2019 SCHULLEITUNG: DIE CHEMIE MUSS STIMMEN - Kanton Thurgau
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I N HA LT Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 Thurgauer Köpfe: Museen 08 ein Thema, sechs Unterwegs mit einer Sc hulleiterin 32 FOKUS: SCHULLEITUNG RUND UM DIE SCHULE 05 Thurgauer Schulleitungen auf einen Blick 29 Blick ins Programm von SRF My School 06 «Als Schulleiter lerne ich täglich dazu» 08 Krisenkommunikation im Kapuzenpulli BERUFSBILDUNG 08 «Lehrpersonen sollen keine Einzelkämpfer sein» 30 Der Weg zur Berufsmaturität 12 Was es bedeutet, in der Schulleitung zu arbeiten 14 Wenn der Private Banker Schulleiter werden will MITTELSCHULE 16 Schulleitungen schätzen ihre Schulen treffend ein 18 Drei Hochschulen – eine gemeinsame Ausbildung 31 Mit Nobelpreisträgern am Mittagstisch 20 Führungserfolg: Was sagt die Forschung? 22 Schulführung in Zeiten des digitalen Wandels KULTUR 23 Mitteilungen aus der Redaktion 32 Thurgauer Köpfe: ein Thema, sechs Museen 24 Zu den Bildern dieser Ausgabe 33 kklick lanciert Kulturagenda für Lehrpersonen 24 Thementagung 2020: Sprachförderung 24 Impressum SchlussVERSion VOLKSSCHULE 34 Das Weite 25 Schulentwicklung: Arbeitsfelder 26 Schulentwicklung: Weiterbildung in Genf PHTG 27 Digital unterstützte Zusammenarbeit 27 Mathe-Lehrpersonen für Studie gesucht Schulblatt 28 Was uns die Sportnote erzählt März 2020 Thema: Sprach- förderung 2
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 KO LU MN E Ruedi Gentsch Was wäre, wenn morgen alle Schulleitenden unauffindbar wä- renden mit ausgefallenen Bedürfnissen eben diese kaum mehr ren? Die Schulkinder hätten keinen – nein, das nicht. Aber die befriedigen. Und faule Eier haben es schwerer, dem Dolcefar- Lehrenden! Die könnten dann nicht – nein, auch nicht. Vielleicht niente zu frönen. Würde man immerhin meinen und hoffen. Die die Schulbehörden? Die hätten keinen – aber stören würde das Schulleitenden bringen ihre Schule voran, portieren neue Unter- vielleicht auch nicht so sehr. Dann könnten sie endlich mal wie- richtsformen oder zumindest Altbekanntes in zeitgemässerem der persönlich in der Schule zum Rechten sehen, statt sich in Gewand und halten den Lehrpersonen idealerweise den Rücken die strategischen Papiere ihrer Ressorts versenken zu müssen. frei, damit diese die Innovationen im Schulzimmer auch um- Aber wohin mit dem vielen eingesparten Geld? setzen können. Und so fällt dann vom Ganzen Klar, die Formulare der Obrigkeit müssten wei- auch etwas für die Schulkinder ab. Oft in ho- terhin ausgefüllt werden. Da müsste man in den möopathischen Dosen – aber immerhin und Schulgemeinden eine Ausfüllstelle schaffen, mit manchmal auch zum Glück. Kostenfolge natürlich. Aber vielleicht könnte man auf kantonaler Ebene die Formularflut eindäm- Damals, bei der Einführung der Schulleitung, men, mit Kosteneinsparungen natürlich. Aber wer zeigte uns der Gastdozent mittels sehr gebrauch- sagt dann, was richtig und was wichtig ist? Die ter Tageslichtprojektorfolien auf, dass durch Eltern? Die tun das ja schon jetzt und erst noch diese Neuerung weniger die Lehrpersonen als kostenlos – allerdings ungefragt und meistens vielmehr die Schulbehördemitglieder entlastet ungehört. Oder vielleicht die Lehrenden? Das würden. Das ernüchterte, leuchtete eigent- fehlte noch! Die hat man eben erst domestiziert lich ein – und ging vielfach vergessen. Und so und in die Schranken verwiesen. Das sind jetzt schossen die Erwartungen ins Kraut. Die Schul- einfach Angestellte und keine selbstständigen leitenden versuchten das Menschenunmögliche. Angestellten mehr mit einer wild und unkontrol- Einer vom Kanton erklärte mir in jenen Jahren liert wuchernden Pädagogik. Und sie sind es sich dann mal, dass man die Schulleitenden bewusst mittlerweile gewohnt, halten sich an ihr Pflich- mit möglichst wenig Anstellungsprozenten aus- tenheft und rufen bei Unregelmässigkeiten wie statte, damit diese nicht unnötig in Aktivismus Amok laufenden Elternteilen, übermässigem Haschkonsum oder verfallen würden. Dazu fällt mir jetzt nur der hier etwas verknappt Internet-Sauereien nach der – ja, genau! – nach der Schulleitung! wiedergegebene Satz eines preussischen Ministers ein: «Es ist Die soll es richten. Nun war ich ja nie ein Schulleiter, wohl aber ein dem Untertanen untersagt, den Massstab seiner beschränkten Korporal – ein unfreiwilliger, allerdings. Und da sehe ich durchaus Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen». Parallelen. Das Bild vom Sandwich drängt sich auf – nur war ich als Korporal nicht der kulinarische oder sonstige Höhepunkt, son- dern der von unten und oben bedrängte Prügelknabe. Eine Rolle, Mit dieser Kolumne verabschiede ich mich von meiner – hoffent- die niemand wirklich will – würde man meinen. Man darf sich fra- lich – geneigten Leserschaft. Als mittlerweile sehr pensionierter gen, welche Neigungen unsere Schulleitenden insgeheim hegen. Primarlehrer überlasse ich das Feld berufeneren Leuten, die vom Tagesgeschehen unmittelbarer betroffen sind. Das Schreiben Das Rad der Zeit lässt sich bekanntlich nicht zurückdrehen. Das hat mir viel Spass gemacht und ich bin «dem Schulblatt» sehr ist auch gut so, weil unsere wehmütigen Blicke ins Präteritum oft dankbar für den grosszügig zugestandenen Persilschein. vom grauen Star beeinträchtigt sind. Immerhin, dank der segens- reichen Einrichtung von Schulleitungen können heute die Leh- Illustration: Ruedi Gentsch *Lighter sind Wasserfahrzeuge, die Schiffen das Überwinden von Untiefen ermöglichen, indem sie diese «lichtern», also deren Ladung ganz oder teilweise übernehmen. Lighter sind aber auch Feuerzeuge – diese Dinger mit dem zündenden Funken. 3
E D ITO R IA L Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 Wer führt, prägt die Schule Liebe Leserin, lieber Leser 145 Schulleitungen führen die Thurgauer Primar- und Sekun- darschulen. Das sind 145 verschiedene Ideen davon, wie die- ser Beruf im Alltag gelebt werden soll. Diese Vielseitigkeit kombiniert mit der weitgehenden Autonomie der Thurgauer Schulgemeinden bedeutet, dass die Schulleitungen mit jeder ihrer Handlungen nicht einfach administrative Dienste verrich- ten, sondern die Schule entscheidend prägen. Dieses Schul- blatt möchte aufzeigen, was den Beruf Schulleitung spannend macht. Das sind die Kommunikation mit den unterschiedlichs- ten Menschen, die Breite der Aufgaben und die immer wie- der neuen Situationen, die individuelle Lösungen erfordern. Und, wie es der oberste Schulleiter des Kantons im Interview «Zentral ist mit dem Schulblatt (S. 6) sagt: Die meisten machen ihren an- spruchsvollen Job sehr gerne. der Aufbau von Schulleitungs- Das System der Schulleitung wurde im Thurgau um die Jahr- tausendwende eingeführt. Nach rund 20 Jahren ist es nun Zeit nachwuchs.» für eine Standortbestimmung. Diese haben der Verband Schul- leiterinnen und Schulleiter Thurgau, der Verband Thurgauer Schulgemeinden, Bildung Thurgau, die PHTG sowie das Amt für Volksschule gemeinsam vorgenommen. Unter anderem entstand daraus ein Berufsleitbild, das die Leistungen, Zuständigkeitsbe- reiche und den Grundauftrag der Schulleitung definiert (siehe S. 12). Der Beruf wird damit auf eine breit anerkannte Grundlage gestellt. Zentral ist der Aufbau von Schulleitungsnachwuchs, da- mit dem Mangel in den kommenden Jahren begegnet werden kann. Auch kleine Schritte im Alltag können dazu beitragen: Sind Sie in der Schulleitung tätig, fördern Sie geeignete Lehrpersonen und suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit ihnen. Sind Sie eine Lehrperson, die sich für Führungsaufgaben interessiert, spre- chen Sie Ihre Schulleitung darauf an und engagieren Sie sich. Durch diesen Dialog in den einzelnen Schulhäusern gewinnt das Thurgauer Bildungssystem als Ganzes. Das Schulblatt wird ab dem kommenden Jahr neu noch vier statt sechs Mal erscheinen und bereits ab dieser Ausgabe et- was schlanker ausfallen. Ergänzend zur gedruckten Ausgabe wird in den kommenden Monaten der Onlineauftritt unter schulblatt.tg.ch neu ausgerichtet und angereichert. Wir freuen uns, wenn Sie Themen und Entwicklungen rund um die Thur- gauer Volksschule weiterhin als aufmerksame Leserinnen und Leser verfolgen – sei es im Print oder online. Ob Sie in Ihrem Berufsalltag vor einer Klasse stehen, eine Schule leiten oder beides kombinieren: Ich wünsche Ihnen dabei für das kommende Jahr viel Energie, frische Ideen und bereichernde Begegnungen. Herzlichen Dank für Ihren Einsatz im 2019. Monika Knill Regierungsrätin, Chefin DEK 4
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 FOKUS Z AHLEN UND FAK TEN Thurgauer 27 Schulleitungen sind 19 Schulleitungen sind Schulleitungen auf einen Blick Jahre oder älter. 59 40 Jahre oder jünger. Schulleitungen sind wie viele Führungspositionen 7 männerdominiert. Doch die Frauen holen auf: Ihr Anteil ist in den letzten fünf Jahren um gut zehn Prozent gestiegen. Daneben ist aktuell knapp ein Schulleitungen sind im Jobsharing mit Fünftel der Schulleitungen über 59 Jahre alt und zwei Personen organisiert. etwa ein Achtel unter 40 Jahre alt. S olche und weitere Zahlen können aus der Schulver- waltungssoftware (SVS) abgerufen werden, in der verschiedenste Daten aus der Thurgauer Volksschule ab- Durchschnittliche Zeit an aktueller Stelle 9,7 gespeichert sind. Hier einige Kennzahlen zu den Thurgauer Schulleitungen im Überblick: Jahre. 145 Schulleitungen sind in der 34.1% 65.9% Durchschnittliches Arbeitspensum: 65,9% Thurgauer Volksschule tätig. 26 40 von 145 Schulleitungen Durchschnittliche arbeiten 100 Prozent. Anzahl geführter Personen: Höchstwert 89 Tiefstwert 6 Das Durchschnittalter der Schulleitungen beträgt 50,6 4 Schulleitungen üben ihre Arbeit in mehreren Jahre. 36% der Schulleitungen sind weiblich. Dieser Anteil ist seit 2014 um rund Gemeinden aus. zehn Prozent gestiegen. 5
FOKUS Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 INTERVIE W «Als Schulleiter lerne ich täglich dazu» Weil alle irgendwann von der Schule betroffen sind, haben alle eine Meinung dazu. Das kennt Lukas Leutenegger, neuer Präsident des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Thurgau (VSLTG) auch von seinem Hobby Fussball. Doch Leutenegger nimmt die Meinungsvielfalt sportlich: Genau darin liege die Herausforderung, die den Beruf Schulleitung spannend macht. Interview: Urs-Peter Zwingli Lukas Leutenegger, was möchten öffentlicht wurde. In diesem werden die len. In meiner Antrittsrede habe ich das Sie als VSLTG-Präsident erreichen? Aufgaben einer Schulleitung definiert. Bild eines Mannes gezeigt, der im Regen Ich will die Vernetzung unter den Schul- Was darüber hinausgeht, muss gemäss steht, dabei aber singt und tanzt. Damit leiterinnen und Schulleitern weiter för- diesem Leitbild mit zusätzlichen Stellen- wollte ich zeigen: Als Schulleitung sollte dern, sie sollen keine Einzelkämpfer sein. prozenten aufgefangen werden. Heute man auch in schwierigen Zeiten die Lo- Wir bieten für Berufseinsteigende zum ist es leider oft so, dass Schulleitungen ckerheit nicht verlieren. Beispiel Mentoringprogramme an, bei mit der Zeit immer mehr neue Aufgaben denen ihnen erfahrene Kolleginnen und übernehmen müssen, während ihr Pen- Wie hat sich der Beruf Schulleitung Kollegen beratend zur Seite stehen. Und sum gleichbleibt. Grundsätzlich macht in den letzten Jahren entwickelt? für den informellen Aufbau von Kontak- der grösste Teil der Thurgauer Schullei- Die Ansprüche der Eltern an die Schule ten ist neu ein Frühlingsapéro geplant. tungen ihren Job meiner Einschätzung sind sicher gestiegen. Bei der Schule ist Wichtig ist mir zudem, dass wir als Ver- nach aber sehr gerne. es ein wenig wie im Fussball: Alle sind band daran arbeiten, die Schule positiv zu irgendwie und irgendwann davon be- verkaufen. Sie steht unter permanentem Stellen Sie sich vor, Sie möchten troffen und fast alle haben darum eine Druck von verschiedenen Seiten, dabei einen Lehrer davon überzeugen, Meinung dazu. Gleichzeitig ermöglichen leistet sie Aussergewöhnliches. Schulleiter zu werden: Was würden Sie ihm über den Beruf sagen? Wie meinen Sie das konkret? Dass er unglaublich vielschichtig und Die Schule schafft es, eine praktisch un- darum spannend ist. Man hat mit unter- «Die Schule schafft es, endliche Vielfalt von Kindern und Jugend- schiedlichen Menschen und den Ansprü- eine praktisch unendliche lichen in ihrem fachlichen und sozialen chen mehrerer Interessensgruppen zu Vielfalt von Kindern und Lernen zu begleiten. Der produktive Um- tun. Diese Ansprüche muss man ausba- Jugendlichen in ihrem fach- gang mit dieser Vielseitigkeit der Schü- lancieren, gleichzeitig darf man den Blick lerinnen und Schüler ist eine beachtliche für das grosse Ganze nicht verlieren. Und lichen und sozialen Lernen Leistung. schliesslich ist es ein Beruf, in dem ich zu begleiten. Das ist eine täglich dazulerne. Gerade was die Füh- beachtliche Leistung.» Wie würden Sie die aktuelle rung angeht, die sehr zentral ist. Situation der Thurgauer Schulleitungen beschreiben? Welche Eigenschaften muss eine Viele Schulleitungen werden in den gute Schulleitung mitbringen? digitale Medien es, diese Meinungen und nächsten fünf Jahren pensioniert. Der Sie muss im dichten Tagesgeschäft die Ansprüche sehr schnell zu platzieren. Aufbau von geeignetem Nachwuchs wichtigen Projekte sehen und diese prag- Das spüren auch Lehrpersonen, die sich ist darum ein zentrales Thema für uns. matisch bearbeiten. Was sicher nützt, vermehrt gegenüber Eltern legitimieren Wichtig ist weiter, dass in Zusammen- ist Humor, Gelassenheit und eine dicke müssen. Einmal spontan aus dem Klas- arbeit mit dem VTGS, Bildung Thurgau, Haut. Ab und zu muss man Entschei- senzimmer zu gehen, ist mittlerweile fast der PHTG sowie dem AV ein neues dungen fällen, die einzelnen Personen nicht mehr möglich. Die Aufgabe der Berufsbild erarbeitet und soeben ver- oder einer Anspruchsgruppe nicht gefal- Schulleitung ist es darum vermehrt, den 6
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 FOKUS Lehrpersonen den Rücken zu stärken müssen uns darum bemühen, systema- und ihnen dadurch Entscheidungsfrei- tisch gute Lehrpersonen anzusprechen heit zu verschaffen. Gleichzeitig sind der und zu fördern. Besonders grössere Schul- Schule als Ganzes immer mehr Aufgaben gemeinden, in denen Lehrpersonen ein- übertragen worden – heute bilden wir fach zusätzliche Aufgaben und Projekte Kinder und Jugendliche auch in Themen übernehmen können, sind hier in der Pflicht. Aber unabhängig von der Grösse muss jede Schulleitung zudem die Thur- gauer Volksschule als Ganzes im Blick «Die Schule steht unter haben: Natürlich verliere ich als Schul- permanentem Druck von leiter eine gute Lehrperson, wenn diese Zur Person eine Stelle in der Schulleitung bekommt. verschiedenen Seiten, Der 49-jährige Lukas Leutenegger Die Schule als Gesamtsystem gewinnt dabei leistet sie Ausser- ist seit sieben Jahren Schulleiter der dadurch aber. gewöhnliches.» Primarschule Pfyn, dies in einem 60-Prozent-Pensum. Er hat auf dem Mit welchen konkreten Ange- dritten Bildungsweg an der Universität boten wollen Sie Schulleitungen Zürich Pädagogik, Sonderpädagogik den Alltag erleichtern? und Psychologie studiert. Berufliche wie Ernährung, Gesundheit, Sexualität Wir legen im Schuljahr 2019/2020 einen Erfahrungen hat Leutenegger unter sowie in der Schuldenprävention aus. Fokus auf die Weiterbildung. Dafür möch- anderem als Heimleiter im andante Das sind wichtige Themen, die wir gerne ten wir vermehrt in Kontakt mit der PHTG Eschenz (Wohn- und Ausbildungs- bearbeiten, diese Entwicklung muss aber darauf hinwirken, deren Weiterbildungs- stätte für junge Menschen mit im Blick behalten werden. Manchmal er- angebot auszubauen. Daneben sind aber zerebraler oder geistiger Beeinträch- warte ich fast den Tag, an dem es heisst, auch niederschwellige Dienstleistungen tigung), als Dozent an der Höheren die Schule müsse den Kindern nun auch für unsere Mitglieder geplant. Eine Idee ist Fachschule für Kindererziehung Tischmanieren beibringen… etwa, dass die VSLTG-Mitglieder über un- Zug sowie als Projektleiter beim sere Webseite Dokumentvorlagen für Mit- Organisations-Beratungsunternehmen Die Schule ist also dynamisch, ihr arbeitergespräche, Unterrichtsbesuche Schiess gesammelt. Zusätzlich hat Aufgabenbereich wächst genauso und ähnliches austauschen können. er eine Ausbildung zum Supervisor, wie das Kommunikationsbedürfnis Coach und Organisationsberater am aller Beteiligten. Wo sehen Sie Sie haben im Gespräch mehrfach Institut für Systemische Impulse in darin die Rolle der Schulleitung? den Blick für das grosse Ganze Zürich absolviert. Leutenegger wohnt Je nach Situation ist die Rolle ganz ver- erwähnt. Wenn Sie diesen Blick in Frauenfeld, ist verheiratet und Vater schieden. In Gesprächen mit den Lehr- auf die Thurgauer Volksschule von drei erwachsenen Kindern. In personen – etwa nach Unterrichtsbe- richten: Wo steht diese? seiner Freizeit ist er gerne mit seinem suchen – bin ich der Coach, der bei der Ich bin ein Fan der Thurgauer Volks- Hund unterwegs, liest viel und mag persönlichen Verbesserung helfen will. schule, sie ist geprägt von engagierten Kunst. Er ist zudem sportlicher Leiter Dann bin ich wie gesagt Vermittler zwi- Lehrpersonen und Schulleitungen, die der Mädchen- und Frauenteams des schen verschiedenen Gruppen, manch- für die Kinder und Jugendlichen viel FC Frauenfeld. mal fühle ich mich fast schon wie ein leisten. Auf der Primarstufe müssen wir Diplomat. Und nicht zuletzt bin ich eine allerdings aufpassen, dass sich nicht Führungsperson, die in einem speziellen ein Fachlehrersystem entwickelt. Es ist Umfeld Entscheide umsetzt. Lehrper- für viele Kinder in diesem Alter meines sonen sind grundsätzlich sehr kritisch Erachtens wichtig, in der Schule wenige, eingestellt gegenüber Hierarchien, was starke Bezugspersonen zu haben. Durch ich aber als Chance sehe. ein Fachlehrersystem wird die Schule zudem total durchgeplant, Spontanität Sie haben es bereits erwähnt: Das hat darin kaum mehr Platz. Grundsätz- Angebot an Schulleitungen auf lich stimmt für mich aber die Richtung, dem Arbeitsmarkt wird in Zukunft die der Lehrplan 21 der Schule weist. weiter abnehmen. Was kann Schade finde ich nur, dass man es in Be- dagegen unternommen werden? zug auf die Primarstufe verpasst hat, in Es ist so, dass wir bisher die Nachwuchs- der Bewertung einen wirklichen Wurf zu förderung im Alltagsgeschäft etwas ver- landen: Noten sind dort meiner Meinung nachlässigt haben. Wir als Schulleitungen nach noch immer überbewertet. ¡ 7
FOKUS Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 THEMA Krisen- kommunikation im Kapuzenpulli Vom Sporttag mitten ins Krisengespräch: Wer eine Schule leitet, weiss oft nicht, was der Tag bringt. Unterwegs mit Isabella Walzthöny, Schulleiterin in Frauenfeld, die als junge Frau in ihrem Beruf eine al im Trainer an einem sportlichen Walzthöny für einm Die Schulleiterin Isabella Seltenheit ist. Begegnungstag in ihre r Schule. Text und Bilder: Urs-Peter Zwingli I sabella Walzthöny trägt Leggins, Laufschuhe und einen Ka- puzenpulli, es ist 7:45 Uhr an einem frischen Montagmorgen im Herbst. «Heute dürfen alle mit Trainerhosen in die Schule Begegnungsmorgen statt, an dem sich die Schüler über die Klassengrenzen hinweg kennenlernen. Ein Tanzspiel weckt die über 300 teils noch verschlafenen Menschen, Walzthöny wirkt kommen», sagt die 30-jährige Schulleiterin der Frauenfelder hellwach, tanzt aber trotzdem mit. Zwischendurch scherzt sie Primarschul- und Kindergartenanlage Langdorf. «Gleichzeitig mit den Lehrpersonen («Lustig, einmal alle im Trainer zu sehen») müssen wir den Schülern klarmachen, dass das eine Ausnahme und bespricht sich kurz mit einem Lehrer über einen Schüler, ist», ergänzt sie sofort. Auf dem Pausenplatz, den die Schullei- der im Unterricht Probleme macht. terin von ihrem Büro aus im Blick hat, sind die 310 Primarschü- lerinnen und -schüler des Langdorfs mittlerweile in Gruppen Notizblock und Smartphone immer dabei aufgestellt. Walzthöny wirft nochmals einen Blick auf das aus- Am gleichen Morgen muss Walzthöny – noch immer im Sport- gedruckte Tagesprogramm, geht dann mit schnellen Schritten dress – schnell auf Krisenkommunikation umschalten: Eine auf den Platz. Dort findet das Einwärmen zu einem sportlichen schwierige Besprechung mit einer Lehrperson fordert Empa- Während Schulleitungen das opera- Andreas Wirth, wo sehen Sie tive Tagesgeschäft im Griff haben, als Schulpräsident die Bedeutung muss die Schulbehörde sich mit der der Schulleitung? Sie führt die Schule pädagogisch und Zukunft befassen: Etwa, damit personell, das oberste Ziel davon ist die genügend Platz für alle Schülerinnen und Schüler vorhanden ist. Der Frau- enfelder Schulpräsident Andreas «Wir wollen die Ansichten Wirth spricht im Interview über seit und Ideen der Personen, Jahren steigende Schülerzahlen, die «Lehrpersonen Bedeutung der Schulleitung sowie die an der Front arbeiten, bei Entscheiden einbeziehen. sollen keine deren Zusammenarbeit mit der Be- So verlieren wir bei der Einzelkämpfer hörde. Für ihn ist klar: Bei der Nach- wuchsförderung sind Behörden und Erarbeitung der Strategie den Kontakt zur Basis nicht.» sein» Schulleitung gleichermassen gefragt. 8
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 FOKUS thie und Entscheidungen von der Schul- Pult voller Arbeit ist.» Für ihre 30 Jahre leiterin. Walzthöny vereinbart eine wei- «Unsere Schule ist wirkt Walzthöny abgeklärt, dabei war tere Aussprache, macht sich nach der genau ihr Alter bei der Stellensuche sehr heterogen und hat Besprechung am Computer einige No- eine Schwierigkeit. «Ich bekam zwei einen relativ hohen tizen. «Ich muss mich in diesem Job sehr Absagen mit der Begründung, ich hätte schnell auf verschiedene Situationen Ausländeranteil. Ich will, zu wenig Erfahrung.» Tatsächlich ge- und Personen einstellen können. Lehr- dass diese Vielfalt als hört Walzthöny in ihrem Beruf gleich im personen, Schüler, Eltern, Behörde – ich Chance begriffen wird, um doppelten Sinn zu einer Randgruppe: muss ihre Anliegen erkennen und umge- voneinander zu lernen.» Laut der Umfrage 2019 des Verbandes kehrt die richtigen Worte finden, damit der Schulleiterinnen und Schulleiter meine Botschaft ankommt.» Genau diese Schweiz (VSLCH) sind nur gerade Vielseitigkeit und die Arbeit mit verschie- zehn Prozent der Schulleitungen jünger densten Menschen seien es, die den Beruf spannend machen. als 40 Jahre. Zudem sind bei den Vollzeitstellen 62 Prozent «Das heisst aber auch, dass sehr viele Anliegen zu mir kom- Männer beschäftigt. «Natürlich ist es etwas speziell, wenn ich men. Ich bin immer mit einem Notizblock unterwegs oder ma- einer Lehrperson, die 15 Jahre mehr Berufserfahrung hat als che mir digitale Erinnerungen.» So schaut Walzthöny während ich, Tipps für ihren Unterricht gebe. Als Frau habe ich mich des Gesprächs hin und wieder auf ihr Smartphone. Ihre private Handynummer steht auf der Visitenkarte der Schulleiterin. «Ich konnte auswählen, ob ich eine zweite Nummer haben will, dies habe ich aber abgelehnt. Für mich ist es wichtig, dass ich schnell informiert bin, wenn etwas läuft», sagt sie. «Wer nicht abschalten kann, bekommt Probleme» Die S chulle Wichtig sei – gerade wenn ihre private Nummer bekannt ist – itungsfunkt ion im Thur gau im Privatleben von der Schule abzuschalten. «Wer das nicht kann, der bekommt als Schulleiterin oder Schulleiter früher oder später Probleme», sagt Walzthöny. Wichtig sei für sie Geduld, G zum Abschalten Ausdauersport. «Vor allem braucht es aber elassenhe helfen da it und Hum Selbstdisziplin, um die nötige innere Distanz zu schaffen.» bei, im ko or System d m plexen Manchmal geht Walzthöny über Mittag ins Frauenfelder Hal- er Schule lenbad und schwimmt ihre Bahnen. «So etwas muss ich mir zu besteh en . fix vornehmen, und dann einfach gehen – auch wenn mein Bildung eines Schulteams mit gleichen den Weiterbildungen der Lehrpersonen antwortlich. In Frauenfeld beispiels- Zielen. Dieses entwickelt sich durch durchzuführen, braucht es klare Ziele, weise ist die Zahl der Schülerinnen gemeinsame Werte und pädagogische eine gute Organisation und auch Moti- und Schüler seit 2012 um knapp 15 Konzepte. So müssen Lehrpersonen vation. Die Schulleitung stellt auch den Prozent gestiegen. Angesichts die- nicht als Einzelkämpfer auftreten. Wenn Dialog über den Lehrplan 21 sicher. ser Entwicklung braucht die Schul- die Schule als Einheit kommuniziert, wird raumplanung viel Voraussicht. Die zudem die Zusammenarbeit mit Schüle- Wie würden sie die Schulleitung setzt operativ um, was rinnen und Schüler und Eltern einfacher. Kernaufgabe der Schulbehörde die Schulbehörde festlegt. Über- und entsprechend jene der Schul- schneidungen gibt es vor allem im Welche Herausforderungen haben leitung beschreiben? Wo gibt Bereich Personal. Als Behörde sind die Arbeit der Schulleitung in den es Überschneidungen? wir formal zuständig für Anstellungen letzten Jahren geprägt? Die Schulbehörde legt kurz- und langfris- und Entlassungen. Die Personalaus- Die Einführung des Lehrplanes 21 war tige Ziele fest, dies in Zusammenarbeit wahl erfolgt daher in enger Zusam- und ist ein zentrales Projekt. Dessen mit der Schulleitung, und sie überprüft menarbeit mit der Schulleitung. Umsetzung wäre ohne die Schulleitung die Zielerreichung. Sie ist für die Schul- schwierig gewesen. Um die entsprechen- raumplanung und die Bauvorhaben ver- weiter auf der nächsten Seite › 9
FOKUS Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 urgau sfunk tion im Th Die Schulleitung ng kann als Schulleitu Die Tätigkeit n zu hundert Prozent und ist für 35 Lehrpersonen sowie zehn Be- st von lokale treuerinnen des Tagesschulangebotes verantwortlich. «Zentral nicht losgelö werden. so n d e rhe ite n betrachtet ist bei dieser Grösse, dass alle das gemeinsame Ziel kennen, da Be ich ja nicht mit jedem und jeder täglich sprechen kann.» Nach diesem Ziel gefragt, sagt sie: «Das Miteinander ist mir sehr wichtig.» Sowohl im Team als auch in der gesamten Schulan- lage. Diese ist relativ weitläufig: Zwei Schulhäuser, zwei Kin- dergärten sowie ein Tagesschulangebot befinden sich darauf. Entsprechend verteilt sind Lehrpersonen, jedoch nie diskriminiert gefühlt», sagt Schülerinnen und Schüler im Alltag. Der sie. Sowieso sei sie sich ein Männer- «Lehrpersonen, Schüler, sportliche Begegnungsmorgen sei einer umfeld gewöhnt: Walzthöny hat frei- dieser seltenen Momente, an denen alle Eltern, Behörde – ich muss willigen Militärdienst bei den Tambou- Personen, die das Langdorf beleben, an ren geleistet, das Instrument ziert ihre Anliegen erkennen und einem Ort versammelt sind. So hat Walzt- noch immer den Sperrbildschirm ihres umgekehrt die richtigen höny an diesem Morgen die Gelegenheit Smartphones. Worte finden, damit meine ergriffen und eine kurze Rede gehalten. Botschaft ankommt.» Diese richtete sich vor allem an die Pri- «Alle müssen das Ziel kennen» marschülerinnen und -schüler und erklärte Nach insgesamt sechs Jahren als Se- mittels einer kurzen Geschichte, wie Be- kundarlehrerin in Weinfelden absol- wegung beim Lernen helfen kann. Der vierte Walzthöny die Schulleitungsausbildung des Netzwerkes Hintergrund davon: Im Schulhaus läuft gerade die VCS-Aktion Schulführung. Dann ergab sich im Schuljahr 2018/2019 die «Walk to school» mit dem Ziel, dass der Schulweg zu Fuss zu- Gelegenheit, im Langdorf im Jobsharing mit einem 30 Prozent- rückgelegt wird. Ins Langdorf kommen Schüler aus den pri- Pensum einzusteigen. Walzthöny teilte sich die Stelle mit Beat vilegierten Wohnquartieren auf den Frauenfelder Hügeln und Goldinger, der mit seiner Einzelfirma vakante Schulleitungsstel- Wohnquartieren, die von Mehrfamilienhäusern geprägt sind, len vorübergehend besetzt. «Von ihm als erfahrenen Schulleiter zusammen. «Unsere Schule ist darum sehr heterogen und hat konnte ich viel lernen, so gesehen war dieses Jahr der ideale einen relativ hohen Ausländeranteil. Ich will, dass diese Vielfalt Einstieg in den Job.» Seit 2019/2020 führt sie nun die Schule als Chance begriffen wird, um voneinander zu lernen», sagt sie. Sie haben die Zusammenarbeit Die Aufgaben der Basis wurden im Anpassungen. Für die Thurgauer Schul- angesprochen. Wie funktioniert soeben veröffentlichten Berufsleit- gemeinden ist dies von Vorteil, weil sie diese in Frauenfeld, wo in bild der Thurgauer Schulleitungen sehr unterschiedlich aufgestellt sind. der Primarschule sechs Schul- festgehalten. Wie sehen Sie die leitungen beschäftigt sind? Bedeutung dieses Leitbildes? Die Frauenfelder Schulgemeinde Eine Vertretung der Schulleitungen Es schafft Klarheit über das Kernge- ist in ein städtisches Umfeld mit sitzt in der strategischen Kommis- schäft der Schulleitung und schützt diese wachsenden Schülerzahlen einge- sion der Behörde. Das ist deshalb so vor Überlastung. Auch die Schulbe- bettet. Was sind hier die Beson- wichtig, weil wir die Ansichten und hörde profitiert. Sie kann bei zusätzlichen derheiten für die Schulleitung? Ideen der Personen, die an der Front Aufgaben anhand des Leitbildes definie- Ein Vorteil ist, dass sich die Schullei- arbeiten, bei Entscheiden einbezie- ren, ob die Schulleitung diese überneh- tungen über spezifische, lokale Fragen hen wollen. So verlieren wir bei der men kann und welche Aufstockung der und Aufgaben untereinander austau- Erarbeitung der Strategie den Kon- Stellenprozente das allenfalls zur Folge schen und aufteilen können. Das ist für takt zur Basis nicht. hat. Das Leitbild ermöglicht individuelle eine einzelne Schulleitung in einer klei- 10
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 FOKUS Digitaler Unterricht im Fokus Später steht ein Unterrichtsbesuch auf dem Programm. Auf dem Weg dorthin füllen die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zurück von der Pause die Schulhausgänge mit Lachen und Rufen, einige rennen. «Ich habe mir auch schon überlegt, ob ich gegen diesen Lärm etwas unternehmen will. Aber ab und zu muss man pragmatisch sein: Die ständige Kontrolle solcher Regeln würde einen massiven Aufwand bedeuten.» Die Sechstklässler an diesem Morgen begrüssen die Schul- leiterin mit «Grüezi Frau Walzthöny» im Chor, danach richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf einen Menschen aus Karton, an dem die Lehrerin die Lage und Funktion verschiedener Isabella Walzthöny während eine s Unterrichtsbesuche Organe erklärt. s im Klassenzimmer. Walzthöny hat sich eine Liste der Schülerinnen und Schüler inklusive Fotos besorgt («Ich kann die meisten Schülerinnen Das Bauchgefühl nicht vergessen und Schüler zuordnen, alle Namen kann ich mir aber nicht Zurück im Büro sinniert Walzthöny über ihren Beruf, bei dem merken»), sitzt im hinteren Bereich des Klassenzimmers mit sie täglich dazulerne und es nie langweilig werde. «Natürlich ihrem Laptop. In einem Gespräch wird sie der Lehrerin später gibt es gerade auch unter Lehrpersonen Vorurteile über den rückmelden, was ihr am Unterricht gefallen hat und wo sie Beruf – etwa, dass man kein Privatleben mehr habe und mit noch Entwicklungspotential sieht. «Die Personalführung ist administrativen Arbeiten zugedeckt sei.» Auch sie sei nicht ge- eine der schönsten Seiten des Berufs», sagt Walzthöny dazu. rade enthusiastisch beim Erledigen von administrativen Arbei- Nach der Unterrichtsstunde, in der mit Kartonmodellen, Lück- ten, «aber ich mache sie dennoch genau, weil es wichtig ist, gut entexten und Kreide gearbeitet wurde, sagt sie: «Solche Be- dokumentiert zu sein». Daneben müsse man als Schulleitung suche zeigen mir: Wir haben zwar das Material für das digitale bei aller Planung und Organisation auch das Bauchgefühl nicht Klassenzimmer, gleichzeitig wird es noch nicht oft angewen- vergessen. «Eine zentrale Fähigkeit ist es, im dichten Alltag zu det. Wir brauchen in diesem Bereich noch Weiterbildungen erkennen, was wichtig ist – und diese Punkte dann zu bear- für die Lehrpersonen.» beiten und dabei nicht allzu perfektionistisch sein zu wollen.» ¡ nen Schulgemeinde weniger gut möglich. Das Berufsleitbild wurde auch schaft üblich zuerst erkannt, ange- Zudem übernimmt die professionell or- erarbeitet, um den Nachwuchs in sprochen und gefördert werden. ganisierte Schulverwaltung viele für alle der Schulleitung sicherzustellen. Schulbehörden und Schulleitungen anfallende Aufgaben. Weil es mehrere Wo sehen Sie bei diesem Thema sind darum in der Pflicht, auf geeig- Schulleitungen sind, bedeutet das ande- Handlungsbedarf? nete Lehrpersonen zuzugehen. Gute rerseits, dass die einzelne Schulleitung Dass der Nachwuchs je nach Schulge- Schulleitungen generieren diesen sich an der gemeindeinternen «Leitlinie» meinde knapp ist, ist auch ein grund- Nachwuchs einfacher, da sie ihrem auszurichten hat. Schulleitungen in klei- sätzliches Problem: So bildet die Päda- Team durch ihr eigenes Beispiel zei- nen Schulgemeinden haben da mehr gogische Hochschule Thurgau ständig gen, dass sie einen attraktiven und Freiheiten, müssen allerdings auch sehr neue Lehrpersonen für den Arbeitsmarkt spannenden Beruf ausüben. ¡ viele Aufgaben übernehmen. Es ist letzt- aus, bei den Schulleitungen hingegen lich eine Frage der Persönlichkeit und gibt es dieses von selbst laufende Sys- der eigenen Zielsetzung, welche Struk- tem nicht. Für die Schulleitung geeignete turen eine Schulleitung bevorzugt. Personen müssen wie in der Privatwirt- Interview: Urs-Peter Zwingli 11
FOKUS Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 THEMA Was es bedeutet, in der Schulleitung zu Aller Anfang ist ein Workshop März 2017: Rund dreissig Lehrerpersonen, Schulleiterinnen und Schulleiter, Behördenmitglieder und Fachleute aus Hoch- arbeiten schule und Verwaltung treffen sich in einem Hörsaal am Rand des Campus der Pädagogischen Hochschule in Kreuzlingen. Anhand der vier Themenfelder «Berufsbild», «Anstellung», «Re- krutierung» und «Aus- und Weiterbildung» versuchen sie eine Die Thurgauer Bildungsverbände, die PHTG und Diagnose des Schulleitungsberufs. Die Welt wird dabei nicht das AV haben ein gemeinsames Positionspapier neu erfunden: «Flexibilisierung der Aus- und Weiterbildung», «Schulleitungsberuf im Thurgau» verfasst. Einblicke «Klare Anstellungsbedingungen», «Stärkung der Rekrutierung in der Personalarbeit vor Ort», «Teilzeitmodelle fördern» – das in die Entstehungsgeschichte und den Inhalt der sind alles keine revolutionären Forderungen. Und sie betreffen Berufsvorstellungen. Themen, bei denen dem Kanton, der PH sowie den Berufs- verbänden aufgrund übergeordneter Rahmenbedingungen und Text: Heinrich Christ, AV finanzielle Realitäten die Hände eng gebunden sind. Gemeinsame Vorstellungen als «missing link» H aben wir ein Problem mit dem Schulleitungsberuf? Nein, meinen die einen: Die Schulleitungen (SL) im Thurgau sind gut etabliert, die nötigen Stellen sind besetzt. Und immer Wegweisend wurde aber die These, dass die Probleme weni- ger in den «hard facts» wie Lohn, Pensum oder Organisation der Ausbildung liegen, als in fehlenden gemeinsamen «Be- wieder entscheiden sich motivierte junge Kolleginnen und Kol- rufsvorstellungen». Es fehlen also Antworten auf die Fragen, legen für die SL-Ausbildung. Ja, tönt es von anderer Seite: Das was eine Schulleitung überhaupt ausmacht, welches ihre Kern- Interesse an der SL-Ausbildung schwanke, die Schulgemein- aufgaben sind und weshalb es Schulleitungen braucht. Deren den könnten ihre Schulleitungsstellen zwar besetzen, hätten Klärung – so die Vermutung – könnte sich positiv auf alle oben aber nicht immer genügend Auswahl. Im Sinn von «Vorsicht erwähnten Handlungsfelder (Berufsbild, Aus- und Weiterbil- ist besser als Nachsicht» nahm der Regierungsrat das Thema dung, Anstellungsbedingungen, Rekrutierung) auswirken. Eine 2016 in seine Legislaturziele auf und forderte darin, die Ar- Arbeitsgruppe mit Vertretungen aller Bildungspartner erhielt beitssituation für Schulleitungen und die Attraktivität des Be- entsprechend den Auftrag, «Berufsvorstellungen» zu Papier zu rufes zu optimieren. Gemeinsam nahmen sich Bildungsver- bringen. Das Ergebnis liegt nun als sechsseitiges Dokument bände, PHTG und AV dieser Aufgabe an. «Schulleitungsfunktion Thurgau» vor. Anzeige Wild auf Wald bis 29. März 2020 Naturmuseum Thurgau / Frauenfeld Di–Fr 14–17 Uhr / Sa–So 13–17 Uhr naturmuseum.tg.ch 12
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 FOKUS Über Leitung sprechen Der erste Abschnitt wirft die grundsätzlichen Fragen auf: Was unterscheidet sich von Ort zu Ort. Genauso wie auch andere waren und sind die Ziele der Geleiteten Schule? Welche Rolle lokale Begebenheiten das effektive Bild der rund 140 Schullei- haben Schulleitungen in unserem System der Teilautonomen tungen und 84 Schulgemeinden im Kanton beeinflussen. Die Schulen? Was macht Führen im Schulumfeld aus? Diese Fragen Definition eines passenden Stellenprofils muss entsprechend bereiten auf den zweiten Abschnitt, das eigentliche Berufsbild vor Ort erfolgen. vor. Natürlich waren sich die Autorinnen und Autoren bewusst, dass es den oder die prototypische Schulleitung nicht gibt. Trotz- Vom Berufsbild zum Stellenprofil dem versuchen sie, ein Bild zu skizzieren. Die Schulleitung erhielt Grundlage dafür bilden die Empfehlung für einen Grundauftrag dafür eine Persönlichkeit (positives Menschenbild, die Freude, zu im dritten Teil: Die Empfehlungen unterscheiden zwischen The- führen, Belastbarkeit usw.), pädagogische men und Aufgaben, die in den Grundauf- Erfahrung und eine solide Ausbildung. So trag gehören und grundsätzlich im Rah- ausgestattet kann sie mit ihrem umfas- men des Mindestpensums gemäss § 19 senden gesetzlichen Auftrag mit den drei «Wegweisend wurde die Volksschulverordnung geleistet werden Hauptgebieten pädagogische Führung, These, dass die Probleme sollen und möglichen Zusatzaufträgen, personelle Führung, administrativ-organi- weniger in den ‹hard facts› die zusätzlich vergütet oder entlastet wer- satorische Führung konfrontiert werden. wie Lohn, Pensum den (z.B. Betreuung von Bauprojekten oder Leitung von Tagestrukturen). Diese oder Organisation der Beziehungen im Vordergrund Aufstellung ist wie das ganze Dokument Ausbildung liegen, als in Wie kommt man dieser komplexen Füh- nicht als abschliessend oder absolut zu rungsaufgabe nach? Die Autorinnen und fehlenden gemeinsamen verstehen, sondern als Empfehlung. Das Autoren waren sich schnell einig, dass Berufsvorstellungen.» Dokument soll helfen, über das Thema gute Führung – nicht nur im Schulumfeld – Schulleitung ins Gespräch zu kommen. auf Menschen bezogen ist. Letztlich ste- Wenn es dazu beiträgt, lokale Stellen- hen die Beziehungen zwischen den Men- profile auszuhandeln, Kolleginnen und schen in einer Organisation im Vordergrund. Eine Herausforde- Kollegen für den Schulleitungsberuf zu motivieren und Diskus- rung ist die Verortung der Schulleitung zwischen operativer und sionen um die Zukunft dieses vielseitigen Berufs anzuregen – strategischer Ebene. Wie diese Schnittstelle genau gestaltet ist, dann hat es schon viel erreicht. ¡ Download Dokument unter Stichwort «Schulleitungsfunktion» auf: av.tg.ch 13
FOKUS Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 THEMA Wenn der Zusätzlich zum Leitbild fordere der VTGS seine Mitglieder dazu auf, sich in der Rekrutierung neuer Schulleitungen zu enga- Private Banker gieren. «Die Förderung und Weiterbildung geeigneter Lehr- personen ist eine ständige Aufgabe aller Schulleitungen und Schulleiter Schulbehörden.» Es gelte dabei, viele Gespräche zu führen und Lehrpersonen mit Potential immer wieder anzusprechen. «Es kann eine gewisse Zeit dauern, bis sich eine geeignete Lehrper- werden will son für die Ausbildung zur Schulleitung entscheidet.» Bereits im Juni 2018 empfahl der VTGS in seiner Verbandszeit- schrift «Zytpunkt» auch konkrete Möglichkeiten, wie angehende Schulleitungsnachwuchs ist gefragt. Die Schulleitungen unterstützt werden können: Dazu gehören etwa Thurgauer Schulgemeinden setzen darum auf eine die Zuteilung eines Mentors sowie eine Kostenbeteiligung an verstärkte Nachwuchsförderung. Parallel dazu der Ausbildung. werden Quereinsteigende im Beruf ein Thema. Schulleitung gestaltet die Schule Aktuell sei es tatsächlich nicht einfach, freie Schulleitungsstellen Text: Urs-Peter Zwingli zu besetzen, bestätigt Leuenberger die Momentaufnahme der VSLCH-Umfrage. Die Gründe dafür seien vielfältig: Einerseits D en Schweizer Schulleiterinnen und Schulleitern steht ein Umbruch bevor: Laut der Umfrage 2019 des Berufsver- bandes VSLCH sind 20 Prozent der Schulleitungen über 59 sei die Nachwuchsförderung bisher nicht systematisch betrieben worden. Andererseits liessen sich immer wieder Lehrpersonen zur Schulleitung ausbilden, die den Beruf nach wenigen Jahren Jahre altEinige Schulgemeinden spüren bereits, dass das An- wieder verlassen. «Eine Schule zu leiten ist eine sehr interes- gebot auf dem Markt knapper wird: In der VSLCH-Umfrage sante, aber auch anspruchsvolle Aufgabe», sagt Leuenberger. gaben 60 Prozent der Teilnehmer an, sie hätten zunehmend Nicht jede gute Lehrperson sei automatisch dazu befähigt, in der Mühe, freie Schulleitungsstellen zu besetzen. Einzelne Kantone Schulleitung zu arbeiten. «Man ist in einer Führungsposition, muss wie Glarus und Bern würden wegen steigender Schülerzahlen verschiedene Anliegen einbinden und viele Entscheidungen fäl- sowie anstehender «Pensionierungswel- len. Die Führung von Menschen muss len» sogar auf einen grossen Mangel hin- ein Stück weit auch eine Berufung sein.» steuern, schreibt der Verband Schulleite- Wer im Beruf am richtigen Ort sei, habe rinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) «Unsere Hoffnung ist, aber viel Einfluss auf die Gestaltung der in einer Medienmitteilung. Gleichzeitig dass die Schulleitungen Schule. «Die Schulleitung nimmt in der gebe es grosse Unterschiede zwischen dank des neuen Leitbildes Entwicklung von Unterrichtsmethoden den Kantonen. So zeigt die Umfrage im Rahmen des Lehrplans 21 eine ent- grundsätzlich eine höhere auch, dass schweizweit 66 Prozent der scheidende Rolle ein.» Berufszufriedenheit haben.» Schulleitungen seit Beginn ihrer Tätig- keit nie die Stelle gewechselt haben. Heinz Leuenberger, Präsident VTGS Mehr Quereinsteigende? In Zeiten, in denen Schulleitungsnach- Schulgemeinden in der Pflicht wuchs gefragt ist, werden auch Querein- Im Thurgau konnten auf das Schuljahr steigende wieder häufiger zum Thema: 2019/2020 alle Schulleitungsstellen besetzt werden. Um den Schulleitungen also, die keinen Hintergrund als Lehrpersonen Schulleitungsnachwuchs langfristig zu sichern, haben ver- haben, dafür aber Führungserfahrung aus der Wirtschaft oder schiedene Akteure der Volksschule gemeinsam Massnahmen Verwaltung mitbringen. «Der VTGS-Vorstand ist geteilter Mei- ergriffen: Im November wurde ein Berufsleitbild veröffentlicht, nung über Quereinsteigende», sagt Leuenberger. «Ich persönlich das von allen Bildungsverbänden, der Pädagogischen Hoch- würde es begrüssen, wenn mehr Externe die Ausbildung zur schule sowie dem Amt für Volksschule erarbeitet wurde (mehr Schulleitung machen. Man muss nicht zwingend eine Lehrper- dazu auf Seite 12 und 13). «Das Berufsleitbild schärft das son sein, um in der Schulleitung arbeiten zu können.» Natürlich, Stellenprofil der Schulleitungen, ihr Grundauftrag ist jetzt klar fügt er an, müssten Quereinsteigende das nötige pädagogische definiert», sagt Heinz Leuenberger, Präsident des Verbandes Wissen nachholen. Quereinsteigende in der Schulleitung sind im Thurgauer Schulgemeinden (VTGS). «Unsere Hoffnung ist, Thurgau grundsätzlich möglich, die Rahmenbedingungen dafür dass die Schulleitungen damit grundsätzlich eine höhere Be- sind relativ eng definiert: Laut der Verordnung über die Volks- rufszufriedenheit haben und länger an einer Stelle bleiben.» schule müssen Quereinsteigende einen Hochschulabschluss, Dies, weil das Leitbild darstelle, welche Aufgaben als Zusatz Führungserfahrung sowie «mehrjährige Erfahrung mit Bezug zum Grundauftrag gezählt und entsprechend mit einem hö- zum schweizerischen Bildungswesen» vorweisen. Auch der Zu- heren Pensum ausgeglichen werden sollen. gang zur Schulleitungsausbildung etwa an der PHTG ist gemäss 14
Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 FOKUS EDK in der Regel ein Lehrdiplom sowie mindestens fünf Jahre «Wer zum CAS zugelassen werden will, muss eine mehrjährige Unterrichtserfahrung geknüpft. Wer über eine Schulleitungs- Affinität zur Bildungslandschaft Schweiz belegen.» Viele Interes- stelle verfügt, wird auch zur Ausbildung zugelassen, falls er eine senten seien etwa in Schulbehörden engagiert oder hätten im der genannten Bedingungen nicht erfüllen kann – erhält dann bisherigen Beruf Berührungspunkte mit der Schule gehabt. Weil allerdings nur eine Kursbescheinigung ohne EDK-Anerkennung. Führungserfahrung ein zwingender Zulassungsgrund ist, wird im CAS FESL der Fokus auf pädagogisch- Eine Ausbildung extra für psychologische Themen und schulische Quereinsteigende Aspekte gelegt. Personalführung wird Allerdings gibt es für Quereinsteigende «Wir hatten immer wieder hingegen eher am Rand thematisiert. ohne Lehrdiplom alternative Ausbildungs- Anfragen für die angebote: Die Pädagogische Hochschule Schulleitungsausbildung Lanz betont: «Die Ausbildung ist keine Luzern (PHLU) führt aktuell bereits zum von Personen, die Führungs- Garantie, dass die Absolvierenden den fünften Mal den CAS «Mit Führungser- Einstieg in die Schulleitung schaffen.» erfahrung aus Unternehmen fahrung eine Schule leiten» (FESL) durch. Der erwähnte Private Banker werde es «Wir hatten immer wieder Anfragen für die und NGOs aber kein schwieriger haben als etwa Juristen oder Schulleitungsausbildung von Personen, Lehrdiplom mitbringen.» Sozialpädagogen, die zuvor bereits mit die Führungserfahrung aus Unternehmen Caroline Lanz, PHLU Kindern und Jugendlichen gearbeitet ha- und NGOs aber kein Lehrdiplom mitbrin- ben. «Die öffentliche Akzeptanz für Quer- gen. Das hat uns auf die Einführung eines einsteigende ist noch immer eher tief. Der speziellen CAS gebracht», sagt die Studi- CAS hat gerade am Anfang viel Skepsis engangsleiterin Caroline Lanz, die an der PHLU die Abteilung geweckt.» Mit steigendem Bedarf an Schulleitungen steige al- Schulleitung und Schulentwicklung verantwortet. Die Querein- lerdings auch die Akzeptanz. So würden jährlich mehrere FESL- steigenden kämen aus verschiedensten Berufsfeldern: Darun- Absolventinnen und –Absolventen eine Stelle in der Schulleitung ter sind Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Juristinnen finden. Sie sei überzeugt, dass Schulen von externen Kompe- und Juristen, aber auch ein Private Banker oder ein Ingenieur tenzen profitieren können. «Gerade für grosse und komplexe aus dem Flugzeugbau sei unter den bisher 79 Absolventinnen Schuleinheiten können Erfahrungen, die beispielsweise ein Ma- und Absolventen. Führungserfahrung allein genügt aber nicht: nager einer mittelgrossen Firma mitbringt, ein Gewinn sein.» ¡ 15
FOKUS Schulblatt Thurgau 6 | Dezember 2019 HINTERGRUND Schulleitungen personen entsprechende Aussagen in ihren Befragungen. Die Lehrpersonen orteten jedoch durchgehend weniger Verbesse- schätzen rungsbedarf als die Schulleitungen. Die dargestellten Auswer- tungen deuten darauf hin, dass an der Thurgauer Volksschule ihre Schulen noch keine flächendeckende Kultur der systematischen Si- cherung der Schul- und Unterrichtsqualität besteht, die die Perspektive von Eltern sowie Kindern beziehungsweise Ju- treffend ein gendlichen miteinbezieht. Ein grosser Teil der Schulleitungen erkennt entsprechenden Verbesserungsbedarf. Vergleiche unterschiedlicher Stufen Resultate von schriftlichen Befragungen zeigen, Erwähnenswert sind ferner einzelne Vergleiche zwischen dass die Schulleitungen Aussagen zu ihrer Schule verschiedenen Gruppen von Schulleitungen. Wider Erwarten sehr ähnlich einschätzen wie Lehrpersonen, Eltern kaum Mittelwertsunterschiede zeigen die Einschätzungen von Schulleitungen mit zwanzig und weniger unterstellten oder Schülerinnen und Schüler. Lehrpersonen gegenüber denjenigen von Schulleitungen mit grösserer Führungsspanne. Jedoch unterscheiden sich Ein- Text: Patrick Bachmann & Patrick Steffen, Schulevaluation AV schätzungen von Schulleitungen der Primarschule von sol- chen der Sekundarschule. Mittelwerte der Einschätzungen D ie Fachstelle Schulevaluation befragt verschiedene An- spruchsgruppen der Thurgauer Volksschule zu schulischen Themen (siehe Textbox). Ein Überblick über die Auswertungen von Primarschulleitungen sind häufig kritischer als solche der Sekundarschulleitungen. Die bereits erwähnte Aussage zum Einholen von Rückmeldungen bei Kindern beziehungsweise zeigt, dass die Schulleitungen ihre Schulen weitgehend ähnlich Jugendlichen durch die Lehrpersonen veranschaulicht diese einschätzen wie die Schülerinnen und Schüler, Eltern sowie Tendenz. Lehrpersonen. So zogen beispielsweise alle Befragtengruppen eine positive Gesamtbilanz über ihre Schule: Schulleitungen und Datenbasierte Erkenntnisse für Politik und Öffentlichkeit Lehrpersonen bewerteten die Aussage «Alles in allem haben wir Die anonymisierten Erkenntnisse aus Befragungen und Schwer- eine sehr gute Schule» mit fast deckungsgleichem und hohem punkte aus Rückmeldungen an die Schulen bilden das Rückgrat Mittelwert. Kinder und Jugendliche sowie Eltern beurteilten für das Steuerungswissen zur Schul- und Unterrichtsqualität, diese Aussage zwar leicht kritischer, aber dennoch mit gutem das die Fachstelle Schulevaluation dem Amt für Volksschule so- Mittelwert. Übereinstimmend gute Mittelwerte zwischen Schul- wie dem Departement für Erziehung und Kultur zur Verfügung leitungen, Lehrpersonen und Eltern zeigten sich auch in ande- stellt. Das Steuerungswissen soll eine Übersicht über die kan- ren für den Schulalltag wesentlichen Belangen. Diese umfassen tonale Bildungslandschaft und damit die Rechenschaftslegung beispielsweise Aussagen dazu, ob an der Schule die Eltern als des Schulträgers Kanton gegenüber Politik und Öffentlichkeit wichtige Schulpartner wahrgenommen würden, ob Schulleitung gewährleisten. Darüber hinaus dient es der datengestützten und Kollegium stetig daran seien, ihre pädagogischen Grund- Gestaltung der Bildungspolitik. ¡ sätze im Alltag umzusetzen, oder ob klar festgelegt sei, wie bei Verstössen gegen Schulregeln vorzugehen ist. Kritischer Blick auf die Rückmeldungskultur Andere Aussagen schätzten die verschiedenen Befragten- Befragungen zur Schul- und Unterrichtsqualität gruppen übereinstimmend kritisch ein. So wies die Auswer- Die Fachstelle Schulevaluation gibt den Thurgauer Volks- tung der Schulleitungsbefragungen bemerkenswert tiefe schulen regelmässig Rückmeldungen zur Schul- und Mittelwerte und eine breite Streuung über sämtliche Antwort- Unterrichtsqualität. Diese beruhen auf Einschätzungen, möglichkeiten etwa bei der Aussage aus, ob an der Schule die Schülerinnen und Schüler ab der Mittelstufe, Eltern, gezielt Rückmeldungen zur Schulqualität bei Eltern eingeholt Lehrpersonen, Schulleitungen und Schulbehörden und würden. Knapp die Hälfte der Schulleitungen ortete Verbes- allenfalls weitere Befragte zurückmelden. Seit 2014 serungsbedarf. Noch kritischer bewerteten insbesondere verwendet die Fachstelle Fragebogen, die standardi- die Schulleitungen von Primarschulen, ob die Lehrpersonen siert und statistisch überprüft sind. Einzelne Aussagen regelmässig Rückmeldungen zur Unterrichtsqualität durch zur Schul- und Unterrichtsqualität stimmen darin bei systematische Befragungen bei Schülerinnen und Schülern den unterschiedlichen Befragtengruppen inhaltlich einholen würden. Rund zwei Drittel der Schulleitungen aller überein. Dies erlaubt, die verschiedenen Perspektiven Stufen vermerkten bei dieser Aussage Verbesserungsbedarf. zu vergleichen sowie Gemeinsamkeiten und Unter- Mit kritischen Einschätzungen bewerteten auch die Eltern, die schiede einander gegenüberzustellen. Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule und die Lehr- 16
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