Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10

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bioaktuell
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DAS MAGAZIN DER BIOBEWEGUNG                                  MÄRZ

            Jahr der Biodiversität:
            10 001 Aktion zum Mitmachen     Seite 4

            KB-Stiere aus Biozucht – das gibt’s   Seite 10

            Biofachgeschäfte, verkettet   Seite 14
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KO LU M N E                                                                                     I N H A LT ■

                                                 bioaktuell
Es war einmal …
Es war einmal ein Land, da flossen Milch
und Honig. Auf den Sommerwiesen
blühten Blumen in allen Formen und
Farben, im Sonnenlicht schimmerten
bunte Schmetterlinge, es kreuchten
und fleuchten golden glänzende Käfer.
Die Regenwürmer pflügten sich fleissig                        B I O D I V E R S I TÄT
durch den Boden und hielten ihn                            4 Vernetzte Biotope auf Bioböden
fruchtbar. Feldlerchen nisteten bei den                       Ökoflächen müssen richtig angelegt, gepflegt
              Bauern, die immer noch
                                                              und wenn möglich vernetzt sein, damit sie die
              ein wenig Gift in die Erde
                                                              Naturvielfalt fördern können. Besuch auf dem
              gaben, und auch bei den
              anderen, die ohne Gift aus-                     Schlatthof und Gespräch mit Thomas Buchli,
              kamen. Die Glocken der                          Leiter Natur, Landwirtschaft und Umwelt der
              Kühe trugen den Klang des                       Basler Christoph Merian Stiftung.
              Landes bis hinunter ins Tal.
              Im Reich der orangen                         7 Noch mehr Vielfalt auf Knospe-Höfen!
              Riesen, die in grauen                   4       Ein neues Bio Suisse Projekt bietet den Bäuerinnen
              Hochhäusern der Städte
                                                              und Bauern Unterstützung für die gezielte
hausten, verhallte der Klang. Die Riesen
                                                              Förderung der Biodiversität auf den Knospe-
und ihre Menschenvölker kannten ihn
nur als ferne Erinnerung. Es fror sie im                      Betrieben.
weissen Neonlicht, wenn sie ihre Milch
im Plastikbeutel kauften und ange-                         8 «Raum für die Natur»
welkte Salatköpfe in den Kofferraum                           Was bedeutet Biodiversität für die Schweiz und
sperrten.                                                     die Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern?
Das wurde auch den orangen Riesen zu
                                                              Interview mit Kurt Eichenberger vom WWF
trist und sie hörten in den Tiefen ihrer
                                                              Schweiz. Dazu die WWF-Kampagne «10'000
Herzen diesen fernen Sehnsuchtsklang.
Und sie erinnerten sich an die Bäue-
                                                              Aktionen für die Biodiversität».
rinnen und Bauern im Land, wo Milch                  10
und Honig flossen. «Wir machen ein                            PRODUKTION
Fest, ein Fest der Biodiversität!», ent-
                                                          10 KB-Stiere aus Biozucht
schieden sie. Doch das Land war klein.
                                                              Es gibt durchaus Stiere aus langjähriger Biozucht
Die beiden orangen Riesen begannen
zu buhlen und zu kämpfen, ein jeder
                                                              und -haltung. Aber das ist kaum bekannt und
wollte die Bauern samt ihren Blumen                           nirgends publiziert. bioaktuell stellt ein paar KB-
und Schmetterlingen und Vögeln ganz                           Stiere aus Biobetrieben vor.
für sich allein. Sie lockten mit Säcken
voller Goldtaler. Das säte Zwietracht                     13 60 Pferde in der Grossgruppe
zwischen den Bauern, die ein wenig Gift                       In neuen Stallungen hält die Strafanstalt Wauwiler-
benutzten, und den andern. Doch beide
                                                              moos 60 Pensionspferde verschiedener Rassen
Bauerngruppen waren stolze, selbst-
                                                     13       und jeden Alters in einer Grossgruppe. Zu erleben
bewusste und schlaue Völklein: «Wir
machen mit am Fest und zeigen euch,                           an einem Kurs von FiBL und Nationalgestüt
warum die Tiere und Pflanzen und Käfer                        Avenches.
und Würmer für uns so wichtig sind. Wir
nehmen auch die Goldtaler. Doch nach                          MARKT
dem Fest müsst ihr zurück in die Stadt»,
sagten sie. «Es gibt hier zu wenig Platz
                                                          14 Bioketten
für euch und noch mehr Riesen.»                               Eine grosse und zwei kleine Ketten von Biofach-
Der Streit der orangen Riesen zeigte den                      geschäften sind im Schweizer Detailhandelsmarkt
beiden Bauerngruppen, wie unmög-                              aktiv. Wo kommen sie her? Wo wollen sie hin?
lich es war, um Werte zu zanken. Sie
begannen einander zu begegnen und                             RUBRIKEN
voneinander zu lernen. Und beide Grup-               14
pen wussten: Damit auch in Zukunft die                     8 Impressum
Luft vor Insekten surrt, Schmetterlinge                   17 Ratgeber
schimmern und Regenwürmer durch die                       18 Notizen
Erde pflügen, müssen wir so arbeiten,                     19 Märitstand
dass es zum Wohle aller Wesen gereicht.
Wir alle.
Wir
                                                          20 Agenda
                                                          23 Das letzte Wort. Leserbriefe

                                                          Titelbild: Meisterlandwirt Thomas Buchli, Christoph
                                                          Merian Stiftung, auf dem Schlatthof bei Basel.
        Jacqueline Forster-Zigerli, Bio Suisse                                                       Bild: Thomas Alföldi

                                                                                                     bioaktuell 2/10        3
Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10
■ B I O D I V E R S I TÄ T

    Feldlerchen wollen mehr Bio
    Ökologische Ausgleichsflächen sind eine Massnahme für mehr Biodiversität. Sie müssen jedoch richtig
    angelegt und gepflegt werden, damit sie die Vielfalt der Arten, Gene und Ökosysteme fördern. Über
    Möglichkeiten und Grenzen sprach bioaktuell mit Landwirt Thomas Buchli vom Schlatthof, einem
    110-Hektaren-Biohof südlich von Basel.

                  E   in Vogel ruft der Reporterin zu, drei
                      Rehe äsen auf der Wiese: Ein pas-
                  sender Einstieg für ein Interview auf dem
                                                                                                             sen Sträucher mit Dornen gepflanzt wer-
                                                                                                             den, soll der Neuntöter gefördert werden.
                                                                                                             Dieser Vogel spiesst gefangene Insek-
                  Schlatthof zum Thema Biodiversität mit                                                     ten auf und schafft sich so einen Vorrat
                  Thomas Buchli, Leiter Natur, Landwirt-                                                     für schlechtere Zeiten. Das Anlegen der
                  schaft und Umwelt bei der Christoph                                                        Ökoflächen begleiteten Andreas Boss-
                  Merian Stiftung. Der 110-Hektaren-Bio-                                                     hard und Daniel Kuster vom Büro für
                  hof gehört zur Gemeinde Aesch BL, liegt                                                    Ökologie und Landschaft (Ö+L). Von ih-
                  sechs Kilometer südlich der Stadt Basel                                                    nen kam auch die Initiative für das Öko-
                  und ist Teil eines Ökovernetzungspro-                                                      vernetzungsprojekt.
                  jektes des Kantons Baselland.                                                                   Schon vor dem Start des Vernet-
                                                                                                             zungsprojektes bestanden auf dem
                  Biotope vernetzen                                                                          Schlatthof Buntbrachen sowie Mager-
                  In den letzten Jahren wurden auf dem                                                       wiesen, die traditionell sehr spät gemäht
                  Hof 54 Hochstammobstbäume gesetzt,                                                         wurden. Auf dem Rundgang zeigt Mei-
                  560 Meter Hecken gepflanzt sowie arten-                                                    sterlandwirt Buchli auch auf zwei Wild-
                  reiche Säume und Ökowiesen angesät.           Thomas Buchli.                               kirschbäume. Diese wurden vor Jahren
                  Über die noch kleinen Kronen der Hoch-                                                     in der Verlängerung eines kleinen Wald-
                  stammobstbäume ragen lange Stecken,                Die Säume und Hecken wurden als         streifens gepflanzt. Die Abstände sind so
                  als wären die Bäume schlecht geschnit-        Bänder so angelegt, dass sie die Wälder      weit gewählt, dass sich die Wiesen den-
                  ten. Die Stecken wurden jedoch bewusst        und Naturschutzgebiete um den Hof mit-       noch gut maschinell bewirtschaften las-
                  bei jedem Baum eingesteckt. «Sie sollen       einander verbinden. Die linienförmigen       sen.
                  verhindern, dass sich auf den jungen Äs-      Säume und Hecken beeinträchtigen
                  ten Krähen niederlassen und Knospen           die Bewirtschaftung der angrenzenden         Lebendiger Boden bildet Basis
                  des Haupttriebes beschädigen», erklärt        Äcker kaum. Entscheidend für die Qua-        Die ökologischen Ausgleichsflächen sind
                  der Landwirt beim Gang durch die Allee.       lität der Ausgleichsflächen ist auch, dass   für Thomas Buchli nur eine Massnah-
                  Die Lehre hat er aus der Entwicklung von      für artenreiche Säume, Buntbrachen           me zur Förderung der Biodiversität. «Die
                  Hochstammbäumen gezogen, die früher           und Ökowiesen standortgerechte Sor-          Grundlage ist ein intakter, lebendiger Bo-
                  gepflanzt worden waren.                       ten gewählt werden. In den Hecken müs-       den», betont er.

                      Der Schlatthof in Kürze
                      Der Schlatthof in Aesch BL umfasst
                      108,5 Hektaren landwirtschaftliche
                      Nutzfläche und 8 Hektaren Wald.
                      27 Hektaren sind Naturwiesen, Wei-
                      den und Ökoflächen, 78 Hektaren
                      Ackerland, je knapp 2 Hektaren Obst
                      und Reben. Auf dem Hof weiden
                      60 Mutterkühe und 2 Stiere sowie 6
                      Mutterschafe und ein Widder. Zum
                      Betrieb gehören zudem 150 Plätze für
                      grosses Mastvieh und 280 Plätze für
                      Mastschweine.
                      Der Schlatthof gehört der Christoph
                      Merian Stiftung. Bewirtschaftet wird er
                      von Betriebsleiter Andreas Leimgruber
                      zusammen mit zwei Mitarbeitern und
                      einem Lehrling. Thomas Buchli ist bei
                      der Stiftung Leiter Natur, Landwirt-
                      schaft und Umwelt. In dieser Funktion
                      ist der verantwortlich für die sechs
                      Höfe der Stiftung und Mitglied der
                      Geschäftsleitung.                   mo
                                                                In der neu angelegten Hecke brütete 2009 erstmals ein Schwarzkehlchenpaar.

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Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10
Bilder: Thomas Alföldi
Gesunde Böden sind für Thomas Buchli die Basis für mehr Biodiversität. Seit der Umstellung auf Biolandbau beobachtet er eine deutliche
Verbesserung der Bodenqualität.

                                              Schweineration und bringen Stickstoff in                                  seltene Schmetterlinge auf dem Schlatt-
 Biobauern                                    den Boden.                                                                hof beobachtet werden. Erste Erfolge
 für Biodiversität                                                                                                      seien, so der Landwirt, rasch erreichbar:
 Dass Biobauern die Biodiversität
                                              Mehr Vögel, Schmetterlinge                                                «Drei, vier Jahre später kann der Effekt
 fördern, ist im Bio Suisse Leitbild fest-
                                              und Mücken                                                                auch wieder verschwunden sein.» Wich-
 gehalten:                                    Thomas Buchli stellt fest, dass die Vogel-                                tig ist dem 64-Jährigen, möglichst viele
 ■ Wir fördern die Vielfalt der Flora und     welt auf dem Schlatthof vielfältiger ge-                                  Arten und Gene als Potenzial für die Zu-
    Fauna sowie ein lebendiges Öko-           worden ist. Es gebe jedoch auch mehr                                      kunft zu erhalten, unabhängig von kurz-
    system.                                   Mücken und Fliegen. Er zählt aber nicht                                   fristigen Erfolgen oder Misserfolgen.
 ■ Wir tragen dem Boden Sorge, damit
                                              auf, wie viele gefährdete Vogelarten oder                                      Dabei sind viele Zahlen vorhanden:
    er fruchtbar und lebendig bleibt.
                                                                                                                        Der Schlatthof mit seiner Umgebung ist
                                                                                           Bild: SVS/BirdLife Schweiz

                                                                                                                        im Rahmen des Ökovernetzungspro-
    Hier beobachtet er eine grosse Ver-                                                                                 jektes ein gut untersuchtes Gebiet. Die
änderung, seit der Betrieb 1997 auf                                                                                     Vogelwarte Sempach ist beteiligt, das
biologische Bewirtschaftung umgestellt                                                                                  FiBL forscht dort, und das Büro Ö+L ver-
wurde: Der Boden enthält deutlich mehr                                                                                  fasst alle zwei Jahre einen Auswertungs-
organische Substanz, was die Struktur                                                                                   bericht zuhanden von Stiftung und Kan-
verbessert und verhindert, dass die Löss-                                                                               ton Baselland. Der Bericht von Ende
böden verschlämmen. War der Schlatt-                                                                                    2007 hält fest, dass auf dem Schlatthof die
hof vor der Umstellung ein vieharmer                                                                                    naturnahen Lebensräume rund 15 Pro-
Ackerbaubetrieb, liefern jetzt Mutter-                                                                                  zent der landwirtschaftlichen Nutzfläche
kühe, Mastvieh und Schweine Mist und                                                                                    einnehmen.
Gülle für mehr organische Substanz                                                                                           Im letzten Jahr beobachtete Dani-
und Bodenleben in den Äckern. Posi-                                                                                     el Kuster von Ö+L erstmals ein Schwarz-
tiv wirken auch Gründüngungen und ei-                                                                                   kehlchenpaar mit Jungen in der neu an-
ne zweijährige Kunstwiese in der Frucht-                                                                                gelegten Hecke. Zum gesamten Vernet-
folge. Mehr Vieh bedeutet, dass auf rund                                                                                zungsgebiet heisst es im Bericht, dass die
der Hälfte der Ackerflächen Futter für die                                                                              Indikatorarten Feldlerche, Gartenrot-
Tiere wächst: Triticale, Mais und Acker-                                                                                schwanz, Grünspecht und der Feldhase
bohnen. Letztere liefern Eiweiss für die      Schwarzkehlchen.                                                          deutlich profitieren konnten.

                                                                                                                                                                  bioaktuell 2/10                        5
Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10
Buntbrachen werden von verschiedenen Vogelarten rege genutzt und bieten im Winterhaltjahr genügend Nahrung und Deckung für
                      Distelfinken.

                      Gratwanderung zwischen                     duktionsfläche und damit an Einkom-                                       ge. Darauf kommt der Landwirt mehr-
                      Produktivität und Biodiversität            men gegenüber. Das Einkommen sei ge-                                      fach zu sprechen. Die Hecken wollen ge-
                      Dem Gewinn an Biodiversität steht          ringer, auch wenn der Kanton Basel-                                       schnitten sein, die Hochstammbäume er-
                      für Thomas Buchli der Verlust an Pro-      land für die Ökoflächen Beiträge bezah-                                   zogen und rund um die Bäume müssen
                                                                 le. Als der Bündner Bergbauernsohn vor                                    in den ersten Jahren dauernd die Mäuse
                                                                 rund 40 Jahren auf den Schlatthof kam,                                    in Schach gehalten werden. Das Schnei-
     Biolandbau fördert Biodiversität                            war für ihn klar, dass in diesem vorzüg-                                  den der Hecken ist eine dornige Arbeit
     Der biologische Anbau fördert natürliche Lebens-            lichen Ackerbaugebiet voll auf Produk-                                    für Betriebsleiter Andreas Leimgruber
     prozesse und unterstützt die Wechselbeziehungen             tion gesetzt werden soll. Das entsprach                                   und seine Mitarbeiter. Die Dornen kön-
     zwischen Ökosystemen, Arten und Genen. Positiv              auch dem, was damals gelehrt wurde. In                                    nen selbst durch gute Handschuhe in die
     wirkt sich insbesondere aus, dass Biobauern weniger         der Zwischenzeit hat für ihn eine vielfäl-                                Hände dringen.
     Pestizide einsetzen und ganz auf chemisch-synthe-
                                                                 tige Tier- und Pflanzenwelt an Bedeu-
     tische Pestizide und Herbizide verzichten. Zudem                                                                                      Beobachten und
                                                                 tung gewonnen. «Der Mensch lebt nicht
     pflegen sie einen höheren Anteil an ökologischen                                                                                      sich Zeit nehmen
     Ausgleichsflächen. Weite, vielfältige Fruchtfolgen mit
                                                                 vom Geld allein», bemerkt er.
     viel Klee sowie das Düngen mit Mist, Kompost und                 Säume und Hecken beanspruchen                                        «Wer die Biodiversität auf seinem Hof
     Gülle führen zu lebendigen und gesunden Böden.              nicht nur Fläche, sie erfordern auch Pfle-                                fördern will, muss gut beobachten und
     Vielfältige Untersuchungen zeigen folgende Auswir-                                                                                    sich Zeit nehmen, um Massnahmen zu
                                                                                                              Bild: SVS/BirdLife Schweiz

     kungen auf die Biodiversität und die Böden:                                                                                           entwickeln und auszuprobieren», fasst
     ■ Biolandbau bietet deutlich mehr Arten einen                                                                                         Thomas Buchli zusammen. Gerade an
         Lebensraum als der konventionelle Landbau. Auf                                                                                    Zeit mangle es jedoch vielen Berufskol-
         Biohöfen finden sich im Schnitt 30 Prozent mehr
                                                                                                                                           legen, so seine Beobachtung. Er ist sich
         Tier- und Pflanzenarten und 50 Prozent mehr
                                                                                                                                           bewusst, dass die Anstellung bei der Stif-
         Individuen.
     ■ Biologisch bewirtschaftete Böden sind reicher                                                                                       tung ihm hier eine Vorzugsstellung ge-
         an Bodenmikroorganismen und Regenwürmern.                                                                                         währt und Experimente zulässt, die sich
         Dadurch verbessern sich Bodenfruchtbarkeit und                                                                                    wirtschaftlich kaum begründen liessen.
         -gesundheit und die Bodenerosion wird vermin-                                                                                          Dass der 110-Hektaren-Hof in einer
         dert.                                                                                                                             Hand ist, hilft auch, dass das landschaft-
     ■ In Bioäckern leben mehr Laufkäfer, Spinnen und                                                                                      lich reizvolle Gebiet am Stadtrand von
         andere Nützlinge, die Kulturschädlinge auf natür-                                                                                 Basel noch nicht überbaut ist – eine un-
         liche Weise dezimieren.
                                                                                                                                           abdingbare Voraussetzung für Biodiver-
     Weitere Information im bioaktuell 1/10, Seite 18–20,
                                                                                                                                           sität.
     und auf www.bio-suisse.ch und www.fibl.org         mo
                                                                 Feldlerche.                                                                               Edith Moos-Nüssli, Bio Suisse

6   bioaktuell 2/10
Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10
Bio Suisse Projekt: Noch mehr
              Naturvielfalt auf Knospe-Höfen!
              Bio Suisse bietet in einem neuen Projekt den Knospe-Bäuerinnen und Knospe-Bauern Unterstützung
              an für die gezielte Förderung der Naturvielfalt auf ihren Betrieben. Das dreijährige Projekt «Förderung
              der Biodiversität auf Knospe-Höfen» wird vom Coop Fonds für Nachhaltigkeit und Bio Suisse finanziert.
              Partner sind das FiBL für die Beratung und der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz für kon-
              krete Aktionen auf dem Betrieb.

I

                                                                                                                                              Bild: Lukas Pfiffner
  n diesen Tagen lanciert Bio Suisse das
  Projekt «Förderung der Biodiversi-
tät auf Knospe-Höfen». Die Knospe-Be-
triebe sollen noch biodiverser, noch viel-
fältiger und noch bunter werden!

Ziele und Stossrichtung
Der Verband Bio Suisse möchte messbare
Fortschritte bei der Nachhaltigkeit der
Knospe-Produktion erreichen. Im Be-
reich Biodiversität arbeitet Bio Suisse auf
zwei Ebenen auf dieses Ziel hin:
■ Eine Arbeitsgruppe bereitet die Wei-
    terentwicklung der Richtlinien im
    Bereich Naturvielfalt vor. Ein Vor-
    schlag wird im Lauf dieses Jahres in
    den Bio Suisse Gremien diskutiert
    werden.
■ Das hier vorgestellte Beratungs- und         Viele Tier- und Pflanzenarten profitieren von einer blühenden, reich strukturierten
    Umsetzungsprojekt will ganz kon-           Landschaft.
    krete Massnahmen zur Förderung
    der Naturvielfalt auf Knospe-Betrie-       gezielt zu fördern, die bestehenden Öko-          und die Öffentlichkeit aufzeigen und
    ben realisieren.                           ausgleichsflächen qualitativ zu verbes-           darstellen.
                                               sern, neue Elemente anzulegen sowie na-         ■ Auf ausgewählten Betrieben können
Das neue Förderprojekt – ein                   turnahe Flächen und Strukturelemente              in Zusammenarbeit mit Bio Suisse,
Angebot an die Knospe-Bauern                   miteinander zu vernetzen. Dazu bie-               SVS und FiBL Aktionen zur Biodi-
Biobäuerinnen und Biobauern leisten            ten wir den Knospe-Bauern und -Bäue-              versität durchgeführt werden – zum
durch den Verzicht auf chemisch-syn-           rinnen eine umfassende Unterstützung              Beispiel Führungen anbieten, einen
thetische Mittel, die sorgfältige Pflege des   an, welche folgende Leistungen umfasst:           Lehrpfad einrichten, einen Tag der
Bodens, die nachhaltige und weniger in-        ■ Kostenlose Beratung zur gezielten               offenen Tür veranstalten.
tensive Bewirtschaftung einen grossen              Förderung der Biodiversität durch
Beitrag zur Biodiversität im Landwirt-             Beratungsleute des FiBL.                    Infos zum Einsteigen
schaftsland. Dies wurde mehrfach wis-          ■ Unterstützung bei der Umsetzung               Weitere Informationen zum Beratungs-
senschaftlich bewiesen. Es gibt jedoch             der Massnahmen.                             angebot und Anmeldeformulare erhalten
auch Biobetriebe, welche im Bereich Bio-       ■ Jeder teilnehmende Betrieb erhält             Sie bei Reto Bergmann, Bio Suisse, Tel.
diversität noch Verbesserungs- und Ent-            mindestens 1000 Franken für Pflanz-         061 385 96 10, E-Mail reto.bergmann@
wicklungspotenzial haben – und andere,             und Saatgut.                                bio-suisse.ch
die den ökologischen Ausgleich zum Be-         ■ Mit Hilfe von Hof- und Feldtafeln                  Fragen zum ganzen Projekt und
triebszweig ausbauen können.                       können die Betriebe ihre Leistungen         zur Richtlinienüberarbeitung an Karin
    Bio Suisse startet deshalb jetzt im            für die Naturvielfalt für Besucher          Nowack, Bio Suisse, Tel. 061 385 96 46,
März ein über drei Jahre laufendes Pro-                                                        E-Mail karin.nowack@bio-suisse.ch
jekt zur Förderung der Biodiversität auf        Ein Projekt für die Bäuerinnen, für die             Beachten Sie auch die Internetsite
Knospe-Höfen. Wir wollen Knospe-Bau-            Bauern und für die Natur. Dabeisein            www.bio-suisse.ch ➝ Biodiversität. Da
ern motivieren, auf ihrem Betrieb die Ar-       heisst die Knospe-Höfe noch biodi-             gibt’s Informationen zum Beratungsan-
ten- und Lebensraumvielfalt weiter und          verser, noch vielfältiger und bunter           gebot, das Anmeldeformular zum Her-
                                                gestalten. Machen Sie mit: Fördern Sie         unterladen und viel Wissenswertes zum
                                                Schmetterlinge und Blumen, locken Sie          Thema Naturvielfalt.
                                                Vögel und Feldhasen ins Kulturland!
                                                                                                                   Karin Nowack, Bio Suisse

                                                                                                                                          bioaktuell 2/10            7
Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10
«Der Natur ihren Raum lassen»
    Was bedeutet Biodiversität oder Naturvielfalt für die Schweiz? Was für die Schweizer Biobäuerinnen
    und Biobauern? Antworten von Kurt Eichenberger, Verantwortlicher für Biodiversität beim WWF
    Schweiz. Und zehntausend weitere Aktionen zum Mitmachen!

                      bioaktuell: Die UNO hat 2010 zum Jahr           die Situation alles andere als rosig: Al-
                      der Biodiversität erklärt. Ist das auch für     le 90 Minuten – so lange dauert ein Fuss-      Biodiversität
                      die Schweiz ein wichtiges Jahr?                 ballspiel – geht in unserem Land die Flä-      und Landwirtschaft
                      Kurt Eichenberger: Ja, es ist sogar ein         che eines Fussballfeldes verloren. Das         Biodiversität steht für die Vielfalt des
                      sehr wichtiges Jahr. Die kürzlich erschie-      Jahr 2010 ist eine einmalige Gelegenheit,      Lebens auf drei Ebenen:
                      nene Gfs-Studie* zur Biodiversität zeigt,       auf diese Umstände aufmerksam zu ma-           ■ Vielfalt der Ökosysteme (bezie-
                      dass das Verständnis von Biodiversität          chen und Lösungen in Angriff zu neh-              hungsweise Lebensräume)
                      in der Schweizer Bevölkerung nicht sehr         men.                                           ■ Vielfalt der Arten (Tiere, Pflanzen,
                                                                                                                        Pilze, Mikroorganismen)
                      weit entwickelt ist. Eine grosse Mehrheit
                                                                                                                     ■ Vielfalt der Gene (Rassen oder
                      hat den Eindruck, dass es um die Biodi-         Was bringen Biodiversität und Natur-
                                                                                                                        Sorten von wildlebenden und kulti-
                      versität in der Schweiz gut steht. Dieser       schutz den Biobäuerinnen und Biobau-              vierten Pflanzen und Tierarten)
                      Eindruck ist leider falsch angesichts der       ern?                                           Der Landwirtschaft kommt eine zen-
                      langen roten Listen und des Zustandes           Zahlreiche Studien haben bestätigt,            trale Rolle zu, weil sie die Natur und
                      vieler wichtiger Lebensräume wie zum            dass Menschen vielfältige Landschaften         die Naturvielfalt ganz direkt und auf
                      Beispiel der Feuchtgebiete. Insgesamt ist       mit hoher Naturvielfalt sehr viel schö-        grossen Flächen – in der Schweiz und
                                                                      ner und erholsamer finden als mono-            weltweit rund ein Drittel der Landflä-
                      * GfS: Schweizerische Gesellschaft für
                                                                      tone. Die Biobauern, die ich kenne, füh-       che – negativ oder positiv beeinflussen
                      praktische Sozialforschung, www.gfs.ch.
                                                                                                                     kann.
                      Die Studie «Biodiversität 2009» entstand        len sich dieser Vielfalt in hohem Grade
                      im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt           verpflichtet. Und wenn der Ab-Hof-Ver-
                      BAFU und ist zugänglich auf
                                                                      kauf floriert, hat das oft auch mit der au-   zung, gekoppelt mit dem fehlenden po-
                      www.gfsbern.ch ➝ Publikationen ➝
                      Forschungsberichte                              thentischen und einnehmenden Umge-            litischen Willen, diesen Problemen ent-
                                                                      bung zu tun. Zudem sind gerade Biobau-        schieden entgegenzutreten. Der Verlust
                                                                      ern auf eine hohe Biodiversität in Boden      an Biodiversität geht schleichend vor
                        IMPRESSUM
                                                                      und Umgebung angewiesen, um Zerset-           sich, wir nehmen diesen Verlust zu wenig

                       bioaktuell                                     zungsleistungen in Böden, Bestäubungs-
                                                                      leistungen oder natürliche Schädlingsbe-
                                                                                                                    wahr. Doch wenn eine Tier- oder Pflan-
                                                                                                                    zenart ausstirbt oder ganze Lebensräu-
                                                                      kämpfung zu ermöglichen oder zu ver-          me verloren gehen, lässt sich dies kaum
                      19. Jahrgang                                    bessern. Die Bäuerinnen und Bauern            mehr rückgängig machen. Dabei ist die
                      Erscheint 10-mal jährlich
                                                                      tragen aber auch eine grosse Verantwor-       Naturvielfalt Grundlage unseres Lebens,
                      (jeweils Anfang Monat, ausser August und
                      Januar)                                         tung für die gesamte Gesellschaft: Eine       wir sägen also gewissermassen an un-
                      Auflage 7058 Exemplare (WEMF-beglaubigt)        hohe Biodiversität ist eine Versicherung      serem eigenen Ast. Es hapert bei der Um-
                      Geht an Produktions- und Lizenzbetriebe von     für das Überleben unserer ganzen Gesell-      setzung bestehender Instrumente zum
                      Bio Suisse; Abonnement Fr. 49.–, Ausland        schaft.                                       Schutz der Biodiversität oder diese sind
                      Fr. 56.–.
                                                                                                                    zu wenig effizient. Der Ökoausgleich in
                      Abonnementsdauer Kalenderjahr, Kündigung
                      auf Ende Dezember                               Warum ist denn die Naturvielfalt bedroht?     der Landwirtschaft etwa muss dringend
                      Herausgeber FiBL, Forschungsinstitut für        Die Hauptursachen für die Biodiversi-         verbessert werden, damit er bei gleichem
                      biologischen Landbau, Ackerstrasse, Postfach,   täts-Krise sind unser hoher Flächenver-       Aufwand bessere Resultate bringt. Zu-
                      CH-5070 Frick, Telefon +41 (0)62 865 72 72,     brauch und die zu intensive Landnut-          dem fehlen uns neue Instrumente, die
                      Telefax +41 (0)62 865 72 73, www.fibl.org
                                                                                                                    die Nutzung von Naturvielfalt vermehrt
                      Bio Suisse (Vereinigung Schweizer Bioland-
                                                                                                                    nach dem Verursacherprinzip belasten.
                      bau-Organisationen), Margarethenstrasse 87,      i Mehr zum Thema
                      CH-4053 Basel, Telefon +41 (0)61 385 96 10,
                      Telefax +41 (0)61 385 96 11,                     Biodiversität                                An was denken Sie dabei?
                      www.bio-suisse.ch                                                                             Im Gegensatz zu den Bäuerinnen und
                      Redaktion Markus Bär, Thomas Alföldi (FiBL);
                                                                                                                    Bauern, die über den ökologischen Lei-
                      Jacqueline Forster-Zigerli, Christian Voegeli    ■ Ein Fachdossier von FiBL, Bio Suisse
                      (Bio Suisse); E-Mail bioaktuell@fibl.org           und Coop zum Zusammenhang zwi-             stungsnachweis schon seit 15 Jahren in
                      Gestaltung Daniel Gorba                            schen Biolandbau und Artenvielfalt         die Pflicht genommen werden, haben
                      Druck Brogle Druck AG, Postfach,                   finden Sie auf www.bio-suisse.ch           wir zum Beispiel bei den Freizeitakti-
                      5073 Gipf-Oberfrick,                               und www.fibl.org                           vitäten keine vergleichbaren Verpflich-
                      Telefon +41 (0)62 865 10 30,
                                                                       ■ Beachten Sie auch den Schwer-              tungen. Jeder benützt und schädigt da-
                      Telefax +41 (0)62 865 10 39
                                                                         punkt im letzten bioaktuell mit            bei oft auch die Natur, ohne dafür zu be-
                      Inserate Erika Bayer, FiBL, Postfach,
                                                                         einer Einführung ins Thema und
                      5070 Frick, Telefon +41 (0)62 865 72 00,                                                      zahlen. Gleiches gilt für den Bodenver-
                                                                         verschiedenen Aktionen (Nr. 1/10,
                      Telefax +41 (0)62 865 72 73,                                                                  brauch. Ich kann morgen in ein Haus mit
                      E-Mail erika.bayer@fibl.org
                                                                         Seiten 18–20).
                                                                                                                    doppelt so grosser Grundfläche ziehen,

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Bioaktuell - Jahr der Biodiversität: 10001 Aktion zum Mitmachen Seite 4 2/10
mir zwei Autos kaufen und dafür Park-

                                                                                                                                                            Bild: Vera Markus
platz, Garage und Strassen in Anspruch          10000 Aktionen
nehmen. Obwohl ich damit wesentlich             für die Biodiversität
zum zunehmenden Flächenverbrauch                Der WWF will 2010 mit einer grossen
beitrage, kostet mich das nichts in Bezug       Kampagne möglichst viele Aktionen für
auf die Natur, die ich mit meinem Verhal-       die Naturvielfalt auslösen. Zusammen
ten zurückdränge.                               mit Partnern (FiBL, Migros, IP Suisse,
                                                BirdLife/Schweizer Vogelschutz, Vo-
Biobauern setzen sich seit jeher für den Er-    gelwarte Sempach, Stiftung Natur und
                                                Wirtschaft) lanciert der WWF eine Mit-
halt einer vielfältigen Natur ein.
                                                machaktion, bei der 10 000 Aktionen
Die Biobewegung hat die Landwirtschaft
                                                für die Biodiversität umgesetzt werden
revolutioniert. Jeder Biobauer, jede Bio-       sollen. Die besten Projekte werden mit
bäuerin darf stolz sein, einen Beitrag zu       einem Preis ausgezeichnet (siehe Käst-
fruchtbareren und weniger belasteten            chen «WWF-Preis der Naturvielfalt».)
Böden zu leisten. Dass die Intensivierung       Die Kampagne hat fünf Ansprech-
aber auch den Biolandbau ergriffen hat,         gruppen: Landwirtschaft, Gemeinden,
besonders in Gunstlagen, lässt sich nicht       Firmen, Schulen und Private. Für die
leugnen. Unter der Intensivierung leidet        Landwirte hat die Projektgruppe aus
                                                WWF und Partnerorganisationen eine
auch die Biodiversität. Hier müssen die
                                                Liste von unterschiedlich aufwendigen
Biobauern handeln, um ihre Pionierrolle
                                                Massnahmen erarbeitet, die sie als
nicht zu verlieren. Hier trägt jede Biobäu-     besonders wirkungsvoll erachtet. Das
erin eine besondere Verantwortung und           reicht von einfacheren Aktionen wie
                                                dem Einrichten von Kleinstrukturen
                                                (Ast- und Steinhaufen, Hecken, Tüm-
 WWF-Preis der Natur-                           pel) bis zum Einleiten von grossen
 vielfalt: Machen Sie mit!                      Vernetzungsprojekten. Für alle vorge-
                                                schlagenen Aktionen hat die Projekt-
 Nutzen Sie das Jahr der Biodiversität          gruppe übersichtliche Erläuterungen          «Die Bäuerinnen und Bauern werden
 dazu, auf Ihrem Hof bleibende Mass-            und Anleitungen vorbereitet.                 über den ökologischen Leistungsausweis
 nahmen zu ergreifen, die ohne wirt-                                                         seit 15 Jahren in die Pflicht genom-
 schaftliche Einbussen die Naturvielfalt                                                     men. Für Freizeitaktivitäten oder
 langfristig fördern.                          mit ihr der Konsument, der steuert, auf       den Bodenverbrauch gibt es nichts
 Was hat die einzelne Landwirtin, der          welche Art und Weise Lebensmittel pro-        Vergleichbares.» Kurt Eichenberger, beim
 einzelne Bauer vom Mitmachen? Einer-          duziert werden.                               WWF Schweiz für Biodiversität zuständig.
 seits die Gewissheit, mit vielen Gleich-
 gesinnten einen bleibenden Wert für
                                               Diese Verantwortung nehmen die Biobau-        tionen zugunsten der Biodiversität auslö-
 die Allgemeinheit zu schaffen. Ande-
 rerseits wird der WWF die Kampagne
                                               ern doch wahr?                                sen. Die Losung heisst: Biodiversität auf
 und die Aktionen an die Öffentlichkeit        Die Biobäuerinnen und Biobauern wa-           der ganzen Fläche fördern und der Na-
 tragen. Diese Publizität kann für das         ren und sind Vorreiter bezüglich nach-        tur wieder ihren Raum lassen. Von Ast-
 Hofmarketing wertvoll sein. Und zu            haltiger Bewirtschaftung. Heutzutage          und Steinhaufen, Weidenzäunen, Hecken
 guter Letzt werden die schönsten und          wünscht und fordert die Bevölkerung,          oder gar ganzen Vernetzungsprojekten
 besten Projekte mit Geldpreisen von           das heisst die Kunden der Landwirtschaft      profitiert letztlich auch der Mensch, dem
 bis zu 8000 Franken ausgezeichnet.            und die Steuerzahlerinnen, dass die           eine abwechslungsreiche Landschaft
 Wie eigene Aktionen durchführen
                                               Landwirtschaft sich ihrer multifunktio-       mehr Freude bereitet.
 und anmelden?
                                               nalen Rolle bewusst wird und mehr für
 Vom März bis September gibt es auf
 dem
                                               die Naturvielfalt macht. Die IP Suisse hat    Weshalb interessiert sich der WWF beson-
 ■ Webportal www.wwf.ch/biodiversi-            das auch erkannt und ihre neuen Richtli-      ders für die Landwirtschaft?
    taet Anleitungen für die Durchfüh-         nien stark auf Biodiversität ausgerichtet.    Die Landwirtschaft spielt eine zentra-
    rung von Aktionen zum Herunterla-          Es ist im ureigensten wirtschaftlichen In-    le Rolle für die Naturvielfalt und kann
    den. Dort finden sich auch Hinter-         teresse der Biobauern, in diesem immer        wie kein anderer Wirtschaftszweig zu ei-
    grundinformationen, Anleitungen zu         wichtiger werdenden Bereich nicht über-       ner gesunden Umwelt und zu Vielfalt bei-
    den einzelnen Aktionen, Kontakt-           holt zu werden und vermehrt die Initiati-     tragen, weil sie ganz direkten Einfluss
    adressen und Teilnahmeformulare
                                               ve zu ergreifen.                              auf die Natur hat, und dies auf sehr gros-
    für den WWF-Preis der Naturvielfalt.
                                                                                             sen Flächen. Biobauern sind für uns be-
    Die Fachleute der Projektpartner
    stehen Ihnen gerne zur Seite.              Was können wir gegen den Verlust von          sonders wichtige Partner, weil sie Fragen
 Zusätzlich gibt es die                        Biodiversität tun?                            der Nachhaltigkeit und der schonenden
 ■ Telefon-Hotline beim WWF: Tel. 044          Jede und jeder kann einen wichtigen Bei-      Landnutzung sehr offen und innovativ
    297 23 46, die als Anlaufstelle und        trag für die Naturvielfalt leisten. Mit ei-   angehen.
    Drehscheibe funktioniert. Je nach          ner grossen Mitmach-Kampagne will der                         Interview: Oliver Balmer, FiBL
    Projekt oder Fragestellung werden          WWF zusammen mit FiBL, Vogelwar-
    Anrufende an Fachleute des FiBL,
                                               te Sempach, Migros, IP Suisse, SVS/Bird-
    der Vogelwarte oder eines der üb-
                                               Life und der Stiftung Natur und Wirt-
    rigen Projektpartner vermittelt.
                                               schaft in diesem Jahr 10 000 konkrete Ak-

                                                                                                                                          bioaktuell 2/10                       9
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■ PRODUKTION

     Es gibt auch KB-Stiere aus Biozucht
     Wer auf seinem Biobetrieb Stiere aus konventionellen Zuchtbetrieben einsetzt, schränkt womöglich die
     Eignung seiner Jungtiere für die Biobedingungen ein: Die Nachkommen sind nur mütterlicherseits gut
     an den Biobetrieb angepasst. Es gibt durchaus Stiere aus langjähriger Biozucht und -haltung. bioaktuell
     stellt ein paar KB-Stiere aus Biobetrieben vor.

                       N    eunzig Prozent aller Biomilchvieh-
                            züchter lassen ihre Kühe künstlich
                       besamen. Dabei werden vorwiegend Sa-
                                                                    werden. Seine Grossmutter Aloma (Ka-
                                                                    nis SI x Texan RH) ist in der Schweizer
                                                                    Fleckviehzucht eine sehr bekannte Grös-
                                                                                                                 linear mit 90 90 88 92 90 EX eingestuft.
                                                                                                                 Diana hat mit neun Jahren und zwei Mo-
                                                                                                                 naten das achte Kalb geworfen und pro-
                       mendosen von Stieren aus konventio-          se. Sie ist 1987 geboren und produzierte     duzierte bis jetzt bei einer durchschnitt-
                       nellen Zuchtbetrieben eingesetzt. Die        in 11 Laktationen über 80’500 kg Milch       lichen Zwischenkalbezeit von 363 Ta-
                       Leistungen der weiblichen Vorfahren          mit sehr hohen Gehalten von 4,12 Pro-        gen 65’597 kg Milch mit durchschnittlich
                       dieser Stiere wurden also nicht unter Bio-   zent Fett und 3,3 Prozent Eiweiss, dies bei  4,06 Prozent Fett und 3,31 Prozent Ei-
                       bedingungen erbracht, sondern meistens       einer durchschnittlichen Zwischenkalbe-      weiss. Wir gratulieren der Familie Wüth-
                       unter Fütterungsbedingungen mit ho-          zeit von 377 Tagen. Aloma war kantonal       rich zu dieser sehr starken Kuhfamilie.
                       hem Kraftfuttereinsatz und wenig Wei-        mit dem Maximum von 98 55 55 punk-
                                                                                                                                          Aloma
                       degang. (Dies trifft für die Milchrassen     tiert und wurde in der 9. Laktation line-              Á                 Â        Â      Â
                       zu, weniger für die Zweinutzungsrassen.)     ar mit 93 91 90 92 92 EX eingestuft. Ih-            Katino            Hindu Calanda Diana
                       Deshalb sind die Jungtiere dieser Stiere     re Mutter Trapez, eine Texan-Tochter, er-     Á        ¾        Â        ¾        ¾
                                                                                                                Adrian Orient Kata         Fidu     Grock
                       nur über die Mutterseite gut an den Bio-     reichte in 12 Laktationen eine Lebenslei-
                       betrieb angepasst.                           stung von ebenfalls über 80’500 kg.          ■ Edi stammt aus dem Biobetrieb der
                            Es wäre wünschenswert, wenn auf                                                          Familie Santschi in Sigriswil BE. Er
                       Biobetrieben vermehrt auch Väter ein-        Hohe Vererbungskraft                             ist aus der Verbindung der Sokrates-
                       gesetzt werden könnten, deren Vorfah-        Mit Katino und Hindu schafften zwei              und der Severino-Linie hervorgegan-
                       ren auf Biobetrieben gelebt haben. Sol-      Nachkommen von Aloma den Sprung                  gen. Mit einem GZW von 120 ist er
                       che KB-Stiere gibt es bereits, aber das      ins Angebot von Swissgenetics. (Auch die         weit vorne klassiert. Edi vererbt gros-
                       ist noch wenig bekannt und wurde bis-        vier Söhne dieser Stiere, Adrian, Orient,        se Kühe mit einer sehr grossen Lei-
                       her nirgends publiziert. In diesem Artikel   Kata und Fidu, sind sehr gut bewertet            stungsbereitschaft und sehr hohen
                       stellen wir eine Reihe von KB-Stieren vor,   bezüglich Leistungsbereitschaft, Fitness         Gehaltswerten. Zu beachten gilt, dass
                       die von Biobetrieben stammen; vermut-        und Langlebigkeit; sie sind aber nicht auf       er eher mittelmässige Fitnesswerte
                       lich gibt es aber noch mehr.                 Biobetrieben geboren.)                           hat, welche er von seinem Vater mit
                            Grock, Edi, Michael und Ophir:               Aloma hat auch sehr starke weibliche        auf den Weg bekam.
                       Diese vier Stiere haben einiges gemein-      Nachkommen, neben der Grock-Mutter           ■ Ophir sorgte mit seiner Nachkom-
                       sam. Sie gehören alle zur neuen Rasse        gilt es vor allem die Stadel-Tochter Dia-        mengruppe an der Nachzuchtschau
                       Swiss Fleckvieh SF – entstanden aus der      na zu erwähnen. Diana steht noch voll in         von Swissgenetics in Thun im Janu-
                       Kreuzung Simmentaler x Red Holstein          der Produktion auf dem Biobetrieb der            ar dieses Jahres für die positive Über-
                       – und wurden auf Biobetrieben gezüch-        Familie Wüthrich und ist eine Anpaa-             raschung. Ophir entstand aus einer
                       tet. Grock, Edi und Ophir sind über das      rungskuh bei Swissgenetics. Sie ist kanto-       Rückkreuzung mit dem Simmentaler
                       Standardangebot von Swissgenetics er-        nal mit dem Maximum von 98 55 55 und             Stier Petran aus einer Recrue-Toch-
                       hältlich und Michael über den Anbieter
                                                                                                                                                              Bild: Hans Braun

                       Triple Genetics Services (TGS).

                       Grock, Grosssohn von Aloma
                       Grock ist auf dem Biobetrieb Brandösch
                       im bernischen Trub bei der Familie
                       Wüthrich geboren und stammt vom
                       Swiss-Fleckvieh-Stier Tipic und mutter-
                       seits von Calanda ab, welche von der le-
                       gendären Kuh Aloma abstammt (eben-
                       falls auf dem Biobetrieb Wüthrich ge-
                       züchtet). Grock ist bei Swiss Fleckvieh
                       die Nummer eins nach Gesamtzuchtwert
                       (GZW) mit 126.
                            Seine Stärken sind der Zuchtwert
                       Milch und der sehr positive Zellzahlin-
                       dex von 108. Bei der Anpaarung muss
                       aber der Geburtsverlauf beachtet werden:     Die ersten drei Plätze am Jungkuhchampionat in Thun 2010 belegten Nachkommen aus
                       Grock sollte nicht auf Rinder eingesetzt     Stieren von Aloma, die Plätze 1 und 2 Töchter von Kata, Platz 3 eine Tochter von Grock.

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Bild: KeLeKi
Bild: Hans Braun

                   Diana, Tochter von Aloma, anlässlich der Schweizerischen Swiss             Nachzuchtgruppe von Ophir in Thun, Januar 2010.
                   Fleckviehausstellung in Thun 2009.

                       ter. Seine Mutter erreichte eine Le-          Lebensleistung von 101’899 kg mit        noch verdienen und dass sich der Antibi-
                       bensleistung von 50’000 kg und seine          durchschnittlich 3,76 Prozent Fett       otikaeinsatz mit solcher Genetik senken
                       Grossmutter eine solche von 77’337            und 3,26 Prozent Eiweiss. Michael        lässt. Leider ist es bei den anderen Milch-
                       in 8 Laktationen. Gezüchtet wurde             vererbt eher kleinere Kühe mit sehr      viehrassen nicht anders.
                       Ophir auf dem Biobetrieb der Fami-            guten Fitnesswerten. Besonders der                     Hans Braun, Biofleckviehzüchter
                       lie von Niederhäusern in Ueberstorf           Zellzahlindex ist mit 109 sehr hoch.         und Ehrenpräsident der IG Swiss Fleckvieh
                       FR. Er überzeugt mit einem sehr aus-          Zu erwähnen sind auch seine Zucht-
                       geglichenen Vererbungsmuster und              werte für die Milchgehalte: Fett +0,45
                                                                                                               OB- und Brown-Swiss-Stiere
                       mit sehr guten Fitnesswerten vor              und Eiweiss +0,18.
                       allem für Zellzahl, Nutzungsdauer                                                       Auch bei den anderen Milchviehrassen gibt es KB-
                       und Leistungssteigerung. Mit seinem       Topangebot                                    Stiere aus Biobetrieben, zum Beispiel den OB-Stier
                                                                 an Simmentaler Stieren                        Rico von Markus Meuli aus Nufenen GR. Ricos Mutter
                       tiefen RH-Blutanteil und seinem ho-
                                                                                                               Heidi ist heute 17 Jahre alt, lebt immer noch auf dem
                       hen Fleischindex von 120 eignet er        Zurzeit ist uns kein Simmentaler Stier be-    Biobetrieb in der Bergzone 4 und geht jeden Som-
                       sich für die Anpaarung mit leistungs-     kannt, welcher auf einem Biobetrieb ge-       mer auf die Alp. Er vererbt gute Milchleistungen mit
                       starken Kühen.                            züchtet wurde. Trotzdem hier ein paar         hohen Gehalten, aber bei der Leichtkalbigkeit liegt er
                   ■ Michael wurde auf dem Biobetrieb            Zeilen zu den Simmentaler Stieren.            unter dem Durchschnitt (Zuchtwerte zu Zellzahl und
                       der Familie Bläsi in Härkingen SO         Alle 16 Simmentaler Stiere aus dem An-        Nutzungsdauer sind noch nicht bekannt).
                       gezüchtet und ist im Angebot bei Tri-     gebot von Swissgenetics sind mit dem          Der OB-Stier Kai stammt vom Biobergbetrieb von An-
                       ple Genetics. Michael stammt aus          Kleeblatt ausgezeichnet. Für viele Biobe-     ton Hauser in Alt St. Johann SG. Dieser Stier vererbt
                                                                                                               ebenfalls gute Milchleistungen mit guten Gehalten,
                       Natursprung und führt auf der Mut-        triebe ist diese Rasse sicher die richtige
                                                                                                               sehr gute Exterieur- und Eutermerkmale, gute Nut-
                       ter- wie auf der Vaterseite Condor-Si-    Wahl. Speziell zu erwähnen sind die Fit-
                                                                                                               zungsdauer und Leichtkalbigkeit.
                       und Cavemann-RH-Blut. Beide sind          nesswerte, welche für die Biorinderzucht      Die Samendosen beider Stiere stehen bei Swissge-
                       Vererber, welche für eine hohe Le-        sehr wichtig sind. Die Zweinutzungsras-       netics zur Verfügung.
                       bensleistung bekannt sind.                se hat in den letzten Jahren enorme Fort-     Samendosen vom Brown-Swiss-Stier Captain können
                       Weiter hinten in der Abstammung           schritte gemacht. Sehr beeindruckend          bei Heini Elliker, Frauenfeld, Tel. 052 720 82 30, bezo-
                   findet man noch den Stier Texan, welcher      waren auch dieses Jahr die an der Nach-       gen werden (siehe auch www.biorindviehzucht.ch).
                   sehr viele 100’000-kg-Kühe gebracht hat       zuchtschau und am Jungkuhchampionat           Wenn Sie weitere KB-Stiere kennen, die von Bio-
                   und ebenfalls bei der Familie von Aloma       in Thun gezeigten Simmentaler Kühe            betrieben in der Schweiz stammen oder vielleicht
                                                                                                               selber einen gezüchtet haben, dann melden Sie sich
                   als Grossvater vorkommt. Texan wurde
                                                                                                               bitte bei uns: Anet Spengler Neff, FiBL, Tel. 062 665
                   übrigens auch von der Familie Bläsi ge-       Vergleichswerte
                                                                                                               72 90, E-Mail anet.spengler@fibl.org. Wir werden
                   züchtet.                                      über die Rassen
                                                                                                               diese Biostiere gerne auch hier vorstellen.
                   ■ 3 x 100’000 kg. Ganz speziell sind          Bei der Fleckviehzucht hat jede Rasse ei-                                           Anet Spengler Neff
                       die Lebensleistungen der Vorfahren        ne eigene Basis für die Berechnung der
                       von Michael. Seine Mutter Corin-          Zuchtwerte. Die Unterschiede sind im
                                                                                                                                                                             Bild: Anet Spengler

                       ne erzielte eine Lebensleistung von       Stierenkatalog von Swissgenetics «To-
                       61’500kg, seine Grossmuttter müt-         ro Spezial» auf Seite 40 publiziert. Diese
                       terlicherseits Clivia in 12 Laktati-      Werte sind entscheidend und sollten vor
                       onen 114’174 kg mit durchschnitt-         einer Anpaarung überprüft werden. Zum
                       lich 3,88 Prozent Fett und 3,39 Pro-      Beispiel hat der RH-Stier Delago einen
                       zent Eiweiss und seine Urgrossmutter      Zuchtwertindex Zellzahl von 98. Umge-
                       mütterlicherseits Thesi erreichte ei-     rechnet auf die Basis von Swiss Fleckvieh
                       ne Lebensleistung von 100’862 kg mit      ergibt dies nur noch einen Index von 89
                       4,3 Prozent Fett und 2,95 Prozent Ei-     und auf die Basis der Simmentaler noch
                       weiss. Die Mutter des Vaters von Mi-      einen Index von 86. Ich bezweifle, dass      OB-Stier Rico, auf dem Bild 11-jährig,
                       chael, die Kuh Cornelia, hatte eine       solche Stiere in Zukunft das Kleeblatt       anlässlich des Stierenmarktes in Zug, 2006.

                                                                                                                                                          bioaktuell 2/10                          11
'DVIKUHQGH
                                                                                                                                       (LHUKDXVLQ
                                                                                              5WL=+7HO
                                                                                                                                      6DFKHQ%LR

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                                                                                                               PLWDNWXHOOHQ,QIRUPDWLRQHQ
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                                                                                               )ODVFKHQPLW'UDKWEJHOYHUVFKOXVV
                                                                                                       IUDOOH$UWHQYRQ/HEHQVPLWWHOQ
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                                                                                                              YRQGOELV/LWHU
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                                                                                                  *UDWLV0XVWHUJOlVHUPLW3UHLVOLVWHDXI$QIUDJH

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Ihr regionaler Verkaufsberater                                                               Beratung für:
Bild: Stefan Baumeler

                                                                                                                                                       Bild: Barbara Früh
                        Zugpferd Pferdehaltung
                        Etwa 60 Pferde unterschiedlicher Altersgruppen und verschiedener Rassen in Grossgruppen: Die
                        Pferdehaltung an der Strafanstalt Wauwilermoos ist beispielhaft. Seit einem Jahr sind die neuen
                        Stallungen in Betrieb. Zu erleben an einem Kurs von FiBL und Nationalgestüt Avenches.

U    nglaublich, wie ruhig es hier ist», be-
     merkt, immer noch erstaunt, Stefan
Baumeler, Leiter des Bereichs Tiere auf
                                                halle mit 48 Fressplätzen. Alle Hallen
                                                sind aus Holz. Die Seitenwände der Lie-
                                                gehallen sind so angeordnet, dass sie den
                                                                                              dass die verschiedenen Altersstufen ge-
                                                                                              mischt sind. Das entspricht einer natür-
                                                                                              lichen Herdenstruktur. – Reine Fohlen-
dem Betrieb Wauwilermoos. Die Pferde            Tieren als Strukturelemente und Wind-         gruppen sind zwar in der Pferdehaltung
sind schon seit dem Frühjahr 2009 in den        schutz dienen. Die Liegefläche in den         gängig, wären aber bei Wildpferden nie
neuen Stallungen. Doch Baumelers Freu-          beiden Liegehallen beträgt 375 Quadrat-       anzutreffen.
de über das gut funktionierende Mitei-          meter, der Auslauf umfasst 3577 Qua-              In der Grossgruppe treffen auch ver-
nander der Fohlen, Pensionspferde und           dratmeter. Die Liegefläche bietet Platz für   schiedene Pferderassen mit unterschied-
«Gnadenbrötler» (Alterspferde) in einer         50 Pferde, die Auslauffläche würde für        lichen Ansprüchen aufeinander. Das er-
Gruppe mit rund 60 Tieren ist ungebro-          fast doppelt so viele Tiere reichen.          fordert eine individuelle Fütterung. Die
chen.                                                Der Auslauf ist grosszügig, aber Ste-    Einzelfressstände sind so gebaut, dass
    Im Juli 2007 stand für die Leitung des      fan Baumeler würde auf keinen Quadrat-        nur je ein Pferd in einen Stand passt. Da-
Wauwilermoos fest, dass die Pferdehal-          meter verzichten wollen, da die Tiere so      durch gibt es kein Verdrängen der Tiere
tung optimiert werden muss. Die Stal-           die notwendige Bewegungsfreiheit und          am Fressplatz.
lungen entsprachen zwar den Richtli-            Ausweichmöglichkeiten haben. Der Bo-              Auf die Weide gehen alle Pferde ge-
nien, aber nicht unbedingt den Anforde-         denbelag im Auslauf, Juramergel, hat sich     meinsam. Die Tiere entscheiden selbst,
rungen an eine artgerechte Tierhaltung,         bewährt. Verteilt im Auslauf befinden         ob sie im Stallbereich bleiben oder mit
und die Platzverhältnisse waren eng. Die        sich frostsichere Tränken. In Stallgebäu-     der Herde auf die Weide gehen.
Fohlen wurden in Gruppen im Stall ohne          den ist der Bereich der Tränken oft Ort           Durch den neuen Stall hat die Pfer-
permanent zugänglichen Auslauf gehal-           für Auseinandersetzungen unter den Tie-       dehaltung im Wauwilermoos auch wirt-
ten. Die Pensionspferde in Einzelboxen,         ren. Hier haben sie viel Platz und freie      schaftlich an Bedeutung gewonnen. Ar-
die Gnadenbrötler zwar in Gruppen, aber         Bewegung im Tränkebereich. Rangnie-           beitswirtschaftlich brachten die Stal-
in einem provisorischen Stallgebäude.           dere Tiere können problemlos auswei-          lungen eine Verbesserung, und die
    Für die Planung der neuen Stal-             chen.                                         Besitzerinnen und Besitzer von Pensi-
lungen wurden Iris Bachmann vom Na-                  Die alten Stallungen werden über         onspferden und Gnadenbrötlern sind be-
tionalgestüt Avenches und Barbara Früh          Nacht noch genutzt: für eine Fohlen-          geistert; die Nachfrage nach freien Plät-
von der FiBL Beratung hinzugezogen.             gruppe mit den jüngsten Tieren und für        zen steigt.
Die Planung war wie immer ein Balan-            Pensionspferde, die auf Wunsch der Be-                                  Barbara Früh, FiBL
ceakt zwischen der Erfüllung der Bedürf-        sitzer nicht über Nacht in die Gruppen-
nisse der Tiere und den Baukosten sowie         haltung sollen.
den baulichen Bestimmungen von Bund                  Innerhalb der Grossgruppe bil-
                                                                                               Kurs: Pferdehaltung – gemischte
und Kanton.                                     den sich Untergruppen, je nach Sympa-
                                                thie der Tiere zueinander. Diese natür-
                                                                                               Gruppen funktionieren!
Auslauf in der Gruppe –                         liche Gruppenbildung ist jedoch dyna-          Am Dienstag, 27. April veranstaltet das FiBL zu-
Fressen im Einzelstand                          misch, das heisst, sie ändert sich im Ver-     sammen mit dem Nationalgestüt Avenches einen
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der        lauf der Zeit sowie je nach Aktivität. Das     Pferdekurs zu produktionstechnischen Fragen im
                                                                                               Wauwilermoos.
neue Stall besteht aus drei Gebäuden:           Besondere an dieser Gruppenhaltung ist,
                                                                                               Siehe AGENDA, Seite 22 in diesem Heft.
zwei Liegehallen und einer Fütterungs-

                                                                                                                                         bioaktuell 2/10                    13
■ MARKT

     Kettenweise bio
     Im Biofachhandel sind meist Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer am Werk. Ausnahmen sind die
     Reformhausketten Müller und Egli sowie der Newcomer Vitalpunkt. Doch einfach haben auch sie es
     nicht.

                   B    eim Begriff «Reformhaus» hö-
                        ren viele Zeitgenossen die Birken-
                   stocksandalen schlurfen. Aber wer etwa
                                                                 geplant, um den Umsatz anzukurbeln, et-
                                                                 wa günstigere Parkplätze und eine besse-
                                                                 re Signalisation der Zufahrt, betont Bär.
                                                                                                               ist. Wie die anderen Ketten setzt Müller
                                                                                                               nicht durchwegs auf Bio. Fünf Prozent
                                                                                                               der Artikel, die zehn Prozent des Um-
                   die Filiale der Reformhauskette Egli im                                                     satzes generieren, entfallen auf nichtzer-
                   neu eröffneten Einkaufszentrum Stücki         Krankenkassen im Hintergrund                  tifizierte Ware. Das betrifft insbesondere
                   in Basel besucht, wird eines Bessern be-      Die Egli Reform AG ist Teil der Topwell-      die acht Reformdrogerien, die zum Teil
                   lehrt. «Unsere Verkaufsstellen sind be-       Apotheken AG, einem Netz von 24 Fach-         bis zu 320 Quadratmeter Ladenfläche er-
                   wusst in hellen, kräftigen Farben gehal-      geschäften, die vorab auf der Achse Zü-       reichen. In Zukunft wolle man moderat
                   ten. Mit der freundlichen und modernen        rich–Winterthur angesiedelt sind. Top-        expandieren, zu den heute 30 Filialen sol-
                   Gestaltung treten wir dem weit verbrei-       well wiederum gehört einer Reihe von          len bis 2020 fünf bis zehn weitere dazu-
                   teten Vorurteil des antiquierten Reform-      Krankenkassen, darunter Visana, CSS           kommen – «falls wir Liegenschaftsbesit-
                   ladens entgegen», erklärt Rainer Bär, Be-     und Helsana.                                  zer finden, die nicht einzig auf die Ren-
                   reichsleiter Egli Reformhäuser. Man wol-           Weder der Umsatz von Topwell noch        dite schauen», so Geschäftsführer Stefan
                   le insbesondere einer jungen Kundschaft       von Egli Reform wird kommuniziert. De-        Rot.
                   zeigen, dass Bilolebensmittel Spass ma-       tails gibt’s nur zu den Zukunftsplänen.
                   chen.                                         Man wolle das aktuelle, in den letzten        Hartes Center-Pflaster
                        Noch wenig Vergnügen bereiten hin-       zwei Jahren von drei auf sieben erweiterte    Doch sind Ketten per se erfolgreicher als
                   gegen die Umsatzzahlen im jüngsten            Filialnetz konsolidieren und mittelfristig    individuelle Fachgeschäfte? Laut Toralf
                   Konsumtempel der Schweiz: «Wir sind           weiter ausbauen. Egli gibt sich auch offen    Richter, der beim Unternehmen Bio Plus
                   nicht zufrieden», räumt Bär ein. Dem Re-      für Kooperationen mit anderen Reform-         AG die Szene schon seit Jahren als Bera-
                   formhaus ergehts dabei gleich wie dem         und Biofachgeschäften in den Bereichen        ter verfolgt, gibt es keine eindeutige Ant-
                   Hauptmieter Migros, wo selbst an Frei-        Einkauf, Marketing und «innovative Ge-        wort. Klar ist hingegen, dass an teuren
                   tagabenden nur zwei von zwölf Kassen          schäftsmodelle».                              Lagen in erster Linie Ladenketten Prä-
                   besetzt sind. Doch es seien Aktivitäten            Die Kleinkette Egli geht auf die         senz markieren. Toplagen ergäben zwar
                                                                 Gründung des womöglich ersten Schwei-         Topumsätze; die betriebswirtschaftlichen
                                                                 zer Reformladens zurück, jenes von            Kennzahlen 2009 zeigten sogar, dass der
      i Die Schweizer Bioketten
                                                                 Amalia Egli im Jahr 1899 in Zürich, nur       Mietkostenanteil am Umsatz bei sehr gu-
      ■ Reformhaus Müller AG, 1929, 30 Filialen,                 neun Jahre nach dem ersten deutschen          ten Standorten tiefer war als an schlech-
        230 Mitarbeitende, 42,2 Millionen Franken                Reformhaus in Wuppertal. Über die Pi-         ter frequentierten Orten.
        Umsatz. www.reformhaus.ch                                onierin ist kaum etwas bekannt, nur den            Jedenfalls sind Ketten, da sie durch
      ■ Egli Reform AG, 1899, 7 Filialen, 75 Mitarbeiten-        Namen hat sich die Kette bewahrt, die         ihre Trägerschaft mehr Finanzen im Hin-
        de, Umsatz wird nicht veröffentlicht.                    im Mittelfeld der drei Systemplayer im        tergrund haben, eher in der Lage, teurere
        www.eglibio.ch                                           Schweizer Biofachmarkt agiert.                Immobilien zu mieten. Sie können auch
      ■ Vitalpunkt, 2008, 4 Filialen, Anzahl Mitarbeitende
                                                                      Unangefochtene Nummer eins ist die       mal ein Risiko eingehen, das für Einzellä-
        und Umsatz werden nicht veröffentlicht.
                                                                 Müller Reformhaus Vital Shop AG, de-          den das Aus bedeuten könnte – Eglis Ex-
        www.futureshape.ch
                                                                 ren alleiniger Besitzer Christoph Tschan      periment in der Basler Stücki gehört in

                   Zwei Innenansichten: Links ein Geschäft der Egli Reform AG, rechts eines der Reformhaus Müller AG.

14   bioaktuell 2/10
Bilder: zVg
Zwei Ladenfronten: Egli Reform im neuen Basler Einkaufszentrum Stücki und Reformhaus Müller am Bahnhof Bern.

diese Kategorie. Sowieso entpuppt sich        Genussmittel dieselben obligatorischen              Das Stammhaus ist das 2005 gegrün-
die schöne neue Einkaufswelt, wie sie         Kurse.                                         dete Geschäft an der Zürcher Stocker-
auch im Berner Westside oder im Zür-                                                         strasse, das ein Biofachgeschäft mit Well-
cher Sihlcity zelebriert wird, als hartes     Am Bahnhof gern «convenient»                   ness kombiniert. Dies widerspiegelt auch
Pflaster: Nach Richters Beobachtung           Wo im Schweizer Biofachhandel noch             die Philosophie des 32-jährigen Grün-
wird in solchen architektonischen High-       Potenzial brach liegt, ist laut Toralf Rich-   ders und Mitinhabers Carlo Magnano,
lights zwar Freizeit verbracht und stun-      ter schwierig zu eruieren. Aber Ansatz-        der auf möglichst gesunde Ernährung
denlang flaniert. Lebensmittel kauft man      punkte gibt es. Erstens wurden in der Ver-     frei von Zusatzstoffen setzt. 2008 über-
hier aber bloss zurückhaltend.                gangenheit etliche Läden zu gross konzi-       nahm Magnano zudem die 1840 gegrün-
                                              piert – beispielsweise der St.Galler Yardo.    dete Tirggelbäckerei Biscuits-Suter AG
Einfachere Weiterbildung                      An einer Frequenzlage genügen häufig           in Schönenberg ZH und baut sie jetzt
Immerhin, im Vergleich zu Einzelge-           80 bis 100 Quadratmeter; eine Faustregel       in Richtung Bio aus: Unter dem Namen
schäften ist klar, dass Biosystemanbieter     besagt zudem, dass ab 250 Quadratmeter         «Biscrack» entwickelt er eine Palette süs-
durch schlankere administrative Struk-        der Flächenumsatz sinkt. Zweitens ist die      ser und salziger Guetzli, die das Geschäft
turen Effizienzgewinne realisieren, kaum      unmittelbare Nähe zu einer Coop-Filia-         auch im Export und im übrigen Schwei-
aber grosse Vorteile beim Einkauf ha-         le attraktiv – Biofachkundschaft geht ger-     zer Biohandel ankurbeln sollen – die
ben, schätzt Richter. Zumindest denkbar       ne bei Coop fremd und umgekehrt. Drit-         Kleinkette wird also auch zur Bioverar-
wären bei Ketten auch eine Standardi-         tens sind Orte mit extremer Frequenz           beiterin.                  Pieter Poldervaart
sierung und ein Marktauftritt aus einem       wie Bahnhöfe attraktiv, wenn man das
Guss. Doch weil selbst Müller und Egli        Standardsortiment mit einem grossen
nicht in Geld schwimmen, muss sich eine       Convenience- und Takeaway-Angebot               Yardo-Modell wird geklont
Ladeneinrichtung erst einmal amortisie-       garniert, was der biogeneigten Pendler-         2005 in St.Gallen von Albert Keel gegründet, hatte
ren – bevor sie durch das neuste Design       schar ent-gegenkommt. All das müsse             der Biosupermarkt Yardo einen schweren Stand.
ersetzt werden kann.                          mit einem hellen und modernen Auftritt                                                   Stefan Menti,
     «Der Auftritt bleibt deshalb auch bei    geschehen, um die junge Käuferschaft                                 Geschäftsführer des Grossisten
                                                                                              Bio Partner Schweiz AG (BPS)          . Weitere Läden
Ketten häufig heterogen, von topmo-           anzusprechen.
                                                                                              wolle er nicht akquirieren, betonte er im bioaktuell
dern bis sehr durchschnittlich gibt es al-         Doch auch Ketten werden mit ih-
                                                                                              1/10 (Seite 5).
les», bilanziert Richter. Einen wichtigen     ren Preisen weiterhin deutlich über je-         Doch das Konzept Yardo soll durchaus Schule ma-
Unterschied zwischen Ketten und Ein-          nen der Grossverteiler liegen. «Das kön-        chen. So wird aktuell der BPS-Laden in Seon nach
zelgeschäften sieht der Berater in der        nen in Deutschland Biosupermarktket-            dem Yardo-Modell umgestaltet. Vor einem halben
Bemühung, ihr Personal gut zu schu-           ten wie Alnatura mit ihren grossen Ein-         Jahr hat Menti zudem das Yardo-Konzept an einen
len. Dies bestätigt Karin Leumann, Be-        kaufsmengen und günstigen Mieten                Dritten weitergegeben, und zwar im Fall des 200
reichsleiterin Bio/Reform beim Ver-           anders machen. Ihre Verkaufspreise be-          Quadratmeter grossen Yardo-Biomarkts in Netstal GL.
band der Schweizer Lebensmittel-Detail-       wegen sich auf dem Bioniveau der kon-           Mitte September 2009 eröffnete der Laden im Super-
                                                                                              markt Centro, neben Restaurant, Coiffeur, Fitnessstu-
listen (Veledes): «Die Filialketten achten    ventionellen Supermärkte», sagt Richter.
                                                                                              dio und einem Laden für Babybedarf. «Den grössten
auf die permanente Weiterbildung ihrer
                                                                                              Teil des Sortiments übernehmen wir von Bio Partner
Mitarbeitenden sowie darauf, dass ein-        Tirggelbeck auf Biokurs                         Schweiz und ergänzen nach Möglichkeit mit Regio-
heitliche Standards eingehalten werden.»      Klein, mit Takeaway und an frequenz-            nalprodukten», so Geschäftsführerin Beatrice Zogg.
Für Fachgeschäfte mit nur wenigen An-         starken Lagen: Diesen Vorgaben entspre-         Inhaberin ist Denise Fischer, die in Netstal ein Poten-
gestellten hingegen sei es organisatorisch    chen die Filialen der noch jungen Bioket-       zial für ein modernes Biofachgeschäft sieht. Derzeit
häufig aufwendiger, solche Kurse zu be-       te Vitalpunkt. Derzeit in Wil und Olten,        gibt es in Glarus nur den kleinen Bioladen Ulme.
suchen. Im Bereich Ausbildung hinge-          ab Mai auch in Baden, bietet Vitalpunkt         Beim Wein habe man sich bereits eine Stammkund-
                                                                                              schaft erarbeitet, doch es brauche Zeit, um sich mit
gen absolvierten seit diesem Jahr alle Ler-   sein Biosortiment auf relativ kleiner Flä-
                                                                                              einem neuen Geschäft zu etablieren, meint Zogg. pld
nenden aus der Branche Nahrungs- und          che jeweils zentral im Bahnhof an.

                                                                                                                                         bioaktuell 2/10                 15
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