THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV

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THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
THÜRINGER
                       TRACHTENZEITUNG
                       Zeitschrift des Thüringer Landestrachtenverbandes e.V. und der Thüringer Trachtenjugend
                                            19. Jahrgang 1/2015 • www.thueringer-trachtenverband.de

                       „THURINGIA’S NEXT COSTUM MODEL“
                                 ODER BESSER, KOMMT ZU UNS UND WERDET
                                  DAS ERSTE THÜRINGER TRACHTENPAAR?
Die ganze Welt redet davon, fragt man genauer,                  ganze Familie vor dem Bildschirm saß, um bei
so guckt niemand die Sendung „Germany’s Next                    „Dalli Dalli“ oder „Dem großen Preis“ fernzuse-
Top Model“, aber irgendwie ist es schon komisch,                hen. So eine Rückschau wirkt heute wie ein Blick
alle kennen Heidi Klum, obwohl deren Erfolge                    in die Steinzeit, als die Familie noch am Lager-
doch schon Jahrzehnte zurück liegen. Diese Frau                 feuer saß. Heute hat sich jeder seine eigene Welt
ist megapräsent, eine Deutsche, die in Amerika                  aufs Smart- oder IPhone geladen und ist immer
den internationalen Durchbruch schaffte, auch                   „opdudät“ und merkt gar nicht, wie die schöns-
den Mut besaß, sich gegen 25.000 Konkurren-                     ten Beine der Welt an uns vorbei schlendern. Die
tinnen durchzusetzen. Jetzt macht sie sich im                   elektronische Welt entführt und verführt, sie          Feuerwehrschläuche und nackte Bäuche. Unser
Fernsehen in HD-Qualität breit. Übrigens, für                   schafft Topmodelle und blamiert, sie bringt eben       Bild 2016 braucht Menschen aus unserer Mitte,
die Jugend: Fernsehen ist die Scheibe, die Oma                  „Germany’s Next Top Model“ hervor. Viele ha-           die sich in Trachten wohlfühlen, denen ihr Le-
und Opa im Wohnzimmer stehen haben und von                      ben es schon versucht, nur wenige schafften den        bensgefühl in Tracht der schönste Wert ist, den
der jeden Abend die Tagesschau                                  Durchbruch, eine der Besten, Lena Gercke sah           sie besitzen. Ich bin überzeugt, mitten unter uns
flimmert. Ja, jungen Leu-                                       ich erst kürzlich in einem atemberaubend ero-          gibt es solche Menschen, es sind Mitglieder un-
ten muss man erzäh-                                             tischem Foto in „BILD“ und glaubt es mir, ich          serer Vereine, es sind unsere Nachbarn, es ist der
len, dass einst die                                              bildete mir dazu meine Meinung. Was will ich          schüchterne Kamerad von nebenan, der sich
                                                                       Euch damit sagen? Man braucht etwas             noch nicht traut, sich zu outen.
                                                                              Mut, man braucht etwas Zeit und
                                                                                    man braucht Lust, dann kann        Dem Thüringer Landestrachtenverband für das
                                                                                       man etwas werden. Auch          Jahr 2016 ein Gesicht zu geben, sich in Tracht zu
                                                                                         am Thüringer Landes-          zeigen und für die tollen Ziele unseres Verbandes
                                                                                           trachtenverband geht        zu werben, dafür suchen wir das Paar, das ich am
                                                                                             die Lust am Leben         7. November 2015 auf der Landesversammlung
                                                                                              nicht spurlos vorü-      der internationalen Presse vorstellen kann. Wer
                                                                                                ber. Es soll immer     kann mitmachen?
                                                                                                noch Leute geben,
                                                                                                die denken wir wä-     Wenn ihr zwischen 18 und 35 Jahren alt seid,
                                                                                               ren von gestern,        gern Trachten tragt und Euch in der Thüringer
Foto: Norbert Sander

                                                                                              doch was gestern         Geschichte gut auskennt, dann seid ihr für uns
                                                                                             war, das haben wir        die richtigen Leute. Ihr müsst nicht verheiratet
                                                                                          vorgestern schon erle-       sein, wenn Ihr Euch mögt, das reicht, denn was
                                                                                         digt und was morgen           nicht ist, das kann noch kommen. Ihr müsst Lust
                                                                                          kommt, dass wissen wir       haben uns 2016 zur EUROPEADE in Namür/
                                                                                            schon heute. Merkt Eu-     Belgien oder auf dem Thüringer Landestrach-
                                                                                             ch: Wir sind gut drauf.   tenfest zu repräsentieren. Thüringens Trachten-
                                                                                                                       paar 2016 kann ein Paar aus Mann und Frau sein,
                                                                                              Wir suchen deshalb       aber es sind auch gern Bewerbungen von zwei
                                                                                               nicht „Germany’s        Männern oder zwei Frauen zulässig. Auch Ein-
                                                                                                Next Top Mo-           zelpersonen dürfen sich bewerben, wenn sie den
                                                                                                 del“ wir suchen       Mut haben, mit einer bis dahin Unbekannten
                                                                                                  für das Jahr         durchs Jahr zu gehen. Ihr seht, so vielfältig wie
                                                                                                  2016 das erste       unser Landesverband ist, ist kaum eine Organi-
                                                                                               Thüringer Trach-        sation.
                                                                                          tenpaar. Bei uns geht es
                                                                                     nicht darum Geld zu verdie-       Hand aufs Herz, Mut beweisen – bewerbt Euch!
                                                                                     nen mit diesem Titel, bei uns     Denn Zukunft braucht Heimat und Heimat oh-
                                                                                      geht es darum, das Bild ei-      ne ein Thüringer Trachtenpaar, da fehlt das Be-
                                                                                      ner großen modernen Fa-          ste! Bewerbungsschluss ist der 30. Juli 2015 und
                                                                                      milie mit unglaublichem          ich rechne fest mit Euch, denkt dran, Bild nicht
                                                                                     Traditionsbewusstsein zu          vergessen!
                                                                                     zeigen. Das 21. Jahrhundert
                                                                                     braucht bunte Bilder, Bilder,
                                                                                     die Menschen ansprechen,          Euer
                                                                                     die verrückt machen, die
                                                                                     verzaubern. Und ein Bild,
                                                                                     das braucht nicht Blümchen
                                                                                     und Traktoren, auch nicht         Knut Kreuch
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG                                                 2                                                  VERBANDSNACHRICHTEN

 NEUE TRACHTENWEGE GEHEN – JUNGE LEUTE WAGEN SICH
  MIT SEMINARFACHARBEIT AN TOLLES THEMA, SIE SAGEN
                „COOL BETRACHTET“
Bach-Stammort Wechmar: Am Sonntag, dem              11.00 Uhr bis 17.00 Uhr im Landhaus Studnitz       14.00 Uhr Tanzseminar, junge Leute aus der Sze-
10. Mai 2015 bietet der Wechmarer Heimatver-        stattfinden und jedermann ist dazu sehr herzlich   ne des Hip und Hop lernen einen Volkstanz
ein eine ganz besondere Veranstaltung. Junge        eingeladen.                                        15.00 Uhr Trachtengespräch, der Präsident des
Mitglieder und zwar Jana Range, Madeline                                                               Deutschen Trachtenverbandes und Vorsitzende
Schneider, Emely Teske und Natalie Kreuch ha-       „Cool betrachtet“ der Tagesverlauf                 des Thüringer Landestrachtenverbandes Knut
ben sich als Seminarfacharbeit am Gymnasium                                                            Kreuch im Disput mit jungen Leuten „Ist Tracht
„Gustav Freytag“ in Gotha das Thema gewählt         Im Landhaus Studnitz im Bach-Stammort              noch zeitgemäß“
„Cool betrachtet – der Wechmarer Heimatver-         Wechmar, Hohenkirchenstraße 13                     16.00 Uhr Premiere des neu einstudierten Tanzes,
ein entdeckt sich neu“ ausgewählt. Dazu haben       11.00 Uhr Begrüßung und Vorstellung des The-       Präsentation einer Umfrage.
sie eine thüringenweit einmalige Veranstaltung      mas mit Modenschau
organisiert. Sie haben diese selbständig geplant,   11.30 Uhr Präsentation „Wechmars Tracht 2015“      Die reiferen Mitglieder des Wechmarer Heimat-
Helfer angesprochen und verpflichtet, eine neue     Vorstellung einer nach alten Vorlagen entwi-       vereins sorgen den ganzen Tag für das leibliche
Tracht entwickelt und geschneidert, ein Tanzse-     ckelten Wechmarer Tracht die junge Leute an-       Wohl der Gäste, jeder Trachtenfreund ist herzlich
minar vorbereitet, wo die, die bisher nicht tan-    spricht und gern von ihnen getragen wird           willkommen, die jungen Leute in ihrer Arbeit zu
zen konnten, das Volkstanzen lernen. Die öffent-    12.00 Uhr Spaziergang durch die Ausstellung „In    unterstützen.
liche Veranstaltung wird im Rahmen eines klei-      die Tracht geschlüpft…“
nen Wechmarer Volksfestes am Muttertag von          13.00 Uhr Zünftiger Trachtenschmaus                Knut Kreuch

                           20 JAHRE HEIMATVEREIN
                   „ORIGINAL BREITENBACHER FÜSSLINGE“ E.V.
Die „Original Breitenbacher Füßlinge“ e.V. fei-
erten am Freitag, dem 21. November 2014 ihr
20jähriges Vereinsbestehen. Zu diesem Höhe-
punkt waren natürlich alle Vereinsmitglieder
aufgeputzt in ihrer Tracht erschienen. Und na-
türlich hatten sie sich auch Gäste eingeladen: So
erschien der Ortsteilbürgermeister Herr Grosa
mit einer stattlichen finanziellen Unterstützung,
von der Stadt Leinefelde-Worbis war Fr. Schröter
da, vom Schützenverein und der kathol. Kirche
kamen Vertreter sowie Vertreter gutbefreundeter     mitglieder, sowie die Gäste. Zum Kaffee gab es
Heimatvereine. Vom Thüringer                        eine Überraschung: Die Gastwirtin hatte große
Landestrachtenverband sowie vom Eichsfelder         Kuchen-Füßlinge gebacken, so dass jeder Gast
Trachtenverband überbrachte M. Klingebiel die       ein Stück Füßlingskuchen bekam, der hervor-
Glückwünsche samt Buchpräsent und dankte für        ragend schmeckte. Im weiteren Verlauf der Fei-
20 Jahre traditionserhaltendes Vereinsleben.        er wurde nochmals auf das 20jährige Bestehen
Die Feierstunde, die um 15.00 Uhr begann fand       des Vereins eingegangen, der in den vergange-
in der „Klienbaude“, einer Waldgaststätte un-       nen Jahren sehr positiv zur Dorfentwicklung
weit des Ortes Breitenbach statt. Die Betreiber     beigetragen und das Dorf über die Vereinsar-
hatten gut geheizt, so dass die Novemberwitte-      beit bekannt gemacht hat. Bei gemeinsamen
rung keinen störte. Im mit handgefertigten          Liedern und einem Gläschen Wein saßen die
Füßlingen dekorierten Gastraum empfingen            Vereinsmitglieder noch lange mit ihren Gästen
die langjährige Vorsitzende Fr. Steinmetz und       zusammen.
ihre Mitstreiterin Fr. Kanngießer die Vereins-                                    Monika Klingebiel

         SPINNENDE JUNGS BEI DER THÜRINGER SPINNSTUBE
                         IN WECHMAR
Justin und David aus Hüpstedt stehen                Industriellen Garnhunger stillen                   Produkten befriedrigt werden. So setzten sich so-
in alter Tradition                                  Als Adolf Friedrich Magerstedt 1862 die „Forst-    gar mitunter Bauern und Knechte ans Spinnrad.
Wie einst war jüngst das Bild in der Wechmarer      und Landwirtschaftschaft des Fürstentums           Auch die Schuljungen mussten wie die Mädchen
Veit-Bach-Mühle: Auf Einladung des Thüringer        Schwarzburg – Sondershausen“ beschrieb, kam        mit ran. Insofern stehen Justin und David also in
Landestrachtenverbandes trafen sich dort Thü-       er auch darauf zu sprechen, dass sich die Männer   ganz alter Tradition.
ringer Spinnerinnen und Spinner. Frauen aus         am Rade betätigten und sogar der kärglich besol-   Und sie sind nicht allein, wie Luise Bachmann
Hüpstedt, Friemar und Sonneborn drehten die         dete Schulmeister und der Tagelöhner spannen.      vom Eichsfelder Heimat- und Wanderverein
Räder. Besonderes Augenmerk zogen der zwölf-        Wie war der Drang der Männer nach dem Spinn-       Hüpstedt zu berichten wusste. „Mir liegt es am
jährige Justin Neubauer und der zehnjährige Da-     rad entstanden? Der Garnhunger der Manufak-        Herzen, dass die Spinnkunst weiter gegeben
vid Löck aus Hüpstedt im Eichsfeld auf sich. Ja     turen verlangte nach Gesponnenem. Webereien        wird. Deshalb versuche ich, den Nachwuchs da-
gab es denn das früher, spinnende Jungs?            mussten mit Rohstoffen zur Herstellung von         für zu begeistern.“ Doch die 77jährige kann da-
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
VERBANDSNACHRICHTEN                                                           3                                           THÜRINGER TRACHTENZEITUNG

zu nicht warten, bis die Kinder zu ihr kommen.        Garnmessen vor, die der Lamspringer Produkt-
Sie geht in die Schulen und führt dort das Spin-      designer Helge Ebert akribisch genau nach histo-
nen vor. So gibt es mittlerweile eine Gruppe aus      rischem Vorbild gefertigt hatte.
Mädchen und Jungen, die eifrig dem drehenden          Für Gerhard Wegerich aus Hüpstedt war es ein
Handwerk frönen. „Mir macht es einfach Spaß,          ganz besonderer Tag, konnte er doch ankündi-
es ist schön, wenn man sieht, wie etwas entsteht.“,   gen, dass das 4. Thüringer Wettspinnen am
so Justin. Er wusste bis zu der Veranstaltung auch    30. August 2015 im historischen Gutshaus seines
noch nicht, dass Männer und Jungen früher             Heimatortes stattfindet. „Wir freuen uns auf
ebenfalls spannen und kaufte sich deshalb aus         zahlreiche Wettbewerber“.
Interesse mal gleich die Broschüre über Spinn-
stuben, die der Landestrachtenverband anbot.          Text: Dirk Koch
                                                      Fotos: Norbert Sander
2015 wieder Wettspinnen
Rund um die Spinnerei lief ein zweistündiges
Rahmenprogramm, unter anderem mit Ge-
schichten aus dem Buch „Thüringer Hochzeit“,
welches zahlreiche Vereine des Landestrachten-
verbandes vorstellt. Mit Schnurren und Mori-
taten erfreute der Bänkelsänger Markus von Vip-
pach. Für das leibliche Wohl zeichnete sich die
Veit-Bach-Mühle mit bestem Backwerk aus dem
alten Backofen verantwortlich. Der Landes-
trachtenverband stellte eine neue Weife zum

                     12. TANZLEITERSEMINAR MIT MAUD BUTTER
Das zweite Wochenende im März war wieder für
alle Tanzbegeisterten der Höhepunkt des Jahres.
Dipl.-Tanzpädagogin Maud Butter aus Dresden,
führte wieder in altbewährter Weise durch ein
Tanzleiterseminar der Extraklasse. Das Thema
war die Fortsetzung des Tanzleiterseminars vom
vorigen Jahr mit dem „Thüringer Tanzplan“ von
Arno Schlothauer, d. h. Rühler Springer, Müll-
chentanz, Alter Thüringer Kirmestanz, Hopser,
Hans bleib da, Alter Thüringer Schleifer, Mit mir
im Kreis herum, zwei Thüringer Singwalzer und
der Gänsereihen standen an diesem Tanzwo-
chenende auf dem Programm, ein sehr straffer
Plan, den es galt mit großer Disziplin und Kon-
zentration umzusetzen. Die 24 Teilnehmerinnen
und Teilnehmer folgten konzentriert den Anwei-
sungen von Maud Butter und auch wenn es nicht
beim ersten Mal so gut aussah, wie es sich manch
einer gewünscht hätte, aber beim vierten oder
fünften Mal war man schon zufriedener und ern-        im Stillen gedacht: „Wenn es bloß so leicht wäre,   rabs, Dachwig, Tambach-Dietharz, Wechmar,
tete auch schon mal ein Lob aus dem Mund der          wie es aussieht“. Aber ich denke, am Ende des       Wandersleben, Dingelstädt, Mengersgereuth-
Tanzleiterin, die mit sehr viel Geduld immer wie-     Lehrganges konnte jeder Teilnehmer auf ein er-      Hämmern, Mosbach, Behrungen und erstmals
der jeden Tanzschritt wiederholte, um zu zeigen,      folgreiches Wochenende zurückblicken. Jeder         zwei Tänzerinnen aus dem vogtländischen Erl-
wie es richtig aussehen sollte und sicherlich hat     hat reichlich dazu gelernt, auch wenn manch ei-     bach von unserem befreundeten Verein dem 1.
mancher mit Neid auf die leicht anzusehenden          ner seine Glieder mehr spürte, als ihm lieb war.    Trachtenverein Vogtland e.V.. Antje und Elke
Ausführungen der Tanzpädagogin geschaut und           Die Teilnehmer kamen in diesem Jahr aus Wall-       hatten es für das erste Mal nicht leicht, aber da-
                                                                                                          für haben sie gut durchgehalten und verdienen
                                                                                                          unseren Respekt für die Geduld und das Durch-
                                                                                                          haltevermögen. Vielleicht sehen wir uns ja im
                                                                                                          nächsten Jahr wieder, das würde uns natürlich
                                                                                                          sehr freuen und wäre auch unsere Zielvorgabe,
                                                                                                          dabeisein ist gut, dabeibleiben ist besser.
                                                                                                          Herzlichen Dank sagen wir Maud Butter für die
                                                                                                          Durchführung des Tanzleiterseminars und Nor-
                                                                                                          bert Munser für die musikalische Begleitung,
                                                                                                          denn auch er brauchte viel Geduld, um immer
                                                                                                          wieder die gleichen Takte in angemessener Ge-
                                                                                                          schwindigkeit zu spielen.
                                                                                                          Ich freue mich schon heute auf das 13. Tanzlei-
                                                                                                          terseminar am 5./6. März 2016 im Bürgerhaus
                                                                                                          Günthersleben-Wechmar mit Maud Butter und
                                                                                                          unseren tanzbegeisterten Teilnehmern.

                                                                                                                                           Eva Kowalewski
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG                                                     4                                                    VERBANDSNACHRICHTEN

                         VON BINSENWEISHEIT UND BINSENEIERN
                    ERFOLGREICHES 10. BINSENEIERSEMINAR IM LANDHAUS STUDNITZ ZU WECHMAR
„Robert, wo sind deine Eier?“ Erschrocken blickte      Studnitz zu Wechmar trafen sich zum Frühlings-        „Für uns Trachtenträger ist es wichtig, dass wir
Mama Anke auf und rief „aber die zwei kann er          anfang wieder 33 Frauen und Männer, die               uns nicht nur über Trachtentragen, Tanzen und
hier doch nicht zeigen“. Alles lachte. Da dachte ich   jüngste war 4 Jahre und die älteste zählte mehr als   Singen identifizieren. Wir pflegen auch die alten
mir, was die Frauen schon wieder denken, dabei         acht Lebensjahrzehnte. Den weitesten Weg nach         Handwerkstechniken und Traditionen. Deshalb
wollte ich doch nur die Teilnehmer des 10. Bin-        Wechmar hatte eine Teilnehmerin aus dem vogt-         sind wir dankbar, dass Karin Schneider seit so
seneier-Seminars des Thüringer Landestrachten-         ländischen Elsterberg, die mit Tochter und Enke-      vielen Jahren immer wieder gern zu uns kommt
verbandes im Landhaus Studnitz zu Wechmar              lin bereits das zweite Mal dabei waren, aber auch     und ihr Wissen weiter gibt“ erklärt Eva Kowa-
mit ihren selbstgefertigten Kunstwerken richtig        Teilnehmer aus Erfurt, Sonneborn, Ohrdruf, Il-        lewski die Projektmanagerin des Thüringer Lan-
ins Bild rücken. Da lachte plötzlich Oma Monika        menau, Bad Langensalza, Waltershausen und na-         destrachtenverbandes den enormen Zuspruch
und ergänzte „Knut, so eine Spitzfindigkeit, hast      türlich Günthersleben-Wechmar folgten der             des Seminars, das auf jeden Fall 2016 fortgesetzt
du mit dem Robert schon einmal gemacht“. Ich           Einladung des Thüringer Landestrachtenver-            wird.
wusste nicht so recht, was sie meinte, doch dann       bandes. Sie fertigten zum zehnten Male, unter                                             Knut Kreuch
ergänzte sie. „Weißt du nicht, damals als wir das      der fachkundigen Anleitung von Karin Schnei-
schöne Konzert der Jugendlichen im Landhaus            der aus Eisenach, Binseneier. Ob Hühner- und
hatten, da hast du doch den Robert gefragt. Sag        Enteneier, Plastikschwellkörper oder Eier aus
mal, wann geht’s los? Und Robert erklärte „Erst,       Styropur, alles wurde kunstvoll mit Stoff verziert
wenn ich mit dem Vorspiel fertig bin“.                 und mit Binsen belegt. Jeder Teilnehmer hatte
Solche und andere kleine Anekdoten gehören             selbst in den letzten Wochen Binsengräser ge-
auch zum Leben in der Thüringer Trachtenfami-          sammelt und mitgebracht. Als alle Eier im Körb-
lie und sind es wert aufgeschrieben zu werden.         chen waren, gaben die achtjährige Viktoria und
Worüber sollen denn sonst in einhundert Jahren         ihre Mutti Eva Jenennchen aus Ilmenau sogar
unsere Nachkommen lachen? Im liebevoll einge-          noch ein Konzert auf dem Steinway-Flügel im
richteten Levin-Clauß-Saal des Landhauses              Rokokosaal.

                                    HÄNG DEINE FAHNE IN DEN WIND
        FAHNENSCHWINGER AUS ÖHRINGEN BRINGEN 2015 FRISCHEN WIND INS GOTHARDUSFEST GOTHA

Die Fahnenschwinger aus dem Hohenloher Land            nenschwingen über Jahrhunderte in unserem             dem Tod des letzten Grafen von Gleichen und
kommen vom 1. bis 3. Mai 2015 in die europä-           Bundesland beheimatet war. Im Katalog der             blieben bis 1920 im Besitz großer Ländereien
ische Kulturmetropole Gotha, um dort am tradi-         Ausstellung „Gotha macht Schule“ entdeckte            und Gebäude u. a. Schloss Ehrenstein in Ohrdruf
tionellen Gothardusfest, dem Stadtfest zu Ehren        Frank sogar den Hinweis, dass die Söhne des ge-       und die Domäne Wechmar waren Besitz der Ho-
des Stadtheiligen Sankt Gothardus (960 – 1038)         nialen Thüringer Fürsten Herzog Ernst I. von          henloher Fürsten.
teilzunehmen. Sie sind die Vorboten, denn die          Sachsen-Gotha (1601 – 1675) im Schulunter-            Niemand hat es den Ehrenamtlichen in Tracht
Stadt Gotha und der Thüringer Landestrachten-          richt in der Fahnenkunst unterrichtet worden          zugetraut, dass sie einer thüringischen Stadt mit
verband wollen sich zu Pfingsten 2017 um die           sind.                                                 der 50. EUROPEADE 2013 ein Festival schenken
Ausrichtung des Internationalen Fahnenschwin-          Wer also Lust hat die Fahnenschwinger aus             werden, welches nachhaltig, die Thüringer Kul-
gertreffens mit 350 Teilnehmern aus ganz Euro-         Öhringen, eine seit vielen Jahren in ganz Europa      turlandschaft verändert. Was die EUROPEADE
pa bewerben. An alle drei Tagen werden die             engagierte Gruppe zu erleben, der ist herzlich        im ganz Großen bewies, dieses Flair wird das In-
Öhringer mit ihren Aufführungen die Gäste un-          zum Gothardusfest vom 1. bis 3. Mai 2015 in Go-       ternationale Fahnenschwingertreffen in die Mit-
terhalten.                                             tha eingeladen. Übrigens, waren Öhringen und          te Europas zurück bringen – Lebensfreude im
Das Fahnenschwingen gehört in ganz Deutsch-            das Gothaer Land über Jahrhunderte mit einan-         Zeichen von Tracht und Tradition.
land zu den traditionellen Handwerkstechniken          der verbunden, denn die Fürsten von Hohenlo-
der Männer, die sich aus dem Informationsdienst        he erbten 1631 die Obergrafschaft Gleichen nach                                           Knut Kreuch
oder militärischen Übungen ableiten. Mit dem
Schwingen ihrer Fahnen verständigten sich im
Mittelalter die weit entfernt liegenden Ortschaf-
ten. So diente das Fahnenschwingen nicht der
Belustigung der Massen, sondern viel mehr der
Unterrichtung der Bürger vor Kriegs- und Feu-
ersgefahr.
Im 21. Jahrhundert ist das Fahnenschwingen in
Thüringen völlig in Vergessenheit geraten und
wird hauptsächlich den südlichen deutschen
Bundesländern und in Südeuropa sowie den Be-
neluxstaaten ausgeführt. Es ist Frank Hößel aus
Kaltenlengsfeld in der Rhön zu verdanken, dass
er das Fahnenschwingen für die Teilnahme an
der 50. EUROPEADE in Gotha wieder entdeckt
hat. Besonders stolz kann die Stadt Gotha darauf
sein, dass in der Universitäts- und Forschungs-
bibliothek Gotha mehrere Handschriften und
Drucke aus dem 15. und 16. Jahrhundert vorlie-
gen, die farbige Abbildungen von Thüringer
Fahnenschwingern zeigen, und somit auch der
Beweis angetreten werden kann, dass das Fah-           Fahnenschwinger aus Kaltenlengsfeld.
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
VERBANDSNACHRICHTEN                                                            5                                            THÜRINGER TRACHTENZEITUNG

  THÜRINGER IN TRACHT MIT MUSIK, TANZ UND DUDELSACK
                  ZUR 52. EUROPEADE
                            HELSINGBORG IN SCHWEDEN ERWARTET MEHR ALS 6.000 TEILNEHMER
Seit die Thüringer 2013 bewiesen haben, dass sie       Schloss Ehrenstein Ohrdruf, der Trachtengruppe       von Auftritten absolvieren und mit Freunden aus
perfekte Gastgeber einer Europeade sein können,        „Cronlach“ Exdorf, Heimatverein Mosbach und          ganz Europa zusammentreffen.
so sind sie immer wieder gern gesehene Botschaf-       vom Wechmarer Heimatverein. Die Thüringer
ter zum größten Folklorefestival Europas. Hel-         werden an den fünf Tagen wieder eine Vielzahl                                             Knut Kreuch
singborg in Schweden ist die diesjährige Gastge-
berstadt und erfreut sich einen so großen Zu-
spruchs, dass eine Teilnehmerbegrenzung aus-
gesprochen werden musste. Mehr als 6.000 Teil-
nehmer haben sich angemeldet und in Helsing-
borg stehen nur 4.500 Übernachtungsmöglich-
keiten zur Verfügung, so dass in diesem Jahr Teil-
nehmern abgesagt werden musste. Der Thüringer
Landestrachtenverband wird vertreten sein mit
der Thüringer Landestrachtengruppe, gestellt
von den Tänzern und Musikanten des Trachten-
vereins „Schumlach“ aus Lindenberg. Die Stadt
Gotha lässt zum wiederholten Male das Fanfaren-
und Showorchester der Residenzstadt aufspielen.
Aus Gotha starten auch zwei Bürgerbusse mit bis-
her 80 Teilnehmern. In diesen Bussen reisen auch
Mitglieder in Tracht, so Kinder der Thüringer
Trachtenjugend, Mitglieder der Folklore-Vereini-
gung „Alt Ruhla“, der Interessengemeinschaft           Thüringer Delegation zur 51. EUROPEADE in Kielce.

     THÜRINGISCH-SAARLÄNDISCHE TRACHTENBEGEGNUNG
Jedes Jahr sucht der Thüringer Landestrachten-         dischen Tanz- und Trachtenverband eine Tagung        zung der Heimat- und Trachtenpflege der
verband e.V. nach einem neuen Partner in               abzuhalten und gemeinsame Projekte zu bespre-        deutschsprachigen Gruppen in der Republik Po-
Deutschland, mit dem ein intensiver Dialog und         chen. Bereits im Vorfeld werden in Wechmar           len liegt den Thüringer Heimat- und Trachten-
Interessenaustausch begonnen werden kann. In           Mitglieder der Trachtengruppe Dramatal aus           vereinen sehr am Herzen, seit vielen Jahren ha-
diesem Jahr fahren 10 Mitglieder des Thüringer         Oberschlesien in Polen erwartet, mit denen die       ben die Thüringer Patenschaften nach Polen und
Landestrachtenverbandes nach Homburg an der            Thüringer Trachtenträger seit 1994 in freund-        wollen diese Kontakte immer weiter ausbauen.
Saar, um dort mit den Freunden vom Saarlän-            schaftlicher Verbindung stehen. Die Unterstüt-                                          Knut Kreuch

                                                      HEY, WIR SIND DRIN ...
Vom Thüringer Landestrachtenverband stand              nicht ganz einfach, zumal der Großteil zwischen      Wir finden das Angebot vom Landestrachtenver-
das Angebot an alle Vereine, sich im Internet zu       60 und 80 Jahren ist und nicht viel mit Compu-       band, uns auf deren Internetseite präsentieren zu
präsentieren.                                          ter am Hut hat.                                      dürfen, ganz toll. Wow!!!!!
Warum eigentlich nicht?                                Nun kam uns das Glück zu Hilfe. Unser Rainer
Damit erreicht man heutzutage doch viel mehr           Voigt geht jetzt in Pension und er hat sich bereit   An dieser Stelle also auch ein ganz großes
Leute und warum sollen die nicht wissen, was           erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen. Das fin-       – DANKESCHÖN – an den Landestrachtenver-
unser Verein so alles macht?                           den wir alle ganz großartig.                         band für diese Möglichkeit.
Die Überlegungen, uns im Netz zu zeigen, stan-         Also nahmen wir das Angebot zur Schulung, die        Also, schaut jetzt alle einfach öfter mal auf die
den ja im Verein schon mehrmals im Raum. Die           Rene Jung und Adrian Fiedler anboten, an. Zwei       Seite des Thüringer Landestrachtenverbandes
Kosten hielten uns jedoch immer davon ab.              Termine standen zur Auswahl. Wir konnten erst        und ihr seid auch über unsere Aktivitäten infor-
Und – jemand muss die Homepage ja auch pfle-           am 17.01. nach Wechmar fahren. Es war sehr in-       miert.
gen!!! Aktuelle Termine, Berichte, Fotos, usw. gilt    teressant, wir haben viel gelernt und Neues er-
es ständig zu aktualisieren. Bei 20 Mitgliedern        fahren.                                                                                  Sigrid Wagner

                     DANK AN DIE MITGLIEDER DES VORSTANDES
                     IM THÜRINGER LANDESTRACHTENVERBAND
Ist es nicht eine wahre Freude, unsere „Thüringer      hen. Die Welt ist bunt und voller Eindrücke, die     Schwarz-Weiß-Druck gar nicht zur Geltung ka-
Trachtenzeitung“ seit einem Jahr mit neuer Aus-        das Leben einfach schöner machen!                    men. Schon das Titelblatt mit der grünen Kopf-
strahlung in Farbe durchblättern zu können? Bil-       In den drei Ausgaben des 18. Jahrgangs erschei-      zeile sticht sofort ins Auge. Diese Investition in
der sagen mehr als tausend Worte und oft wird          nen die Mitglieder der Vereine in ihren schicken     die Zukunft lohnt sich mit jeder Ausgabe wieder
schon nach dem ersten Eindruck entschieden, ob         farbigen Trachten der jeweiligen Heimatregion        aufs Neue. Vielen Dank dafür an die Mitglieder
man es mitnimmt und liest oder unbeachtet lie-         gleich viel ansprechender und freundlicher. Man      des Hauptvorstandes.
gen lässt. Und auch wir müssen mit der Zeit ge-        erkennt viele Details der Tracht, die vorher im                            Christina Reißig, 1. Backfrau
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THÜRINGER TRACHTENZEITUNG                                                 6                                                  VERBANDSNACHRICHTEN

         WETTBEWERB „BESTER THÜRINGER BLECHKUCHEN“
          ZUR ERFURTER MESSE VOM 03. BIS 08. MÄRZ 2015
Die Schönauer Backfrauen haben die Ehre des        Dabeisein war alles und die beiden konnten ei-
Thüringer Trachtenverbandes gerettet und am        nen schönen Tag auf dem Messegelände erleben.
03. März am ausgeschriebenen Wettbewerb teil-
genommen. Mitmachen konnte jeder Verein,                               Christina Reißig, 1. Backfrau
aber auch Privatpersonen, indem man am Vor-
mittag Kostproben seines Kuchens abgeben
musste, die von einer Jury der Bäckerinnung be-
gutachtet wurden. Zwei Backfrauen, Karin Back-
haus und Heiderose Baade, haben sich dieser sü-
ßen und interessanten Angelegenheit angenom-
men, den immer gern gegessenen Thüringer
Blechkuchen mit Schwarzen Johannisbeeren und
Bienenstich, verfeinert mit einem Eischnee-
schaum, zu backen und damit zur Messe nach
Erfurt zu fahren. In Tracht sind die beiden dort
natürlich schon mal durch ihr Erscheinungsbild
aufgefallen und haben dann schließlich den drit-                                                        v.l. Karin Backhaus und Heiderose Baade starten
ten Platz belegt.                                                                                       mit ihrem leckeren Kuchen zur Messe nach Erfurt.

                                   MISSION ZUKUNFTSWERKSTATT
Deutsche Trachtenjugend arbeitete in Erfurt        • Spaß und Freunde                                   Vertretung des Erfurter Oberbürgermeisters
produktiv für die nächsten Jahre: Gelebte Demo-    • einen guten Plan für die Zukunft                   grüßte die 1. Ehrenamtliche Beigeordnete Karin
kratie im Jugendverband                            • Tanzanregungen                                     Landherr, die in ihren Worten den Bogen von ih-
Die Deutsche Trachtenjugend ist aktiv im Deut-     • neue Freunde                                       rem Jugendengagement in der Volkstanzgruppe
schen Bundesjugendring (DBJR) engagiert. Dort      • kein Heimweh                                       Elgersburg bis ins tänzerische Heute spannte.
sorgt sie gemeinsam mit vielen anderen Bundes-     Die Jugendlichen arbeiteten in sieben Kleingrup-
verbänden im Jugendbereich dafür, dass Jugend-     pen selbstständig und aktiv. Die Ergebnisse las-     Auf der Tagesordnung der Präsidiumssitzung
verbandsarbeit demokratisch gelebt wird und        sen einiges für die Zukunft erwarten. Es sind        stand die Neuwahl eines Schatzmeisters. Nach-
die Interessen junger Menschen angemessen ver-     mehr als brauchbare Arbeitsgrundlagen entstan-       dem Hubert Hergenröther entlastet war, wurde
treten werden. Die in Erfurt stattfindende Zu-     den, so der Tenor bei der Auswertung. Heimweh        der Rheinland-Pfälzer Tobias Boos in dieses Amt
kunftswerkstatt der Deutschen Trachtenjugend       tauchte nicht auf! Das war schon dem eng getak-      gewählt. Zwei Beschlussvorlagen gelangten zur
wurde von allen Teilnehmern mit großer Span-       teten Programm geschuldet.                           Abstimmung. Die DTJ positionierte sich zum
nung erwartet. Die Meinungen der Jugendlichen                                                           Stellenwert der Erinnerungsarbeit als Grundlage
werden jetzt verstärkt in den Vordergrund treten   Präsidiumssitzung im Thüringer Landtag               der Demokratie und zum Wert des Sonntags.
und aktiv die Ausrichtung der Verbandsarbeit in    Die Präsidiumssitzung der Deutschen Trachtenju-      Anschließend kam es zur Vorstellung der Ergeb-
den nächsten Jahren bestimmen. Entsprechend        gend, die am Samstagnachmittag ab 14.00 im Er-       nisse der Zukunftswerkstatt.
waren die Erwartungen der Teilnehmer formu-        furter Landtag tagte, war für alle wichtiger Höhe-
liert, die sie bei ihrer Ankunft aus den Koffern   punkt. Das Grußwort hielt der Thüringer Land-        Text: Dirk Koch, Fotos: Tommy Schwarzbach
packten. Folgende Wünsche und Vorstellungen        tagspräsident Christian Carius. Er sagte unter an-
an den Tag in Erfurt waren z. B. zu hören:         derem: „Was verbindet unsere Gesellschaft in der
• neue Akzente für die DTJ                         Demokratie trotz mancher heftiger und notwen-
• viel Spaß, witzige Momente                       diger Diskussionen und demokratischer Streitkul-
• Zuwachs für die Musiker für den Volkstanz-       tur? Es ist unter anderem das Festhalten an ge-
    bereich                                        meinsamen Werten, wie Tracht und Tradition.“
• neue Gedanken                                    Der Präsident des Deutschen Trachtenverbandes,
• brauchbare Ergebnisse                            Knut Kreuch, richtete ebenfalls einige Worte an
• Anregungen für den Deutschen Kinder- und         die jungen Trachtler: Erfurts bedeutendstes
    Jugendtrachtentag in Öhringen                  Wahrzeichen ist die Krämerbrücke, und die Auf-
• Anregungen für die eigene Jugendarbeit           gabe der Trachtler ist es, Brücken zu bauen. So
• Neues für den Verein                             steht dieses Erfurter Symbol für den Deutschen
• vielseitige Ergebnisse                           Kinder- und Jugendtrachtentag in der Stadt. In
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VERBANDSNACHRICHTEN                                                         7                                         THÜRINGER TRACHTENZEITUNG

    70 JAHRE NACH AUSCHWITZ ZEICHEN GESETZT:
      JUGENDBEWEGUNGEN UND JUGENDORGANISATIONEN BETONTEN IHRE INTERNATIONALE
     FREUNDSCHAFT UND ERKLÄRTEN IHR GEMEINSAMES ENGAGEMENT FÜR WÜRDEVOLLES UND
            GUTES LEBEN. DIE DEUTSCHE TRACHTENJUGEND WIRKTE DABEI AKTIV MIT.

                                                                                Thüringens, lieferte Topf und Söhne die Krematoriumstechnik.
                                                                                Die Gedenkstätte wird oft von Landesverbänden der Deutschen
                                                                                Trachtenjugend besucht, wenn sie im Rahmen von Workcamps
                                                                                in Thüringen sind. Einen der Bildungsbesuche mit der zahlen-
                                                                                mäßig größten Teilnehmerzahl hat hier die Trachtenjugend Ba-
                                                                                den-Württemberg absolviert.

    Auf der Rampe von Auschwitz, Januar 2015.        Foto: Jonas Freihart

        DER WEG ZUR GESCHICHTE
      BEGINNT BEI UNS IN THÜRINGEN
    Das Vergangene ist oft weit weg und unrealistisch, wenn man da-
    mit nicht direkt in Berührung kommt. Auschwitz: Ein gewaltiges              Im Stammlager Auschwitz.                          Foto: Dirk Koch
    Wort, welches für eines der größten Verbrechen der Menschheits-
    geschichte steht. Das ist bekannt und jedem bewusst, das dun-               Die Deutsche Trachtenjugend beteiligte sich am Seminar des
    kelste Kapitel deutscher Geschichte. Zeitlich sind bereits 70 Jah-          Deutschen Bundesjugendrings in Krakau und Auschwitz.
    re vergangen, seit das Massenvernichtungslager zum Inbegriff                70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz arbeiteten junge
    der Menschenverachtung wurde.                                               Menschen aus Deutschland, Israel, Polen, Tschechien und Öster-
    Die Entfernung zu Auschwitz ist aber in Wirklichkeit nicht groß.            reich gemeinsam gegen das Vergessen. Vor der zentralen Gedenk-
    Im heutigen Erfurter Ortsteil Bischleben, nur wenige Kilometer              veranstaltung am 27. Januar 2015 im ehemaligen Konzentrati-
    von der Geschäftsstelle des Thüringer Landestrachtenverbandes               onslager Auschwitz entwickelten sie aus verschiedenen Erinne-
    e.V. in Günthersleben-Wechmar entfernt und zur Zeit des Drit-               rungskulturen eine gemeinsame. „Das war eine große Herausfor-
    ten Reiches ebenso wie Wechmar zum Kreis Gotha gehörig, lebte               derung aber zugleich eine riesige Chance im Kampf gegen
    der Oberingenieur Kurt Prüfer, der die Verbrennungsöfen für die             Rassismus und Hass“, sagte Stephan Groschwitz, Vorsitzender des
    Krematorien unter anderem im KZ Auschwitz-Birkenau plante,                  Deutschen Bundesjugendrings.
    realisierte und der mehrmals selbst dorthin reiste, um die Anla-            Der Deutsche Bundesjugendring (DBJR), der israelische Jugend-
    gen bautechnisch zu betreuen. In Freizeitarbeit entwickelte                 ring „Council of Youth Movements in Israel“ (CYMI) und der
    er in seiner Bischlebener Wohnung die Verbrennungsöfen für das              polnische Jugendring „Polska Rada Organizacji Młodzieżowych“
    Konzentrationslager Auschwitz technisch weiter, um die Bedürf-              (PROM) bereiteten sich seit mehr als einem Jahr gemeinsam vor.
    nisse der SS besser zu befriedigen und in seiner Firma „Topf und            In Krakau und Auschwitz kamen vom 24. bis 27. Januar 2015
    Söhne“ zu mehr Ansehen zu gelangen. Der Krematoriumsbau                     rund 150 Verantwortliche aus Jugendverbänden und -organisa-
    machte in diesem Erfurter Unternehmen ungefähr zwei Prozent                 tionen der drei Länder zusammen sowie aus Österreich und
    des Umsatzes aus. Es sind Dokumente erhalten, in denen er bei               Tschechien. Für die Deutsche Trachtenjugend war es als Mitglied
    der Betriebsleitung eine Sonderprämie für sich einfordert, weil             des DBJR selbstverständlich, an dieser wichtigen Veranstaltung
    die Leistung der Öfen ein Drittel höher war, als von ihm konzi-             teilzunehmen.
    piert. Bei der Ausfahrt aus dem Erfurter Hauptbahnhof fällt links
    das Verwaltungsgebäude der ehemaligen Firma Topf und Söhne                  Betroffenheit bei der Lagerbesichtigung
    auf, in dem sich unter anderem das Büro Kurt Prüfers befand. Seit           „Arbeit macht frei“ steht in geschmiedeten Lettern über dem
    2011 ist dort eine Gedenkstätte eingerichtet. Der Glockenturm               Haupteingang des Stammlagers Auschwitz. Der Besuch dieses
    der nahen Gedenkstätte Buchenwald ist von Erfurt aus gut zu se-             Geschichtsortes war erster Programmpunkt der Jugendringe.
    hen. Auch für dieses Konzentrationslager, mitten im Herzen                  Wie die Fremdenführerin der Gedenkstätte erklärte, wurde es am
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    Anfang als Arbeitslager für polnische Häftlinge errichtet und die-                  Ganz still wird es, als die Fremdenführerin erklärt, was mit der Asche
    ser Zweck mit dieser höhnischen Inschrift über dem Eingangstor                      der Opfer geschah: Auf Felder verstreut, zum Straßenbau verwendet,
    unterstrichen. Die Nazis benötigten die Arbeitskräfte, die Stein-                   in Seen und Gräben gekippt. Unmittelbar neben dem Krematorium
    kohlereviere lagen nicht weit entfernt. Im Lager Auschwitz-Mo-                      befindet sich solch ein See. Der Großteil der Asche wurde zur nahen
    nowitz befanden sich Fabrikhallen, in denen die Häftlinge                           Weichsel transportiert und in den Fluß geschüttet.
    Zwangsarbeit leisteten. Im Stammlager erfolgten die ersten Expe-                    Wichtiger Meilenstein für den polnischen Jugendring
    rimente mit der Ermordung von Häftlingen in der Gaskammer,
    die dann zur Grundlage der Massevernichtungsmaschinerie im                          Für den polnischen Jugendring, kurz PROM, ist die gemeinsame
    drei Kilometer entfernten Auschwitz-Birkenau wurden. Späte-                         Veranstaltung mit dem Israelischen und Deutschem Jugendring
    stens im Krematorium des Stammlagers kehrt der Bezug zur un-                        ein ganz wichtiger Meilenstein auf dem Weg der weiteren Einbin-
    mittelbaren Heimat bedrückend wieder. Die Fremdenführerin                           dung in das gesellschaftliche und politische Leben Polens und in
    der Gedenkstätte erwähnt ausdrücklich die Ofenlieferungen                           der Zusammenarbeit mit anderen Jugendringen gewesen. Erst
    durch die Erfurter Firma Topf und Söhne. Sie erzählt, wie diese                     2011 gegründet, steht er noch in den Anfängen seines Wirkens
    die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte angab, sie berichtet von 300                  für junge Menschen. Der Dialog wird sichtbare Akzente in seiner
    „Stück“ am Tag in diesem Krematorium. Als sie die Zahlen für                        Weiterentwicklung setzen.
    die Krematorien in Auschwitz – Birkenau nennt, schaudert es fast                    Die polnische Vizeministerin für Erziehung, Ewa Dudek, nahm
    jeden in der Gruppe. Diese gehen weit in die Tausende. Mit                          die Begrüßung der Veranstaltungsteilnehmer vor. Der gemein-
    „Stück“ bezeichneten die Konstrukteure die Leichen der Ermor-                       same Dialog schafft Perspektiven in der Zusammenarbeit der
    derten.                                                                             Länder, der Jugendringe und der Erinnerungs- und Zukunftsar-
    Hinter jedem der nüchternen Zahlen stecken Menschenleben.                           beit, darin waren sich alle Referenten zur offiziellen Eröffnung im
    Menschen die geatmet, gegessen, gearbeitet, geliebt und gelebt                      Krakauer Hotel Hilton Garden klar. Stephan Erb vom Internati-
    haben. In den musealen Einrichtungen der Gedenkstätte wird                          onalen Bildungs- und Begegnungswerk betonte, dass in Zukunft
    deutlich, dass jedes einzelne Opfer ein Gesicht hat. Schuhe, Käm-                   mehr gemeinsame Besuche von deutschen und polnischen Ju-
    me, Koffer und Prothesen künden davon. Den Leichen wurde vor                        gendlichen in Gedenkstätten in beiden Ländern möglich sein
    der Verbrennung das Haar abgeschoren und an Firmen verkauft,                        werden, die auch noch offen für dritte Länder sind. Immanuel
    die daraus Filzwaren herstellten. Goldzähne zog man und                             Benz vom DBJR unterstrich, dass es völlig falsch ist, die Botschaft
    schmolz sie ein.                                                                    Auschwitz unter dem lapidaren Gedanken „Geschichte ist halt
    Auschwitz-Birkenau: Der Inbegriff des Grauens, zu dem Men-                          Geschichte“ abzutun. „Vielmehr bildet das Verständnis dieser Er-
    schen fähig sind. Der weltbekannte Wachturm über der Einfahrt                       eignisse die Grundlage für eine gemeinsame Kultur des Erin-
    ist bereits für die Gedenkveranstaltung verhüllt. Einst befand sich                 nerns. Dies ist das erklärte Ziel dieser Veranstaltung.“, so Benz.
    hier ein kleines Bauerndorf auf morastigem Grund, die pol-                          Die Grundlagenarbeit für den unmittelbaren Dialog in der Ver-
    nischen Bewohner wurden vertrieben. Zwei der alten Bauern-                          anstaltung erfolgte in fünf Kleingruppen, die jeweils von Tea-
    häuser dienten als erste Gaskammern. Wir legen den Weg zurück,                      mern aus Polen, Israel und Deutschland geleitet wurden und sich
    auf dem über eine Million Menschen in den Tod gingen. Viele                         aus Teilnehmern aus diesen drei Ländern zusammensetzte. In
    von ihnen sind von daheim aufgebrochen, im Glauben, sie wür-                        den Arbeitsgruppen wurde die Annäherung an das Thema im
    den als Arbeitskräfte im Osten benötigt. Sie kamen aus Griechen-                    vertrauten Rahmen angegangen. Die Vertreter lernten sich ge-
    land, Frankreich, Österreich, Tschechien, Polen und 1944 vor                        genseitig kennen, stellten sich selbst, ihre Jugendarbeit und ihre
    allem aus Ungarn sowie aus vielen anderen Ländern. Die Rampe                        Intentionen in Bezug auf Auschwitz vor. Übereinstimmend war
    von Auschwitz wurde im Rahmen der Ungarnaktion angelegt,                            bereits zu Beginn der Gruppenarbeit die Erkenntnis, jungen
    und erst seitdem fuhren die Waggons bis dorthin. Hier fand dann                     Menschen mit einer neuen Erinnerungskultur eine Basis für De-
    die Selektion statt, bei der SS-„Ärzte“ lediglich nach Gutdünken                    mokratie zu geben.
    entschieden, wer in den Tod gehen musste und wer zur Zwangs-                        Während des gesamten Seminars standen immer wieder ge-
    arbeit. Damals wurden fast 440 000 Jüdinnen und Juden aus Un-                       schichtliche Gegebenheiten von Auschwitz und der damaligen
    garn hierher deportiert und in den Krematorien sowie in Gruben                      Zeit im Mittelpunkt der Betrachtungen. So wurde die Ideologie
    unter freiem Himmel wurden pro Tag bis zu 10 000 Leichen ver-                       der Nazis erläutert, auf der letztendlich das Verbrechen von Aus-
    brannt.                                                                             chwitz möglich war. Mitarbeiter der Gedenkstätte Auschwitz
                                                                                        führten in Fakten des Lagers ein. Eine Arbeitsgruppe konnte sich
                                                                                        z.B. mit den Medizinischen Experimenten beschäftigen. Am En-
                                                                                        de wurde die Frage, ob damals gewonnene Erkenntnisse, auf die
                                                                                        tatsächlich wissenschaftlich zum Nutzen der Menschen aufbau-
                                                                                        bar wäre, heute real genutzt werden sollten, heftig diskutiert. Die
                                                                                        Meinungen dazu gingen auseinander. In anderen Arbeitsgrup-
                                                                                        pen standen der Widerstand im Lager, das Leben der Frauen und
                                                                                        die Ermordung der Häftlinge durch Zwangsarbeit im Mittel-
                                                                                        punkt.

                                                                                        Wissen, Einfühlungsvermögen und Aktionen
                                                                                        Wie erinnern sich die Menschen in Deutschland, in Israel und in
    Vertreter des polnischen, deutschen und israelischen Jugendrings mit der pol-       Polen an den Holocaust? Zwischen Familiengeschichte und kol-
    nischen Vizeministerin für Bildung, Ewa Dudek. Foto: Dirk Koch                      lektivem Erinnern, zwischen persönlichem und gesellschaft-
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG - Thüringer Landestrachtenverband eV
VERBANDSNACHRICHTEN                                                        9                                            THÜRINGER TRACHTENZEITUNG

    lichem Blick wurde am Sonntag rege weiter diskutiert. Der Dis-             Am Montagnachmittag werden die Eindrücke ganz eindringlich,
    kurs über die Erinnerungsarbeit in und zwischen den Gesell-                denn es geht gemeinsam zur Gedenkstätte Auschwitz. In den Ge-
    schaften gewann an Fahrt. So kam unter anderem zur Sprache,                sprächen wird die große Bedeutung klar, die Auschwitz für die die
    den Bildungsprozess durch die Fragen der Jugendlichen zu ge-               jüdischen Seminarteilnehmer und das jüdische Volk weltweit be-
    stalten. Es ist besser, Fragen zu stellen und diese dann im Diskurs        sitzt. Die emotionale Anspannung war spürbar. Eine Teilneh-
    zu beantworten, als wenn die jungen Leute mit der Beantwortung             merin wartete gespannt darauf, den Nachmittag mit den pol-
    allein gelassen werden. Sie sollen lernen, Meinungen zu differen-          nischen und deutschen Seminarteilnehmern zu absolvieren. Ih-
    zieren. Als wesentliches Konzept für die Erinnerungsarbeit im Ju-          re Großmutter, die den Holocaust überlebt hatte, freute sich, dass
    gendbereich kristallisierten sich drei Säulen heraus. Einmal die           solch eine Veranstaltung stattfindet. Sie gab ihrer Enkelin mit auf
    Vermittlung des Wissens, dann das Einfühlungsvermögen in die               den Weg „Es ist gut, den Dialog zu führen, weil die Menschheit
    geschichtlichen Vorgänge durch die jungen Leute und darauf                 nur so eine Zukunft hat.“
    aufbauend die Aktionen der aktiven Erinnerungsarbeit. Unab-                Ein anderer Teilnehmer der israelischen Delegation kommt be-
    hängig vom nationalen Kontext können diese drei Säulen lände-              reits zum 20. Mal nach Auschwitz. „Ich muss hier sein, das gehört
    rübergreifend gelten.                                                      zu meinem Leben.“ Seine Großeltern wurden hier ermordet. Ur-
                                                                               sprünglich stammt die Familie aus Ostfriesland und hat zahl-
    Leben im Krakauer Ghetto                                                   reiche Phasen des Holocaust in Deutschland und den besetzten
                                                                               Gebieten erleiden müssen, unter anderem wurde sie zwei Jahre
                                                                               im Ghetto Theresienstadt eingesperrt. Auch andere seiner Fami-
                                                                               lienmitglieder sind in Konzentrationslagern der Nazis umge-
                                                                               kommen, deshalb bilden für ihn und seine Familie die Besuche
                                                                               an Erinnerungsorten immer wieder Wege zu den eigenen Wur-
                                                                               zeln. Es fallen Ortsnamen wie Mauthausen, Sachsenhausen und
                                                                               Buchenwald. Und immer wieder die Frage, wie es sein wird, mit
                                                                               Polen und Deutschen gemeinsam zu gedenken.

    Museum Apotheke im ehem. Krakauer Ghetto.            Foto: Dirk Koch

    Am Sonntag wurde Tadeuzs Pankiewicz’s Pharmacy zum Ziel
    eines Teils der Gruppe beim durch den Polnischen Jugendring or-
    ganisierten Abendprogramm. Als Polen von den Deutschen be-
    setzt war, kam es in Krakau zur Einrichtung eines jüdischen Ghet-
    tos. Die Apotheke des Krakauer Pharmazeuten Tadeusz Pankiewi-
    czs befand dadurch im abgezäunten und ummauerten Bereich des
    Ghettos wieder. Pankiewiczs wehrte sich erfolgreich gegen eine
    Verlegung seines Geschäfts, zahlte dafür zum Teil sogar Schmier-
    gelder, wie bei beim Besuch der heutigen Museumseinrichtung zu
    erfahren war. Für seinen Einsatz bei der Rettung der Juden erhielt
    Pankiewicz von Israel 1983 die Medaille „Gerechter unter den
                                                                               Buch der Namen.                                  Foto: Jonas Freihart
    Völkern“, die heute in seiner ehemaligen Apotheke ausgestellt ist.
    „Pankiewicz rettete die Menschen, weil sie Hilfe brauchten.“, so
                                                                               Ganz eindrücklich gestaltet sich für alle das Eintreten in den
    betonte der Fremdenführer des Museums. „Er handelte aus reiner
                                                                               Block 27, den jüdischen Block im Stammlager Auschwitz. Hier
    Menschlichkeit, ohne dafür religöse Beweggründe zu haben.“ In
                                                                               befindet sich die Dauerausstellung über die Shoa, wie der Holo-
    den ehemaligen Arbeitsräumen erzählen die historisch eingerich-
                                                                               caust in Israel bezeichnet wird. Die Eintretenden werden mit
    tete Apotheke, Dokumente, Fotos und andere Ausstellungsstücke
                                                                               dem Treblinkalied empfangen, welches die Deportierten auf ih-
    von der Geschichte des Krakauer Ghettos.
                                                                               rer Fahrt ins Vernichtungslager Treblinka sangen. Neu ist für
    Gedenkveranstaltung der Jugendverbände                                     viele die Aussage der Ausstellung, wie reich das jüdische Leben in
                                                                               Europa vor dem Holocaust gewesen ist. Kinder singen, Mädchen
                                                                               tanzen, ein Ehepaar sieht zufrieden von seiner Terrasse herab- die
                                                                               Filmszenen mit Ton laufen endlos an den Wänden und sind ein-
                                                                               dringlich. Ebenso der Raum mit den Kinderzeichnungen: Über
                                                                               eine Million Opfer des Holocaust waren Kinder. Ganz eindring-
                                                                               lich wird es für die israelischen Seminarteilnehmer, als sie im
                                                                               Buch der Erinnerung die Namen von Vorfahren finden, die in
                                                                               Auschwitz umgekommen sind. Hier werden alle Namen derer
                                                                               aufgeführt, die damals ihr Leben verloren. Es ist das größte Buch,
                                                                               was es wohl auf der Welt gibt, ca. sieben Meter dick.
                                                                               Danach erzählt Asher Oud, der 1928 geboren wurde und vom
    Kranzniederlegung der Jugendverbände.                Foto: Dirk Koch       August 1944 bis Januar 1945 in Auschwitz war, eine Station eines
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THÜRINGER TRACHTENZEITUNG                                                    10                                                   VERBANDSNACHRICHTEN

                                                                                  Offizielle Erinnerungszeremonie zum 70. Jahrestag
                                                                                  der Befreiung des Lagers

                                                                                  Die Teilnahme an der offiziellen Gedenkveranstaltung auf dem
                                                                                  Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz- Birke-
                                                                                  nau schloss des Seminar ab. Sie fand am 27. Januar 2015 statt, ge-
                                                                                  nau 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz durch die Rote
                                                                                  Armee. „Eine Minute in Auschwitz war wie ein ganzer Tag...“, so
                                                                                  berichtete ein Überlebender. Die Gedenkansprache hielt der pol-
                                                                                  nische Präsident Bronislaw Komorowski.
    Asher Oud berichtete aus seinem Leben.                Foto: Jonas Freihart    Nach dem religösen Abschluss der Gedenkzeremonie, bei der un-
    langen Leidensweges, über sein Leben. Das hier in Auschwitz zu                ter anderem der Deutsche Bundespräsident Joachim Gauck an-
    tun ist sein Sieg, ebenso das Weiterleben seiner Familie. Er erzählt          wesend war, liefen die Teilnehmer den langen Weg über die Ram-
    ohne jede Bitterkeit, spricht fließend und deutlich Englisch, wie             pe bis hin zum Mahnmal. „Die Zukunft unserer Kinder darf nicht
    man erfährt, noch einige andere Sprachen. Jeder Satz reißt mit,               so aussehen wie unsere Vergangenheit!“ appellierte der Überle-
    er läßt keine Frage unbeantwortet. „Es ist mein Anliegen, meine               bende Roman Kent an uns alle, an die ganze Weltbevölkerung.
    Arbeit, davon zu berichten.“                                                  Die Enkel und Urenkel der Überlebenden waren deshalb unter
    Jetzt beginnt die Gedenkveranstaltung der Jugendverbände vor                  den ersten Gedenkenden, die am Mahnmal Kerzen entzündeten
    Block 27, die von den Teilnehmern aus Israel eindringlich mit                 und Blumen niederlegten. Die Gedenkveranstaltung hat sehr be-
    Gesang und Versrezitation in hebräischer Sprache begleitet wird.              rührt und das Ansinnen der Jugendverbände nachhaltig unter-
    Die Blumengebinde liegen im nassen Schnee.                                    strichen: „Wir sind die Generationen, die das Gedenken und Er-
                                                                                  innern ohne lebende Zeitzeugen in die Zukunft tragen müssen.“
    Handlungsgrundlage für die Zukunft: Jugendverbände er-
    klären gemeinsame Position                                                    Bericht von Dirk Koch, als Mitglied des Vorstandes der Deut-
                                                                                  schen Trachtenjugend deren Vertreter bei der DBJR-Veranstal-
    Es schließt sich der wichtigste Teil des gesamten Seminars an, die            tung in Krakau und Auschwitz.
    gemeinsame Erklärung der Jugendringe. Sie betonen darin unter
    anderem, den Geist der zwischen ihnen herrschenden internati-                 Knut Kreuch, Präsident des Deutschen Trachtenverbandes e. V. und
    onalen Freundschaft, wollen weiterhin voneinander lernen und                  Vorsitzender des Thüringer Landestrachtenverbandes e. V. auf dem
    Bildungsarbeit zum Gedenken des Holocaust machen. Men-                        Deutschen Kinder- und Jugendtrachtentag am 14. März 2015 in Er-
    schen sollen in einer Welt ohne Angst verschieden sein können.                furt: „Auschwitz ist deutsche Verantwortung und muss Mahnung
    Die Jugendverbände erklärten weiterhin, die gemeinsame Ver-                   in Europa sein. Lasst uns Resolutionen verfassen, aber noch wich-
    antwortung dafür zu tragen, dass sich so etwas wie Auschwitz nie              tiger ist, sich jedes Jahr in Auschwitz zu treffen. Jugendliche, die
    wiederholt. Der Verlauf der Geschichte ist weder zwangsläufig,                Auschwitz sehen, werden nie in der Lage sein, Menschen Gewalt
    noch vorgegeben, sondern er wird von Menschen herbeigeführt.                  und Schrecken anzutun. Wir dürfen nicht nur betrachten, son-
    „Als Jugendverbände übernehmen wir gemeinsam Verantwor-                       dern müssen täglich die Tracht des Schweigens ablegen.
    tung, Erinnerung und Gedenken an den Holocaust aufrecht zu                    Auch 2015 macht die Menschheit Fehler. Wie könnte es sonst ge-
    erhalten. Das Damals zu verstehen, um im Heute handeln zu                     schehen, dass die „Befreier von Auschwitz“ vom Januar 1945 sieb-
    können, ist Ziel unserer Erinnerungsarbeit“, sagt Immanuel                    zig Jahre später nicht zu den Gästen des Gedenkens gehören,
    Benz, stellvertretender Vorsitzender des DBJR.                                mahnte Knut Kreuch.

    Das Tor des KZ Auschwitz Birkenau war in das Gedenkzelt einbezogen.                                                                 Foto: Dirk Koch
VERBANDSNACHRICHTEN                                                          11                                             THÜRINGER TRACHTENZEITUNG

EULENSPIEGEL & CO: THÜRINGER TRACHTENVERBAND UND TRACH-
  TENJUGEND PRÄSENTIERTEN ECHTE ERFURTER PUFFBOHNEN
                                           LOKALKOLORIT IM ZEICHEN DES ERFURTER RADES
Trotz der vielen Programmpunkte im Rahmen             Daten des historischen Stars abgeliefert werden,
des 9. Deutschen Kinder- und Jugendtrachten-          bevor es dann zum Spiel- und Tanzabend mit
tages am dritten Märzwochenende kam das Ken-          dem Thüringer Folklore Ensemble in der Tanz-
nenlernen von Erfurt nicht zu kurz. Am späten         tenne auf dem Erfurter Petersberg ging.
Samstagnachmittag ging es kreuz und quer
durch die Stadt. Für diesen Programmpunkt wa-         Puffbohnen als Souvenir
ren fünf Stadtsuchergruppen unterwegs. Jede           Das Rahmenprogramm hat für die Trachtengä-
Teilnehmergruppe traf eine Person aus Erfurts         ste vielleicht Lust gemacht, mal wieder nach
langer Geschichte, die von jüngeren oder älteren      Thüringen zu reisen. Vielleicht zur Bundesgar-
Laiendarstellern verkörpert wurde. Von diesen         tenschau nach Erfurt im Jahre 2021. Bevor es so-
wurden die Gäste kurz und knapp in die Historie       weit ist, haben sie noch Gelegenheit, sich mit der
eingeführt. Till Eulenspiegel war einer dieser sehr   Zucht weißkerniger Erfurter Puffbohnen zu be-
lebendigen Stadtstars, der die Gäste aus Nie-
dersachsen und Baden-Württemberg mit Schel-                                                                schäftigen. Der Thüringer Trachtenverband gab
len und seiner Gitarre zum Mitsingen einlud.                                                               sie als Erinnerungsgeschenk mit. Dazu gab es die
Gartenbaupionier Christian Reichart erwartete                                                              Anleitung zum Kultivieren: „Bis spätestens Ende
die Stadtsucher in der Montur seiner Zeit im                                                               März sollten sie in der Erde sein, später geht auch
Hochheimer Dreibrunnenfeld und pries Puff-                                                                 noch. Im Juli könnt Ihr dann ein leckeres Mahl
bohnen, Blumenkohl und Brunnenkresse an. Für                                                               essen. Ihr könnt jedes Jahr ein paar Bohnen reif
Lacher sorgte die Tatsache, dass er eine Samen-                                                            werden lassen und neu säen, dann habt ihr auch
bank ins Leben gerufen hatte – natürlich für den                                                           noch in 50 Jahren eine Erinnerung an den Deut-
Erfurter Gemüsesamen. Der zweibeweibte Glei-                                                               schen Kinder- und Jugendtrachtentag in Erfurt
chengraf, Martin Luther und die Krämerin von                                                               und könnt Euren Enkeln davon berichten.“
der Krämerbrücke lieferten ebenfalls eine kurz-
weilige Einführung in die Vergangenheit. Am En-                                                            Text: Dirk Koch
de der Tour musste ein Steckbrief mit Foto und                                                             Fotos: Tommy Schwarzbach und andere

                STÜRMISCHE FERIENTAGE IN DER HOHEN RHÖN
                                  THÜRINGER TRACHTENJUGEND AUF DEN SPUREN ALTER SAGEN
Kaltenwestheim, neben Kaltensundheim, Kal-            lometer von Kaltenwestheim entfernt befindet.        Baum durch Pflegemaßnahmen und Eisenzugstä-
tennordheim und Kaltenlengsfeld der vierte            Zwischendurch jagten immer wieder heftige            be für nächste Generationen gesichert.
„kalte“ Ort der Rhön, war Schauplatz der Oster-       Schnee- und Graupelschauer mit peitschendem
ferienaktion der Thüringer Trachtenjugend. In         Wind über das Land. Dabei war es besonders be-       Eine wehrhafte Kirchenburg und starke Weiber
der Woche vor dem Auferstehungsfest war der           eindruckend, wie die Wetterveränderungen beo-        Sagenhaft ist ebenfalls eine Geschichte, in der sich
Winter tatsächlich schlagkräftig mit Eis und          bachtet werden konnten: Der Schneefall raste zum     die Bauern von Kaltenwestheim bei einem Angriff
Sturm in die Hohe Rhön zurückgekehrt, und             Teil direkt auf die Wanderer zu. Einige Minuten      feindlicher Armeen in ihren befestigten Kirchhof
Kaltenwestheim machte seinem Namen mit ei-            später sorgte strahlender Sonnenschein für mär-      zurückziehen mussten und die Frauen des Ortes
ner geschlossenen Schneedecke alle Ehre. Grade        chenhafte Fernblicke bis zur Wasserkuppe und         sich als wackere Heldinnen erwiesen. Das Pulver in
das rechte Wetter, um sich mit Rhöner Sagen zu        machte die Rhön als „Land der offenen Fernen“        der Kirchenburg ging aus, auch die Armbrüste wa-
beschäftigen. Der gemeinsame Tampet zum               bildlich für jedes Kind begreifbar. Das Durchhal-    ren knapp. So beschlossen die Frauen von Kalten-
Thüringer Kinder- und Jugendtrachtenfest wur-         ten hat sich gelohnt. Das Ächzen der Bäume, zum      westheim mutig, die Angreifer mit Steinen zu ver-
de vorbereitet, außerdem tagte die Jugendver-         Teil sogar ein Brummeln und undefinierbares          treiben. Gesagt, getan. Der Landesherr war erfreut
sammlung der Thüringer Trachtenjugend und             Rasseln, erzeugten Gänsehaut. Die Hexenlinde ist     über den Erfolg der Damen und schenkte ihnen
wählte einen neuen Vorstand.                          in der Sage Treffpunkt der Unholden zum Tanz,        zur Erinnerung an ihre mutige Tat einen Gedenk-
                                                      bei dem dann stets ahnungslose Musikanten auf-       stein, der heute als der Kaltenwestheimer „Weiber-
Wetterunbilden an der Hexenlinde                      spielen müssen. Zu DDR-Zeiten war der Baum           wetzstein“ bekannt ist und vor der Gaststätte „Zum
Windig und einmalig war die Wanderung zur sa-         unerreichhbar, da nicht weit entfernt die Staats-    Schlagtor“ steht. Die Kaltenwestheimer Kirchen-
genumwobenen Hexenlinde, die sich ca. fünf Ki-        grenze verlief. Nach der Wende wurde der hohle       burg ist leider nicht mehr in historischer Pracht er-
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