SELTENE KLEINSÄUGER in Oberösterreich - Land Oberösterreich
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INHALTSVERZEICHNIS Seltene Kleinsäugerarten 2 Lebensweise 4 Lebensräume 6 Steckbriefe mit Gefährdungsursachen und Schutztipps - Haselmaus 8 - Baumschläfer 10 - Schneemaus 11 - Birkenmaus 12 - Zwergmaus 14 - Wasserspitzmaus 16 - Feldspitzmaus 18 Weitere Kleinsäugerarten 19 Erhalt und Schutz: Was jeder tun kann 21 Weiterführende Information 24 Rechtliches 25
Mit dem Begriff „Kleinsäuger“ werden Viele Kleinsäugerarten sind aber durch alle kleinen Nagetiere, Spitzmäuse und die ausgeprägten Veränderungen, de- Igel zusammengefasst, die höchstens ein nen unsere Landschaft seit vielen Jahr- Kilogramm wiegen. Große Bekanntheit zehnten unterworfen ist, stark gefährdet genießen das Eichhörnchen, die beiden oder sogar vom Aussterben bedroht. Die Igelarten sowie der Maulwurf. Strukturverarmung im landwirtschaft- lichen Bereich, die Teilung der Landschaft Weltweit gibt es „nur“ 2800 Kleinsäuger- durch Infrastrukturkorridore sowie der arten, lediglich 30 davon leben in Ober- Verlust ihrer Lebensräume setzen den österreich. Bis auf das Eichhörnchen sind kleinen Nagern zu. sie überwiegend nachtaktiv und nur mit größerem Aufwand nachzuweisen, wes- Die vorliegende Broschüre gibt Ihnen ei- halb selbst die Fachwelt kaum über ihre nen Überblick über diese seltenen und Verbreitung Bescheid weiß. gefährdeten Arten, deren Lebensweise sowie die Gefährdungsursachen. Sie soll Sicher ist, dass es Arten gibt, die oft in einen Beitrag dazu leisten, die Lebensräu- großer Zahl auftreten können und dann im me dieser Tiere zu erhalten und zu entwi- Stande sind, Schäden an landwirtschaft- ckeln, um die Rückgänge aufzuhalten. lichen Kulturen und in Gärten anzurichten. Landeshauptmann Landeshauptmann-Stellvertreter Leiter der Abteilung Naturschutz Mag. Thomas Stelzer Dr. Manfred Haimbuchner Ing. Gerald Neubacher 1
SELTENE KLEINSÄUGERARTEN Kleinsäuger sind kleine, nicht fliegende WICHTIG FÜR DAS ÖKOSYSTEM Säugetiere mit einem Höchstgewicht von rund ein einem Kilogramm. Ihre Vertreter Mit 41 Arten in Österreich und 2.800 Arten stammen aus den Ordnungen der Nage- weltweit nehmen Kleinsäuger einen we- tiere, Spitzmausartigen und Igelartigen. sentlichen Platz im Ökosystem ein. Sie sind nicht nur eine wichtige Nah- In Oberösterreich kommen 30 Kleinsäuger- rungsgrundlage für größere Beutegreifer, arten vor, die rund 40 % der heimischen sondern auch selbst Jäger von Insekten Säugetierfauna abbilden. Zu ihnen zäh- und anderen wirbellosen Tieren. len Echte Mäuse, Springmäuse, Wühler, Bilche, Hörnchen, Spitzmäuse, Maulwürfe und Igel. Echte Mäuse Springmäuse Nagetiere Wühler (Rodentia) Bilche KLEINSÄUGER Hörnchen Spitzmäuse Spitzmausartige (Soricomorpha) Maulwürfe Igelartige Igel (Erinaceomorpha) Systematische Gliederung Kleinsäuger 2
Als Halmkletterer vermeidet die Zwergmaus bodennahe Fressfeinde und Konkurrenz, ihre Lebensräume sind heute jedoch selten geworden. Mit dem Sammeln von Samen, dem Auf- SPEZIALISTEN BESTIMMTER lockern des Bodens und dem Einbringen BIOTOPTYPEN von Nährstoffen fördern die Kleinsäuger das Pflanzenwachstum, mit ihren Gängen Viele der in dieser Broschüre vorge- werden die Zersetzungs- und Bodenbil- stellten seltenen Arten sind Spezialisten dungsprozesse durch Mikroorganismen bestimmter Biotoptypen mit vergleichs- begünstigt. weise geringer Anpassungsfähigkeit. Der Lebensraumverlust, direkt oder in Folge der Klimaveränderung, bringt sie zuneh- mend in Bedrängnis. Die Birkenmaus, die MIT STRATEGIE ZUM ERFOLG Haselmaus und der Baumschläfer sowie alle Spitzmäuse sind daher nach der oö. Kleinsäuger nutzen unterschiedliche Artenschutzverortung geschützt. Strategien, um mit der Vielzahl an Feinden oder widrigen Umweltbedingungen umzu- Die Vielfalt dieser kleinen und oft sehr gehen. So können Feldmäuse zum Beispiel versteckt lebenden Säugetiere zu erhal- Verluste durch hohe Vermehrungsraten ten, sollte uns nicht zuletzt aufgrund ihrer ausgleichen, während Waldmäuse bei der unverzichtbaren Rolle im Ökosystem, ein Auswahl ihres Habitats flexibel bleiben. besonderes Anliegen sein. 3
LEBENSWEISE VIELFÄLTIGE LEISTUNGEN Kleinsäuger sind mit ihrem Körperbau her- Die Zahnform gibt Hinweise auf vorragend an ihren Lebensräumen ange- die bevorzugte Nahrung: passt. Zwergmäuse können z.B. mühelos Mit ihren spitzen Zähnen knackt die auf Grashalmen klettern und Wasserspitz- Wasserspitzmaus mühelos Insekten- mäuse sind in der Lage selbst in Gebirgs- panzer. Die flachen Kauflächen der Rötel- bächen erfolgreich nach Beutetieren zu mauszähne eignen sich für zähe Wurzeln tauchen. und andere Pflanzenteile. Sie verfügen zudem über hervorragende Sinnesleistungen. So erriechen sie mit ihrem Geruchssinn Informationen über Wasserspitzmaus Geschlecht, Sozial-, Fortpflanzungs- und Gesundheitszustand ihrer Artgenossen. Zur Orientierung stoßen Spitzmäuse Ultra- schalllaute aus und erstellen aus der Ver- ortung ein Raumbild. VIELFÄLTIGE ERNÄHRUNG Kleinsäuger ernähren sich vielseitig und Rötelmaus anpassungsfähig. Es können zwei Grup- pen unterschieden werden: Spitzmäuse, Maulwürfe und Igel fressen vorwiegend tierische Kost wie Regenwürmer, Insekten und Spinnen. Nagetiere wie die Waldmaus, verzehren zwar ebenfalls Insekten, bevorzugen je- doch pflanzliche Kost wie Samen, Stängel und Beeren. 4
POPULATIONSDICHTEN pulationsdichten stark ansteigen lassen IM JAHRESVERLAUF und zu einem sogenannten „Mäusejahr“ führen. Diese geschieht besonders in aus- Trotz verschiedener Strategien, wie dem geräumten Kulturlandschaften, wo Beute- Anlegen von Vorräten oder dem Winter- greifer selten sind. schlaf ist die Sterblichkeit von Kleinsäu- gern im Winter besonders hoch. Im Früh- jahr erreichen die Populationsdichten ihren Tiefstand. Erst mit der Geburt der Seltene Kleinsäugerarten haben Jungtiere im Sommer steigen die Indivi- häufig eine geringe Vermehrungs- duenzahlen wieder an und im Herbst sind rate. So bringt der Baumschläfer die Dichten am Höchsten. nur einmal im Jahr 3 – 5 Junge zur Ein milder Winter nach einem „Mastjahr“ Welt und die Geschlechtsreife tritt mit vielen Baumsamen kann durch das erst im zweiten Lebensjahr ein. reichhaltige Nahrungsangebot die Po- Das Massenauftreten von Feldmäusen ist meist die Folge milder Winter und tritt vor allem in ausgeräumten Kulturlandschaften auf, wo Beutegreifer selten sind. 5
LEBENSRÄUME WALD seltene Arten wie Haselmaus, Sumpf- spitzmaus und Baumschläfer sind Bruch- Einige Kleinsäuger wie der Siebenschlä- und Auwälder sehr wichtig. Nur wenig fer, die Gelbhalsmaus oder die Zwerg- forstwirtschaftlich genutzt, bieten diese spitzmaus benötigen artenreiche Laub- Feuchtbiotope eine hohe Strukturviel- und Mischwälder mit verschiedenen falt: u.a. entwurzelte Bäume und Totholz Sträuchern. Nagetiere finden hier das mit Baumhöhlen, natürliche Lichtungen ganze Jahr lang ausreichend Nahrung: Im mit Hochgras und Sträuchern sowie ein Frühjahr Knospen, Blüten und junge Blät- mehrstufig aufgebautes Kronendach. ter, im Sommer und Herbst Beeren und Nüsse. Igel und Spitzmäuse haben im Tot- holz, Moos und Laub ein abwechslungs- GEWÄSSER reiches Nahrungsangebot an Insekten, Spinnen und anderen Beutetieren. Bisam und Wasserspitzmaus haben sich auf ein Leben am Wasser spezialisiert. Eine besondere Bedeutung besitzen Sie bewohnen stehende und fließende Lichtungen, Waldränder und Waldbäche: Gewässer mit guten Möglichkeiten zur Ohne Kronendach reicht das Licht bis zum Deckung und hoher Nahrungsverfügbar- Boden und ermöglicht das Wachstum von keit. Die Wasserspitzmaus ist bei ihrer Gräsern, Kräutern und Sträuchern. Für Habitatwahl besonders anspruchsvoll: 6
Sie benötigt strukturreiche Ufer und ein SIEDLUNGSRAUM Bachbett mit Treibholz, großen Steinen und Felsen. Naturnahe Gärten, Hecken und Parkland- schaften bieten vielen Kleinsäugern wie dem Igel, der Rötelmaus und dem Maul- GRÜNLAND wurf einen geeigneten Lebensraum. Bei guten Möglichkeiten zur Deckung und Nur wenige Kleinsäuger wie die Feldmaus hohem Nahrungsangebot können sogar und die Schermaus sind in der Lage Mäh- Spitzmäuse angetroffen werden. wiesen und Ackerflächen zu besiedeln. Anpassungsfähige Arten wie die Wan- Die Mehrheit, darunter seltene Arten wie derratte und Waldmaus sind zudem in der die Zwergmaus und die Birkenmaus be- Lage größere Städte erfolgreich zu besie- vorzugen Feuchtwiesen mit Hochgräsern, deln. brachliegende oder einmähdige Wiesen, die eine hohe Anzahl an Pflanzenarten und Insekten aufweisen. Ein dichter Grasfilz, Moose und Zwergsträucher sowie verein- zelte Sträucher und Bäume bieten Schutz und erhöhen das Nahrungsangebot. 7
HASELMAUS (Muscardinus avellanarius) Familie: Bilche Größe: 85 mm Gewicht: 20 g Alter: 2 – 3 Jahre MERKMALE - orangebraunes Fell - große Augen und Ohren - dicht behaarter, körper- langer Schwanz Die Haselmaus lebt bevorzugt in stufig kugelförmiger Nester bekannt. Hier bringt aufgebauten, aufgelichteten Mischwäl- die Haselmaus ihre Jungen zur Welt, ruht dern und auf strauchreichen Flächen. Eine am Tag und überwintert von September unterwuchsreiche Kraut- und Strauch- bis April. Sie ernährt sich überwiegend schicht und ein hohes Nahrungsangebot pflanzlich mit saisonaler Variation und in sind für ihr Vorkommen entscheidend. Abhängigkeit vom Angebot ihres Lebens- Der nachtaktive Bilch ist für den Bau raums. Ihr Name weist auf eine ihrer bevor- zugten Nahrungs- quellen hin: Die Haselnuss. Kreis- runde Löcher mit Bissspuren parallel zum Lochrand verraten, dass eine Haselmaus an der Nuss gefressen hat. 8
...gefährdet durch DURCHTRENNUNG VON LEBENSRÄUMEN Die Haselmaus kann sich ausschließ- lich entlang von Sträuchern und Bäumen SCHUTZTIPP fortbewegen. Landschaftsverändernde Eingriffe führen daher vielerorts zu einer Für den Erhalt einer stabilen Popula- Teilung ihrer Lebensräume. Selbst klei- tion benötigt die Haselmaus rund ne Flächenverluste wie der Bau einer 20 ha Lebensraum. Setzt sich dieser Straße können Populationen reproduktiv aus mehreren Teillebensräumen zu- voneinander trennen, was zu genetischer Verarmung führt. Natürliche Populati- sammen, sind verbindende Hecken onsschwankungen und Verluste durch und artenreiche Waldränder ent- Umwelteinflüsse wie z.B. Hochwasser scheidend. Nur so kann eine Zu- und können durch Zuwanderung nicht mehr ausgeglichen werden – ein Aussterben Abwanderung ermöglicht und der der Haselmaus in diesem Teillebensraum dauerhafte Erhalt gesichert werden. kann die Folge sein. Hier geht es für die Haselmaus nicht weiter – Straßen führen häufig zur Verinselung ihrer Lebensräume. 9
BAUMSCHLÄFER (Dryomys nitedula) Familie: Bilche Größe: 95 mm Gewicht: 25 g Alter: 2 – 3 Jahre MERKMALE - grauer Rücken, weißer Bauch - schwarzer Streifen um die Augen bis zu den Ohren - leicht buschiger, körperlanger Schwanz Der nachtaktive Baumschläfer hält sich Ernährung wesentlich höher ist. Der ort- bevorzugt in den Bäumen und Sträuchern streue Bilch bewohnt selbstgebaute, frei- feucht-schattiger Mischwälder auf. Im stehende Nester, Höhlen und verlassene Gegensatz zur Haselmaus ist er in der Vogelnester. Den Winterschlaf verbringt Lage Standorte mit geringerem pflanz- er von Oktober bis April in frostfreien Ver- lichem Nahrungsangebot erfolgreich zu stecken unter der Erde. besiedeln, da der tierische Anteil in seiner GEFÄHRDUNG Der Baumschläfer zählt heute neben der Birkenmaus zu den seltensten Kleinsäugerarten Oberösterreichs. Im Rahmen einer Erhebung der Bilchvor- kommen im Auftrag der Naturschutz- abteilung konnte er nicht mehr nach- gewiesen werden, die letzten Vor- kommen wurden im Salzkammergut (Ebensee) im Jahr 2001 dokumentiert. 10
SCHNEEMAUS (Chionomys nivalis) Familie: Hamster- und Wühlmausartige Größe: 100 mm Gewicht: 35 g Alter: 2 – 3 Jahre MERKMALE - sehr lange Tasthaare als Anpassung an Spaltenlebensräume - dichtes graubraunes Fell - kleine Augen und Ohren Die Schneemaus ist ein Spaltenbewoh- unter dem Schnee. Dementsprechend ner unserer Gebirge und kann auf Block- bedeutsam ist ihr unterirdischer Bau, wel- feldern, Geröllhalden und Felsfluren an- cher sommerkühl und winterwarm gestal- getroffen werden. Dort bewegt sie sich tet wird. Sie ist ein reiner Pflanzenfresser geschickt durch Klüfte und Spalten – die und ernährt sich unter anderem von Kräu- langen Tasthaare und die großen Sohlen- tern, Moosen und Zwergsträuchern. Zu ih- schwielen ermöglichen ihr ein sicheres ren größten Fressfeinden zählen Hermelin Fortkommen. Schneemäuse sind beson- und Mauswiesel. ders bei warmen Wetter aktiv und verlas- sen auch tagsüber ihre Baue. Drei Viertel des Jahres verbringt die Schneemaus SCHUTZTIPP Falls sie beim Wandern einer Schneemaus begegnen, fotogra- fieren Sie das Tier und melden Sie bitte ihren Fund. So können sie dabei helfen, mehr über ihre Verbreitung zu erfahren. 11
BIRKENMAUS (Sicista betulina) Familie: Springmäuse Größe: 60 mm Gewicht: 10 g Alter: 2 – 3 Jahre MERKMALE - gelbgraues Fell - schwarzer Strich - sehr langer Schwanz Die Birkenmaus klettert mit Hilfe ihres lan- struktur. Im Herbst verlässt sie das Offen- gen Schwanzes geschickt auf Grashalmen land und sucht für den Winterschlaf den und Zwergsträuchern umher. Hier frisst Schutz bewaldeter Lebensräume. Dieser sie Früchte, Samen, Beeren und erbeutet dauert von Oktober bis April wodurch die Insekten. Ihre bevorzugten Lebensräume Birkenmaus nur rund die Hälfte des Jah- sind feuchte Standorte wie Feuchtwiesen res aktiv ist. und Moore mit mosaikartiger Vegetations- GEFÄHRDUNG Die Birkenmaus ist heute eine der seltensten Säugetierarten Öster- reichs. Umso bedeutender sind die wenigen bekannten Vorkommen im Mühlviertel. Sie sind Teil eines Verbreitungsgebietes, das sich entlang der österreichisch-deutsch- tschechischen Grenzzone erstreckt. 12
...gefährdet durch KLIMAWANDEL Der Klimawandel bringt positive und ne- und der Veränderung der Baumarten- gative Veränderungen für Kleinsäuger. zusammensetzung in den Wäldern der Wärmere Winter mit kürzerer Schneebe- Tieflagen profitieren. deckung sind eine neue Herausforderung für winterschlafende Arten wie Hasel- maus, Baumschläfer oder Birkenmaus, SCHUTZTIPP die auf das stabile Mikroklima unter der schützenden Schneeschicht angewiesen Die Gefährdungssituation der Birken- sind. Häufige Wachphasen zehren an ih- maus wird durch den Verlust von ren Fettreserven, was bei zu geringem Feuchtbiotopen verschärft – auf vor- Nahrungsangebot und erneutem Kälte- handene Vorkommen ist daher be- einbruch tödliche Folgen haben kann. sonders zu achten. Helfen Sie mit, Ohne schützende Schneedecke kann das mehr über die Verbreitung dieses Nest leichter von Fuchs und Marder auf- gespürt und ausgegraben werden. Kleinsäugers zu erfahren und mel- den Sie uns, wenn Sie eine Maus mit Andere Kleinsäugerarten werden hinge- schwarzem Rückenstrich entdecken! gen von längeren Vegetationsperioden Wenn Feuchtflächen austrocknen, verliert die Birkenmaus ihren Lebensraum. 13
ZWERGMAUS (Micromys minutus) Familie: Echte Mäuse Größe: 65 mm Gewicht: 8 g Alter: 1 Jahr MERKMALE - gelblich brauner Rücken und weißer Bauch - graziler Körperbau mit langem Schwanz - auffallend kleine Maus Als Halmkletterer bewohnt die Zwerg- Ihre spezielle Lebensweise und morpho- maus Hochgrasflure mit Schilf, Rohrglanz- logische Anpassungen von Schwanz und gras und Seggen in Aulandschaften oder Zehen ermöglichen es ihr, den „Halm- entlang von Gewässern. wald“ als eigene ökologische Nische mit nur wenig Konkurrenz und potenziellen Feinden zu erschließen. Im Sommer baut die Zwergmaus runde Nester im Hoch- gras in einer Höhe von 20 – 50 cm über dem Boden. Im Winter werden die Schlaf- plätze aufgrund der fehlenden Vegetati- onsstrukturen in Bodennähe verlegt, wo die Zwergmaus eine mehrmals unterbro- chene Winterruhe hält. Ihr Nahrungsspektrum besteht aus ver- schiedenen Samen, grünen Pflanzenteilen und wirbellosen Tieren. 14
...gefährdet durch SCHWINDENDER LEBENSRAUM Da die Lebensräume der Zwergmaus sen als Lebens- und Fortpflanzungsstätten mit zunehmender Intensivierung der sowie als Wanderkorridore benötigt. landwirtschaftlichen Nutzung und der damit verbundenen Trockenlegung von Feuchtgebieten stetig abnahmen, ist die ursprünglich weit verbreitete Art in SCHUTZTIPP den letzten Jahrzehnten selten gewor- Das Belassen von Hochstauden- den. Maßnahmen zur Ertragssteigerung streifen entlang von Gräben und führten zudem vielerorts zum Verlust der Strukturvielfalt. Immer seltener bleibt Bächen bei der Mahd ist ein Platz für natürliche Hochstaudensäume wertvoller Beitrag für den Schutz entlang von Bächen und Gräben oder der Zwergmaus und anderer kleiner für brachliegende Flächen. Genau diese Säugetiere. Strukturen werden jedoch von Zwergmäu- In dieser Landschaft finden seltene Kleinsäuger keinen Lebensraum mehr. 15
WASSERSPITZMAUS (Neomys fodiens) Familie: Spitzmäuse Größe: 75 mm Gewicht: 15 g Alter: 1 – 2 Jahre MERKMALE - schwarzer Rücken, weißer Bauch - Borstensäume an Schwanz und Hinter- füßen - spitze Schnauze, kleine Augen und Ohren - größte Spitzmaus in Europa Die tag- und nachtaktive Spitzmaus ist mit Borstensäumen an Schwanz und Hinter- füßen und einem wasserabweisenden Fell (schützender Luftfilm durch elektrosta- tische Ladung) an das Tauchen im Wasser angepasst. Sie bevorzugt die Ufer von schnellflie- ßenden, sauerstoffreichen Bächen und kleinen Flüssen, welche auch flache und ruhige Abschnitte aufweisen. Wenn sie nicht an Land nach wirbellosen Tieren in der Bodenstreu stöbert, ernährt sie sich meist von Schnecken, kleinen Krebsen und Fischen. Dabei ist sie so erfolgreich, dass sie bis heute in einigen Regionen auf der Liste der „Fischfeinde“ zu finden ist. Das Erlegen größerer Nah- rungstiere gelingt ihr durch den Einsatz eines lähmenden Giftes – für Menschen ist dieses aber ungefährlich. 16
...gefährdet durch STRUKTURARME BÄCHE Bachverbauungen, Begradigungen und zu wenig Restwasser nach Ausleitungen ver- SCHUTZTIPP ringern die Dynamik unserer Fließgewäs- Bereits ein Meter breite, nicht ge- ser. Ohne Erosion und Materialtransport (Bsp. Geröll, Treibholz) fehlt ein struktur- mähte Streifen mit Hochgräsern und reiches Ufer und Bachbett als möglicher Kräutern entlang von Gräben und Lebensraum der Wasserspitzmaus. Bächen stellen wertvolle Lebens- räume für die Wasserspitzmaus und Schadstoffe wie Dünger und Pestizide Zwergmaus dar. gelangen ins Wasser und gefährden wichtige Nahrungstiere wie den Bach- flohkrebs, Eintags-, Steinfliegen- und Libellenlarven. Der Biber bringt Strukturvielfalt in unsere Bäche und vergrößert damit auch den Lebensraum für am Wasser lebende Kleinsäugerarten. 17
FELDSPITZMAUS (Crocidura leucodon) Familie: Spitzmäuse Größe: 70 mm Gewicht: 10 g Alter: 1 Jahr MERKMALE - graubrauner Rücken weißer Bauch - weiße Zahnspitzen - abstehende Wimpern- haare am Schwanz - spitze Schnauze und kleine Augen Die Feldspitzmaus bewohnt trockene, sen können zur Fortpflanzungszeit „Spitz- warme und nicht bewaldete Lebensräume mauskarawanen“ beobachtet werden, in wie Feldraine, magere Wiesen aber auch denen das Muttertier ihren Nachwuchs Feldhecken und Gärten. Im Winter ist sie in einer Reihe anführt und so für eine si- auch in besiedelten Gebieten zu finden, chere Fortbewegung sorgt. Besonders wo sie in Gebäude eindringt. Wie bei den für Greifvögel stellen Feldspitzmäuse eine anderen heimischen Weißzahnspitzmäu- wichtige Nahrungsgrundlange dar. SCHUTZTIPP Lebensraumverlust und die Ver- schlechterung des Nahrungsange- bots durch Insektizide gefährden Feldspitzmäuse. In einem kleinsäu- gerfreundlich gestalteten Garten mit Hecken, Ast- und Laubhaufen können Sie den Tieren Platz und Nahrung bieten und zum Schutz der kleinen Spitzmäuse beitragen. 18
WEITERE KLEINSÄUGERARTEN BILCHE Der Siebenschläfer, ein häufiger Bilch. Während Haselmaus und Baumschläfer bei uns selten anzutreffen sind, ist der Siebenschläfer weit verbreitet. Kennzei- chen der Bilche sind der Winterschlaf, die über- wiegend vegetarische Ernährung, ein langer behaarter Schwanz und große Augen und Ohren. RATTEN- UND Die Hausratte ist selten geworden, aktuell sind MÄUSE keine Vorkommen in Oberösterreich bekannt. Ein graziler Körperbau und langer Schwanz kennzeichnen diese ar- tenreiche Familie. Zu den sieben oberöster- reichischen Arten zählen häufige und weit ver- breitete Vertreter wie die Wanderratte und die Gelbhalsmaus, aber auch seltene Tiere wie die Zwergmaus, Alpenwald- maus oder Hausratte. 19
WÜHLMÄUSE Die Kurzohrmaus ist die kleinste ... Häufig als nur eine Art wahrge- nommen, gehören in Oberöster- reich sieben Arten zu dieser Un- terfamillie. Als Anpassung an das Leben unter der Erde besitzen sie ei- nen walzenförmigen Körperbau, kurze Füße, kleine Augen und kurze Ohren. Mit Ausnahme der Rötelmaus, welche strauchrei- che und bewaldete Lebensräu- me vorzieht, sind Wühlmäuse ... der Bisam die größte Wühlmaus Oberösterreichs. vorwiegend im Grünland anzu- treffen. Die größte Wühlmaus Oberösterreichs ist der Bisam. Er wurde 1905 zur Pelzzucht aus Kanada eingeführt und verbrei- tete sich rasch entlang unserer Gewässer. SPITZMÄUSE Die kleinen Insektenjäger können gut an ihrer spitzen Schnauze erkannt werden. Mit Ausnahme von Feld- und Garten- Die Waldspitzmaus bevorzugt eher feucht-kühle Lebensräume. spitzmaus bevorzugen sie eher feucht-kühle Lebensräume. EICHHÖRNCHEN, IGEL UND MAULWURF Auch diese bekannten Besucher unserer Gärten werden zu den Kleinsäugern gezählt. 20
ERHALT UND SCHUTZ WAS JEDER TUN KANN FUNDE MELDEN AUF KLEINSÄUGERFALLEN ACHTEN Ob Katzenopfer oder Zufallsfund beim Spaziergang, nicht selten können einem Leere Flaschen stellen für Kleinsäuger in der Natur tote Kleinsäuger, Nester und gefährliche Fallen dar. Die erkundungs- Fraßspuren unterkommen. freudigen Tiere schlüpfen bei Ihrer Nah- rungssuche durch die Öffnung, gelangen Jeder dieser Funde zählt! Fotografieren jedoch aufgrund der glatten Innenfläche Sie Ihre Beobachtung (am besten von nicht mehr heraus. mehreren Seiten) und melden Ihren Fund online: Durch ordnungsgemäßes Entsorgen von - naturbeobachtung.at Flaschen und Behältern leisten Sie einen - kleinsaueger.at Beitrag zum Schutz von Kleinsäugern und anderen Wildtieren. Sie können Totfunde auch in einem geeig- neten Gefäß einfrieren und bei passender Gelegenheit im Biologiezentrum Linz ab- geben. Von einer Katze erbeutete Gelbhalsmaus Aufmerksame Beobachter können die Nester von Haselmaus und Zwergmaus im Dickicht entdecken. 21
ERHALT UND SCHUTZ WAS JEDER TUN KANN ALS HAUS- UND Kleinsäuger sollten an einer gut geschütz- GARTENBESITZER ten Stelle (Waldrand, Gebüsch und Hecke) freigelassen werden. Vielfalt zulassen: Laubhaufen, Hochgras- streifen, Totholz, alte Bäume mit Baum- höhlen, lose geschlichtete Holzstapel und ALS LANDWIRT zugängliche Komposthaufen sind wichtige Lebensraumstrukturen für kleine Säuge- Erhalten Sie Ihre Hochgrasstreifen und tiere. Feldhecken aus heimischen Sträuchern oder legen Sie solche an, um seltene Greifen Sie bei der Sichtung von Klein- Arten wie die Zwergmaus und die Hasel- säugern im Haus nicht automatisch zu maus zu fördern. Schlagfalle und Gift. Oft handelt es sich nur um eine verirrte Spitzmaus auf Nah- Darin finden auch potentielle Fressfeinde, rungssuche oder eine einzelne Gelbhals- wie das Mauswiesel einen Lebensraum. maus auf Erkundungstour. Lebendfallen Sie wirken Massenvermehrungen häu- sind gleich effektiv wie Schlagfallen und figer Arten wie der Feldmaus oder der in jedem gut sortierten Bauhandel und Schermaus entgegen. Zoofachgeschäft erhältlich. Gefangen Vielfalt im Garten und auf dem Feld zulassen. 22
ALS FORSTWIRT besonderer Bedeutung, da sie Deckung und Nahrung bieten und sollten daher Totholz, liegende Äste oder entwurzelte gefördert werden. Eine hohe Struktur- Bäume bieten Neststandorte, fördern die vielfalt im Wald begünstigt das Vorkom- Strukturvielfalt und sollten auf der Fläche men von Fressfeinden, welche ihrerseits belassen werden. die Populationsdichten von Kleinsäugern regulieren. Zur Bekämpfung des Borkenkäfers wer- den diese Elemente vielerorts entfernt. Hier empfehlen wir das Streifen (Rinden- schlitzen) als guten Kompromiss zwischen FORSCHUNG Artenschutz und effektiver Borkenkäfer- bekämpfung vorzuziehen. Für den Erhalt seltener Arten ist ein umfas- sendes Wissen über die Verbreitungssitu- Auf Lichtungen sowie entlang von Bä- ation erforderlich. Im Artenschutzprojekt chen und Waldrändern dringt Sonnenlicht „Kleinsäuger“ der Naturschutzabteilung bis zum Boden, wodurch sich eine dich- Oberösterreich werden daher gezielt po- te Kraut- und Strauchschicht entwickelt. tentielle Lebensräume nach Vorkommen Diese Standorte sind für Kleinsäuger von seltener Arten untersucht. Um die Strukturvielfalt zu erhöhen, Wildtierkameras werden zur Erforschung Totholz liegen lassen. der Birkenmaus verwendet. 23
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN Der Säugetieratlas Oberösterreich und die Rote Liste der Säugetiere Oberösterreichs (in Vorbereitung) Informationsseite im Internet: kleinsaeuger.at SIE HABEN EINE MAUS GEFUNDEN UND MÖCHTEN IHREN FUND MELDEN? Biologiezentrum Linz Johann-Wilhelm-Klein-Str. 73, 4040 Linz Gartenbuch „Wege zur Natur im Garten“ GeoMaus auf kleinsaeuger.at der Abteilung Naturschutz naturbeobachtung.at (Neuauflage in Vorbereitung) 24
RECHTLICHES Für alle freilebenden, nicht jagdbaren Das Zerstören oder Verändern ihrer Tiere gilt in Oberösterreich ein allgemeiner Nester, Schlafplätze und Baue ist verbo- Schutz gemäß § 26 Abs. 2 Oö. Natur- und ten. Landschaftsschutzgesetz 2001, d.h. sie dürfen nicht ohne besonderen Grund be- Zum Schutz der Lebensräume von Igel, unruhigt, verfolgt oder vernichtet werden Spitzmaus, Birken- und Haselmaus ist das (gilt z. B. für Eichhörnchen, Siebenschlä- Schlägern, auf Stock setzen oder Abbren- fer, Maulwurf, Rötelmaus und Feldmaus). nen von Busch- und Gehölzgruppen sowie von Heckenzügen in der Zeit von 1. April Zu den besonders geschützten Tierarten bis 30. September verboten. zählen die Kleinsäuger Braun- und Weiß- brustigel, Spitzmäuse, Gartenschläfer, Bei der Bezirksverwaltungsbehörde kann Baumschläfer, Birkenmaus und Hasel- im Einzelfall eine Ausnahmebewilligung maus. beantragt werden. Diese dürfen nicht verfolgt, beunruhigt, gefangen, befördert, gehalten oder getö- tet werden. Der Verkauf, das Halten für den Verkauf und das Anbieten zum Ver- kauf dieser Tiere ist unabhängig von de- ren Alter, Zustand oder Entwicklungsform verboten. Dies gilt auch für erkennbare Teile oder aus diesen Tieren gewonnene Erzeugnisse. Informationen zum Datenschutz finden Sie unter: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/datenschutz 25
Weitere Publikationen der Abteilung Naturschutz: Weitere Infos zu Naturschutz-Projekten finden Sie auf unserer Website: www.land-oberoesterreich.gv.at/thema/naturschutz AMT DER OÖ. LANDESREGIERUNG Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung Abteilung Naturschutz, LDZ, 4021 Linz, Bahnhofplatz 1 (+43 732) 7720-11871, n.post@ooe.gv.at www.land-oberoesterreich.gv.at FOTOS: © apodemus – Privates Institut für Wildtierbiologie: Titelfoto Junge Haselmaus; Sumpfspitzmaus, Zwergmaus, drei Unterkiefer, Laufwege der Feldmaus; Lebensräume: Wald, Gewässer, Grünland, Siedlung, Haselmaus, Baumschläfer, Birkenmaus, Zwergmaus, Schneemaus, Wasserspitzmaus, Feldspitzmaus; Haselmaus, Nuss, ausgetrocknete Feuchtwiese, Zwergmaus, Felder, Schneemaus, Wasserspitzmaus, Biberdamm, Siebenschläfer, Hausratte, Kurzohrmaus, Bisam, Waldspitzmaus, Grasnest, Laub, Asthaufen, Kleinsäugerlebensraum Wald, Fotofalle, Waldmaus © Milos Andera: Baumschläfer, Birkenmaus, Feldspitzmaus © Stephan Weigl: Katze mit Maus IMPRESSUM: Medieninhaber und Herausgeber: Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Naturschutz / Für den Inhalt verantwortlich im Sinne des Mediengesetzes: Ing. Gerald Neubacher / Text und fachliche Bearbeitung: apodemus – Privates Institut für Wildtierbiologie, apodemus.at, office@apodemus.at; Michael Strauch / Redaktion: Andrea Dumphart / Layout und Reinzeichnung: so...so+co, Daniela Máté, daniela.mate@tmo.at / Druck: BTS, Engerwitzdorf März 2019
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