Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau

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Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
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                                                                                        2018

                                                             In dieser Ausgabe mit Beilage
                                                             > Jahresbericht 2017 der IHK

Die Grundlage unseres Wohlstandes
Interview mit Daniel Frutig zum Unternehmens- und Arbeitsstandort Schweiz > Seite 6

Führungskräfte als moderne Helden
Anregende Kaminfeuergespräche mit Leadership-Expertin Nicole Brandes > Seite 13

EU-Datenschutz tangiert die Schweiz
Die neue Grundverordnung hat Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen> Seite 26
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
WIE VIEL WEITBLICK BRAUCHT
UNSERE UNTERNEHMENS-
NACHFOLGE?

tkb.ch/nachfolge
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
Inhalt      /3

Gedankensplitter
«Die Industrie wird in den nächsten          «Das Wirtschaftsumfeld ist ein sehr       Inhalt
Jahren sehr gute Wachstumsraten              solides, geprägt durch synchrones
                                             ­
                                                                                        5 >	Editorial Die Schweiz
­haben.»                                     Wachstum in verschiedenen Regionen.»            und ihre Hausaufgaben
 Prof. Dr. Jan-Egbert Sturm, Direktor        Norbert Rücker, Head of Macro & Com-
                                                                                        6 >	Interview Daniel Frutig
 KOF Konjunkturforschungsstelle ETH          modities Research, Bank Julius Bär &
                                                                                             zum Standort Schweiz
 Zürich, am Konjunkturforum «Zukunft         Co. AG, am 16. Januar 2018 beim Market
                                                                                       11 >	Anlässe Der digitale Tornado
 Ostschweiz» vom 20. November 2017 in        Outlook in Ermatingen.
                                                                                             greift überall durch
 St. Gallen.
                                                                                       13 > A
                                                                                             nlässe Nicole Brandes an
                                             «Weiche Faktoren sind meines Erach-
                                                                                            den Kaminfeuergesprächen
«Ich habe aus jedem Land, in dem ich         tens die harte Währung der Zukunft.»
gearbeitet habe, etwas mitgenommen.          Leadership-Expertin Nicole Brandes        15 >	Porträt Sabine Köhler setzt
                                                                                             auf authentische Botschaften
Kulinarisch, aber auch menschlich.»          am Kaminfeuergespräch der IHK Thur­
Starkoch Anton Mosimann am Rande             gau vom 17. Januar 2018 in Aadorf.        18 >	Aktuell Für eine faire
des Neujahrsapéros der Thurgauer                                                             Erhöhung des Rentenalters

Kantonalbank vom 8. Januar 2018 in           «Es muss gelingen, die bestehenden        20 >	Aktuell Technologietag
Frauenfeld.                                  Rahmenbedingungen zu bewahren und               zur künstlichen Intelligenz
                                             neuen, ausufernden Regulierungen          21 >	Politik Eine weitere
«Nicht der Ausbau konsumptiver Aus-          entgegenzutreten.»                              wirtschaftsfeindliche Initiative
gaben, sondern die Investitionen – in        Thomas De Martin, Präsident des Ar-       22 >	Aktuell Was steckt hinter
die Strassen- und Schieneninfrastruk-        beitgeberverbandes Südthurgau, am               Thurgau Wissenschaft?
tur, in die digitale Infrastruktur, in die   Behördenapéro vom 23. Januar 2018 in      25 >	Aktuell Franco Knie ist Gast
Bildungsinfrastruktur – sind das Gebot       Sirnach.                                        an der IHK-Generalversammlung
der Stunde.»                                                                           26 >	Recht EU-Datenschutz tangiert
Thomas Conrady, Präsident der IHK            «Wichtig ist in der Schweiz das Be-             auch Schweizer Firmen
Hochrhein-Bodensee, am Neujahrs-             wusstsein, dass die höheren Kosten        28 >	Netzwerk Ausgleichskasse mit
empfang der Wirtschaftskammern vom           durch eine deutlich bessere Leistung            modernen Dienstleistungen
11. Januar 2018 in Singen.                   kompensiert werden müssen.»               29 >	Netzwerk Der neue Lehrplan
                                             Oliver Dürr, Managing Director GDELS-           bringt auch neue Zeugnisse
«Wer Erfolg haben will, muss mutig sein      Mowag, am Behördenapéro des Arbeit-
                                                                                       31 >	Mitglieder Motivationspreis
und bekannte Wege verlassen.»                geberverbandes Südthurgau vom 23.               geht an die Ifolor AG
Reto Ammann, Unternehmer und Kan-            Januar 2018 in Sirnach.
tonsrat, am Behördenapéro des AGV
Kreuzlingen und Umgebung vom 11. Ja-         «Die Booking.com-Generation hat kein      Titelbild:
nuar 2018 in Ermatingen.                     Reisebüro mehr betreten.»                 Unsere Kaminfeuergespräche mit
                                             Prof. Dr. Oliver Gassmann, Universität    ­Nicole Brandes, hier im Wasserschloss
«Die Zukunft ist liberal.»                   St. Gallen, am EcoOst-Symposium 2018       Hagenwil, eigneten sich hervorragend
Walter Oberhänsli, CEO der Zur Rose          zu «Geschäftsmodelle im Wandel» vom        fürs Networking.
                                                                                                           Bild: Mario Gaccioli
Group, am EcoOst-Symposium 2018 zu           12. Februar 2018 in St. Gallen.
«Geschäftsmodelle im Wandel» vom
12. Februar 2018 in St. Gallen.              «Wer sich heute nicht aktiv mit der Di-
                                             gitalisierung auseinandersetzt, sieht
«Die Bereitschaft, länger zu arbeiten,       den Tsunami nicht kommen.»
wird weiter steigen.»                        Dr. Oliver Vietze, Präsident des Indus­
Valentin Vogt, Präsident des Schweize-       trie- und Handelsvereins der Region
rischen Arbeitgeberverbandes, an der         Frauenfeld, an der Generalversamm-
Medienkonferenz zur Rentenreform             lung vom 19. Februar 2018 in Frauen-
vom 15. Februar 2018 in Zürich.              feld.
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
14 Blumenhändler
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    5 Anwaltskanzleien

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Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
Editorial   /5

Die Probleme nicht nur wälzen,
sondern lösen
Viele Politikerinnen und Politiker ziehen   tenalter von Mann und Frau einheitlich       Man sollte die Initiative nicht unter-
es vor, Probleme zu wälzen, anstatt sie     66 Jahre betragen. Leider ist unser Vor-     schätzen. Gründe stellen der missiona-
zu lösen. In der Schweiz gibt es zurzeit    schlag bisher noch nicht in die politi-      rische Eifer der Initianten und die Kom-
drei vordringliche Dossiers: die Steuer-    sche Diskussion in Bern eingeflossen.        plexität der Materie dar. Dann wird das
reform, die Altersreform und das Ver-       Wenn man den Output des Parlamentes          Anliegen auch von einzelnen Ökonomen
hältnis zur EU. Im vergangenen Jahr ist     betrachtet, dürften sich die Politikerin-    unterstützt, die man kennt. Schliess-
man in diesen Dossiers keinen Schritt       nen und Politiker, die Probleme lieber       lich will die Vollgeld-Initiative, dass die
weitergekommen. Es handelt sich poli-       wälzen, anstatt sie zu lösen, klar in der    Nationalbank jährlich neu geschöpftes
tisch um ein verlorenes Jahr.               Mehrheit befinden. Leider bestätigen         Geld in Milliardenhöhe «schuldfrei» an
Am 12. Februar 2017 wurde die Unter-        die schweizerischen Wählerinnen und          die Bevölkerung und den Staat verteilt
nehmenssteuerreform III an der Urne         Wähler in aller Regel relativ blind          beziehungsweise verschenkt. Das ver-
abgelehnt. Für den Wirtschaftsstand-                                                     sprochene Manna vom Himmel könnte
ort Schweiz ist es enorm wichtig, dass                                                   falsche Erwartungen wecken. Die Voll-
die Steuervorlage 17 nun zeitnah umge-                                                   geldreform ist eine deutsche Idee. Man
setzt werden kann. Es gilt, das Klima                                                    hat sich die Schweiz mit ihrer direkten
der Unsicherheit endlich zu beenden.                                                     Demokratie als Versuchskaninchen für
Die steuerlichen Sonderregeln zu den                                                     das waghalsige Experiment ausge-
Statusgesellschaften müssen be-                                                          sucht.
kanntlich abgeschafft werden. Ohne                                                       Weitreichend und schädlich wären auch
Massnahmen droht ein massiver Ver-                                                       die Auswirkungen der Unternehmens-
lust beim Steuersubstrat. Wir haben in                                                   verantwortungsinitiative. Spontan ge-
unserer Stellungnahme eine breite Pa-                                                    niesst das Anliegen viel Sympathie. Wer
lette von neuen Steuerinstrumenten in-                                                   ist nicht gegen Kinderarbeit auf Kakao-
klusive eines Abzugs für die sichere Fi-                                                 plantagen, unmenschliche Arbeitsbe-
nanzierung befürwortet. Gleichzeitig                                                     dingungen in Textilfabriken oder un-
vertreten wir die Ansicht, es sollte den                                                 ethische Geschäftspraktiken? Das Pro-
Kantonen überlassen werden, welche          die bisherigen Amtsinhaberinnen und          blem besteht darin, dass die Annahme
Instrumente sie in ihrer Gesetzgebung       Amts­inhaber. Wichtiger als das Prädi-       der Initiative nichts bewirken würde, je-
implementieren wollen und welche            kat «bisher» müsste die Lösungsorien-        doch mit viel bürokratischem Ballast
nicht.                                      tierung sein. Deshalb der Appell: Wäh-       für Schweizer Unternehmen verbunden
Mit einem konkreten Vorschlag «für          len Sie künftig nur noch lösungsorien-       wäre. Hilfswerke, Frauen-, Menschen-
eine faire Rentenaltererhöhung step by      tierte Politikerinnen und Politiker in die   rechts- und Umweltorganisationen so-
step jetzt» haben wir uns in die Diskus-    Parlamente.                                  wie kirchliche Kreise pflegen erneut
sion um die Rentenreform nach Ableh-        Leider bleiben wir auch im Jahr 2018         den Mythos, die kleine, gute Schweiz
nung der Vorlage «Altersvorsorge 2020»      von Abstimmungen über wirtschafts-           könne die grosse, böse Welt retten.
eingebracht. Wir schlagen vor, das Ren-     feindliche Volksinitiativen nicht ver-       Die Wirtschaft ist gut ins Jahr 2018 ge-
tenalter ab 2021 für beide Geschlechter     schont. Wir haben in der letzten Ausga-      startet. Hoffen wir, dass die Politik von
zu erhöhen: bei den Frauen um zwei          be des vergangenen Jahres die Voll-          diesem Elan angesteckt wird und sich
Monate pro Jahr, und bei den Männern        geld-Initiative ausführlich vorgestellt.     in zentralen Dossiers endlich zu akzep-
um einen Monat pro Jahr. Auf diese          Diese gelangt am 10. Juni 2018 zur Ab-       tierten und nachhaltigen Lösungen
Weise würde das Rentenalter 65 bei den      stimmung – zusammen mit dem Geld-            durchringen kann.
Frauen im Jahr 2026 erreicht. Die Män-      spielgesetz. Der geforderte Umbau un-
ner wären gleichzeitig bei 65 Jahren        seres Geldsystems wäre ein Hochrisi-
und sechs Monaten. Danach ginge es          ko-Experiment, das so noch nirgends          Peter Maag, Direktor
weiter bis 2032. Dann würde das Ren-        durchgeführt wurde.
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
Interview   /6

Das Unternehmertum ist die
Grundlage unseres Wohlstandes
Daniel Frutig äussert sich zur Schweiz als Unternehmens- und Arbeitsstandort

Ein tieferes Verständnis für das unternehmerische Wirken in der Gesellschaft ist dringend nötig.
Dies sagt Daniel Frutig, früheres Vorstandsmitglied unserer Kammer, im Interview mit «Fokus
IHK». Frutig hat bedeutende Mandate in der Ostschweiz inne, so unter anderem als Verwaltungs-
ratspräsident der Starrag Group in Rorschacherberg.

Daniel Frutig hat Verwaltungsratsmandate bei bedeutenden Ostschweizer Unternehmen inne.
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
Interview   /7
Interview: Peter Maag                       Was ist zu tun?                            Digitalisierung stellen. Generell muss
                                            In sämtlichen Bereichen sollten wir «in-   die ständige Weiterbildung gefördert
«Fokus IHK»: Sie haben lange Zeit im        formed decisions» anstreben. Man           werden. Es geht um «Lebenslanges
Ausland gewirkt. Wie beurteilen Sie         nennt dies in den Unternehmen so,          Lernen». Wirtschaftliches Grundlagen-
den Unternehmens- und Arbeits-              wenn man sich zusammensetzt, die           wissen und Unternehmertum sollte frü-
standort Schweiz?                           Fakten auf den Tisch legt und basie-       her und verstärkt in die schulische Bil-
                                            rend auf allen Fakten entscheidet. Die-    dung eingebunden werden. People
Daniel Frutig: Unsere Stärken in der        ses Vorgehen empfiehlt sich nicht nur      Skills, komplexes, vernetztes Denken,
Schweiz sind die enorme Innovations-        für Unternehmen, sondern auch für die      Kollaboration, Kreativität, Umgang mit
kraft. Trotz den Wilden aus Silicon Val-    Politik. Sicherlich eine löbliche Hand-    Unvorhergesehenem usw. – dies sind
ley gehören wir diesbezüglich immer         lungsweise im Lichte der Diskussionen      wichtige Skills, die früh in die Ausbil-
noch an die Spitze. Aber wir laufen Ge-     um «Fake News»!                            dung gehören! Ein gutes Beispiel sind
fahr, dass wir aus Selbstgefälligkeit den                                              meiner Meinung nach die Wirtschafts-
Anschluss verpassen. Zudem wird in          Auf welchen Stärken kann die Schweiz       wochen an den Gymnasien. Neben dem
der Schweiz meines Erachtens das Un-        aufbauen?                                  Arbeitsmarkt und dem Bildungssystem
ternehmertum im Gegensatz zu ande-          Neben der eingangs erwähnten Innova-       betrachte ich die soziale Sicherheit als
ren Ländern noch zu wenig gewürdigt         tionskraft scheint mir wesentlich die      Stärke der Schweiz. Hier gilt es, die Fi-
und verstanden. Entsprechend gilt es        Erhaltung und Sicherung eines offenen      nanzierung sicherzustellen.
dieses Verständnis zu fördern. Ein Un-      und liberalen Arbeitsmarktes. Wir müs-
ternehmer, der scheitert ist bei uns        sen gemeinsam die Vorteile des schwei-     Welche Herausforderungen stellen
stigmatisiert, in den USA jedoch gilt das   zerischen Arbeitsmarktes ins Zentrum       sich dem einzelnen Unternehmen?
als Erfahrung. Die Diskussion in der        unseres Handelns stellen. Ein Blick auf    Als Unternehmer und unternehmerisch
Schweiz im Spannungsfeld von Arbeit-        die demografische Entwicklung zeigt,       mitdenkende Manager müssen wir die
geber und Arbeitnehmenden, moderiert        dass die Schweiz auf eine qualifizierte    Trends und den Wandel rascher und
durch die Gewerkschaften, nehme ich         Zuwanderung und die berufliche Inte­       wirkungsvoller in die Konzeption unse-
jedoch zunehmend als polarisierend          gration von Flüchtlingen angewiesen        rer Produkte integrieren. Die Sicherung
wahr. Viele Spannungen werden da-           ist. In den nächsten zehn Jahren wer-      der Wettbewerbsfähigkeit des Unter-
durch verursacht, dass die Polarisie-       den rund eine Million Arbeitnehmende       nehmens betrachte ich als die zentrale
rung gepflegt wird, insbesondere auch       in Pension gehen. Es werden uns dann       Aufgabe einer Führungskraft. Dazu ge-
in den Medien und in der Politik. In der    rund 400’000 Personen auf dem Ar-          hören das Verstehen globaler Trends,
Gesellschaft fehlt meines Erachtens                                                    die Fokussierung auf einzigartige Wett-
ein tieferes Verständnis für das unter-                                                bewerbspositionen, die Dynamisierung
                                                «In der Gesellschaft fehlt
nehmerische Wirken. Auch mangelt es                                                    der Unternehmung und der proaktive
an Wertschätzung.                                ein tieferes Verständnis              Umgang mit dem Wandel.
                                               für das unternehmerische
Was läuft schief?                                         Wirken.»                     Wie steht es mit der sozialen Dimen­
Das Unternehmertum bildet den                                                          sion?
Schlüssel zu unserem Wohlstand. Un-                                                    Ein Unternehmen muss sozialverant-
ternehmerinnen und Unternehmer                                                         wortlich handeln. Mitarbeitende sind
schaffen Arbeitsplätze und sichern un-      beitsmarkt fehlen. Neben der Zuwan-        die Quelle des Erfolges. Bei einem in-
seren hohen Lebensstandard und ge-          derung wird die Wirtschaft verstärkt       ternational tätigen Konzern drückt man
hen hohe Risiken ein. Diese Tatsachen       ältere Arbeitnehmende über das Pensi-      dies beispielsweise so aus: «Great peo-
werden in der öffentlichen Diskussion       onierungsalter hinaus beschäftigen.        ple, great services, great results.» Es
leider gerne vergessen oder in den Hin-     Zusätzliche Anstrengungen sind nötig       beginnt also auch bei einem multinatio-
tergrund gedrängt. Es liegt weiter auf      bei der Förderung der Frauen und der       nalen Unternehmen mit den Menschen.
der Hand, dass ein Unternehmen Geld         Diversity. Ein weiteres Augenmerk müs-     Sozialverantwortlich handeln zeigt sich
verdienen muss. Um das Unternehmen          sen wir auf die Vereinbarkeit von Beruf    ausgeprägt in Situationen, in denen ein
weiterentwickeln zu können und die          und Familie legen. Die Unternehmen         Unternehmen kein Geld mehr verdient
Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu si-     sind gefordert, international wettbe-      und ein Problem erkennt. Echte Unter-
chern, braucht es eine gesunde finan-       werbsfähige Arbeitsplätze anzubieten.      nehmer betrachten die Mitarbeitenden
zielle Basis. Voraussetzung ist natür-                                                 stets als Umsetzer und Befähiger ihrer
lich stets, dass die Produkte oder          Gibt es weitere Assets?                    Ideen. Es besteht oft auch eine tiefe
Dienstleistungen des Unternehmens           Ja, absolut! Ein weiterer wesentlicher     Verbundenheit. Ich denke jedoch, dass
einem Marktbedürfnis entsprechen.           Standortfaktor ist das Bildungssystem.     niemand so richtig weiss, wie man
Ohne innovative und weltoffene Unter-       Die duale Berufsbildung betrachte ich      «Great people» motiviert und ins Unter-
nehmen kann der Wohlstand in der Zu-        als eine der Stärken des Standortes        nehmen holt! In Anbetracht der Auto-
kunft für die Schweiz nicht gesichert       Schweiz. Aber auch die Berufsbildung       matisierung und Roboterisierung fallen
werden.                                     muss sich den Herausforderungen der        viele Jobs weg und neue entstehen.
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
START EVENTS 2018
Sie möchten sich selbständig machen und Ihre Geschäftsidee verwirklichen?
Oder haben Sie Fragen zu den Themen Businessplan, Finanzierung und Marketing?
Unser Kursangebot kann Ihnen hier gezielt, kurz und verständlich weiterhelfen.
Wir unterstützen Sie gerne, von der Gründung bis zum Geschäftserfolg.
Im ersten Halbjahr 2018 finden folgende Kurse/Events statt:
14.03.2018 START Nachfolge        Selbständig durch Firmenübernahme      Romanshorn
23.04.2018 START Impuls           Unternehmer oder Unterlasser           Frauenfeld
26.04.2018 Verleihung des START awards                                   Arbon
                                                                                                              Startnetzwerk Thurgau
16.05.2018 START Basiskurs        Firma gründen genial einfach           Frauenfeld
                                                                                                                      c/o IHK Thurgau
24.05.2018 START Aufbaukurs Von der Idee zum Geschäftserfolg             Frauenfeld
                                                                                                                     Schmidstrasse 9
04.06.2018 START Impuls           Facebook für Werbung                   Frauenfeld
                                                                                                                     8570 Weinfelden
Die Angebote des Startnetzwerks Thurgau sind alle kostenlos. Melden Sie sich noch heute für Ihren Kurs           Telefon 071 622 19 19
an! Weitere Informationen finden Sie unter www.startnetzwerk.ch/kurse-und-events/ oder via QR-Code.            info@startnetzwerk.ch

Das Startnetzwerk
ist eine Initiative von:                                                                                 Medienpartner

                                                                                                           www.hubermonsch.ch

                                                                               Kommunikations- und
                                                                               IT-Lösungen für KMU.

                                                                               Wir verbinden Menschen
                                                                               und Technik.
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
Interview    /9
Aber wir werden nicht aus allen Kassie-
rerinnen und Lastwagenfahrern Pro-
grammierer machen können. Hier müs-
sen Unternehmer aktiver an der
sozialpolitischen Diskussion teilneh-
men und mitdenken, wie diese Lücken
gelöst werden können zum Beispiel
durch Anreizsysteme und Weiterbil-
dungsprogramme für andere Jobs. Da
müssten wir auch aktiver werden.

Welchen Stellenwert hat die Sozial-
partnerschaft?
Die Sozialpartnerschaft hat sich in den
letzten Jahren stark verändert. Die
Pflege einer intakten Sozialpartner-
schaft wird auch künftig eminent wich-
tig sein. In den vergangenen Jahrzehn-
ten hat sich vieles zum Wohlergehen
der Mitarbeitenden verbessert. Als Bei-
spiele kann man die besseren Arbeits-
bedingungen, den verstärkten Gesund-
heitsschutz oder die Vorschriften über
die Massenentlassung nennen. Die So-
zialpartnerschaft steht heute und in
absehbarer Zukunft jedoch vor grossen
Herausforderungen.

An welche Herausforderungen denken
Sie?
Stichworte dazu sind die Internationali-
sierung und die Digitalisierung. Wir
stellen weiter einen Trend zur Individu-

    «Unternehmer müssen
        aktiver an einer
  gesellschaftlichen Debatte
         teilnehmen.»

alisierung und zu neuen Arbeitsmodel-
len fest. Dies dürfte die Gründung von
Einzelunternehmen und neue Entloh-
nungsmodelle begünstigen. Der be-
ständige und beschleunigte Wandel un-
terstreicht die Wichtigkeit der Aus- und
Weiterbildung. Der Erhalt von industri-
ellen Arbeitsplätzen, verbunden mit der
Möglichkeit, ungelernte Arbeitskräfte
zu beschäftigen, wird dagegen immer
schwieriger. Die Babyboomer-Jahrgän-
ge gehen in den Ruhestand, was den
«War for Talents» verschärft. Im Weite-
ren nehmen mit dem Grad der Verschul-
dung der Länder die Suche nach zu-
sätzlichem Steuersubstrat und ebenso       Daniel Frutig: «Die Aufgaben und Einstellungen der Gewerkschaften müssen sich rasch der neuen
der Protektionismus zu.                    Zeit anpassen.»
Die Grundlage unseres Wohlstandes - IHK Thurgau
Interview   /10
Was kommt mit den neuen Arbeits­             Mitarbeitende zudem selbst aktiv. Da-
modellen auf uns zu?                         mit unterscheidet sich die Situation               Daniel Frutig
Die grossen fünf Treiber von «New            vom Ausland.                                       Daniel Frutig begann seine berufliche
Work» sind Globalisierung, neue Ver-                                                            Karriere vor mehr als dreissig Jahren
haltensweisen (wir lesen News auf            Gibt es auch positive Erlebnisse?                  als Ingenieur. Er entwickelte sich von
Facebook oder Twitter), Millennials
­                                            Durchaus, ich blicke auf viele schöne              der Fachkraft zunächst zum interna-
werden 2025 27 Prozent der Workforce         Erlebnisse mit Gewerkschaften zurück.              tional tätigen Manager. Mehr als die
ausmachen, aber wir haben Unterneh-          So haben wir beispielsweise gemein-                Hälfte der Zeit wirkte er beruflich im
men noch wie 1975, Mobilität (Arbeit ist     sam nach Lösungen gesucht, um der                  Ausland. In der Zwischenzeit hat sich
kein Ort mehr, wo man hingeht, sondern       Frankenstärke zu begegnen. Ich stam-               Frutig von internationalen Konzernen
                                             me aus einer Arbeiterfamilie. Meine                weg – und zu eigentümerorientierten
                                             Eltern und Grosseltern führten einen
                                             ­                                                  Unternehmen zubewegt. Er ist unter
   «Ein gutes Beispiel sind                  handwerklichen Beruf aus. Familien-                anderem als Verwaltungsratspräsi-
  ­meiner Meinung nach die                   mitglieder waren und sind gewerk-                  dent des Werkzeugmaschinenher-
                                             schaftlich aktiv. Früher habe ich selber           stellers Starrag, Rorschacherberg,
  Wirtschaftswochen an den
                                             ganz selbstverständlich an den 1.-Mai-             und als Verwaltungsratsvizepräsi-
        Gymnasien.»                          Umzügen teilgenommen. Noch heute                   dent der Eugster/Frismag AG, Amris-
                                             kommt es an Familientreffen zu inten-              wil, tätig.
                                             siven    Auseinandersetzungen       zum
den man mit sich trägt) und Technologie      Spannungsfeld von Arbeitnehmenden
sind das Betriebssystem von allem. Un-       und Arbeitgebern. Ich denke, dass ich
ternehmen müssen sich transformie-           «die Büezer» gut verstehe. Ich hoffe,             ten Rahmen. Unternehmer müssen viel
ren. Aber Menschen auch. Es werden           dass sich die Gewerkschaften wieder               mehr an einer gesellschaftlichen De-
komplett neue Berufsbilder entstehen.        vermehrt auf die Sache besinnen und               batte teilnehmen. Zum Beispiel im Be-
Einem 20-Jährigen gelingt das eventu-        das direkte Gespräch suchen.                      zug auf den Service Public (Fake News,
ell leichter. Was ist mit den 40-,50-, 60-                                                     Private-News-Anbieter), in ethischen
Jährigen? Wie gehen wir damit um?            Was kann die Arbeitgeberseite tun?                Fragen (Fusion Mensch und Maschine,
                                             Als Schweizer und als unternehmerisch             Zweiklassengesellschaft im Health-Ca-
Und wie erleben Sie in diesem Kontext        denkender Manager trage ich eine klare            re-Bereich, Design-Menschen), Bildung
die Gewerkschaften?                          gesellschaftliche Verantwortung. Heu-             usw. Also nicht nur mit der Frage ausei-
In der jüngsten Zeit erlebe ich die Zu-      te vertrete ich, gestützt auf meine Her-          nandersetzen: wie werden wir leben?,
sammenarbeit mit den Gewerkschaf-            kunft, meinen Werdegang und meine                 sondern: wie wollen wir leben? Arbeit-
ten eher als negativ. Ich erlebe sie als     Werte, ganz klar die Interessen der Un-           geber müssen klar vermitteln, dass die
Wächter des Status Quo. Dabei müss-          ternehmen, und zwar in einem sozial-              Unternehmen die Grundlage unseres
ten sie sich aktiv für den Umgang mit        verantwortlichen und werteorientier-              Wohlstandes bilden.
der Transformation einsetzen und Ge-
spräche mit allen Anspruchsgruppen
suchen, wie nicht Arbeitsplätze, son-
dern Menschen geschützt werden kön-
nen. Die Aufgaben und Einstellungen
der Gewerkschaften müssen sich rasch
der neuen Zeit anpassen. Die Arbeit der
Gewerkschaften ist immer noch ge-
prägt von der Pflege und Aufrechterhal-
tung von Feindbildern. Man sucht die
mediale Aufmerksamkeit und eine ver-
stärkte Mobilisierung der Basis. Damit
einher geht das Unvermögen, sich an
einen Tisch zu setzen und eine Diskus-
sion zu führen mit dem Ziel, ein gemein-
sames Ergebnis zu erreichen. Die eige-
ne Profilierung geniesst leider eine
höhere Priorität als das Erreichen eines
Win-Win-Ergebnisses. Die heutigen Ar-
beitnehmenden haben sich weit ent-
fernt vom Verständnis während der In-
dustrialisierung oder der Situation vor
hundert Jahren. In der Schweiz werden        Daniel Frutig verfügt über eine grosse Führungserfahrung im Ausland.
Anlässe   /11

Oliver Gassmann: «Der digitale
Tornado greift überall durch»
Fünftes EcoOst-Symposium in St. Gallen nimmt die Geschäftsmodelle unter die Lupe

«What’s new? Geschäftsmodelle im Wandel» stand im Zentrum des fünften EcoOst-Symposiums.
Während HSG-Professor Oliver Gassmann die wissenschaftliche Basis lieferte, vertieften drei
­Persönlichkeiten das Thema aus ihrer Sicht: Roland Ledergerber (St. Galler Kantonalbank), Walter
Oberhänsli (Zur Rose Group) und Zeno Böhm (Burkhalter Gruppe).

                                                                                                  schäftsmodell Antworten auf vier
                                                                                                  grundlegende Fragen liefern muss:
                                                                                                  «Wer ist unser Zielkunde? Was bieten
                                                                                                  wir ihm? Wie erbringen wir die Leistung
                                                                                                  und wie stellen wir diese her? Und wie
                                                                                                  wird Wert erzielt?»

                                                                                                  Einfluss auf den Wettbewerbsvorteil
                                                                                                  Von einer Geschäftsmodellinnovation
                                                                                                  spricht man gemäss Gassmann dann,
                                                                                                  wenn sich mindestens zwei dieser vier
                                                                                                  Antworten deutlich verändern. 90 Pro-
                                                                                                  zent der Geschäftsmodellinnovationen
                                                                                                  seien allerdings Rekombinationen des
                                                                                                  Bisherigen. Das Neu- oder Weiterentwi-
                                                                                                  ckeln von Geschäftsmodellen sei denn
                                                                                                  auch keine Kunst, sondern ein Hand-
                                                                                                  werk, aber für den langfristigen Unter-
                                                                                                  nehmenserfolg entscheidend. Manager
                                                                                                  seien zwar grundsätzlich überzeugt,
                                                                                                  dass Geschäftsmodellinnovationen ei-
                                                                                                  nen grösseren Einfluss auf den Wettbe-
Referent Walter Oberhänsli stellt einen generellen Trend zu E-Commerce fest.                      werbsvorteil haben als Produkt- oder
                                                                       Bilder: Augustin Saleem   Prozessinnovationen. Trotzdem werde
                                                                                                  in den Unternehmen oft zu wenig auf
                                                                                                  die Weiterentwicklung von Geschäfts-
Von Robert Stadler und Peter Maag                 lich. HSG-Professor Oliver Gassmann,            modellen geachtet. Um diesen Wandel
                                                  seit 2008 Direktor des Instituts für            zuzulassen, brauche es die entspre-
Der Begriff Digitalisierung ist omniprä-          Technologiemanagement, lieferte im              chende Unternehmenskultur. «Der digi-
sent. Die Digitalisierung verändert Ge-           ersten Referat die wissenschaftlichen           tale Tornado greift überall durch»,
sellschaft und Wirtschaft fundamental             Grundlagen zum Tagungsthema. «Wenn              zeigte sich Gassmann überzeugt. Er
                                                                                                  ­
und hat die Kraft, lange Zeit bestens             Sie die Digitalisierung wollen, dann            verdeutlichte dies am Beispiel der Digi-
funktionierende Geschäftsmodelle zu               müssen Sie sich selber damit beschäf-           talkameras. Diese seien anfänglich
zertrümmern. Auch beim diesjährigen               tigen», sagte er zu den Führungskräf-           «richtig schlecht» gewesen. Mittlerwei-
EcoOst-Symposium wurde dies deut-                 ten. Er erklärte weiter, dass ein Ge-           le seien sie «überragend gut».
Anlässe    /12
                                                                                                  schweizweiter Kompetenz» auf den
                                                                                                  Punkt. Durch die Eigenständigkeit der
                                                                                                  lokalen Gesellschaften können sich
                                                                                                  diese optimal an die geografisch und
                                                                                                  kulturell unterschiedlichen Strukturen
                                                                                                  anpassen und auf eine starke Kunden-
                                                                                                  bindung zählen. Gleichzeitig ist es den
                                                                                                  einzelnen Gesellschaften möglich,
                                                                                                  Fachwissen aus den regionalen Kom­
                                                                                                  petenzzentren zu beziehen, das lokal
                                                                                                  nicht vorhanden wäre.

                                                                                                   Podiumsgespräche und
                                                                                                  ­S timmakrobatik
                                                                                                   Unter der Leitung von Moderatorin
                                                                                                   ­Sabine Bianchi vertieften die vier Refe-
                                                                                                    renten in zwei Podiumsgesprächen die
                                                                                                    Tagungsthemen. Martin O. sorgte wäh-
Das Publikum lachte viel am diesjährigen EcoOst-Symposium; vorne in der Mitte Dr. Kurt Weigelt,     rend des ganzen Nachmittags immer
Landammann Paul Signer, Prof. Dr. Oliver Gassmann und Peter Spenger.                                wieder für musikalische Highlights. Mit
                                                                                                    seinem Symphonium sorgte er nicht nur
                                                                                                    für grossartige Stimmung, sondern lie-
Balance zwischen Anpassung und                    fest, dass der generelle Trend zu                 ferte dazu noch eine humorvolle Zu-
Kontinuität                                       E-Commerce auch vor dem Gesund-                   sammenfassung der Inhalte der Refe-
Die im Einstiegsreferat gelegte wissen-           heitswesen nicht haltmacht. Bloss:                rate. Mit einem EcoOst-Buffet mit Ost-
schaftliche Basis wurde durch drei Re-            «Das Gesundheitswesen wehrt sich ge-              schweizer Spezialitäten und vielen
ferate aus der unternehmerischen Pra-             gen die Veränderung.» Moderne Ge-                 Netzwerkmöglichkeiten wurde der An-
xis vertieft. Roland Ledergerber, CEO             schäftsmodelle werden regulatorisch               lass beendet. Begrüsst wurden die Teil-
der St. Galler Kantonalbank, machte               erschwert. Die heutige Apothekenord-              nehmenden von Peter Spenger, Präsi-
eine Auslegeordnung zur Bankenbran-               nung mit Festpreissystem geht laut                dent der IHK St. Gallen-Appenzell, und
che in der Schweiz. Durch Regulierung,            Oberhänsli auf Kaiser Friedrich II. und           verabschiedet von Christian Neuweiler,
Negativzinsen und Digitalisierung seien           das Jahr 1240 zurück. Er glaubt, dass             Präsident der IHK Thurgau. Das Gruss-
die Margen gesunken, Kosten und Risi-             die Zukunft liberal ist und sich moderne          wort aus der Politik überbrachte Land-
ken seien dagegen gestiegen. Die Kon-             Ansätze nicht aufhalten lassen.                   ammann Paul Signer, Kanton Appenzell
solidierung am Schweizer Bankenmarkt              Heute reiche es nicht mehr, ein Produkt           Ausserrhoden.
sei in vollem Gang. Doch wie reagiert             von A nach B zu senden oder es im sta-
man als Bank auf diese veränderten                tionären Geschäft anzubieten, ist Ober-
Bedingungen? Für Roland Ledergerber               hänsli überzeugt. Die Zukunft liege im
ist eine «disruptive» Bank – eine Bank            Omni-Channel. Gemeint ist damit das
ohne Niederlassungen, ohne Gebühren,              kanalübergreifende Einkaufen: Online              Treffpunkt für Ostschweizer
ohne Backoffice oder ohne Berater –               bestellen und in der Apotheke abholen             Wirtschaft
keine Lösung. Die zentralen Differen-             – oder umgekehrt. Um diesem Kunden-               Das EcoOst-Symposium ist Treff-
zierungsfaktoren einer Bank bleiben               bedürfnis zu begegnen, baut die Zur               punkt für Entscheidungsträgerin-
Vertrauen, Sicherheit und Verlässlich-            Rose Group ihre stationäre Präsenz in             nen und -träger aus kleinen, mittle-
keit. Es brauche deshalb eine Balance             der Schweiz zusammen mit der Migros               ren und grossen Unternehmen, aus
zwischen Anpassung und Kontinuität.               weiter aus.                                       der Wissenschaft und der Praxis,
Die schrittweise Transformation erlau-                                                              aus allen Branchen und aus allen
be es, die Vertrauensbasis zu erhalten            Schweizweite Kompetenz                            Regionen der Ostschweiz. Mit der
und gleichzeitig die Herausforderungen            Eine ganz andere Geschäftsmodellin-               Veranstaltung wollen die Organisa-
der Digitalisierung zu meistern.                  novation hat die Burkhalter Gruppe um-            toren (die Industrie- und Handels-
                                                  gesetzt. Sie besteht aus 45 operativen            kammern St. Gallen-Appenzell und
Spielregeln verändern                             Gesellschaften, die weitgehend auto-              Thurgau, die Universität St. Gallen
Die Zur Rose Group aus Frauenfeld ist             nom geführt sind und an knapp hundert             und die St. Galler Tagblatt AG) einen
ein gutes Beispiel für Geschäftsmodell­           Standorten in der ganzen Schweiz Elek-            Beitrag zum Wissenstransfer in der
innovation: Sie ist Europas grösste Ver-          trotechnikleistungen am Bauwerk er-               Wirtschaft leisten und die Ost-
sandapotheke und eine der führenden               bringen. CFO Zeno Böhm brachte das                schweiz als einheitlichen und star-
Ärztegrossistinnen der Schweiz. Grün-             Geschäftsmodell mit «lokaler Auftrags-            ken Wirtschaftsraum positionieren.
der und CEO Walter Oberhänsli stellt              abwicklung, regionalem Know-how und
Anlässe     /13

Den Spagat zwischen High Tech
und High Touch bewältigen
Leadership-Expertin Nicole Brandes sprach an den Kaminfeuergesprächen unserer Kammer

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Nicole Brandes, Leadership-Ex-
pertin und internationaler Managementcoach, sprach an unseren beiden Kaminfeuergesprächen
zum Jahreswechsel am 12. Dezember 2017 im Wasserschloss Hagenwil und am 17. Januar 2018 im
Restaurant & Hotel Heidelberg in Aadorf.

Von Peter Maag

Nachstehend findet sich eine Zusam-
menfassung ihres Referates zum The-
ma «Leadership 4.0 – Helden zwischen
Digitalität und Menschlichkeit».
«Die technologische Revolution bringt
uns fantastische Möglichkeiten. Gleich-
zeitig sorgt sie mit ihrer Dynamik und
Vielschichtigkeit für massiven Stress.
Sie verlangt Führungskräften Qualitä-
ten von Superhelden ab – High Perfor-
mer, Lebensretter von Organisationen,
Innovator der Gegenwart und Gestalter
von Zukunft in nur einer Person zu sein.
Zusätzlich dürfen Sie das Wichtigste
nicht vergessen: den Menschen. Denn
je mehr High Tech durch die Digitalisie-
rung in unser Leben einzieht, desto
mehr menschliches Können – also des-
to mehr High Touch – ist gefragt.

Orientierung stiften
Das bedeutet: Führungskräfte müssen         IHK-Präsident Christian Neuweiler mit Referentin Nicole Brandes im Wasserschloss Hagenwil.
in diesem Chaos mehr denn je Orientie-                                                                              Bilder: Mario Gaccioli
rung, Zugehörigkeit und Sinn stiften.
Dazu bedarf es innerer Stärke und Re-
silienz, denn: Je mehr Volatilität im Au-   gelingt: Indem wir uns erst einmal              3. Was treibt Menschen? Bedürfnisse,
ssen desto mehr Stabilität braucht es       selbst orientieren und dabei vier Berei-        Werte, Lebensmotive.
im Innen. Nicole Brandes zeigt einen        che prüfen:                                     4. Was treibt mich?
möglichen Ansatz, mit dem sie mit Füh-      1. Die grossen treibenden Kräfte – wel-
rungskräften arbeitet, um an diese in-      che Megatrends den Change treiben.              Innerer Kompass
nere Kraft zu gelangen: den Leadership      2. Die treibenden Kräften in einer Orga-        Wir alle kennen unsere Ziele. Wir wis-
4.0 Kompass. Er zeigt auf, wie der Spa-     nisation – Disruption, neue Geschäfts-          sen, wohin wir wollen, aber woraus wir
gat zwischen High Tech und High Touch       modelle und neue Strukturen.                    agieren, das wissen die wenigsten. Un-
Anlässe   /14
                                                                                         sieht die Chancen. Der Kämpfer: Er
                                                                                         macht sich für den neuen Change stark.
                                                                                         Der Lover, der die tiefen Bedürfnisse
                                                                                         der Menschen kennnt. Und der Träu-
                                                                                         mer, der um seine eigenen Lebensmo­
                                                                                         tive weiss, welchen Traum er verfolgt
                                                                                         und wofür er brennt.

                                                                                         Dem Menschen nützen
                                                                                         Führungskräfte der Zukunft sind in den
                                                                                         Augen von Nicole Brandes vor allem Hu-
                                                                                         managenten. Sie wissen, wie man eine
                                                                                         echte Verbindung herstellt, und schaf-
Nicole Brandes referiert in der historischen Umgebung des Wasserschlosses Hagenwil       fen den Shift, neben Krieger auch Lover
über Zukunftsthemen.                                                                     und neben Denker auch Dreamer zu
                                                                                         sein: Profit ist das Blut in den Venen ei-
                                                                                         ner Organisation, Purpose: ihr Herz.
tersuchungen zeigen, dass wir laufend           dann können wir uns viel kraftvoller     Wer seinen Purpose kennt, tritt als Füh-
in einem inneren Dialog sind, vor allem         selber steuern. Diese Stimmen kann       rungskraft nicht nur professioneller
bei Herausforderungen. Gelingt es uns,          man als inneres Executive Team benen-    auf, sondern auch kraftvoller, denn er
zu identifizieren, wer spricht, wer laut        nen, auch genannt die Big Four: Der      fühlt sich eins mit sich selbst. Purpose
ist, wer leise und wer keinen Raum hat,         Denker: Er spürt den Atem der Zeit und   gibt uns Sinn, Orientierung und Zugehö-
                                                                                         rigkeit.
                                                                                         Wir leben in atemberaubenden Zeiten,
                                                                                         in denen das Unmögliche möglich zu
                                                                                         werden scheint. Und in den nächsten
                                                                                         zwanzig Jahren werden wir uns mehr
                                                                                         verändern als in vergangenen 300 Jah-
                                                                                         ren. Daher brauchen wir Führungskräf-
                                                                                         te, die Technologie nutzen und dem
                                                                                         Menschen nützen. Die nicht nur in Tech
                                                                                         investieren, sondern auch in menschli-
                                                                                         che Kompetenzen. Der innere Kompass
                                                                                         ist eine Möglichkeit in diesen rasanten
                                                                                         Zeiten, in der eigenen Kraft zu bleiben.
                                                                                         Damit gelingt es, Menschen besser zu
                                                                                         erreichen, sie zu bewegen und zu inspi-
                                                                                         rieren. Menschen folgen dann, weil sie
                                                                                         wollen und nicht weil sie müssen. Denn
                                                                                         innere Klarheit und Stärke sind ma-
                                                                                         gisch anziehend.»

                                                                                           Nicole Brandes
                                                                                           Nicole Brandes ist internationaler
                                                                                           Management Coach, Autorin und
                                                                                           Partnerin des Zukunftsinstituts.
                                                                                           Die ehemalige Managerin hat über
                                                                                           15 Jahre Erfahrung an der Spitze
                                                                                           von namhaften Grosskonzernen.
                                                                                           Heute hält sie international Vorträ-
                                                                                           ge für Unternehmen aller Branchen
                                                                                           und arbeitet mit Führungskräften
                                                                                           an ihrer inneren Kraft und für eine
                                                                                           neue Führungskultur.
Apéro im Wasserschloss Hagenwil vor dem Kaminfeuergespräch vom 12. Dezember 2017.
Porträt   /15

«Ich wünsche mir, dass du
möchtest, was ich habe»
Ist Werbung Verführung und Marketing der Motor dahinter? «Von wegen!», sagt Sabine Köhler,
­Mitinhaberin der Werbe- und Webagentur WEMAKO, Ermatingen. Gutes Marketing ist für sie viel
 mehr. Ein Kunstwerk: klar, zurückhaltend, einmalig und echt. In das Unternehmen eingetreten ist
 sie im Jahr 1993.

Von Kathrin Zellweger

Auf allen Kanälen und zu jeder Minute
am Tag werden wir von Werbetexten und
-slogans umschmeichelt. Wie müssen
Marketing und Werbung sein, dass sie in
der undefinierbaren Sauce von News-
lettern, Prospekten, Werbeartikeln und
Gratisangeboten beachtet werden? Sa-
bine Köhler lächelt. «Nicht laut, schrill
und hipp wollen wir sein. Im Gegenteil.
Um herauszustechen, sind wir klein,
fein und qualitätsvoll. Was auch mit un-
serer Teamgrösse zu tun hat.» Wir, das
sind Sabine Köhler, Stephan Trauffer
und Lukas Menges. Köhler, von der Be-
triebswirtschaft her kommend, und
Trauffer, der Grafikdesigner, sind seit
2010 Inhaber der Firma WEMAKO in Er-
matingen, die 1974 gegründet wurde.
Ergänzt wird das Duo durch den Wirt-
schaftsinformatiker Menges.

Authentische Botschaften
Sich selbst preist die Werbe- und
Webagentur als Partner für Print und        Sabine Köhler ist Mitinhaberin der Werbe- und Webagentur WEMAKO in Ermatingen.
Digital an. Auf ihrer Webseite steht bei-                                                            Bilder: Kirsten Oertle / Foto Prisma
spielsweise der Satz «Wir schaffen
Identität». Klingt selbstbewusst. Daher     tätig, wüsste sie jetzt vielleicht keine       stimmen. Dann wirkt die Botschaft au-
ist die Frage erlaubt, ob nicht jeder Un-   Antwort. Stattdessen zupft sie ihr Ja-         thentisch und kommt an.» Wenn es ei-
ternehmer, jede Firma und jedes Pro-        ckett zurecht, streicht sich die Haare         nem Unternehmer samt seinem Betrieb
dukt an sich eine Identität hat, die sich   aus dem Gesicht und sagt: «Es geht um          in der Rolle der «grauen Maus» wohler
nicht schaffen, sondern bestenfalls po-     Authentizität. Jeder visuelle Auftritt         ist als in jener des Paradiesvogels, dann
lieren lässt? Die Frage überrascht Sabi-    enthält eine Botschaft. Diese Botschaft        darf das so bleiben. «Wir ermutigen die
ne Köhler. Wäre sie nicht schon ein Vier-   muss mit dem Unternehmen und seinen            ‹graue Maus› zwar zur Farbe, aber wir
teljahrhundert im PR- und Marketing         Werten sowie dem Produkt überein-              verknurren sie nicht dazu.»
Porträt   /16
Im Übrigen, ergänzt die Unternehmerin,           nem IKEA-Baukasten bieten will,              basteln, und im Netz problemlos ein
gebe es auch Auftraggeber mit einem              braucht ein Gespür für Menschen, be-         süffiger Werbespot abgekupfert werden
ausgesprochen üppig blühenden Ego,               gegnet sowohl dem Kunden wie dem             kann, ist das zwingend. In unmittelbarer
denen man wiederum zu etwas Zurück-              Zielpublikum mit Respekt. Die spezifi-       Zukunft mit der zunehmenden Digitali-
haltung rate. In beiden Fällen gilt: «Wir        sche Leistung des Unternehmens soll          sierung werden nur jene Agenturen
haben gute Argumente und eine Menge              im Vordergrund stehen. Alles andere er-      überleben, die mit Fachkompetenz
Erfahrung. Der Kunde aber hat das letz-          zeugt bloss Lärm, aber kein Echo.            überzeugen und Menschenkenntnisse
te Wort. Wir wissen einiges über den             In der Tat zeigt ein Blick in die über­      haben. Ja, Menschenkenntnis und Fin-
Markt, seine Regeln und dessen Teil-             bordende Werbungsmaschinerie, wie            gerspitzengefühl. Denn in der Werbung
nehmer. Hier sehen wir uns als Mitspie-          dümmlich und geringschätzig vieles           reicht es nicht aus, etwas sagen zu wol-
ler – aber nicht als Draufgänger mit             daherkommt. «Unser Business ist ein
                                                 ­                                            len; man muss auch etwas zu sagen ha-
Feindbildern.» Dann bündelt das kreati-         ­ausgesprochenes        People-Business.      ben. Daher sind auch nicht alle Kunden-
ve Team seine Energie und sein Fach-             Fruchtbare Kundenbeziehungen sind            wünsche umsetzbar und nicht alle
wissen, um Kundenwünsche wahr wer-               ein Prozess, der mit Intuition zu tun hat.   sinnvoll.
den zu lassen. Sabine Köhler ist ausser          Wir können und wollen nicht die Massen       Die meisten Neukunden melden sich
Mitinhaberin vor allem für die Beratun-          erreichen, sondern ein fassbares Ziel-       dank mündlicher Empfehlung. Aber
gen und die Texte zuständig. Trauffer            publikum. Das schafft man nur mit indi-      ohne aktive Akquisition gehe es doch
dagegen ist der Designer mit dem                 viduellen Lösungen.» Da kommen Sabi-         nicht. Wichtig und erfolgsversprechend
untrüg­lichen grafischen Blick, der so-          ne Köhler ihre früheren Erfahrungen          erscheint Sabine Köhler, dass alle drei
fort sieht, ob eine visuelle Umsetzung in        zugute, als sie auf der Seite ihres heuti-   des WEMAKO-Teams sich aktiv und in-
sich stimmt, ob Materialität, Schrift,           gen Zielpublikums tätig war. Bevor sie in    teressiert am Gesellschaftsleben betei-
Farben, Bildgrösse etc. einander ergän-          die Kommunikation wechselte, arbeite-        ligen, indem sie in unterschiedlichen
zen oder erdrücken.                              te sie nämlich in der Hotellerie, in einem   Gremien mitarbeiten, sich sozial enga-
                                                 Produktionsbetrieb und in der Luft-          gieren, um in der Öffentlichkeit wahrge-
Intuition ist wichtig                            fahrt.                                       nommen zu werden. Manchmal trage
Der Firmenname WEMAKO ist ein Akro-                                                           sie an einem Anlass zwei Hüte, jenen
nym aus WErbung, MArketing, KOmmu-              Klein und fein                                der Privatperson und jenen der Ge-
nikation. Kommunikation heisst in               Damit der Auftraggeber am Schluss das         schäftsfrau. Nicht dass sie jeden Apéro
­diesem Fall nicht ausschliesslich Kom-         Passende und Notwendige hat, muss             als Bühne für ein berufliches Schautur-
 munikation gegen aussen, also zum              ihm von Anfang an aufgezeigt werden,          nen betrachten würden. Aber das Ras-
 Markt hin. Zuerst ist es Kommunikation         wie viele Arbeitsschritte es braucht und      seln mit dem Werkzeug gehört nun mal
 mit dem Kunden. Denn wer kein Marke-           was das kostet. Nachdem schon heute           zum Handwerk. Vornehme Zurückhal-
 ting von der Stange und keine zusam-           rudimentäre Computerkenntnisse aus-           tung ist hier jedenfalls fehl am Platz. Da
 mengeschusterte Werbung wie aus ei-            reichen, um zu Hause einen Flyer zu           – zum Glück für WEMAKO, möchte man
                                                                                              sagen – Kommunikation weder ein für
                                                                                              alle Mal erfolgreich noch je abgeschlos-
                                                                                              sen ist, werden bestehende Kunden-
                                                                                              kontakte mit Bedacht gepflegt. Statt
                                                                                              mit teuren Firmenanlässen lieber mit
                                                                                              einem netten Anruf beim Kunden, dass
                                                                                              etwas noch nicht ganz erledigt sei oder
                                                                                              dass es eine zusätzliche Werbemöglich-
                                                                                              keit gebe. Klein und fein auch hier.

                                                                                              Eingespieltes Team
                                                                                              Die Werbe- und Webagentur vom Unter-
                                                                                              see arbeitet für alle, die ihre Dienste in
                                                                                              Anspruch nehmen wollen: vom Gross-
                                                                                              verteiler über Städte bis zur Schweizeri-
                                                                                              schen Post, für die sie Sonderbrief­
                                                                                              marken entwerfen konnten. Zwei
                                                                                              Ausnahmen gibt es: politische Mandate
                                                                                              und Krisenkommunikation. Gibt es wirk-
                                                                                              lich keinen Auftrag und keine Ansicht,
                                                                                              bei denen das Trio «Stopp, kommt nicht
                                                                                              in Frage» ruft? Nein, eine solche Situati-
                                                                                              on habe es noch nie gegeben. Aus Sabi-
Sabine Köhler im Gespräch mit Stephan Trauffer, Mitinhaber des Unternehmens.                  ne Köhlers Antwort ist herauszuhören,
Porträt   /17
dass sie froh ist, dass sie sich darüber
noch nie den Kopf zerbrechen mussten.
Vieles in diesem lichtdurchfluteten Ge-
meinschaftsbüro scheint vor allem zwi-
schen Köhler und Trauffer, aber auch
mit Menges, ohne viele Worte gut zu
funktionieren. Trotz ihrer Verschieden-
heit – Frau/Mann, älter/jünger, Deut-
sche/Schweizer – fühlt sich das Inha-
berduo demselben Stil verpflichtet:
reduziert, zurückhaltend im Ausdruck,
klar und authentisch in der Aussage.
«Das schafft Vielfalt, führt zu besseren
Lösungen; und dank gegenseitiger Kor-
rektur verrennen wir uns selten.» Ganz
ohne Grundsatzdiskussionen geht es           Zur Person
trotz allem nicht. Doch offenbar schafft     Sabine Köhler, 1962, wuchs in der Region Bodensee-Oberschwaben (D) auf. Nach
es das Trio, dass das Problem im Zen­        dem Studienabschluss als Diplom-Betriebswirtin BA und berufsbegleitender
trum bleibt und keine persönliche            Ausbildung zur Hotelkauffrau erweiterte sie ihr Wissen in den Bereichen Kommu-
­Animosität aufkommt und die Zusam-          nikation, Text und Web. 1989 nahm sie ihre erste Stelle als PR- und Marketing-­
 menarbeit belastet. Bei Meinungsver-        Assistentin an. Auch nach dem anderthalbjährigen Erziehungsurlaub – Köhler
 schiedenheiten lieber einen Schritt zu-     hat eine 27-jährige Tochter – blieb sie der Kommunikation treu und trat 1993 in
 rück machen, statt sich ineinander zu       die WEMAKO ein. Seit 2010 führen sie und Stephan Trauffer paritätisch die Wer-
 verbeissen. Stephan Trauffer schaut         be- und Webagentur, deren Inhaber sie auch sind. Sabine Köhler lebt in Konstanz.
 kurz hinter seinem Computer hervor:         Als ausgesprochener Sinnes- und Naturmensch liebt sie feines Essen, guten
 «Seit gut sieben Jahren funktioniert das    Wein und die Berge. In diesem Umfeld kann sie sich entspannen.
 bestens.»

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Aktuell   /18

Die Erhöhung des Rentenalters
rasch und fair in Angriff nehmen
Unsere Kammer präsentiert einen Vorschlag für ein einheitliches Rentenalter 66

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Thurgau fordert eine faire und schrittweise Erhöhung des
Rentenalters. Mit der Umsetzung ihres Step-by-step-Vorschlages würde im Jahr 2032 für Frauen
und Männer Gleichstand erreicht, und zwar mit einem einheitlichen Rentenalter von 66 Jahren. An
einer Medienkonferenz in Weinfelden wurde der Vorschlag vorgestellt.

Sie informierten über den Step-by-step-Vorschlag der IHK: Christian Neuweiler, Delio Schütz, Dr. med. Annemarie Fleisch Marx und Dominik Hasler.
                                                                                                                              Bild: Mario Gaccioli

Von Peter Maag                                    Babyboomer-Generation       verschärft.           Politik tue sich allerdings schwer damit.
                                                  Die Zahl der aktiven Erwerbstätigen               Die politische Akzeptanz für eine
«Mehr Menschen leben länger und be-               gegenüber den Pensionierten sinkt.
                                                  ­                                                 schrittweise und faire Rentenalterer-
ziehen länger Rente. Länger leben be-             Wegen dieser demografischen Entwick-              höhung sei gegeben. Die Massnahme
deutet auch länger arbeiten», sagte Do-           lung wird die Finanzierung der                    sei sachlogisch begründet. Das be-
minik Hasler, Vorstandsmitglied der IHK           Vorsorgewerke immer prekärer.                     nachbarte Ausland hat uns diesbezüg-
Thurgau, am 12. Dezember 2017 vor den             «Die Diskussion um das höhere Renten-             lich überholt. Fast überall in Europa er-
Medien in Weinfelden. Die Situation               alter ist unvermeidlich und muss jetzt            höht sich das Rentenalter auf über 65
wird durch die Pensionierungswelle der            geführt werden», betonte Hasler. Die              Jahre. Im eigenen Unternehmen stellt
Aktuell   /19
Hasler eine grosse Bereitschaft fest,
nach Erreichen des Rentenalters wei-
terzuarbeiten. Er kenne den Puls der
Mitarbeitenden», pflichtete IHK-Präsi-
dent Christian Neuweiler bei. «Die Be-
legschaft begreift, dass das Rentenal-
ter nicht bei 65 Jahren bleiben kann»,
fuhr er fort.

Ohne AHV-Ausbau
Neuweiler wies darauf hin, dass die IHK
Thurgau die Vorlage «Altersvorsorge
2020» bekämpft habe. In der Volksab-
stimmung vom 24. September 2017
wurden beide Vorlagen zur Reform der
«Altersvorsorge 2020» abgelehnt. Den
Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern lie-
ge eine gute Altersvorsorge jedoch am
Herzen. Eine neue Vorlage ohne               Dominik Hasler will die Diskussion ums       Annemarie Fleisch Marx erwartet, dass die
AHV-Ausbau und ohne Vermischung              ­Rentenalter jetzt führen.                   ­Lebenserwartung weiter steigt.
von erster und zweiter Säule würde
man deshalb unterstützen, so Neuwei-
ler.                                         lange arbeiten, beurteilt sie als Gebot      ist, zeigt auch die VOTO-Analyse zur Ab-
Die IHK Thurgau schlägt vor, das Ren-        der Fairness.                                stimmung über die Reform Altersvor-
tenalter ab 2021 für beide Geschlechter      «Aus Sicht der jungen Generation ist         sorge 2020: Die Hälfte aller Befragten
schrittweise zu erhöhen: bei den Frau-       Erhöhung des Rentenalters ganz klar zu       war der Auffassung, dass das Renten-
en um zwei Monate pro Jahr, und bei          unterstützen», erklärte Delio Schütz,        alter 67 unausweichlich ist. Die IHK-Ver-
den Männern um einen Monat pro Jahr.         Projektleiter bei der Letrona AG in Frilt-   treter stuften die gesellschaftliche Ak-
Auf diese Weise würde das Rentenalter        schen. Bisher sei bei Reformen der Be-       zeptanz ihres Vorschlages daher als
65 bei den Frauen im Jahr 2026 erreicht.     sitzstandesschutz der Rentner und der        hoch ein. Sie forderten die Politikerin-
2032 würde das Rentenalter von Mann          rentennahen Jahrgänge sehr hoch ge-          nen und Politiker auf, das Unvermeidli-
und Frau einheitlich 66 Jahre betragen.      wichtet worden. Man habe damit eine          che nicht in die Zukunft zu verschieben,
Zugunsten der Erwerbstätigen, die früh       Schlechterstellung der zukünftigen           sondern rechtzeitig in der Gegenwart
ins Erwerbsleben eingestiegen sind und       ­Generationen in Kauf genommen. Für          anzupacken. «Rentenalter 66 sollte in
ununterbrochen Beiträge geleistet ha-         die Zukunft forderte er nachhaltige und     die nächste Reform der Altersvorsorge
ben, könnte die Zahl der Beitragsjahre        generationenfaire Lösungen.                 einfliessen», formulierte Neuweiler sei-
auf ein faires Mass beschränkt werden.                                                    ne Erwartungen an die Politik.
Trotz der vorgeschlagenen massvollen         Arbeitsmarkt als Hürde?
Rentenaltererhöhung wird eine Zusatz-        Es trifft gemäss Hasler und Neuweiler
finanzierung nötig sein, um die Alters-      zu, dass es für Menschen über 50 Jah-          Entwicklung des Rentenalters
vorsorge zu sichern. Die Umsetzung des       ren nach einer Entlassung schwieriger          gemäss IHK-Vorschlag
IHK-Vorschlages würde aber den Be-           ist als für junge Arbeitssuchende, eine
darf an Mehrwertsteuer für die AHV auf       neue Stelle zu finden. Arbeitnehmende          Jahr       Mann             Frau
ein für Bürger und Wirtschaft verkraft-      über 50 Jahre seien jedoch grundsätz-                     Jahre/Mte.       Jahre/Mte.
bares Mass beschränken.                      lich gut in den Schweizer Arbeitsmarkt         2020       65               64
                                             integriert. Ihre Arbeitslosenquote ist         2021       65/1             64/2
Länger leistungsfähig                        tiefer als jene anderer Alterskategorien.      2022       65/2             64/4
Dr. med. Annemarie Fleisch Marx,             In Zukunft werde sich die Situation wei-       2023       65/3             64/6
IHK-Vorstandsmitglied, erwartet, dass        ter verbessern. «Denn die Unternehmen          2024       65/4             64/8
die Lebenserwartung aufgrund des me-         sehen sich wegen der alternden Gesell-         2025       65/5             64/10
dizinischen Fortschrittes noch weiter        schaft mit einem sinkenden Arbeits-            2026       65/6             65/0
ansteigt. Im täglichen Kontakt mit Pati-     kräftepotenzial konfrontiert», konsta-         2027       65/7             65/2
enten stellt sie fest, dass die Menschen     tierte Neuweiler. Die Beschäftigung            2028       65/8             65/4
beim Eintritt ins Rentenalter biologisch     über das heutige Rentenalter hinaus            2029       65/9             65/6
deutlich jünger sind als früher. Sie seien   werde deshalb immer stärker zum The-           2030       65/10            65/8
in der Regel auch nicht erschöpft, son-      ma.                                            2031       65/11            65/10
dern voller Energie und Pläne. Dass          Dass sich die Bevölkerung der demo-            2032       66               66
Frauen und Männer in Zukunft gleich          grafischen Herausforderung bewusst
Aktuell    /20

Einblick in die Robotik, Sensorik
und die künstliche Intelligenz
18. Thurgauer Technologietag am 23. März 2018 bei der Unima AG in Matzingen

Computer, die Aufgaben selbstständig lösen, Sensoren, die ihre Umgebung erfassen, und Roboter,
die Arbeiten autonom ausführen – die Entwicklung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz,
­Sensorik und Robotik verläuft rasant. Der 18. Thurgauer Technologietag vom 23. März 2018 gibt
 Einblicke in diese neuen Technologien.

                                                                                                Hochschulen vor Ort
                                                                                                Der Thurgauer Technologietag stellt neue
                                                                                                Entwicklungen aus der Forschung in den
                                                                                                Gebieten Künstliche Intelligenz, Senso-
                                                                                                rik und Robotik vor und zeigt Beispiele,
                                                                                                wie Unternehmen davon profitieren kön-
                                                                                                nen. In zehn Referaten werden Vertreter
                                                                                                aus der Wissenschaft und der Wirtschaft
                                                                                                über Innovationen berichten. Die The-
                                                                                                menpalette reicht von Robotik und
                                                                                                ­Sensorik in der Landwirtschaft über die
                                                                                                 Vermeidung von Störungen durch vor-
                                                                                                 ausschauende Wartung, bis zum Einsatz
                                                                                                 von Robotern in der Pflege von Personen
                                                                                                 mit Demenz.
                                                                                                 Fester Bestandteil des Technologietages
                                                                                                 ist die Ausstellungsmesse, in der zahlrei-
                                                                                                 che Hochschulen, Institute, Forschungs-
                                                                                                 einrichtungen, Netzwerke und Unter-
                                                                                                 nehmen mit einem Stand vertreten sind.
Am Technologietag sind verschiedene Hochschulen, Institute und Unternehmen mit einem Stand       Zwischen den Referatsblöcken können
vertreten.                                                               Bild: Martin Sinzig    sich die Teilnehmenden mit den Wissen-
                                                                                                 schaftlern und Unternehmern in der
                                                                                                 Messehalle austauschen.
«Roboter verlassen die Produktionshal-         zen. Grundlage dafür sind Programmie-
len» lautet der Titel eines der Referate,      rungen, die Computer selbstständig               Betriebsbesichtigung
die am nächsten Thurgauer Technologie-         Herausforderungen lösen lassen und
                                               ­                                                Der Technologietag 2018 findet bei der
tag zu hören sind. Tatsächlich drängen         Sensoren, die die Roboter auf die Umwelt         Unima AG in Matzingen statt. Im Rahmen
Roboter vermehrt in den Alltag. Zu den-        reagieren lassen.                                der Tagung besteht die Möglichkeit, die-
ken ist dabei nicht nur an autonome            «Künstliche Intelligenz, Sensorik, Robo-         ses Unternehmen zu besichtigen, das
Fahrzeuge, sondern auch an den längst          tik», lautet darum das Schwerpunktthe-           auf die Blechverarbeitung spezialisiert
bekannten Haushaltsstaubsauger oder            ma des 18. Thurgauer Technologietages,           ist und unter anderem Einrichtungssys-
den Melkroboter. Inzwischen wird auch          der am 23. März 2018 in den Räumen der           teme entwickelt und herstellt. Weitere
geforscht an Robotern in der Pflege oder       Firma Unima AG in Matzingen durchge-             Informationen und Anmeldung unter
an Robotern, die Ackerkulturen anpflan-        führt wird.                                      www.technologietag.ch
Politik   /21

Initiative will viel Bürokratie
und weltweit strengste Haftung
Die Konzernverantwortungsinitiative würde den Wirtschaftsstandort nachhaltig beschädigen

Die Schweizer Wirtschaft steckt in einem ständigen Abwehrkampf. Mit der Konzernverantwor-
tungsinitiative kündigt sich eine weitere Auseinandersetzung an. Schweizer Firmen sollen künftig
global für Umweltschäden und die Verletzung von Menschenrechten haften, die durch sie selber
verursacht werden oder durch Unternehmen, die mit ihnen verbunden sind.

Von Peter Maag                             Firmen kontrollierten Unternehmen             setzen, unabhängig von der Rechtslage
                                           weltweit, inklusive abhängiger Liefe-         vor Ort. Die Initiative führt zu einem
In der Bundesverfassung genügen 500        ranten, und für sämtliche Geschäftsbe-        problematischen Vorrang von Schwei-
Zeichen, um den Zweck der Schweizeri-      ziehungen. Die Pflicht würde sich auf         zer Recht und stellt unerfüllbare
schen Eidgenossenschaft zu umschrei-       die gesamte Lieferkette erstrecken.           Erwartungen an die internationale
                                                                                         ­
ben. Die Volksinitiative «Für verantwor-   Über diese Prüfungen müssten die Un-          Rechtshilfe.
tungsvolle Unternehmen – zum Schutz        ternehmen ausführlich Bericht erstat-         Die drohende Rechtsun­   sicherheit, die
von Mensch und Umwelt» will in einem       ten. Man stelle sich die Papierberge vor,     Beweisumkehr, die Rundumhaftung,
rund fünfmal so langen Text die globale    die aus einer solchen Vorschrift entste-      der Bürokratieschub und die Mehrkos-
Verantwortung der Schweizer Unter-         hen würden. Gleichzeitig will die Initiati-   ten dürften einige Firmen zum Wegzug
nehmen im nationalen Grundgesetz           ve das weltweit strengste Haftungsre-         bewegen – die USA bieten sich nach der
verankern. Die Initiative wird von einem   gime.                                         Steuerreform g­ eradezu als neue Hei-
Verein getragen, der aus Hilfswerken,                                                    mat an.
Frauen-, Menschenrechts- und Um-           Automatische Haftung
weltorganisationen sowie kirchlichen       Demnach haften die Unternehmen au-            Kommt ein Gegenvorschlag?
und gewerkschaftlichen Vereinigungen       tomatisch und ohne Verschulden für            Der Bundesrat lehnt die Initiative zur
besteht. Die sogenannte Konzernver-        Schäden wegen der Verletzung von Um-          Unternehmensverantwortung ohne Ge-
antwortungsinitiative gilt dabei nicht     welt- und Menschenrechtsstandards.            genvorschlag ab. Die Rechtskommissi-
nur für Konzerne, sondern für sämtli-      Die Haftung würde sich auch auf Liefe-        on des Ständerates hat sich für die
che Unternehmen. Das Wort «Konzern»        ranten erstrecken, die wirtschaftlich         Ausarbeitung eines indirekten Gegen-
kommt im Initiativtext nicht vor.          abhängig sind. Dabei gilt eine Umkehr         vorschlages auf Gesetzesstufe ausge-
Das Strickmuster ist stets das Gleiche.    der Beweislast: Verletzt ein Unterneh-        sprochen. Dabei wollte sie die neuen
Das Grundanliegen tönt auf den ersten      men oder ein abhängiger Lieferant die         Regeln auf grössere Firmen beschrän-
Blick sympathisch. Kann man dagegen        Menschenrechte oder Umweltstan-               ken, die Lieferanten ausklammern und
sein, dass sich Schweizer Firmen, ihre     dards, soll das Unternehmen für den           auf neue Haftungsregeln weitgehend
Ableger und Lieferanten weltweit in        Schaden aufkommen, sofern es nicht            verzichten. Die Rechtskommission des
Sachen Umwelt und Menschenrechte
­                                          beweisen kann, dass es alle gebotenen         Nationalrates hat den ständerätlichen
vorbildlich verhalten? Wer sich näher      Sorgfaltsmassnahmen getroffen hat.            Vorschlag mit 14 zu 11 Stimmen ver-
mit der Initiative auseinandersetzt,       Da viele Länder nur über schlecht funk-       worfen. Das Dossier geht nun zurück an
wird rasch erkennen, dass sie realitäts-   tionierende Rechtssysteme verfügen,           die Rechtskommission des Ständera-
fremd, unsinnig und letztlich auch un-     müssten Schweizer Richter über Vor-           tes. Falls es zu keinem Gegenvorschlag
durchführbar ist.                          gänge im Ausland entscheiden. Sie             und zu keinem Rückzug der Initiative
Die Initiative fordert einerseits Sorg-    müssten bei ausländischen Tochterge-          kommt, zeichnet sich schon jetzt ein
faltsprüfungen in Sachen Umwelt und        sellschaften oder abhängigen Lieferan-        sehr emotionaler Abstimmungskampf
Menschenrechte für alle von Schweizer      ten weltweit Schweizer Recht durch-           ab.
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