THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
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THÜRINGER TRACHTENZEITUNG Zeitschrift des Thüringer Landestrachtenverbandes e.V. und der Thüringer Trachtenjugend 19. Jahrgang 1/2015 • www.thueringer-trachtenverband.de „THURINGIA’S NEXT COSTUM MODEL“ ODER BESSER, KOMMT ZU UNS UND WERDET DAS ERSTE THÜRINGER TRACHTENPAAR? Die ganze Welt redet davon, fragt man genauer, ganze Familie vor dem Bildschirm saß, um bei so guckt niemand die Sendung „Germany’s Next „Dalli Dalli“ oder „Dem großen Preis“ fernzuse- Top Model“, aber irgendwie ist es schon komisch, hen. So eine Rückschau wirkt heute wie ein Blick alle kennen Heidi Klum, obwohl deren Erfolge in die Steinzeit, als die Familie noch am Lager- doch schon Jahrzehnte zurück liegen. Diese Frau feuer saß. Heute hat sich jeder seine eigene Welt ist megapräsent, eine Deutsche, die in Amerika aufs Smart- oder IPhone geladen und ist immer den internationalen Durchbruch schaffte, auch „opdudät“ und merkt gar nicht, wie die schöns- den Mut besaß, sich gegen 25.000 Konkurren- ten Beine der Welt an uns vorbei schlendern. Die tinnen durchzusetzen. Jetzt macht sie sich im elektronische Welt entführt und verführt, sie Feuerwehrschläuche und nackte Bäuche. Unser Fernsehen in HD-Qualität breit. Übrigens, für schafft Topmodelle und blamiert, sie bringt eben Bild 2016 braucht Menschen aus unserer Mitte, die Jugend: Fernsehen ist die Scheibe, die Oma „Germany’s Next Top Model“ hervor. Viele ha- die sich in Trachten wohlfühlen, denen ihr Le- und Opa im Wohnzimmer stehen haben und von ben es schon versucht, nur wenige schafften den bensgefühl in Tracht der schönste Wert ist, den der jeden Abend die Tagesschau Durchbruch, eine der Besten, Lena Gercke sah sie besitzen. Ich bin überzeugt, mitten unter uns flimmert. Ja, jungen Leu- ich erst kürzlich in einem atemberaubend ero- gibt es solche Menschen, es sind Mitglieder un- ten muss man erzäh- tischem Foto in „BILD“ und glaubt es mir, ich serer Vereine, es sind unsere Nachbarn, es ist der len, dass einst die bildete mir dazu meine Meinung. Was will ich schüchterne Kamerad von nebenan, der sich Euch damit sagen? Man braucht etwas noch nicht traut, sich zu outen. Mut, man braucht etwas Zeit und man braucht Lust, dann kann Dem Thüringer Landestrachtenverband für das man etwas werden. Auch Jahr 2016 ein Gesicht zu geben, sich in Tracht zu am Thüringer Landes- zeigen und für die tollen Ziele unseres Verbandes trachtenverband geht zu werben, dafür suchen wir das Paar, das ich am die Lust am Leben 7. November 2015 auf der Landesversammlung nicht spurlos vorü- der internationalen Presse vorstellen kann. Wer ber. Es soll immer kann mitmachen? noch Leute geben, die denken wir wä- Wenn ihr zwischen 18 und 35 Jahren alt seid, ren von gestern, gern Trachten tragt und Euch in der Thüringer Foto: Norbert Sander doch was gestern Geschichte gut auskennt, dann seid ihr für uns war, das haben wir die richtigen Leute. Ihr müsst nicht verheiratet vorgestern schon erle- sein, wenn Ihr Euch mögt, das reicht, denn was digt und was morgen nicht ist, das kann noch kommen. Ihr müsst Lust kommt, dass wissen wir haben uns 2016 zur EUROPEADE in Namür/ schon heute. Merkt Eu- Belgien oder auf dem Thüringer Landestrach- ch: Wir sind gut drauf. tenfest zu repräsentieren. Thüringens Trachten- paar 2016 kann ein Paar aus Mann und Frau sein, Wir suchen deshalb aber es sind auch gern Bewerbungen von zwei nicht „Germany’s Männern oder zwei Frauen zulässig. Auch Ein- Next Top Mo- zelpersonen dürfen sich bewerben, wenn sie den del“ wir suchen Mut haben, mit einer bis dahin Unbekannten für das Jahr durchs Jahr zu gehen. Ihr seht, so vielfältig wie 2016 das erste unser Landesverband ist, ist kaum eine Organi- Thüringer Trach- sation. tenpaar. Bei uns geht es nicht darum Geld zu verdie- Hand aufs Herz, Mut beweisen – bewerbt Euch! nen mit diesem Titel, bei uns Denn Zukunft braucht Heimat und Heimat oh- geht es darum, das Bild ei- ne ein Thüringer Trachtenpaar, da fehlt das Be- ner großen modernen Fa- ste! Bewerbungsschluss ist der 30. Juli 2015 und milie mit unglaublichem ich rechne fest mit Euch, denkt dran, Bild nicht Traditionsbewusstsein zu vergessen! zeigen. Das 21. Jahrhundert braucht bunte Bilder, Bilder, die Menschen ansprechen, Euer die verrückt machen, die verzaubern. Und ein Bild, das braucht nicht Blümchen und Traktoren, auch nicht Knut Kreuch
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 2 VERBANDSNACHRICHTEN NEUE TRACHTENWEGE GEHEN – JUNGE LEUTE WAGEN SICH MIT SEMINARFACHARBEIT AN TOLLES THEMA, SIE SAGEN „COOL BETRACHTET“ Bach-Stammort Wechmar: Am Sonntag, dem 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr im Landhaus Studnitz 14.00 Uhr Tanzseminar, junge Leute aus der Sze- 10. Mai 2015 bietet der Wechmarer Heimatver- stattfinden und jedermann ist dazu sehr herzlich ne des Hip und Hop lernen einen Volkstanz ein eine ganz besondere Veranstaltung. Junge eingeladen. 15.00 Uhr Trachtengespräch, der Präsident des Mitglieder und zwar Jana Range, Madeline Deutschen Trachtenverbandes und Vorsitzende Schneider, Emely Teske und Natalie Kreuch ha- „Cool betrachtet“ der Tagesverlauf des Thüringer Landestrachtenverbandes Knut ben sich als Seminarfacharbeit am Gymnasium Kreuch im Disput mit jungen Leuten „Ist Tracht „Gustav Freytag“ in Gotha das Thema gewählt Im Landhaus Studnitz im Bach-Stammort noch zeitgemäß“ „Cool betrachtet – der Wechmarer Heimatver- Wechmar, Hohenkirchenstraße 13 16.00 Uhr Premiere des neu einstudierten Tanzes, ein entdeckt sich neu“ ausgewählt. Dazu haben 11.00 Uhr Begrüßung und Vorstellung des The- Präsentation einer Umfrage. sie eine thüringenweit einmalige Veranstaltung mas mit Modenschau organisiert. Sie haben diese selbständig geplant, 11.30 Uhr Präsentation „Wechmars Tracht 2015“ Die reiferen Mitglieder des Wechmarer Heimat- Helfer angesprochen und verpflichtet, eine neue Vorstellung einer nach alten Vorlagen entwi- vereins sorgen den ganzen Tag für das leibliche Tracht entwickelt und geschneidert, ein Tanzse- ckelten Wechmarer Tracht die junge Leute an- Wohl der Gäste, jeder Trachtenfreund ist herzlich minar vorbereitet, wo die, die bisher nicht tan- spricht und gern von ihnen getragen wird willkommen, die jungen Leute in ihrer Arbeit zu zen konnten, das Volkstanzen lernen. Die öffent- 12.00 Uhr Spaziergang durch die Ausstellung „In unterstützen. liche Veranstaltung wird im Rahmen eines klei- die Tracht geschlüpft…“ nen Wechmarer Volksfestes am Muttertag von 13.00 Uhr Zünftiger Trachtenschmaus Knut Kreuch 20 JAHRE HEIMATVEREIN „ORIGINAL BREITENBACHER FÜSSLINGE“ E.V. Die „Original Breitenbacher Füßlinge“ e.V. fei- erten am Freitag, dem 21. November 2014 ihr 20jähriges Vereinsbestehen. Zu diesem Höhe- punkt waren natürlich alle Vereinsmitglieder aufgeputzt in ihrer Tracht erschienen. Und na- türlich hatten sie sich auch Gäste eingeladen: So erschien der Ortsteilbürgermeister Herr Grosa mit einer stattlichen finanziellen Unterstützung, von der Stadt Leinefelde-Worbis war Fr. Schröter da, vom Schützenverein und der kathol. Kirche kamen Vertreter sowie Vertreter gutbefreundeter mitglieder, sowie die Gäste. Zum Kaffee gab es Heimatvereine. Vom Thüringer eine Überraschung: Die Gastwirtin hatte große Landestrachtenverband sowie vom Eichsfelder Kuchen-Füßlinge gebacken, so dass jeder Gast Trachtenverband überbrachte M. Klingebiel die ein Stück Füßlingskuchen bekam, der hervor- Glückwünsche samt Buchpräsent und dankte für ragend schmeckte. Im weiteren Verlauf der Fei- 20 Jahre traditionserhaltendes Vereinsleben. er wurde nochmals auf das 20jährige Bestehen Die Feierstunde, die um 15.00 Uhr begann fand des Vereins eingegangen, der in den vergange- in der „Klienbaude“, einer Waldgaststätte un- nen Jahren sehr positiv zur Dorfentwicklung weit des Ortes Breitenbach statt. Die Betreiber beigetragen und das Dorf über die Vereinsar- hatten gut geheizt, so dass die Novemberwitte- beit bekannt gemacht hat. Bei gemeinsamen rung keinen störte. Im mit handgefertigten Liedern und einem Gläschen Wein saßen die Füßlingen dekorierten Gastraum empfingen Vereinsmitglieder noch lange mit ihren Gästen die langjährige Vorsitzende Fr. Steinmetz und zusammen. ihre Mitstreiterin Fr. Kanngießer die Vereins- Monika Klingebiel SPINNENDE JUNGS BEI DER THÜRINGER SPINNSTUBE IN WECHMAR Justin und David aus Hüpstedt stehen Industriellen Garnhunger stillen Produkten befriedrigt werden. So setzten sich so- in alter Tradition Als Adolf Friedrich Magerstedt 1862 die „Forst- gar mitunter Bauern und Knechte ans Spinnrad. Wie einst war jüngst das Bild in der Wechmarer und Landwirtschaftschaft des Fürstentums Auch die Schuljungen mussten wie die Mädchen Veit-Bach-Mühle: Auf Einladung des Thüringer Schwarzburg – Sondershausen“ beschrieb, kam mit ran. Insofern stehen Justin und David also in Landestrachtenverbandes trafen sich dort Thü- er auch darauf zu sprechen, dass sich die Männer ganz alter Tradition. ringer Spinnerinnen und Spinner. Frauen aus am Rade betätigten und sogar der kärglich besol- Und sie sind nicht allein, wie Luise Bachmann Hüpstedt, Friemar und Sonneborn drehten die dete Schulmeister und der Tagelöhner spannen. vom Eichsfelder Heimat- und Wanderverein Räder. Besonderes Augenmerk zogen der zwölf- Wie war der Drang der Männer nach dem Spinn- Hüpstedt zu berichten wusste. „Mir liegt es am jährige Justin Neubauer und der zehnjährige Da- rad entstanden? Der Garnhunger der Manufak- Herzen, dass die Spinnkunst weiter gegeben vid Löck aus Hüpstedt im Eichsfeld auf sich. Ja turen verlangte nach Gesponnenem. Webereien wird. Deshalb versuche ich, den Nachwuchs da- gab es denn das früher, spinnende Jungs? mussten mit Rohstoffen zur Herstellung von für zu begeistern.“ Doch die 77jährige kann da-
VERBANDSNACHRICHTEN 3 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG zu nicht warten, bis die Kinder zu ihr kommen. Garnmessen vor, die der Lamspringer Produkt- Sie geht in die Schulen und führt dort das Spin- designer Helge Ebert akribisch genau nach histo- nen vor. So gibt es mittlerweile eine Gruppe aus rischem Vorbild gefertigt hatte. Mädchen und Jungen, die eifrig dem drehenden Für Gerhard Wegerich aus Hüpstedt war es ein Handwerk frönen. „Mir macht es einfach Spaß, ganz besonderer Tag, konnte er doch ankündi- es ist schön, wenn man sieht, wie etwas entsteht.“, gen, dass das 4. Thüringer Wettspinnen am so Justin. Er wusste bis zu der Veranstaltung auch 30. August 2015 im historischen Gutshaus seines noch nicht, dass Männer und Jungen früher Heimatortes stattfindet. „Wir freuen uns auf ebenfalls spannen und kaufte sich deshalb aus zahlreiche Wettbewerber“. Interesse mal gleich die Broschüre über Spinn- stuben, die der Landestrachtenverband anbot. Text: Dirk Koch Fotos: Norbert Sander 2015 wieder Wettspinnen Rund um die Spinnerei lief ein zweistündiges Rahmenprogramm, unter anderem mit Ge- schichten aus dem Buch „Thüringer Hochzeit“, welches zahlreiche Vereine des Landestrachten- verbandes vorstellt. Mit Schnurren und Mori- taten erfreute der Bänkelsänger Markus von Vip- pach. Für das leibliche Wohl zeichnete sich die Veit-Bach-Mühle mit bestem Backwerk aus dem alten Backofen verantwortlich. Der Landes- trachtenverband stellte eine neue Weife zum 12. TANZLEITERSEMINAR MIT MAUD BUTTER Das zweite Wochenende im März war wieder für alle Tanzbegeisterten der Höhepunkt des Jahres. Dipl.-Tanzpädagogin Maud Butter aus Dresden, führte wieder in altbewährter Weise durch ein Tanzleiterseminar der Extraklasse. Das Thema war die Fortsetzung des Tanzleiterseminars vom vorigen Jahr mit dem „Thüringer Tanzplan“ von Arno Schlothauer, d. h. Rühler Springer, Müll- chentanz, Alter Thüringer Kirmestanz, Hopser, Hans bleib da, Alter Thüringer Schleifer, Mit mir im Kreis herum, zwei Thüringer Singwalzer und der Gänsereihen standen an diesem Tanzwo- chenende auf dem Programm, ein sehr straffer Plan, den es galt mit großer Disziplin und Kon- zentration umzusetzen. Die 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten konzentriert den Anwei- sungen von Maud Butter und auch wenn es nicht beim ersten Mal so gut aussah, wie es sich manch einer gewünscht hätte, aber beim vierten oder fünften Mal war man schon zufriedener und ern- im Stillen gedacht: „Wenn es bloß so leicht wäre, rabs, Dachwig, Tambach-Dietharz, Wechmar, tete auch schon mal ein Lob aus dem Mund der wie es aussieht“. Aber ich denke, am Ende des Wandersleben, Dingelstädt, Mengersgereuth- Tanzleiterin, die mit sehr viel Geduld immer wie- Lehrganges konnte jeder Teilnehmer auf ein er- Hämmern, Mosbach, Behrungen und erstmals der jeden Tanzschritt wiederholte, um zu zeigen, folgreiches Wochenende zurückblicken. Jeder zwei Tänzerinnen aus dem vogtländischen Erl- wie es richtig aussehen sollte und sicherlich hat hat reichlich dazu gelernt, auch wenn manch ei- bach von unserem befreundeten Verein dem 1. mancher mit Neid auf die leicht anzusehenden ner seine Glieder mehr spürte, als ihm lieb war. Trachtenverein Vogtland e.V.. Antje und Elke Ausführungen der Tanzpädagogin geschaut und Die Teilnehmer kamen in diesem Jahr aus Wall- hatten es für das erste Mal nicht leicht, aber da- für haben sie gut durchgehalten und verdienen unseren Respekt für die Geduld und das Durch- haltevermögen. Vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Jahr wieder, das würde uns natürlich sehr freuen und wäre auch unsere Zielvorgabe, dabeisein ist gut, dabeibleiben ist besser. Herzlichen Dank sagen wir Maud Butter für die Durchführung des Tanzleiterseminars und Nor- bert Munser für die musikalische Begleitung, denn auch er brauchte viel Geduld, um immer wieder die gleichen Takte in angemessener Ge- schwindigkeit zu spielen. Ich freue mich schon heute auf das 13. Tanzlei- terseminar am 5./6. März 2016 im Bürgerhaus Günthersleben-Wechmar mit Maud Butter und unseren tanzbegeisterten Teilnehmern. Eva Kowalewski
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 4 VERBANDSNACHRICHTEN VON BINSENWEISHEIT UND BINSENEIERN ERFOLGREICHES 10. BINSENEIERSEMINAR IM LANDHAUS STUDNITZ ZU WECHMAR „Robert, wo sind deine Eier?“ Erschrocken blickte Studnitz zu Wechmar trafen sich zum Frühlings- „Für uns Trachtenträger ist es wichtig, dass wir Mama Anke auf und rief „aber die zwei kann er anfang wieder 33 Frauen und Männer, die uns nicht nur über Trachtentragen, Tanzen und hier doch nicht zeigen“. Alles lachte. Da dachte ich jüngste war 4 Jahre und die älteste zählte mehr als Singen identifizieren. Wir pflegen auch die alten mir, was die Frauen schon wieder denken, dabei acht Lebensjahrzehnte. Den weitesten Weg nach Handwerkstechniken und Traditionen. Deshalb wollte ich doch nur die Teilnehmer des 10. Bin- Wechmar hatte eine Teilnehmerin aus dem vogt- sind wir dankbar, dass Karin Schneider seit so seneier-Seminars des Thüringer Landestrachten- ländischen Elsterberg, die mit Tochter und Enke- vielen Jahren immer wieder gern zu uns kommt verbandes im Landhaus Studnitz zu Wechmar lin bereits das zweite Mal dabei waren, aber auch und ihr Wissen weiter gibt“ erklärt Eva Kowa- mit ihren selbstgefertigten Kunstwerken richtig Teilnehmer aus Erfurt, Sonneborn, Ohrdruf, Il- lewski die Projektmanagerin des Thüringer Lan- ins Bild rücken. Da lachte plötzlich Oma Monika menau, Bad Langensalza, Waltershausen und na- destrachtenverbandes den enormen Zuspruch und ergänzte „Knut, so eine Spitzfindigkeit, hast türlich Günthersleben-Wechmar folgten der des Seminars, das auf jeden Fall 2016 fortgesetzt du mit dem Robert schon einmal gemacht“. Ich Einladung des Thüringer Landestrachtenver- wird. wusste nicht so recht, was sie meinte, doch dann bandes. Sie fertigten zum zehnten Male, unter Knut Kreuch ergänzte sie. „Weißt du nicht, damals als wir das der fachkundigen Anleitung von Karin Schnei- schöne Konzert der Jugendlichen im Landhaus der aus Eisenach, Binseneier. Ob Hühner- und hatten, da hast du doch den Robert gefragt. Sag Enteneier, Plastikschwellkörper oder Eier aus mal, wann geht’s los? Und Robert erklärte „Erst, Styropur, alles wurde kunstvoll mit Stoff verziert wenn ich mit dem Vorspiel fertig bin“. und mit Binsen belegt. Jeder Teilnehmer hatte Solche und andere kleine Anekdoten gehören selbst in den letzten Wochen Binsengräser ge- auch zum Leben in der Thüringer Trachtenfami- sammelt und mitgebracht. Als alle Eier im Körb- lie und sind es wert aufgeschrieben zu werden. chen waren, gaben die achtjährige Viktoria und Worüber sollen denn sonst in einhundert Jahren ihre Mutti Eva Jenennchen aus Ilmenau sogar unsere Nachkommen lachen? Im liebevoll einge- noch ein Konzert auf dem Steinway-Flügel im richteten Levin-Clauß-Saal des Landhauses Rokokosaal. HÄNG DEINE FAHNE IN DEN WIND FAHNENSCHWINGER AUS ÖHRINGEN BRINGEN 2015 FRISCHEN WIND INS GOTHARDUSFEST GOTHA Die Fahnenschwinger aus dem Hohenloher Land nenschwingen über Jahrhunderte in unserem dem Tod des letzten Grafen von Gleichen und kommen vom 1. bis 3. Mai 2015 in die europä- Bundesland beheimatet war. Im Katalog der blieben bis 1920 im Besitz großer Ländereien ische Kulturmetropole Gotha, um dort am tradi- Ausstellung „Gotha macht Schule“ entdeckte und Gebäude u. a. Schloss Ehrenstein in Ohrdruf tionellen Gothardusfest, dem Stadtfest zu Ehren Frank sogar den Hinweis, dass die Söhne des ge- und die Domäne Wechmar waren Besitz der Ho- des Stadtheiligen Sankt Gothardus (960 – 1038) nialen Thüringer Fürsten Herzog Ernst I. von henloher Fürsten. teilzunehmen. Sie sind die Vorboten, denn die Sachsen-Gotha (1601 – 1675) im Schulunter- Niemand hat es den Ehrenamtlichen in Tracht Stadt Gotha und der Thüringer Landestrachten- richt in der Fahnenkunst unterrichtet worden zugetraut, dass sie einer thüringischen Stadt mit verband wollen sich zu Pfingsten 2017 um die sind. der 50. EUROPEADE 2013 ein Festival schenken Ausrichtung des Internationalen Fahnenschwin- Wer also Lust hat die Fahnenschwinger aus werden, welches nachhaltig, die Thüringer Kul- gertreffens mit 350 Teilnehmern aus ganz Euro- Öhringen, eine seit vielen Jahren in ganz Europa turlandschaft verändert. Was die EUROPEADE pa bewerben. An alle drei Tagen werden die engagierte Gruppe zu erleben, der ist herzlich im ganz Großen bewies, dieses Flair wird das In- Öhringer mit ihren Aufführungen die Gäste un- zum Gothardusfest vom 1. bis 3. Mai 2015 in Go- ternationale Fahnenschwingertreffen in die Mit- terhalten. tha eingeladen. Übrigens, waren Öhringen und te Europas zurück bringen – Lebensfreude im Das Fahnenschwingen gehört in ganz Deutsch- das Gothaer Land über Jahrhunderte mit einan- Zeichen von Tracht und Tradition. land zu den traditionellen Handwerkstechniken der verbunden, denn die Fürsten von Hohenlo- der Männer, die sich aus dem Informationsdienst he erbten 1631 die Obergrafschaft Gleichen nach Knut Kreuch oder militärischen Übungen ableiten. Mit dem Schwingen ihrer Fahnen verständigten sich im Mittelalter die weit entfernt liegenden Ortschaf- ten. So diente das Fahnenschwingen nicht der Belustigung der Massen, sondern viel mehr der Unterrichtung der Bürger vor Kriegs- und Feu- ersgefahr. Im 21. Jahrhundert ist das Fahnenschwingen in Thüringen völlig in Vergessenheit geraten und wird hauptsächlich den südlichen deutschen Bundesländern und in Südeuropa sowie den Be- neluxstaaten ausgeführt. Es ist Frank Hößel aus Kaltenlengsfeld in der Rhön zu verdanken, dass er das Fahnenschwingen für die Teilnahme an der 50. EUROPEADE in Gotha wieder entdeckt hat. Besonders stolz kann die Stadt Gotha darauf sein, dass in der Universitäts- und Forschungs- bibliothek Gotha mehrere Handschriften und Drucke aus dem 15. und 16. Jahrhundert vorlie- gen, die farbige Abbildungen von Thüringer Fahnenschwingern zeigen, und somit auch der Beweis angetreten werden kann, dass das Fah- Fahnenschwinger aus Kaltenlengsfeld.
VERBANDSNACHRICHTEN 5 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG THÜRINGER IN TRACHT MIT MUSIK, TANZ UND DUDELSACK ZUR 52. EUROPEADE HELSINGBORG IN SCHWEDEN ERWARTET MEHR ALS 6.000 TEILNEHMER Seit die Thüringer 2013 bewiesen haben, dass sie Schloss Ehrenstein Ohrdruf, der Trachtengruppe von Auftritten absolvieren und mit Freunden aus perfekte Gastgeber einer Europeade sein können, „Cronlach“ Exdorf, Heimatverein Mosbach und ganz Europa zusammentreffen. so sind sie immer wieder gern gesehene Botschaf- vom Wechmarer Heimatverein. Die Thüringer ter zum größten Folklorefestival Europas. Hel- werden an den fünf Tagen wieder eine Vielzahl Knut Kreuch singborg in Schweden ist die diesjährige Gastge- berstadt und erfreut sich einen so großen Zu- spruchs, dass eine Teilnehmerbegrenzung aus- gesprochen werden musste. Mehr als 6.000 Teil- nehmer haben sich angemeldet und in Helsing- borg stehen nur 4.500 Übernachtungsmöglich- keiten zur Verfügung, so dass in diesem Jahr Teil- nehmern abgesagt werden musste. Der Thüringer Landestrachtenverband wird vertreten sein mit der Thüringer Landestrachtengruppe, gestellt von den Tänzern und Musikanten des Trachten- vereins „Schumlach“ aus Lindenberg. Die Stadt Gotha lässt zum wiederholten Male das Fanfaren- und Showorchester der Residenzstadt aufspielen. Aus Gotha starten auch zwei Bürgerbusse mit bis- her 80 Teilnehmern. In diesen Bussen reisen auch Mitglieder in Tracht, so Kinder der Thüringer Trachtenjugend, Mitglieder der Folklore-Vereini- gung „Alt Ruhla“, der Interessengemeinschaft Thüringer Delegation zur 51. EUROPEADE in Kielce. THÜRINGISCH-SAARLÄNDISCHE TRACHTENBEGEGNUNG Jedes Jahr sucht der Thüringer Landestrachten- dischen Tanz- und Trachtenverband eine Tagung zung der Heimat- und Trachtenpflege der verband e.V. nach einem neuen Partner in abzuhalten und gemeinsame Projekte zu bespre- deutschsprachigen Gruppen in der Republik Po- Deutschland, mit dem ein intensiver Dialog und chen. Bereits im Vorfeld werden in Wechmar len liegt den Thüringer Heimat- und Trachten- Interessenaustausch begonnen werden kann. In Mitglieder der Trachtengruppe Dramatal aus vereinen sehr am Herzen, seit vielen Jahren ha- diesem Jahr fahren 10 Mitglieder des Thüringer Oberschlesien in Polen erwartet, mit denen die ben die Thüringer Patenschaften nach Polen und Landestrachtenverbandes nach Homburg an der Thüringer Trachtenträger seit 1994 in freund- wollen diese Kontakte immer weiter ausbauen. Saar, um dort mit den Freunden vom Saarlän- schaftlicher Verbindung stehen. Die Unterstüt- Knut Kreuch HEY, WIR SIND DRIN ... Vom Thüringer Landestrachtenverband stand nicht ganz einfach, zumal der Großteil zwischen Wir finden das Angebot vom Landestrachtenver- das Angebot an alle Vereine, sich im Internet zu 60 und 80 Jahren ist und nicht viel mit Compu- band, uns auf deren Internetseite präsentieren zu präsentieren. ter am Hut hat. dürfen, ganz toll. Wow!!!!! Warum eigentlich nicht? Nun kam uns das Glück zu Hilfe. Unser Rainer Damit erreicht man heutzutage doch viel mehr Voigt geht jetzt in Pension und er hat sich bereit An dieser Stelle also auch ein ganz großes Leute und warum sollen die nicht wissen, was erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen. Das fin- – DANKESCHÖN – an den Landestrachtenver- unser Verein so alles macht? den wir alle ganz großartig. band für diese Möglichkeit. Die Überlegungen, uns im Netz zu zeigen, stan- Also nahmen wir das Angebot zur Schulung, die Also, schaut jetzt alle einfach öfter mal auf die den ja im Verein schon mehrmals im Raum. Die Rene Jung und Adrian Fiedler anboten, an. Zwei Seite des Thüringer Landestrachtenverbandes Kosten hielten uns jedoch immer davon ab. Termine standen zur Auswahl. Wir konnten erst und ihr seid auch über unsere Aktivitäten infor- Und – jemand muss die Homepage ja auch pfle- am 17.01. nach Wechmar fahren. Es war sehr in- miert. gen!!! Aktuelle Termine, Berichte, Fotos, usw. gilt teressant, wir haben viel gelernt und Neues er- es ständig zu aktualisieren. Bei 20 Mitgliedern fahren. Sigrid Wagner DANK AN DIE MITGLIEDER DES VORSTANDES IM THÜRINGER LANDESTRACHTENVERBAND Ist es nicht eine wahre Freude, unsere „Thüringer hen. Die Welt ist bunt und voller Eindrücke, die Schwarz-Weiß-Druck gar nicht zur Geltung ka- Trachtenzeitung“ seit einem Jahr mit neuer Aus- das Leben einfach schöner machen! men. Schon das Titelblatt mit der grünen Kopf- strahlung in Farbe durchblättern zu können? Bil- In den drei Ausgaben des 18. Jahrgangs erschei- zeile sticht sofort ins Auge. Diese Investition in der sagen mehr als tausend Worte und oft wird nen die Mitglieder der Vereine in ihren schicken die Zukunft lohnt sich mit jeder Ausgabe wieder schon nach dem ersten Eindruck entschieden, ob farbigen Trachten der jeweiligen Heimatregion aufs Neue. Vielen Dank dafür an die Mitglieder man es mitnimmt und liest oder unbeachtet lie- gleich viel ansprechender und freundlicher. Man des Hauptvorstandes. gen lässt. Und auch wir müssen mit der Zeit ge- erkennt viele Details der Tracht, die vorher im Christina Reißig, 1. Backfrau
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 6 VERBANDSNACHRICHTEN WETTBEWERB „BESTER THÜRINGER BLECHKUCHEN“ ZUR ERFURTER MESSE VOM 03. BIS 08. MÄRZ 2015 Die Schönauer Backfrauen haben die Ehre des Dabeisein war alles und die beiden konnten ei- Thüringer Trachtenverbandes gerettet und am nen schönen Tag auf dem Messegelände erleben. 03. März am ausgeschriebenen Wettbewerb teil- genommen. Mitmachen konnte jeder Verein, Christina Reißig, 1. Backfrau aber auch Privatpersonen, indem man am Vor- mittag Kostproben seines Kuchens abgeben musste, die von einer Jury der Bäckerinnung be- gutachtet wurden. Zwei Backfrauen, Karin Back- haus und Heiderose Baade, haben sich dieser sü- ßen und interessanten Angelegenheit angenom- men, den immer gern gegessenen Thüringer Blechkuchen mit Schwarzen Johannisbeeren und Bienenstich, verfeinert mit einem Eischnee- schaum, zu backen und damit zur Messe nach Erfurt zu fahren. In Tracht sind die beiden dort natürlich schon mal durch ihr Erscheinungsbild aufgefallen und haben dann schließlich den drit- v.l. Karin Backhaus und Heiderose Baade starten ten Platz belegt. mit ihrem leckeren Kuchen zur Messe nach Erfurt. MISSION ZUKUNFTSWERKSTATT Deutsche Trachtenjugend arbeitete in Erfurt • Spaß und Freunde Vertretung des Erfurter Oberbürgermeisters produktiv für die nächsten Jahre: Gelebte Demo- • einen guten Plan für die Zukunft grüßte die 1. Ehrenamtliche Beigeordnete Karin kratie im Jugendverband • Tanzanregungen Landherr, die in ihren Worten den Bogen von ih- Die Deutsche Trachtenjugend ist aktiv im Deut- • neue Freunde rem Jugendengagement in der Volkstanzgruppe schen Bundesjugendring (DBJR) engagiert. Dort • kein Heimweh Elgersburg bis ins tänzerische Heute spannte. sorgt sie gemeinsam mit vielen anderen Bundes- Die Jugendlichen arbeiteten in sieben Kleingrup- verbänden im Jugendbereich dafür, dass Jugend- pen selbstständig und aktiv. Die Ergebnisse las- Auf der Tagesordnung der Präsidiumssitzung verbandsarbeit demokratisch gelebt wird und sen einiges für die Zukunft erwarten. Es sind stand die Neuwahl eines Schatzmeisters. Nach- die Interessen junger Menschen angemessen ver- mehr als brauchbare Arbeitsgrundlagen entstan- dem Hubert Hergenröther entlastet war, wurde treten werden. Die in Erfurt stattfindende Zu- den, so der Tenor bei der Auswertung. Heimweh der Rheinland-Pfälzer Tobias Boos in dieses Amt kunftswerkstatt der Deutschen Trachtenjugend tauchte nicht auf! Das war schon dem eng getak- gewählt. Zwei Beschlussvorlagen gelangten zur wurde von allen Teilnehmern mit großer Span- teten Programm geschuldet. Abstimmung. Die DTJ positionierte sich zum nung erwartet. Die Meinungen der Jugendlichen Stellenwert der Erinnerungsarbeit als Grundlage werden jetzt verstärkt in den Vordergrund treten Präsidiumssitzung im Thüringer Landtag der Demokratie und zum Wert des Sonntags. und aktiv die Ausrichtung der Verbandsarbeit in Die Präsidiumssitzung der Deutschen Trachtenju- Anschließend kam es zur Vorstellung der Ergeb- den nächsten Jahren bestimmen. Entsprechend gend, die am Samstagnachmittag ab 14.00 im Er- nisse der Zukunftswerkstatt. waren die Erwartungen der Teilnehmer formu- furter Landtag tagte, war für alle wichtiger Höhe- liert, die sie bei ihrer Ankunft aus den Koffern punkt. Das Grußwort hielt der Thüringer Land- Text: Dirk Koch, Fotos: Tommy Schwarzbach packten. Folgende Wünsche und Vorstellungen tagspräsident Christian Carius. Er sagte unter an- an den Tag in Erfurt waren z. B. zu hören: derem: „Was verbindet unsere Gesellschaft in der • neue Akzente für die DTJ Demokratie trotz mancher heftiger und notwen- • viel Spaß, witzige Momente diger Diskussionen und demokratischer Streitkul- • Zuwachs für die Musiker für den Volkstanz- tur? Es ist unter anderem das Festhalten an ge- bereich meinsamen Werten, wie Tracht und Tradition.“ • neue Gedanken Der Präsident des Deutschen Trachtenverbandes, • brauchbare Ergebnisse Knut Kreuch, richtete ebenfalls einige Worte an • Anregungen für den Deutschen Kinder- und die jungen Trachtler: Erfurts bedeutendstes Jugendtrachtentag in Öhringen Wahrzeichen ist die Krämerbrücke, und die Auf- • Anregungen für die eigene Jugendarbeit gabe der Trachtler ist es, Brücken zu bauen. So • Neues für den Verein steht dieses Erfurter Symbol für den Deutschen • vielseitige Ergebnisse Kinder- und Jugendtrachtentag in der Stadt. In
VERBANDSNACHRICHTEN 7 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 70 JAHRE NACH AUSCHWITZ ZEICHEN GESETZT: JUGENDBEWEGUNGEN UND JUGENDORGANISATIONEN BETONTEN IHRE INTERNATIONALE FREUNDSCHAFT UND ERKLÄRTEN IHR GEMEINSAMES ENGAGEMENT FÜR WÜRDEVOLLES UND GUTES LEBEN. DIE DEUTSCHE TRACHTENJUGEND WIRKTE DABEI AKTIV MIT. Thüringens, lieferte Topf und Söhne die Krematoriumstechnik. Die Gedenkstätte wird oft von Landesverbänden der Deutschen Trachtenjugend besucht, wenn sie im Rahmen von Workcamps in Thüringen sind. Einen der Bildungsbesuche mit der zahlen- mäßig größten Teilnehmerzahl hat hier die Trachtenjugend Ba- den-Württemberg absolviert. Auf der Rampe von Auschwitz, Januar 2015. Foto: Jonas Freihart DER WEG ZUR GESCHICHTE BEGINNT BEI UNS IN THÜRINGEN Das Vergangene ist oft weit weg und unrealistisch, wenn man da- mit nicht direkt in Berührung kommt. Auschwitz: Ein gewaltiges Im Stammlager Auschwitz. Foto: Dirk Koch Wort, welches für eines der größten Verbrechen der Menschheits- geschichte steht. Das ist bekannt und jedem bewusst, das dun- Die Deutsche Trachtenjugend beteiligte sich am Seminar des kelste Kapitel deutscher Geschichte. Zeitlich sind bereits 70 Jah- Deutschen Bundesjugendrings in Krakau und Auschwitz. re vergangen, seit das Massenvernichtungslager zum Inbegriff 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz arbeiteten junge der Menschenverachtung wurde. Menschen aus Deutschland, Israel, Polen, Tschechien und Öster- Die Entfernung zu Auschwitz ist aber in Wirklichkeit nicht groß. reich gemeinsam gegen das Vergessen. Vor der zentralen Gedenk- Im heutigen Erfurter Ortsteil Bischleben, nur wenige Kilometer veranstaltung am 27. Januar 2015 im ehemaligen Konzentrati- von der Geschäftsstelle des Thüringer Landestrachtenverbandes onslager Auschwitz entwickelten sie aus verschiedenen Erinne- e.V. in Günthersleben-Wechmar entfernt und zur Zeit des Drit- rungskulturen eine gemeinsame. „Das war eine große Herausfor- ten Reiches ebenso wie Wechmar zum Kreis Gotha gehörig, lebte derung aber zugleich eine riesige Chance im Kampf gegen der Oberingenieur Kurt Prüfer, der die Verbrennungsöfen für die Rassismus und Hass“, sagte Stephan Groschwitz, Vorsitzender des Krematorien unter anderem im KZ Auschwitz-Birkenau plante, Deutschen Bundesjugendrings. realisierte und der mehrmals selbst dorthin reiste, um die Anla- Der Deutsche Bundesjugendring (DBJR), der israelische Jugend- gen bautechnisch zu betreuen. In Freizeitarbeit entwickelte ring „Council of Youth Movements in Israel“ (CYMI) und der er in seiner Bischlebener Wohnung die Verbrennungsöfen für das polnische Jugendring „Polska Rada Organizacji Młodzieżowych“ Konzentrationslager Auschwitz technisch weiter, um die Bedürf- (PROM) bereiteten sich seit mehr als einem Jahr gemeinsam vor. nisse der SS besser zu befriedigen und in seiner Firma „Topf und In Krakau und Auschwitz kamen vom 24. bis 27. Januar 2015 Söhne“ zu mehr Ansehen zu gelangen. Der Krematoriumsbau rund 150 Verantwortliche aus Jugendverbänden und -organisa- machte in diesem Erfurter Unternehmen ungefähr zwei Prozent tionen der drei Länder zusammen sowie aus Österreich und des Umsatzes aus. Es sind Dokumente erhalten, in denen er bei Tschechien. Für die Deutsche Trachtenjugend war es als Mitglied der Betriebsleitung eine Sonderprämie für sich einfordert, weil des DBJR selbstverständlich, an dieser wichtigen Veranstaltung die Leistung der Öfen ein Drittel höher war, als von ihm konzi- teilzunehmen. piert. Bei der Ausfahrt aus dem Erfurter Hauptbahnhof fällt links das Verwaltungsgebäude der ehemaligen Firma Topf und Söhne Betroffenheit bei der Lagerbesichtigung auf, in dem sich unter anderem das Büro Kurt Prüfers befand. Seit „Arbeit macht frei“ steht in geschmiedeten Lettern über dem 2011 ist dort eine Gedenkstätte eingerichtet. Der Glockenturm Haupteingang des Stammlagers Auschwitz. Der Besuch dieses der nahen Gedenkstätte Buchenwald ist von Erfurt aus gut zu se- Geschichtsortes war erster Programmpunkt der Jugendringe. hen. Auch für dieses Konzentrationslager, mitten im Herzen Wie die Fremdenführerin der Gedenkstätte erklärte, wurde es am
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 8 VERBANDSNACHRICHTEN Anfang als Arbeitslager für polnische Häftlinge errichtet und die- Ganz still wird es, als die Fremdenführerin erklärt, was mit der Asche ser Zweck mit dieser höhnischen Inschrift über dem Eingangstor der Opfer geschah: Auf Felder verstreut, zum Straßenbau verwendet, unterstrichen. Die Nazis benötigten die Arbeitskräfte, die Stein- in Seen und Gräben gekippt. Unmittelbar neben dem Krematorium kohlereviere lagen nicht weit entfernt. Im Lager Auschwitz-Mo- befindet sich solch ein See. Der Großteil der Asche wurde zur nahen nowitz befanden sich Fabrikhallen, in denen die Häftlinge Weichsel transportiert und in den Fluß geschüttet. Zwangsarbeit leisteten. Im Stammlager erfolgten die ersten Expe- Wichtiger Meilenstein für den polnischen Jugendring rimente mit der Ermordung von Häftlingen in der Gaskammer, die dann zur Grundlage der Massevernichtungsmaschinerie im Für den polnischen Jugendring, kurz PROM, ist die gemeinsame drei Kilometer entfernten Auschwitz-Birkenau wurden. Späte- Veranstaltung mit dem Israelischen und Deutschem Jugendring stens im Krematorium des Stammlagers kehrt der Bezug zur un- ein ganz wichtiger Meilenstein auf dem Weg der weiteren Einbin- mittelbaren Heimat bedrückend wieder. Die Fremdenführerin dung in das gesellschaftliche und politische Leben Polens und in der Gedenkstätte erwähnt ausdrücklich die Ofenlieferungen der Zusammenarbeit mit anderen Jugendringen gewesen. Erst durch die Erfurter Firma Topf und Söhne. Sie erzählt, wie diese 2011 gegründet, steht er noch in den Anfängen seines Wirkens die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte angab, sie berichtet von 300 für junge Menschen. Der Dialog wird sichtbare Akzente in seiner „Stück“ am Tag in diesem Krematorium. Als sie die Zahlen für Weiterentwicklung setzen. die Krematorien in Auschwitz – Birkenau nennt, schaudert es fast Die polnische Vizeministerin für Erziehung, Ewa Dudek, nahm jeden in der Gruppe. Diese gehen weit in die Tausende. Mit die Begrüßung der Veranstaltungsteilnehmer vor. Der gemein- „Stück“ bezeichneten die Konstrukteure die Leichen der Ermor- same Dialog schafft Perspektiven in der Zusammenarbeit der derten. Länder, der Jugendringe und der Erinnerungs- und Zukunftsar- Hinter jedem der nüchternen Zahlen stecken Menschenleben. beit, darin waren sich alle Referenten zur offiziellen Eröffnung im Menschen die geatmet, gegessen, gearbeitet, geliebt und gelebt Krakauer Hotel Hilton Garden klar. Stephan Erb vom Internati- haben. In den musealen Einrichtungen der Gedenkstätte wird onalen Bildungs- und Begegnungswerk betonte, dass in Zukunft deutlich, dass jedes einzelne Opfer ein Gesicht hat. Schuhe, Käm- mehr gemeinsame Besuche von deutschen und polnischen Ju- me, Koffer und Prothesen künden davon. Den Leichen wurde vor gendlichen in Gedenkstätten in beiden Ländern möglich sein der Verbrennung das Haar abgeschoren und an Firmen verkauft, werden, die auch noch offen für dritte Länder sind. Immanuel die daraus Filzwaren herstellten. Goldzähne zog man und Benz vom DBJR unterstrich, dass es völlig falsch ist, die Botschaft schmolz sie ein. Auschwitz unter dem lapidaren Gedanken „Geschichte ist halt Auschwitz-Birkenau: Der Inbegriff des Grauens, zu dem Men- Geschichte“ abzutun. „Vielmehr bildet das Verständnis dieser Er- schen fähig sind. Der weltbekannte Wachturm über der Einfahrt eignisse die Grundlage für eine gemeinsame Kultur des Erin- ist bereits für die Gedenkveranstaltung verhüllt. Einst befand sich nerns. Dies ist das erklärte Ziel dieser Veranstaltung.“, so Benz. hier ein kleines Bauerndorf auf morastigem Grund, die pol- Die Grundlagenarbeit für den unmittelbaren Dialog in der Ver- nischen Bewohner wurden vertrieben. Zwei der alten Bauern- anstaltung erfolgte in fünf Kleingruppen, die jeweils von Tea- häuser dienten als erste Gaskammern. Wir legen den Weg zurück, mern aus Polen, Israel und Deutschland geleitet wurden und sich auf dem über eine Million Menschen in den Tod gingen. Viele aus Teilnehmern aus diesen drei Ländern zusammensetzte. In von ihnen sind von daheim aufgebrochen, im Glauben, sie wür- den Arbeitsgruppen wurde die Annäherung an das Thema im den als Arbeitskräfte im Osten benötigt. Sie kamen aus Griechen- vertrauten Rahmen angegangen. Die Vertreter lernten sich ge- land, Frankreich, Österreich, Tschechien, Polen und 1944 vor genseitig kennen, stellten sich selbst, ihre Jugendarbeit und ihre allem aus Ungarn sowie aus vielen anderen Ländern. Die Rampe Intentionen in Bezug auf Auschwitz vor. Übereinstimmend war von Auschwitz wurde im Rahmen der Ungarnaktion angelegt, bereits zu Beginn der Gruppenarbeit die Erkenntnis, jungen und erst seitdem fuhren die Waggons bis dorthin. Hier fand dann Menschen mit einer neuen Erinnerungskultur eine Basis für De- die Selektion statt, bei der SS-„Ärzte“ lediglich nach Gutdünken mokratie zu geben. entschieden, wer in den Tod gehen musste und wer zur Zwangs- Während des gesamten Seminars standen immer wieder ge- arbeit. Damals wurden fast 440 000 Jüdinnen und Juden aus Un- schichtliche Gegebenheiten von Auschwitz und der damaligen garn hierher deportiert und in den Krematorien sowie in Gruben Zeit im Mittelpunkt der Betrachtungen. So wurde die Ideologie unter freiem Himmel wurden pro Tag bis zu 10 000 Leichen ver- der Nazis erläutert, auf der letztendlich das Verbrechen von Aus- brannt. chwitz möglich war. Mitarbeiter der Gedenkstätte Auschwitz führten in Fakten des Lagers ein. Eine Arbeitsgruppe konnte sich z.B. mit den Medizinischen Experimenten beschäftigen. Am En- de wurde die Frage, ob damals gewonnene Erkenntnisse, auf die tatsächlich wissenschaftlich zum Nutzen der Menschen aufbau- bar wäre, heute real genutzt werden sollten, heftig diskutiert. Die Meinungen dazu gingen auseinander. In anderen Arbeitsgrup- pen standen der Widerstand im Lager, das Leben der Frauen und die Ermordung der Häftlinge durch Zwangsarbeit im Mittel- punkt. Wissen, Einfühlungsvermögen und Aktionen Wie erinnern sich die Menschen in Deutschland, in Israel und in Vertreter des polnischen, deutschen und israelischen Jugendrings mit der pol- Polen an den Holocaust? Zwischen Familiengeschichte und kol- nischen Vizeministerin für Bildung, Ewa Dudek. Foto: Dirk Koch lektivem Erinnern, zwischen persönlichem und gesellschaft-
VERBANDSNACHRICHTEN 9 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG lichem Blick wurde am Sonntag rege weiter diskutiert. Der Dis- Am Montagnachmittag werden die Eindrücke ganz eindringlich, kurs über die Erinnerungsarbeit in und zwischen den Gesell- denn es geht gemeinsam zur Gedenkstätte Auschwitz. In den Ge- schaften gewann an Fahrt. So kam unter anderem zur Sprache, sprächen wird die große Bedeutung klar, die Auschwitz für die die den Bildungsprozess durch die Fragen der Jugendlichen zu ge- jüdischen Seminarteilnehmer und das jüdische Volk weltweit be- stalten. Es ist besser, Fragen zu stellen und diese dann im Diskurs sitzt. Die emotionale Anspannung war spürbar. Eine Teilneh- zu beantworten, als wenn die jungen Leute mit der Beantwortung merin wartete gespannt darauf, den Nachmittag mit den pol- allein gelassen werden. Sie sollen lernen, Meinungen zu differen- nischen und deutschen Seminarteilnehmern zu absolvieren. Ih- zieren. Als wesentliches Konzept für die Erinnerungsarbeit im Ju- re Großmutter, die den Holocaust überlebt hatte, freute sich, dass gendbereich kristallisierten sich drei Säulen heraus. Einmal die solch eine Veranstaltung stattfindet. Sie gab ihrer Enkelin mit auf Vermittlung des Wissens, dann das Einfühlungsvermögen in die den Weg „Es ist gut, den Dialog zu führen, weil die Menschheit geschichtlichen Vorgänge durch die jungen Leute und darauf nur so eine Zukunft hat.“ aufbauend die Aktionen der aktiven Erinnerungsarbeit. Unab- Ein anderer Teilnehmer der israelischen Delegation kommt be- hängig vom nationalen Kontext können diese drei Säulen lände- reits zum 20. Mal nach Auschwitz. „Ich muss hier sein, das gehört rübergreifend gelten. zu meinem Leben.“ Seine Großeltern wurden hier ermordet. Ur- sprünglich stammt die Familie aus Ostfriesland und hat zahl- Leben im Krakauer Ghetto reiche Phasen des Holocaust in Deutschland und den besetzten Gebieten erleiden müssen, unter anderem wurde sie zwei Jahre im Ghetto Theresienstadt eingesperrt. Auch andere seiner Fami- lienmitglieder sind in Konzentrationslagern der Nazis umge- kommen, deshalb bilden für ihn und seine Familie die Besuche an Erinnerungsorten immer wieder Wege zu den eigenen Wur- zeln. Es fallen Ortsnamen wie Mauthausen, Sachsenhausen und Buchenwald. Und immer wieder die Frage, wie es sein wird, mit Polen und Deutschen gemeinsam zu gedenken. Museum Apotheke im ehem. Krakauer Ghetto. Foto: Dirk Koch Am Sonntag wurde Tadeuzs Pankiewicz’s Pharmacy zum Ziel eines Teils der Gruppe beim durch den Polnischen Jugendring or- ganisierten Abendprogramm. Als Polen von den Deutschen be- setzt war, kam es in Krakau zur Einrichtung eines jüdischen Ghet- tos. Die Apotheke des Krakauer Pharmazeuten Tadeusz Pankiewi- czs befand dadurch im abgezäunten und ummauerten Bereich des Ghettos wieder. Pankiewiczs wehrte sich erfolgreich gegen eine Verlegung seines Geschäfts, zahlte dafür zum Teil sogar Schmier- gelder, wie bei beim Besuch der heutigen Museumseinrichtung zu erfahren war. Für seinen Einsatz bei der Rettung der Juden erhielt Pankiewicz von Israel 1983 die Medaille „Gerechter unter den Buch der Namen. Foto: Jonas Freihart Völkern“, die heute in seiner ehemaligen Apotheke ausgestellt ist. „Pankiewicz rettete die Menschen, weil sie Hilfe brauchten.“, so Ganz eindrücklich gestaltet sich für alle das Eintreten in den betonte der Fremdenführer des Museums. „Er handelte aus reiner Block 27, den jüdischen Block im Stammlager Auschwitz. Hier Menschlichkeit, ohne dafür religöse Beweggründe zu haben.“ In befindet sich die Dauerausstellung über die Shoa, wie der Holo- den ehemaligen Arbeitsräumen erzählen die historisch eingerich- caust in Israel bezeichnet wird. Die Eintretenden werden mit tete Apotheke, Dokumente, Fotos und andere Ausstellungsstücke dem Treblinkalied empfangen, welches die Deportierten auf ih- von der Geschichte des Krakauer Ghettos. rer Fahrt ins Vernichtungslager Treblinka sangen. Neu ist für Gedenkveranstaltung der Jugendverbände viele die Aussage der Ausstellung, wie reich das jüdische Leben in Europa vor dem Holocaust gewesen ist. Kinder singen, Mädchen tanzen, ein Ehepaar sieht zufrieden von seiner Terrasse herab- die Filmszenen mit Ton laufen endlos an den Wänden und sind ein- dringlich. Ebenso der Raum mit den Kinderzeichnungen: Über eine Million Opfer des Holocaust waren Kinder. Ganz eindring- lich wird es für die israelischen Seminarteilnehmer, als sie im Buch der Erinnerung die Namen von Vorfahren finden, die in Auschwitz umgekommen sind. Hier werden alle Namen derer aufgeführt, die damals ihr Leben verloren. Es ist das größte Buch, was es wohl auf der Welt gibt, ca. sieben Meter dick. Danach erzählt Asher Oud, der 1928 geboren wurde und vom Kranzniederlegung der Jugendverbände. Foto: Dirk Koch August 1944 bis Januar 1945 in Auschwitz war, eine Station eines
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 10 VERBANDSNACHRICHTEN Offizielle Erinnerungszeremonie zum 70. Jahrestag der Befreiung des Lagers Die Teilnahme an der offiziellen Gedenkveranstaltung auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz- Birke- nau schloss des Seminar ab. Sie fand am 27. Januar 2015 statt, ge- nau 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee. „Eine Minute in Auschwitz war wie ein ganzer Tag...“, so berichtete ein Überlebender. Die Gedenkansprache hielt der pol- nische Präsident Bronislaw Komorowski. Asher Oud berichtete aus seinem Leben. Foto: Jonas Freihart Nach dem religösen Abschluss der Gedenkzeremonie, bei der un- langen Leidensweges, über sein Leben. Das hier in Auschwitz zu ter anderem der Deutsche Bundespräsident Joachim Gauck an- tun ist sein Sieg, ebenso das Weiterleben seiner Familie. Er erzählt wesend war, liefen die Teilnehmer den langen Weg über die Ram- ohne jede Bitterkeit, spricht fließend und deutlich Englisch, wie pe bis hin zum Mahnmal. „Die Zukunft unserer Kinder darf nicht man erfährt, noch einige andere Sprachen. Jeder Satz reißt mit, so aussehen wie unsere Vergangenheit!“ appellierte der Überle- er läßt keine Frage unbeantwortet. „Es ist mein Anliegen, meine bende Roman Kent an uns alle, an die ganze Weltbevölkerung. Arbeit, davon zu berichten.“ Die Enkel und Urenkel der Überlebenden waren deshalb unter Jetzt beginnt die Gedenkveranstaltung der Jugendverbände vor den ersten Gedenkenden, die am Mahnmal Kerzen entzündeten Block 27, die von den Teilnehmern aus Israel eindringlich mit und Blumen niederlegten. Die Gedenkveranstaltung hat sehr be- Gesang und Versrezitation in hebräischer Sprache begleitet wird. rührt und das Ansinnen der Jugendverbände nachhaltig unter- Die Blumengebinde liegen im nassen Schnee. strichen: „Wir sind die Generationen, die das Gedenken und Er- innern ohne lebende Zeitzeugen in die Zukunft tragen müssen.“ Handlungsgrundlage für die Zukunft: Jugendverbände er- klären gemeinsame Position Bericht von Dirk Koch, als Mitglied des Vorstandes der Deut- schen Trachtenjugend deren Vertreter bei der DBJR-Veranstal- Es schließt sich der wichtigste Teil des gesamten Seminars an, die tung in Krakau und Auschwitz. gemeinsame Erklärung der Jugendringe. Sie betonen darin unter anderem, den Geist der zwischen ihnen herrschenden internati- Knut Kreuch, Präsident des Deutschen Trachtenverbandes e. V. und onalen Freundschaft, wollen weiterhin voneinander lernen und Vorsitzender des Thüringer Landestrachtenverbandes e. V. auf dem Bildungsarbeit zum Gedenken des Holocaust machen. Men- Deutschen Kinder- und Jugendtrachtentag am 14. März 2015 in Er- schen sollen in einer Welt ohne Angst verschieden sein können. furt: „Auschwitz ist deutsche Verantwortung und muss Mahnung Die Jugendverbände erklärten weiterhin, die gemeinsame Ver- in Europa sein. Lasst uns Resolutionen verfassen, aber noch wich- antwortung dafür zu tragen, dass sich so etwas wie Auschwitz nie tiger ist, sich jedes Jahr in Auschwitz zu treffen. Jugendliche, die wiederholt. Der Verlauf der Geschichte ist weder zwangsläufig, Auschwitz sehen, werden nie in der Lage sein, Menschen Gewalt noch vorgegeben, sondern er wird von Menschen herbeigeführt. und Schrecken anzutun. Wir dürfen nicht nur betrachten, son- „Als Jugendverbände übernehmen wir gemeinsam Verantwor- dern müssen täglich die Tracht des Schweigens ablegen. tung, Erinnerung und Gedenken an den Holocaust aufrecht zu Auch 2015 macht die Menschheit Fehler. Wie könnte es sonst ge- erhalten. Das Damals zu verstehen, um im Heute handeln zu schehen, dass die „Befreier von Auschwitz“ vom Januar 1945 sieb- können, ist Ziel unserer Erinnerungsarbeit“, sagt Immanuel zig Jahre später nicht zu den Gästen des Gedenkens gehören, Benz, stellvertretender Vorsitzender des DBJR. mahnte Knut Kreuch. Das Tor des KZ Auschwitz Birkenau war in das Gedenkzelt einbezogen. Foto: Dirk Koch
VERBANDSNACHRICHTEN 11 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG EULENSPIEGEL & CO: THÜRINGER TRACHTENVERBAND UND TRACH- TENJUGEND PRÄSENTIERTEN ECHTE ERFURTER PUFFBOHNEN LOKALKOLORIT IM ZEICHEN DES ERFURTER RADES Trotz der vielen Programmpunkte im Rahmen Daten des historischen Stars abgeliefert werden, des 9. Deutschen Kinder- und Jugendtrachten- bevor es dann zum Spiel- und Tanzabend mit tages am dritten Märzwochenende kam das Ken- dem Thüringer Folklore Ensemble in der Tanz- nenlernen von Erfurt nicht zu kurz. Am späten tenne auf dem Erfurter Petersberg ging. Samstagnachmittag ging es kreuz und quer durch die Stadt. Für diesen Programmpunkt wa- Puffbohnen als Souvenir ren fünf Stadtsuchergruppen unterwegs. Jede Das Rahmenprogramm hat für die Trachtengä- Teilnehmergruppe traf eine Person aus Erfurts ste vielleicht Lust gemacht, mal wieder nach langer Geschichte, die von jüngeren oder älteren Thüringen zu reisen. Vielleicht zur Bundesgar- Laiendarstellern verkörpert wurde. Von diesen tenschau nach Erfurt im Jahre 2021. Bevor es so- wurden die Gäste kurz und knapp in die Historie weit ist, haben sie noch Gelegenheit, sich mit der eingeführt. Till Eulenspiegel war einer dieser sehr Zucht weißkerniger Erfurter Puffbohnen zu be- lebendigen Stadtstars, der die Gäste aus Nie- dersachsen und Baden-Württemberg mit Schel- schäftigen. Der Thüringer Trachtenverband gab len und seiner Gitarre zum Mitsingen einlud. sie als Erinnerungsgeschenk mit. Dazu gab es die Gartenbaupionier Christian Reichart erwartete Anleitung zum Kultivieren: „Bis spätestens Ende die Stadtsucher in der Montur seiner Zeit im März sollten sie in der Erde sein, später geht auch Hochheimer Dreibrunnenfeld und pries Puff- noch. Im Juli könnt Ihr dann ein leckeres Mahl bohnen, Blumenkohl und Brunnenkresse an. Für essen. Ihr könnt jedes Jahr ein paar Bohnen reif Lacher sorgte die Tatsache, dass er eine Samen- werden lassen und neu säen, dann habt ihr auch bank ins Leben gerufen hatte – natürlich für den noch in 50 Jahren eine Erinnerung an den Deut- Erfurter Gemüsesamen. Der zweibeweibte Glei- schen Kinder- und Jugendtrachtentag in Erfurt chengraf, Martin Luther und die Krämerin von und könnt Euren Enkeln davon berichten.“ der Krämerbrücke lieferten ebenfalls eine kurz- weilige Einführung in die Vergangenheit. Am En- Text: Dirk Koch de der Tour musste ein Steckbrief mit Foto und Fotos: Tommy Schwarzbach und andere STÜRMISCHE FERIENTAGE IN DER HOHEN RHÖN THÜRINGER TRACHTENJUGEND AUF DEN SPUREN ALTER SAGEN Kaltenwestheim, neben Kaltensundheim, Kal- lometer von Kaltenwestheim entfernt befindet. Baum durch Pflegemaßnahmen und Eisenzugstä- tennordheim und Kaltenlengsfeld der vierte Zwischendurch jagten immer wieder heftige be für nächste Generationen gesichert. „kalte“ Ort der Rhön, war Schauplatz der Oster- Schnee- und Graupelschauer mit peitschendem ferienaktion der Thüringer Trachtenjugend. In Wind über das Land. Dabei war es besonders be- Eine wehrhafte Kirchenburg und starke Weiber der Woche vor dem Auferstehungsfest war der eindruckend, wie die Wetterveränderungen beo- Sagenhaft ist ebenfalls eine Geschichte, in der sich Winter tatsächlich schlagkräftig mit Eis und bachtet werden konnten: Der Schneefall raste zum die Bauern von Kaltenwestheim bei einem Angriff Sturm in die Hohe Rhön zurückgekehrt, und Teil direkt auf die Wanderer zu. Einige Minuten feindlicher Armeen in ihren befestigten Kirchhof Kaltenwestheim machte seinem Namen mit ei- später sorgte strahlender Sonnenschein für mär- zurückziehen mussten und die Frauen des Ortes ner geschlossenen Schneedecke alle Ehre. Grade chenhafte Fernblicke bis zur Wasserkuppe und sich als wackere Heldinnen erwiesen. Das Pulver in das rechte Wetter, um sich mit Rhöner Sagen zu machte die Rhön als „Land der offenen Fernen“ der Kirchenburg ging aus, auch die Armbrüste wa- beschäftigen. Der gemeinsame Tampet zum bildlich für jedes Kind begreifbar. Das Durchhal- ren knapp. So beschlossen die Frauen von Kalten- Thüringer Kinder- und Jugendtrachtenfest wur- ten hat sich gelohnt. Das Ächzen der Bäume, zum westheim mutig, die Angreifer mit Steinen zu ver- de vorbereitet, außerdem tagte die Jugendver- Teil sogar ein Brummeln und undefinierbares treiben. Gesagt, getan. Der Landesherr war erfreut sammlung der Thüringer Trachtenjugend und Rasseln, erzeugten Gänsehaut. Die Hexenlinde ist über den Erfolg der Damen und schenkte ihnen wählte einen neuen Vorstand. in der Sage Treffpunkt der Unholden zum Tanz, zur Erinnerung an ihre mutige Tat einen Gedenk- bei dem dann stets ahnungslose Musikanten auf- stein, der heute als der Kaltenwestheimer „Weiber- Wetterunbilden an der Hexenlinde spielen müssen. Zu DDR-Zeiten war der Baum wetzstein“ bekannt ist und vor der Gaststätte „Zum Windig und einmalig war die Wanderung zur sa- unerreichhbar, da nicht weit entfernt die Staats- Schlagtor“ steht. Die Kaltenwestheimer Kirchen- genumwobenen Hexenlinde, die sich ca. fünf Ki- grenze verlief. Nach der Wende wurde der hohle burg ist leider nicht mehr in historischer Pracht er-
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