Soziales Fernseherleben: Social TV - Formen, Dynamiken und Entwicklungen am Beispiel des Contentnetzwerks funk - ARD-Werbung.de

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                                                                                                                         Perspektiven   649
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                     Formen, Dynamiken und Entwicklungen am Beispiel des
                     Contentnetzwerks funk
                     Soziales Fernseherleben: Social TV
                     Von Sven Stollfuß*

                     Der technologische Wandel und die zunehmende               hin zu einer partizipativen, digital-vernetzten Medi-
                     mediale Ausdifferenzierung der Nutzung digitaler und       enkultur und der damit verbundenen verstärkten
                     vor allem sozialer Medien stellt eine grundlegende         Teilhabemöglichkeiten in sozialen Netzwerken. (9)
                     Herausforderung für alle Medien, insbesondere auch
                     für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar. Min-
                                                                                 Kurz und knapp
                     destens 90 Prozent der Bundesbürgerinnen und
                     Bundesbürger sind regelmäßig online, so die Ergeb-          • Social TV beschreibt die Parallel- und Anschlusskommunikation
                     nisse der ARD/ZDF-Onlinestudien in den vergange-              über TV-Sendungen in sozialen Netzwerken.
                     nen Jahren. (1) Dabei bevorzugen gerade jüngere             • Beim Contentnetzwerk funk von ARD und ZDF werden Videoinhalte
                     Mediennutzer im Alter von 14 bis 29 Jahren eine               gezielt für die Distribution auf Drittplattformen gestaltet.
                     flexible, zeitsouveräne Nutzung mobiler Onlineanwen-        • Die Onlinecommunity wird dabei häufig direkt über Anregungs-
                     dungen sowohl für die personalisierte Individual-             und Feedbackmöglichkeiten einbezogen. Diese Form kann als
                     kommunikation als auch für unterhaltungsbezogene              Social TV 3.0 bezeichnet werden.
                     audiovisuelle Inhalte. (2) Vor allem das Smartphone
                     stellt hier das zentrale Medium dar. (3)
                                                                                Soziale Medien stellen für den öffentlich-rechtlichen   Zielgruppengerechte
 Nutzung sozialer    Neben kommerziellen Streamingdiensten werden ins-          Rundfunk nicht nur eine vielseitige Herausforderung     Ansprache durch
Medien nimmt vor     besondere Social-Media-Plattformen wie Instagram,          (10), sondern durch die Möglichkeit des Zugriffs auf    öffentlich-rechtliche
 allem bei jungen    Snapchat und YouTube im Alltag stark genutzt. Ins-         dessen Inhalte über Plattformen wie YouTube, Face-      Angebote
     Menschen zu     gesamt nimmt die zeitsouveräne Nutzung von Ange-           book, Instagram & Co. auch ein großes Potenzial dar.
                     boten im Internet zu, wobei mittlerweile auch öffent-      Die ARD-Akzeptanzstudie 2018 hat gezeigt, dass bei
                     lich-rechtliche Angebote in sozialen Medien „eine          jungen Menschen, deren alltägliche Mediennutzung
                     ganz zentrale Rolle [spielen], um junge Menschen zu        wesentlich durch soziale Medien bestimmt ist, An-
                     erreichen.“ (4) Die Erkenntnisse aus der aktuellen         gebote der Öffentlich-Rechtlichen insgesamt hohe
                     ARD/ZDF-Onlinestudie sowie der Langzeitstudie ARD/         Anerkennung genießen, der individuelle Nutzwert
                     ZDF-Massenkommunikation weisen darauf hin, dass            hingegen vergleichsweise gering ausfällt. Vor allem
                     sich der Konsum audiovisueller Inhalte bei unter           die Frage der medialen Repräsentation und Teilhabe
                     30-­Jährigen zunehmend zugunsten der Mediennut-            sowie die zielgruppenbezogene Aufarbeitung von
                     zung im Netz verändert – „lineares Fernsehen spielt        Themen steht dabei in der Kritik. (11) Daraus abge-
                     eher eine untergeordnete Rolle“. (5) Bei genauerem         leitet werden kann der Auftrag für den öffentlich-­
                     Blick auf die in diesem Jahr neben den Nutzungs-           rechtlichen Rundfunk, dort, wo sich junge Menschen
                     werten für YouTube erstmalig separat erhobenen             bereits medial aufhalten, zielgruppenorientierte und
                     Daten für Filme/Videos auf Facebook, Instagram und         repräsentativ angemessene Inhalte bereitzustellen.
                     anderen sozialen Medien (6) wird der enorme Einfluss
                     dieser Drittplattformen offenkundig.                       Formen und Entwicklungen von Social TV
                                                                                In den letzten Jahren sind unterschiedliche Formen
  Wandel zu einer    Social-Media-Plattformen haben in den vergangenen          der medialen Konvergenz klassischer Rundfunkan-
    partizipativen   Jahren nicht nur soziale und politische Kommunika-         gebote mit sozialen Medien entstanden. Eine dieser
    Medienkultur     tions- und Handlungsformen verändert (7), sondern          Ausprägungen ist das sogenannte Social TV als
                     beeinflussen auch nachhaltig unterhaltungskultu-           Kombination von Fernsehen mit der kommunikativen
                     relle Aspekte in den Medien. Im internationalen For-       Real-Time-Erfahrung über soziale Medien. (12) Aller-
                     schungskontext wird in diesem Zusammenhang                 dings hat sich das Phänomen Social TV über mehrere
                     bereits von einer neuen Form des „Social Media             Phasen hinweg entwickelt. Im Folgenden werden
                     Entertainments“ gesprochen, das sich von traditio-         die verschiedenen Phasen und jüngeren Entwick-
                     nellen, etwa fernsehbezogenen, Unterhaltungsformen         lungen beschrieben, die mit einer zunehmenden
                     abgrenzt, da die Bedingungen der kommunikativen            Ausrichtung von Inhalten des Rundfunks an soziale
                     Praktiken in sozialen Netzwerken die zentralen Para-       Medien zusammenhängen. Schwerpunkt im Zusam-
                     meter darstellen. (8) Wesentlich ist dabei der Wandel      menhang mit den Entwicklungen im öffentlich-recht-
                                                                                lichen Rundfunk bildet dabei das 2016 gestartete
                      *	Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft,   Contentnetzwerk funk von ARD und ZDF. In diesem
                         Universität Leipzig.                                   Zusammenhang wird auch eine kommunikations-
Sven Stollfuß
                Media
      650       Perspektiven
                12/2020

                theoretische Einordnung der Debatte um den Public         Aber auch politische Sonderformate, wie beispiels-
                Value vorgenommen.                                        weise das TV-Duell zur letzten Bundestagswahl,
                                                                          wurden programmbegleitend unter dem Hashtag
Social TV 1.0   Als Begriff wurde Social TV zunächst im Bereich der       #tvduell intensiv kommentiert. (23) Nutzerinnen und
     und 2.0    Informations- und Computerwissenschaften einge-           Nutzer lenken die Aufmerksamkeit in der programm-
                führt und bezeichnet die computervermittelte, inter-      begleitenden Kommunikation dabei auf sich selbst,
                personale Kommunikation örtlich getrennter Akteure,       auf andere Nutzer sowie auf spezifische Themen. (24)
                um den Eindruck einer gemeinsamen Fernsehrezep­           Mit der Live-Ausstrahlung im Fernsehen entstehen
                tion zu erzeugen. (13) Hervorgehoben wird letztlich       in sozialen Netzwerken mithin „virtuelle und trans-
                der Eindruck eines medialen Kollektiverlebnisses          lokale Interpretationsgemeinschaften“, zumindest
                während des Schauens von Live-Fernsehsendun-              „temporäre Kommunikationsnetzwerke“ (25), die vor
                gen als „soziales Fernsehen“. Die Definition von          allem aktuelle und stark emotionalisierende Sen-
                Social TV akzentuiert mithin „die systematische Ver-      dungen online begleiten. (26) Zuschauer können
                knüpfung des linearen („flüchtigen“) Einwegmediums        über das Kommentieren der Sendungen in sozialen
                Fernsehen mit den interaktiven Kommunikationsins-         Medien nicht nur live mitfiebern und gegebenenfalls
                trumenten sozialer Netzwerke“ (14). Rückblickend          per Abstimmung mitentscheiden, sondern auch poli-
                sind jedoch unterschiedliche Ausprägungen von             tische Themen diskutieren, gemeinsam mit anderen
                Social TV zu unterscheiden. So ermöglichten bereits       ihr Fan-Dasein pflegen oder sich in anderer Form in
                die Vorformen heutiger Smart-TVs in den frühen            sozialen Netzwerken vergemeinschaften. (27)
                2000er Jahren – wie etwa „Amigo TV“ oder das von
                Siemens vorgestellte „COSE“ (Communication Ser-           Die zunehmende Popularität der gemeinschaftlichen       Einbindung sozialer
                vices on TV) – die Nutzung von Chatprogrammen             Kommentierung des Fernsehgeschehens in sozialen         Netzwerke in die
                während des Schauens von Fernsehsendungen. (15)           Netzwerken hat schnell dazu geführt, dass Sender-       fernsehbezogene
                Diese stationären, nicht-mobilen Single-Screen-­          und Sendungsverantwortliche darauf reagiert haben       Kommunikation
                Lösungen bezeichnen Schatz und andere als „Social         und verschiedene Praktiken des Social TV 2.0 ent-
                TV 1.0“. (16)                                             wickeln, um soziale Netzwerke in die fernsehbezo-
                                                                          gene Kommunikation einzubinden. Diese Praktiken
                Demgegenüber wird die bisher gängige und weit             werden erprobt und stetig weiterentwickelt, weshalb
                verbreitete Vorstellung von Social TV als Second-­        hier lediglich die (vorläufig) gängigsten Ausprägun-
                Screen-Kommunikation über diverse soziale Netz-           gen skizziert werden: Sender und Fernsehsendungen
                werke wie Facebook oder Twitter auf mobilen Gerä-         sind mit eigenen Accounts auf Social-Media-Platt-
                ten (insbesondere Smartphones) während der Fern-          formen vertreten und bringen sendungsbezogene
                sehrezeption als „Social TV 2.0“ (17) charakterisiert.    Hashtags in Umlauf, um der „Netzgemeinde“ bereits
                Social TV 2.0 ist jedoch nicht nur aus Interesse am       vor der Ausstrahlung ein diskussionsbündelndes An-
                Inhalt des Fernsehprogramms, sondern vor allem            gebot zu machen. Zuschauer können überdies nicht
                zwecks gemeinsamen Austauschs über soziale Medi-          nur Fernsehjournalisten, Moderatoren oder Redak-
                en als Bottom-Up-Effekt in der Alltagskommunikation       teuren in sozialen Netzwerken folgen, sondern auch
                von Zuschauern entstanden. (18) Diese jüngeren,           etwa den Charakteren aus Fernsehserien. Das for-
                digital vermittelten Formen des „fernsehbegleitenden      mat- und sendungsbezogene Community-Manage-
                Sprechens“ (19) finden öffentlich und innerhalb           ment in sozialen Medien gerade für die Zielgruppe
                medial erzeugter Communitys statt, die mehrheitlich       der 14- bis 29-Jährigen hat in den letzten Jahren an
                durch die Verwendung von spezifischen Hashtags            Relevanz erheblich zugenommen. (28) Verbunden
                entstehen. (20) Beispielhaft sind hier die begleitenden   mit den Veränderungen des Social TV 2.0 ist letztlich
                Kommentierungen des Bildschirmgeschehens etwa             die Annahme, dass das Fernsehen um eine dyna-
                zur Ausstrahlung der Polittalkshow „Hart aber fair“       mische interaktive Funktion erweitert sowie das
                (WDR/Das Erste) auf Twitter unter #hartaberfair oder      Kommunikations- und Meinungsspektrum der Zu-
                der Krimireihe „Tatort“ (ARD/ORF/SRF) unter #tatort       schauenden medial sichtbarer wird. (29)
                zu nennen. Studien zur Entwicklung von Social TV 2.0
                aus den vergangenen Jahren verweisen darauf, dass         Dabei entwickeln Sendungsverantwortliche verschie-
                auch Live-Unterhaltungsformate – insbesondere Cas-        dene Praktiken, um die Kommunikationsgemeinschaft
                tingsendungen und Realityshows wie „(Promi) Big           in sozialen Netzwerken auch in Live-Fernsehformate
                Brother“ (Sat.1) unter #promibigbrother und #pro-         einzubeziehen. Die Polittalkshow „Hart aber fair“
                miBB oder „Das Sommerhaus der Stars – Kampf der           beispielsweise verfährt nach dem Prinzip der zeit-
                Promipaare“ (RTL) unter #sommerhaus – zur Social-­        weisen Bildschirmeinbettung, wenn im Verlauf der
                Media-Kommunikation anregen. (21) Das zeigen              Sendung die Posts der Zuschauerinnen und Zu-
                auch die regelmäßigen Social-TV-Reichweitenaus-           schauer aus dem Onlinegästebuch sowie vor allem
                wertungen der Markt- und Mediaforschung [m]               auf Twitter und Facebook eingeblendet und über
                Science in der Agenturgruppe GroupM im Auftrag von        die Journalistin und „Zuschaueranwältin“ Brigitte
                kress.de für dieses Jahr. (22)                            ­Büscher kontextualisiert in den Diskussionsstand
Soziales Fernseherleben: Social TV
                                                                                                                               Media
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                    Abbildung 1
                    Übersicht gängiger Social-TV-2.0-Praktiken des Fernsehens

                                                                                                       Social-Media-Accounts
                                                                                                     von Sendern & Sendungen

                                                                                                      Social-Media-Accounts
                                                                                                    von realen Fernsehakteuren

                         Fernsehen („First Screen“)
                                                                                                      Social-Media-Accounts
                                                                                                       von fiktiven Figuren
                                                                   Praktiken
                                                                 „Social TV 2.0“
                                                                                                       Zirkulation sendungs-
                                                                                                        bezogener Hashtags
                        Soziale Medien als Sekundär-
                          plattformen auf mobilen
                       Endgeräten („Second Screens“)
                                                                                                    Kommunikative On-Screen-
                                                                                                    Einbettung sozialer Medien
                     Social Media als Erweiterung des
                       Fernsehens („Social TV 2.0“)

                                                                                                          Kontinuierlicher
                                                                                                        Diskussionsraum in
                                                                                                         sozialen Medien

                    Quelle: Eigene Darstellung.

                    der Sendung eingebracht werden. Als Variation der         nimmt das Engagement der Zuschauer über soziale
                    Einbettung kann das „Teletwittern“ der ARD ver-           Netzwerke mittlerweile einen deutlich höheren Stel-
                    standen werden, bei dem die Kommentierungen der           lenwert ein. Die damit verbundenen Chancen sind
                    Zuschauer über den Videotext eingeblendet werden.         auch von Sender- und Sendungsverantwortlichen
                    Nach einem anderen Ansatz verfuhr das Satirema-           erkannt worden. So ist Social TV 2.0 etwa als Mög-
                    gazine „Neo Magazin Royale“ (bis 2019 auf ZDF-            lichkeit der Rückbindung von Zuschauern an das
                    neo), wenn über den jeweiligen Hashtag der Woche          Fernsehen (34) oder als neues Instrument der Rezep-
                    ein kontinuierlicher Diskussionsraum mit den Zu-          tionsforschung und -messung diskutiert worden. (35)
                    schauern in sozialen Medien eröffnet und erweitert        Mit der zunehmenden Integration von sozialen Medien
                    wurde.                                                    in Fernsehformate ist auch eine verstärkte Adressie-
                                                                              rung von Zuschauern in Bezug auf die Berücksichti-
Social TV 2.0 als   Konzeptuell erfasst werden Ausprägungen des So-           gung deren Feedbacks bei der Contentgestaltung zu
  Zusatzfunktion    cial TV 2.0 in einem hierarchischen Modell als eine       beobachten (vgl. Abbildung 2). (36)
 des Fernsehens     an das Fernsehen angebundene Zusatzfunktion, die in
                    der Regel aus der Perspektive der Nutzer definiert und    Neben der mit den Entwicklungen von Social TV 2.0         Weiterentwicklung
                    analytisch in Vorab-, Parallel- und Anschlusskom-         verbundenen Definition haben sich in den vergange-        zu Social TV 3.0
                    munikation differenziert wird (vgl. Abbildung 1). (30)    nen Jahren auch Konvergenzphänomene herausge-
                    Für öffentlich-rechtliche Medien sind diese Entwick-      bildet, die über die Funktion sozialer Medien als Er-
                    lungen als Konsequenz einer „Legitimierungskrise“         weiterung des Fernsehens hinausgehen. In der For-
                    des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert wor-      schung sind in diesem Zusammenhang Ansätze re-
                    den, insofern sie in der Kommunikation über den           flektiert worden, die Social TV stärker nach einem
                    öffentlichen Wert von Rundfunkangeboten, den so-          medienintegrativen Modell konzeptualisieren. Moe,
                    genannten Public Value, das Publikum in der Stake-        Poell und van Dijck beispielsweise stellen eine Ent-
                    holder-Adressierung nicht hinreichend einbezo-            wicklung über die Second-Screen-Nutzung hinaus
                    gen. (31) Das Publikum als „der vergessene Stake-         fest hin zu „integrated systems of watching“ (37). In
                    holder“ (32) ist danach nur strukturell über Verfah-      diesem Zusammenhang stellt Social TV nicht mehr
                    ren der Marktuntersuchung und Quotenmessung re-           nur eine Anschlussfunktion an das Fernsehen dar.
                    präsentiert. (33) Mit der Ausbreitung vor allem sozia-    Vielmehr sind Formen der medialen Konvergenz zu
                    ler Medien und deren Möglichkeiten zur Partizipation      beobachten, die die Medienlogik des Fernsehens (38)
Sven Stollfuß
      Media
652   Perspektiven
      12/2020

      Abbildung 2
      Veränderung von Social TV: vom hierarchischen zum medienintegrativen Modell

                 Fernsehen („First Screen“)

                                                                                             Soziale Medien auf
                                                                       Fernsehen
                                                                                             mobilen Endgeräten

          Soziale Medien als Sekundärplattformen
             auf mobilen Endgeräten („Second
                        Screens“)
                                                                      Medienintegratives Modell („Social TV 3.0“)
           Hierarchisches Modell („Social TV 2.0“)

      Quelle: Eigene Darstellung.

      mit der Logik sozialer Medien (39) strukturell ver-       über soziale Medien verbreitet werden sollen (vgl.
      binden. Soziale Medien werden stärker in die pro-         Abbildung 3). (47)
      fessionellen Prozesse der Produktion und Distribu-
      tion von Inhalten eingebunden und nehmen so auch          Das ARD/ZDF-Contentnetzwerk funk
      eine größere Rolle für Fernsehformate insgesamt           Das ARD/ZDF-Contentnetzwerk funk kann als exem-
      ein. (40)                                                 plarisch für den medienintegrativen Ansatz von So-
                                                                cial TV 3.0 gelten. Die mehr als 70 Formate sind
      Im Vordergrund steht mithin nicht mehr nur die als        neben der Webseite und Mobile App vor allem für
      Erweiterung verstandene Second-Screen-Nutzung,            eine Distribution auf Drittplattformen, im Speziellen
      sondern die Konzeptualisierung und Produktion von         in sozialen Netzwerken, vorgesehen. Als Gemein-
      Inhalten für die digital vernetzte Distribution und Re-   schaftsangebot liegt die Beteiligung zu zwei Dritteln
      zeption in sozialen Netzwerken. Diese medieninteg-        bei der ARD und zu einem Drittel beim ZDF. Die
      rative Ausprägung ist vom Autor dieses Beitrags als       Zentrale von funk ist in Mainz angesiedelt, die fe-
      „Social TV 3.0“ (41) definiert worden. Anders als im      derführende Rolle für die ARD hat der SWR inne.
      Zuge der Verbreitung von Social TV 2.0 als Effekt der     Zusammengesetzt ist das Contentnetzwerk neben
      alltäglichen Mediennutzung von Zuschauern ent-            Inhalten von bekannten Social-Media-Akteuren (wie
      steht Social TV 3.0 gerade durch eine sich ändernde       z. B. die YouTuberin Kathrin Fricke alias „coldmirror“
      Media Policy von Sender- und Sendungsverantwort-          oder Mirko Drotschmann alias „MrWissen2go“) aus
      lichen, die auf die Gestaltung von Inhalten für die       weiteren für und mit funk konzipierten Formaten,
      direkte Verbreitung auf Drittplattformen abzielt. (42)    die auf Snapchat, TikTok, YouTube, Instagram und
      Dabei hat sich die Kommunikation nicht nur von der        Facebook viele Menschen erreichen (vgl. Tabelle 1).
      senderorientierten zu einer stärker zuschauerorien-       Mit den Schwerpunkten Orientierung, Unterhaltung
      tierten Adressierung gewandelt. (43) Einbezogen           und Information verknüpft funk die nach innen
      wurden dabei auch Formen des teilhabebezoge-              (d.h. auf Produktions- und Redaktionsorganisatio-
      nen Framings. Das heißt, Zuschauerinnen und Zu-           nen) sowie nach außen (d.h. auf die Nutzer) gerich-
      schauern wird über soziale Medien ein Partizipations-     teten Bedingungen der Multiplattformproduktion (48)
      rahmen angeboten, der sich in Art und Form der            und richtet die Contententwicklung an der Medien-
      Adressierung und kommunikativen Einbindung von            dynamik sozialer Netzwerke und an den Bedürf-
      dem des klassisch-linearen Fernsehens unterschei-         nissen und Nutzungsgewohnheiten der User aus.
      det. (44) Lahey bezeichnet dies als „audience-­as-        Exemplarisch soll dies anhand der nachstehenden
      collaborator framing“ in der Ansprache der Zuschau-       vier innovativen Formate („Y-Kollektiv“, „Die Frage“,
      er, die über eine „rhetoric of empowerment“ (45)          „iam.serafina/iam.josephina“ und „Druck“) kurz
      Mitwirkungsmöglichkeiten innerhalb eines klar vor-        dargestellt werden.
      gegebenen Rahmens offeriert. Für den öffentlich-­
      rechtlichen Rundfunk avanciert Partizipation dabei        Die Journalisten von „Y-Kollektiv“ produzieren Re-       Beispiele für
      zu einem strategischen Moment in der institutionel-       portagen zur Distribution auf YouTube und Facebook,      funk-Formate
      len Legitimation und Reflexion über den Public Value      wobei sie die Nutzerinnen und Nutzer auf den Platt-
      (46), wenn Inhalte gerade für jüngere Zielgruppen         formen in die Themendiskussion einbinden. Hierzu
Soziales Fernseherleben: Social TV
                                                                                                                                         Media
                                                                                                                                   Perspektiven    653
                                                                                                                                       12/2020

                           Abbildung 3
                           Integrativer Ansatz des ARD/ZDF-Content-Netzwerks funk

                                                                 ARD/ZDF-Content-Netzwerk „funk“

                                                                             Orientierung

                                                                             Information

                                                                             Unterhaltung

                            Institutioneller und                                                                      Plattformstrukturen
                            produktionskultureller                           Einzelformate                            sozialer Medien im
                            Kontext des öffentlich-                                                                      digital-vernetzen
                            rechtlichen Rundfunks                                                                              Ökosystem

                                                                    „funk“-Website & Mobile App

                           Quelle: Eigene Darstellung.

Tabelle 1
Reichweitenstarke „funk“-Kanäle und -Accounts auf YouTube, Instagram und Facebook
nach Anzahl der Abonnements

Pos.     YouTube-Kanal                Anzahl Abonnements       Instagram-Accounts            Anzahl Abonnements     Facebook-Accounts             Anzahl Abonnements
 1       MrWissen2go                  1,36 Mio                 Phil Laude                    923 000                Browser Ballett               405 890
 2       Coldmirror                   1,31 Mio                 WUMMS                         362 000                Phil Laude                    390 116
 3       World Wide Wohnzimmer        1,23 Mio                 Mädelsabende                  181 000                Die Frage                     259 150
 4       Dinge Erklärt –              1,11 Mio                 World Wide Wohnzimmer         181 000                WUMMS                         206 833
         Kurzgesagt
 5       maiLab                       1,10 Mio                 Mordlust                      165 000                Y-Kollektiv                   111 766
 6       Phil Laude                   972 000                  LiDiRo                         81 800                Datteltäter                    94 490
 7       LiDiRo                       907 000                  Auf Klo                        81 500                Jäger & Sammler                93 307
 8       Y-Kollektiv                  807 000                  Game Two                       79 600                Deutschland3000                87 363
 9       Das schaffst du nie!         770 000                  Datteltäter                    66 900                maiLab                         84 261
10       WUMMS                        759 000                  Aurel                          57 300                Die da oben!                   47 363
Basis: Erfassung von „funk“-Kanälen und -Accounts im Projekt „Social TV in der digital-vernetzten Medienkultur“ (Stand Dezember 2020).
Quelle: Eigene Erhebung.

                           wird nicht nur über die Kommentarfunktion zur Dis-          den Ausbau des Kommunikationsnetzwerks in sozi-
                           kussion aufgefordert. Im Anschluss an die einzelnen         alen Medien ab.
                           Reportagen gehen die Verantwortlichen in soge-
                           nannten Q&A-Videos auf Kommentare der Nutzer                Auch das Format „Die Frage“ mit Reporter Frank
                           ein, thematisieren weitere Hintergrundinformationen         Seibert setzt auf eine direkte, partizipative Adres-
                           und Aspekte der Recherche und kontextualisieren             sierung der Nutzer auf YouTube und Facebook.
                           ihre jeweils subjektiven Situationen und Perspekti-         ­Episoden werden nicht nur zu selbstentwickelten
                           ven im Kontext des Reportagethemas. (49) Insge-              Themen produziert. Die Formatverantwortlichen
                           samt folgen die Sendungen von „Y-Kollektiv“ kei-             realisieren auch Reportagen auf Basis von Vor-
                           nem tradierten Ansatz einer neutralen Informations-          schlägen der Nutzer, die bisweilen in den entspre-
                           vermittlung. Die Journalisten erzählen subjektiv,            chenden Episoden selbst erscheinen. Zudem ad-
                           stellen ihre Sichtweisen und Gefühlswelten heraus            ressiert auch „Die Frage“ die Community über Live
                           und zielen gerade darüber auf die Diskussion und             Q&A-Videos, in denen der Reporter mit eingela­
Sven Stollfuß
                     Media
            654      Perspektiven
                     12/2020

                     denen Gästen Fragen aus der Community beant-              obachten, die für Rückwirkungen in letzteres rele-
                     wortet und man über persönliche Aspekte im Kon-           vant zu werden scheinen. Der Wissenschaftskanal
                     text der Reportagethemen reflektiert. So verknüpft        „maiLab“ auf YouTube beispielsweise ist einer der
                     „Die Frage“ journalistisches Interesse an Themen          bekanntesten Formate im funk-Netzwerk. Die pro-
                     mit subjektiv-authentischen Perspektiven der Ak-          movierte Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim, die schon
                     teure der einzelnen Episoden und des Reporters            2015 den YouTube-Kanal „The Secret Life Of Scien-
                     und bezieht diese auf Kommentare der Nutzer –             tists“ startete, nimmt sich naturwissenschaftlicher
                     im Sinne eines auf soziale Medien ausgerichteten          Themen an, die sie sachlich, fundiert und differen-
                     Community-Managements. (50)                               ziert auf unterhaltsame Art und Weise für die junge
                                                                               Zielgruppe aufarbeitet. Daneben moderiert sie seit
                     Die Serie „iam.josephina“ (bis 2019 „iam.serafina“)       Mai 2018 auch klassische Fernsehformate wie das
                     ist als in dieser Form erste Soap über das Alltagsle-     Wissenschaftsmagazin „Quarks“ (WDR). Einen wei-
                     ben der Protagonistin Josephina (bzw. zuvor Serafi-       teren Popularitätsschub erhielten „maiLab“ und des-
                     na) für Snapchat, Instagram und TikTok konzipiert.        sen Moderatorin durch das mit über sechs Millionen
                     Dabei operiert das Storytelling der Serie mit den         Views bisher erfolgreichste Video des Kanals über
                     Features der entsprechenden Plattformen. Auf Snap-        die Corona-Pandemie. In der Folge sprach Mai Thi
                     chat etwa erzählte „iam.serafina“ mit 10-sekündi-         Nguyen-­Kim zum Thema Corona und Herdenimmu-
                     gen Videos („Snaps“), die von der Protagonistin           nität einen Kommentar in den Tagesthemen und war
                     selbst im Hochkantformat für die Rezeption auf dem        Gast in einer Reihe von ZDF-Talkshows wie „Maybrit
                     Smartphone gefilmt, editiert und ohne professionell-­     Illner“ und „Markus Lanz“.
                     aufwändige Postproduktion auf der Plattform veröf-
                     fentlicht wurden. Nutzerinnen und Nutzer konnten          Auch die Moderatorin des YouTube-Unterhaltungs-
                     per Direktnachricht mit der Protagonistin kommuni-        kanals „Das schaffst du nie!“ (seit 2017 funk, davor
                     zieren, wobei die Kommentare für die Folgesnaps           PULS/BR), Ariane Alter, ist seit Oktober 2020 mit
                     berücksichtigt wurden. (51) Auch „iam.josephina“          ihrer Show „Late Night Alter“ im linearen Fernsehen
                     baut ihr Storytelling auf den technischen und kom-        auf ZDFneo zu sehen. Damit ist der strategische
                     munikativen Strukturen der Plattformen Instagram          Ansatz verbunden, über die Einbindung von bekann-
                     und TikTok auf und bindet Nutzer in regelmäßigen          ten und reichweitenstarken Akteuren oder Inhalten
                     Posts direkt über persönlich-emotionale Adressie-         aus sozialen Medien auch tradierte Fernsehformate
                     rungen in die Erzählung ein. Die Serie simuliert so       für die junge Zielgruppe attraktiver zu gestalten.
                     das Prinzip einer authentischen, persönlichen Alltags-    Funk und öffentlich-rechtliche Medien bilden mithin
                     kommunikation in sozialen Netzwerken und unter-           einen Vernetzungsansatz aus, der primär an sozia-
                     läuft die mediale Distanz zwischen einer fiktiven Figur   len Medien ausgerichtet ist, der aber auch zu einer
                     und ihrem Publikum. Auf diese Weise dynamisiert           Ergänzung des traditionellen Fernsehens führen
                     und innoviert das Format ein tradiertes Fernsehgenre      kann.
                     durch die Möglichkeiten sozialer Medien.
                                                                               Die veränderten Wechselwirkungseffekte zwischen
                     Die Social-Media-Serie „Druck“ integriert soziale         Fernsehen und sozialen Medien sind auch bei der
                     Netzwerke konsequent in die Gewerke der Serien-           Reihe „Rabiat“ zu beobachten. Seit Mai 2019 zeigt
                     produktion. (52) Die Episoden werden zumeist frei-        Das Erste die Reportagen des in sozialen Netzwer-
                     tags auf YouTube veröffentlicht, die begleitenden         ken erfolgreichen „Y-Kollektivs“ (dessen Online-first-­
                     Clips wiederum werden entsprechend der Alltags­           Inhalte für funk produziert werden). Die jeweils drei
                     situation rund um die Serienfiguren an verschiede-        Episoden umfassenden Staffeln werden montags ab
                     nen Tagen und zu unterschiedlichen Uhrzeiten auf          22:45 Uhr ausgestrahlt. Die Folgen sind zudem auch
                     YouTube publiziert. Außerdem wird die Storyworld          auf YouTube über den „Y-Kollektiv“-Kanal abrufbar,
                     durch Accounts der Serienfiguren auf Instagram            die Themendiskussion mit den Nutzern erfolgt eben-
                     oder auch fiktive WhatsApp-Chats in sozialen Medi-        falls dort. Gerade die Reihe „Rabiat“ stellt dabei also
                     en erweitert. Die Serienverantwortlichen haben ein        in umgekehrter Hierarchisierung im Sinne von Social
                     Community-Management insbesondere auf Insta­              TV 3.0 die Ergänzung von Social-Media-Plattformen
                     gram eingeführt, worüber die Nutzer auf unter-            als priorisierende Community-Medien durch die se-
                     schiedliche Weise als Kreativressource direkt in die      kundierende Funktion des Fernsehens dar.
                     Serienproduktion eingebunden werden (z. B. über die
                     Kommunikation über die Rollen-Accounts sowie die          Mit dem Contentnetzwerk funk reagieren ARD und            Formatbezogenes
                     Fan-Accounts). (53)                                       ZDF auf den mit digitalen und vor allem sozialen          Community-
                                                                               Medien verbundenen Wandel hin zu einer verstärkt          Management
       Verbindung    Daneben sind mit dem veränderten Beziehungsge-            flexiblen, zeitsouveränen Nutzung von mobilen On-
zwischen Social TV   flecht zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und so-        lineanwendungen in der Zielgruppe der 14- bis
  und klassischem    zialen Medien auch wechselseitige Dynamisierungs-         29-Jährigen. Durch mehr Partizipation nutzen die
        Fernsehen    prozesse zwischen funk und dem Fernsehen zu be-           Content-­Verantwortlichen von funk das für soziale
Soziales Fernseherleben: Social TV
                                                                                                                                    Media
                                                                                                                              Perspektiven   655
                                                                                                                                  12/2020

                     Abbildung 4
                     Untersuchungsdimensionen von Social TV 3.0

                         Institutioneller und                                                                  Plattformstrukturen
                         produktionskultureller Kontext des          „Social TV 3.0“
                                                                                              sozialer Medien im digital-vernetzen
                         öffentlich-rechtlichen Rundfunks                                                               Ökosystem

                             Institutionelle            Professionelle                 Formate und                   Nutzer-
                               Strategien                 Praktiken                       Inhalte                  Partizipation

                     Quelle: Eigene Darstellung.

                     Medien charakteristische interaktive Involvement           weiter an Bedeutung. Mit funk reagieren ARD und
                     (54) und den Ansatz von Online-Mitmachgemein-              ZDF auf diesen Wandel.“ (59) Anders als im Fall von
                     schaften (55) innerhalb des formatbezogenen So-            Social TV 2.0 zeichnen sich mit dem funk-Netzwerk
                     cial-Media-Community-Managements. Durch die                als Ausprägung eines weiterentwickelten Modells
                     kommunikative Einbindung können die funk-Inhalte           Social TV 3.0 strategische Entscheidungen von Sen-
                     zielgruppenbezogener gestaltet und weiterentwi-            der- und Sendungsverantwortlichen ab, die soziale
                     ckelt werden. (56) Auf diese Weise entstehen um            Medien nicht mehr als Sekundärplattformen für pro-
                     die einzelnen Formate sogenannte „affektive Öf-            grammbegleitende Kommunikation verstehen. Statt-
                     fentlichkeiten“, die plattformzentriert „feelings of       dessen geht es auf der strategischen Ebene im Zuge
                     engagement“ mit Inhalten, Formatakteuren, Cont-            der Konzeption von neuen Inhalten direkt für soziale
                     ent-Verantwortlichen und der Community insge-              Netzwerke um eine veränderte Ausrichtung in der
                     samt ausbilden. (57)                                       Media Policy, die für funk auf eine Priorisierung von
                                                                                Drittplattformen gegenüber den klassisch-linearen
                     Für den Aufbau eines Gemeinschaftsgefüges in sozi-         Ausstrahlungswegen sowie letztlich auch den eige-
                     alen Medien arbeiten die funk-Formate an einem             nen digitalen Anwendungen abzielt. Damit verbun-
                     beständigeren Community-Management, um ein                 den ist auch eine unmittelbare Ausrichtung an den
                     Peer-­to-Peer-Kommunikationsnetzwerk aufzubauen            Vorgaben einzelner Plattformen.
                     und weiterzuentwickeln. Das grundlegende Muster
                     in der Kommunikationsstrategie folgt der schon in          Öffentlich-rechtliche Inhalte, soziale Medien
                     der ARD/ZDF-Onlinestudie 2014 formulierten Beob-           und Public Value
                     achtung, dass soziale Medien „emotionale Kontakt-          Für jüngere Mediennutzer avancieren soziale Medien
                     flächen [schaffen] und […] meist positiv zur Zu-           zu einflussreichen Angebotsformen als alltagsbezo-
                     schauer- bzw. Kundenbindung bei[tragen]“ (58).             gene Orientierungshilfe, zur Informationsbeschaffung,
                     Gleichzeitig kann über die partizipative Adressierung      Unterhaltung und Identitätsbildung. (60) Zudem ha-
                     der Zielgruppe eine strategische Kanalisierung von         ben soziale Medien schon längst Anteil am Prozess
                     Teilhabemöglichkeiten erzielt werden, die jedoch auf       öffentlicher Meinungsbildung. Um diese Zielgruppe
                     die Kommunikationsformen der einzelnen Social-­            erreichen zu können, ist für die Bereitstellung von
                     Media-Plattformen ausgerichtet sein muss. Mit Blick        öffentlich-rechtlichen Inhalten in sozialen Netzwerken
                     auf die institutionellen Strategien, die Redaktions-       eine strukturelle Ausrichtung an den kommunikativen
                     und Produktionsprozesse, die Entwicklung von In-           und medienkulturellen Bedingungen der Plattformen
                     halten und die verstärkt partizipative Adressierung        erforderlich. Die Entwicklung des öffentlich-recht­
                     von Nutzern weisen Social-TV-3.0-Formate mithin            lichen Rundfunks hin zu Public-Service-Medien unter
                     eine strukturelle Ausrichtung an soziale Medien auf,       Einbindung von Social-Media-Diensten provoziert
                     da erfolgversprechende Inhalte plattformadäquat zu         eine Diskussion über die Auswirkungen auf den ge-
                     entwickeln sind (vgl. Abbildung 4).                        sellschaftskulturellen Wert öffentlich-rechtlicher Me-
                                                                                dien. (61) In der Forschung sind in den vergangenen
      Reaktion auf   Das Erfordernis für eine an Social-Media-Plattfor-         Jahren zahlreiche Reflexionen hinsichtlich einer in
       verändertes   men ausgerichtete Konzeption und Produktion von            diesem Sinne nötigen Anpassung und Weiterent-
Nutzungsverhalten    Content erklärt sich für funk folgendermaßen: „Wäh-        wicklung eines Konzepts von Public Value (62) im
     in der jungen   rend neue, innovative Medienangebote auf Dritt-            Zuge der Digitalisierung entstanden.
        Generation   plattformen wie Facebook, YouTube und Snapchat
                     aus dem Boden schießen, verliert das klassische, li-       An dieser Stelle kann nicht ausführlich auf den um-
                     neare Fernsehen in der jungen Zielgruppe immer             fangreichen Diskurs eingegangen werden. Es soll
Sven Stollfuß
                       Media
             656       Perspektiven
                       12/2020

                       Abbildung 5
                       Medienrechtliche Normen im Wirkungszusammenhang

                                                                                Konditionalprogramme

                               Makrobedingungen:                                 Mesobedingungen:                    Mikrobedingungen:
                           Aufsicht, Finanzierung, Markt                         Medienorganisation                    Medienakteure

                                                                                  Medienproduktion

                                                                                                                                    („Plattformausrichtung“)
                            („Plattformausrichtung“)

                                                                                                                                      Anpassungsdynamik
                              Anpassungsdynamik

                                                                                                                                       Entwicklungsoffene
                               Entwicklungsoffene

                                                                                  Medienangebote

                                                                                  Nutzungsweisen

                                                   Makroeffekte: Gesellschaft                                Mikroeffekte: Nutzer

                                                                                  Zweckprogramme

                       Quelle: Neuberger, Christoph: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Qualitätsdiskurs. In: Media Perspektiven,
                       10/2019, S. 436.

                       genügen, die mit dem funk-Netzwerk als Ausbildung                   um die Qualität der Inhalte zu legitimieren (vgl. Ab-
                       von Social TV 3.0 verbundenen Veränderungen                         bildung 5).
                       schlaglichtartig hinsichtlich ihrer Relevanz für den
                       Public Value einzuordnen. Hierzu wird Bezug ge-                     Bezogen auf das ARD/ZDF-Contentnetzwerk funk                        Legitimation durch
                       nommen auf das Modell von Christoph Neuberger                       unter Berücksichtigung der aktuellen medienrecht­                   Medienstaatsvertrag
                       zum Wirkungszusammenhang medienrechtlicher                          lichen Vorgaben leitet sich daraus ab: Mit dem in
                       Normen und der Systematisierung des öffentlich-­                    diesem Jahr in Kraft getretenen Medienstaatsvertrag
                       rechtlichen Rundfunkauftrags zwischen Angebots-                     sind nicht nur europäische Richtlinien für die Bereit-
                       und Beziehungsdimension. (63)                                       stellung audiovisueller Mediendienste umgesetzt
                                                                                           worden. Es geht insbesondere um eine zeitgemäße
Public Value ist ein   Wie Neuberger zurecht schreibt, ist die über viele                  Anpassung des Rundfunkbegriffs sowie der Vorga-
 gesellschaftlicher    Jahre hinweg anhaltende und kontroverse Diskussi-                   ben für die Plattformregulierung und die Einbindung
         Anspruch      on über den Anspruch an den öffentlich-rechtlichen                  von Medienintermediären. Für das Jugendangebot
                       Rundfunk hinsichtlich einer adäquaten Erfüllung von                 funk heißt es dabei unter § 33 MStV Absatz 1, dass
                       Angebotsleistungen im Fernsehen, im Hörfunk so-                     es „inhaltlich die Lebenswirklichkeit und die Interes-
                       wie – und jüngst zunehmend bedeutsamer – im In-                     sen junger Menschen als Zielgruppe in den Mittel-
                       ternet nicht zwingend als dauerhafte Legitimitätskrise              punkt stellen und dadurch einen besonderen Beitrag
                       zu verstehen. Die Auseinandersetzung mit der öffent-                zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nach
                       lichen Kritik und den gesellschaftlich formulierten                 § 26 leisten“ soll. Unter Absatz 2 heißt es ferner:
                       Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Rund-                   „Zur Erfüllung der demokratischen, sozialen und
                       funk „ist ein Teil seines Wesens“ (64). In Hinblick auf             kulturellen Bedürfnisse der Zielgruppe ist das Ju-
                       die diskursive Verfasstheit des Public-Value-Begriffs               gendangebot inhaltlich und technisch dynamisch
                       geht er dabei nicht von einem Auftrags-, sondern von                und entwicklungsoffen zu gestalten und zu verbrei-
                       einem Anspruchsbegriff aus, der aus gesellschaft­                   ten. Dazu soll auch durch eine zielgruppengerechte
                       licher Sicht erhoben wird und in ein normatives Ver-                interaktive Kommunikation mit den Nutzern sowie
                       ständnis führt. Entsprechend der gesetzlichen Vor-                  durch verstetigte Möglichkeiten ihrer Partizipation
                       gaben (Rundfunk- bzw. neuerdings Medienstaats-                      beigetragen werden.“ Die Verbreitung von Inhalten
                       vertrag) sind die jeweiligen Angebotskonkretisie-                   außerhalb der digitalen Portale der ARD und des ZDF
                       rungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der                  (etwa in sozialen Netzwerken) ist wiederum in § 33
                       Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Diskurs                     MStV Absatz 5, Satz 2 bis 3 formuliert.
Soziales Fernseherleben: Social TV
                                                                                                                              Media
                                                                                                                        Perspektiven   657
                                                                                                                            12/2020

       Veränderte   Für die Umsetzung des Jugendangebots besteht ein          die Beziehungsdimension die über Unabhängigkeit,
Anforderungen auf   breites Spektrum an Möglichkeiten, um den Verant-         Vielfalt und Ausgewogenheit regulierte Qualität des
 mehreren Ebenen    wortlichen in Hinblick auf die zielgruppenorientierte     öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu organisierten
                    Onlinenutzung inhaltlich-konzeptionell Spielraum zu       Interessen. Auch ist hier die Beziehungsqualität zu
                    gewähren und auch plattformbezogen dynamisch              anderen Anbietern bezeichnend, die neben der Kon-
                    agieren zu können. Die Eigenschaften der öffent-          kurrenz und Komplementarität auch die Kooperation
                    lich-rechtlichen Angebote in ihrer Vielfältigkeit für     aufnimmt. Letzteres ist gerade für kooperativen Pro-
                    Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung           jekte mit kommerziellen Anbietern zentral – etwa im
                    sind gemäß der rechtlichen Bestimmungen in der            Fall von Koproduktionen. (65)
                    Produktion von audiovisuellen Medien dialogisch-in-
                    teraktiv und strukturell-partizipativ zu gestalten, um    In den Diskurs von Social TV 3.0 eingebunden sind        „Plattformisierung“
                    die Nutzung in digital vernetzten Umgebungen auch         die vorgegebenen Rahmenbedingungen ausgerich-            der kulturellen
                    von Drittplattformen „technisch dynamisch und ent-        tet auf eine in der digital vernetzten Medienkultur      Produktion bedarf
                    wicklungsoffen“ zu ermöglichen. Dabei sind zur „Er-       zunehmende „Plattformisierung“ der kulturellen Pro-      gesetzlicher
                    füllung der demokratischen, sozialen und kulturellen      duktion. (66) Die damit verbundenen Aspekte in der       Regelung
                    Bedürfnisse“ der mit funk adressierten Zielgruppe         Regulierung bezüglich Normen für Transparenz und
                    „die Lebenswirklichkeit und die Interessen junger         Diskriminierungsfreiheit beim Einsatz von Algorith-
                    Menschen […] in den Mittelpunkt [zu] stellen“. Zu         men und der Vielfaltssicherung sind im neuen Me-
                    akzentuieren ist hier somit die Ausbildung einer ver-     dienstaatsvertrag aufgeführt. Inwiefern sich dies
                    änderten plattformbezogenen Beziehung zwischen            konkret regulierend auswirken wird auf die zuneh-
                    öffentlich-rechtlichem Rundfunk und den Nutzenden         mende Durchdringung sozialer und kultureller Prak-
                    mit dem Anspruch auf eine innovative Gestaltung           tiken, ökonomischer Prozesse und vor allem institu-
                    von Inhalten für eine interaktiv-partizipative digitale   tioneller Strukturen durch Social-Media-Plattformen
                    Medienumgebung. Daran angeschlossen ergeben               im Zuge des Wandels der digitalen Gesellschaft hin
                    sich veränderte Anforderungen für die Makrobedin-         zur sogenannten „Plattformgesellschaft“ (67) bleibt
                    gungen (neben der Finanzierung als Gemeinschafts-         sicherlich abzuwarten. Eine Befragung von Experten
                    programm von ARD und ZDF vor allem Nutzungs-              zeigte, dass es für die Praxis zwar noch an erheb­
                    rechte an Inhalten, Verweildauer für angekaufte In-       licher Konkretisierung zur Umsetzung der neuen
                    halte etc.), Mesobedingungen (z. B. redaktionell ver-     gesetzlichen Rahmenbedingungen bedarf, die aktu-
                    anlasste und gestaltete interaktiv-partizipative An-      ellen Transparenzanforderungen jedoch als wichtiger
                    gebote) und Mikrobedingungen (z. B. Produktion von        Schritt zu bewerten sind, die Leistungsanforderun-
                    anpassungsfähigen interaktiv-partizipativen Inhalten      gen und vor allem „die Meinungsvielfalt auch ange-
                    unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben).               sichts der neuen digitalen Herausforderungen zu
                                                                              gewährleisten“. (68) Die Herausforderungen bezüg-
   Angebots- und    Entlang der Formulierung von grundlegenden Wer-           lich der über Drittplattformen hergestellten und ge-
     Beziehungs­    ten der liberalen Demokratie (Freiheit, Gleichheit,       regelten Inhaltspräsentation, Publikumsakkumula-
    dimensionen     Vielfalt, Machtbegrenzung, Integration und Sicher-        tion und Form des (auch datengetriebenen) Nutzer-
                    heit) ergeben sich für den öffentlich-rechtlichen         feedbacks (69) sind hier (wenn auch noch sehr
                    Rundfunk gerade in der digital vernetzten Medien-         basal) aufgegriffen. So kann aber eine Weiterent-
                    kultur und plattformbezogenen Kommunikation An-           wicklung der Gestaltung von öffentlich-rechtlichen
                    forderungen, die in Angebots- und Beziehungsdimen-        Inhalten in sozialen Netzwerken vorangetrieben
                    sionen auszudifferenzieren sind. Auf der Angebots­        werden. Die Konkretisierungen müssen sich letztlich
                    seite geht es dabei um die Unterscheidung nach            in den Gremien, im öffentlich Qualitätsdiskurs und
                    genrespezifischen Qualitäten (z. B. für die Informa-      gerade auch im interaktiv-partizipativen Aushand-
                    tionsaufbereitung oder Unterhaltungs-, Kultur- und        lungsprozess mit der Zielgruppe entsprechend den
                    Bildungsangebote), medienspezifischen Qualitäten          sich dynamisch verändernden Anforderungen be-
                    (die neben Fernsehen und Hörfunk zunehmend für            weisen. (70)
                    digitale Plattformen und vor allem soziale Medien zu
                    beachten sind) und gesellschaftsspezifische Quali-        Fazit
                    täten (d.h. die Untergliederung nach bestimmten           Die Herausforderungen in der Weiterentwicklung von       Weiterentwicklung
                    Funktionen wie Politik, Wirtschaft, Kunst etc., nach      Social-TV-3.0-Ausprägungen für öffentlich-rechtliche     des Public Values
                    politischen und kulturellen Segmenten wie Regiona-        Medien liegen in der weiteren kritischen Betrachtung     durch innovativen
                    lität, Globalität etc., aber auch nach bestimmten         und Bewertung der Plattformausrichtung. Für die          Gestaltungsrahmen
                    soziokulturellen Milieus).                                Diskussion um die Veränderung des Public Values in
                                                                              der digital vernetzten Medienkultur ist es jedoch
                    Auf der Beziehungsseite wiederum geht es um die           fraglos nötig, in der auf soziale Netzwerke ausge-
                    differenzierte Betrachtung der Beziehungsqualität des     richteten Konzeption von Inhalten Rahmenbedin-
                    öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Publikum bzw.        gungen für innovative Gestaltungen zu schaffen.
                    zu spezifischen Zielgruppen. Des Weiteren betrifft        Ferner können hier im Zuge des partizipativen An-
Sven Stollfuß
                        Media
              658       Perspektiven
                        12/2020

                        satzes konkretere zielgruppenorientierte Teilhabe-              4)	Eimeren, Birgit van/Andreas Egger: Die ARD aus Sicht
                        formen ermöglicht werden, wodurch in der Kommu-                      der Bevölkerung: Reichweiten und Wert des ARD-Medien-
                                                                                             verbunds. Ergebnisse der ARD-Akzeptanzstudie 2018. In:
                        nikation und Aushandlung alle Stakeholder besser                     Media Perspektiven 10/2018, S. 462-475, hier S. 466.
                        einbezogen werden können. (71) Zudem gilt es,                   5)	Koch/Beisch (Anm. 3), S. 483. Vgl. auch Kupferschmitt,
                                                                                             Thomas/Thorsten Müller: ARD/ZDF-Massenkommuni-
                        weiterhin flexibel zu bleiben bezüglich der sich ver-
                                                                                             kation 2020: Mediennutzung im Intermediavergleich.
                        ändernden kulturellen und soziomedialen Bedingun-                       Aktuelle Ergebnisse der repräsentativen Langzeitstudie.
                        gen der Produktion, Distribution und Rezeption von                      In: Media Perspektiven 7-8/2020, S. 390-409, hier v.a.
                                                                                                S. 392 f.
                        Inhalten. Dies betrifft auch und insbesondere eine              6)	Vgl. Koch/Beisch (Anm. 3), S. 485 ff.
                        Anpassung an die Anforderungen von (jungen) Me-                 7)	Vgl. Thimm, Caja: Soziale Medien und Partizipation. In:
                        diennutzenden, sowohl in Bezug auf Kommunika­                        Schmidt, Jan-Hinrik/Monika Taddicken (Hrsg.): Handbuch
                                                                                             Soziale Medien. Wiesbaden 2017, S. 191-209, hier S. 192.
                        tionsweisen als auch die Bereitstellung von Inhalten            8)	 Vgl. Cunningham, Stuart/David Craig: Being „Really Real“
                        in sozialen Netzwerken.                                              on YouTube. Authenticity, Community and Brand Culture
                                                                                             in Social Media Entertainment. In: Media International
                                                                                             Australia 164, 1/2017, S. 71-81; vgl. auch Stollfuß, Sven:
   funk passt sich in   Der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt bei der                   Communitainment on Instagram. Fitness Content and
den vernetzten Alltag   jungen Zielgruppe noch immer hohes Ansehen und                       Community-Driven Communication as Social Media
                                                                                             Entertainment. In: SAGE Open, April-June/2020, S. 1-12.
junger Menschen ein     Akzeptanz, sein individueller Nutzwert hingegen
                                                                                             DOI: 10.1177/2158244020919535.
                        bleibt ausbaufähig. (72) Das funk-Netzwerk als neue             9)	 Vgl. Jenkins, Henry: Convergence Culture. Where Old and
                        Form von Social TV 3.0 bietet öffentlich-rechtliche                  New Media Collide. New York 2006; Bruns, Axel: Blogs,
                                                                                             Wikipedia, Second Life and Beyond. From Production to
                        Inhalte, die besser in den digital vernetzten Alltag                 Produsage. New York 2008; Ganzert, Anne: „Sync Now“.
                        junger Menschen eingebunden werden können. In                        Fernsehen und das Versprechen von Teilhabe. In: Ochsner,
                        Reaktion auf den digitalen Wandel und die Zunahme                    Beate u.a. (Hrsg.): Objekte medialer Teilhabe. Marburg
                                                                                             2013, S. 11-22; Thimm (Anm. 7), S. 193.
                        onlinebasierter, zeitsouveräner Angebotsnutzung von             10)	Vgl. Dijck, José van/Thomas Poell: Making Public
                        jungen Mediennutzern stellt funk medienadäquat                       ­Television Social? Public Service Broadcasting and the
                        zielgruppenbezogene Inhalte bereit. Die veränderten                      Challenges of Social Media. In: Television & New Media
                                                                                                 16, 2/2015, S. 148-164, hier S. 149; Cuntz-Leng, Vera/
                        medienrechtlichen Rahmenbedingungen im neuen                             Sophie G. Einwächter/Sven Stollfuß: Perspektiven auf
                        Medienstaatsvertrag geben einen Entscheidungs-                           Partizipationskultur. Eine Auswahl. In: MEDIENwissen-
                        und Handlungsrahmen vor, der eine flexible Konzep-                       schaft 4/2015, S. 449-467, hier S. 451; Stollfuß, Sven:
                                                                                                 Between Television, Web and Social Media. On Social TV,
                        tion, Herstellung und Bereitstellung von entwicklungs­                About: Kate and Participatory Production in German Public
                        offenen Inhalten ermöglicht. Gleichzeitig ist das                     Television. In: Participations. Journal of Audience &
                                                                                              Reception Studies 15, 1/2018, S. 36-59.
                        interaktiv-partizipative Angebotskonzept in seiner              11)	Vgl. van Eimeren/Egger (Anm. 4), hier S. 473.
                        plattformbasierten Ausrichtung auch diskursoffener              12)	 Der vorliegende Text fasst erste konzeptionelle Aus­
                        in Bezug auf die Einbindung der Zielgruppe. So inno-                  führungen zusammen, die im Rahmen des Ende 2019
                                                                                                gestarteten und von der Deutschen Forschungsgemein-
                        viert funk als Beispiel von Social TV 3.0 die Konver-                 schaft (DFG) finanzierten Projekts „Social TV in der digital-­
                        genz von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und sozi-                    vernetzten Medienkultur“ entstanden sind. Siehe hierzu
                        alen Medien im Sinne eines integrativen Ansatzes.                     die vom Verfasser veröffentlichten Publikationen Stollfuß,
                                                                                              Sven: German Public Television, Social Media and
                                                                                              ­Audience Engagement. In: View: Journal of European
                                                                                                ­Television History and Culture 8, 16/2019a, S. 98-109;
                        Anmerkungen:                                                             Stollfuß, Sven: Is This Social TV 3.0? On funk and Social
                                                                                                 Media Policy in German Public Post-Television Content
                        1)	Vgl. Beisch, Natalie/Carmen Schäfer: Internetnutzung mit             Production. In: Television & New Media 20, 5/2019b,
                            großer Dynamik: Medien, Kommunikation, Social Media.               S. 509-524; Stollfuß, Sven: We are @DruckAddicts.
                            Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2020. In: Media                Social TV und Fan-Engagement am Beispiel der Social
                            Perspektiven 9/2020, S. 462-481; Beisch, Natalie/                  Media-Serie Druck. In: Ganzert, Anne/Isabell Otto/Benjamin
                            Wolfgang Koch/Carmen Schäfer: ARD/ZDF-Onlinestudie                 Schäfer (Hrsg.): Smarte Serienfans. Praktiken der Teilhabe
                            2019: Mediale Internetnutzung und Video-on-Demand                  in Fan-Gemeinschaften. Marburg 2020, S. 83-95. Zum
                            gewinnen weiter an Bedeutung. Aktuelle Aspekte der                 Projekt siehe: https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/
                            Internetnutzung in Deutschland. In: Media Perspektiven             425493721 sowie die Projektwebsite an der Universität
                            9/2019, S. 374-388; Beate Frees/Wolfgang Koch: ARD/                Leipzig unter https://bit.ly/2YVhgfH.
                            ZDF-Onlinestudie 2018. Zuwachs bei medialer Internet-       13)	  Vgl. Chorianopoulos, Konstantinos/George Lekakos: Intro-
                                                                                               duction to Social TV: Enhancing the Shared Experience
                            nutzung und Kommunikation. Ergebnisse aus der Studien-
                                                                                             with Interactive TV. In: International Journal of Human-­
                            reihe „Medien und ihr Publikum“ (MIP). In: Media Perspek-
                                                                                               Computer Interaction 24, 2/2008, S. 113-120, hier S. 116.
                            tiven 9/2018, S. 398-413.
                                                                                        14)	  Klemm, Michael/Sascha Michel: Social TV und Politik­
                        2)	Vgl. Kupferschmitt, Thomas: Onlinevideo-Reichweite
                                                                                               aneignung. Wie Zuschauer die Inhalte politischer
                            und Nutzungsfrequenz wachsen, Altersgefälle bleibt.                ­Diskussionssendungen via Twitter kommentieren. In:
                            Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2018. In: Media                 Zeitschrift für angewandte Linguistik 60, 1/2014, S. 3-35,
                            Perspektiven 9/2018, S. 427-437; Egger, Andreas/Heinz               hier S. 3 f.
                            Gerhard: Bewegtbildnutzung 2019. Ergebnisse der ARD/        15)	Vgl. Buschow, Christopher/Beate Schneider: Social TV in
                            ZDF-Massenkommunikation Trends und der ARD/ZDF-­                    Deutschland. Eine Einführung in Begrifflichkeiten und
                            Onlinestudie. In: Media Perspektiven 9/2019, S. 389-405.            Forschungsbereiche. In: Buschow, Christopher/Beate
                        3)	Vgl. Koch, Wolfgang/Beate Frees: Dynamische Entwick-                Schneider (Hrsg.): Social TV in Deutschland. Leipzig 2015,
                            lung bei mobiler Internetnutzung sowie Audios und Videos.           S. 11-35, hier S. 11; Gneuss, Michael: Rekordjagd auf
                            Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2016. In: Media                 der Datenautobahn. In: Handelsblatt v. 13. März 2006.
                            Perspektiven 9/2016, S. 418-437; Koch, Wolfgang/Natalie             Quelle: http://www.handelsblatt.com/technik/ it-internet/
                            Beisch: Erneut starke Zuwächse bei Onlinevideo. Ergeb-              immer-hoehere-uebertragungsraten-rekordjagd-auf-
                            nisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2020. In: Media Perspek-             der-datenautobahnseite- 2/2627404.html (abgerufen
                            tiven 9/2020, S. 482-500, hier S. 494 ff.                           am 1.7.2020).
Soziales Fernseherleben: Social TV
                                                                                                                               Media
                                                                                                                         Perspektiven     659
                                                                                                                             12/2020

16)	Vgl. Schatz, Raimund/Lynne Baillie/Peter Fröhlich/               33)	Vgl. Buschow/Schneider (Anm. 31), S. 18; Scherer
     Sebastian Egger: Getting the Couch Potato to Engage                   (Anm. 32), S. 128 ff.
     in Conversation. Social TV in a Converging Media                 34)	Vgl. Buschow u.a. (Anm. 21); Busemann, Katrin/Florian
     Environment. EuroITV Workshop, Salzburg 2008.                          Tippelt: Second Screen: Parallelnutzung von Fernsehen
         Quelle: https://www.academia.edu/812713/Getting_the_              und Internet. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2014.
         Couch_Potato_to_Engage_in_Conversation_Social_TV_                  In: Media Perspektiven, 7-8/2014, S. 408-416.
         in_a_Converging_Media_Environment (abgerufen am              35)	Vgl. Deller, Ruth: Twittering on. Audience Research and
         1.7.2020).                                                         Participation Using Twitter. In: Participations. Journal of
17)	Ebd., S. 2.                                                            Audience & Reception Studies 8, 1/2011, S. 216-245;
18)	Vgl. Buschow/Schneider (Anm. 15), S. 18.                              Wohn/Na (Anm. 22); Franzen, Christian/Stephan Naumann/
19)	Vgl. Klemm, Michael: Zuschauerkommunikation. Formen                   Helena Dinter: Neue Verfahren der Reichweitenmessung
         und Funktionen der alltäglichen kommunikativen Fern-              für Social TV Kommunikation. In: Buschow, Christopher/
         sehaneignung. Frankfurt/M. 2000.                                  Beate Schneider (Hrsg.): Social TV in Deutschland.
20)	Vgl. Wohn, D. Yvette/Eun-Kyung Na: Tweeting about TV.                 Leipzig 2015, S. 261-275.
         Sharing Television Viewing Experiences via Social Media      36)	Vgl. Stollfuß 2019a (Anm. 12).
         Message Streams. In: First Monday 16, 3/2011. https://       37)	Moe, Hallvard/Thomas Poell/José van Dijck: Rearticulating
         firstmonday.org/article/view/3368/2779 (abgerufen am              Audience Engagement. Social Media and Television.
         1.7.2020).                                                        In: Television & New Media 17, 2/2016, S. 99-107, hier
21) Vgl. u.a. Klemm, Michael: Komische Zuschauer. Praktiken               S. 100.
     und Strategien des Do-it-yourself-Vergnügens im Social           38)	Vgl. Altheide, David L./Robert P. Snow: Media Logic.
     TV. In: Diekmannshenke, Hajo/Stefan Neuhaus/Uta                       ­Beverly Hills 1979; Altheide, David L.: Media Logic and
     Schaffers (Hrsg.): Das Komische in der Kultur. Marburg                 Social Interaction. In: Symbolic Interaction 10, 1/1987,
     2015, S. 209-227; Buschow, Christopher/Beate Schneider                 S. 129-138.
     (Hrsg.): Social TV in Deutschland. Leipzig 2015;                 39)	 Dijck, José van/Thomas Poell: Understanding Social Media
     Buschow, Christopher/Beate Schneider/Lisa Carstensen/                  Logic. In: Media and Communication, 1/2013, S. 2-14.
     Martin Heuer/Anika Schoft: Social TV in Deutschland.             40)	Dijck/Poell (Anm. 10), S. 148.
     Rettet soziale Interaktion das lineare Fernsehen? In:            41)	Stollfuß 2019b (Anm. 12).
     Medienwirtschaft 10, 1/2013a, S. 24-32; Buschow,                 42)	Ebd., S. 516.
     Christopher/Beate Schneider/Alena Bauer/Lisa Carstensen/         43)	 Vgl. Peters, John Durham: Medias as Conversation,
     Kira Drabner: Wer nutzt Social TV? Die Nutzer als Treiber
                                                                            Conversation as Media. In: Curran, James/David Morley
     sozialer Interaktion mit Fernsehinhalten. In Medienwirt-
                                                                           (Hrsg.): Media and Cultural Theory. Routledge 2006,
     schaft 10, 4/2013b, S. 48-57.
                                                                           S. 115-126, hier S. 119.
22)	Vgl. u.a. die Auswertung für das dritte Quartal 2020 in
                                                                      44)	Vgl. Stollfuß 2019a (Anm. 12); Turnbull, Sue: Imagining
     [m]Science: Social TV Buzz: Die erfolgreichsten Unter-
                                                                            the Audience. In: Cunningham, Stuart/Sue Turnbull (Hrsg.):
     haltungsformate auf Twitter im Sommer. In: kressNEWS
                                                                            The Media & Communications in Australia. 4th Edition.
     v. 23.10.2020. Quelle: https://kress.de/news/detail/
                                                                            Crows Nest 2014, S. 59-72.
     beitrag/146156-social-tv-buzz-die-erfolgreichsten-
                                                                      45)	Lahey, Michael: The Framing of Value: Television,
     unterhaltungsformate-auf-twitter-im-sommer.html
                                                                            User-Generated Content, and Interactive Involvement.
     (abgerufen am 30.11.2020). Berücksichtigt man die
                                                                            In: Convergence: The International Journal of Research
     Auswertungen von MediaComm auch für 2018 – als die
                                                                            into New Media Technologies 22, 6/2016, S. 633-646,
     Nachrichten und Politikformate der öffentlich-rechtlichen
     Sender nicht explizit ausgeklammert waren –, erzielen                  hier S. 634.
     die Twitter- und Facebook-Aktivitäten der Zuschauer              46)	Zum Begriff Public Value siehe die Ausführungen weiter
     etwa der „Tagesschau“ (Das Erste), von „ZDF heute“                     unten.
     (ZDF) wie auch der Politikformate „Anne Will“ (Das Erste)        47)	 Vgl. Enli, Gunn Sara: Redefining Public Service Broad-
     oder „Hart aber fair“ ebenfalls starke Reichweitenwerte.               casting. Multi-Platform Participation. In: Convergence:
23) Vgl. König, Mathias/Wolfgang König: Social TV. Die Twitter-­           The International Journal of Research into New Media
     Debatte zum TV-Duell. Untersuchung der programmbe-                     Technologies 14, 1/2008, S. 105-120, hier S. 106.
     gleitenden Kommunikation zum Hashtag #tvduell bei der            48)	Vgl. Bechmann Petersen, Anja: Internet and Cross Media
     Bundestagswahl 2017. In: Media Perspektiven 12/2017,                   Productions. In: Australian Journal of Emerging Techno-
     S. 630-638.                                                            logies and Society 4, 2/2006, S. 94-107.
24)	Vgl. ebd., S. 630; siehe auch König, Mathias/Wolfgang            49)	Vgl. hierzu auch den Kanal „Y-zwei“ unter https://www.
     König: Social TV. Twitter-Debatten zu politischen Infor-               youtube.com/channel/UCv3u5ZoLyqUyQw_rOSdAfRw/
     mationssendungen. Eine Untersuchung der Sendungs-                      videos (abgerufen am 1.11.2020).
     hashtags von #annewill, #berichtausberlin und #wasnun.           50)	Für eine ausführlichere Analyse vgl. Stollfuß 2019a
     In: Media Perspektiven 5/2017, S. 260-272.                             (Anm. 12).
25)	Klemm (Anm. 21), S. 226.                                         51)	Vgl. auch Stollfuß 2019b (Anm. 12), S. 514 f.
26)	Vgl. auch Buschow u.a. (Anm. 21).                                52)	Vgl. Krauß, Florian: „Social Media muss in alle Gewerke
27)	Vgl. Klemm (Anm. 21), S. 214.                                          einfließen“: Interview mit dem Produzenten Lasse
28)	Vgl. u.a. Stollfuß 2020 (Anm. 12).                                     Scharpen über den Herstellungsprozess von „Druck“
29)	Vgl. Klemm/Michel (Anm. 14), S. 6.                                     und „Teen TV“ aus Deutschland. In: Krauß, Florian/Moritz
30)	Vgl. Chorianopoulos/Lekakos (Anm. 15); Han, Eunyoung/                  Stock (Hrsg.): Teen TV: Repräsentationen, Lesarten und
     Sang-Woo Lee: Motivations for the Complementary Use                    Produktionsweisen aktueller Jugendserien. Wiesbaden
     of Text-Based Media during Linear TV Viewing. An                       2020, S. 271-282.
     ­Exploratory Study. In: Computers in Human Behavior 32,          53)	Für eine ausführliche Analyse siehe Stollfuß 2020
     2014, S. 235-243; Klemm/Michel (Anm. 14); Buschow,                     (Anm. 12).
      Christopher/Beate Schneider/Simon Ueberheide: Tweeting          54)	Vgl. u.a. Lahey (Anm. 45), S. 634.
      Television. Exploring Communication Activities on Twitter       55)	Vgl. Bruns (Anm. 9), S. 21.
      While Watching TV. In: Communications. European Journal         56)	Der partizipative Ansatz zeigt sich auch in der begleiten-
      of Communication Research 39, 2/2014, S. 129-149.                     den zielgruppenspezifischen Evaluation und Weiterent-
31) Vgl. Buschow, Christopher/Beate Schneider: Future                      wicklung der funk-Formate, wie Feierabend, Philippi und
      ­Potential of Social TV. In: Mitschka, Konrad (Hrsg.): Wohin?         Pust-Petters aufgezeigt haben. Der Text geht auch auf die
       Public Value Bericht 2014/15. Wien: Österreichischer                 Schwierigkeiten der Reichweitenerhebung auf sozialen
       Rundfunk, S. 18-21, hier S. 18.                                      Medien angesichts nicht verfügbarer Daten und intrans-
32)	Scherer, Helmut: Public Value als Publikumsauftrag oder                parenter Strukturen der Plattformen ein und thematisiert
       Publikumsdesiderat. In: Karmasin, Matthias/Daniela                   die Herausforderung in der Medienforschung bzgl. der
       ­Süssenbacher/Nicole Gonser (Hrsg.): Public Value.                   Nichtvergleichbarkeit von Reichenweiten auf den einzel-
        Theorie und Praxis im internationalen Vergleich.                    nen Plattformen. Vgl. Feierabend, Sabine/Pia Philippi/
        ­Wiesbaden 2011, S. 127-139, hier S. 127.                           Anna Pust-Petters: funk – das Content-Netzwerk von
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