Haspa BörsenAnalyse Kapitalmarkt 2018 - Am Ball bleiben
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Am Ball bleiben Präambel Am Ball bleiben. günstiger. In unserem Hauptszenario glauben wir für 2018 an eine Fortsetzung der Vorjahre. Da sich zum Getreu der Erkenntnis, dass das zurückliegende Jahr jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht digital prognosti- „nicht“ einfach war, aber das zukünftige schwierig zieren lässt, welche Erwartungen sich schlussendlich wird, unterscheidet sich das Jahr 2018 nicht wesent- durchsetzen werden, stellen wir uns für 2018 grund- lich von seinen Vorgängern. Allerdings überwogen sätzlich flexibler auf. Für den Anleger ergibt sich dar- beim Start in 2017 die vermeintlichen Risiken, wie der aus die Notwendigkeit einer höheren Aktivität. Mit Brexit, Trump als neuer US-Präsident und unsichere anderen Worten: Ein aktives Management entweder in Wahlausgänge in Europa. Dennoch war unser Leitmo- vermögensverwaltenden Produkten oder in der Bera- tiv für 2017: Es ist zu teuer, auf bessere Zeiten zu war- tung. Aus der Welt des Fußballs kommend, wählen wir ten. Anleger, die dem gefolgt sind, profitierten in fast im Jahr der Weltmeisterschaft unser Leitmotiv mit allen Anlageklassen von überdurchschnittlichen Wert- „Am Ball bleiben“ aus. Für wenig hilfreich halten wir zuwächsen. Im Zweifel galt, umso mehr Risiko, desto dabei die Taktik, nichts zu machen bzw. in Liquidität besser. Behütet wurde die Szenerie von den jederzeit zu gehen, da dies mit Sicherheit zu einem realen (nach wachsamen Notenbanken, die mit Niedrigstzinsen Inflation) Vermögensverlust führen wird. Das größte und massiver Liquidität für ein berechenbares und Risiko ist somit auch für 2018, nicht investiert zu sein. stabiles Fundament sorgten. Das Resultat dieser Ent- Denn zumindest für den Euroraum dürfte es ein siche- wicklung sind weiter gestiegene Preise in vielen Anla- res Ereignis sein, dass die kurzfristigen Zinsen sich geklassen, insbesondere bei festverzinslichen Wert- nicht von der Null- bzw. Minuszone entfernen, dafür papieren mit schlechterer Bonität. Insofern lässt sich sind die Aussagen der EZB zu deutlich. sagen, dass viele Anlagen für den Käufer eher teurer Welche Anlagen und Themen bilden nun für 2018 den geworden sind und der Auswahlprozess, was denn Kern unserer Strategie für liquide Kapitalanlagen? nun zu kaufen ist, herausfordernd bleibt. Eine Ent- Trotz der mittlerweile an den Aktienmärkten erreich- spannung erfährt der Blick auf die Risiken: Außer den ten Kursstände erachten wir Aktien auch unter Bewer- eigentlich immer vorhandenen geopolitischen Ängs- tungsaspekten als nach wie vor sehr attraktiv. Gerade ten hat sich die Welt erstaunlich stabilisiert. Insbe- im Vergleich mit anderen Anlageklassen sind Aktien sondere die Euro-Zone sticht dabei durch deutlich auch im historischen Kontext nicht überbewertet. In besser als erwartete Wachstumszahlen positiv hervor der Erwartung steigender Unternehmensgewinne für und dies nun endlich auch in der Breite aller Länder. 2018 und 2019 sollten sich neben lukrativen Einnah- Für den Anleger stellt sich nunmehr die Frage, ob sich men aus Dividenden zusätzliche Kurssteigerungen im 2018 zu den Vorjahren grundlegend unterscheiden mittleren einstelligen Prozentbereich für den Anleger wird, weil die Finanzwelt vor einer Neubewertung realisieren lassen. Zusätzliche Akzente setzen wir steht oder das Entwicklungsmuster sich fortsetzt? In dabei unter regionalen Aspekten auf Engagements in der Welt der Fortsetzung suchen Anleger angesichts Asien und China. Thematisch sehen wir Aktien aus den hoher Liquiditätsquoten und eines enormen Anlage- Bereichen Technologie/Künstliche Intelligenz als sehr drucks weiterhin händeringend Investitionen und sind vielversprechend an. Zudem sind wir davon über- auch bereit entsprechende Risiken einzugehen. Zumal zeugt, dass sich nachhaltiges Investieren auch öko- die konjunkturelle Situation nahezu brillant ist, Infla- nomisch auszahlt. Bei festverzinslichen Wertpapieren tionsgefahren nicht erkennbar sind und die Noten- favorisieren wir mittlere Laufzeiten guter bis sehr banken auch weiterhin ihrer Politik des billigen Geldes guter Emittenten. Für interessant halten wir Zinspro- treu bleiben. Diese Rahmenbedingungen werden von dukte, die von langsam steigenden Zinsen partizipie- den Börsianern auch mit „Goldilocks“ beschrieben, ren. Spürbar höhere Renditen lassen sich mit Fremd- besser geht es eigentlich nicht. Die andere Welt un- währungsanleihen erzielen, wobei die Wechselkurs- terscheidet sich auf den ersten Blick gar nicht sub- schwankungen besonders zu berücksichtigen sind. stanziell, nur dass in ihr die Notenbanken zwar lang- Auch wenn Gold keine regelmäßigen Ausschüttun- sam aber absehbar und stetig wieder in Richtung gen/Erträge liefert, dient es uns als Stabilisator in Normalisierung der Zins- und Liquiditätspolitik steu- unruhigen Zeiten. Laufende Erträge lassen sich dem- ern. Die Folge könnte eine Anpassung der Kur- gegenüber mittels unterschiedlicher Strukturierter se/Preise sein: Zinsen steigen, Kredite werden teurer, Produkte erzielen, zudem sind die Kursschwankungen Substanzwerte wie Aktien und Immobilien werden im Vergleich zu Aktien geringer. 2
Am Ball bleiben Zusammenfassung der Prognosen Die Weltwirtschaft bleibt auch 2018 in Schwung, sowie branchenübergreifend die Themen Nach- Welt-BIP 2018: +3,7 % haltigkeit und globale Technologietrends; bei letzteren stehen u. a. Innovationen wie Künstli- Euro-Zone mit breit angelegtem Aufschwung, che Intelligenz, Big Data oder Cloud Computing BIP 2018: +2,0 % im Vordergrund Deutschland auf der konjunkturellen In Zeiten historisch niedriger Zinsen überzeugen Überholspur, BIP 2018: +2,0 % Immobilieninvestments weiterhin mit planbaren USA auf dem „Trumpelpfad“, Erträgen BIP 2018: +2,5 % China setzt seine Expansion fort, BIP 2018: +6,5 % Prognoserisiken Inflationsraten in Deutschland, der Euro-Zone und den USA zwischen 1,5 % und 2,0 % Die Inflationsraten bleiben nicht in der Komfort- zone, sondern steigen über die Zielwerte hinaus Drei Leitzinsanhebungen in den USA, Federal Funds Rate Ende 2018 gut 2,0 % Die Anpassung der Markterwartungen („… keine drei Leitzinserhöhungen in den USA…“) verläuft Die EZB behütet die Märkte und grenzt mögliche nicht reibungslos Renditesteigerungen ein Die Reaktionen auf den Entzug von Notenbank- Der Euro bewegt sich um 1,15 USD geld ab Q4/2018 fallen heftiger aus als erwartet Der Ölpreis (Nordseeöl Brent) pendelt um 55,00 USD pro Barrel Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe bewegt sich zum Jahresende in Richtung 1,0 % Die Gewinne der DAX- und Euro Stoxx 50- Unternehmen legen um 10 % bzw. 7 % zu Fundamental abgeleitete Kursziele 2018: DAX 14.000 Punkte, Euro Stoxx 50 3.900 Zähler Rekorddividenden bei deutschen Standardwerten Die Anlagestrategie zielt auf realen Kapitalerhalt in Zeiten der Finanzrepression Aktive Bewirtschaftung der Depot-Liquidität Ordentliche Erträge werden durch Dividenden, Zertifikate und Zinserträge generiert Unter Bewertungsgesichtspunkten bleibt die Anlageklasse Aktie die attraktivste Das Vermögen sollte durch Beimischung von Gold und Währungen stabilisiert werden Anteilsscheine von multinationalen Konzernen bleiben erste Wahl und werden ergänzt um asiatische und japanische Titel Bevorzugte Aktiensektoren: Banken, Versicherungen und Chemie 3
Am Ball bleiben Inhaltsverzeichnis Seite Präambel 2 Zusammenfassung der Prognosen 3 Volkswirtschaftliches Umfeld 5 Goldilocks 5 Konjunktur 6 Inflationsraten 8 Notenbanken 9 Währungen 10 Kryptowährungen 11 Rohöl 12 Gold 13 Kapitalmärkte 2018 14 Anleihemarkt 14 Aktienmarkt 17 Anlagestrategie: 20 Anlagethemen 23 Asiatische Aktien 24 Japanische Aktien 25 Technologie 26 Branchenüberblick 27 4
Politik Am Ball bleiben Goldilocks: Wie lange? Solides Wirtschaftswachstum, stabile Verbraucher- preise, Vollbeschäftigung, steigende Unternehmens- gewinne und ein niedriges Zinsniveau. So oder ähnlich dürfte der „Wunschzettel“ am Kapitalmarkt aussehen. Nennen wir es das „Goldilocks“-Szenario. Wie ist die Lage in Deutschland? Die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt über dem Potenzialpfad. Die Wachstumsmöglichkeiten werden immer stärker ausgeschöpft, der Fachkräftemangel nimmt zu. Gleichwohl bleiben die Inflationsraten unter ihrem Zielwert, Lohnerhöhungen werden also nicht gleich von der Geldentwertung aufgezehrt. Die Notenbank begleitet diesen „inflationsfreien Auf- Wie realistisch ist das? Die konjunkturellen Frühindi- schwung“ mit rekordniedrigen Zinsen. Die Steuerquel- katoren signalisieren ausnahmslos die Fortsetzung len sprudeln und der Staatshaushalt weist auch wegen eines kräftigen Aufschwungs in Deutschland und der der Nullzinspolitik einen beachtlichen Überschuss auf. Euro-Zone. Die Verbraucherpreise dürften Anfang Die Unternehmen verdienen prächtig, so dass die 2018 aus statistischen Gründen zunächst etwas nach- Aktienkurse kräftig steigen: „Goldilocks“! geben und sich im weiteren Jahresverlauf zwischen 1,5 und 2,0 % einpendeln. Nennenswerte Inflations- Die Grundlage dieser besten aller Börsenwelten ist gefahren sind damit auch 2018 nicht in Sicht. Ebenso das inflationsfreie Wachstum: Viele Jahre lang hohe wenig eine Leitzinserhöhung seitens der EZB. Zuwachsraten des BIP, begleitet von Verbraucherprei- sen in der Nähe des Zielwertes. Eine seltene Konstel- Goldilocks dürfte bleiben, solange sich das Risikover- lation, die es in den USA zuletzt in der zweiten Hälfte halten der Marktteilnehmer nicht ändert. der 90-er Jahre gab, als Alan Greenspan Notenbank- Derzeit sind die Marktteilnehmer bereit, hohe Risiken präsident war. Die Renditen bewegten sich seinerzeit zu schultern. Die Sorglosigkeit ist ungewöhnlich hoch. nach unten, die Aktienkurse vervielfachten sich. Sie ist abzulesen am Volatilitätsindex VIX, der die aus Optionspreisen abgeleitete implizite Volatilität misst. Diese wiederum lässt auf das Absicherungsbedürfnis der Anleger schließen. Bewegen sich die Kurse ohne größere Rückschläge nach oben, sehen die Investoren meist wenig Grund, ihre Positionen abzusichern. Ent- sprechend niedrig ist die erwartete Volatilität, ent- sprechend entspannt und sorglos sind die Investoren. Sollte die Risikoeinschätzung - aus welchem Grund auch immer - plötzlich steigen, werden Risiken zu- rückgefahren. Die Kurse fallen und der VIX zieht an. In Deutschland bewegen sich die Wachstumsraten des BIP seit 2014 bei etwa 2 %. Allerdings konnten sich die Inflationsraten erst 2017 wieder ihrem Zielwert von 2 % annähern. Nach unserer Einschätzung wird das deutsche BIP auch 2018 und 2019 um jeweils etwa 2 % wachsen. Bei den Verbraucherpreisen wer- den Werte zwischen 1,5 und 2,0 % erwartet. Dies wäre ein inflationsfreier Aufschwung über immerhin vier Jahre. 5
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Konjunktur: Auf der Überholspur. Alle bedeutenden Volkswirtschaften der Welt haben gelegte Steuersenkungsprogramm Gesetzeskraft unter tatkräftiger Mithilfe der Notenbanken konjunk- erlangen, wird es zusätzliche konjunkturelle Impulse turell wieder Tritt gefasst. Sie bewegen sich derzeit auslösen. Diese dürften allerdings nicht so ausge- nahezu im Gleichschritt voran und lassen die Welt- prägt sein, dass sie das BIP dramatisch steigen lassen. wirtschaft einen Gang hochschalten. Das globale Brut- Die Kehrseite kreditfinanzierter Steuersenkungen ist toinlandsprodukt wird nach Einschätzung des Interna- ein Anstieg der Staatsverschuldung. Aufgrund des tionalen Währungsfonds (IWF) im Jahr 2018 um 3,7 % vorgelegten Steuersenkungsprogramms dürften zu auf 84,4 Billionen US-Dollar steigen. den aktuellen US-Schulden von 20,6 Bill. USD rund 1,5 Bill. USD hinzukommen. Die US-Staatsschulden- quote würde dadurch auf 116 % des BIP steigen. Die konjunkturellen Frühindikatoren wie die Verbrau- chervertrauen- und Einkaufsmanagerindizes bewegen sich auf hohen Niveaus und signalisieren ein starkes konjunkturelles Winterhalbjahr. Vor diesem Hinter- grund dürfte das US-BIP 2018 um 2,5 % zulegen. China ist mit einem nominalen BIP von knapp 12 Bill. USD die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde. Beim Vergleich anhand der vom IWF geschätzten Kaufkraft- paritäten liegt das Reich der Mitte mit gut 23 Bill. USD sogar weit vor den USA. China sieht sich politisch, ökonomisch und militärisch auf dem Weg, die USA Die USA sind mit einem nominalen BIP von 19,4 Bill. langfristig als Weltmacht Nummer eins abzulösen. US-Dollar die größte Volkswirtschaft der Welt. Rund ein Viertel des globalen BIP ist „Made in USA“. Nach den Präsidentschaftswahlen 2016 versprach die neue Regierung umfangreiche Steuersenkungen, Deregu- lierungen im Finanzbereich und ein gigantisches öf- fentliches Investitionsprogramm. Im Jahr 2017 wurde davon nichts umgesetzt. Gleichwohl hat die US-Wirtschaft nach einem schwachen Jahresauftakt auf einen soliden Wachstumspfad zurückgefunden. Das BIP dürfte 2017 um 2,3 % zugelegt haben. Seit Jahren wird die Volkswirtschaft umstrukturiert, um die konjunkturelle Abhängigkeit von Exporten und Investitionen zu verringern. Dienstleistungen und der private Verbrauch erhalten einen höheren Stellenwert, Der Umbau schreitet voran. Während die Einzelhan- delsumsätze mit zweistelligen Raten zulegen, wach- sen die Investitionen „nur“ noch um rund 6 %. Der chinesische konjunkturelle Höhenflug geht einher mit einer massiven Verschuldung von Unternehmen Wie geht es weiter? Die auf 4,1 % gesunkene Arbeits- und privaten Haushalten. Die aktuelle Schuldenquote losenquote entspricht dem Zustand der Vollbeschäfti- von mehr als 300 % des BIP gilt als eines der Hauptri- gung und bildet eine solide Basis für die Fortsetzung siken Chinas. Der Ausbruch einer international aus- des konsumgetriebenen Aufschwungs. Sollte das vor- strahlenden Schuldenkrise ist allerdings wenig wahr- 6
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben scheinlich, denn Regierung und Notenbank Chinas 0,9 % deutlich über den „normalen“ Zuwächsen. Das dürften entsprechenden Tendenzen entgegenwirken. BIP dürfte im Jahr 2017 real um 2,3 % gestiegen sein. Dies sollte im chinesischen System der nur bedingt In kalenderbereinigter Form ergibt sich sogar ein Plus freien Märkte gelingen. Zudem hält sich die Auslands- von 2,6 %. Das Expansionstempo dürfte 2018 hoch verschuldung in Grenzen. Gläubiger (Banken) und bleiben, jedoch kaum das 2017-er Niveau erreichen. In Schuldner (Unternehmen) befinden sich also nicht nur der Annahme, dass die Inlandskonjunktur auf der im gleichen Land, sondern haben häufig auch noch „Überholspur“ bleibt, das extrem hohe Quartalstempo den gleichen Eigentümer, nämlich den Staat. jedoch nicht halten kann, wird das reale deutsche BIP im Jahr 2018 um 2,0 % zulegen. In kalenderbereinig- Die Wachstumsrate des BIP Chinas dürfte 2017 mit ter Form wäre dies ein Plus von 2,1 %. 6,8 % die Schätzungen übertroffen haben. Im Jahr 2018 sollte sich der Aufschwung in etwas moderate- Zu den erfreulichsten Überraschungen des abgelaufe- rem Tempo und einem BIP-Plus um 6,5 % fortsetzen. nen Jahres 2017 zählt die Entwicklung in der Euro- Zone. Entgegen den Befürchtungen konnten sich die Deutschland belegt mit einem nominalen Bruttoin- euro-kritischen Parteien bei den Parlamentswahlen landsprodukt von knapp 3,7 Bill. USD weltweit den nicht durchsetzen. Darüber hinaus entfalteten sich die vierten Rang und befindet sich derzeit im eingangs ökonomischen Kräfte immer stärker. beschriebenen „Goldilocks“-Umfeld: Die Wachstums- rate des BIP liegt mit mehr als 2 % oberhalb des Po- tenzialpfades. Löhne und Gehälter steigen kräftiger als die Inflationsraten und stärken die Konsumausga- ben, niedrige Zinsen befeuern die Bautätigkeit und stützen den Aufschwung am Arbeitsmarkt. Mittlerwei- le ziehen auch die Investitionen spürbar an. Mittlerweile befinden sich alle Länder der Euro-Zone wieder auf dem Wachstumspfad. Gemäß den konjunk- turellen Frühindikatoren werden sie diesen auch 2018 nicht verlassen. Die industriellen Einkaufsmanagerin- dizes in den vier größten Euro-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien bewegen sich weit oberhalb der Wachstumsschwelle und signalisieren Wie geht es weiter? Die konjunkturellen Frühindikato- damit die Fortsetzung des kräftigen Aufschwungs. Die ren signalisieren einen anhaltend kräftigen Auf- gleiche Botschaft kommt vom Index des Wirtschafts- schwung. Der ifo Geschäftsklimaindex notierte im vertrauens (ESI), dem europäischen Pendant zum November 2017 auf Rekordniveau und brachte damit deutschen ifo Geschäftsklimaindex, der mehrjährige eine enorme Zuversicht der Unternehmen zum Aus- Höchststände erklommen hat. druck. Der GfK Konsumklimaindex bewegt sich in der Nähe mehrjähriger Höchststände und deutet eine Der Aufschwung in der Euro-Zone verläuft zudem Fortsetzung des konsumgetriebenen Aufschwungs an. relativ stetig. Die Quartalswachstumsraten des BIP Am Arbeitsmarkt nimmt in vielen Branchen die Perso- bewegen sich seit Jahren überwiegend zwischen nalknappheit zu, so dass die Lohnentwicklung klar 0,4 % und 0,6 %. Das letzte Minus gab es Anfang aufwärtsgerichtet bleiben dürfte. Bisher hält sich der 2013. Im Gesamtjahr 2017 dürfte die Wirtschafts- Lohndruck allerdings in Grenzen. Er hat die gefürchte- leistung in der Euro-Zone um 2,3 % zugelegt haben. te Lohn-Preis-Spirale noch nicht in Gang gesetzt, die Für das Jahr 2018 zeichnet sich ein Plus von 2,0 % ab. letztendlich den Aufschwung beenden dürfte. Die Quartalswachstumsraten des inländischen BIP lagen im Jahr 2017 mit Werten zwischen 0,6 % und 7
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Inflationsraten: Keine Lohn-Preis-Spirale. Die Inflationsrate soll gemäß den Vorstellungen der und spiegelt den grundlegenden Preistrend in einer meisten Notenbanken bei 2 % oder etwas darunter Volkswirtschaft wider. Die Kernraten waren vom Öl- liegen. Dieser Zielwert wurde in den vergangenen drei preisverfall nicht betroffen und bewegten sich dem- Jahren nicht nur in Deutschland deutlich verfehlt. entsprechend recht stabil seitwärts. Sie liegen derzeit Wegen der Halbierung der Energiepreise im Sommer bei etwa 1,5 % in Deutschland und der Euro-Zone 2014 lagen die Inflationsraten in den Folgejahren sowie bei 1,8 % in den USA. zeitweise sogar im negativen Bereich. Wie geht es 2018 weiter? Schreibt man den Verbrau- Die Europäische Zentralbank (EZB) nahm dies zum cherpreisindex mit dem durchschnittlichen Verlaufs- Anlass, zunächst die Leitzinsen drastisch zu reduzie- muster der vergangenen Jahre fort, so werden sich die ren und anschließend die Märkte über Anleihekäufe Inflationsraten in Deutschland im Jahr 2018 zwischen mit Liquidität zu fluten. Erst Anfang 2017 erreichten 1,5 % und 2,0 % bewegen. Zu Jahresbeginn dürften die Inflationsraten in Deutschland und der Euro-Zone sie aus statistischen Gründen (Inflationsrate = Jahres- wieder ihren Zielwert von „nahe aber unter 2 %“. Seit- vergleich) erst einmal moderat ausfallen, da der Preis- her bewegen sie sich überwiegend leicht unterhalb index Anfang 2017 kräftig gestiegen ist. Im Gesamt- dieser Marke. jahresdurchschnitt 2018 sollten sie mit 1,7 % in Deutschland, 1,5 % in der Euro-Zone und 2,0 % in den USA in der Komfortzone der Notenbanken bleiben. Dabei ist unterstellt, dass es keine externen Störfakto- ren wie Energiepreisschübe oder kräftige Mehrwert- steueranhebungen geben wird. Wir erwarten auch im neuen Jahr nicht den Beginn einer Lohn-Preis-Spirale, bei der sich Löhne und Preise gegenseitig aufschau- keln und den Keim für einen konjunkturellen Abschwung legen. Inflationsraten Deutschland, Prognose In den USA verlief die Entwicklung ähnlich, wenngleich sich die Inflationsraten bereits 2016 wieder von der Nulllinie lösten. Aktuell oszillieren sie um den Zielwert der US-Notenbank (Fed), der bei 2 % liegt. in % zum Vorjahr, ab Dez. 2017 (rot) eigene Prognose Fazit: Die Inflationsraten sollten auch 2018 die Ziel- werte der Notenbanken nicht überschreiten. Zudem haben sie genügend Abstand zur Nulllinie, wo Deflati- onsgefahren verortet werden. Damit haben die Wäh- rungshüter freie Hand: Sie können sowohl ihre expan- siven geldpolitischen Maßnahmen fortsetzen („Ziel noch nicht erreicht“) oder aber den Einstieg in den Ausstieg einleiten („Ziel in Sicht“). Für die Notenbanken ist neben der „normalen“ Inflati- onsrate vor allem die sogenannte „Kernrate“ der Infla- tion interessant. Sie wird ohne die schwankungsanfäl- ligen Energie- und Nahrungsmittelpreise berechnet 8
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Notenbanken: Werden die Zinsauftriebskräfte bremsen. Die Notenbanken haben in den vergangenen Jahren reserven, sondern ist zugleich ein klarer Wettbe- mit einer beispiellosen Bereitstellung liquider Mittel werbsnachteil gegenüber Banken aus den USA und in die Preisgestaltung der Märkte eingegriffen. Offizi- Asien. elles Ziel war die Wiederherstellung eines stabilen Die US-Notenbank (Fed) hat die Federal Funds Rate Preisniveaus. Hochwillkommene Nebeneffekte waren bereits mehrfach angehoben. Die langfristigen Projek- bei der EZB die Stabilisierung der europäischen tionen der Fed sehen für 2018 drei Zinsanhebungen Gemeinschaftswährung und die Gewährleistung der vor, so dass die US-Leitzinsspanne Ende 2018 bei Schuldentragfähigkeit angeschlagener Euro-Länder. 2,00 - 2,25 % liegen dürfte. Die Europäische Zentralbank reduziert ihre Anleihe- käufe ab Januar 2018 auf monatlich 30 Mrd. EUR und führt diese noch mindestens bis September durch. Anschließend wird sie die Märkte auch mit Hilfe der Reinvestitionsmittel steuern. Dabei handelt es sich um Zinserträge und Fälligkeiten des EZB-Portfolios, die sofort wieder investiert werden. Sie dürften rund 15 Mrd. EUR pro Monat ausmachen. Darüber hinaus hat die US-Notenbank begonnen, ihre durch Anleihekäufe auf 4,5 Billionen USD aufgeblähte Bilanzsumme abzuschmelzen. Zu diesem Zweck wer- den nicht mehr sämtliche Erträge und Rückflüsse des Anleiheportfolios reinvestiert. Die monatlichen Nicht- Reinvestitionen steigen von 10 Mrd. USD im Oktober 2017 auf 50 Mrd. USD ab Oktober 2018. Mit anderen Worten: Das US-Schatzamt muss diese Volumina bei Die Leitzinsen werden gemäß EZB „weit über den anderen Investoren platzieren. Sie steigen von Zeithorizont“ der Anleihekäufe nicht angetastet. 420 Mrd. USD in 2018 auf 600 Mrd. USD in 2019. Gemeint sein dürfte vor allem der auf 0,0 % reduzierte Kritisch könnte es im 4. Quartal 2018 werden, falls die Hauptrefinanzierungssatz. Der als „Strafzins“ EZB ihre Käufe im Oktober einstellt. In diesem Fall bezeichnete Einlagesatz für Banken liegt derzeit bei wäre aus dem Kreis der Notenbanken nur noch die minus 0,4 %, der Ausleihsatz bei 0,25 %. Normaler- Bank of Japan (BoJ) als Käuferin am Anleihemarkt weise haben beide Sätze den gleichen Abstand zum aktiv. Die BoJ erwirbt im Rahmen ihrer Zinskurven- Hauptrefinanzierungssatz. steuerung immer gerade so viele Anleihen, wie erfor- Im Jahr 2018 ist von der EZB noch keine Leitzinswen- derlich sind, um die 10-jährige Rendite bei 0,0 % zu de zu erwarten. Sie könnte damit jedoch im ersten halten. Es sind meist weniger als die 50 Mrd. USD Halbjahr 2019 beginnen, indem der „Strafzins“ mit monatlich, die seitens der Fed ab Oktober 2018 nicht einer Anhebung auf minus 0,25 % näher an den mehr reinvestiert werden. Unter dem Strich dürften Hauptrefinanzierungssatz herangeführt wird. die Notenbanken daher ab Oktober 2018 „Geld vom Tisch nehmen“. Warum sollte die EZB das tun? Der negative Einlage- satz setzt das Bankensystem immer stärker unter Fazit: Die Aktivitäten der Notenbanken werden im Jahr Druck. Schätzungen zufolge müssen die deutschen 2018 die Zinsauftriebskräfte stärken, dürften diese Kreditinstitute im Jahr 2017 mehr als 2 Mrd. EUR aber nur begrenzt zur Entfaltung kommen lassen. „Strafzinsen“ zahlen, im Vorjahr war es rund 1 Mrd. EUR. Das erschwert nicht nur die auch von der EZB geforderte Schaffung zusätzlicher Eigenkapital- 9
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Währungen: Euro um 1,15 US-Dollar. Die größte Überraschung des Jahres 2017 war der Höhenflug des Euro. Von den bedeutenden internati- onalen Währungen konnte lediglich der Polnische Zloty gegenüber dem Euro aufwerten. Performance gegenüber Euro (in %) seit 01.01.2017 Australischer Dollar -6,9 Chinesischer Renminbi -6,1 Hongkong Dollar -11,4 Indische Rupie -5,8 Japanischer Yen -7,9 Kanadischer Dollar -6,8 Koreanischer Won -1,6 Mexikanischer Peso -2,5 Neuseeland Dollar -11,3 Norwegische Krone -8,1 Pfund Sterling -3,2 Im abgelaufenen Jahr 2017 werteten auch die Dollar- Polnischer Zloty 4,9 Währungen aus Australien, Neuseeland und Kanada Russischer Rubel -7,7 Schwedische Krone -4,4 gegenüber dem Euro deutlich ab, obwohl die funda- Schweizer Franken -8,3 mentalen Rahmendaten dieser Länder meist über- Singapur Dollar -4,4 Türkische Lira -17,9 zeugten. Ursächlich waren vor allem politische Ent- US-Dollar -10,8 wicklungen wie der überraschende Regierungswech- sel in Neuseeland, sehr knappe Mehrheitsverhältnisse Wie geht es weiter? Für den Euro sprechen die aktuel- im australischen Parlament und die Diskussion um die le politische Stabilität und der immer breiter aufge- Zukunft des NAFTA-Abkommens in Kanada. stellte Aufschwung in der Euro-Zone. Selbst wenn die Regierungsbildung in Berlin länger dauern sollte, bleibt Deutschland ein politisch stabiles Land. Ein Unsicherheitsmoment können die spätestens am 20. Mai 2018 durchzuführenden Parlamentswahlen in Italien darstellen. Aktuellen Umfragen zufolge liegen nämlich die euro-kritischen Bündnisse vorne. Mögli- che neuerliche „Euro-Ängste“ könnten daher den Euro belasten. Für den US-Dollar spricht insbesondere die erwartete Zinsentwicklung. Die US-Notenbank dürfte den Leit- zins bis Ende 2018 auf etwa 2 % erhöhen und damit die 10-jährige Rendite amerikanischer Staatsanleihen in Richtung 3 % bewegen. Steigende US-Renditen Die Rohstoffländer profitieren von der Erholung der dürften weltweit Kapital anlocken und den Dollar auf- Rohstoffpreise und dem kräftigen Aufschwung in werten lassen. Gegen den USD spricht die höhere US- China, dem wichtigsten Abnehmerland. In der Annah- Staatsschuldenquote, da das Steuersenkungspro- me, dass das Reich der Mitte auch 2018 die konjunk- gramm der US-Regierung über zusätzliche Kredite turelle Überholspur hält und die Rohstoffpreise min- finanziert wird. Das Programm an sich dagegen dürfte destens stabil bleiben, sollte es in den Lieferländern den Dollar stützen, indem es die Wachstums- und konjunkturell weiter bergauf gehen. Von den Noten- Inflationserwartungen steigen lässt. banken dürften die Rohstoffwährungen, zu denen Unter dem Strich sollten die Auftriebskräfte für den auch die Norwegische Krone zählt, dagegen kurzfristig US-Dollar etwas stärker ausgeprägt sein als die Belas- kaum Unterstützung erfahren. Die Phase sinkender tungsfaktoren. Der Greenback notiert in handelsge- Leitzinsen ist zwar vorüber. Den Wechselkurs stärken- wichteter Form immer noch unter seinem langfristi- de Leitzinsanhebungen dürften jedoch mit Ausnahme gen Durchschnittswert. Er sollte 2018 leicht aufwer- Kanadas und der USA überwiegend erst 2019 ten. Für den Euro zeichnet sich eine Pendelbewegung anstehen. um die Marke von 1,15 USD ab. 10
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Kryptowährungen: Markt pur. Unter den 1.334 Kryptowährungen (auch Cyber- oder schürfen, ist dieses heute den Betreibern großer digitale Währungen genannt) ist Bitcoin gemäß der Computernetzwerke vorbehalten. Internetseite „coinmarketcap.com“ mit einem Markt- Cyberwährungen werden auch bei virtuellen Börsen- anteil von 64 % der Platzhirsch. Es folgen Ethereum gängen geschaffen, den Initial Coin Offerings (ICOs). mit 10 %, Bitcoin Cash mit 6 % sowie Ripple, IOTA Bei einem ICO erhalten die Geldgeber keine Aktien, und Dash mit jeweils 2 %. Der gesamte Krypto-Markt sondern Gutscheine („Token“), die eine Beteiligung an erreicht mit einem Volumen von rund 405 Mrd. USD künftigen Gewinnen o. ä. versprechen. etwa ein Drittel des DAX-Gewichtes (Stand 07.12.17). Digitale Währungen entstehen auch durch Abspaltun- Extreme Kursausschläge und vor allem enorme Kurs- gen („Forks“) von bestehenden Währungen. So gewinne haben die Kryptowährungen in die Schlagzei- wurden 2017 vom traditionellen Bitcoin der Bitcoin len gebracht. Sind sie für eine Anlage geeignet? Cash und der Bitcoin Gold abgespalten. Da das Bitcoin-Schürfen technisch kaum noch möglich ist, sind potenzielle Käufer auf den Erwerb über Han- delsplattformen angewiesen. Zudem wollen die Terminbörsen in Chicago Bitcoin-Derivate emittieren, um am aktuellen Hype zu partizipieren. Stellen Kryptowährungen überhaupt Geld dar? Geld muss gemäß Lehrbuch Tausch- und Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel sowie Recheneinheit sein. Es hat zudem knapp, teilbar, gleichwertig, haltbar und übertragbar zu sein. Die wichtigste Geldeigenschaft ist jedoch das Vertrauen. Während Kryptowährungen viele der o. a. Kriterien erfüllen, dürfte es vor allem (noch) am Vertrauen mangeln. Denn es gibt zahlreiche Risiken. Der Handel findet in Kryptowährungen basieren auf der Blockchain- reinster Form statt. Es gibt keine Instanz, die den Technik. Standardisierte Datenblöcke („blocks“), in Handel überwacht oder glättend eingreift. Die Kurse denen Datensätze gespeichert sind, werden mit Hilfe kommen ausschließlich durch Angebot und Nachfrage komplexer Rechenoperationen zu einer Kette zustande. Extreme Kursschwankungen sind an der („chain“) verbunden. Auf dieser „Blockchain“ werden Tagesordnung. Sollte eine Währung einmal „out“ sein, die Kryptowährungen gespeichert. Es gibt keine zent- ist selbst ein Totalverlust möglich, denn es gibt weder rale Verwaltung. Die Ketten liegen auf den Rechnern einen inneren noch einen „fairen“ Wert. Man kauft nur der Teilnehmer eines dezentralen Netzwerks, das alle „einen langen Code aus Ziffern und Buchstaben“. Bei Transaktionen aufzeichnet. der Vielzahl digitaler Währungen ist zudem völlig un- Digitale Währungen werden also nicht von Notenban- sicher, welche sich langfristig die Gunst der Nutzer ken geschaffen. Sie entstehen durch „Schürfen“, bewahren kann. Derzeit hat Bitcoin klar die Nase vorn, virtuelle Börsengänge („ICOs“) oder Abspaltung von während Ethereum spürbar aufholt. bestehenden Kryptowährungen. Darüber hinaus können die etablierten Zentralbanken Um neue Bitcoin zu „schürfen“ hängen leistungsstar- eigene digitale Währungen herausgeben. So prüft ke Computer im Zuge komplexer Rechenoperationen beispielsweise die schwedische Riksbank, ob ange- weitere Blöcke an die bestehende Kette. Diese „Miner“ sichts der rapide sinkenden Verwendung von Bargeld werden mit Bitcoins entlohnt. Das maximale Bitcoin- in Schweden eine von ihr herausgegebene Kryptowäh- Volumen wurde von vornherein auf 21 Mio. Stück be- rung für Privatkunden und Großkunden sinnvoll sein grenzt. Da mittlerweile bereits 16,7 Mio. Exemplare könnte. existieren, wird die Anzahl neu geschürfter Bitcoins Fazit: Engagements in Bitcoin und Co. haben hoch- immer weiter eingegrenzt. Dies geschieht, indem die spekulativen Charakter. Sie sind virtuelles „Spielgeld“ Rechenoperationen komplexer werden, das Schürfen und als Anlageobjekte (derzeit) nicht geeignet. entsprechend aufwendiger. Konnte man Anfang 2009 angeblich noch Bitcoins mit einem privaten Rechner 11
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Rohöl: Kein Engpass in Sicht. Der Preis für ein Fass (Barrel bzw. 159 Liter) Nordseeöl 1,8 Mio. Barrel pro Tag (bpd) wird das globale Öl- stieß Anfang November bis in den Bereich um 65 US- Angebot eingeschränkt, um die Lagerbestände ab- Dollar vor. Ursächlich waren stark zunehmende politi- schmelzen zu lassen. Das Ende 2016 geschlossene sche Spannungen im Nahen Osten. Für Verunsiche- Abkommen wurde bereits zweimal verlängert und gilt rung sorgen vor allem der Machtkampf in Saudi- nun bis Ende 2018. Damit dürfte der Abbau der Lager- Arabien und die immer aggressivere saudische bestände weitergehen. Rhetorik gegenüber dem Iran. Im Falle kriegerischer Nach Angaben der OPEC lag das weltweite Öl-Angebot Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regio- im 3. Quartal 2017 bei 96,4 Mio. bpd. Die Nachfrage nalmächten Saudi-Arabien und Iran dürfte die Ölförde- lag mit 97,7 Mio. bpd um 1,3 Mio. bpd darüber. Der rung und vor allem der Öltransport durch den globale Ölverbrauch soll gemäß einer Studie der OPEC Persischen Golf gefährdet sein. Ein Angebotsengpass noch bis 2040 ansteigen. Die weltweite Nachfrage am globalen Ölmarkt wäre die Folge. dürfte von 98,5 Mio. bpd im Jahr 2018 auf 111,1 Mio. bpd im Jahr 2040 steigen. Der rückläufige Bedarf in den Industrieländern soll von einer höheren Nachfra- ge in den Schwellenländern mehr als kompensiert werden. Insgesamt wurden im Oktober 2017 weltweit täglich 96,7 Mio. Barrel Öl gefördert. Größter Produzent waren die USA mit 12,7 Mio. bpd vor Russland (11,3 Mio. bpd) und Saudi-Arabien (9,9 Mio. bpd). Der Anteil der OPEC an der globalen Ölförderung lag bei 34 %. Alles in allem ist auch weiterhin keine grundsätzliche Ölknappheit zu befürchten, zumal die globale Ölpro- duktion lediglich durch die Förderkürzungen im Zaum Als Preisbremse für den Ölpreis erweisen sich die gehalten wird. hohen Lagerbestände, die 2016 mit 3 Mrd. Barrel ein Rekordniveau erreichten. Preisdämpfend wirkt auch die stark ausgeweitete Schieferölförderung in den USA. Im Zuge des jüngsten Anstiegs der Ölnotierun- gen erteilte der US-Bundesstaat Texas rund 17 % mehr Lizenzen für die Öl- und Gasförderung als vor einem Jahr. Fazit: Der jüngste Höhenflug der Ölpreise ist teilweise politisch bedingt. Fundamental betrachtet gibt es keinen Anlass für weiter steigende Ölpreise. In der Annahme, dass die Spannungen im Nahen Osten nicht zu Produktions- und Lieferausfällen in Saudi-Arabien führen, sollte der Preis für ein Barrel Nordseeöl in den kommenden Monaten wieder in den mittleren 50-er Gestützt wird der Ölpreis durch eine Vereinbarung Bereich zurückkehren. zwischen der OPEC (Organisation Erdöl exportieren- der Länder) und elf weiteren Ölförderländern, insbe- sondere Russland. Mit einer Produktionskürzung von 12
Volkswirtschaftliches Umfeld Am Ball bleiben Gold: Wenig Phantasie. Der Goldpreis steigt üblicherweise in Phasen allge- nenden Leitzinserhöhungen als auch der Abbau der meiner Verunsicherung, bei niedrigen Inflationserwar- Bilanzsumme dürfte zu einem Anstieg der US- tungen und sinkenden Zinsen. Außerdem entwickelt Renditen führen. Dies sollte den Goldpreis tendenziell er sich meist gegenläufig zum US-Dollar: Je schwächer belasten. der Dollar, umso teurer das Gold. In den USA wird 2018 ein umfangreiches Steuersen- Als der Euro im Zuge der Dollarschwäche im vergan- kungsprogramm umgesetzt, das hauptsächlich über genen Sommer die Marke von 1,20 USD überwand, zusätzliche Schulden finanziert wird. Auch dies dürfte kletterte der Goldpreis in die Region um 1.350 USD. den Renditen Auftrieb verleihen und den Goldpreis Mit der sich anschließenden Dollar-Erholung prallte belasten. das Gold am technischen Widerstand im Bereich um Was spricht für höhere Goldpreise? Auftrieb würde 1.350 USD ab. Seither bewegt sich der Preis einer das gelbe Metall erhalten, falls der Konflikt zwischen Feinunze (= 31,1 Gramm) des gelben Metalls um die den USA und Nordkorea doch noch eskaliert. Nach der Marke von 1.300 USD. Asienreise Trumps ist er jedoch in den Hintergrund getreten. Eine Verhandlungslösung oder eine Nicht- lösung dürften weiterhin am wahrscheinlichsten sein. Rückenwind kann der Goldpreis durch eine höhere physische Nachfrage in Indien und China erhalten. Höhere Goldpreise sind auch zu erwarten, wenn die aktuelle Sorglosigkeit der Investoren am Aktien- und Anleihemarkt umschlägt und einem höheren Sicher- heitsbedürfnis Platz macht. Dies dürfte zwar irgend- wann geschehen, der Zeitpunkt kann aber nicht seriös prognostiziert werden. Nach Angaben des World Gold Council fiel das 3. Quartal 2017 am Goldmarkt enttäuschend aus. Die weltweite Nachfrage nach dem gelben Metall ging um 9 % auf 915 Tonnen (t) zurück. Dies entsprach einem achtjährigen Tiefstand. Die Zuflüsse in Gold-ETFs, den börsennotierten Goldindexfonds, hielten zwar an. Sie lagen mit 19 t jedoch weit unter dem Vorjahreswert von 144 t. Auf der Angebotsseite sank die Minenpro- duktion um 2 % auf 841 t und das Angebot an recycel- tem Gold um 6 % auf 315 t. Wie geht es weiter? Der Goldpreis dürfte in nächster Zeit vor allem von der Geldpolitik in den USA beein- Fazit: Die meisten Einflussfaktoren sprechen derzeit flusst werden. Die amerikanische Notenbank (Fed) hat gegen einen nennenswerten Anstieg des Goldpreises. mittlerweile ihre beiden Hauptziele erreicht. Es Auftrieb würde das gelbe Metall bei einer Verschär- herrscht Vollbeschäftigung und das Preisniveau ist fung des Nordkorea-Konflikts oder einem Kurssturz stabil, wenngleich die Inflationsraten immer noch von Aktien oder Anleihen erhalten. Als Kursbremse nicht ganz den Zielwert erreicht haben. Wir gehen wirken dagegen steigende US-Leitzinsen, anziehende daher davon aus, dass die US-Leitzinsen im Jahr 2018 Renditen, eine Aufwertung des US-Dollar sowie stabile mehrfach angehoben werden und die Federal Funds Aktien- und Anleihemärkte. Alles in allem dürfte sich Rate Ende 2018 bei gut 2 % steht. der Goldpreis daher auch weiterhin um die Marke von 1.300 USD bewegen. Gold-Engagements sollten in Darüber hinaus hat die Fed im Oktober 2017 mit der begrenztem Umfang fester Bestandteil eines ausge- Reduzierung ihrer Anleihebestände begonnen, um die wogenen Depots bleiben. in den Krisenjahren zuvor stark aufgeblähte Noten- bankbilanz abzuschmelzen. Sowohl die sich abzeich- 13
Kapitalmärkte 2018 Am Ball bleiben Anleihemarkt: Herausforderndes Umfeld bleibt. In den vergangenen Jahren haben sich die Anleihe- Bei der Europäischen Zentralbank ist die Situation märkte - gemessen an der Kursentwicklung der Papie- anders. Hier wurde das Anleiheankaufsprogramm (mit re - stets besser entwickelt als im Mittel von Kapital- allerdings reduziertem Volumen) bis September 2018 marktexperten zuvor prognostiziert. Dies galt zum verlängert, eine Prolongation ist nicht ausgeschlos- einen für die Renditen bei sicheren Staatsanleihen, sen. Zudem wurde betont, dass die Erhöhung der Leit- zum anderen für die Risikoaufschläge bei riskanteren zinsen erst längere Zeit nach Ende des Ankaufs- Papieren, die sich weiter einengten statt stabil zu programms erfolgen sollte. Im bisherigen Jahresver- bleiben oder sich auszuweiten. Mit dieser Hypothek lauf 2017 kam es dadurch per Saldo zu keinem stärke- muss der Prognostiker nun leben. Für den Leser bietet ren Anstieg der Renditen: Während die zweijährige diese Kenntnis einen Hoffnungsschimmer, denn die Bundesanleihe tief im Negativbereich unterhalb des Perspektiven für 2018 sehen aus unserer Sicht im negativen Einlagesatzes verharrte, legte die zehnjäh- Bereich der festverzinslichen Papiere herausfordernd rige Bundesanleihe getrieben von etwas höheren In- aus. flationsraten und starken Konjunkturzahlen leicht zu. Ging es im Ausblick für 2017 noch darum, eine zumin- dest nominal positive Rendite zu erzielen, dürfte es 2018 schon stärker darum gehen, eine negative Rendite zu vermeiden. Staatsanleihen Nach vielen Jahren der extrem expansiven Geldpolitik machen sich die Notenbanken langsam zu einer Nor- malisierung auf. Die US-Notenbank hat bereits im Oktober 2017 mit dem Abschmelzen der durch die mehrjährigen Anleihekäufe aufgeblähten Bilanzsum- me begonnen. Bereits Ende 2015 wurden die Zinsen angehoben, dieser Kurs wurde sukzessive weiter fort- gesetzt. Auch wenn wir in der Euro-Zone angesichts stabiler Inflationsraten unmittelbar keinen größeren Zinsauf- In der Folge sind die Renditen für kurze Laufzeiten trieb sehen, sollten die Renditen zulegen. Zum Jah- bereits deutlich angezogen. Bei längeren Laufzeiten resende 2018 dürfte die 10-jährige Bundesanleihe mit kam es jedoch per Saldo zu einem leichten Rendite- etwa 1 % rentieren. Gründe für einen Anstieg sind die rückgang, so dass sich die Renditestrukturkurve ver- Ausstrahlungseffekte weiter zulegender US-Renditen, flachte. Grund dürften die enttäuschten Hoffnungen ein ausgesprochen positiver Konjunkturausblick für über eine Umsetzung positiver wirtschaftlicher Wahl- 2018 sowie die zunehmende Annährung an die für versprechen (Steuerreform, Konjunkturprogramm) 2019 (im November 2019 endet die Amtszeit von des neuen US-Präsidenten sein. Mario Draghi) erwartete erste Zinserhöhung der Euro- päischen Zentralbank. Deutsche Bundesanleihen dürf- ten daher Kursverluste erleiden. Ein wichtiger Renditetreiber bei der Anlage in europä- ischen Staatsanleihen waren in den vergangenen Jah- ren sich einengende Risikoaufschläge (Spreads) ge- genüber Bundesanleihen. Im Zuge einer sehr günsti- gen Konjunkturentwicklung und einer Entspannung bei früheren Brandherden wie einer hohen Risikokon- zentration im Bankensektor haben sich diese deutlich eingeengt. Diese positive Entwicklung wurde auch von Ratingagenturen begleitet, beispielsweise durch die Hochstufung von Portugal. Damit hat sich das weitere Potenzial für zusätzliche Renditeeinengungen ver- mindert. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, 14
Kapitalmärkte 2018 Am Ball bleiben dass 2018 wichtige Entscheidungen anstehen, die erworbenen Unternehmensanleihen höchstens ein Auswirkungen auf die Spreads haben könnten, z. B. Rating von BBB auf. die Parlamentswahl in Italien. Anderseits weisen Euro- Staatsanleihen aus Italien oder von der Iberischen Halbinsel auch nach dem Einengen der Risikoauf- schläge immer noch einen spürbaren Renditevorteil zu Bundesanleihen auf. Da wir von dem laufenden Anleihekaufprogramm der EZB weiterhin eine Unter- stützung für diese Wertpapiere erwarten, stellt dieses Segment auch einen Teil unserer empfohlenen Alloka- tion im Anleihebereich dar. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre gehen wir davon aus, dass die EZB im Fall spürbarer Ausweitungen von regionalen Risi- koaufschlägen erneut mit geeigneten Gegenmaß- nahmen reagieren würde. Unternehmensanleihen Monatlich erwarb die EZB bis Ende Oktober 2017 Un- ternehmensanleihen im Volumen von im Durchschnitt Die Attraktivität von Unternehmensanleihen in den knapp 7 Mrd. EUR und hielt damit im Oktober 2017, vergangenen Jahren lag in den spürbaren Risikoauf- nach knapp 1,5 Jahren Laufzeit, mit 121,6 Mrd. EUR schlägen gegenüber Staatsanleihen. Insbesondere bereits knapp 15 % aller umlaufenden Unterneh- unmittelbar nach der erzwungenen Umschuldung in mensanleihen des relevanten Ankaufuniversums. Griechenland 2012 galten Unternehmensanleihen bei vielen Investoren wegen der klareren Insolvenzmoda- Mit der im Oktober 2017 ausgesprochenen Verlänge- litäten als „sicherer als Staatsanleihen“. Die Risikoauf- rung der EZB-Ankaufprogramme bis September 2018 schläge gegenüber Staatsanleihen sind gemessen an dürfte auch 2018 eine starke Unterstützung für den den Kosten für ein entsprechendes Kreditausfall- europäischen Unternehmensanleihemarkt bestehen. Derivateportfolio in der Folge drastisch zusammenge- Die EZB verfügt in ihrem Ankaufsprogramm für schrumpft und liegen bei Unternehmensanleihen mit Staatsanleihen über festgelegte Grenzen für einzelne guter Qualität im fünfjährigen Laufzeitbereich aktuell Emissionen und Emittenten. Da bei Staatsanleihen nur noch bei weniger als 50 Basispunkten. Dieses ist einiger Länder bestehende Höchstgrenzen bald er- der tiefste Wert seit 2007 und bedeutet, dass Anleger reicht sein könnten, gibt es auch Spekulationen, die in diesem Laufzeitenbereich mit Unternehmensanlei- EZB könnte innerhalb ihres Gesamtankaufsvolumens hen - bei deutlich negativen Renditen von Bundesan- von monatlich 30 Mrd. EUR ab Januar 2018 noch stär- leihen - nur noch eine Rendite ganz knapp über Null ker auf Unternehmensanleihen setzen. Dies sollte die erzielen können. Das gilt sowohl für das Universum Spreads vor allem im ersten Halbjahr 2018 stabilisie- aus der Industrie als auch für ungesicherte Bank- ren. schuldverschreibungen. Hier waren die Rückgänge seit den Höchstständen im Jahr 2012 noch größer, allerdings auch gestützt durch eine insgesamt deutli- che Verbesserung des fundamentalen Risikoprofils (Kernkapitalausstattung, Abbau von Risikoaktiva, An- passungen der Geschäftsmodelle). Dieses wirkte sich nur mit größeren Verzögerungen in den Urteilen der Ratingagenturen aus. Die mit der Aufstockung des Anleiheankaufpro- gramms im Frühjahr 2016 aufgenommenen Käufe von Unternehmensanleihen durch die EZB haben die Spreads stärker zusammenschrumpfen lassen. Bei den Käufen der EZB lässt sich ein starker Schwerpunkt Bei Hochzinsanleihen verlief die Entwicklung ähnlich: im unteren Bereich des Investmentgrade-Bereiches Durch den beschriebenen starken Spreadrückgang im feststellen. So weist gut die Hälfte der bisher Investmentgradebereich gab es Verlagerungen des 15
Kapitalmärkte 2018 Am Ball bleiben Investoreninteresses in den Bereich der Hochzinsan- des individuellen Risikobudgets zu fahren, d. h. Anlei- leihen. So gingen die Kosten für die Absicherung ei- hen soweit es geht durch Instrumente aus anderen nes Portfolios im oberen Hochzinsbereich (BB) ge- Assetklassen, die gemessen an den Kursschwankun- messen am Itraxx-Crossover im Jahresverlauf 2017 gen ein ähnliches Risikoprofil aufweisen, zu ersetzen. von 290 Basispunkten auf 240 Basispunkte Gleichwohl bleiben Anleihen wegen ihrer im Vergleich zurück. Damit lagen sie so niedrig wie seit Juni 2014 zu anderen Anlageklassen niedrigeren Kursschwan- nicht mehr. Auch 2018 sollten die Mechanismen in kungen ein unverzichtbarer Teil der Allokation. ähnlicher Weise wirken: Solange die Renditen insge- Euro-Staatsanleihen mit einem Zinsaufschlag zu samt niedrig bleiben und die Spreads bei Anleihen Bundesanleihen, Inhaberschuldverschreibungen mit hoher Qualität auf tiefen Niveaus verharren, dürfte die variablen Kuponzahlungen („Korridor-Stufenzins- Entwicklung auch im Hochzinsbereich stabil verlaufen. anleihen“) sowie Fremdwährungsanleihen bilden da- Generell sollte aber schon erwartet werden können, bei die Basis in unserer Aufstellung. dass der Hochzinsbereich am sensibelsten auf sich abzeichnende Änderungen der Risikowahrnehmung reagieren wird. Hochzinsanleihen sollten deshalb 2018 einem Portfolio nur streng dosiert beigemischt werden und erfordern eine hohe Aufmerksamkeit be- züglich sehr wahrscheinlicher Veränderungen der Rahmenbedingungen. Fremdwährungsanleihen Fremdwährungsanleihen brachten inländischen Inves- toren 2017 wenig Freude. Bis auf wenige Ausnahmen, wie z. B. dem Polnischen Zloty, mussten Anleger auf- grund des starken Euro deutliche Währungsverluste hinnehmen. Damit hat sich die Ausgangsbasis jedoch für 2018 gebessert, so dass dieser Bereich innerhalb der festverzinslichen Anlagen auch 2018 eine im Ver- gleich zu früheren Jahren überdurchschnittliche Rolle spielen sollte. Schwerpunkte bleiben für uns insbe- sondere aufgrund der positiven Zinsdifferenz klassi- sche Anlagewährungen wie der US-Dollar, der Austra- lische und der Neuseeland-Dollar. Inhaberschuldverschreibungen mit variablen Ku- pons Eine gute Alternative können im derzeitigen Umfeld Vario- oder Korridor-Stufenzinsanleihen bonitätsstar- ker Banken im mittleren Laufzeitenbereich darstellen. Auch wenn diese Anleihen nicht gegen einen Zinsan- stieg immun sind, so wird das Zinsänderungsrisiko jedoch auf den definierten Korridor variabler Zinsku- pons begrenzt. Dabei sind verschiedene Ausgestal- tungen möglich. Üblich ist ein attraktiver Mindestzins, der nach oben hin in einem festgelegten Rahmen an- steigen kann. Damit versprechen diese Einlagen bei einem mittleren Anlagehorizont in der Regel deutlich höhere Renditen als Einlageprodukte von Banken. Fazit: Der festverzinsliche Bereich dürfte aufgrund des erreichten Bewertungsniveaus und eines erwarteten Renditeanstiegs 2018 sehr herausfordernd werden. Es empfiehlt sich daher, Engagements am unteren Rand 16
Kapitalmärkte 2018 Am Ball bleiben Aktienmarkt: Angemessen bewertet. Der Deutsche Aktienindex (DAX) eilt von Allzeithoch vier Quartalen, erreichte aber mit 28,9 Mrd. EUR (mi- zu Allzeithoch. Am 3. November hat der Index bei nus 9 %) immer noch den zweithöchsten Wert in der 13.505 Zählern seinen jüngsten Rekord markiert. Geschichte. 13 der 30 DAX-Werte verzeichneten Ein- Gleichzeitig hat die Sorglosigkeit fast im Gleichschritt bußen, allen voran die von der Hurrikan-Saison in den zugenommen. Marktteilnehmer wiegen sich in Sicher- USA gebeutelten Rückversicherer sowie die unter dem heit, doch wird sich der Aufwärtstrend auch in 2018 Dieselskandal leidenden Automobilhersteller. Auffäl- fortschreiben lassen? lig ist zudem, dass die positiven Gewinnüberraschun- gen zuletzt deutlich nachgelassen haben (Q3: 23 % Die Vorzeichen hierfür stehen gut. Die Weltwirtschaft der DAX-Unternehmen übertrafen die Markterwar- befindet sich in einem weitgehend synchronen Auf- tung). Dies ist allerdings nachvollziehbar, da ange- schwung, der immer mehr an Breite gewinnt. Maßgeb- sichts goldgeränderter Konjunkturausblicke auch die liche Früh- und zugleich Stimmungsindikatoren aus Erwartungen an die Konzerne kräftig gestiegen sind. dem Unternehmenssektor, wie z. B. der ifo Geschäfts- klimaindex, der Economic Sentiment Indicator (euro- Nach sechs Jahren überwiegender Ergebnisstagnati- päisches Wirtschaftsvertrauen) sowie zahlreiche Ein- on zeichnet sich somit für 2017 erstmals wieder ein kaufsmanagerindizes - dies- und jenseits des Atlan- spürbarer Gewinnanstieg in einer Größenordnung von tiks - haben Höhen erreicht, die bis vor kurzem kaum 20 % auf 863 Gewinneinheiten (Euro Stoxx 50: +29 % vorstellbar waren und senden damit ermutigende auf 251 Einheiten) ab. Für 2018 und 2019 rechnen wir Signale für eine Fortsetzung des Aufschwungs. Gerade mit einer Fortsetzung dieses positiven Ertragstrends, die DAX-Konzerne profitieren aufgrund ihrer hohen wenngleich das Aufwärtsmomentum nachlassen dürf- Exportorientierung von einer florierenden Weltwirt- te. In Zahlen ausgedrückt heißt dies: Der aggregierte schaft. Abzulesen ist dies an der Gewinn- und Verlust- Gewinn der DAX-Unternehmen sollte um 10 % bzw. rechnung: Umsatz und Ergebnis kletterten - aggre- 8 % auf 955 bzw. 1.029 Einheiten steigen. Für die giert auf DAX-Ebene - seit Jahresbeginn um 6,2 bzw. Euro Stoxx 50-Konzerne sehen unsere Projektionen 10,4 %. Im dritten Quartal betrug der Erlösanstieg einen Zuwachs von 7 % in 2018 (267 Gewinneinhei- nach Berechnungen der Prüfungs- und Beratungsfir- ten) bzw. 9 % in 2019 (292 Gewinneinheiten) vor. ma EY vier Prozent. Mit 329 Mrd. EUR erreichten diese Gewinntreiber bleibt die prosperierende Weltwirt- einen neuen Rekordwert. Als Zugpferd erwiesen sich schaft sowie eine weiterhin akkommodierende euro- das Asien- und Europageschäft, wo die Erlöse im mitt- päische Geldpolitik, die den Unternehmen großzügige leren einstelligen Prozentbereich zulegten. Deutlich und vor allem günstige Refinanzierungsbedingungen schwächer verlief das Sommerquartal in den USA. Dort beschert. Gegenwind liefert - wie bereits im abgelau- lag das Umsatzplus aufgrund negativer Wechselkurs- fenen dritten Quartal zu beobachten war - das effekte statt wie bisher bei 10 nur noch bei 3,6 %. Wiedererstarken des Euro gegenüber zahlreichen Q3 2017: DAX-Unternehmen erzielen Rekord-Ebit Währungen, insbesondere gegenüber dem US-Dollar. (jeweils von Juli bis September in Mrd. EUR) Entwicklung der DAX-Gewinneinheiten Quelle. Ernst & Young (EY) Das operative Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) Quelle: Eigene Berechnungen / IBES sank im dritten Quartal zwar das erste Mal wieder seit 17
Kapitalmärkte 2018 Am Ball bleiben Einen Teil der Gewinne stecken die Konzerne in künf- welchem Ausmaß lässt sich im Rahmen der Modelle tiges Wachstum, d. h. sie investieren in zusätzliche leider nicht quantifizieren. Produktionsanlagen sowie in Forschung und Entwick- Auf Basis eines klassischen Diskontierungsmodells lung. Angesichts freundlicher Konjunkturperspektiven würde sich für den DAX unter Berücksichtigung der gepaart mit hohen Barmittelbeständen (DAX- skizzierten Gewinnreihe 2018 ein „angemessenes“ Unternehmen per Ende Q3: 90 Mrd. EUR) forcieren die Kursniveau von 13.500 Punkten, für den Euro Stoxx 50 Konzernchefs jedoch zunehmend auch das externe von 3.900 Punkten errechnen. Stellt man bereits auf Wachstum, d. h. sie gehen verstärkt auf Akquisetour. die sehr ungewissen 2019er Gewinnschätzungen ab, EY hat ermittelt, dass für 27 % der Unternehmen in so ließen sich 14.600 Zähler im DAX sowie 4.300 Deutschland der Hinzuerwerb von Innovationen in Punkte im Euro Stoxx 50 rechtfertigen. Form von Technologien, Produktionskapazitäten oder Start-Ups ein wichtiges Motiv für Übernahmeaktivitä- Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) wird der ten darstellt. Nur die Vergrößerung von Marktanteilen DAX am Markt aktuell mit dem 13,7-fachen Gewinn hat mit 29 % einen noch größeren Stellenwert. 2018 bezahlt. Erachtet man den seit 2003 ermittelten historischen Durchschnittswert von 13,4 als ange- Das Hauptaugenmerk der Konzernlenker liegt nach messen, so ließe sich ein DAX-Niveau von 12.800 wie vor auf dem Thema „Ausschüttung“, und zwar in Punkten ermitteln. Das aktuelle KGV des Euro Stoxx Form von Dividenden und Aktienrückkäufen. 2017 50 beträgt ebenfalls 13,4. Allerdings liegt der für den haben die 30 Unternehmen des DAX an ihre Anteils- gleichen Zeitraum wie für den DAX empirisch abgelei- eigner insgesamt 31,8 Mrd. EUR ausgekehrt. Damit tete Multiplikator mit 15,5 deutlich höher, so dass sich haben sich die Dividendenausschüttungen im ein Kursziel für den Euro Stoxx 50 von 4.000 Punkten Vergleich zum Vorjahr um rund 8 % erhöht bei einem diagnostizieren lässt. um 6 % gestiegenen Unternehmensgewinn. Für 2018 zeichnet sich mit Blick auf die jüngst fulminante Ge- Die für das kommende Jahr erwarteten Gewinne billi- winnentwicklung ein erneuter Dividendensprung um gen dem DAX kaum weiteres Kurpotenzial zu. Die 10 % auf 35,3 Mrd. EUR ab. 24 der 30 DAX-Konzerne Aktienrisikoprämie - also die Überrendite zum risiko- könnten ihre Dividendenzahlung anheben. Da die freien Zins - verharrt allerdings weiterhin über dem Gewinnentwicklung 2016 leicht aufwärtsgerichtet war, langfristigen Durchschnitt. Diese Tatsache dürfte den hat sich die Ausschüttungsquote auf DAX-Ebene von Kapitalfluss in die Anlageklasse „Aktie“ auch 2018 59,4 auf 55,9 % ermäßigt. begünstigen und Raum für eine weitere Kurs- und Bewertungsexpansion schaffen. Marktteilnehmer soll- DAX-Konzerne mit neuem Dividendenrekord ten bei diesem Argument jedoch berücksichtigen, dass die Attraktivität der Aktie zu einem Großteil der massiven Überbewertung des Anleihemarktes ge- schuldet ist. Nichtsdestotrotz können wir uns nach wie vor aufgrund der extrem hohen Liquiditätsausstat- tung der Märkte und des damit einhergehenden Anla- genotstands eine Ausweitung des KGV-Multiplikators auf 14 oder 15 vorstellen, was bedeutet, dass der DAX an die Marke von 14.000 Punkte vorrücken könnte. Bei Quelle: Eigene Berechnungen einem Gewinnanstieg von zehn Prozent und einer Welche Kursziele lassen sich nun aus den Ertragsper- Ausweitung des KGV-Multiplikators auf bis zu 15 wäre spektiven ableiten? Das Kurspotenzial von DAX und dem DAX - abzulesen in der nachfolgenden Tabelle - Euro Stoxx 50 wird in 2018 von drei Faktoren abhän- ein Potenzial von bis zu knapp 14.300 zuzutrauen. gen: von der Entwicklung der Unternehmensgewinne, DAX-Gewinn 2018(e) -20% -15% -10% 5% 10% 15% 20% 25% DAX-Gewinneinheiten 691 734 778 Stagnation 907 950 994 1037 1080 der Bewertungsmultiplikatoren sowie in besonderem KGV-Multiplikator Maße weiterhin von der Notenbankliquidität. Das vor- 10,0 6.912 7.344 7.776 8.640 9.072 9.504 9.936 10.368 10.800 11,0 7.603 8.078 8.554 9.504 9.979 10.454 10.930 11.405 11.880 herrschende Niedrigzinsumfeld und der daraus resul- 12,0 8.294 8.813 9.331 10.368 10.886 11.405 11.923 12.442 12.960 tierende akute Anlagenotstand haben die Bewertun- 13,0 8.986 9.547 10.109 11.232 11.794 12.355 12.917 13.478 14.040 14,0 9.677 10.282 10.886 12.096 12.701 13.306 13.910 14.515 15.120 gen vieler Anlageklassen in die Höhe getrieben. Ak- 15,0 10.368 11.016 11.664 12.960 13.608 14.256 14.904 15.552 16.200 tien haben sich ebenfalls verteuert, dürften aber 2018 16,0 11.059 11.750 12.442 13.824 14.515 15.206 15.898 16.589 17.280 zum Hauptprofiteur der Geldpolitik avancieren - in Quelle: Eigene Berechnungen 18
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