2021 Healthcare Immobilien Buyers Guide - Konii.de
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhaltsverzeichnis Editorial .................................................................................................... 4 Kapitel 1 | Investmentmarkt für Healthcare Immobilien .................... 6 Kapitel 2 | Gründe für Healthcare Investments ................................. 10 Kapitel 3 | Drittverwendungspotenzial Hotelimmobilie ................... 16 Kapitel 4 | Betreiberimmobilie Pflegeheim ........................................ 22 Kapitel 5 | Regulatorischer Rahmen und Struktur ............................ 30 Kapitel 6 | Finanzierung ........................................................................ 42 Erfolgskriterien ...................................................................................... 46 Kontakt ................................................................................................... 48 3
Editorial SOZIALIMMOBILIEN Kinderbetreuungs- HEALTHCARE IMMOBILIEN einrichtungen Pflege- Gesundheit/ Behinderten- Seniorenwohnen Jugendheime einrichtungen med. Einrichtungen heime Vollstationäre Betreutes Eingliederungs- MVZ Flüchtlingsheime Pflege Wohnen einrichtungen Obdachlosen- Tagespflege Servicewohnen Ärztehäuser Wohnheime heime Mehrgenerations- Hospiz Reha Therapiezentren Weitere häuser Mischeinrichtungen Privatkliniken Werkstätten Seniorenresidenzen / –stifte Akut – Kliniken Servicewohnen Ambulante Wohngemeinschaften Ergänzende Angaben zu verwendeten Begriffen im Buyers Guide Pflegeimmobilien Immobilien, in denen auf der mehrheitlichen Fläche eine Pflegeeinrichtung (siehe Grafik) untergebracht ist. Seniorenimmobilien / Seniorenwohnen Immobilien, in denen Pflegebedürftige / Senioren leben, denen ein ambulantes Versorgungsangebot gemacht wird. Seniorenimmobilien sind allein aufgrund der rechtlich notwendigen Freiwilligkeit der Inanspruchnahme des Versorgungsangebots keine Pflegeimmobilien. Typische Nutzungskonzepte sind u.a. Betreutes Wohnen und Servicewohnen.
Investoren im deutschen Immobilienmarkt streben spürbar nach Diversifizierung und nachhaltigen Nutzungskonzepten. Mit guten Gründen: das anhaltende Niedrigzinsniveau auf den Finanzmärkten, ein kontinuierlicher Druck auf die Rendite, zunehmende Regu- lierung mit Fokus auf CSR, ESG und Social Impact Investing und nicht zuletzt eine wach- sende Unsicherheit und ein verändertes Nutzerverhalten in Folge der Corona-Pandemie. In den Fokus der Investoren rücken daher neben etablierten Immobilienarten wie Büro, Handel, Industrie und Logistik sowie Wohnen immer stärker alternative Immobilienan- lagen wie Healthcare Immobilien. Die breite Palette der Sozialimmobilien – siehe Schau- bild links – wird überwiegend konjunkturunabhängig genutzt und insbesondere in dem aktuellen, gesamtwirtschaftlich herausfordernden Umfeld, zu einem stabilisierend wir- kenden und attraktiven Investmentprodukt. Im Zuge der Weiterentwicklung rund um die europäische Taxonomie-Verordnung werden Healthcare Immobilien zusätzlich an Bedeutung gewinnen. In den letzten vier Jahren ist die Spitzenrendite für Pflegeimmo- bilien um über 100 Basispunkte gefallen. Für das Laufende Jahr 2021 ist ein weiterer Rückgang zu verzeichnen. Diese Renditekompression belegt das steigende Interesse der Investoren, während die Entwicklung des Transaktionsvolumens diesen Nachfrage-Trend aufgrund der limitierten Verfügbarkeit an Investitionsprodukten nicht vollumfänglich abbilden kann. Mit diesem Healthcare Immobilien Buyers Guide greifen wir bei Colliers den stark wach- senden Beratungsbedarf zu Healthcare Immobilien auf und bieten Ihnen gemeinsam mit immoTISS care, den Spezialisten für Gesundheits-, Pflege- und Seniorenimmobilien, und den Rechtsberatern Clifford Chance eine perfekte Kombination relevanter Informa- tionen für Investoren und Verkäufer. Immobilien- und Transaktionsexpertise treffen auf Spezialisten für Sozialimmobilienwirtschaft. Der vorliegende Buyers Guide mit Fokus auf Healthcare Immobilien folgt unserem im Mai 2021 veröffentlichten EMEA Research & Forecast Report „Senior Living & Healthcare – A Growth Market“, den wir Ihnen auf Wunsch ebenfalls gerne zukommen lassen. Im Folgenden bieten wir Ihnen zunächst einen Überblick zum Investmentmarkt für Healthcare Immobilien mit allen wichtigen Fundamentaldaten für den Beleg einer nach- haltigen Investment Story. Danach liegt der Fokus auf besondere Spezialthemen, die die Besonderheiten sowie daraus resultierende Chancen dieser Spezialklasse erläutern. Aus aktuellem Anlass erörtern wir auch die Möglichkeit der Umnutzung von Hotels in Healthcare Immobilien. Wir wünschen Ihnen ein informatives Lesevergnügen! Monica-Elena Popescu Jochen Zeeh Dr. Philipp Stoecker Head of Portfolio Investment Geschäftsführender Gesellschafter Partner & Advisory Germany ImmoTISS-Gruppe Clifford Chance Colliers International 5
Kapitel 1 Transaktionsvolumen im Healthcare Segment (ohne Kliniken) 4,5 4,0 3,5 3,0 in Mrd. € 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0 2016 2017 2018 2019 2020 Q3 2021 2021 (P) Pflegeimmobilien Betreutes Wohnen Ärztehäuser / MVZ 5 Jahres-Mittelwert Verteilung des Transaktionsvolumens nach Objektarten (ohne Kliniken) 100% 80% 60% 40% 20% 0% 2016 2017 2018 2019 2020 Q3 2021 2021 (P) Pflegeimmobilien Betreutes Wohnen Ärztehäuser / MVZ Spitzenrenditen 6,00% 5,00% 4,01% 4,00% 3,90% 3,00% 3,25% 2,00% 1,00% 0,00% 2016 2017 2018 2019 2020 Q3 2021 2021 (P) Pflegeimmobilien Betreutes Wohnen Hotel Top – 7 Quellen: Colliers Research; Daten: Trasenix
Investmentmarkt für Healthcare Immobilien Mit rund 3,9 Mrd. Euro erreichte das Transaktions- Wie viele andere nachgefragte Teilsegmente des volumen von Healthcare Immobilien (der Katego- Immobilieninvestmentmarktes erfährt auch der rien Pflegeimmobilien, Betreutes Wohnen, Ärzte- Teilmarkt Healthcare eine Renditekompression. So häuser und Medizinische Versorgungszentren) im sank durch einen starken Anlagedruck die Spitzen- Jahr 2020 einen neuen Fünfjahres-Höchstwert - ge- rendite, sowohl für das Segment Pflegeimmobilien trieben durch eine Vielzahl von Portfoliotransaktio- als auch für das Segment Betreutes Wohnen, im nen mit einem Anteil von 48%. Im laufenden Jahr Jahr 2020 um weitere 25 Basispunkte gegenüber 2021 liegt das Transaktionsvolumen zum Abschluss dem Vorjahr. Für das laufende Jahr 2021 ist ein er- des dritten Quartals bei rund 2,6 Mrd. Euro mit ei- neuter Renditerückgang um etwa 25 Basispunkte nem Portfolioanteil von 20%. Gemäß der Prognose zu verzeichnen. für das vierte Quartal wird dieses Volumen erneut nahezu erreicht werden und somit weiterhin über Vergleicht man die Märkte der beiden Betreiber- dem Fünfjahres-Mittelwert liegen. immobilienarten Hotel und Pflege, so stellt man fest, dass bedingt durch die Seitwärtsbewegung der Verglichen zu klassischen Nutzungsarten des deut- Spitzenrenditen im Teilmarkt Hotel in den letzten schen Immobilieninvestmentmarktes, welche einen zweieinhalb Jahren, die Spitzenrenditen beider Be- klaren Transaktionsfokus auf die Top-7 Städte ha- treiberimmobilien nun dicht beieinander liegen. Die ben und dessen Mieternachfrage sich in der Re- Spitzenrenditen für Hotels sowie für Pflegeimmobi- gel stark an der Wirtschaftskraft orientiert, haben lien liegen im dritten Quartal 2021 bei rund 4,00%, Healthcare Immobilien eine besondere Nachfra- während die Nutzungsart Betreutes Wohnen eine gestruktur. Diese lässt sich inbesondere aus der Spitzenrendite von 3,25% aufweist. seniorenlastigen Bevölkerungsstruktur und deren demografischer Entwicklung ableiten, welche in Gesamtdeutschland für eine steigende, nachhal- tige Nachfrage nach Pflegeplätzen spricht. Sodass Wettbewerbssituation und eine infrastrukturell gut eingebettete Mikrolage in der Beurteilung der La- gequalität wesentlich wichtiger sind, als eine Top-7 Makrolage. Weiterhin bleibt mit rund 54% des Transaktionsvo- lumens die Pflegeimmobilie das dominierende Seg- ment im Healthcare Investmentmarkt, wobei das Segment Betreutes Wohnen insbesondere im letzten Jahr nochmals stark an Bedeutung gewonnen hat. 7
Kapitel 1 Transaktionsvolumen Healthcare nach Käufertypen (ohne Kliniken) 100% 80% 60% 40% 20% 0% 2016 2017 2018 2019 2020 Q3 2021 Teileigentum (Apartments / Pflegezimmer von vollstationären Einrichtungen) Direkte Investments durch institutionelle Investoren Immobilienfonds REITs und andere börsennotierte Investoren Transaktionsvolumen Healthcare nach Transaktionsform (ohne Kliniken) Q3 2021 2020 2019 2018 2017 2016 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 in Mrd. € Single Deals Portfolio Deals Transaktionsvolumen Healthcare nach Käuferherkunft (ohne Kliniken) Q3 2021 2020 2019 2018 2017 2016 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 in Mrd. € National International Quelle: Colliers Research; Daten: Trasenix
Investmentmarkt für Healthcare Immobilien Die Käuferseite wird 2021, wie auch schon in den Das Portfoliotransaktionsvolumen von 1,9 Mrd. Jahren zuvor, von den Immobilienfonds dominiert. Euro im Jahr 2020 lag deutlich über dem Durch- Der Anteil dieser Käufergruppe lag im Zeitraum schnitt (1,45 Mrd. Euro) der letzten fünf Jahre. Das 2016 bis 2020 zwischen 20 und 55 Prozent. Die durchschnittliche Transaktionsvolumen je Objekt zweitgrößte Käufergruppe sind REITs bzw. börsen- lag in den letzten fünf Jahren bei rund 22 Mio. notierten Investoren. Die Spanne lag in den letzten Euro und war somit im Vergleich zu klassischen Jahren zwischen 15 und 35 Prozent. Abseits des Nutzungsarten wie Büro deutlich kleiner. Entspre- klassischen Investmentmarktes hat sich in den ver- chend sind Portfoliotransaktionen sehr beliebt. gangenen Jahren der Vertrieb von Pflegeimmobilien Zudem war der Portfolio-Investmentmarkt, in den in Form von WEG-Einheiten etabliert – das Segment vergangenen Jahren auch durch Sale- & Lease-Back „Teileigentum“*. Der prozentuale Anteil des Trans- Transaktionen von Betreibern geprägt, die ihre Be- aktionsvolumens in Form von Teileigentum lag in stände in Portfolien an die zunehmende Anzahl an den letzten fünf Jahren zwischen 15 und 40 Pro- interessierten institutionellen Investoren veräußert zent – schwerpunktmäßig bei Neubauimmobilien. haben. Eine Übersicht größerer Portfoliotransak- tionen der letzten Quartale bietet die unten auf- Bedingt durch die vergleichsweise geringe Größe geführte Tabelle. des Teilmarktes Healthcare und die erst in den letzten Jahren begonnene Professionalisierung und Europäisierung des entsprechenden Betrei- bermarktes ist eine relativ hohe Volatilität in der Struktur dieses Teilmarktes erkennbar. Der Anteil der Portfoliotransaktionen an allen Transaktionen schwankte in den letzten fünf Jahren zwischen 20 und 70 Prozent. *Teileigentum: Apartments oder Pflegezimmer von vollstationären Einrichtun- gen, die als Teil der Gesamteinheit verkauft werden. Auswahl der größten Portfoliotransaktionen im Zeitraum Q2-2020 - Q3-2021 Portfolio Kaufpreis Käufer Verkäufer Datum Swiss Life ESG Health Care Threestones Capital 27 Pflegeimmobilien (Bestand) ca. 425 Mio. € Q4 2020 Deutschland V S.C.S., SICAV-SIF Management S.A. 8 Pflegecampusse (Neubau) ca. 250 Mio. € Cofinimmo Projektentwickler Q4 2020 19 Pflegeimmobilien (Bestand) ca. 245 Mio. € Aedifica SA Azurit-Gruppe Q2 2021 10 Seniorenresidenzen und Pflegeimmobilien GHS Senior Housing Höchster >200 Mio. € Q3 2020 (Bestand) Immobilien II AG Pensionskasse VVaG 8 Pflegeimmobilien (Bestand) ca. 145 Mio. € Primonial REIM Sarec-Gruppe Q3 2020 9 Pflegeimmobilien (Bestand / Neubau) ca. 145 Mio. € Icade Orpea Q3 2020 Senioren-Wohnen 7 Seniorenimmobilien (hauptsächlich Neubau) >100 Mio. € Patrizia Social Care Fund III Q2 2020 Holding Quelle: Trasenix 9
Kapitel 2 Ausschnitt aus dem Organigramm der „Plattform für nachhaltige Finanzierung“ der EU-Kommission Platform on Sustainable Finance permanent European Commission advisory board for Taxonomy Regulation 57 MEMBERS & 11 OBSERVERS Appointed members from a range of sectors, including industry, academia & civil society Advise Advise Advise on Advise on Advise on data Monitoring on technical on regulation extension of extension of availability & capital flows screening criteria review taxonomy to taxonomy to usability of to sustainable significantly social objectives criteria investments harmful and low impact activities Weblink Draft Report by Subgroup 4, Social Taxonomy 10
Vier gute Gründe, warum sich ein Immobilien- investment im Bereich Healthcare lohnt 1. Social Impact Investing Im Entwurf für eine „soziale“ Taxonomie werden die folgenden drei, auf die Stakeholder ausgerichteten Unter dem zunehmenden Einfluss der Corporate So- Ziele, aufgeführt: cial Responsibility (CSR) von Unternehmen und der im Juli 2020 in Kraft getretenen Taxonomie-Verord- - Gewährleistung menschenwürdiger Arbeit nung der Europäischen Union, die das Ziel hat, einen - Förderung von Verbraucherinteressen Rahmen zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen - Ermöglichung integrativer und nachhaltiger mit dem Fokus auf Enviromental Social Governance Gemeinschaften (ESG) vorzugeben, kommt dem „Social Impact Inves- ting“ auf dem Immobilieninvestmentmarkt eine be- Hinter allen drei Zielen sollen Kriterien stehen, die sondere Bedeutung zu. Bereits im Jahr 2019 beziffert sich auf die Auswirkungen in der gesamten Wert- das Forum für nachhaltige Geldanlagen (FNG) das schöpfungskette beziehen. Volumen im deutschen Immobilieninvestmentmarkt für ESG-konforme Immobilienfonds mit 87,8 Mrd. Dabei wird nach einer vertikalen sowie einer hori- Euro. zontalen Betrachtungsdimension unterschieden. Bei der vertikalen Dimension stehen Produkte und Lag der Fokus in der Bau- und Immobilienwirtschaft Dienstleistungen für die Erfüllung von Grundbedürf- zu Beginn der Debatte und der Bemühungen rund nissen und grundlegende Infrastruktur im Fokus. um ESG auf dem „E“ (Environmental), so richtet sich Aus dieser Perspektive könnten Investments, die nun der Blick verstärkt auf die Fragestellung, wie den Zugang zu diesen Produkten und Dienstleis- das „S“ (Social) umgesetzt und messbar gemacht tungen erleichtern und gleichzeitig die Bemühun- werden kann. gen um die Erreichung anderer sozialer Ziele nicht beeinträchtigen, als „sozial“ angesehen werden. Ein In den aktuellen Fachdebatten zum Thema wird wesentlicher Aspekt, der mit Pflegeheimen und Se- der Sozialimmobilie eine besondere Bedeutung niorenimmobilien definitiv erfüllt werden kann. Als zugesprochen. Ein Grund, warum das Investment- Beispiel: Die Spezialisierung auf besondere Nutzer- volumen dieser Objektklasse in den letzten Jahren gruppen, wie Demenzkranke, könnte im Rahmen stark gestiegen ist. der Bewertung ein echtes Plus bedeuten. Dagegen berücksichtigt die horizontale Dimension die Aus- Auch bei der Assetklasse Sozialimmobilie sollte wirkungen auf die verschiedenen Stakeholder, die sich der Investor bei der Prüfung eines potenziel- von den wirtschaftlichen Aktivitäten betroffen sein len Investments nicht nur auf den Bereich „sozial“ können: z. B. die Angestellten eines Pflegeheims, beschränken. Denn mit der im Juli dieses Jahres er- einschließlich der Beschäftigten in der gesamten folgten Veröffentlichung eines Kriterienkatalog-Ent- Wertschöpfungskette, Verbraucher und Gemein- wurfs der Arbeitsgruppe der Sustainable Finance schaften. Ein Positiv-Beispiel wäre eine Sozialim- Platform der EU-Kommission werden erste Tenden- mobilie, die selbst und mit ihren Aktivitäten rund zen erkennbar, was die EU in Zukunft unter sozialer um ihre Nutzung sowohl gesellschaftlich als auch Perspektive als ein nachhaltiges Investment ver- räumlich (Nachbarschaft/Quartier) integrierend stehen könnte. Siehe Organigramm und Link zum eingebettet ist und die für die Angestellten mit dem Report links (S. 10) ÖPNV gut erreichbar ist sowie ein gutes Arbeitsum- feld bietet. Das Investment in eine Immobilie aus dem Teilmarkt Healthcare hat also gute Voraussetzungen, sich im Rahmen des Social Impact Investing als nachhaltig und sozial zu erweisen. (Quelle: Praxisleitfaden für die Immobilienwirtschaft [2021] des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft [ICG]) 11
Kapitel 2 Zusätzliche Leistungsbezieher von vollstationären Pflegeleistungen gegenüber dem Ausgangsjahr 2019 660.000 600.000 [+9%] 340.000 [+80%] 200.000 [+70%] 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 2030 (p) 2040 (p) 2050 (p) 2060 (p) Quelle: Colliers Research; Statistisches Bundesamt (Destatis): Pflegestatistik 2019, Vorausberechnung Bevölkerungsstand Deutschland (Bev-Variante-01 Geburten und LE moderat, WS niedrig (G2L2W1)); Fortschreibung der Hospitalisierungsquote (Leistungsbezieher vollstationärer Pflege) basierend auf aktueller Prävalenz (Anzahl; 31.12.2019)
Vier gute Gründe, warum sich ein Immobilien- investment im Bereich Healthcare lohnt 2. Demografisch bedingte in diesen langen Vertragszeiträumen vereinbart. Wachstumsprognose Die Höhe der erzielbaren Pacht kann aber nicht, wie häufig bei anderen Betreiberimmobilien, pauschal Es ist allgemein bekannt, dass die deutsche Gesell- vom Umsatz abgeleitet werden. Die Pacht orien- schaft einem laufenden Alterungsprozess unter- tiert sich vielmehr an den Investitionskosten (siehe liegt. Auch wenn damit so manche staatlichen und Erläuterung zur Betreiberimmobilie in Kapitel 4). wirtschaftlichen Herausforderungen verbunden Die Höhe der Investitionskosten hängt wiederum sind, bietet dieser Prozess für den Betreiber von unter anderem vom Alter der Immobilien und dem Healthcare Immobilien ein enormes Wachstums- Standort (Bundesland) der Pflegeeinrichtung ab. potenzial. Darüber hinaus sichert es dem Investor Demgegenüber wird der Umsatz maßgeblich durch einen nachhaltigen Business-Plan. Denn gemäß der die verhandelten Pflegesätze bestimmt. Somit kann Pflegestatistik 2019 des Statistischen Bundesamtes eine Pachtaufwandsquote bei 10 Prozent liegen, (DESTATIS) bedürfen rund 10 Prozent der Bevölke- aber auch schnell, besonders bei Neubauten, einen rung aus der Altersgruppe ab 80 Jahren einer voll- Pachtanteil am Umsatz von 20 bis 25 Prozent er- stationären Pflege. reichen. Die Pacht orientiert sich also immer an den Einnahmen aus Investitionskosten. Trotz des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs in den kommenden Jahren (–6,7 Prozent bis 2060) Es ist völlig untypisch, dass ein Betreiber eine ist, aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung marktkonforme Pflegeimmobilie verlässt und der und einer Zunahme älterer Altersgruppen, von Investor einen neuen Betreiber suchen muss. Denn einer stetig steigenden Zahl an Leistungsbezie- die Abwicklung eines Pflegeheimbetriebs ist schwie- hern vollstationärer Pflegeleistungen und damit rig und führt zu massiven Imageschäden beim Be- einem wachsenden Bettenbedarf bis 2060 aus- treiber. Hintergrund ist unter anderem, dass ein zugehen. Diese Betrachtung setzt voraus, dass Betreiber laufende Heimverträge mit den Bewoh- sich der prozentuale Pflegeanteil in den einzel- nern seiner Pflegeimmobilie hat und diese Verträge nen Altersgruppen gegenüber dem Ausgangs- dann gekündigt werden müssten – ein Worst-Ca- jahr 2019 nicht mehr wesentlich verändert. Die- se-Szenario für alle Seiten mit entsprechendem se Entwicklung entspräche bereits im Jahr 2040 Schlagzeilen-Potenzial! Daher sind Betreiber in der einem Mehrbedarf von 340.000 Leistungsbezie- Regel an Verlängerungen von Mietverträgen inter- hern von vollstationären Pflegeleistungen, wenn essiert, sofern die baurechtlichen Anforderungen man die heute bestehende Pflegeprävalenz fort- erfüllt werden können und die Pacht aus den In- schreibt. Der Bedarf an neuen Pflegeimmobilien vestitionskosten refinanziert werden kann. ist unbestritten. In einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Um- 3. Stabiler Cashflow feld ist dieses defensive und konjunkturunabhängi- ge Investment ein wichtiger Stabilisierungsanker. Im Der noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts stark Vergleich zu den anderen Assetklassen weisen die fragmentierte Pflegeimmobilienmarkt in Deutsch- Renditen, trotz einer erfolgten Kompression, wei- land vollzog in den letzten Jahren einen Prozess terhin ein attraktives Rendite-Risiko-Verhältnis auf. der Konsolidierung, Professionalisierung und Eu- ropäisierung auf der Betreiberseite. Damit geht aus Investorensicht ein geringeres Ausfallrisiko dank bonitätsstarker Mieter/Pächter einher. Des Weiteren sind bei diesen Betreiberimmobilien Ver- tragslaufzeiten mit einem Zeitraum von 20 oder mehr Jahren, oftmals mit Verlängerungsoptionen, üblich. Häufig werden Wertsicherungsklauseln zum Schutz der Erträge vor Inflationsentwicklungen 13
Kapitel 2 Pflegeeinrichtungen 2019 – Struktur nach Einrichtungstyp 15.380 Pflegeeinrichtungen 3.885 11.317 178 solitäre Tagespflege- vollstationäre Dauerpflege- sonstige einrichtungen einrichtungen (“Pflegeheim”) Einrichtungen ca. 6.800 investmentfähige Pflegeheime = ca. 690.000 investmentfähige Pflegeplätze ca. 70 Mrd. € Immobilienmarktvolumen* * gerundeter Wert, ermittelt auf Basis der marktüblichen Kaufpreise pro Bett für Bestands- und Neubauten der letzten Jahre sowie den investmentfähigen Pflegeplätzen Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis): Pflegestatistik 2019, Trasenix und eigene Hochrechnungen. Übersicht Projektentwicklungen (Stand Q1-2021) Im Bau In Planung Einrichtungen 319 479 Vollstationäre 24.732 (Ø 76) 37.602 (Ø 79) Dauerpflegeplätze Investitions- ca. 3,5 Mrd. € ca. 5,3 Mrd. € volumen Davon Ersatz- 80 neubauten für bestehende Einrichtungen 7.000 Quellen: Trasenix 14
Vier gute Gründe, warum sich ein Immobilien- investment im Bereich Healthcare lohnt 4. Development-Potenzial Das heutige Marktvolumen für vollstationäre Pflegeheime (investmentfähig i.S.v. Mindestgröße, keine Objektförderung) liegt bei schätzungsweise 70 Mrd. Euro. Der aktuelle Bestand an Pflegeangeboten reicht je- doch nicht aus, um den bereits vorhergehend er- läuterten und demografisch bedingten zukünftigen Bedarf zu decken. Es ist völlig unstrittig, dass der Healthcare Markt eine wachsende Nachfrage nach zusätzlichen Pflegeleistungen und -plätzen aufweist und somit auch das Investmentmarktvolumen in der Konsequenz steigen muss. Dementsprechend kommt der Projektentwicklung in dieser Assetklasse eine besondere Bedeutung zu. Neben benötigten Ergänzungsbauten, welche die steigende Nachfrage decken müssen, gibt es einen zusätzlichen Bedarf der sich aus der Sanierung von Bestandsbauten ergibt, welche an die aktuellen lan- desrechtlichen und marktbedingten Anforderun- gen im Pflegebereich anzupassen sind. Von fast 800 Projektentwicklungen mit über 60.000 Betten im Bereich der vollstationären Dauerpflege- einrichtungen sind über 10 Prozent Ersatzneubau- ten für bestehende Einrichtungen. Das Investitions- volumen dieser 800 Projektentwicklungen beträgt dabei hochgerechnet rund 8,5 Mrd. Euro. Der zukünftig hohe Bedarf an neuen Pflegeimmo- bilien ermöglicht es den Projektentwicklern und In- vestoren, Immobilien anderer Nutzungsarten unter dem Gesichtspunkt der Drittverwendungsfähigkeit als Pflegeimmobilie zu prüfen. In einem folgenden Kapitel dieses Buyers Guides wird daher der Blick auch auf die Konversion von Hotelimmobilien in Pflegeimmobilien gerichtet. 15
Kapitel 3
Drittverwendungspotenzial im Hotelsegment: Healthcare Immobilie Das Pandemiejahr 2020 bescherte der Hotelbran- räume und, je nach Konzept, ein Restaurant für die che einen Rekordeinbruch. Auch die erste Hälfte Bewohner benötigt, die in den öffentlichen Berei- des Jahres 2021 war von Betriebsschließungen und chen des umzubauenden Hotels darzustellen sind. Beherbergungsverboten bestimmt. Seit August ist Für gehobene Seniorenresidenzen besteht zudem zwar eine Erholung spürbar, jedoch mit Fokus aus die Möglichkeit, Hoteleinrichtungen wie beispiels- Urlaubsregionen, während Stadthotels weiterhin weise den Wellnessbereich mit Pool zu überneh- unter den Auswirkungen der Pandemie leiden. So men und in das jeweilige Konzept zu integrieren. ist auch in 2022 keine vollständige Erholung der So kann sich beispielsweise eine Umwandlung Branche zu erwarten. Daher stellt sich verstärkt die eines 5-Sterne-Hotels aufgrund des bestehenden Frage einer Umnutzung von Hotelimmobilien. Flächenprogramms für einen Umbau in gehobene Luxus-Seniorenapartments eignen, bei denen die Die Umnutzung zu Pflege- und Seniorenimmobilien bestehenden großzügigen Gemeinschaftsflächen ist dabei ein interessanter und zunächst nahelie- als entsprechend wichtiger Bestandteil des exklu- gender Ansatz. Dabei müssen die Gegebenheiten siven Betriebskonzepts integriert werden können. eines Hotels in jedem Fall individuell geprüft wer- den, um zu beurteilen, ob sich die Umwandlung in Bei größeren Anlagen kann, sofern der Bestands- eine Pflege- und Seniorenimmobilie wirtschaftlich grundriss es erlaubt, eine Kombination unterschied- darstellen lässt. Auch bleibt abzuwägen, welche licher Wohnformen angedacht werden. In diesem Form der Pflege- und Seniorenimmobilie für das Fall wäre es möglich, die großzügigen hotelspezi- jeweilige Objekt sowie den Standort geeignet ist. fischen Gemeinschafts- und Versorgungsflächen ohne große Anpassungen effizient umzugestalten, Für eine voll- und teilstationäre Pflege (z. B. Tages- um Synergien der jeweiligen Konzepte zu nutzen. pflege oder Kurzzeitpflege) können zwar prinzipiell Eine pauschale Faustformel für die Herleitung, wel- Hotelzimmer mit einer Mindest-Wohnraumfläche ches Pflegekonzept sich für eine Bestandsimmobilie von 14 m² (exklusive des Vorflur-Bereichs vor der eignet, gibt es leider nicht, da die Grundrisse in je- Nasszelle) in Frage kommen, allerdings gilt es die dem Einzelfall auf die spezifischen Anforderungen Barrierefreiheit sicherzustellen und Bewegungsra- geprüft werden müssen. dien zu prüfen – insbesondere in den Nasszellen. Sollte die Raumstruktur der Hotelzimmer diese Umwandlung mit einfachen Mitteln ermöglichen, gilt es weiterhin die öffentlichen Bereiche dem Back of House einer Pflegeeinrichtung anzupassen. Falls eine Umwandlung in eine Wohnanlage des Be- treuten Wohnens oder in eine Seniorenresidenz mit Betreiberkonzept angedacht wird, so unterscheiden sich die Anforderungen elementar von den statio- nären Versorgungsformen. In diesem Fall müssen Raumstrukturen neu konzipiert und größere zu- sammenhängende Flächen durch den Zusammen- schluss von einzelnen Hotelzimmern geschaffen werden. Neben den größeren Wohnungseinheiten werden zusätzlich mindestens noch Gemeinschafts- 17
Kapitel 3
Drittverwendungspotenzial im Hotelsegment: Healthcare Immobilie Spezifische Herausforderungen bei Umnutzun- Aus baurechtlicher Perspektive lässt sich eine Um- gen zu Pflege- und Seniorenimmobilien widmung vom gewerblichen Kurzzeitwohnen, wie Generell gilt anzumerken, dass jeder Healthcare bei Hotels der Fall, zu wohnwirtschaftlichen Lang- Immobilientyp sein nutzerspezifisches Anforde- zeitaufenthalten in den meisten Fällen verwirk- rungsprofil aufweist. Nachdem das alte Hotelnut- lichen, da die Städte und Kommunen ein starkes zungskonzept nicht mehr zum Standort passt, gilt Interesse an der Schaffung von Pflege- und Senio- es zu prüfen, inwieweit durch den Markt bzw. um- renimmobilien haben. liegende Standortentwicklungen eine andere Nut- zungsart für den Standort geeignet ist. 2. Größe und Flächenprogramm Unter anderem müssen die folgenden Punkte bei Als Faustformel sollte für die Realisierung eines derartigen Überlegungen analysiert werden: wirtschaftlichen Pflegekonzepts grundsätzlich eine Fläche von mindestens 3.500 m2 BGF zur Verfügung 1. Standort stehen. Die konkreten Möglichkeiten zur Nutzung dieser Flächen hängen wiederum von diversen Während sich das Hotelangebot grundsätzlich nach Parametern ab. Beispielsweise ist bei einer nicht der allgemeinen Reisenachfrage und den umlie- veränderbaren Flurbreite von weniger als 2,0 m die genden Nachfragegeneratoren richtet, lassen sich Nutzung als vollstationäre Pflegeeinrichtung nur Seniorenwohnen und Betreutes Wohnen derzeit im Sonderfall möglich. Zudem sollte hierbei auch aus Nachfragesicht pauschal positiv bewerten, eine ausreichend große Dimensionierung der Ge- da das Angebot bei weitem noch nicht ausreicht. schossgrößen von mindestens 600 m2 NGF und Hierdurch kann die Standortwahl auf Makroebene idealerweise mindestens 1.000 m² für den Betrieb vorerst offen betrachtet werden, da sich sowohl in effizienter Wohnbereiche und Hausgemeinschaften Großstädten als auch in kleineren Regionen noch berücksichtigt werden. Für den Betrieb einer Tages- gute Chancen ergeben. pflege sollte hingegen eine wirtschaftliche Größe von mindestens 350 m2 zur Verfügung stehen. Für Der Standort sollte jedoch nicht nur den zukünfti- die Gestaltung von 1 bis 3 Zimmer großen Senio- gen Bewohnern den Anschluss an das allgemeine renwohnungen sollten zwischen 30 und 80 m2 für Leben ermöglichen, sondern auch eine gute Er- Wohnungen mit Küche, zusätzlichem Abstellraum reichbarkeit für Personal und Angehörige sicher- und einer Nasszelle von mindestens 4 m2 einkal- stellen. Dies bedeutet, dass eine gute infrastruktu- kuliert werden. Zudem sollten Balkone vorhanden relle Anbindung über den öffentlichen Nahverkehr oder baulich möglich sein. gegeben sein sollte, die wohnqualitätsinzidierend zu bewerten ist. Ein Standort im Gewerbegebiet Restaurants und Tagungsräume können in vielen oder an Autobahnen bzw. Bundesstraßen ist in den Konzepten als Gemeinschaftsflächen wie Besucher- meisten Fällen bereits ein klares Ausschlusskrite- lounge oder Cafeteria umgenutzt werden. Ebenso rium. Sollte sich eine Liegenschaft an einer stark können vorhandene Spa-Anlagen übernommen befahrenen Straße befinden, ist es essenziell, dass und angepasst werden, um gehobenere Leistungen die rückwärtige Seite des Gebäudes einen Grün- als Teil des Serviceangebots vorzuhalten. Weitere blick oder eine angrenzende attraktive Nachbar- Funktionsräume wie z. B. Wäscherei, Küche, Lager- schaft bietet. Zudem sollte das allgemeine Image räume und Räume für die Verwaltung sollten hier- der Mikrolage als Wohn- und Aufenthaltsstandort bei ebenfalls mit eingeplant werden. positiv zu bewerten sein. 19
Kapitel 3 3. Strukturelle Anforderungen Um größere Umbauten mit statischen Eingriffen zu umgehen, sollte die Immobilie mehrere Kriterien bereits erfüllen. Ein wichtiges Kriterium hierbei ist die Einhaltung der DIN 18040-2 zum barrierefreien Bauen. Insbesondere im Hotelsegment ist diese je- doch nur sporadisch umgesetzt. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Geschosse kei- ne Rampen oder Steigungen von mehr als 6 Pro- zent aufweisen und Bewegungsflächen von min- destens 1,5 m x 1,5 m vorhanden sind. Für eine Umnutzungspotenzial rollstuhlfreundliche Umgebung sollten Türen eine zu Pflege- und Breite von 90 cm nicht unterschreiten. Senioreneinrichtungen ca. 1.500 Hotels Hotels, die die Mindestanforderung der BGF erfüllen ca. 5.000 Hotels Umnutzungspotenzial von ca. 30.000 Hotels innerhalb Deutschland. Fazit Auf dem Hotelimmobilienmarkt werden sich mittel- fristig vermehrt attraktive Ankaufsmöglichkeiten er- geben, für die eine Umnutzung zu Pflegeeinrichtun- gen naheliegend erscheint. Obwohl die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Konzepte die tatsäch- liche Anzahl der Umnutzungsmöglichkeiten stark re- duzieren, sind dennoch sicherlich mehr als 1.500 Be- herbergungsbetriebe als geeignet einzustufen. Dies macht zwar lediglich in etwa 5 Prozent des gesamten Hotelmarktes von etwa 30.000 Beherbergungsbetrie- ben aus, ist aber dennoch eine signifikante Zahl.
Drittverwendungspotenzial im Hotelsegment: Healthcare Immobilie Als Leitfaden zur Prüfung einer Umnutzung empfiehlt sich nachfolgende Vorgehensweise 1. Prüfung des Standortes – Festlegung des genauen seniorenspezifischen Nutzungskonzepts 2. Prüfung des gebäudestrukturellen / statischen Rasters hinsichtlich Veränderung der Raumstruktur und Barrierefreiheit 3. Erste grobe Kostenschätzung für erforderliche Umbaumaßnahmen 4. Prüfung des Einstandspreises / Residualwerts 5. Prüfung Baurecht / Planungsänderung 6. Identifikation Betreiberpartner / Mieter Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich oder aber das aktuelle Nutzungskonzept für den die genaue Analyse und Prüfung von Hotelimmo- jeweiligen Standort nicht mehr nachhaltig ist. Eine bilien für die Umnutzung zu einer Pflege- oder Se- zielgerichtete initiale Machbarkeitsanalyse kann ein niorenwohnform immer lohnt, insbesondere auch erster, aber erfolgversprechender Schritt sein, eine dann, wenn es sich um nicht mehr zeitgemäße Ge- Immobilie oder ein Immobilienportfolio mit mehr bäude- und Betriebsstrukturen von Hotels handelt Nachhaltigkeit und Kredit-Points für die ESG-Kon- formität aufzuwerten. Beispiel einer Umnutzung von Hotel in Seniorenwohnen Quelle: Colliers Research 21
Kapitel 4 Marktanteile der Betreiberstruktur nach Trägerart /-schaft bei stationären Pflegeheimen in Deutschland 4,5% 8,5% -4,0% 34,9% 42,7% +7,8% 1999 2019 56,6% 52,8% -3,8% Private Träger Freigemeinnützige Träger Öffentliche Träger Quelle: Pflegestatistiken 1999-2019 Verteilung der Trägerschaft nach Bundesländern 3,20% 4,60% 8,6% 9,8% 6,6% 2,7% 9,7% 0,7% 4,4% 7,2% 2,7% 4,6% 0,9% 9,3% 3,4% 2,4% 100% 39,2% 34,5% 36,3% 30,4% 50,6% 41,6% 57,1% 50,3% 51,2% 33,4% 49,1% 48,0% 62,0% 67,7% 51,2% 55,9% 50% 53,70% 59,8% 60,9% 59,2% 58,3% 56,7% 46,7% 46,4% 45,4% 42,7% 46,4% 42,2% 39,0% 37,5% 29,90% 35,4% 0% BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Kommunal Privat Freigemeinnützig Quelle: Trasenix, Stand: Juni 2021
Betreiberimmobilie Pflegeheim Pflegeimmobilien sind Betreiberimmobilien. Bei Die Mehrheit der vollstationären Pflegeheime wird Pflegeimmobilien werden in der Regel langfristige traditionell von freigemeinnützigen Trägern betrie- Mietverträge mit einem Betreiber abgeschlossen. ben. Dazu gehören auf der einen Seite die kirchli- Oftmals handelt es sich um „single tenant“-Objekte. chen Träger wie Caritas oder Diakonie und auf der Demzufolge kommen der Bonität des Betreibers, anderen Seite Wohlfahrtsverbände wie beispiels- den wesentlichen Stellschrauben für einen nach- weise die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Dieses Bild haltigen Betrieb sowie der nachhaltigen Pachtan- zeigt sich noch heute, ihr Anteil hat über die Jahre sätze große Bedeutung zu. Seit mehreren Jahren aber stetig abgenommen. 1999, im ersten Jahr des lassen sich in der Betreiberlandschaft vermehrt amtlichen Beginns für die Erhebung der Pflegesta- Veränderungen in Richtung Professionalisierung tistik, betrug er noch 56,6 Prozent. Im Jahr 2019 lag und Konsolidierung beobachten. Zudem gibt es er bei einem Wert von knapp 53 Prozent. Als Ge- zwei wesentliche Faktoren, die für die nachhaltige winner gelten die privaten Betreiber. Sie blicken auf Pachtzahlung von Bedeutung sind: die besondere ein jahrelanges Wachstum zurück, das sich zuletzt Ertragsstruktur vollstationärer Pflegeeinrichtungen bei einem Anteil von rund 43 Prozent eingependelt mit den für die Pachtzahlung relevanten Investiti- hat. Als Gründe für die Steigerung der letzten Jahre onskosten und die direkten Leistungserbringer der gelten große Betreiberübernahmen durch private Pflegeleistungen – die Fachkräfte. Pflegekonzerne und erhöhte Neubauaktivität bei privaten Pflegeheimbetreibern. Vieles deutet da- 1. Betreibermarkt – dynamische rauf hin, dass sich das Wachstum fortsetzen und Defragmentierung mittelfristig sogar ein Marktanteil von 50 Prozent erreicht sein wird. 1.1 Übersicht & Struktur des Pflegeheimmarktes Die Verteilung der Trägerschaft variiert stark nach Der deutsche Pflegeheimmarkt ist auf den ersten Bundesland. Während in Bundesländern wie Bayern, Blick immer noch fragmentiert und intransparent. Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg- Gleichzeitig hat er sich aber in den letzten Jahren Vorpommern, Thüringen und im Saarland die frei- bereits stark konsolidiert und professionalisiert – gemeinnützigen Träger den Hauptanteil ausmachen, bei steigenden Auslastungsquoten der vorhande- sind in Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Schles- nen Einrichtungen. Für internationale Betreiberfir- wig-Holstein die privaten Träger stärker vertreten. men und Finanzinvestoren sind selbst die vielen länderspezifischen Gesetzgebungen, die einen sehr hohen Regulierungsgrad zur Folge haben, kein Grund, Deutschland zu meiden. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Zersplitterung bietet Investoren viele Eintrittspforten in den Markt und Möglichkei- ten, „buy & build“-Strategien umzusetzen. 23
Kapitel 4 1.2 E instiegschance für Investoren – Trend zur weiteren Konsolidierung des Betreiber- marktes Der fragmentierte deutsche Betreibermarkt eröff- net genügend Chancen für Betreiber und Investo- ren zum Eintritt in den Markt, aber auch für be- reits am Markt agierende Betreiberunternehmen. Es gibt viele Betreiber, die über sehr wenige Pfle- geheime verfügen und sich auf eine Region oder Stadt fokussieren. Regional operierende und klei- nere Unternehmensgruppen unter ihnen werden so bei steigendem Wettbewerb zu potenziellen Übernahmekandidaten und stellen aussichtsreiche Investitionsziele dar. In diesem Sinne hat die Kleinteiligkeit den notwen- digen Spielraum für eine zunehmende Konsolidie- rung auf dem Betreibermarkt, wie sie in den letzten Jahren zu beobachten war, ermöglicht. Und dieser Trend zur Konsolidierung lässt sich auch weiter beobachten, wie zuletzt bei der Übernahme des Berliner Betreibers Advita durch die französi- sche Domus Vi Group. Weiterhin bringt die zuneh- mende Konsolidierung von kleineren Betreibern eine hohe Professionalisierung in den Prozessen und Strukturen mit sich. Zudem war der Markt in den letzte Jahren auch von M&A Transaktionen von größeren Betreibergrup- pen geprägt, die die Build-and-Buy Strategie verfol- gen. Hier liegt die Motivation für eine Transaktion in der Realisierung von Gewinnen der meist durch Private Equity finanzierten Unternehmen.
Betreiberimmobilie Pflegeheim Betreiberübernahmen 2019/21 Mai 2019 Oktober 2019 Januar 2020 Alloheim übernimmt Pro Talis Gruppe Kos SpA übernimmt Charleston Holding Übernahme der Novita durch die ERLBAU (14 Pflegeheime) GmbH (47 Einrichtungen) Deggendorf GmbH & Co. KG (11 Pflegeheime) Schönes Leben erwirbt MEDIKO Gruppe Argentum Pflege Holding GmbH erwirbt die (20 Pflegeheime) Deutsche Pflege und Wohnstift GmbH (17 Pflegeheime) Alloheim übernimmt Mohring Gruppe und Vital Wohnen Gruppe (10 Pflegeheime) Quadriga Capital übernimmt Medical Senio- ren-Park Holding GmbH (6 Pflegeheime) und sechs stationäre Einrichtungen der Convivo Gruppe (6 Pflegeheime) Mai 2020 Nov. 2020 Juli 2021 Übernahme der Qualivita AG durch Korian Domidep übernimmt Römergarten Resi- Die französische Domus Vi Group hat den (13 Pflegeeinrichtungen) denzen GmbH und Römergarten Senioren- in Berlin ansässigen Betreiber Advita Residenzen Ba-Wü GmbH (20 Pflegeheime) übernommen - größte Übernahme 2020 im Bereich der Betreiber für vollstationäre Pflegeheime Curata Care Holding übernimmt KMG Pflegeeinrichtungen (6 Pflegeheime) Quelle: immoTISS care 25
Kapitel 4 Korian Deutschland (19,7 %) Alloheim Seniorenresidenz (17,7 %) Marktanteil internationaler Orpea Deutschland (12,8 %) Betreiber an den Top-10 Schönes Leben Gruppe (5,6 %) Nationale Betreiber (44,2 %) Quelle: Colliers Research; Daten: Trasenix Kostenbestandteile Kostenträger INVESTITIONSKOSTEN Pflegebedürftige Kosten der Immobilie und des Inventars (Sozialhilfeträger) (10 – 20%) UNTERKUNFT & VERPFLEGUNG Pflegebedürftige Kosten für Hauswirtschaft und Betriebsablauf (Sozialhilfeträger) (15 – 20%) PFLEGEKOSTEN Pflegekasse (60 – 70%) Quelle: immoTISS care 26
Betreiberimmobilie Pflegeheim Europäisierung des deutschen soliden Nachfrage nach Betreuungs- und Pflege- Altenpflegemarktes leistungen sowie einer stabilen Wirtschaftskraft Da die lange prophezeite demografische Entwick- die Chance, eine profitable Plattform bzw. Betrei- lung immer mehr zur Realität wird, steigt der Pfle- berkette in Deutschland aufzubauen. Derzeit be- gebedarf stetig – aber nicht nur neue Pflegeplätze trägt der Anteil der Betreiber mit internationaler sind gefragt. Zusätzliche Investitionen sind not- Beteiligung 56% der Top-10 Betreiber. Gemessen wendig, um alte Strukturen an die aktuellen ge- an der Anzahl der Betreiber lässt sich dennoch eine setzlichen Vorgaben anzupassen und die steigende Dominanz nationaler Betreiberfirmen beobachten, Nachfrage zu befriedigen. Freigemeinnützige oder da nur vier Betreiberketten in den Top-10 vertreten öffentliche Träger sind oftmals nicht in der Lage, sind, die von international agierenden Betreibern die notwendigen finanziellen Mittel für Projektent- und Investoren geführt werden. Jedoch machen die wicklungen auf die Beine zu stellen. Top-10 Betreiber, trotz einer Konsolidierung und Verdopplung des Marktanteils in den vergangenen Das Kapital kommt von privatwirtschaftlich orga- Jahren, lediglich 14% des Gesamtmarktes aus. Der nisierten Betreibergesellschaften aus dem In- und Anteil internationaler Betreiber am weiterhin stark Ausland, die expandieren möchten. Besonders fragmentierten und von freigemeinnützigen Trä- ausländische Akteure, die mit gesättigten Heimat- gern mehrheitlich geprägten Gesamtmarkt hat die märkten konfrontiert sind, sehen aufgrund einer Schwelle von 10% bereits überschritten. Top-10-Betreiber für stationäre Pflege Trägerart Betreiber Pflegeplätze Pflegeeinrichtungen Herkunft Eigentümer 1 Privat Korian 27.109 254 Frankreich 2 Privat Alloheim (Eigentümer: Nordic Capital) 23.180 243 Schweden 3 Privat Victor's Group 14.462 114 Deutschland 4 Privat Orpea 13.193 151 Frankreich 5 Privat Kursana (Eigentümer: Dussmann Group) 9.638 96 Deutschland 6 Privat Azurit-Hansa-Gruppe 8.240 82 Deutschland 7 Freigemein. Johanniter Seniorenhäuser 7.896 93 Deutschland 8 Privat Schönes Leben Gruppe (Eigentümer: Waterland) 7.463 94 Niederlande 9 Freigemein. Evangelische Heimstiftung 6.693 95 Deutschland 10 Privat DOMICIL Seniorenresidenzen 6.597 44 Deutschland Quelle: Trasenix, Stand: Juni 2021 2. Ertragsquelle - Refinanzierung der Pacht Getränkeversorgung). Die dritte Säule sind die In- durch Investitionskosten (stationäre Pflege) vestitionskosten, die als ratierlicher, tagesgleicher Beitrag (Subjektförderung) die Herstellungsaufwen- Für Betreiber von vollstationären Pflegeeinrichtun- dungen der Immobilie sowie deren fortlaufende gen sind drei Säulen für den Umsatz relevant, aus Instandhaltungsaufwendungen abdecken. Sie ge- denen sich das Heimentgelt zusammensetzt. Das hören wie die Kosten für Unterkunft und Verpfle- sind die monatlichen Pflegekosten (Pflegesatz), die gung zum Eigenanteil des Pflegebedürftigen bzw. von der Pflegeversicherung bezuschusst werden, Versicherten und müssen selbst getragen werden sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung oder mit Unterstützung der Angehörigen oder der (insbesondere Reinigung, Energie, Essens- und Sozialhilfeträger. 27
Kapitel 4 Rechtlicher Rahmen Der Betreiber als Leistungserbringer schließt einen Finanzierung eines Pflegeplatzes Versorgungsvertrag („Betriebslizenz“) und Vergü- tungsvereinbarungen gemäß SGB XI mit den Pfle- LEISTUNGSEMPFÄNGER gekassen sowie dem Sozialhilfeträger ab, in denen (Pflegebedürftiger) die Höhe der Vergütungssätze für die vom Betrei- ber erbrachten Leistungen festgelegt werden. Mit dem Pflegebedürftigen, der Leistungsempfänger Heimvertrag ist, wird seitens des Betreibers ein Heimvertrag unterzeichnet. LEISTUNGSERBRINGER Investitionskosten als Maßstab (Betreiber) Zu den Investitionskosten gehören Kosten, die durch Errichtung, Anschaffung, Instandsetzung oder –haltung von Inventar und betriebsnotwen- Versorgungs- Vergütungs- digen Gebäudeteilen sowie damit verbundenen vertrag vereinbarung technischen Anlagen entstehen. Auch Pachtzahlun- gen, die der Betreiber zu zahlen hat, oder Abschrei- bungen und Darlehenszinsen sind Bestandteil der Verbände Pflegekassen Investitionskosten. Eine Pacht ist dann nachhaltig, der Pflegekassen / Sozialamt wenn die vereinnahmten Erlöse aus den Investi- tionskosten abzüglich des dem Betreiber zustehen- den Betrags für seine Instandhaltungsverpflichtung Quelle: immoTISS care (inkl. Inventar) den Pachtansatz bei der gegebenen oder kalkulatorisch nachhaltigen Auslastung – i. d. R. 95 Prozent – decken. Jeder Pflegeheimbetreiber Refinanzierung der Baukosten eines Pflegeplatzes vereinnahmt die Investitionskosten auf den Tag genau. Diese dürfen auf die pflegebedürftigen Be- Beispielhafte Anerken- Annerken- wohner bzw. deren unterstützenden Angehörigen Kosten- nungsfähige nungsfähige oder den Sozialhilfeträger umgelegt werden – al- kalkulation Baukosten in Baukosten in lerdings nur betriebsnotwendige und angemesse- Neubau Niedersachsen BaWü ne Kosten – und entsprechen vom Prinzip her der Kaltmiete einer Wohnung. Wagnis & Gewinn Investitionskosten gelten als Indikator für die Nach- haltigkeit der Pacht und als Maßstab für eine In- vestition in eine Pflegeimmobilie. Wobei es hier zu KG 100-200 beachten gilt, dass vollstationäre Bestandspflegeein- 10.000 € richtungen in der Vergangenheit bei der Erstellung Größer durchaus auch öffentliche Fördermaßnahmen er- 150.000 € hielten – in Form von direkten Zuschüssen. Weiter- KG 300-700 Kleiner hin hängt die Höhe der Investitionskosten sowohl 100.000 € 100.000 € vom Alter der Immobilie ab als auch von länderspe- zifischen Berechnungssystematiken. In den ostdeut- schen Bundesländern liegen die durchschnittlichen KG 800 Investitionskosten niedriger, da es in der Vergangen- 10.000 € heit unter anderem eine großzügigere Förderpolitik als in den westlichen Bundesländern gab. Quelle: immoTISS care
Betreiberimmobilie Pflegeheim Gemessen an der gesamten Ertragsstruktur eines z. B. die Zimmergröße betreffend, getroffen werden Pflegeheimbetriebes, liegen die Erlöse aus den In- können. Eine Anpassung der Investitionskosten ist vestitionskosten in der Regel bei 10 bis 20 Prozent in diesem Fall rechtfertigbar (siehe auch [Kapitel 5 der gesamten Erträge. Bei neuen Einrichtungen Ziffer 5.]). liegen die Erlöse naturgemäß im oberen Bereich der Spanne. 3. Pflegefachkräfte wichtig für den Ertrag des Betreibers Refinanzierung der Investitionskosten Mit der Einführung der sozialen Pflegeversicherung Für Pflegeheimbetreiber entscheidet die Personal- (SGB XI) im Jahr 1995 wurde die „duale Finanzie- situation über die Wirtschaftlichkeit eines Betrie- rung“ eingeführt, nach der die Investitionsauf- bes, die meist erst ab einer Belegungsquote von wendungen den Pflegebedürftigen gesondert in 90 Prozent erreicht wird. In manchen Pflegehei- Rechnung gestellt werden. Im Rahmen der landes- men bleiben die Auslastungszahlen jedoch hinter rechtlichen Ausgestaltungen haben in der Folge die der tatsächlichen Nachfrage zurück, da die vorge- einzelnen Bundesländer eigenständige Regelungen schriebene Pflegefachkraftquote von 50 Prozent in für die Förderung sowie Finanzierung der Investi- der stationären Pflege, die in der „Heimmindest- tionskosten mit sehr unterschiedlichen Förder- und personalverordnung“ bundesweit geregelt ist, nicht Refinanzierungsstrukturen entwickelt. In einigen erfüllt wird und ein Aufnahmestopp durch die Auf- Ländern erhielten Betreiber innerhalb eines defi- sichtsbehörden verhängt werden kann. nierten Zeitrahmens eine Objektförderung in Form von nicht rückzahlbaren Investitionszuschüssen Strategien gegen Personalmangel für die Errichtung der Pflegeeinrichtungen, andere Bei der Personalgewinnung spielt die marktge- Bundesländer haben die Finanzierung direkt auf rechte und adäquate Bezahlung für das Pflegeper- eine Subjektförderung umgestellt, bei der letztlich sonal eine wichtige Rolle, aber sie ist nicht allein die Pflegebedürftigen unter Einbeziehung ihrer ausschlaggebend. Weitere Kriterien, die potenzielle eigenen Einkommens- und Vermögensverhält- Mitarbeiter in der Entscheidung für einen Standort nisse entsprechende Zuwendungen des Landes beeinflussen, sind ein gutes Betriebsklima, arbeit- (meist sozialhilferechtlichen Regelungen folgend) nehmerfreundliche Strukturen sowie eine anspre- erhalten. Für Pflegebedürftige, deren Einkommen chende Gestaltung der Pflegeimmobilie durch helle und Vermögen nicht ausreichend ist, übernehmen und freundliche Raumkonzepte. Ein angenehmes Sozialhilfeträger anteilig die Investitionskosten – Ambiente ist nicht nur für die Bewohner, sondern aber nur, wenn zwischen dem Kostenträger und auch für die Fachkräfte von Vorteil, die sich einen dem Heimträger über die Übernahme eine Ver- modernen und attraktiven Arbeitsplatz wünschen. einbarung getroffen wurde. Die Abrechnung der Wenn der Standort sich auch noch als gut erreich- Kosten richtet sich nach Genehmigungsvorbehalt bar mit öffentlichen Verkehrsmitteln erweist, zieht bzw. einer Angemessenheitsbeurteilung durch das Fachkräfte zusätzlich an. Für Immobilieninves- die Sozialhilfeträger. Als beeinflussende Faktoren toren empfiehlt sich eine genaue Prüfung des Be- für die Angemessenheitsbeurteilung gelten die treibers, der für regelmäßige Mietzahlungen ver- Höhe der anerkennungsfähigen Baukosten und antwortlich ist, anhand von Faktoren, die auf das Gebäudeflächen, der Refinanzierungszeitraum Halten und Gewinnen von Fachkräften abzielen. der Anlagegüter sowie – pauschal – Instandhal- Wenn das Betreibermanagement einen guten Ruf tungsaufwendungen. Die anerkennungsfähigen genießt und ausreichend Anreize für seine Mitar- Baukosten weisen je nach Bundesland eine er- beiter bietet, kann die Pflegeimmobilie wirtschaft- hebliche Bandbreite auf. In Baden-Württemberg lich betrieben werden und so eine höhere Sicher- reichen sie bereits über150.000 Euro, während heit für Investoren bieten. sie in Niedersachsen unter 100.000 Euro liegen. Anders gestaltet sich die Thematik bei Selbst- zahlern, mit denen individuelle Vereinbarungen, 29
Kapitel 5
Regulatorischer Rahmen und Struktur 1. Struktur und Rechtsbeziehungen Die mietrechtlichen Vorgaben sind abhängig vom bei Pflege- und Seniorenimmobilien jeweiligen Vertragsverhältnis und ergeben sich, unter anderem, aus dem Miet-, Pacht- und Wohn- Im Fokus der rechtlichen Aspekte, die im Zusam- raummietrecht. Neben den mietrechtlichen Vor- menhang mit vermieteten Pflegeimmobilien zu be- gaben sind seitens des Betreibers weitere Vorga- rücksichtigen sind, steht das Verhältnis zwischen ben, die den Betrieb der Pflegeimmobilie regeln, dem Eigentümer der Immobilie als Vermieter zu beachten. Diese sich im Wesentlichen aus dem (nachfolgend „Eigentümer“) und dem Betreiber der Heimrecht ergebenden Vorgaben sind unmittelbar Pflegeeinrichtung als Mieter (nachfolgend „Betrei- nur an den Betreiber adressiert und von diesem zu ber“ gennant) sowie das Verhältnis zwischen dem beachten, können aber auf vertragliche Regelun- Betreiber und den Bewohnern der Pflegeimmobilie. gen zwischen Eigentümer und Betreiber Einfluss Diese Struktur, die dem Betrieb einer Pflegeimmo- nehmen. bilie zugrunde liegt, sieht üblicherweise vor, dass es sich bei Eigentümer und Betreiber der Pflege- immobilie um zwei verschiedene (juristische) Per- sonen handelt. Zu diesem Zweck vermietet oder verpachtet der Eigentümer das Grundstück, auf dem die Pflegeimmobilie errichtet wurde, an den Betreiber. Dieser wiederum vermietet sodann die einzelnen Zimmer und/oder Wohneinheiten der Pflegeimmobilie an die Bewohner unter. Klassische Strukturierung von Pflegeimmobilien Pflegekasse Mietvertrag Vergütung I Eigentümer / Vermieter Betreiber der der Pflegeimmobilie Pflegeeinrichtung / Mieter Vergütung II Eigentum Miete Heimvertrag Pflegeimmobilie Pflegebedürftiger / Bewohner Quelle: Clifford Chance 31
Sie können auch lesen