SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr

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SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
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                                                  E 11130
              der             report

SCHI                                       AHRT
                                                  Fachbereich
                                                  Verkehr
                                                  2/2007

Nordeuropäische Woche
Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis 13
                                                      www.verdi.de
SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
ver.di re p o r t    |   NACHRICHTEN

    MELDUNGEN AUS ALLER WELT

    Neue IAO-Konvention                         Höhe von 42 Euro (= 504 Euro pro                         „Der Verkehrssektor hat mich mit sei-
    für die Fischerei                           Jahr).                                                   ner Vielschichtigkeit schon immer
                                                Für Hafenarbeiter der Kategorie A, al-                   fasziniert“, so Ruthmann, „denn in
    Nach langen Verhandlungen hat               so diejenigen, die in Vollcontainerbe-                   keinem anderen Bereich mussten so
    die Internationale Arbeitsorganisa-         trieben bzw. dazugehörigen Dienst-                       frühzeitig Antworten auf die Globali-
    tion (IAO) am 15. Juni 2007 in Genf         leistungsbetrieben arbeiten, wird die                    sierung gefunden werden. Die Ge-
    die Fischereikonvention beschlossen.        besondere Zulage um monatlich 29                         werkschaften im Verkehr haben gut
    An den Verhandlungen nahmen Ver-            Euro erhöht. Sie erhalten damit ab 1.                    funktionierende internationale Netz-
    treter der Regierungen, der Arbeitge-       Juni 2007 wiederkehrend und dauer-                       werke. Die ITF steht für eine erfolgrei-
    berverbände und der Gewerkschaf-            haft eine monatliche Zulage in Höhe                      che Kampagnenarbeit. Mehr als 60
    ten teil.                                   von 84 Euro (= 1008 Euro pro Jahr).                      Jahre kämpft sie mit vereinten Kräf-
    Diese Internationale Konvention re-         Hafenarbeiter der Kategorie B erhal-                     ten der 681 angeschlossenen Ge-
    gelt die Mindestbedingungen für das         ten eine Einmalzahlung in Höhe von                       werkschaften weltweit gegen Ree-
    auf Fischereischiffen beschäftigte          200 Euro , Hafenarbeiter der Katego-                     der, die ihre Schiffe unter billigen
    Personal. Darin einbezogen sind alle        rie A erhalten eine Einmalzahlung in                     Flaggen fahren lassen und keine ak-
    Fragen der Arbeitsverhältnisse, des         Höhe von 800 Euro.                                       zeptablen Arbeits- und Sozialbedin-
    Arbeitsschutzes, der sozialen Bedin-        Betriebe, die unter den Beschäfti-                       gungen für ihre Seeleute bieten. Mit
    gungen.                                     gungssicherungstarifvertrag fallen,                      Unterstützung der Hafenarbeiter set-
    Die Gewerkschaft ver.di war, im Zu-         müssen die Erhöhung von 3,2 Pro-                         zen wir für Seeleute, die oft nicht für
    sammenwirken mit den anderen ITF            zent spätestens bis zum 1. Mai 2008                      sich selbst kämpfen können, Tarifver-
    Gewerkschaften, maßgeblich daran            umsetzen.                                                träge durch“. Ein Beispiel gut funk-
    beteiligt, dass es gelang, dieses Ab-       Die Laufzeit beträgt zwölf Monate.                       tionierender Solidarität. 1600 Tarif-
    kommen zu verabschieden.                    Für Rückfragen können sich Mitglie-                      verträge hat die ITF in Deutschland
    In einer Branche in der Sozialdum-          der an die ver.di-Bundesfachgruppe                       für Billigflaggenschiffe inzwischen
    ping an der Tagesordnung stand, be-         Häfen wenden: Telefon (00 49) 30/                        abgeschlossen. „Meine Kollegen Die-
    ginnen jetzt, Schritt für Schritt, Min-     69 56-26 20.                                             ter Benze und Ali Memon haben die
    destbedingungen weltweit zu grei-                                                                    Messlatte hoch gehängt. Dies ist An-
    fen. Über Details werden wir weiter         Wachwechsel                                              sporn, mich mit Begeisterung der
    berichten.                                                                                           neuen Herausforderung zu stellen.“
                                                Die neue Leiterin
    Tarifabschluss Seehäfen                     der ITF-Kampag-                                          Tarifforderungen für
                                                ne gegen Schiffe
                                                                                                         die Schifffahrt
    Mit dem diesjährigen Lohntarifab-           unter billiger Flag-
    schluss für die deutschen Seehäfen          ge bei ver.di ist                                        Die Bundestarifkommission Binnen-
    hat ver.di erneut ihr Ziel erreicht. Ein-   seit 1. Juni 2007                                        schifffahrt hat für die im Juli 2007 be-
                                                                                          Foto: privat

    erseits sollen die Beschäftigten an         Barbara        Ruth-                                     ginnende Tarifrunde beschlossen, die
    den wirtschaftlichen Erfolgen in einer      mann. Die Ver-                                           Löhne und Gehälter um linear fünf
    nach wie vor wachsenden Branche             waltungswirtin                                           Prozent zu erhöhen. Sie hält diese
    beteiligt werden. Andererseits wird         blickt auf fast 25 Barbara Ruthmann                      Forderung unter Berücksichtigung
    die Belastungsgrenze der einzelnen          Jahre Tätigkeit als                                      der anhaltend guten Ertragslage in
    Betriebe berücksichtigt und so die          Gewerkschaftssekretärin        zunächst                  der Binnenschifffahrt für angemes-
    einheitliche Lohntabelle erhalten. Am       bei der ÖTV, jetzt ver.di, zurück. Nach                  sen.
    30. Mai hat die Bundestarifkommis-          der Ausbildung zur Gewerkschaftsse-                      Die Bundestarifkommission See-
    sion folgendem Verhandlungsergeb-           kretärin in der ÖTV war sie Kreisge-                     schifffahrt hat auf der Grundlage ei-
    nis zugestimmt:                             schäftsführerin in Goslar, übernahm                      ner Analyse beschlossen, für die im
    Die Grundstundenlöhne werden                Aufgaben in der Luftverkehrspolitik                      Juli 2007 beginnende Tarifrunde eine
    ab dem 1. Juni 2007 um 3,2 Pro-             innerhalb der ÖTV-Hauptverwaltung,                       lineare Heuerforderung in Höhe von
    zent erhöht.                                als stellvertretende Landesvorsitzende                   5,5 Prozent aufzustellen. Darüber
    Für Hafenarbeiter der Kategorie B,          im Saarland sowie als Leiterin der Bil-                  hinaus soll für Gewerkschaftsmitglie-
    also diejenigen, die nicht unter den        dungsstätte am Wannsee in Berlin.                        der eine besondere tarifliche Leistung
    Beschäftigungssicherungstarifver-           Vor elf Jahren startete sie im Fachbe-                   vereinbart werden. Für die bei der TT-
    trag fallen und nicht in Vollcontai-        reich Verkehr der ÖTV, später ver.di,                    Line vorgeschriebene Dauerbereit-
    nerbetrieben arbeiten, wird die be-         als Vorstandsreferentin. Durch diese                     schaftszeit soll ein tariflicher Aus-
    sondere Zulage um monatlich 21              Tätigkeiten gewann sie einen umfas-                      gleich geschaffen werden. Die Lauf-
    Euro erhöht. Sie erhalten damit ab          senden Einblick in die Probleme aller                    zeit des neuen Heuertarifvertrages
    1. Juni 2007 wiederkehrend und              Verkehrsträger und in die internatio-                    soll ein Jahr betragen. Die Tarifrunde
    dauerhaft eine monatliche Zulage in         nale Arbeit von ver.di.                                  beginnt am 11. Juli 2007 in Hamburg.

2     2/2007    |   SCHIFFFAHRT
SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
ver.di re p o r t   |   KOMMENTAR

                  Nachhaltige Politik!                                                               INHALT
                                                                                                                    Nachrichten
                                                                                                     2              Meldungen aus aller Welt
                  Obwohl die Schifffahrt zu den umweltfreundlichsten
                                                                                                                    Kommentar
                  Verkehrsträgern gehört, gibt es keinen Zweifel daran,                              3              Nachhaltige Politik!
                  dass der Ausstoß an schädlichen Abgasen durch die
                                                                                                                    Schifffahrtsförderung
                  Schiffsmotoren erheblich reduziert werden muss.                                    4–6            Subventionen in der Schifffahrt

                  Auch über eine einheitliche Reduzierung der Ge-                                                   Europameister im Ausflaggen

                  schwindigkeiten muss Einvernehmen herbeigeführt                                                   Finnlines
                                                                                                     7–8            „Am Ende bekam Barber
                  werden, um damit den durch den Schiffsverkehr ver-                                                International kalte Füße“
                  ursachten CO2-Ausstoß weltweit zu reduzieren.
                                                                                                                    ver.di-Seminare
                                                                                                     8              Seminararbeit
                                                            tigung der Ökologie die Belastung
                                                            sinkt. Technologisch erscheint diese                    Privatisierung
                                                            Frage durchaus lösbar und ihre Lösun-    9              Kampf gegen Privatisierung der
                                                                                                                    Lübecker Hafengesellschaft
                                                            gen umsetzbar. Allerdings muss ein
                                                            Umdenken bei der Verwendung der                         Ausbildung
                                                            Treibstoffe stattfinden. Es müssen in    9              STCW-Ausbildung für
                                                                                                                    Mannschaftsgrade
                                                            Zukunft weniger mit Schwefel und
                                                            Stickoxide belastete Treibstoffe ver-                   Titelgeschichte
                                                            wendet werden.                           10 – 13        United we stand
                                                                Weiterhin wird aus unserer Sicht                    Kommentar
                                                            bei all diesen Fragen zu wenig an
                                                                                                                    Hafenisolation
                                                            den menschlichen Faktor gedacht.
                                                                                                     14             Fünf Monate isoliert im
                                                            Nachhaltige Politik bedeutet für uns                    Industriehafen
Foto: Fred Dott

                                                            auch, dass nicht nur Fragen und Pro-
                                                                                                                    Kreuzfahrer
                                                            bleme technologischer Art zu lösen
                                                                                                     15 – 17        Nach Süden übers Mittelmeer
                                                            sind.
                                                                Es müssen auch Fragen zur besse-                    Acht Glasen
                                                            ren Ausbildung auf dem Gebiet des        17             Nachruf für Michael Blanke

         M
                            anche befürchten (oder hof-     Umweltschutzes und der Gefahrenab-
                                                                                                                    Mitgliederwerbung
                            fen?) nach dem Bericht des      wehr beantwortet werden.                 18 – 19        ver.di-Beitrittserklärung
                            Weltklimarates   flaue    die       Es muss ein Umdenken in den Köp-
                                                                                                                    GUV/FAKULTA
                  „Sommerlochdiskussion“ zu Umwelt-         fen der Reeder erfolgen, nicht weiter
                  politik, Nachhaltigkeit, Umweltschutz     mit minimalen Besatzungen arbeiten                      Glosse
                  bald wieder ab. Bei den Gewerkschaf-      zu wollen. Die Folgen von „Fatigue„      20             Energiedebatte

                  ten jedenfalls nicht.                     und die Risiken von Seeunfällen sind
                      Die Stellungnahme der Europä-         nur allzu bekannt.
                  ischen Transport Arbeiter Föderation          Eine Verschlechterung der Ausbil-
                  (ETF) zum Grünbuch der EU ist inner-      dungsqualität weltweit darf nicht zu-
                  halb von ver.di durch das Zusammen-       gelassen werden. Der„billige Jacob“      IMPRESSUM
                  wirken verschiedener Fachbereiche er-     birgt keine Garantie für eine Vermin-
                  folgt. Im Mittelpunkt unseres Beitra-     derung des Umweltrisikos in sich son-    Der ver.di-Report Schifffahrt
                                                                                                     Nr. 2, Juli 2007
                  ges stand eine konkrete Situationsa-      dern ist ein Sicherheitsrisiko.
                  nalyse. Die Gewerkschafter in der             Die Seeleute sind mit im Boot bei    Herausgeber:
                                                                                                     Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di),
                  Schifffahrtsbranche haben es sich         Lösungen für eine Verbesserung des       Fachgruppe Schifffahrt,
                  nicht leicht gemacht und auf der Basis    Energieverbrauchs, der Minimierung       Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
                  der „Lissabonstrategie“, die Fragen       der Treibhausgasemissionen und der       v.i.S.d.P.: Frank Bsirske, Jan Kahmann,
                                                                                                     Bearbeitung: Dieter Benze
                  des Wirtschaftswachstums, der Um-         Verbesserung der Entwicklung der Be-     Telefon (0 30) 69 56 26 32
                  weltfragen im Transportsektor, der Be-    schäftigung/Ausbildung. Die Gewerk-      Fax: (0 30) 69 56 38 20
                  schäftigung in der Schifffahrt zur Dis-   schaften in der Branche bringen sich     Internet: www.verdi.de
                  kussion gestellt.                         ein und erarbeiten weitere Vorschläge
                                                                                                     Herstellung und Druck:
                      Aus unserer Sicht sind alle Fragen    für die EU-Gremien und die internatio-   alpha print medien AG,
                  einer nachhaltigen Politik unter dem      nalen Gremien wie z. B. der IMO.         Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt
                  Aspekt zu bewerten, wie die Schiff-           Wir werden darüber weiter in der     www.alpha-print-medien.de

                  fahrt, die zirka zwei Prozent der Um-     Schifffahrt berichten.                   Layout: apm AG (Sabrina Stamm)
                  weltbelastung global verursacht, dazu            Karl-Heinz Biesold, Leiter der    Titelbild: Sabine Vielmo
                  beitragen kann, dass unter Berücksich-          Bundesfachgruppe Schifffahrt

                                                                                                               SCHIFFFAHRT           |     2/2007     3
SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
ver.di re p o r t    |   SCHIFFFAHRTSFÖRDERUNG

PANORAMA Nr. 679 vom 15. März 2007

Subventionen in der Schifffahrt
Das ARD-Politmagazin hat sich kritisch mit der Schiff-                                                 wenn der nicht gebrochen wird, dann
                                                                                                       ist es keine Subvention mehr zur Erhal-
fahrtsförderung auseinandergesetzt und ist zum
                                                                                                       tung eines Wirtschaftsbereichs, son-
Ergebnis gekommen, dass die Reeder in Deutschland                                                      dern das ist im Grunde genommen in
von der Politik verwöhnt werden.                                                                       der Gefahr, eine reine Abzocke zu wer-
                                                                                                       den und dagegen muss die Politik vor-
Anmoderation Anja Reschke l                    Die Tonnagesteuer – ein Geschenk                        gehen.“
„Wenn man das Wort Subvention hört,        der Politik. Bei der Maritimen Konfe-
dann denkt man an Bergleute oder           renz in Hamburg trifft die Bundeskanz-                         Aber die Abzocke wird in Deutsch-
Milchbauern. Man denkt nicht an Ree-       lerin auf ihre Millionäre. Eine kleine                      land auch noch leicht gemacht. Trotz
der. Reeder – dann hat man so Men-         Gegenleistung hatte die Politik gefor-                      des Steuergeschenks – nie war es so
schen wie Aristoteles Onassis im Kopf      dert: wieder mehr Schiffe unter deut-                       einfach, deutsche Seeleute gegen aus-
und der brauchte nun wirklich keine Fi-    scher Flagge und damit wieder mehr                          ländische auszutauschen. Es reicht ein
nanzspritze. Nun wollen wir nicht un-      Arbeitsplätze für deutsche Seeleute.                        Antrag auf zeitweise Ausflaggung und
gerecht werden, den deutschen Ree-         Öffentlichkeitswirksam wurde deshalb                        die simple Begründung, dass der „Per-
dern ging es vor zehn Jahren wirklich      immer wieder auf einzelnen Schiffen                         sonalaufwand unter deutscher Flagge
nicht gut. Sie wollten sogar ins Aus-      die deutsche Flagge gehisst. Und die                        teurer ist als unter ausländischer Flag-
land abwandern. Das wiederum wollte        Regierung applaudiert:                                      ge.“ Und dann urteilt die Behörde.
die Regierung verhindern und half mit                                                                  Helmut Ponath, Reeder l „Sodass
großen Steuererleichterungen. Die                                                                      die Bundesregierung das im Grunde
Reeder sind geblieben, dafür sind viele                                                                genommen in der Hand hat, es selbst
ihrer Schiffe ins Ausland gegangen.                                                                    zu regulieren. Können einfach sagen,
Steuererleichterungen gibt’s trotzdem.                                                                 nein, wir geben keine Genehmigung.
Was wie Seemannsgarn klingt, ist eine                                                                  Aber sie geben momentan ja positive
wahre Geschichte aus Deutschlands                                                                      Bescheide aus, sodass also der Antrag
Subventionsdschungel – erzählt von                                                                     nicht negativ beschieden wird, son-
                                                                                     Foto: Fred Dott

Christiane Justus.“                                                                                    dern positiv.“

   Das     deutsche      Containerschiff                                                                   Ursprünglich war die ausländische
„Hanjin Madrid“ auf dem Weg nach                                                                       Flagge für deutsche Reeder ausschließ-
Hamburg. 4000 Container hat das                                                                        lich als Ausnahmeregelung zur Über-
Schiff in Asien geladen. Bauteile, Mö-     Angela Merkel (CDU), Bundes-                                brückung wirtschaftlicher Notlagen
bel, Kleidung. Ein tolles Geschäft,        kanzlerin, 4. Dezember 2006 l                               gedacht. Wir recherchieren, stellen
denn die Einfahrt nach Hamburg ist die     „Ich möchte dankend sagen, dass die                         fest: 1312 Anträge wurden im vergan-
Einfahrt in ein Steuerparadies, dank       Schifffahrt ihre Versprechungen und                         genen Jahr gestellt – kaum zu glauben,
der so genannten Tonnagesteuer.            Zusagen eingehalten hat, dass wieder                        aber alle, wirklich alle wurden geneh-
Helmut Ponath, Reeder l „ Den              mehr Schiffe unter deutscher Flagge                         migt.
Reedern geht’s seit 1985 wieder relativ    fahren können.“                                             Margrit Wetzel, SPD Bundes-
gut, in den letzten Jahren sogar sehr                                                                  tagsabgeordnete l „Eine Ausnah-
gut. Und da ist natürlich die Tonnage-         Mehr Schiffe unter deutscher Flag-                      me ist das nicht mehr. Das ist inzwi-
steuer eine Erleichterung gewesen,         ge? Die Politik müsste es besser wis-                       schen die Regel geworden. Die Reeder
zweifelsohne.“                             sen. Die Fakten sehen völlig anders                         stellen den Antrag auf befristete Aus-
Claus-Peter Offen, Reeder l „Ich           aus. Die Zahl der Schiffe unter deut-                       flaggung, der wird genehmigt und da-
würde mal sagen, dass die Tonnage-         scher Flagge ist gesunken – um die                          mit bleibt dann die Möglichkeit, Ton-
steuer einen ganz wesentlichen Beitrag     Hälfte auf nur noch 410. Dagegen ist                        nagesteuer für diese ausgeflaggten
geleistet hat, die Situation der Schiff-   die Zahl der deutschen Schiffe unter                        Schiffe in Anspruch zu nehmen.“
fahrt, speziell auch der deutschen         ausländischer Flagge deutlich gestie-
Schifffahrt, deutlich zu verbessern.“      gen – auf 2200. An Bord aber nur billi-                         Zuständig ist das Bundesverkehrs-
                                           gere ausländische Arbeitskräfte. Und                        ministerium, wir bitten um ein Inter-
    Die Tonnagesteuer, der Traum eines     trotzdem profitieren auch diese Schiffe                     view mit Minister Tiefensee. Als Ant-
jeden Unternehmers. Denn statt ganz        vom Geschenk der Tonnagesteuer.                             wort: weitschweifige schriftliche Erklä-
normal die Gewinne zu versteuern,          Prof. Rudolf Hickel, Wirtschafts-                           rungen, keine Stellungnahme zu den
zahlt der Reeder nur einen jämmer-         wissenschaftler l „Wenn da nichts                           Genehmigungen.
lichen Pauschalbetrag. Nicht mal einen     Nachhaltiges passiert, wenn der Trend,                          Wir fragen noch mal nach, aber das
Cent pro Tonne, obwohl die Gewinne         sozusagen der wachsenden Ausflag-                           Ministerium mauert. Und nach erneu-
um ein zigfaches höher sind.               gung seit 1998 über 230 Prozent,                            ter Anfrage treffen wir Minister Tiefen-

4   2/2007    |     SCHIFFFAHRT
SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
ver.di re p o r t   |   SCHIFFFAHRTSFÖRDERUNG

see am Rande einer Pressekonferenz.         Wolfgang Tiefensee, SPD Ver-                  lichen im Ministerium, was man tun
Trotz der klaren Fakten, der Minister       kehrsminister l „Ich weiß nicht…              könne, um eine schärfere Bedarfsprü-
versucht aus einem Desaster einen Er-       können Sie mal ausschalten?“                  fung bei der befristeten Ausflaggung
folg zu machen:                                                                           zu machen und dabei ist mir dann eben
                                                Ein Minister, der keine Antwort auf       gesagt worden, dass das eindeutig
PANORAMA l „Was sagen Sie dazu,             kritische Fragen geben kann, ein Mi-          nicht der politische Wille ist.“
dass ihre Behörde all diese Anträge ge-     nisterium, das es den Reedern in
nehmigt?“                                   Deutschland um jeden Preis recht ma-              Der politische Wille folgt offen-
Wolfgang Tiefensee, SPD Ver-                chen will.                                    sichtlich dem Willen der reichen Ree-
kehrsminister l „Wir haben in der           Prof. Rudolf Hickel, Wirtschafts-             der – auf Kosten des Steuerzahlers.
Vergangenheit eine Menge dafür ge-          wissenschaftler l „Es werden im               Mehr Arbeitsplätze auf See jedenfalls
tan, dass es die so genannten Rück-         Grunde genommen Augen zugedrückt,             gibt es nicht. Experten haben berech-
flaggungen gibt, dass wir also Schiffe,     nach dem Motto, na ja, gut, dann              net: Eine Milliarde Euro schenkt der
die unter ausländischer Flagge fahren,      nehmt euch den Vorteil der Billigflagge       Staat den Reedern jährlich – ohne die
wieder zurückholen in den deutschen         noch mit, aber damit bricht die Recht-        Gegenleistung wirklich einzufordern.
Flaggenstaat.“                              fertigung der Subvention zusammen.“
                                            Margrit Wetzel, SPD, Bundes-                             Bericht: Christiane Justus
PANORAMA l „Während parallel im-            tagsabgeordnete l „Ich hab mehr-                            Kamera: Marcel Tauer
mer mehr ausflaggen?“                       fach nachgefragt bei den Verantwort-                   Schnitt: Swantje Kammann

Kommentar

Europameister im Ausflaggen
Das ARD-Magazin „Panorama“ hat es auf den Punkt                                               Die Kommission war sich bei der
                                                                                          Bekanntgabe der neuen Leitlinie be-
gebracht. Die politische Untätigkeit bezüglich des
                                                                                          wußt, dass bereits eine ganze Reihe
Mißbrauchs der Bareboat-Ausflaggung deutscher                                             von EU-Schiffen unter fremder Flagge
Reeder stinkt zum Himmel. Allein in den ersten fünf                                       betrieben wurden. Sie bestand deshalb
                                                                                          nicht darauf, dass nur Schiffe unter EU-
Monaten diesen Jahres haben deutsche Reeder weite-
                                                                                          Flagge in den Genuss der staatlichen
re 134 Schiffe unter billige Flaggen verbracht.                                           Beihilfe kommen dürfen. Sie hat den
                                                                                          Rahmen für die Förderung fremdflag-

I
   nsgesamt sind es jetzt 2336 Schiffe,          Diese Ziele der Leitlinien werden von    giger Schiffe wie folgt begrenzt: Steu-
   die „auf Dauer von höchstens zwei        Deutschland ignoriert. Die Bundesre-          ererleichterungen und das Führen ei-
   Jahren“ unter billiger Flagge fahren     gierung tut so, als gäbe es keine Ver-        ner Gemeinschaftsflagge sollen zwar
und vom Staat mit Steuererleichterun-       knüpfung der Tonnagesteuer mit der            weiterhin flexibel bleiben, aber wirksa-
gen (Tonnagesteuer) subventioniert          Führung der deutschen Flagge. Die Ton-        mer verknüpft werden. Nach diesem
werden. Es gibt keinen weiteren Mit-        nagesteuer sei „flag-blind“. Es gehe le-      Grundsatz der Leitlinie können für
gliedsstaat in der EU, in dem so massen-    diglich darum, die Wettbewerbsfähig-          Schiffe nur dann staatliche Beihilfen
haft ausgeflaggt wird wie in Deutsch-       keit der deutschen Reeder zu verbes-          gewährt werden, wenn sie die Flagge
land. Die Bundesregierung verstößt da-      sern. Weit gefehlt, kann man da nur           eines der Mitgliedsstaaten führen.
bei eklatant gegen grundlegende Prin-       überrascht anmerken, denn die Begrün-         Zwar können nach wie vor flaggenneu-
zipien der Europäischen Gemeinschaft.       dung für die Leitlinien wurde von der         trale Steuerregelungen wie die Tonna-
Denn die Subventionierung eines Wirt-       Kommission im Oktober 2003 gegeben:           gesteuer angewendet werden, doch
schaftsbereiches verstößt grundsätzlich     Ziel sei die weitere Sicherstellung eines     müssen Schifffahrtsunternehmen, die
gegen die Wettbewerbsregeln der EU,         günstigen Steuerumfeldes für Schiffs-         weniger als 60 Prozent ihrer Tonnage
es sei denn die Kommission stimmt sol-      eigner, um so der internationalen Kon-        unter der Flagge eines der Mitglieds-
chen Steuervergünstigungen ausdrück-        kurrenz in Form von offenen Registern         staaten betreiben, den Anteil, den sie
lich zu. In Bezug auf die Seeschifffahrt    und Billigflaggen begegnen zu können.         zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der
hat sie dies mit Hilfe der Leitlinien für        Die Bundesregierung ficht das nicht      neuen Mitteilung unter der Flagge ei-
staatliche Beihilfen für den Seeverkehr     an. Sie macht genau das Gegenteil, in-        nes der Mitgliedsstaaten betreiben, er-
von 2004 getan, um unter anderem Fol-       dem sie auch Reedern, die jetzt und           höhen oder zumindest auf demselben
gendes zu erreichen:                        künftig alle ihre Schiffe unter Billigflag-   Stand halten. Andernfalls können die-
z Förderung des Fahrens von Schiffen        ge betreiben, in den Genuss der Tonna-        se Vergünstigungen für Schiffe, die der
unter einer Gemeinschaftsflagge und         gesteuer kommen lässt und damit der           Flotte hinzugefügt werden und die
z Erhalt des maritimen Know-hows            Billigflaggenschifffahrt einen zusätz-        Flagge eines Drittlandes führen, nicht
durch Beschäftigung von mehr eu-            lichen und nicht mehr einholbaren             in Anspruch genommen werden. Von
ropäischen Seeleuten.                       Wettbewerbsvorteil verschafft.                dieser Regelung können die Mitglieds-

                                                                                                   SCHIFFFAHRT     |   2/2007   5
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staaten somit nur dann abweichen,            rung stattgegeben würde, hätte dies        tionsvertrag die Tonnagesteuer sowie
wenn der auf Gemeinschaftsflaggen            verheerende Folgen für die europä-         der Lohnsteuereinbehalt weiterhin
entfallende Anteil an der Gesamtton-         ische Seeschifffahrt. Denn in den ande-    beibehalten werden. Entsprechend
nage nicht gesunken ist.                     ren Mitgliedsstaaten hat die Tonnage-      den Leitlinien der EU müssen dafür die
    Neben dem deutschen Finanzmarkt          steuer zu Steigerung der Anzahl der        vereinbarten Rückflaggungen erfol-
ist die grenzenlose Freiheit, alle Schiffe   Schiffe unter nationaler Flagge ge-        gen.“ Und an anderer Stelle heißt es:
unter Billigflagge gefördert zu kriegen,     führt. Wenn aber alle EU-Staaten dem       „Der Deutsche Bundestag begrüßt,
ursächlich dafür, dass zum Beispiel 80       schlechten deutschen Beispiel folgen       dass die Bundesregierung die Voraus-
Prozent der weltweit im Bau befind-          würden, wäre das maritime Know-how         setzungen für die Zusage der Reeder
lichen Containerschiffe von deutschen        in Europa nicht mehr zu halten.            geschaffen hat, die unter deutscher
Reedern geordert worden sind.                    Erste Anzeichen für eine Änderung      Flagge fahrenden Handelsschiffe ab
    Der dadurch geschaffene Wettbe-          der deutschen Schifffahrtspolitik erge-    2008 auf mindestens 500 zu erhöhen.
werbsvorteil deutscher Reeder gegen-         ben sich aus der am Donnerstag, den        Ziel ist, dass ab 2010 wieder 600 Han-
über anderen Reedern hat zur Folge,          21. Juni 2007 vom Deutschen Bundes-        delsschiffe unter deutscher Flagge
dass jetzt auch Reeder aus anderen           tag verabschiedeten Entschließung          fahren.“
Staaten und vor allem der europäische        „Maritime Wirtschaft in Deutschland            Wir sind gespannt, wann und wie
Reederverband ECSA massiv die Sub-           stärken“. Darin heißt es unter ande-       die Bundesregierung diese Bundes-
ventionierung der Billigflaggen-Schiff-      rem: „der Deutsche Bundestag bekräf-       tagsentschließung umsetzen wird.
fahrt einfordern. Wenn dieser Forde-         tigt, dass entsprechend dem Koali-                                  Dieter Benze

„Am Ende bekam Barber
International kalte Füße“
Interview mit Rechtsanwalt Dr. Engelbrecht zum Boykottaufruf im März
2005 für die Besatzungen der Frachtfähren MS „Rider und „Runner“
                                             Engelbrecht l Am 10. März 2004

D
        er Erfolg der diesjährigen Ak-                                                  gian Union of Marine Engeneers und
        tionswoche ist nicht vom Himmel      hatte ver.di mit dem Verband deut-         Norwegian Seamens Union ein Collec-
        gefallen. Im Jahre 2005 zum Bei-     scher Reeder e.V. (VDR) einen auf die      tive Bargaining Agreement (cba) mit
spiel wurde ver.di wegen eines gemein-       zwischen Turku und Lübeck-Travemün-        Barber Int. Ltd. Auf den beiden Schif-
samen Boykotts mit der finnischen Ge-        de verkehrenden Frachtfähren MS „Ri-       fen beschäftigt wurden seitdem nur
werkschaft von Barber Int. in einen          der“ und „Runner“ der Finnlines            noch polnische Seeleute mit ver.di-Mit-
Rechtsstreit verwickelt. Im Nachgang         Deutschland AG bezogenen Verbands-         gliedschaft. Norwegische Besatzungs-
des Falles bestand Unsicherheit darüber,     tarifvertrag abgeschlossen, um trotz       mitglieder gab es nicht.
wer den Fall eigentlich gewonnen habe.       des Verkaufs der Schiffe „für alle jetzt
Auch wenn ver.di Solidaritätsleistungen      und zukünftig fahrenden Seeleute“ ta-      Redaktion l Wurden die Tarifverträge
an die beteiligten polnischen Seeleute       rifliche Heuerkonditionen zu sichern,      rechtmäßig gekündigt?
gezahlt hat, kann der Rechtsstreit nicht     die denen des deutschen HTV/MTV-           Engelbrecht l Die Laufzeit des cba
als verloren gelten. Barber Int. hat sämt-   See entsprechen. Vorausgegangen war        ging zunächst bis 31. Dezember 2004
liche Forderungen auf Regress zurück-        ein zwanzigstündiger Arbeitskampf          und sollte sich danach um jeweils ein
gezogen, weil ihnen im Verlauf der ge-       nach dem Finnlines Deutschland AG          Jahr verlängern, wenn nicht eine Partei
richtlichen Auseinandersetzung in Nor-       angekündigt hatte ihre Schiffe nach        vorher mit Dreimonatsfrist kündigte.
wegen deutlich wurde, dass ihre Chan-        Norwegen zu verkaufen, die deut-           Ohne Abstimmung mit ver.di erklärte
cen die Regressforderungen durchzuset-       schen Seeleute zu ersetzen und die         dann jedenfalls der Norsk Sjömanns-
zen, ausgesprochen zweifelhaft waren.        Schiffe für den Einsatz im gleichen        forbund mit E-Mail vom 29. September
    Im folgenden drucken wir ein Ge-         Fahrtgebiet zurückzuchartern. Die          2004 die Vertragskündigung gegenü-
spräch zwischen der Redaktion des            Schiffe wurden nach Abschluss des Ta-      ber Barber.
„Schifffahrtsreports“ und Rechtsan-          rifvertrages an die zum norwegischen
walt Dr. Engelbrecht über die recht-         Barber-Konzern gehörende Finland Ro-       Redaktion l Die Kündigung der Tarif-
lichen Zusammenhänge des Falles und          Ro KS verkauft und unter norwegische       verträge durch ver.di hat also nicht
seine politische Bedeutung.                  Flagge verbracht.                          stattgefunden. Hat Barber Int. denn
                                                   In Ausführung des VDR-Tarifvertra-   wenigsten ernsthaft Interesse gezeigt,
Redaktion l Welche Tarifabschlüsse           ges unterzeichnete ver.di am 8. März       Tarifverhandlungen zu führen?
mit dem VdR und Barber Int. sind für         2004 zusammen mit den drei norwegi-        Engelbrecht l Nicht wirklich. Zwei
den Rechtsstreit um den Boykottaufruf        schen Gewerkschaften Norwegian             Verhandlungsrunden vom 30. Novem-
relevant?                                    Martime Officers Association, Norwe-       ber 2004 und 27. Januar 2005 über ei-

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ne Vertragserneuerung blieben erfolg-        weiterhin im Hafen fest lag und die       z ver.dis Einwand, dass die an Bord be-
los. Stattdessen und ebenfalls ohne          Entladung unterblieb.                     findlichen Seeleute in Wahrheit nicht
Absprache mit ver.di unterzeichnete                                                    streikten, sondern wegen der bis zu 60
Barber Int. nunmehr mit der polni-           Redaktion l Doch die Rechtsmittel         Prozent Heuerkürzung ihr kollektives
schen Solidarnosc (wiederum zusam-           von Barber Int. Waren noch nicht er-      Recht auf Zurückbehaltung der Ar-
men mit den drei norwegischen See-           schöpft. Was taten sie als nächstes?      beitskraft ausübten, ließ das LAG nicht
leutegewerkschaften) ein neues cba           Engelbrecht l Gegen dieses Urteil         gelten. Zum einen sei nicht glaubhaft
mit Wirkung vom 1. Januar 2005 und           legten Finnlines Deutschland AG/          gemacht worden, dass die Seeleute
ließ dieses cba für die auf den beiden       Lübeck und Finland RoRo KS/Oslo Be-       tatsächlich eine solche Zurückbehal-
Schiffen „Rider“ und „Runner“ weiter         rufung beim Landesarbeitsgericht          tungserklärung gegenüber dem Kapi-
oder neu beschäftigten Seeleute an-          Schleswig-Holstein (LAG) ein. Nach        tän als Arbeitgebervertreter abgege-
wenden, obwohl sich die Solidarnocs          ganztägiger Verhandlung vom 24.           ben hätten. Zum anderen habe schon
gegenüber Barber zuvor erfolgreich           März 2005 mit Vernehmung verschie-        der Zeitablauf dafür gesprochen, dass
geweigert hatte, diese beiden Schiffe        dener Zeugen sowie eines von der Ge-      in Wahrheit der Boykottaufruf ursäch-
in den in einer Anlage zum cba defi-         werkschaft benannten norwegischen         lich für die Blockade des Schiffes ge-
nierten Geltungsbereich einzubezie-          Rechtsanwalts als Sachverständigen        wesen sei.
hen. Der im Solidarnosc-cba vereinbar-       zum norwegischen Tarif- und Streik-
te NIS-Heuertarif lag insgesamt um zir-      recht gab das LAG unter teilweiser        Redaktion l Unmittelbar nach der Ur-
ka 60 Prozent niedriger.                     Aufhebung der erstinstanzlichen Ent-      teilsverkündung haben wir den Schiffs-
                                             scheidung dem Verfügungsantrag ge-        besatzungen empfohlen, die zehn Ta-
Redaktion l Nach einem Strategiege-          gen ver.di statt. Die Argumente von       ge andauernde Arbeitsniederlegung
spräch in Norwegen mit Vertretern der        ver.di wurden nach Ansicht des LAG        zu beenden.
norwegischen Gewerkschaften haben            Kiel durch die Entscheidung des nor-          Unter dem Einfluss des Arbeits-
sich ver.di und die finnische Gewerk-        wegischen Arbeitsgericht in Lysaker       kampfes hatte sich die finnische Ree-
schaft entschlossen, in den Häfen Lü-        (Norwegen) geschwächt. Parallel zum       derei Finnlines/Helsinki in der Zwi-
beck-Travemünde und Turku (Finn-             deutschen Gerichtsverfahren hatte         schenzeit entschieden, die Schiffe un-
land), die Hafenarbeiter am 13. März         Barber Int. Ltd. gemeinsam mit ihrer      ter finnischer Flagge weiter zu betrei-
2005 zum Boykott der Schiffe MS „Ri-         Tochtergesellschaft Barber Ship Ma-       ben und die polnischen gegen finni-
der“ bzw. MS „Runner“ aufzurufen.            nagement AS, Lysaker, gegen ver.di        sche Seeleute auszutauschen. Die pol-
Die Finnlines Deutschland AG/Lübeck          beim dortigen Arbeitsgericht für Asker    nischen Seeleute erhielten eine Abfin-
und die Finland RoRo KS/Oslo versuch-        und Baerum eine Eilentscheidung vom       dung von der ITF und durch Vermitt-
ten sich mit einem gerichtlichen Eilver-     21. März 2005 erwirkt, mit der die Ge-    lung des deutschen ITF-Koordinators,
fahren vor dem Arbeitsgericht Lübeck         werkschaft aufgefordert wurde, „den       Ali Memon, Arbeitsplätze auf anderen
zu wehren. Am 14. März 2005 stellten         Streik auf den Schiffen Rider und Run-    Schiffen zu ITF-Konditionen. Wie ging
beim Arbeitsgericht Lübeck gegen             ner umgehend einzustellen“.               die gerichtliche Auseinandersetzung
ver.di und vier ihrer Vertreter einen An-        Gleichzeitig erhoben die Barber-      weiter?
trag auf Erlass einer Einstweiligen Ver-     Unternehmen eine ordentliche Klage        Engelbrecht l Zu einer Überprüfung
fügung, mit der den Verfügungsbe-            auf Feststellung, dass der Streik an      der insgesamt problematischen Eilent-
klagten verboten werden sollte, zu           Bord der beiden Schiffe unrechtmäßig      scheidung des LAG Schleswig-Holstein
Boykottmaßnahmen im Zusammen-                sei und verlangten einen Schadener-       im Hauptsacheverfahren ist es in
hang mit einem Arbeitskampf an Bord          satz, dessen Höhe in das Ermessen des     Deutschland nicht gekommen, weil
der Fährschiffe MS „Rider“ und MS            Gerichts gestellt wurde. Unter dem        Finnlines entgegen der vorherigen An-
„Runner“ aufzurufen oder diesen aktiv        Eindruck dieser norwegischen Eilent-      drohung umfangreicher Regressforde-
zu unterstützen. Wie wurde die erste         scheidung begründete das LAG Schles-      rungen (Drittschäden der Lkw-Fracht-
Runde in dem Rechtsstreit entschie-          wig-Holstein seine Berufungsentschei-     führer) solche Ansprüche vor den deut-
den?                                         dung gegen ver.di zusammengefasst         schen Gerichten nicht mehr geltend
Engelbrecht l Der Antrag wurde mit           mit folgenden Argumenten:                 machte.
Urteil vom 17. März 2005 insgesamt           z Das ver.di-cba vom 8. März 2004 sei         Vielmehr verlagerte sich der Streit
zurückgewiesen. Unabhängig von wei-          zwar wirksam zustande gekommen,           nunmehr auf das norwegische Verfah-
teren Bedenken verneinte das Arbeits-        dann allerdings von den norwegischen      ren. Dort beantragte ver.di die Aufhe-
gericht bereits einen Verfügungsgrund        Gewerkschaften gekündigt worden.          bung der zunächst ergangenen Eil-
(Eilbedürftigkeit). Es sei schon nicht er-   z Dieses cba sei nicht rechtswirksam      maßnahme vom 21. März 2005 sowie
kennbar, dass eine vorläufige Rege-          durch das Solidarnosc-cba abgelöst        die Abweisung der Feststellungs- und
lung zur Abwendung von Nachteilen            worden.                                   Zahlungsklage. Die Begründung von
der Reederei erforderlich waren. Nach        z Gleichwohl habe Friedenspflicht be-     ver.di lautete folgendermaßen:
deren eigenem Vortrag habe der Boy-          standen, weil zuvor keine Verhandlun-     z Bestritten wurde zunächst schon die
kottaufruf keinerlei Konsequenzen ge-        gen vor der dortigen Schlichtungskom-     örtliche und internationale Zuständig-
habt. Jedenfalls sei bereits der Be-         mission stattgefunden hatten. Deshalb     keit des norwegischen Gerichts. Bar-
schluss der Schiffsmannschaft, die Ar-       sei ver.di „derzeit noch nicht“ berech-   ber hatte sich dafür, dass angeblich
beit an Bord niederzulegen, die Ursa-        tigt gewesen, zu einem Arbeitskampf       korrekte Heuerzahlungen geleistet
che dafür gewesen, dass das Schiff           aufzurufen.                               würden, auf das Solidarnosc-cba beru-

                                                                                                SCHIFFFAHRT     |   2/2007   7
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fen. Diese cba konnte jedoch – wie            z Umgekehrt musste die Tariffähigkeit                           Einleitung von Kampfmaßnahmen zu-
schon das LAG Schleswig-Holstein in-          auch der norwegischen Gewerkschaf-                              nächst die Schlichtungskommission
soweit zurecht festgestellt hatte – je-       ten mangels Gegnerunabhängigkeit                                anrufen zu müssen, nicht gerechtfer-
denfalls gegenüber ver.di keine Gel-          bezweifelt werden. Weder besaßen                                tigt war.
tung haben. Gemäß § 7 Ziff. 3 des nor-        diese Gewerkschaften überhaupt tarif-                               Zu einem Urteil kam es schließlich
wegischen Arbeitskampfgesetzes ist            betroffene Seeleute als Mitglieder,                             auch in Norwegen nicht mehr. Barber
für Klagen, die einen Tarifvertrag mit        noch können sie als unabhängig ange-                            Int. hat es, nachdem ver.di seine Argu-
einem einzelnen Arbeitgeber betref-           sehen werden. Auch nach norwegi-                                mente dargelegt hatte, vorgezogen,
fen, das Gericht am Arbeitgebersitz           schem Arbeitskampfrecht sind die An-                            auf die bis dahin umfangreich ange-
zuständig. Unstreitig war Barber Int.         forderungen gemäß Art. 2 Nr. 2 des                              drohten Schadensersatzansprüche zu
aber nicht selbst der Arbeitgeber. Die        ILO-Übereinkommens Nr. 98 von 1949,                             verzichten und einen Antrag auf Ein-
Heuerverträge waren vielmehr von ei-          dem auch Norwegen beigetreten ist,                              stellung des Gerichtsverfahrens zu
ner Barber Ship Management Ltd. ab-           zu beachten. Danach muss sich eine                              stellen. Durch Gerichtsbeschluss vom
geschlossen worden, obendrein nur             Gewerkschaft vor jeder Einmischung                              25. April 2006 wurde das Verfahren
„on behalf of the owner as agent on-          von der anderen Seite schützen, insbe-                          endgültig eingestellt.
ly“. Die Schiffseignerin Finland RoRo         sondere durch Geldmittel seitens Drit-
KS war jedoch nicht als Klägerin auf-         ter, um sie unter den Einfluss eines Ar-                        Redaktion l Beide Schiffe fahren in-
getreten. Eine internationale Gerichts-       beitgebers oder einer Organisation von                          zwischen wieder unter deutscher Flag-
zuständigkeit hätte somit nach Art. 2         Arbeitgebern zu bringen. Tatsächlich                            ge und werden von der Reederei Lae-
des Luganer Abkommens nur vor den             hatte sich der Norges Sjömannsfor-                              isz/Rostock bemannt. Es ist der Reede-
deutschen Gerichten am Sitz von               bund gemäß Art. 15 des ver.di-cba die                           rei Finnlines also nicht gelungen, die
ver.di bestanden.                             Zahlung von 25 US-Dollar monatlich                              finnischen oder deutschen Heuern in
z Barber Int. hätte ohnehin keinen Fir-       pro Besatzungsmitglied seitens des                              dem Fahrtgebiet zwischen Finnland
mentarifvertrag wirksam abschließen           Schiffseigners/Managers       ausbedun-                         und Deutschland zu unterlaufen. Be-
können, weil dieses Unternehmen we-           gen, obwohl dem offensichtlich kei-                             dauerlich ist allerdings, dass im Laufe
der selbst der Arbeitgeber war, noch –        nerlei Gegenleistungen der Gewerk-                              des Konflikts die polnischen Seeleute
jedenfalls nach deutschem Rechtsver-          schaft an die ihr gar nicht angehörigen                         auf beiden Schiffen ihre Arbeitsplätze
ständnis – als Konzernmutter befugt           Seeleute gegenüber standen.                                     verloren haben. Das macht uns betrof-
war, den Tarifvertrag für eine ihrer          z Problematisch blieb auch die Frage                            fen – auch wenn es uns gelungen ist,
Tochtergesellschaften abzuschließen           zur Nachwirkung des allenfalls unvoll-                          mit Hilfe der ITF allen Seeleuten neue
oder diese hierbei zu vertreten. Kon-         kommen von nur einer norwegischen                               Arbeitsplätze zu vermitteln.
zerne sind selbst nicht tariffähig. Bar-      Gewerkschaft gekündigten ver.di-cba.                                Wichtig für die weitere Arbeit ist,
ber Int. besaß somit auch keine Befug-        ver.di trug dazu vor, dass Barber selbst                        dass weder in Finnland, Deutschland
nis, etwa in Prozeßstandschaft für die        zuvor den Tarifvertrag gröblich verletzt                        oder Norwegen die Boykottaktion der
möglicherweise als Tarifpartner in Be-        und zugunsten des neu abgeschlosse-                             Hafenarbeiter in Turku und Lübeck-
tracht kommende Schiffseignerin zu            nen Solidarnosc-cba missachtet hatte                            Travemünde durch die Gerichte in Fra-
klagen.                                       und schon deshalb der Einwand, vor                              ge gestellt wurden.                  ❏

    SEMINARARBEIT                                                                                             In den letzten Monaten sind drei Semi-
                                                                                                              nare durchgeführt worden. Und zwar:
                                                                                                              z Vom 16. bis 18. April für Seebetriebs-
                                                                                                              räte in Undeloh/Nordheide,
                                                                                                              z vom 24. bis 26. April für europäische
                                                                                                              Binnenschiffer aus Österreich, Schweiz
                                                                                                              und Deutschland in Berlin und
                                                                                                              z vom 30. Mai bis 1. Juni für Seeschiff-
                                                                                                              fahrtssenioren in Undeloh/Nordheide.

                                                                                                              Nebenstehendes Foto zeigt die Teil-
                                                                                                              nehmer/innen des Seebetriebsratsse-
                                                                                                              minars. Peter Maaß, Betriebsrat von
                                                                                                              RFS Rostock, kommentierte die Dis-
                                                                                                              kussion zur Schifffahrtspolitik so:
                                                                                                              Der Staat sollte auch die Reeder mehr
                                                                                         Foto: Dieter Benze

                                                                                                              unter Druck setzen, denn wer die
                                                                                                              deutsche Tonnagesteuer bekommt,
                                                                                                              muss auch das geforderte deutsche
                                                                                                              Personal beschäftigen und seemänni-
                                                                                                              schen Nachwuchs ausbilden.

8   2/2007    |     SCHIFFFAHRT
SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
ver.di re p o r t   |   PRIVATISIERUNG

Kampf gegen Privatisierung
der Lübecker Hafengesellschaft
Die Beschäftigten im Hafen müssen ihre Interessen wahrnehmen
Seit nunmehr eineinhalb Jahren versu-     tion des Privaten auf solche Geschäfts-      in der Abfertigung – Lagerflächen ste-
chen die Betriebsräte und Beschäftig-     felder, die möglichst hohe Gewinnmar-        hen kaum noch zur Verfügung, geord-
ten des Lübecker Hafens zusammen          gen erzielen, Arbeitsplätze in personal-     nete Arbeitsabläufe sind undenkbar.
mit ver.di, die im März letzten Jahres    intensiven Bereichen wie z. B. dem Pa-       Dies hat endlich auch die Kunden der
von der Lübecker Bürgerschaft auf den     pierumschlag erheblich gefährdet.            LHG auf den Plan gerufen: Die „Verei-
Weg gebrachte Privatisierung der Lü-          „Trotz aller von Betriebsräten und       nigung Lübecker Schiffsmakler“ und
becker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG)       ver.di immer wieder vorgetragenen            der „Verein Lübecker Spediteure“ for-
zu verhindern. Die CDU-Mehrheits-         überzeugenden Argumente gegen den            derten in einem offenen Brief Anfang
fraktion im Stadtparlament hatte sei-     Verkauf der LHG sind die Privatisie-         Juni die Beendigung des Verkaufsver-
nerzeit beschlossen, bis zu 90 Prozent    rungsfetischisten in Lübeck offensicht-      fahrens, einzelne Kunden der LHG
der städtischen Gesellschaft, die 2006    lich ideologisch getrieben und wollen        schlossen sich in der Folge dieser For-
einen Gewinn von circa fünf Millionen     den Ausverkauf mit allen Mitteln             derung an. CDU und Geschäftsfüh-
Euro vor Steuern erwirtschaftete, zu      durchpeitschen“, so Bergemann.               rung der LHG zeigten sich jedoch
verkaufen. Begründung: Nur mit ei-                                                     weiterhin unbeeindruckt von diesen
nem so genannten „strategischen           Mediendemokratie                             Forderungen.
Partner“ könnten die bei einer prog-
nostizierten Verdoppelung der Um-         Nach einer Pressemitteilung der Lübe-        Kraftprobe
schlagsmenge bis 2020 notwendigen         cker Verwaltung, das konkrete Interes-
Investitionen in den Lübecker Hafen re-   senbekundungsverfahren zum Hafen-            Erst ein am 15. Juni 2007 durchge-
alisiert werden.                          verkauf nunmehr schnellstmöglich er-         führter hafenweiter Warnstreik über
    ver.di und die Belegschaft sehen      öffnen zu wollen, führten die Betriebs-      drei Schichten brachte wieder Bewe-
das anders: „Die Investitionen in die     räte des Lübecker Hafens am 24. Mai          gung in den Privatisierungskonflikt.
Hafeninfrastruktur, also die grundsätz-   2007 eine gemeinsame zusätzliche             „Obwohl dieser seit 30 Jahren erste
liche Erschließung des Hafens wurden      Betriebsversammlung zur Information          Arbeitskampf im Rahmen der zufällig
und werden auch weiterhin von der         der Beschäftigten durch. Als Ergebnis        zeitgleich stattfindenden Lohnrunde
Hansestadt Lübeck vorgenommen, ein        dieser sechsstündigen Betriebsver-           im Hafen durchgeführt wurde, hat er
Verkauf der LHG an einen Privaten         sammlung, an der 880 der circa 1000          offensichtlich dazu geführt, dass Poli-
würde hieran überhaupt nichts än-         Beschäftigten des Lübecker Hafens            tik und Verwaltung endlich erkannt
dern“, so der ver.di-Bundesfachgrup-      teilnahmen (zu der die Geschäftsfüh-         haben, dass gegen den Willen der zu
penleiter Häfen Andreas Bergemann.        rung der LHG aber „wegen eines wich-         fast 100 Prozent bei ver.di organisier-
„Die Investitionen in die so genannte     tigen Kundentermins“ nicht erschien),        ten Belegschaften des Hafens nichts
Suprastruktur, also Umschlagsgeräte,      beschlossen die Lübecker Hafenarbei-         zu machen ist“, kommentiert Berge-
Lagerhallen usw., konnten von der         ter, ab sofort keinerlei freiwillige Mehr-   mann die aktuelle Entwicklung. Die
LHG immer aus dem laufenden Ge-           arbeit mehr zu leisten, bis die Privati-     nunmehr unter Moderation des
schäft erwirtschaftet werden. Dies        sierung vom Tisch sei. 14 Tage später        ehemaligen schleswig-holsteinischen
wird auch zukünftig ohne Verkauf der      verweigerten die Betriebsräte des Lü-        Wirtschaftsministers Prof. Dr. Bernd
LHG an einen Privaten möglich sein.“      becker Hafens sämtliche Mehrarbeit           Rohwer zwischen CDU, Verwaltung,
                                          der Beschäftigten; seit dem 8. Juni          Betriebsräten und ver.di aufgenom-
Fatale Konsequenzen                       2007 wird auch keine verpflichtende          menen Gespräche zur Lösung des
                                          Mehrarbeit mehr durchgeführt.                Konflikts dauerten bei Redaktions-
Die Arbeitnehmervertreter sahen und           Begleitet wurde dieses Vorgehen          schluss noch an.                     ❏
sehen erhebliche Gefahren für die Mit-    immer wieder von Demonstrationen
arbeiter bei einer Privatisierung der     der Beschäftigten, um die Lübecker Be-          AKTUELL · AKTUELL
LHG: Es sei zu erwarten, dass sich der    völkerung über den drohenden Verkauf
schon seit drei Jahren massiv ausgeüb-    des Hafens als Lübecker Wirtschafts-          Am 26. Juni wurde ein Kompromiss
te Druck auf die noch immer guten Ar-     motor zu informieren. Zwischenzeitlich        gefunden. Statt 90 Prozent werden
beitsbedingungen im Lübecker Hafen        sind nach einer Umfrage der „Lübecker         nur 25,1 Prozent der Anteile der Lü-
nach einem Verkauf nochmals verstär-      Nachrichten“ 80 Prozent der Lübecker          becker Hafengesellschaft veräußert.
ken wird; Neu-, Um- und Ausgründun-       gegen einen Verkauf der LHG.                  Ein gutes Ergebnis, das ohne den
gen zwecks Tarifflucht seien nicht aus-       Die zwischenzeitlich eingetretene         Einsatz der Beschäftigten nicht er-
zuschließen. Darüber hinaus würden        Situation im Lübecker Hafen ist ge-           reicht worden wäre.
durch eine zu erwartende Konzentra-       prägt von erheblichen Verzögerungen

                                                                                                SCHIFFFAHRT     |   2/2007     9
SCHI AHRT - Nordeuropäische Woche - E 11130 Fachbereich Verkehr
ver.di re p o r t   |   TITELGESCHICHTE
Foto: ITF-Taiwan

            United we stand                                              I
                                                                           n den Aktionswochen gehen Trupps
                                                                           von ITF-Inspektoren, freiwilligen Ha-
                                                                           fenarbeitern und Seeleuten an Bord
                                                                         von Schiffen, insbesondere unter Billig-
                   Die Vorbereitung und die Durchführung der ITF-Ak-     flaggen. Als besonderer Schwerpunkt
                                                                         bei der Aktionswoche 2007 wurden die
                   tionswoche 2007 waren von einem Trauerfall über-
                                                                         Kampagnen gegen die Reederei Leon-
                   schattet. Michael Blanke, stellvertretender ITF-Ko-   hardt & Blumberg (L & B) und gegen die
                   ordinator in Bremen und wichtiger Organisator der     von CSAV gecharterten Schiffe heraus-
                                                                         gestellt. Solche Reeder versuchen sich
                   Aktionswoche in Deutschland, ist am 25. Mai 2007      einen Wettbewerbsvorteil zu verschaf-
                   verstorben. Die Bestürzung war groß, doch wie Ruud    fen, indem sie den Abschluss von inter-
                                                                         nationalen Tarifverträgen verweigern.
                   Touwen, ITF-Koordinator in Holland, es formulierte:   Hat das Schiff einen Tarifvertrag mit der
                   „We called it a tribute to Michael Blanke“.           ITF wird die Einhaltung kontrolliert.

                   10    2/2007    |   SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t   |   TITELGESCHICHTE

                                                                                      Schultern verteilt werden kann. So
                                                                                      werden Schiffe eine Weile in einem
                                                                                      deutschen Hafen boykottiert und dann
                                                                                      ziehen gelassen mit der Gewissheit,
                                                                                      dass sie zum Beispiel in einem nieder-
                                                                                      ländischen oder belgischen Hafen von
                                                                                      anderen ITF-Trupps erwartet werden.
                                                                                      An der Aktionswoche 2007 vom 4. bis
                                                                                      zum 8. Juli haben sich Gewerkschaften
                                                                                      aus Belgien, Dänemark, Deutschland,
                                                                                      Estland, Finnland, Großbritannien,
                                                                                      Frankreich, Irland, Litauen, Lettland,
                                                                                      den Niederlanden, Norwegen, Polen,
                                                                                      Russland und Schweden beteiligt. Die
                                                                                      Trupps der ITF besuchten insgesamt
                                                                                      über 180 Schiffe.

                                                                                      Highlights
                                                                                      z Wenn Dein starker Arm es will,
                                                                                      stehen alle Räder still
                                                                                      Selbst dem Pathos nicht so zugeneig-
                                                                                      ten Menschen kommen diese Zeilen in
                                                                                      den Sinn, wenn sie den Boykott eines
                                                                                      Schiffes durch die Hafenarbeiter „life“
                                                                                      miterleben dürfen. Eben noch ein Höl-
                                                                                      lenlärm am Kai, telefonieren mit dem
                                                                                      Handy fällt wirklich schwer, und plötz-
                                                                                      lich angenehme Stille. Die Gangway
                                                                                      wird mit Flaggen und Transparenten
                                                                                      geschmückt und die ITF-Aktion be-
                                                                                      ginnt.

                                                                                        z Schutzraum ausgeweitet
                                                                                        Allein in Deutschland konnten für
                                                                                        zwölf Schiffe neue Verträge zwischen
                                                                                        Reedern und der ITF abgeschlossen
                                                                                        werden. Besonders schön ist natürlich,
                                                                                        dass bei den meisten dieser Schiffe al-
                                                                                                        lein die Boykottwar-
                                                                       Die ITF-Kampagne gegen           nung oder das Wis-
                                                                       Charter-Schiffe der chileni-     sen, dass das Schiff in
                                                                       schen Reederei CSAV wird         einen ITF-geschütz-
                                                                       auch in Keelung/Taiwan           ten Hafen einläuft,
                                                                       geführt. Daraufhin hat sich      die    Reeder     zum
                                                                       die Reederei Anke Ritscher       Schwenken der wei-
Zum Beispiel durch die Überprüfung        schließen, beginnt der       GmbH am 26. Juli bereit-         ßen Fahne bewegte.
der Heuerabrechnungen oder die Kon-       Boykott. Die Idee und        erklärt, einen ITF-Vertrag       Ein gutes Beispiel da-
trolle der Hafenarbeiterklausel, um si-   das Erfolgskonzept der       abzuschließen.                   für war die von CSAV
cherzustellen, dass Seeleute keine Ha-    Aktionswoche ist die                                          gecharterte „Libra Co-
fenarbeit verrichten. Soweit möglich      doppelte Solidarität. Die Durchset- pacabana“. Sie sollte am 8. Juni den
werden auch die Lebens- und Arbeits-      zungskraft der ITF-Trupps hängt davon Hafen von Rotterdam anlaufen und an-
bedingungen der Seeleute überprüft.       ab, dass die Hafenarbeiter die Abferti- schließend nach Hamburg und Ant-
Besitzt das Schiff keinen Tarifvertrag    gung des Schiffs, wenn notwendig, werpen gehen. Nachdem dem Reeder
wird der Eigner, durch den Kapitän,       verzögern, d. h. den Lade- und Lösch- bekannt wurde, dass die betroffenen
aufgefordert, einen Tarifvertrag abzu-    betrieb einstellen. Genauso wichtig ist Gewerkschaften in den drei Häfen Ver-
schließen. Hierzu wird eine angemesse-    die europäische Solidarität.                  zögerungsaktionen abgesprochen hat-
ne Frist gesetzt und eine Boykottwar-         Da die Durchführung eines länge- ten, entschied sich der Reeder noch vor
nung ausgesprochen. Ist der Eigner        ren Boykotts einer besonderen Kraft- Einlaufen der „Libra Copacabana“ in
nach Ablauf der gesetzten Frist nicht     anstrengung bedarf, ist es natürlich Rotterdam, einen Tarifvertrag mit der
bereit, einen Vertrag mit der ITF abzu-   von Vorteil, wenn diese auf mehrere ITF abzuschließen. Dem CSAV Charte-

                                                                                              SCHIFFFAHRT      |   2/2007   11
ver.di re p o r t   |   TITELGESCHICHTE

                                                                                                            lange, bis der Mann im von ihm geru-
                                                                                                            fenen Taxi auf dem Weg zum Arzt saß.
                                                                                                            Dort wurde das Besatzungsmitglied
                                                                                                            arbeitsunfähig geschrieben und konn-
                                                                                                            te auf eigenen Wunsch nach Hause
                                                                                                            fliegen. Doch was ist mit all den kran-
                                                                                                            ken Seeleuten, die in den Häfen un-
                                                                                                            entdeckt auf den Schiffen eingesperrt
                                                                                                            sind?

                                                                                                            Erfahrungen
                                                                                                            z International mobilisierbar
                                                                                                            Die zwölfte Aktionswoche hat es wie-
                                                                                                            der gezeigt: Im maritimen Bereich be-
                                                                                                            steht eine gewerkschaftliche Mobili-
Fotos: Sabine Vielmo

                                                                                                            sierbarkeit, die zum Erhalt und der
                                                                                                            Ausweitung von vertraglichen Stan-
                                                                                                            dards und zur Verbesserung der Le-
                                                                                                            bensbedingungen genutzt werden
                                                                                                            kann. Diese Mobilisierbarkeit hat sich
                       Diskussion mit Ehrenamtlichen zu Beginn der Aktionswoche                             sogar verbessert, da sie inzwischen
                                                                                                            von internationaler Handlungsfähig-
                       rer konnten insgesamt zwei neue Tarif-     rende „Millennium Express“. Es solle      keit auf gewerkschaftlicher Seite be-
                       verträge und der Reederei L & B ein        dort Besatzungsmitglieder aus Birma       gleitet wird.
                       neuer Vertrag abgerungen werden.           geben, die nur eine Heuer von 250
                           Beeindruckend ist auch, dass in        US-Dollar monatlich erhalten. Außer-      z Ohne die Hafenarbeiter
                       Ländern wie Lettland, Polen und Russ-      dem seien Besatzungsmitglieder krank      geht es nicht
                       land, die noch nicht wieder über etab-     und dürften aber dennoch nicht von        Natürlich profitieren die Hafenarbeiter
                       lierte Gewerkschaftsstrukturen verfü-      Bord, um einen Arzt aufzusuchen. Für      auch vom Abschluss bzw. der Einhal-
                       gen, eine so hohe und erfolgreiche Be-     die Birmanen konnte leider nichts ge-     tung von ITF-Tarifverträgen; schließlich
                       teiligung organisiert werden konnte.       tan werden, da das Schiff in der Werft    verbieten diese Lade- und Löschtätig-
                                                                  lag und die Besatzung insgesamt nicht     keiten durch Seeleute. Zum Beispiel
                       z Money money money –                      zu Arbeitskampfmaßnahmen bereit           wurde auf der „Elisabeth Russ“ festge-
                       makes so funny                             war (wenn wundert’s – in Birma steht      stellt, dass Besatzungsmitglieder zu
                       Das ITF-Aktionsbüro in Hamburg be-         darauf Gefängnis). Einzig einem kran-     Ladungsarbeiten eingesetzt wurden.
                       kam einen Tipp, dass auf der MS WMS        ken Besatzungsmitglied konnte gehol-      Dies widerspricht dem Tarifvertrag der
                       Groningen etwas mit den Heuer-             fen werden. Der ITF-Inspektor blieb so    ITF. Nach Intervention des ITF-Trupps in
                       abrechnungen nicht richtig ist. Und in
                       der Tat, sie stimmten hinten und vorne
                       nicht. Stundenlanges Nachrechnen der
                       chaotisch geführten Heuerabrechnun-
                       gen über zwei Tage ergaben einen Zah-
                       lungsrückstand von über 22 000 Euro
                       zuungunsten der Seeleute. Ob es nun
                       ungewollte und sonst nie auftretende
                       Berechungsfehler waren oder gewollte
                       Planlosigkeit, bei so viel Durcheinander
                       in der Buchführung hat der ITF-Inspek-
                       tor lieber persönlich auf den holländi-
                       schen Manager gewartet, um sicherzu-
                       stellen, dass die Seeleute nun auch
                       wirklich in den Genuss ihrer ausstehen-
                       den Heuer kamen.

                       z Besonders deprimierend
                       Es gibt Reeder, die kommen nicht mal
                       ihren grundlegenden Fürsorgepflich-
                       ten nach. Einem Hinweis nachgehend
                       kontrollierte ein ITF-Trupp in Hamburg
                       die unter panamesischer Flagge fah-        Truppführer Michael Evers informiert über die ITF-Aktionswoche

                       12    2/2007    |   SCHIFFFAHRT
ver.di re p o r t   |   TITELGESCHICHTE

Lübeck, hat der Kapitän des Schiffes
zugesagt, dass Seeleute nicht mehr zu
Hafenarbeit eingesetzt werden.
   Dennoch ist es doch bemerkens-
wert, dass die Hafenarbeiter perso-
nell die entscheidende Stütze der Ak-
tionswoche sind. Möchten die See-
leute in Zukunft ihren Beitrag zum
gleichen Teil leisten, müssen sie sich
stärker bei Aktionswochen engagie-
ren. Gerade Aktionswochen sind eine
gute Gelegenheit, Ehrenamtliche in
gewerkschaftlicher Arbeit zu trainie-
                                           Foto: privat

ren.

z Gewerkschaftliche Lagezentren
Die nach 1980 Geborenen haben es                          ITF-Aktionstrupp im Hamburger Hafen wartet auf das nächste Schiff
schon immer gewusst: Ohne adäquate
technische Ausstattung läuft nichts                       tet werden usw. Und das natürlich         ganzjährig laufenden Kampagne der
mehr. Die einlaufenden bzw. im Hafen                      gleichzeitig. Die Bereitstellung der      ITF gegen Schiffe unter billiger Flagge
liegenden Schiffe müssen morgens per                      Technik ist das eine, die Bedienung das   zusätzlichen Schwung. Die vermehrte
Computer gecheckt werden, der Kon-                        andere. Hilfreich wären beim nächsten     und vehementere Präsenz der ITF in eu-
takt mit den ITF-Trupps, die in den Hä-                   Mal Freiwillige, die auch für den Büro-   ropäischen Häfen hilft dabei, wider-
fen unterwegs sind, muss gehalten                         dienst verwendbar sind. Zum Beispiel      spenstige Reeder eines Besseren zu be-
werden, Faxe mit Rechtsbelehrungen                        nach 1980 Geborene?                       lehren.
müssen versendet werden können,                                                                         Als nächstes plant die ITF für den
„Lageberichte“ aus anderen Häfen                          Ausblick                                  Herbst eine südeuropäische Aktions-
müssen telefonisch angenommen und                                                                   woche. Die sechste Baltic Week of
per E-Mail an die ITF in London oder                      Die ITF-Aktionswoche hat es erneut        Campaign ist für das Jahr 2008 ange-
andere europäische Häfen weitergelei-                     bewiesen: Aktionswochen geben der         setzt.                   Tanja Thiede

  K O M M E N TA R

 „United we stand“ – die Erfolgsgeschichte gegen Sozialdumping setzt sich fort
 Erneut war die diesjährige ITF-Ak-                       len erfolgreich. Irgendwann knickt        Hintergrund ist schon vor Jahren in
 tionswoche geprägt von der engen                         eben auch der härteste Reeder ein;        alle ITF-Tarifverträge die so genannte
 Zusammenarbeit von Seeleuten und                         erst recht, wenn er weiß, dass auch       Ladungsklausel aufgenommen wor-
 Hafenarbeitern zur Durchsetzung                          eine Flucht aus dem Hafen nichts          den, die genau dieses untersagt.
 von Tarifverträgen auch für Schiffsbe-                   nützt, weil die Hafenarbeiter weltweit        Und es funktioniert: Nicht nur, dass
 satzungen. Diese gelebte Solidarität                     über die ITF vernetzt sind und es für     Hafenarbeiter nun auch eine Grundla-
 zwischen den beiden Beschäftigten-                       ihn kaum „sichere“ Anlaufhäfen gibt.      ge haben – zur Durchsetzung ihrer ei-
 gruppen, die sich über Jahrzehnte                        Die Vorgänge bei der Reederei „Leon-      genen Interessen – Schiffe, auf denen
 entwickelt und bewährt hat, beginnt                      hard & Blumberg“ sind ein eindrucks-      gegen diese Ladungsklausel verstoßen
 bereits bei der Zusammenstellung der                     volles Beispiel hierfür.                  wird, in den Boykott zu nehmen. Ver-
 Aktionstrupps: Wie selbstverständ-                           Obwohl für viele Schiffsbesatzun-     mehrt informieren nun auch Schiffs-
 lich nehmen Jahr für Jahr Hafenarbei-                    gen also tariflich abgesicherte Ar-       besatzungen, die vom Kapitän aufge-
 ter tageweise frei, um im Rahmen                         beitsbedingungen ohne die Unter-          fordert werden, Ladungsarbeiten zu
 von Bordbesuchen zusammen mit                            stützung der Hafenarbeiter undenk-        verrichten, von sich aus die Hafenar-
 Seeleuten Billigflaggenschiffe unter                     bar wären, gilt dieses zunehmend          beiter des Bestimmungshafens. Denn
 die Lupe zu nehmen.                                      auch umgekehrt: Die erfolgreich ver-      die Notwendigkeit dieser Zusammen-
     Hat ein Schiff keinen Tarifvertrag                   hinderte Hafenrichtlinie „Port Packa-     arbeit von Hafenarbeitern und Seeleu-
 und verweigert die Reederei den Tarif-                   ge“, in deren Rahmen Selbstabferti-       ten ist von beiden Seiten erkannt und
 abschluss, ist es erlaubt, dass dieses                   gung durch Seeleute europaweit zu-        verstanden. Vielleicht sollten andere
 Schiff von den Hafenarbeitern, die                       gelassen werden sollte, hat nur die       Branchen vermehrt darüber nachden-
 ansonsten ganz normal weiterarbei-                       seit langem und immer noch vorhan-        ken, diesem eindrucksvollen Beispiel
 ten, „nicht angefasst“ wird. Solche                      denen Bestrebungen der Reedereien         erfolgreicher internationaler Solida-
 Boykotts waren auch dieses Jahr wäh-                     deutlich gemacht, traditionelle Ha-       rität zu folgen!
 rend der ITF-Aktionswoche vereinzelt                     fenarbeit von Schiffsbesatzungen                   Andreas Bergemann, Leiter
 notwendig, vor allem aber in allen Fäl-                  durchführen zu lassen. Vor diesem               der Bundesfachgruppe Häfen

                                                                                                            SCHIFFFAHRT       |   2/2007   13
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