Sicherheit, Ru stung und Entwicklung in Empfa ngerla ndern deutscher Ru stungsexporte - LÄNDERINFORMATION - Ruestungsexport.info
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\ LÄNDERINFORMATION 07\2020 Irak Informationsdienst Sicherheit, Rü stung und Entwicklung in Empfä ngerlä ndern deutscher Rü stungsexporte
LÄNDERBERICHT \ IRAK INHALT ZUSAMMENFASSUNG 2 GRUNDDATEN ZUM MILITÄRISCHEN SEKTOR 4 Deutsche Rüstungsexporte 4 Bedeutung deutscher Rüstungsexporte für das Empfängerland 7 Militärausgaben 9 Lokale Rüstungsindustrie 10 Streitkräftestruktur 11 Bewaffnung der Streitkräfte 13 Die Rolle des Militärs in der Gesellschaft 16 Polizei und andere Sicherheitskräfte 17 INFORMATIONEN NACH DEN KRITERIEN DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS 20 Einhaltung internationaler Verpflichtungen 20 Achtung der Menschenrechte im Empfängerland 21 Innere Lage im Empfängerland 25 Erhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region 28 Bedrohung von Alliierten 31 Verhalten in der internationalen Gemeinschaft 32 Unerlaubte Wiederausfuhr 35 Wirtschaftliche und technische Kapazität des Landes 37 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 1\
LÄNDERBERICHT \ IRAK ZUSAMMENFASSUNG Militärischer Sektor im Irak Der Irak ist bis heute zur Ausstattung der eigenen Armee auf Waffenimporte angewie- sen. Der Irakkrieg 2003 stellte für das irakische Militär eine schwere Niederlage dar. Nach Kriegsende entließen die von den USA angeführten Koalitionsstreitkräfte alle Soldaten und lösten die Armee auf – die tiefste Zäsur in der Geschichte der irakischen Streitkräfte. Bereits kurz darauf beschloss die US-Führung den Aufbau einer neuen irakischen Armee. Doch trotz einiger signifikanter Fortschritte kämpfen die irakischen Streitkräfte weiter- hin mit zahlreichen Schwierigkeiten. Es mangelt an Ausrüstung, Einsatzfähigkeit und Kommunikation. Die internen Konflikte aufgrund von ethnischen oder religiösen Diffe- renzen fordern vom Militär zudem einen hohen Einsatz. Die rasante Einnahme großer Ge- bietsteile des Irak durch den IS im Sommer 2014 offenbarten die Schwäche der irakischen Streitkräfte. Die irakischen Streitkräfte blicken auf eine lange Geschichte zurück. Insgesamt lässt sich die Beziehung zwischen dem Staat bzw. den irakischen Regierungen und den Streit- kräften als eine der gegenseitigen Abhängigkeit beschreiben. Mit dem Sieg der “Koalition der Willigen“ im Frühjahr 2003 begann die Auflösung des alten Regimes und kurz darauf die Arbeit einer Übergangsverwaltung auf Initiative der USA. Beide Entwicklungen mar- kierten das Ende der autonomen Existenz der irakischen Streitkräfte sowie die Entlas- sung von 400.000 Soldaten. Dadurch wurden Strukturen aufgebrochen, die zwar verkrus- tet waren, den Streitkräften und dem Land aber über die Jahre eine gewisse Stabilität ge- geben hatten. Trotz der gesellschaftlichen Vorbehalte gegenüber dem Militär begegnete die Bevölkerung dieser Entwicklung mehrheitlich ablehnend. Neben dem irakischen Militär existieren noch weitere, etwa 150.000 Mann starke Si- cherheitskräfte, die überwiegend dem irakischen Innenministerium unterstehen. Außer- halb des Militärs und der Polizei operiert eine Antiterroreinheit, die derzeit aus etwa 4.000 Mann besteht. Sie untersteht einem zivilen Kommando und ist direkt dem Büro des Ministerpräsidenten zugeordnet. Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU für die Kontrolle der Aus- fuhr von Militärtechnologie und Militärgütern (2008/944/GASP) Der Irak ist einer Reihe wichtiger internationaler Abrüstungsabkommen beigetreten, jedoch nicht dem Vertrag zum Verbot bestimmter konventioneller Waffen und dem Inter- nationalen Waffenhandelsvertrag von 2014. Seit der US-amerikanischen Invasion 2003 hat sich die Menschenrechtslage im Irak drastisch verschärft. Selbstmordanschläge, Verfolgung religiöser Minderheiten und ille- gale Verschleppungen durch staatliche Sicherheitskräfte sowie unrechtmäßige Inhaftie- rung prägten das Bild. Die Besatzung durch die US-Armee im Jahr 2003 hat interne Konflikte entlang eth- nisch-religiöser Linien zutage gebracht, bei denen es insbesondere um den Zugang zu BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 2\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Macht geht. Die Konflikte spielen sich vor allem zwischen politischen Akteuren der drei große Bevölkerungsgruppen ab: sunnitischen und schiitischen Arabern sowie den Kur- den, die vor allem im Norden des Landes in der Autonomen Region Kurdistan Irak (KRI) leben. Die Beziehungen zwischen der irakischen Zentral- und der kurdischen Regionalre- gierung sind seit Jahren angespannt. Immer wieder warf die irakische Regierung der Re- gionalregierung Kurdistans (KRG) vor, sie wollte einen eigenen Nationalstaat gründen. Am 25. September 2017 setzte diese tatsächlich ein Unabhängigkeitsreferendum um, das die Meinung der Bevölkerung über die Unabhängigkeit der KRI und der umstrittenen Ge- biete widerspiegeln sollte. Dieser Schritt führte zu einer massiven Verschlechterung der Beziehungen zwischen Bagdad und Erbil. Diese kam durch die Isolation der KRI seitens der Zentralregierung u.a. durch Grenz- und Luftraumsperrungen, politische Maßnahmen sowie der Rücknahme der zwischen Bagdad und Erbil umstrittenen Gebieten, die in den letzten Jahren zu großen Teilen durch die kurdischen Peschmerga kontrolliert wurden, zum Ausdruck. Dass vor allem in den umstrittenen Provinzen Kirkuk und Mosul wichtige Ölreserven des Iraks liegen, erschwert einen Interessenausgleich und die Umsetzung der dies betreffenden Artikel der irakischen Verfassung zusätzlich. Infolge der starken politischen Veränderungen nach 2003 sahen sich insbesondere die sunnitischen Bevölkerungsteile im Irak durch die Politik der schiitischen Regierung unter dem ehemaligen Ministerpräsident Nuri al-Maliki marginalisiert. Diese Entwicklung, die Unterdrückung sunnitischer Aufstände 2013, der Abzug der US-Streitkräfte aus dem Irak 2011, die nicht erfolgte Integration ehemaliger Milizen in die Irakischen Streitkräfte (ISF) und das seit 2003 stark durch Terror und militante Fragmentierungen geprägte Land schufen einen Kontext, in dem der IS 2014 große Teile des irakischen Staatsgebietes ein- nehmen und ein Kalifat ausrufen konnte. Der Irak ist eine wichtige Anlaufstelle für inter- nationale Terrorgruppen geworden und diente in den vergangenen Jahren als Rekrutie- rungs- und Ausbildungsbasis für neue Kämpfer und zum Ausbau verschiedener terroris- tischer Netzwerke. Zuletzt konnte der IS massiv geschwächt werden. Die Lage im Land bleibt jedoch weiterhin äußerst fragil. Auch der anhaltende Krieg in Syrien prägt die Re- gion, die schon zuvor durch eine insgesamt schwierige politische Konstellation ange- spannt war. Organisierte Kriminalität ist im Irak weit verbreitet und stellt ein wesentliches Hinder- nis für den Staatsaufbau und die gesellschaftliche Entwicklung dar. Es kommt immer wie- der zu Fällen unerlaubter Wiederausfuhr von Waffen. Die Wirtschaft des Landes leidet unter den Folgen von Krieg, Embargobestimmungen und Korruption. Irak ist weitgehend abhängig von Erdölexporten. Die US-Invasion hatte drastische Auswirkungen auf das Bil- dungssystem. Heute ist die Alphabetisierungsrate im Irak schlechter als vor 25 Jahren. Unter den jahrelangen Sanktionen, dem Krieg und der Besatzung hat auch das Gesund- heitssystem schwer gelitten. BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 3\
LÄNDERBERICHT \ IRAK GRUNDDATEN ZUM MILITÄRISCHEN SEKTOR Deutsche Rüstungsexporte Tabelle 1 Deutsche Rüstungsexporte nach Außenwirtschaftsgesetz, 2003-2019 (in Millionen Euro) Jahr Güter / in Prozent des Gesamtwertes Gesamt- wert 2003 Geländewagen für Mitarbeiter im Bereich humanitäre Hilfe und einer Botschaft: 1,56 94,9 % 2004 LKW, Geländewagen und Teile für gepanzerte Fahrzeuge: 88,0 % 32,88 2005 Geländewagen, LKW, Sattelauflieger, Anhänger, Radplaniergeräte und Teile für 25,06 gepanzerte Fahrzeuge: 81,0 % 2006 Geländewagen und Teile für gepanzerte Fahrzeuge, Geländewagen: 71,6 % 10,77 Dekontaminationsausrüstung und Teile für Schutzbelüftungen: 14,5 % 2007 LKW, Schwenklader, Geländewagen mit Sonderschutz und Rückhaltesysteme für 6,84 Geländewagen: 85,2 % 2008 LKW, Schwenklader, Sattelzugmaschinen und Teile für Landfahrzeuge: 90,3 % 7,16 2009 Elektronische Ausrüstung, Prüfausrüstung und Teile für Elektronische Kampffüh- 25,59 rung: 74,4 % 2010 Pilotenhelme und Teile für Hubschrauber, Bordausrüstung: 85,4 % 54,29 2011 Kampfhubschrauber: 84,6 % 244,31 2012 Kampfhubschrauber: 83,2 % 112,65 2013 Infrarot- und Wärmebildausrüstung: 40,3% 21,35 Teile für Kanonenmunition: 34,8% Teile für Kampfhubschrauber: 17,3% 2014 Munition für Panzerabwehrwaffen, Maschinengewehre, Gewehre, Revolver und 86,1 Pistolen: 32,1% Gewehre mit KWL-Nummer, Maschinengewehre und Pistolen: 20,1% Flugkörper, Handgranaten, Ausrüstung zum Räumen von Landminen, Werkzeuge zur Munitionsbeseitigung und Teile für Flugkörperabwehrsysteme für Hub- schrauber: 19,6% Helme, Bombenschutzanzüge, Minenschutzanzüge und ballistische Schutzwes- ten: 9,7% 2015 Flugkörper, Handgranaten, Abfeuereinrichtungen und Teile für Flugkörper: 40,88 39,2% Hubschrauber und Teile für Kampfflugzeuge, Hubschrauber: 33,8% Munition für Panzerabwehrraketen, Maschinengewehre und Gewehre: 12,3% 2016 Munition für Gewehre, Revolver, Pistolen und Teile für Kanonenmunition: 44,9% 44,53 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 4\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Jahr Güter / in Prozent des Gesamtwertes Gesamt- wert Gepanzerte Fahrzeuge, Minenräumgeräte, Geländewagen mit Sonderschutz und Teile für gepanzerte Fahrzeuge, LKW, Geländefahrzeuge, Minenräumausrüstung, Ballistischen Schutz [sämtlich für VN-Mission oder Botschaft]: 14,3% Kommunikationsausrüstung und Teile für Radarsysteme, Kommunikationsaus- rüstung: 13,9% Flugkörper, Abfeuereinrichtungen, Flugkörperabwehrsysteme und Teile für Flugkörperabwehrsysteme: 12,2% 2017 Geländewagen mit Sonderschutz, gepanzerte Scheiben und Teile für gepanzerte 14,99 Fahrzeuge, LKW, Geländefahrzeuge, Geländewagen mit Sonderschutz, ballisti- schen Schutz: 71,1% Flugkörperabwehrsysteme für Luftfahrzeuge und Teile für Flugkörper, Flugkör- perabwehrsysteme für Luftfahrzeuge: 20% 2018 Geländewagen mit Sonderschutz und Teile für ballistischen Schutz: 68,4% 1,00 Mobile Stromerzeugungsaggregate: 22,3% 2019 Munition für Revolver [VN-Mission] und Pistolen [VN-Mission]: 75,3% 1,00 Teile für gepanzerte Fahrzeuge [Norwegische Armee] und Geländewagen [Bot- schaft]: 16,9% Quelle: Rüstungsexportberichte der Bundesregierung 2003-2019, verfügbar auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie http://www.bmwi.de Schaubild 1 Deutsche Rüstungsexporte, 2003–2019 300 250 200 Millionen Euro 150 100 50 0 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 5\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Tabelle 2 Auszug aus dem Waffenhandelsregister von SIPRI, Lieferungen aus Deutschland in den Irak 2000-2019 Bestell- Liefer- Bisher Anzahl Bezeichnung Waffenkategorie Kommentar Jahr Jahre geliefert 8 MTU-956 Dieselmotor 1981 2017 8 Für 2 Assad Korvetten aus Italien 24 EC-135/EC- Leichter Hubschrau- 2009 2011- 24 360 Mio. Euro- 635 ber 2012 Geschäft, über Frankreich be- stellt (90) AIM-9L/M Kurzstrecken-Luft- 2013 2015 (90) Gebraucht; Sidewinder Lenkwaffe modernisiert SRAAM vor der Auslie- ferung 15 Dingo-2 Gepanzerte Mann- 2014 2014- 15 Gebraucht; für schaftstransporter 2015 die kurdischen Peschmerga im Kampf gegen den IS (1200) MILAN Panzerabwehrrakete 2014 2014- (1200) Geschenk; für 2016 die KRG im Kampf gegen den IS 5 Dingo-2 Gepanzerte Mann- 2015 2016 5 Gebraucht; für schaftstransporter die KRG zum Einsatz gegen den IS 200 MILAN Panzerabwehrrakete 2015 2016 200 Gebraucht; Ge- schenk; für die KRG zum Ein- satz gegen den IS Quelle: SIPRI Arms Transfers Database, http://armstrade.sipri.org/arms_trade/trade_register.php Kommentar Laut SIPRI stand Deutschland mit Lieferungen in Höhe von 25 Millionen US-Dollar an zehnter Stelle der größten Rüstungsexporteure an den Irak im Zeitraum 2015 bis 2019. Im Jahr 2009 beschloss die Bundesregierung die Lieferung von leichten Kampfhubschrau- bern des Typs EC-635 vom Hersteller Eurocopter. Allein im Jahr 2011 wurden Ausfuhrli- zenzen im Gesamtwert von 244 Millionen Euro genehmigt, 2012 immerhin noch von 112 Millionen Euro. Von den insgesamt 24 bestellten Hubschraubern wurden inzwischen alle ausgeliefert. BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 6\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Von 2014 bis 2018 unterstützt die Bundesregierung die Peschmerga-Truppen der Re- gierung der Autonomen Region Kurdistan (KRG) im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) in unterschiedlichen Phasen mit Waffenlieferungen aus Bundeswehrbeständen sowie Ausbildungsmaßnahmen. Offizieller Partner ist das irakische Verteidigungsministerium in Bagdad. Zwischen September und November 2014 lieferte Deutschland unter anderem 8.000 G36 Sturmgewehre, 200 MILAN Panzerabwehrwaffen (inklusive 500 Lenkflugkör- per) 200 Panzerfäuste 10.000 Handgranaten und mehrere Tausend Schuss Munition. Auch 15 gepanzerte Mannschaftstransporter vom Typ Dingo-2 wurden exportiert. Diese Lieferungen wurden auch in den Jahren 2015 und 2016 fortgesetzt. So wurden 2015 wei- tere 30 MILAN (inklusive 500 Lenkflugkörper), 4.000 G3 Sturmgewehre, sowie diverse Munition geliefert. 2016 wurden 3.000 G36 Sturmgewehre, 200 MILAN-Lenkflugkörper, weitere fünf Mannschaftstransporter vom Typ Dingo-2 sowie erneut mehrere tausend Schuss Munition geliefert. 2017 und 2018 genehmigte die Bundesregierung überwiegend Lieferungen von Geländewagen mit Sonderschutz in einem deutlich geringeren finanziel- len Volumen. Bedeutung deutscher Großwaffensysteme für das Empfängerland Tabelle 3 Höhe der Exporte von Großwaffensystemen in den Irak 2015-2019, Mio. USD Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 2015-2019 Summe 1464 1789 989 543 175 4960 Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Arms Transfers Database: http://armstrade.sipri.org/armstrade/page/values.php Tabelle 4 Deutsche Exporte von Großwaffensystemen in den Irak 2015-2019, Mio. USD Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 2015-2019 Summe 13 3 10 - - 25 Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Arms Transfer Database, http://armstrade.sipri.org/armstrade/html/export_values.php BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 7\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Schaubild 2 Wichtigste Lieferanten von Großwaffensystemen 2015-2019, Mio. USD 3000 2500 2233 2000 1664 1500 1000 427 500 190 170 109 54 0 USA Russland Südkorea Tschechien Italien Bulgarien China Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Arms Transfer Database, http://armstrade.sipri.org/armstrade/html/export_values.php Kommentar zu den Waffenkäufen Laut SIPRI-Datenbank (Stand: März 2020) nahm Irak im Zeitraum zwischen 2015 und 2019 die 9. Stelle unter den weltweiten Waffenimporteuren ein. Im Irakkrieg 2003 zer- störten die USA fast das gesamte Arsenal konventioneller Waffen der gegnerischen Streit- kräfte. Seit 2005 stiegen sie dann zum mit Abstand wichtigsten Rüstungsexporteur für den Irak auf und lieferten Waffen in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar an das Land. Neben den USA sind Russland, Südkorea und Tschechischen die wichtigsten Lieferanten der letzten Jahre. Im August 2008 einigten sich die USA und der Irak auf ein zehn Milliarden US-Dollar Rüstungsgeschäft, das die Lieferung von Hubschraubern, Panzern und Raketen umfasst. Bis heute exportierten die USA insgesamt über 1.200 gepanzerte Mannschaftstransporter in verschiedener Ausstattung und 8.564 geländegängige Mehrzweckfahrzeuge (HMMWV), von denen 8.500 bereits ausgemustert waren, in den Irak. Zu den US-ameri- kanischen Rüstungsexporten gehören auch Transportflugzeuge und (leichte) -hubschrau- ber sowie F-16 Kampfflugzeuge. Im August 2016 wurde zudem die Lieferung der ameri- kanischen Insitu ScanEagle Drohne beschlossen, welche die Kompetenzen der irakischen Luftwaffe erweitern sollen. Der Rüstungsdeal über 8,3 Million US-Dollar umfasst 10 Droh- nen, die bis Ende 2017 geliefert wurden. Auch lieferte die USA in den vergangenen Jahren einige tausend gepanzerte Mannschaftstransporter unterschiedlichen Typs (u.a. Cougar, Caiman, HMMWV, MaxxPro und M1117). Der Unmut der irakischen Führung über die oft langsame Auslieferung der Waffen durch die US-amerikanische Regierung bewog Bagdad dazu, sich stärker in Russland, Tschechien und eventuell sogar China umzuschauen, um den Bedarf an Rüstungsgütern zu decken. Schon heute verkauft Russland zahlreiche Waffen an den Irak, etwa 40 Maschi- nen des Mehrzwecktransporthubschrauber Mi-17. Im Oktober 2012 schlossen Russland und der Irak neue Rüstungsverträge im Wert von 4,3 Milliarden US-Dollar. Im Juli 2014 wurde zudem bekannt, dass Russland mehrere gepanzerte Mehrfachraketenwerfer an den Irak lieferte. Aus China erhielten die irakischen Luftstreitkräfte im November 2016 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 8\
LÄNDERBERICHT \ IRAK ein weitreichendes Luftverteidigungssystem des Typs HQ-9. Der Rüstungsdeal, der eben- falls die Lieferung chinesischer Type 99 Kampfpanzern umfasst, hat ein Volumen von 2,5 Milliarden US-Dollar. Tschechien spendete als Unterstützung im Kampf gegen den Islami- schen Staat 6.600 Sturmgewehre sowie dazugehörige Munition. Militärausgaben Tabelle 5 Absolute Militärausgaben und Anteil am BIP (Mio. USD) 2015 2016 2017 2018 2019 Militärausgaben (in Millionen US-Dollar) 9566 5988 7437 6318 7663 Anteil am BIP (in Prozent) 5,4 3,5 3,9 2,9 3,5 Anteil an Staatsausgaben (in Prozent) 12,5 8,4 11 8,8 7,8 Angaben in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database Schaubild 3 Absolute Militärausgaben, Trend 2009 – 2019 in Mio. USD 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Angaben in konstanten Preisen USD mit dem Basisjahr 2018. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 9\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Schaubild 4 Anteil der Militärausgaben am BIP, Trend 2009 – 2019 (in Prozent) 6 5 4 3 2 1 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Angaben in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database Lokale Rüstungsindustrie Bereits seit den 1930er Jahren strebte der Irak mit britischer Hilfe den Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie an, die zunächst auf die Herstellung von Klein- und Leichtwaf- fen sowie die dazugehörige Munition ausgerichtet war. Nach dem Putsch von 1958, in dem eine Gruppe Offiziere unter der Führung des Generals Abd al-Karim Qasim die ha- schemitische Monarchie stürzte, produzierte die Rüstungsindustrie fortan vor allem sow- jetische Modelle und stagnierte bis zur Machtübernahme durch die Baath Partei 1968 in ihrer Entwicklung. In den 1970er Jahren entwickelte sich die Rüstungsindustrie bis zum Beginn des Iran-Irak-Krieges (1980 bis 1988) langsam vorwärts. Die irakische Führung forcierte ihre rüstungsindustriellen Anstrengungen ab 1984 schließlich zunehmend, in- dem sie mit Hilfe von europäischen Beratern ein großes Investitionsprogramm auflegte, um insbesondere ausländische Rüstungstechnologie zu erwerben. Nach dem Ende des Ersten Golfkrieges 1988 investierte der Irak mehr als 20 Milliarden US-Dollar in den Aus- bau der eigenen Rüstungsindustrie, die jedoch auf das Wissen und die Technologie aus- ländischer Unternehmen angewiesen blieb. Zwar war die Sowjetunion zu jenem Zeit- punkt der wichtigste Rüstungslieferant, aber auch Frankreich spielte beim Transfer von Rüstungstechnologie eine bedeutsame Rolle. Bis 1991, dem Ende des Zweiten Golfkrieges, lag die Verantwortung für die Rüstungs- industrie bei der Military Industrialization Commission (MIC) bzw. dem 1988 gegründe- ten Ministry of Industry and Military Industrialization (MIMI). Das MIMI kontrollierte etwa 35 Unternehmen, die direkt in die Entwicklung und Produktion von Waffen einge- bunden waren, einschließlich des Programms zur Herstellung von Massenvernichtungs- waffen. Das MIMI wurde nach dem Sieg der Alliierten Streitkräfte 1991 unter Führung der BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 10\
LÄNDERBERICHT \ IRAK USA aufgelöst und in die alten Strukturen der MIC überführt. In den 1990er Jahren ver- suchte die MIC, die zerstörte rüstungsindustrielle Basis im Irak wieder aufzubauen, was aber vor dem Hintergrund der von den Vereinten Nationen verhängten Sanktionen, feh- lender Finanzmittel und mangelnder Ressourcen scheiterte. Im Jahr 1998, mit dem Ende der Arbeit der Sonderkommission der Vereinten Nationen (UNSCOM) im Irak, die mit der Überwachung der Zerstörung aller chemischen und biologischen Waffen sowie konventi- onellen Raketen mit einer Reichweite über 150 Kilometer beauftragt war, nahm die MIC ihre Arbeit erneut auf und betrieb die Entwicklung eigener Waffen, vor allem heimische Raketenprojekte. Durch die verstärkte Privatisierung gegen Ende der 1990er Jahre nahm die Bedeutung der MIC für die Koordinierung der rüstungsindustriellen Basis ab, sie spielte aber weiterhin in verschiedenen militärischen Programmen eine wichtige Rolle. Nach dem Sturz des Machthabers Saddam Hussein 2003 lag die Rüstungsindustrie am Bo- den. Ein Großteil der Fabriken war im Dritten Golfkrieg (2003) zerstört worden und Maß- nahmen zum Aufbau eigener Produktionsstätten waren durch Sanktionen bis Sommer 2013 weiterhin begrenzt. Daher ist der Irak bis heute zur Ausstattung der eigenen Armee auf Waffenimporte angewiesen, wie auch die jüngsten Lieferungen durch die internatio- nale Koalition im Kampf gegen den IS verdeutlichten. Diese Abhängigkeit wird vermutlich noch lange bestehen bleiben. Allerdings ist das Land im Besitz von Lizenzen zur Herstel- lung von Kleinwaffen, wie der AK-47, AK-74 und dem Scharfschützengewehr Dragunov SVD, die sie bereits vor mehreren Jahrzehnten erwarben. Der Irak verfügte von 1979 bis 1991 über ein Chemiewaffenprogramm, obwohl er 1931 dem Genfer Protokoll über das Verbot von chemischen Waffen von 1925 beitrat. Das Land entwickelte im Rahmen des sogenannten Project 922 chemische Waffen und setzte diese im Ersten Golfkrieg gegen den Iran ein. Die Soldaten und das zivile Personal für das Chemiewaffenprogramm wurden mehrheitlich von Russland, aber auch von den USA aus- gebildet. Die technischen Geräte erhielt der Irak von über 50 internationalen Firmen, die überwiegend aus westlichen Industrieländern stammten. Im Laufe des Projektes steigerte der Irak die Produktion von Chemiewaffenherstellung auf bis zu acht bis elf Tonnen Gift- gas pro Tag. Nachdem der Irak mit Ende des Zweiten Golfkrieges (1991) die Produktion von chemischen Waffen anhielt und sich durch eine UN-Resolution 1991 verpflichtete, das Genfer Protokoll umzusetzen, wurden vorhandene chemische Waffen im Jahr 1994 unter Aufsicht der UN zerstört. Streitkräftestruktur Wehrpflicht: Nein Box 1 Gesamtstärke der Streitkräfte 193.000 aktive Streitkräfte, davon: Heer: 180.000 Marine: 3.000 Luftwaffe: 5.000 Luftabwehreinheiten: 5.000 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 11\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Paramilitärische Einheiten: ca. 145.000 davon: Irakische Polizeikräfte: ca. 36.000 Grenztruppen: ca. 9.000 Milizen: ca. 100.000 Quelle: IISS Military Balance 2020 Tabelle 6 Stärke der Streitkräfte, Trend 2011–2019 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Aktive in 1.000 (IISS) 271 271 271 177 64 64 64 64 193 Soldaten auf 1.000 Ein- wohner 8,8 8,5 8,2 5,2 1,8 1,7 1,7 1,7 5 (BICC Berechnungen) Quellen: IISS Military Balance, 2012-2020, World Bank Kommentar Das irakische Militär umfasste bis 2014 noch etwa 271.400 Soldaten in drei Teilstreit- kräften (Heer, Marine und Luftwaffe), die dem irakischen Verteidigungsministerium un- terstehen. Seit 2014 ist die Zahl der Soldaten allerdings deutlich zurückgegangen, auch aufgrund des Kampfes gegen den Islamischen Staat. Dieser offenbarte die desolate Lage der irakischen Streitkräfte, als zahlreiche irakische Soldaten den Kampf gegen den IS zur Verteidigung des Landes verweigerten. Zehntausende flohen unter anderem in den Nor- den des Irak, in das von Kurden kontrollierte Gebiet. Zwischen 2015 und 2018 standen dem Militär 64.000 Soldaten zur Verfügung. 2019 wurden rund 130.000 Kämpfer der Po- pular Mobilization Units in die nationalen Streitkräfte, insbesondere das Heer, integriert. Der Irakkrieg 2003 stellte für das irakische Militär eine schwere Niederlage dar. An- schließend entließen die von den USA angeführten Koalitionsstreitkräfte alle Soldaten und lösten die Armee auf – die tiefste Zäsur in der Geschichte der irakischen Streitkräfte. Bereits kurz darauf beschloss die US-Führung den Aufbau einer neuen irakischen Armee. Gemeinsam mit anderen Staaten unternahmen die USA große Anstrengungen der Neu- strukturierung, sodass die nationale Sicherheit gewährleisten werden kann. Trotz einiger signifikanter Fortschritte kämpfen die irakischen Streitkräfte dennoch weiterhin mit zahlreichen Schwierigkeiten. Es mangelt an Ausrüstung, Einsatzfähigkeit und Kommuni- kation. BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 12\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Bewaffnung der Streitkräfte Tabelle 7 Heer Waffenkategorien Anzahl Kommentar Schwere Panzer Mehr als 391 Schützenpanzer Mehr als 300 Gepanzerte Mannschaftstransporter Mehr als 1592 Aufklärer 453 Bergepanzer Mehr als 222 Artillerie Mehr als 1061 Panzerabwehr Einige 9K135 Kornet Kampfhubschrauber 28 Aufklärungshubschrauber 10 Mehrzweckhubschrauber Mehr als 63 Transporthubschrauber 44 Drohnen Einige CH-4 Darunter 9K114 Shturm Raketen Einige und Ingwe Quelle: IISS Military Balance 2020 Kommentar Das Heer verfügt über die mit Abstand größte Anzahl an Soldaten aller irakischen Teil- streitkräfte. Ihm kommt bei der Landesverteidigung die wichtigste Aufgabe zu. Die Aus- rüstung des Heeres stammt größtenteils aus sowjetisch-russischer und US-amerikani- scher Produktion; den Kern des Bestandes bilden noch immer US-M1A1 Abrams sowie die sowjetischen T-72, T-76 und T-55 Kampfpanzer. Die US-amerikanischen Rüstungsex- porte in den Irak sind in den letzten Jahren stark angestiegen, wie neben den 140 M1A1 Abrams-Panzern auch durch die Auslieferung von zehn OH-58C Kiowa-Kampfhubschrau- bern sichtbar. Das irakische Heer ist, wie auch die anderen Teilstreitkräfte, neben der Landesverteidigung auch für die Aufstandsbekämpfung im Inneren trainiert und ausge- rüstet. Dies entspricht auch der US-amerikanischen Zielstellung dort. Eine ehemalige Stärke der irakischen Streitkräfte, die logistische Unterstützung der eigenen Streitkräfte im Einsatz, wurde beim Wiederaufbau vernachlässigt. BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 13\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Tabelle 8 Marine Waffenkategorien Anzahl Kommentar Patrouillenboote 32 Inkl. 12 US-amerikanischer Swiftships Quelle: IISS Military Balance 2020 Kommentar Die irakische Marine stellt eine kleinere Teilstreitkraft der irakischen Armee. Sie si- chert mit Hilfe einer Reihe von Patrouillenbooten die Küstengewässer der kurzen See- grenze von 68 Kilometern sowie die zwei Öl-Anlegestellen. Allerdings ist die Marine bis heute nicht in der Lage selbstständig zu operieren. Nach der US-amerikanischen Invasion befanden sich die meisten Schiffe der Marine in einem desolaten Zustand. Die irakische Marine einigte sich 2006 mit der italienischen Firma Fincantieri auf den Kauf von vier Saetti MK4 Class Patrouillenboote, die 2009 in Dienst gestellt wurden. Im Rahmen dieser Kooperation bildete die italienische Marine auch einen Teil der irakischen Besatzungs- mitglieder aus. Erweitert werden die Kapazitäten der irakischen Marine durch die Liefe- rung von US-amerikanischen Patrouillenbooten des Typs „Swiftships“. Auch hier über- nimmt die US-Armee die Ausbildung der irakischen Marine. Deren Führung plant eben- falls die Aufstellung von Marinefliegern zur Überwachung des Luftraumes für Rettungs- einsätze und zum Entern von Schiffen. Die Kapazitäten der Marine bleiben allerdings bis heute sehr begrenzt. Tabelle 9 Luftwaffe Waffenkategorien Anzahl Kommentar Jagdbomber 36 F-16C/D Fighting Falcon Kampfflugzeuge 30 Aufklärungsflugzeuge 10 Davon 2 Cessna AC-208B Combat Caravans kampffähig Ausbildungsflugzeuge Mehr als 55 22 kampffähig Transportflugzeuge 29 Davon 2 An-32B Cline kampffähig Raketen Einige AGM-114 Hellfire, AIM-9L/M Side- winder Quelle: IISS Military Balance 2020 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 14\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Box 2 Weitere Luftwaffeneinheiten Luftabwehrkommando: Raketen (u.a. 96K6 Pantsir-S1 und M1097 Avenger) Einige Flugabwehrraketensystem (9K338 Igla-S) und Geschütze Quelle: IISS Military Balance 2020 Kommentar Die irakische Luftwaffe ist ein Teil der irakischen Streitkräfte, wurde aber im letzten Irakkrieg weitgehend zerstört bzw. nach dessen Ende durch die Koalitionsstreitkräfte aufgelöst. Der Wiederaufbau gestaltet sich grundsätzlich schwierig und verläuft entspre- chend langsam. Nach dem vollständigen Abzug aller Koalitionsstreitkräfte Ende 2011 be- stand die Hauptaufgabe der Luftwaffe darin, die Kontrolle und Sicherheit des irakischen Luftraumes zu gewährleisten sowie durch Aufklärungsflüge allen Teilstreitkräften wich- tige Informationen zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zwecke und zur Stärkung des Ver- teidigungspotenzials des Landes schloss die irakische Führung sowohl mit den USA als auch mit Russland umfassende Rüstungsgeschäfte. Der ehemalige irakische Ministerprä- sident al-Maliki schloss im Oktober 2012 mit Russland einen Vertrag über ein 4,2 Milliar- den US-Dollar schweres Waffengeschäft, das die Lieferung von bis zu 30 Mi-28 Kampf- hubschrauber und etwa 42 Boden-Luft-Raketen umfasste. Im Januar 2015 erhielt das Land zudem mehrere Embraer EMB-314 Super Tucanos von den Vereinigten Arabischen Emiraten und konnte seine Ausrüstung so weiter modernisieren und ausbauen. Seit 2011 hat Bagdad in den vergangenen Jahren zudem seine F-16 Staffeln weiter aus- gebaut und besitzt mittlerweile rund 36 der Kampfjets. Die Ausbildung der irakischen F- 16 Piloten erfolgt größtenteils in Tucson, Arizona durch Lockheed Martin. Ein entspre- chender Vertrag wurde im Februar 2015 bis Ende Februar 2017 verlängert. Diese werden derzeit überwiegend dazu eingesetzt, um gemeinsam mit internationalen Partnern (Ope- ration Inherent Resolve) Schläferzellen und Tunnelsysteme des so genannten Islamischen Staates zu bombardieren. Jede Lieferung weiterer Kampfjets stellt jedoch nur einen Schritt in Richtung Wieder- aufbau der irakischen Luftwaffe dar. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Luftwaffe zu alter Stärke zurückkehrt. So mangelt es noch immer an funktionierenden Radargeräten sowie an Kommando- und Kontrollfähigkeiten der Militärs. Box 3 Peacekeeping Keine Teilnahme an internationalen Peacekeeping-Missionen. Quelle: IISS Military Balance 2020 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 15\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Die Rolle des Militärs in der Gesellschaft Die irakischen Streitkräfte blicken auf eine lange Geschichte zurück, die unter briti- scher Direktive nach dem Ersten Weltkrieg in den 1920er Jahren begann. Seitdem be- trachteten alle Regierungen das Militär als politisches Instrument zur Machterhaltung und als Pfeiler der eigenen Legitimität. Gleichzeitig war das Militär jedoch ein eigenstän- dig handelender Akteur, der immer wieder mit den Regierungen in Konflikt über die Rolle des Staates und der Rolle der Streitkräfte in der Region geriet. Die Streitkräfte wollten die „Identität der Nation“ nach ihrem Vorbild formen und griffen deshalb immer wieder in die politischen Prozesse ein. Insgesamt lässt sich die Beziehung zwischen dem Staat bzw. den irakischen Regierungen und den Streitkräften als eine der gegenseitigen Abhängig- keit beschreiben. Seit dem Beginn der Herrschaft der Baath Partei 1968 und insbesondere der Macht- übernahme von Saddam Hussein 1979 erlebte die Armee grundlegende Veränderungen. Zuvor war das Militär nie ein monolithischer Block gewesen, sondern von unterschiedli- chen Ansichten und Ideologien, Generationen, Religionen und Ethnien geprägt, die in ge- wisser Weise die irakische Gesellschaft widerspiegelten. Die Baath Partei war hingegen bestrebt, die politische Macht des Militärs durch repressive Maßnahmen, totalitäre Struk- turen und nicht zuletzt ideologische Indoktrinierung einzuschränken. Offiziere waren oft enge Vertraute von Saddam Hussein oder kamen aus seiner Heimatregion Tikrit. Bis 1988 hatte die Baath Partei die Offiziere der „alten Schule“ erfolgreich „mundtot“ gemacht und durch eine neue loyale Führungsriege ersetzt. So zögerte das Militär nicht, die Bevölke- rung zu unterdrücken, um die Stabilität des Regimes Saddam Husseins zu garantieren. Dies führte in einigen Bevölkerungsteilen zu einer starken Ablehnung des Militärs. Mit dem Sieg der “Koalition der Willigen“ im Frühjahr 2003 begann die Auflösung des alten Regimes und der kurz darauffolgenden Einsetzung einer Übergangsverwaltung durch die USA. Beides markiert das Ende der autonomen Existenz der irakischen Streitkräfte sowie die Entlassung von 400.000 Soldaten. Die Folge war das Aufbrechen verkrusteter Struk- turen, die jedoch über die Jahre eine gewisse Stabilität innerhalb der Streitkräfte und des Landes garantiert hatten. Trotz der gesellschaftlichen Vorbehalte gegenüber dem Militär, begegnete die Bevölkerung dieser Entwicklung ablehnend und protestierte. Mit dem Ziel, eine Armee aufzubauen, deren zukünftige Aufgabe weiterhin die innere Sicherheit war (die traditionell zur Aufgabe der irakischen Armee gehörte), führten die USA, Großbritan- nien, Australien und Jordanien ein umfassendes, von der NATO unterstütztes, militäri- sches Ausbildungsprogramm ein, das auch die Landesverteidigung als Anspruch/Aufgabe integrierte. Obwohl die Regierungen den schnellen und guten Fortschritt dank dieses Pro- gramms lobten, ist die Armee bis heute noch durch ethnische und religiöse Differenzen tief gespalten. Die fehlende Sicherheit im Land, die ständigen Bombenanschläge, das gewaltsame Vor- gehen des Militärs bei Hausdurchsuchungen und die bestehenden religiösen Differenzen innerhalb der Streitkräfte haben das Ansehen der Armee, aber auch der Regierung, inner- halb der Gesellschaft über Jahre geschwächt und ihre Legitimität in Frage gestellt. Der von 2006 bis 2014 amtierende Ministerpräsident al-Maliki stützte sich auf Militär und Spezi- aleinheiten, die von der Bevölkerung als „brutale Milizen“ wahrgenommen werden. Sie agierten, wie einst bei Saddam, in Geheimoperationen und gehören zu den am besten aus- gebildeten Militärs im Nahen und Mittleren Osten. Das Erstarken des Islamischen Staats BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 16\
LÄNDERBERICHT \ IRAK im Irak und die rasante Einnahme großer Teile des irakischen Territoriums haben im Jahr 2014 die Schwäche der irakischen Streitkräfte offenbart. Von den zwischenzeitlich aus den USA gelieferten 146 M1A1 Panzern gerieten im Jahr 2014 bis zu 30 in feindliche Hände. Die Armee musste massive Niederlagen hinnehmen und verlor fast ein Drittel des irakischen Territoriums an den IS. Ein leichtes Spiel für die islamistischen Kämpfer schien auch die Übernahme der zweitgrößten irakischen Stadt Mossul im Juni 2014, bei der die irakische Armee den Terroristen hilflos gegenüberstand. Tausende Soldaten desertierten oder liefen zu den vorrückenden Terrortruppen über. Iraks damaliger Regierungschef, Nuri al-Maliki, wollte die Schwäche seiner Armee nicht wahrhaben. Anfang 2016 konnte die Stadt zurückerobert werden – in einer Stellungnahme des Militärs im irakischen Fern- sehen wurde dies als Siegeszug gefeiert. Dennoch bestehen weiterhin Defizite, die im Kampf gegen den IS vor allem mithilfe der größtenteils schiitischen, durch Iran finanzier- ten und ausgestatteten al-Hashd al-Shaabi Milizen (auch als Popular Mobilization Units bekannt) ausgebessert wurden. Der aus rund 50 Gruppen bestehende Milizenverbund ist erst seit 2014 unter diesem Namen benannt, tatsächlich dominieren hier jedoch zahlrei- che Milizen, die bereits seit Jahren im Irak aktiv sind. Die Angaben zum Umfang des Ver- bundes sind umstritten und liegen zwischen 60.000 und 140.000 Kämpfern. Ein im Irak stark umstrittenes Gesetz, das im November 2016 durch das Parlament verabschiedet wurde, machte die Hashd al-Shaabi zu unabhängig agierenden Teilen der irakischen Streitkräfte. 130.000 ihrer Kämpfer wurden im Juli 2019 in die nationale Armee, insbe- sondere das Heer, integriert. Polizei und andere Sicherheitskräfte Tabelle 10 Ausgaben für öffentliche Ordnung und Sicherheit 2013 2014 2015 2016 2017 Ausgaben öffentliche Ordnung / Si- - - - - - cherheit Angaben in Milliarden US-Dollar, Die Ausgaben für Sicherheit und öffentliche Ordnung wurden von nationalen Währun- gen in US-Dollar in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr umgerechnet. Quelle: IMF Government Finance Statistics Kommentar Neben dem irakischen Militär existieren weitere Sicherheitskräfte, die überwiegend dem irakischen Innenministerium unterstehen, teilweise aber auch direkt der Antiterror- abteilung des Ministerpräsidenten zugeordnet sind. Diese Truppen sind rund 150.000 Mann stark. Die Sicherheitskräfte umfassen den Iraqi Police Service (IPS), also die nor- male Polizei, die Bundespolizei (Iraqi Federal Police) und die Grenzpolizei (Border En- forcement Department) sowie die Oil Police und den Objektschutz (Facilities Protection Service). BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 17\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Die derzeitigen Organisationstrukturen wurden nach der militärischen Invasion 2003 und der Auflösung der Polizei neu geschaffen. Hierfür wurde auch neues Personal rekru- tiert. Speziell die USA haben den Aufbau und die Ausbildung der Polizei forciert. Um die operative Lücke zwischen Polizei und Armee zu schließen, gründete die irakische Regie- rung 2004 die Bundespolizei als paramilitärische Einheit. Die Hauptaufgabe dieser Spezi- aleinheit besteht darin, schnell auf gefährliche Vorfälle oder bewaffnete Aufstände zu re- agieren. Sie soll immer dann eingreifen, wenn die irakische Polizei nicht in der Lage ist, die Situation unter Kontrolle zu bringen oder für bestimmte Operationen nicht ausgebil- det ist. Aus Sicht der Bevölkerung hat die Polizei während der Gewaltphase zwischen 2006 und 2007 eine kontroverse Rolle gespielt. Viele beschuldigen sie, sich an religiös (konfes- sionell) motivierten Verbrechen beteiligt zu haben. Seit 2007 wurde die Gewalt im Land weiter durch die irakische Regierung und die Koalitionsstreitkräfte eingedämmt; gleich- zeitig begann auf Grundlage von Reformen eine Kurskorrektur in der Ausbildung der Po- lizei, um die Sicherheitskräfte mit anderen Aufgaben als der Aufstandsbekämpfung ver- traut zu machen. Schwerpunkt der Einsätze seit 2007 sind klassische Aufgaben der Straf- verfolgung und der Schutz von Zivilisten. Die Polizei gehört zu den präsentesten Sicherheitsakteuren in der Gesellschaft. Den- noch hat die Polizei insgesamt mit massiven Schwierigkeiten auf den unteren Ebenen zu kämpfen, da sich die internen Sicherheitsprobleme durch schlechte Bezahlung, mangel- haftes Training und fehlende Loyalität weiter vergrößern. Bemerkenswerterweise wird die Bundespolizei als Sondereinheit in gewissen Situationen sowohl durch die Polizei für die innere als auch durch das Militär für die äußere Sicherheit zur Unterstützung heran- gezogen. Einsätze umfassen bis heute noch Aufstandsbekämpfung und Antiterrormissio- nen. Als kleinere, unterstützende Einheit besteht die Grenzpolizei, die unter anderem für die Grenzkontrollen und Gefängnissicherheit zuständig ist. In ihren Aufgabenbereich fällt aber auch der Schutz von Gebäuden, die im Besitz der irakischen Regierung sind. Neben den Polizeieinheiten existieren zahlreiche Geheimdienste, denen unterschiedli- che Aufgaben zugeteilt sind. Überwiegend sind sie aber mit der Informationsbeschaffung und -auswertung betraut. Ein Geheimdienst innerhalb des Innenministeriums (National Information and Investigation Agency) ist mit dem US-amerikanischen FBI vergleichbar und beschränkt sich hauptsächlich auf die Innenaufklärung. Dem Verteidigungsministe- rium ist das Directorate General for Intelligence and Security zugeordnet, das sowohl In- formationsbeschaffung im Inland als auch Auslandsaufklärung betreibt und teilweise in irakischen Botschaften eingesetzt wird. Der National Intelligence Service wiederum gleicht der US-amerikanischen CIA und ist hauptsächlich auf die Aufklärung interner und externer Bedrohungen spezialisiert. Da auch das Ministry of State for National Security Affairs mit der Informationsbeschaffung über interne und externe Bedrohungen beauf- tragt ist, befindet es sich mit letzterem in einem Konflikt. Das Büro des Ministerpräsiden- ten verfügt zudem über einen eigenen Geheimdienst (The Office of Information and Security), dessen Aufgabenfeld nicht bekannt ist. Dieser Geheimdienst berichtet aus- schließlich dem Ministerpräsidenten. Auch das Militär verfügt über einen eigenen Ge- heimdienst, der M2 (ehemals Military Intelligence Directorate), der dem Verteidigungs- ministerium zugeordnet ist und für alle Teilstreitkräfte Aufklärung betreibt. Insgesamt BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 18\
LÄNDERBERICHT \ IRAK gibt es im Irak weitreichende Koordinationsprobleme bei den Geheimdiensten. Ihre Kon- trolle ist unzureichend ausgestaltet und ihr Nebeneinander verwischt die Aufgaben, so dass es immer wieder zu Konflikten zwischen den einzelnen Geheimdiensten kommt. Außerhalb des Militärs und der Polizei operiert die Antiterroreinheit, die einem zivilen Kommando untersteht und direkt dem Büro des Ministerpräsidenten zugeordnet ist. Problematisch sind die fehlende parlamentarische Kontrolle sowie der insgesamt unzu- reichende gesetzliche Rahmen für Operationen dieser Einheit. Ausschließlich von US-Spe- zialkräften ausgebildet, gilt die Antiterroreinheit heute als eine der effektivsten Kampf- truppen im Irak. Sie operiert unter vollkommender Geheimhaltung und koordiniert ihre Aktivitäten nicht mit anderen Sicherheitskräften, wodurch sie großem Misstrauen ausge- setzt ist. Der Antiterroreinheit werden Folter, Vergewaltigung und Raub vorgeworfen. Auch die Nähe zu US-amerikanischen Spezialeinheiten hat zu einer starken Skepsis inner- halb der irakischen Bevölkerung geführt. BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 19\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Informationen nach den Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts Überblick über die Einstufung nach BICC-Datenbank Kriterium Bewertung 1. Einhaltung internationaler Verpflichtungen Möglicherweise kritisch 2. Achtung der Menschenrechte im Empfängerland Kritisch 3. Innere Lage im Empfängerland Kritisch 4. Erhalt von Frieden, Sicherheit und Stabilität Kritisch in der Region 5. Bedrohung von Alliierten Kritisch 6. Verhalten in der internationalen Gemeinschaft Nicht kritisch 7. Unerlaubte Wiederausfuhr Kritisch 8. Wirtschaftliche und technische Kapazitäten Nicht kritisch des Landes Quelle: Bonn International Center for Conversion (BICC): Rüstungsexport-Datenbank (ruestungsexport.info). Einhaltung internationaler Verpflichtungen Tabelle 11 Mitgliedschaft in Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträgen Kurzname des Abkommens Status Quelle Chemiewaffen-Protokoll von 1928 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Partieller atomarer Teststopp Vertrag von 1963 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Äußerer Weltraumvertrag von 1967 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Non-Proliferationsvertrag für Nuklearwaffen von 1970 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Vertrag zum Verbot von Massenvernichtungswaffen auf Beigetreten SIPRI Jahrbuch dem Meeresboden von 1972 Biologie- und Toxinwaffen-Konvention von 1975 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Konvention zum Verbot der Veränderung der Umwelt zu Unterzeichnet, SIPRI Jahrbuch unfriedlichen Zwecken von 1978 nicht ratifiziert Konvention zum Verbot bestimmter konventioneller Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch Waffen von 1983 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 20\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Kurzname des Abkommens Status Quelle Chemiewaffen-Konvention von 1997 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Anti-Personenminen-Konvention (Ottawa Vertrag) von Beigetreten SIPRI Jahrbuch 1999 Übereinkommen über Streumunition von 2010 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Der Internationale Waffenhandelsvertrag (ATT) 2014 Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch Kommentar Der Irak ist einer Reihe wichtiger internationaler Abrüstungsabkommen beigetreten. Dem 1983 in Kraft getretene Vertrag zum Verbot bestimmter konventioneller Waffen ist der Irak nicht beigetreten, ebenso wenig dem Internationalen Waffenhandelsvertrag von 2014. Gegen den Irak sind derzeit sowohl Sanktionen der Vereinten Nationen als auch der Europäischen Union verhängt. Die VN-Sanktionen beziehen sich auf Kompensationszah- lungen an Kuwait sowie eingefrorenes Vermögen des ehemaligen Machthabers Saddam Hussein. Ebenfalls besteht ein Handelsembargo gegen gestohlene Kulturgüter. Ähnliche Beschränkungen gelten seitens der EU. Achtung der Menschenrechte im Empfängerland Tabelle 12 Mitgliedschaft in UN-Menschenrechtsabkommen Abkommen Status Quelle Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Beigetreten http://treaties.un.org Form von Rassendiskriminierung, 1969 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und Beigetreten http://treaties.un.org kulturelle Rechte, 1976 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Beigetreten http://treaties.un.org Rechte, 1976 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Dis- Beigetreten http://treaties.un.org kriminierung der Frau (CEDAW), 1981 Fakultativprotokoll zum CEDAW, 2000 Nicht beigetreten http://treaties.un.org Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, Beigetreten http://treaties.un.org unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, 1987 Übereinkommen über die Rechte des Kindes, 1990 Beigetreten http://treaties.un.org Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Beigetreten http://treaties.un.org Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie, 2002 BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 21\
LÄNDERBERICHT \ IRAK Abkommen Status Quelle Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Beigetreten http://treaties.un.org Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kin- dern an bewaffneten Konflikten, 2002 Box 4 Auszug aus dem Länderbericht des US-amerikanischen Außenministeriums zur Men- schenrechtspraxis für 2019 Iraq is a constitutional parliamentary republic. The 2018 parliamentary elections, while imperfect, generally met international standards of free and fair elections and led to the peaceful transition of power from Prime Minister Haider al-Abadi to Adil Abd al-Mahdi. On December 1, in response to protesters’ demands for significant changes to the political system, Abd al-Mahdi submitted his res- ignation, which the Iraqi Council of Representatives (COR) accepted. As of December 17, Abd al- Mahdi continued to serve in a caretaker capacity while the COR worked to identify a replacement in accordance with the Iraqi constitution. Numerous domestic security forces operated throughout the country. The regular armed forces and domestic law enforcement bodies generally maintained order within the country, although some armed groups operated outside of government control. Iraqi Se- curity Forces (ISF) consist of administratively organized forces within the Ministries of Interior and Defense, and the Counterterrorism Service. The Ministry of Interior is responsible for domestic law enforcement and maintenance of order; it oversees the Federal Police, Provincial Police, Facilities Protection Service, Civil Defense, and Department of Border Enforcement. Energy police, under the Ministry of Oil, are responsible for providing infrastructure protection. Conventional military forces under the Ministry of Defense are responsible for the defense of the country but also carry out coun- terterrorism and internal security operations in conjunction with the Ministry of Interior. The Coun- terterrorism Service reports directly to the prime minister and oversees the Counterterrorism Com- mand, an organization that includes three brigades of special operations forces. The National Secu- rity Service (NSS) intelligence agency reports directly to the prime minister. The Popular Mobiliza- tion Forces (PMF), a state-sponsored umbrella military organization composed of approximately 60 militia groups, operated throughout the country. Most PMF units were Shia Arab, reflecting the de- mographics of the country, while Sunni Arab, Yezidi, Christian, and other minority PMF units gener- ally operated within or near their home regions. All PMF units officially report to the national secu- rity advisor and are under the authority of the prime minister, but several units in practice were also responsive to Iran and Iran’s Islamic Revolutionary Guard Corps. The two main Kurdish political parties, the Kurdistan Democratic Party (KDP) and the Patriotic Union of Kurdistan (PUK), each maintained an independent security apparatus. Under the federal constitution, the Kurdistan Re- gional Government (KRG) has the right to maintain internal security forces, but the PUK and KDP separately controlled additional Peshmerga units. The constitution also allows for a centralized, sep- arate Asayish internal security service; however, KDP and PUK each maintained Asayish forces. The KDP and PUK also maintained separate intelligence services, nominally under the KRG Ministry of Interior. Civilian authorities did not maintain effective control over some elements of the security forces, particularly certain Iran-aligned PMF units. Poorly defined administrative boundaries and disputed territories between the Iraqi Kurdistan Region (IKR) led to confusion over the jurisdiction BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 22\
LÄNDERBERICHT \ IRAK of security forces and the courts. The country experienced large-scale protests in Baghdad and sev- eral Shia-majority governorates beginning in early October. Demonstrators gathered in the streets to reinforce their demands for an end to corruption and a restructuring of the government. Civilian authorities quickly lost control of the situation. Security and armed groups, including PMF forces, responded with live ammunition, tear gas canisters shot as projectiles, and concussion grenades, in an attempt to suppress the demonstrations. By official accounts, as of December 17, more than 479 civilians were killed and at least 20,000 were injured. While one general and several officers were under investigation, efforts to achieve accountability were limited. Significant human rights issues included: reports of unlawful or arbitrary killings, including extrajudicial killings; forced disappear- ances; torture; arbitrary detention; harsh and life-threatening prison and detention center condi- tions; arbitrary or unlawful interference with privacy; the worst forms of restrictions on free expres- sion, the press, and the internet, including violence against journalists, censorship, site blocking, and criminal libel; significant interference with the rights of peaceful assembly; legal restrictions on free- dom of movement of women; threats of violence against internally displaced persons (IDPs) and re- turnee populations perceived to have been affiliated with the Islamic State of Iraq and Syria (ISIS); widespread official corruption; unlawful recruitment or use of child soldiers by elements of the Kur- distan Workers’ Party (PKK), Shingal Protection Units (YBS), and the Iran-aligned PMF that operate outside government control; trafficking in persons; criminalization of lesbian, gay, bisexual, transgender, and intersex (LGBTI) status or conduct; violence targeting LGBTI persons; and re- strictions on worker rights, including restrictions on formation of independent unions, discrimina- tion in employment of migrants, women, those with disabilities, and child labor. The government, including the Office of the Prime Minister, investigated allegations of abuses and atrocities perpe- trated by the ISF, including a ministerial investigation of the October protests, but the government rarely punished those responsible for perpetrating or authorizing human rights abuses. Impunity effectively existed for government officials and security force personnel, including the ISF, Federal Police, PMF, and certain units of KRG Asayish internal security services. Despite a reduction in num- bers, ISIS continued to commit serious abuses and atrocities, including killings through suicide bomb- ings and improvised explosive devices (IEDs). The government had ongoing investigations and was prosecuting allegations of ISIS abuses and atrocities and, in some instances, publicly noted the con- viction of suspected ISIS members under the 2005 counterterrorism law. Quelle: United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2019 https://www.state.gov/reports/2019-country-reports-on-human-rights-practices/iraq/ Box 5 Auszug aus dem Jahresbericht von Amnesty International für 2018/2019 From October onwards, security forces, including factions of the Popular Mobilization Units (PMU), used excessive force against protesters involved in nationwide demonstrations, killing over 500 and injuring thousands; many of those killed were shot with live ammunition or hit with previously un- seen tear gas canisters. Activists, as well as lawyers representing protesters, medics treating injured ones and journalists covering the protests, were subjected to arrest, enforced disappearance and other forms of intimidation by intelligence and security forces. Authorities blocked access to the in- ternet, apparently to prevent the circulation of images of abuses by security forces. Approximately 1.55 million people remained internally displaced; many faced severe restrictions on their freedom of movement. Abrupt camp closures in Anbar and Ninewa governorates forced many families into BICC \ LÄNDERBERICHT 07 \ 2020 23\
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