohne die Hafenarbeiter Ländern wie Lettland, Polen und Russ- dem seien Besatzungsmitglieder krank geht es nicht land, die noch nicht wieder über etab- und dürften aber dennoch nicht von Natürlich profitieren die Hafenarbeiter lierte Gewerkschaftsstrukturen verfü- Bord, um einen Arzt aufzusuchen. Für auch vom Abschluss bzw. der Einhal- gen, eine so hohe und erfolgreiche Be- die Birmanen konnte leider nichts ge- tung von ITF-Tarifverträgen; schließlich teiligung organisiert werden konnte. tan werden, da das Schiff in der Werft verbieten diese Lade- und Löschtätig- lag und die Besatzung insgesamt nicht keiten durch Seeleute. Zum Beispiel z Money money money – zu Arbeitskampfmaßnahmen bereit wurde auf der „Elisabeth Russ“ festge- makes so funny war (wenn wundert’s – in Birma steht stellt, dass Besatzungsmitglieder zu Das ITF-Aktionsbüro in Hamburg be- darauf Gefängnis). Einzig einem kran- Ladungsarbeiten eingesetzt wurden. kam einen Tipp, dass auf der MS WMS ken Besatzungsmitglied konnte gehol- Dies widerspricht dem Tarifvertrag der Groningen etwas mit den Heuer- fen werden. Der ITF-Inspektor blieb so ITF. Nach Intervention des ITF-Trupps in abrechnungen nicht richtig ist. Und in der Tat, sie stimmten hinten und vorne nicht. Stundenlanges Nachrechnen der chaotisch geführten Heuerabrechnun- gen über zwei Tage ergaben einen Zah- lungsrückstand von über 22 000 Euro zuungunsten der Seeleute. Ob es nun ungewollte und sonst nie auftretende Berechungsfehler waren oder gewollte Planlosigkeit, bei so viel Durcheinander in der Buchführung hat der ITF-Inspek- tor lieber persönlich auf den holländi- schen Manager gewartet, um sicherzu- stellen, dass die Seeleute nun auch wirklich in den Genuss ihrer ausstehen- den Heuer kamen. z Besonders deprimierend Es gibt Reeder, die kommen nicht mal ihren grundlegenden Fürsorgepflich- ten nach. Einem Hinweis nachgehend kontrollierte ein ITF-Trupp in Hamburg die unter panamesischer Flagge fah- Truppführer Michael Evers informiert über die ITF-Aktionswoche 12 2/2007 | SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE Lübeck, hat der Kapitän des Schiffes zugesagt, dass Seeleute nicht mehr zu Hafenarbeit eingesetzt werden. Dennoch ist es doch bemerkens- wert, dass die Hafenarbeiter perso- nell die entscheidende Stütze der Ak- tionswoche sind. Möchten die See- leute in Zukunft ihren Beitrag zum gleichen Teil leisten, müssen sie sich stärker bei Aktionswochen engagie- ren. Gerade Aktionswochen sind eine gute Gelegenheit, Ehrenamtliche in gewerkschaftlicher Arbeit zu trainie- Foto: privat ren. z Gewerkschaftliche Lagezentren Die nach 1980 Geborenen haben es ITF-Aktionstrupp im Hamburger Hafen wartet auf das nächste Schiff schon immer gewusst: Ohne adäquate technische Ausstattung läuft nichts tet werden usw. Und das natürlich ganzjährig laufenden Kampagne der mehr. Die einlaufenden bzw. im Hafen gleichzeitig. Die Bereitstellung der ITF gegen Schiffe unter billiger Flagge liegenden Schiffe müssen morgens per Technik ist das eine, die Bedienung das zusätzlichen Schwung. Die vermehrte Computer gecheckt werden, der Kon- andere. Hilfreich wären beim nächsten und vehementere Präsenz der ITF in eu- takt mit den ITF-Trupps, die in den Hä- Mal Freiwillige, die auch für den Büro- ropäischen Häfen hilft dabei, wider- fen unterwegs sind, muss gehalten dienst verwendbar sind. Zum Beispiel spenstige Reeder eines Besseren zu be- werden, Faxe mit Rechtsbelehrungen nach 1980 Geborene? lehren. müssen versendet werden können, Als nächstes plant die ITF für den „Lageberichte“ aus anderen Häfen Ausblick Herbst eine südeuropäische Aktions- müssen telefonisch angenommen und woche. Die sechste Baltic Week of per E-Mail an die ITF in London oder Die ITF-Aktionswoche hat es erneut Campaign ist für das Jahr 2008 ange- andere europäische Häfen weitergelei- bewiesen: Aktionswochen geben der setzt. Tanja Thiede K O M M E N TA R „United we stand“ – die Erfolgsgeschichte gegen Sozialdumping setzt sich fort Erneut war die diesjährige ITF-Ak- len erfolgreich. Irgendwann knickt Hintergrund ist schon vor Jahren in tionswoche geprägt von der engen eben auch der härteste Reeder ein; alle ITF-Tarifverträge die so genannte Zusammenarbeit von Seeleuten und erst recht, wenn er weiß, dass auch Ladungsklausel aufgenommen wor- Hafenarbeitern zur Durchsetzung eine Flucht aus dem Hafen nichts den, die genau dieses untersagt. von Tarifverträgen auch für Schiffsbe- nützt, weil die Hafenarbeiter weltweit Und es funktioniert: Nicht nur, dass satzungen. Diese gelebte Solidarität über die ITF vernetzt sind und es für Hafenarbeiter nun auch eine Grundla- zwischen den beiden Beschäftigten- ihn kaum „sichere“ Anlaufhäfen gibt. ge haben – zur Durchsetzung ihrer ei- gruppen, die sich über Jahrzehnte Die Vorgänge bei der Reederei „Leon- genen Interessen – Schiffe, auf denen entwickelt und bewährt hat, beginnt hard & Blumberg“ sind ein eindrucks- gegen diese Ladungsklausel verstoßen bereits bei der Zusammenstellung der volles Beispiel hierfür. wird, in den Boykott zu nehmen. Ver- Aktionstrupps: Wie selbstverständ- Obwohl für viele Schiffsbesatzun- mehrt informieren nun auch Schiffs- lich nehmen Jahr für Jahr Hafenarbei- gen also tariflich abgesicherte Ar- besatzungen, die vom Kapitän aufge- ter tageweise frei, um im Rahmen beitsbedingungen ohne die Unter- fordert werden, Ladungsarbeiten zu von Bordbesuchen zusammen mit stützung der Hafenarbeiter undenk- verrichten, von sich aus die Hafenar- Seeleuten Billigflaggenschiffe unter bar wären, gilt dieses zunehmend beiter des Bestimmungshafens. Denn die Lupe zu nehmen. auch umgekehrt: Die erfolgreich ver- die Notwendigkeit dieser Zusammen- Hat ein Schiff keinen Tarifvertrag hinderte Hafenrichtlinie „Port Packa- arbeit von Hafenarbeitern und Seeleu- und verweigert die Reederei den Tarif- ge“, in deren Rahmen Selbstabferti- ten ist von beiden Seiten erkannt und abschluss, ist es erlaubt, dass dieses gung durch Seeleute europaweit zu- verstanden. Vielleicht sollten andere Schiff von den Hafenarbeitern, die gelassen werden sollte, hat nur die Branchen vermehrt darüber nachden- ansonsten ganz normal weiterarbei- seit langem und immer noch vorhan- ken, diesem eindrucksvollen Beispiel ten, „nicht angefasst“ wird. Solche denen Bestrebungen der Reedereien erfolgreicher internationaler Solida- Boykotts waren auch dieses Jahr wäh- deutlich gemacht, traditionelle Ha- rität zu folgen! rend der ITF-Aktionswoche vereinzelt fenarbeit von Schiffsbesatzungen Andreas Bergemann, Leiter notwendig, vor allem aber in allen Fäl- durchführen zu lassen. Vor diesem der Bundesfachgruppe Häfen SCHIFFFAHRT | 2/2007 13
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