Wer teilt, gewinnt - #digital impact
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Beyond Mainstream # digi tal impact wer teilt, gewinnt Zehn Thesen, wie Digitalisierung und Social Media unsere Unternehmen verändern JuLi 2014
think act social media die grossen 3 1 25% der Online-Zeit werden mit Social Networking verbracht. S. 4 2 17% aller Unternehmen agieren bei Social Media wirklich strategisch. S. 8 3 70% der Mitarbeiter glauben, dass ein gezielter Einsatz von Social Media den CEO zu einem effektiveren Leader macht. S. 12 Die Tücken der Social- Media- Kommunikation S. 11 2 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media Megatrend Digitalisierung: Social Media sind Teil der vierten industriellen Revolution, die radikale Innovationen und disruptive Geschäftsmodelle hervor- bringen wird. Das digitale Unternehmen der Zukunft wird vernetzter, intelligenter und "sozialer" sein. Von weiten Teilen der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, Schlagwort: Sensoren, mobiles Internet oder Cloud vollzieht sich gerade eine strukturelle Veränderung der Computing sind allgegenwärtig. Wer wollte, privat wie Produktionsweise in beinahe allen Branchen und In- geschäftlich, heute darauf verzichten? dustrien, ja unserer Lebensweise schlechthin: Die Digi- Die Digitalisierung ist unaufhaltsam, weil sie Wis- talisierung hat das Zeug, auf unsere Ökonomie und sen jederzeit und allerorten verfügbar macht. Weniger auch auf unser Zusammenleben so grundstürzend zu auffällig, aber unumkehrbar wie die ersten drei Schritte wirken wie die erste industrielle Revolution. der industriellen Revolution, sprengt sie die Grenzen Jede der umwälzenden technischen Veränderungen bestehender Produktionsweisen, bringt neue Ge- der vergangenen beiden Jahrhunderte hat neue Arbeits- schäftsmodelle hervor und verändert die Art, wie wir prozesse und Produktionsmethoden nach sich gezogen: zusammenarbeiten. Wir steuern auf eine "soziale" Öko- In der ersten industriellen Revolution war es die Dampf- nomie zu, in der Menschen, Maschinen und Systeme kraft, die Spezialisierung und Mechanisierung beförder- ständig verbunden sind und in Echtzeit miteinander te. Die zweite industrielle Revolution setzte ein mit der kommunizieren. Unser Leben verwandelt sich in ein rie- Elektrifizierung, die eine Fließbandfertigung von Mas- siges Netzwerk, in dem reale und virtuelle Welt inein- senprodukten in hoher Qualität gestattete. Mit dem Ein- anderfließen, mit nachhaltigen Auswirkungen auch auf satz von Computern schließlich ließen sich Arbeitspro- unsere sozialen Beziehungen. Drei Themen stehen im zesse aller Branchen flexibilisieren und rationalisieren Brennpunkt dieses epochalen Trends: – Stufe drei der industriellen Revolutionen war erreicht. > Die Informatisierung des verarbeitenden Gewerbes Nun stehen wir inmitten von Phase vier, der Digita- (Manufacturing) und insbesondere der Produktions- lisierung: In einem nie gekannten Ausmaß lassen sich technik, wie wir sie in unserer aktuellen THINK ACT- Daten heute informationstechnisch aufbereiten, spei- Publikation Industrie 4.0 analysieren. chern und verarbeiten. Digitale Informationen sind das > Das exponentielle Wachstum von Kundendaten und Öl des 21. Jahrhunderts. Alle zwei Jahre verdoppelt ihre Nutzbarmachung in Form von analytisch gewonne- sich ihr weltweites Volumen. Big Data ist mehr als ein nen Customer Insights, wie sie u.a. in der Buchpublika- Roland Berger Strategy Consultants 3
think act social media tion Data Unser von Björn Bloching et al. beschrieben > Großunternehmen mit mindestens 100.000 wurde. Mitarbeitern beschäftigen heute durchschnittlich > Die hierarchiefreie Vernetzung von Individuen, die 50 Social-Media-Vollzeitkräfte. über Social Media gleichberechtigt interagieren und Klar ist: Social Media sind gekommen, um zu blei- kollaborieren – im Privatleben ebenso wie im beruf- ben. Nach der anfänglichen Experimentierphase tritt lichen Umfeld. Sie ist Gegenstand dieser Publikation. die Branche heute in ein neues Stadium ein, das sich Allen drei Entwicklungen ist eines gemeinsam: Sie durch folgende typische Entwicklungen einer reifenden führen zu neuen Synapsen, intelligenteren Lösungen Industrie auszeichnet: und mehr Autonomie der handelnden Personen. Und Ausdifferenzierung. Social Media werden ermöglichen dem, der sie zu nutzen weiß, radikale immer vielfältiger. Conversation Prism, eine Visualisie- Innovationen und disruptive Geschäftsmodelle, in de- rung des aktuellen Spektrums an Web-2.0-Plattfor- ren Mittelpunkt die Idee steht, Informationen jederzeit men, listet rund 30 verschiedene Anwendungsbereiche auszutauschen und miteinander zu teilen. Im Folgen- auf, die zunehmend die gesamte Lebenswirklichkeit den werfen wir zehn Schlaglichter auf jene Chancen, der Nutzer abbilden – von Kommunikation, Unterhal- die sich speziell durch den Siegeszug von Social Media tung, Sport und Shopping bis hin zu Wissensaus- in der Geschäftswelt eröffnen und mit denen digitale tausch, geschäftlichem Netzwerken und digitalen Unternehmen die strukturellen und prozessualen Limi- Marktplätzen. tierungen der analogen Welt hinter sich lassen. Substituierung. Immer mehr Produkte und Services aus der analogen Welt finden eine Entspre- 1. Social Media sind kein Hype, chung im Social Web. Aus Zeitungen und Zeitschriften sondern sozioökonomische Realität. wurden Websites und Apps – inzwischen gibt es Nach- richtenportale zum Mitgestalten wie die HuffPost oder Social Media sind heute eine der größten Quellen ge- Magazine zum Selbermachen wie bei Flipboard. Jeder schäftsrelevanter Daten und einer der wichtigsten Trei- Nutzer sein eigener Produzent! Auch immer mehr Inter- ber der Digitalisierung. Dabei gelten sie selbst für die mediäre verschwinden, weil sich Konsumenten zusam- New Economy als ein vergleichsweise junges Phäno- mentun – und sich gegenseitig ihre Wohnungen über- men. Noch am 2. März 2009 twitterte Digital Evange- lassen (Airbnb) oder sich untereinander versichern list Avinash Kaushik: "Social media is like teen sex. (Friendsurance). Everyone wants to do it. No one actually knows how. Neue Player. Es begann mit YouTube – inzwi- When finally done, there is surprise it's not better." schen werden Videos auf Dutzenden von Plattformen Fünf Jahre später ist die adoleszente Verunsicherung geteilt und selbst ein Subsegment wie Live-Streaming überwunden: Facebook, Twitter, YouTube & Co. sind in unterteilt sich in zahlreiche Spezialangebote, z.B. für der Mitte der Gesellschaft angekommen sowie als Game-Watching oder Life-Sharing. Denn dank einer ex- Marketing- und Kommunikationskanäle fest in der Un- ponentiell wachsenden Nutzergemeinde und globaler ternehmenswelt verankert. Dazu ein paar Zahlen: Skalen gibt es (noch) in jeder Nische genug Platz für 1 > Rund ein Viertel ihrer Online-Zeit verbringen Nutzer mehrere Anbieter. heute mit Social Networking. Best Practices. Erfolgsfaktoren in der unter- > Social Media sind keine reine Jugenddomäne – am nehmensinternen wie -externen Nutzung von Social stärksten wächst aktuell das Segment der Nutzer über Media treten klar zutage; dies gilt entlang der gesam- 45 Jahre. ten Wertschöpfungskette, also für Recruiting, Wis- > Bereits mehr als 6% der deutschen Kunden machen sensmanagement und Produktentwicklung eben- ihre Kaufentscheidungen von Informationen aus sozia- so wie für Marketing, Kundenkommunikation und len Medien abhängig. After-Sales-Service. Weithin akzeptiert ist: Social 4 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media Media gedeihen nur in einer Kultur der Offenheit und A des Vertrauens. Ohne Authentizität, Partizipation Social Media verbreiten sich exponentiell und Transparenz geht es nicht. Unverzichtbar sind Globale Nutzer ferner Use Cases, die dem Anwender unmittelbaren Nutzen bringen. Und natürlich braucht es definierte Mio. Kennzahlen, um auch Skeptiker vom Geschäftswert zu 3.000 überzeugen. Social Media verbreiten sich exponentiell. A Sie haben die Welt schon heute ähnlich stark verändert wie der Rundfunk im vergangenen Jahrhundert – und das Internet erst von einem passiv genutzten zu einem interaktiv gestalteten Medium gemacht, das die Krea- 2.500 tion und den Austausch von User-generated Content auf der ideologischen und technologischen Basis des Web 2.0 erlaubt. Social Media sind Teil des gesell- schaftlichen Lebens, ermöglichen Vernetzung und Teil- habe und sind deshalb global so erfolgreich, weil sie 2.000 universelle Grundbedürfnisse stillen: andere Men- schen kennenzulernen, sich mit ihnen auszutauschen und Dinge miteinander zu teilen. Und das überall und zu jeder Zeit, denn 71% der Smartphone- und Tab- let-Besitzer nutzen heute ihr mobiles Endgerät, um auf 1.500 Social Media zuzugreifen. B Was Social Media wirtschaftlich so relevant macht und das geschäftliche Interesse auf ihre Nutzer lenkt: Sie werden längst nicht mehr als eigene Sphäre, son- dern als Erweiterung der realen Welt wahrgenommen. 1.000 Das bedeutet: Unternehmen und Marken können dort zu Freunden, ja zu einer Art Familienmitglied werden. Und fügen sich damit in den zwischenmenschlichen Beziehungskosmos ein. Wo Menschen online sind, mit wem sie sich verbin- den, was sie teilen oder wen sie mögen – all das wird 500 Teil ihrer Identität mit der Folge, dass Mitgliedschaft und Interaktionshäufigkeit in sozialen Netzwerken heute mehr über ihr Konsumverhalten aussagen als Herkunft oder Status. Ja, die Identifikation kann so weit reichen, dass sich Konsumenten aus freien Stücken für Unternehmen und ihre Marken engagie- 1995 2005 2010 2013 ren: Weil sie dies als Ausdruck ihrer Persönlichkeit sehen, weil sie hier Selbstwirksamkeit erfahren, weil Internet Twitter sie mit Gleichgesinnten interagieren oder weil sie an- Facebook Google+ deren helfen wollen, z.B. bei einer Kaufentscheidung. Quelle: Internet World Stats, Search Engine Journal Roland Berger Strategy Consultants 5
think act social media B Und weil sie damit in kürzerer Zeit mehr Menschen Ständiger Begleiter erreichen können als jemals zuvor. Es ist ein Potenzial, Zu liken oder zu sharen, zählt heute zu den kommunika- das es zu nutzen gilt. tiven Grundbedürfnissen vieler Menschen. Immer über Neuigkeiten aus dem persönlichen Umfeld auf dem 2. Social Media sind ein Machtfaktor Laufenden zu sein, gehört längst zum digitalen Lifestyle – Nichtstun ist keine Option. nicht nur der jüngeren Generation. Können Unternehmen diese neue sozioökonomische Realität ignorieren? Nein, auf keinen Fall. Zum einen, weil die Risiken des Nichtstuns zu groß sind. Zum anderen, weil sie damit Chancen verspielen und gegenüber "socially enabled Enterprises" ins Hinter- treffen geraten. Die häufigsten Argumente, die pro Social-Me- dia-Engagement genannt werden, lauten: Es wird so oder so über Unternehmen getwittert oder gepostet – es ist also besser, an der Diskussion teilzunehmen und somit die Chance zu wahren, sie zumindest mit- zugestalten. Proaktivität helfe beispielsweise, den unübersehbaren Auswirkungen kollektiver öffentlicher Entrüstung ("Shitstorms") vorzubeugen und so das Schlimmste zu verhindern. In der Regel wird dieses Passivitätsrisiko aller- dings überschätzt. Ganz selten nur nimmt der Buzz im Netz wirklich bedrohliche Formen an – die wahre Ge- fahr lauert woanders: Bei Untätigkeit, und das ist der eigentliche Impuls für professionelles Social-Me- 71% dia-Engagement, können sich die Machtverhältnisse zwischen Konsumenten und Unternehmen nachhaltig und unwiderruflich verschieben. der Smartphone- und Tablet-Besitzer nutzen ihr mobiles Die Vernetzung habe Kunden mündiger, anspruchs- Endgerät, um auf Social Media zuzugreifen. voller und selbstbewusster gemacht, heißt es – als Be- weis werden z.B. reichweitenstarke Verbraucherforen oder das Showrooming-Phänomen (Kunden gucken im Laden, kaufen im Netz) genannt. Aber erodieren Kon- trolle und Macht der Unternehmen im Zeitalter von So- cial Media tatsächlich? Droht beispielsweise Werbe- treibenden ein Bedeutungsverlust, weil Kampagnen sich verselbstständigen und Kunden kaum noch steu- erbar sind? Oder wird diese Entwicklung konterkariert durch jene Datenspur, die Kunden hinterlassen und die Unternehmen nie da gewesene Einblicke in nahezu alle Lebensbereiche ermöglichen? 6 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media Auf einen Nenner gebracht: Definiert man Macht als genüber Unternehmen verschaffen, die es nicht oder die Fähigkeit, soziale Beziehungen zu kontrollieren, nicht hinreichend gelernt haben, auf der Klaviatur von dann nimmt die Macht der Konsumenten im Web 2.0 Social Media zu spielen. tendenziell tatsächlich zu. Gleich mehrere Faktoren spielen hier eine wichtige Rolle: 3. Social Media sind eine Schlüssel- Aggregation der Nachfrage. Konsumen- fähigkeit. ten können im Social Web ihre Nachfrage bündeln, um z.B. Rabatte durchzusetzen – und sich jenseits aller In Summe stellen Social Media aus unserer Sicht weni- technischen, geografischen oder kulturellen Grenzen ger eine Bedrohung von Unternehmenssouveränität, zusammentun. Handlungsautonomie und Markenidentität dar als Reduktion der Informationsasymmetrie. vielmehr die Chance, die eigene Performance in zwei Durch leicht zugängliche Leistungsdaten und Produkt- Dimensionen nachhaltig zu verbessern. beurteilungen, Vergleichsportale und elektronische Kundenorientierung. Traditionelle Organi- Mundpropaganda (eWord of Mouth) nimmt die Infor- sationen leiden darunter, dass bei wichtigen Ent- miertheit der Verbraucher zu. scheidungen oftmals nicht derjenige mit am Tisch Nutzung von Netzwerkeffekten. Inhalte sitzt, um den es geht: der Kunde. Social Media schaf- können sowohl schneller geteilt und verbreitet als auch fen neue Möglichkeiten der Interaktion mit Kunden angereichert und modifiziert werden. Das Social Web (siehe den folgenden Abschnitt), ja sie bieten die wirkt also nicht nur als Beschleuniger und Multiplikator, Chance, das eigene Unternehmen in eine kundenzen- sondern verändert Kommunikation auch qualitativ. trierte Organisation zu transformieren. Aktivierung der Teilnehmer. Durch Parti- Für diesen tief greifenden Wandel muss erst ein zipation und Vernetzung entstehen neue Möglichkeiten Bewusstsein geschaffen werden. Es gilt, die oft als der Bündelung, Mobilisierung und Strukturierung von bedrohlich wahrgenommene neue Machtposition des Ressourcen. Die Macht der Vielen lässt neue Markt- gut informierten Kunden ins Positive zu wenden und plätze entstehen – Stichwort Sharing Economy – und Social Media als Angebot zu verstehen, mit ihm oder führt zu Geschäftsmodellen, die auf dem Wissen und ihr in einen Dialog zu treten und seine bzw. ihre wirkli- dem Mitwirken der Kunden beruhen (Crowd-based Bu- chen Bedürfnisse zu erfragen. Jedes Kundenproblem siness Models). ist eine Geschäftschance! Und was bietet Mitarbeitern Macht wird also im Internet demokratisiert und zu- mehr Befriedigung, als ein Kundenproblem gelöst gleich auch instabiler, denn die Sentiments der User zu haben? sind nicht kontrollier- und kaum steuerbar. Das Um- Zugleich sind Unternehmen der Macht der Vielen feld, in dem Marketing heute arbeitet, gleicht einem nicht hilflos ausgeliefert, im Gegenteil: Zum einen Flipperspiel mit unvorhersehbarem Verlauf. wissen sie heute sehr viel mehr über ihre Kunden als Dass Kunden sich immer mehr Gehör verschaffen, jemals zuvor, was den Kontrollverlust zum Teil kompen- ja zum Initiator markenrelevanter und imagebeeinflus- siert. Zum anderen können sie den Nachrichtenstrom sender Kampagnen wie United Breaks Guitars werden, beeinflussen oder sogar in die gewünschte Richtung bedeutet für Unternehmen einen Kontrollverlust. Im lenken. Wer etwa regelmäßig interessante Inhalte Extremfall drohen sie, in die Rolle von Moderatoren anbietet, baut sich über Zeit eine Community loyaler oder gar Zuschauern abgedrängt zu werden, ohne wirk- Follower auf, die in kritischen Situationen als Schutz- lichen Einfluss auf die Weiterentwicklung ihrer Marken- wall wirkt, ohne dass ein Unternehmen überhaupt aktiv story. Zugleich können sie aber neue Möglichkeiten in Erscheinung treten müsste. nutzen, mit Kunden oder auch mit Mitarbeitern zu Der Wert einer solchen Community ist kaum in Geld kommunizieren und sich so Wettbewerbsvorteile ge- aufzuwiegen. Roland Berger Strategy Consultants 7
think act social media Erstens wirken engagierte Kunden oder einfluss- sprechende Plattformen, z.B. ein Social Intranet, nicht reiche Shopper weit über ihr eigenes Netzwerk hinaus angenommen. als Markenbotschafter. Videoblogger wie Bethany Für beide Dimensionen, Kundenorientierung wie Mota oder Sami Slimani erlangen durch die Reich- Wissensmanagement, relevant ist schließlich der dritte weite ihrer Tutorials den Status von Stars – zum beider- Erfolgsfaktor: die Good Governance von Social Media. seitigen Vorteil: Während ein Unternehmen glaubwür- Als Grundregeln können gelten: dig, weil authentisch beworben wird, kann der Urheber > Plattformen, die auf Offenheit, Selbstregulierung und von User-generated Content sich selbst verwirklichen implizite Regeln setzen, erhöhen das Engagement der und den eigenen Bekanntheitsgrad steigern. Beitragenden. Zweitens bildet eine Community loyaler Follower > Die empfundene Fairness des Governance-Systems aber auch ein hochsensibles Frühwarnsystem: Welche wirkt sich auf Effektivität und Langlebigkeit einer Com- Gefahren einer Marke drohen, welche Trends im munity aus. Kommen sind oder welche neuen Technologien sich > Gamification, also die Belohnung von Beiträgen durchsetzen werden, erfahren die gut verdrahteten durch Badging, Ranking oder andere nicht monetäre Digital Evangelists als Erste. Unternehmen, die auf Anreize, ist ein Muss. eine enge und regelmäßige Interaktion mit engagier- > Nutzer müssen Beiträge anreichern können, z.B. ten und/oder einflussreichen Kunden via Social Media durch liken, kommentieren, taggen oder bebildern. Ein setzen, verbessern somit entscheidend ihre Agilität solches Media Enrichment sollte gefördert und belohnt und Adaptivität. werden. Wissensmanagement. Ebenso hoch zu ver- > Die Königsdisziplin ist kollaboratives Engagement. anschlagen wie die Vorteile einer höheren Kunden- Mehr Wert noch als die bloße Weiterverbreitung von und Marktorientierung ist der Nutzen, den Firmen Inhalten schafft ihre gemeinsame Urheberschaft, Ver- durch die Kombination aus Partizipation und Vernet- vollständigung oder Modifikation. zung im Wissensmanagement erzielen können. Durch Am wichtigsten aber: Sowohl aufgrund ihrer Ziel- interdisziplinäre und crossfunktionale Zusammenar- setzung – mehr Kundenzentrierung, besseres Wissens- beit in Verbindung mit neuen Customer Insights ver- management – als auch durch ihre Tragweite – das bessert sich insbesondere das Innovationsmanage- Thema geht alle Bereiche eines Unternehmens an – ment. Welche Chancen sich hier eröffnen, stellen wir in sind Social Media eine strategische Herausforderung. These 7 ausführlicher dar. Deshalb müssen sich die Ziele eines Social-Media-En- Social Media sind somit weit mehr als ein Marke- gagements zwingend aus der Unternehmensstrategie tingtool. Sie sind ein Enabler für all jene Menschen, ableiten. So trivial dies klingt, so selten entspricht es Prozesse und Systeme eines Unternehmens, die mit der Realität: Lediglich 17% der Unternehmen, so der 2 Kunden oder Wissen zu tun haben. Also für sämtliche State of Social Business Report 2013 von Altimeter, "Value-adding Capabilities". agieren bei Social Media wirklich strategisch. In dieser Dennoch gibt es immer noch Unsicherheit: Unter Ableitung der Herangehensweise aus den Geschäfts- welchen Voraussetzungen trägt ein Social-Media- zielen liegen die größten Potenziale für einen effektiven Engagement von Unternehmen wirklich Früchte? und effizienten Einsatz sozialer Technologien. Während wir in der Dimension Kundenorientierung Social Media sind zugleich ein Transformationsthe- die Sensibilisierung der Mitarbeiter und eine aufge- ma, das die gesamte Organisation bis in ihre letzten schlossene Geisteshaltung als erfolgskritisch erkannt Verästelungen betrifft und neue Formen der Kommuni- hatten, spielt im Wissensmanagement die Existenz von kation und innovative Wege der Zusammenarbeit erfor- Use Cases eine entscheidende Rolle: Ohne konkreten dert. Mit Schnellschüssen und Insellösungen ist es praktischen Nutzen für die Tagesarbeit werden ent- deshalb nicht getan. Doch ein ganzheitlicher, umfas- 8 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media "Der Mensch ist ein 'animal sender und konsequenter Ansatz lohnt sich. Egal ob es darum geht, gemeinsam Ideen zu finden, Probleme zu sociale'. Deshalb bewirken lösen oder Inhalte zu kreieren: Web-2.0-basierte Social Media einen Paradig- Modelle der Kollaboration erweisen sich traditionellen Organisationsformen gegenüber als eindeutig überle- menwechsel, der alle Unter- gen. Denn Social Media sind die einfachste Möglich- nehmen betrifft." keit, sich die Informationsverarbeitungskapazität von Prof. Dr. Charles F. Hofacker, Netzwerken, die Effizienz informeller Märkte und die Florida State Universit y Weisheit der Vielen zunutze zu machen. Sie schaffen das geeignete Kommunikations- und Wissensinstru- ment für eine Welt, in der Intelligenz immer verteilter und vernetzter ist. Das gilt zum einen für das Unterneh- "Social Media sind men selbst und seine Mitarbeiter, zum anderen auch für seine Kunden. Nur ein Beispiel: Viele Urheber von wie eine riesige User-generated Content erfüllen heute mühelos das Gladwell-Kriterium von 10.000 Stunden intensiver Be- Cocktailparty (…) schäftigung mit einem Thema und können auf ihrem Gebiet als anerkannte Experten gelten. Sie sind damit Hören Sie aufmerk- ein Machtfaktor und Innovationstreiber, den Unterneh- men nicht ignorieren dürfen. sam zu, seien Sie 4. Social Media ermöglichen neue offen und authen- Formen der Kundeninteraktion. tisch, erzählen Eben weil sich die Rolle von Kunden (und Wissensträ- gern) durch Social Media ändert, muss die Interaktion Sie großartige mit ihnen auf eine neue Grundlage gestellt werden: weg von Passivität, Massenansprache und Berieselung Geschichten – und mit standardisierten Inhalten, hin zu Austausch, Dialog und Co-Kreation. Mit anderen Worten: Der Kunde soll Sie werden ihr nicht mit einseitigen Werbebotschaften beschossen und/oder bespaßt werden, er soll vielmehr mit dem Mittelpunkt sein." Unternehmen in eine (möglichst dauerhafte und profi- table) Beziehung treten. Somit ändert sich auch die Rolle des Marketings Dave Kerpen, CEO Likeable Media grundlegend. Es muss mehr denn je einen inhaltlichen Mehrwert jenseits einfacher Produktwerbung bieten. Es geht nicht (mehr) um kurzlebige Effekthascherei und eine reine Abverkaufslogik, sondern um das bes- sere Verständnis dessen, was den Kunden wirklich bewegt. Dies bedeutet zunächst einmal – und vor allem: zuhören, zuhören, zuhören. Dabei sind auch und gerade kritische Stimmen zuzulassen, denn in ihnen Roland Berger Strategy Consultants 9
think act social media stecken oft die wertvollsten Informationen, wie sich differenzieren – nach individuellen Präferenzen, nach Produkte oder Dienstleistungen verbessern lassen sozialem Umfeld, nach persönlicher Situation des oder welche ungenutzten Geschäftschancen es in ei- Kunden. Und nicht nur nach Umsatz oder Profit. nem Markt gibt. So gilt es insbesondere, das unterschiedliche Maß Wie bei anderen Marketingkanälen auch treten hier an Engagement für ein Produkt, ein Unternehmen oder Zielkonflikte auf: Werden Social-Media-Plattformen eine Marke zu honorieren. Ebenso wie Vernetzungs- primär mit Blick auf ihre Kundenattraktivität gestaltet, grad oder Verbindungsstärke jedes Akteurs muss sich dann leidet darunter möglicherweise der unmittelbare dieses Engagement im Gesamtwert eines Kunden wi- Nutzen für den Vertrieb. Steht umgekehrt die Verkaufs- derspiegeln: Eine profunde Produktreview etwa schafft absicht im Vordergrund, so wird kaum ein Kunde den für ein Unternehmen selbst dann einen hohen Mehr- Köder fressen – es sei denn, man steigert die Attrakti- wert, wenn sie zunächst von nur wenigen Nutzern wahr- vität des neuen Kanals durch kostspielige Rabattaktio- genommen wird. (Co-)Kreation oder Anreicherung von nen. Nicht zuletzt gilt es – wie immer beim Aufbau web- Inhalten sind in aller Regel deutlich höher zu bewerten basierter Plattformen – zu vermeiden, dass ein Kanal als ein schwaches und meist unverbindliches Engage- den anderen unnötig kannibalisiert. Social CRM erfor- ment in Form von Likes oder Shares. Und Produktwis- dert deshalb ein integriertes Management von Interak- sen und Empfehlungsverhalten sollten mindestens im tionen unterschiedlicher Häufigkeit und Intensität an selben Maße in den Bewertungsalgorithmus einfließen allen Kontaktpunkten, und zwar über den gesamten wie die Kundenhistorie. Lebenszyklus eines Kunden hinweg. Für Unternehmen, die Social-Media-Marketing be- Wie kann die Erfüllung einer so komplexen Anforde- treiben, bedeutet dies zweierlei: rung gelingen? Und welche Faktoren sind dabei zu > Zum einen sollten sie nicht bei einfachen Werbefor- berücksichtigen? Um eine nachhaltig tragfähige CRM- men stehen bleiben, die zwar Aufmerksamkeit schaf- Strategie für das Social Web formulieren zu können, fen, aber keine Interaktion und erst recht keine echte sind zunächst einmal zwei Punkte von entscheidender Bindung ans Unternehmen. Denn damit wird der mög- Bedeutung: liche Kundenwert nur unzureichend abgeschöpft. Grad des Kundenengagements. Der Un- > Zum anderen sollten sie nicht der Versuchung erlie- terschied zum traditionellen CRM liegt darin, dass Kun- gen, ausschließlich den Output (Inhaltsvolumen) zu den vom Objekt zum Subjekt werden: Sie sind heute messen und den Outcome (Inhaltswert) zu vernachläs- nicht mehr passiver Adressat von Marketingaktivitäten, sigen. Denn ein Like alleine schafft kaum Mehrwert sondern engagieren sich freiwillig und oft sogar unauf- und auch Shares werden in der Regel systematisch gefordert für ein Produkt, eine Marke, eine Organisati- überschätzt. on oder ein Unternehmen (so wurde die Facebook- Neben dem Grad des Kundenengagements ist im Community der Bundeswehr von einem Privatmann Social CRM auch der Beziehungsstatus zwischen Kun- aufgebaut und erst zwei Jahre und 200.000 Likes de und Unternehmen zu berücksichtigen. später von der Social-Media-Truppe der Hardthöhe Lebenszyklen von Kundenbeziehungen. übernommen). Indem sie andere beeinflussen, ihnen Das traditionelle CRM unterscheidet zwischen An- Empfehlungen aussprechen oder altruistisch ihr bahnung (Acquisition), Aufrechterhaltung (Retention) Wissen zum Nutzen aller einbringen, erhöhen diese und Beendigung (Termination) eines Kundenverhält- engagierten Unterstützer ihren Wert für ein Unterneh- nisses. Diese Unterscheidung dreier Phasen der men. Einfluss und Bedeutung reichen somit weit über Kundenhistorie erscheint beim Social CRM nur mehr ihr Verhalten als Kunde hinaus. bedingt sinnvoll. Ein einfaches Beispiel: Bieten Unter- Für Unternehmen folgt daraus ein Handlungsauf- nehmen im Rahmen einer Promotion attraktive Kondi- trag: Sie müssen ihre Interaktion stärker als bisher tionen für Neukunden an, enthalten diese aber ihren 10 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media C die dont's der + social-media-kommunikation Die häufigsten Fehler Wie man es besser macht Kunden werden mit Werbebotschaften Auf spontane Mundpropaganda zugemüllt und wenden sich vom Nicht vertrauen – attraktive, interessante Unternehmen ab. SPAMMEN! Inhalte setzen sich (fast) immer durch! Selbstbezogene oder unpersönliche Bescheiden aufzutreten, das Kunden- Botschaften schaffen keine Anknüp- Nicht interesse voranzustellen und sich auf fungspunkte. LANGWEILEN! Erfahrungen und Ideen der User zu beziehen, kommt gut an. Unangenehme Fragen auszusparen, Sympathisch wirken Unternehmen, hemmt den Kundendialog. die Transparenz schaffen (ohne zu viel Nicht preiszugeben), Fehler einräumen und VERSTUMMEN! Probleme schnell und unbürokratisch lösen. Mitarbeiter können sich bei geschäfts- Wer Mitarbeiter dazu anhält, unzufrie- kritischen Prozessen nicht mit eigenen Nicht dene Kunden zu identifizieren und Ideen einbringen. interne Kümmerer zu benachrichtigen, EntMUTIGEN! schafft Motivation und Engagement. Mitarbeiter erhalten einen Maulkorb Geeigneten Mitarbeitern ist es erlaubt, und dürfen nicht öffentlich kommuni- Nicht öffentliche Kontakte zu pflegen und zieren. VERBIETEN! durch kontrollierte Lecks Informationen zu streuen. Roland Berger Strategy Consultants 11
think act social media Bestandskunden vor, so werden Letztere möglicher- filter zu landen oder gar Kunden dauerhaft zu ver- weise mit Vertragskündigung und/oder negativer graulen. Mundpropaganda drohen – der Schaden wäre ins- Im Idealfall schaffen Social Media durch kundenin- besondere bei hochengagierten und gut vernetzten dividuellen Dialog eine enge persönliche Bindung an Kunden immens. das Unternehmen und rücken den Traum eines jeden Die klassische Unterscheidung zwischen Acquisi- Marketers in Reichweite: eine Eins-zu-eins-Beziehung tion und Retention ist beim Social CRM also hinfällig – zum Kunden aufzubauen und so Streuverluste nahezu diese beiden Phasen im Lebenszyklus einer Kunden- vollständig zu eliminieren. Bei Amazon z.B. besteht die beziehung müssen künftig gemeinsam betrachtet und Startseite schon heute zu etwa zwei Dritteln aus maß- gemanagt werden. geschneiderten Inhalten und bei Facebook sieht kein Deutlicher abgrenzen lässt sich Phase drei, die Be- Newsfeed aus wie der andere. Von "Brick and Mortar endigung einer Geschäftsbeziehung. Hier bieten Social Stores" werden diese Möglichkeiten der Individualisie- Media die wohl größten Chancen zur Beeinflussung rung bislang nur unzureichend genutzt. des Kundenverhaltens. Denn für eine bevorstehende Doch mit einer differenzierten Kundenkommuni- kundenseitige Vertragskündigung liefern Netzdaten kation und einem intelligenten Management von klare Anhaltspunkte – mit der Möglichkeit, bei ersten Kundenbeziehungen ist es nicht getan. C Damit Anzeichen gezielte Gegenmaßnahmen einzuleiten und Social CRM in der Praxis funktioniert, bedarf es weite- die Wechselraten signifikant zu verringern. Im Falle ei- rer Voraussetzungen: ner unternehmensseitigen Beendigung des Geschäfts- Big Data Management. Social Media generie- verhältnisses wiederum ist es ratsam, sorgfältig abzu- ren Unmengen an Daten über Kunden. Wer aus diesem wägen: Um negative Mundpropaganda zu verhindern, – größtenteils unstrukturierten – Rohmaterial echte kann es trotz mangelnder Profitabilität sinnvoll sein, Customer Insights herauslesen kann, verschafft sich einflussreichen und reichweitenstarken Kunden nicht die Möglichkeit, seine Entscheidungen auf Basis von zu kündigen. Evidenz statt Intuition zu treffen. Denn die Zeit des Auf Basis dieser beiden Dimensionen – Grad des Bauchgefühls ist im Marketing unwiderruflich vorbei! Kundenengagements und Lebenszyklen von Kunden- Empowering Culture. Mitarbeiter müssen beziehungen – lässt sich eine Social-CRM-Strategie Social Media leben und atmen. Unternehmen brauchen definieren, die den Customer Lifetime Value (CLV) einerseits Analysespezialisten mit entsprechenden großflächig erhöht. Mehr noch: Nicht nur der CLV lässt Skills, um Daten methodisch zu durchdringen, zu inter- sich optimieren – zugleich wirken sich Social Media po- pretieren und geschäftlich nutzen zu können. Und sie sitiv auf Kennzahlen wie Customer Influence Value brauchen andererseits qualifizierte und bevollmächtig- (CIV) aus. Durch Netzwerkeffekte schaffen sie Wert te Mitarbeiter im Kundenkontakt, die innerhalb definier- weit über die einzelne Kundenbeziehung hinaus – und ter Leitplanken (Codes of Conduct) große Freiräume werden somit "A Gift that Keeps on Giving". nutzen können, um ein Kundenproblem zu lösen. Zwar hat eine solche Strategie auch Grenzen: All- Leadership. Social Media müssen das gesamte zu aufdringliche Formen von personalisierter Wer- Unternehmen durchdringen. Jeder Mitarbeiter mit Kun- bung oder Empfehlungsmarketing werden als mani- denkontakt muss befähigt sein, sie zu nutzen. Idealer- pulativ wahrgenommen. Zugleich haben es Unter- weise geht das Topmanagement mit gutem Beispiel nehmen aber selbst in der Hand, durch "Engaging voran. Denn wer sich selbst einbringt und Social Media Content" für den Kunden einen Mehrwert zu schaffen, als Führungsinstrument nutzt, hat stärkeren Einfluss der sich von den Massenmailings und Werbesendun- und ist ein effektiverer Leader. Einer aktuellen Studie gen klassischer Outbound-Strategien abhebt und zufolge bestätigen 70% aller Mitarbeiter diesen 3 so verhindert, mit den eigenen Botschaften im Spam- Zusammenhang. 12 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media Ergebnismessung. Manche Skeptiker über- tragen das sogenannte Produktivitätsparadoxon der IT "Wie Menschen sinngemäß auf das Web 2.0: "We see social media everywhere except in ROI statistics." Doch besteht zu eine Kampagne oder solcher Kritik kaum Anlass, wie wir in Abschnitt 9 sehen werden: Längst gibt es für das Social Media einen Tweet verstehen Measurement anerkannte Kennzahlen. Unternehmen, die sich an diesen Best Practices oder aufnehmen, orientieren, müssen sich um ihr Social-Media-Mar- keting nicht sorgen: Bald werden sich die positiven lässt sich trotz aller Effekte in ihrer Bilanz zeigen. Selbst Krisen können sie Umsicht nicht immer zu ihrem Vorteil nutzen, z.B. um Customer Insights zu generieren, Produkte zu verbessern oder neue Ge- vorhersagen. Dieses schäftsmodelle zu entdecken. Und auf diese Weise mit ihren Kunden in einen engen und dauerhaften Dialog Risiko muss man zu treten. kennen, bedenken 5. Social Media beeinflussen das Kaufverhalten – direkt und, stärker und akzeptieren. noch, indirekt. Und im Falle des Wie schon das Web 1.0 haben Social Media – aller- dings im Zeitraffer – einen Reifeprozess durchlaufen, an Misserfolgs daraus dessen Anfang eine Phase des Experimentierens stand, lernen." geprägt von einer "Culture of Giving". Ihr folgte eine Art Michael Weinreich, Vorstandsmitglied Goldrausch mit überzogenen Kommerzialisierungser- Arvato, Bertelsmann Group wartungen. Als diese zerplatzten, setzte sich in Phase drei eine realistische Einschätzung der Chancen des Mediums durch. An diesem Punkt stehen wir heute. Bei der Frage, wie sich Social Media zur Ankurbe- lung des Verkaufs nutzen lassen, ist unter Marketers spürbare Ernüchterung eingetreten. Untersuchungen in den USA zeigen, dass beispielsweise die Zahl der Social-Media-induzierten Online-Verkäufe am Black Friday bislang nicht über die 1%-Schwelle hinauskam. Und auch die Hoffnung von Facebook, auf Basis des Surfverhaltens seiner Nutzer außerhalb der eigenen Domain treffgenaue Anzeigen neben dem Newsfeed zu schalten, hat sich nicht erfüllt. Das Unternehmen "F-Commerce" darf insofern als gescheitert gelten, als viele Einzelhändler wie Nordstrom oder GAP ihre Face- book-Shops wieder geschlossen haben. Nicht zuletzt, weil sich gezeigt hat, dass E-Mail-Marketing bei der Roland Berger Strategy Consultants 13
think act social media Conversion Rate um den Faktor drei besser abschnei- enced by, an individual's social network in compu- det als Social Media. ter-mediated social environments". Was bedeutet das? Viel Lärm also um nichts? Nicht ganz. Denn der Erhöht es die Kaufwahrscheinlichkeit, wenn ein Konsu- indirekte Einfluss von Social Media auf das Kaufver- ment auf Facebook eine Marke liked? Gibt es mögli- halten ist durchaus signifikant. Soziale Interaktion cherweise Langzeiteffekte jenseits simpler Kausalitä- kann den Verkauf tatsächlich fördern und die Tatsa- ten, die in Studien keinen Widerhall finden? Und wel- che, dass heute 90% aller Kaufentscheidungen in ches soziale Medium eignet sich für welchen Zweck? irgendeiner Weise sozial beeinflusst sind, lassen auf Tatsache ist, dass sich Markenwahrnehmung und ein bislang ungenutztes Potenzial schließen. Zumin- Kaufentscheidungen über Social Media und eine ent- dest, wenn man nicht nur den finalen Geschäftsab- sprechende Consumer Influence Metrics beeinflussen schluss, sondern die gesamte Customer Journey be- lassen. Empirische Studien untermauern diesen Be- trachtet. Weitet man den Blickwinkel, so wird deutlich, fund, wenngleich der Zusammenhang je nach Produkt dass bereits mehr als 6% der deutschen Kunden ihre und Stufe im Kaufprozess unterschiedlich stark ausge- Kaufentscheidungen von Informationen aus sozialen prägt scheint. Die wesentlichen Erkenntnisse lauten: Medien abhängig machen. D Je nach Branche kann > Bedarfsweckung (Need Recognition) funktioniert ins- dieser Einfluss sogar auf fast 10% steigen, z.B. bei besondere bei imagebildenden Produkten. Medienprodukten oder Restaurants. > Die Beeinflussung in der Informations- und Auswahl- Social Commerce bezieht sich per definitionem auf phase (Pre-Purchase Activities) ist vor allem bei Pro- "exchange-related activities that occur in, or are influ- dukten mit hohem Anschaffungsrisiko wirkungsvoll. D Wie Social Media den Konsumenten beeinflussen Bedeutung verschiedener Kanäle für die Kaufentscheidung 5,0% Öffentliche Werbung 20,2% Mundpropaganda (–) 18,4% (0) Informationen am Verkaufspunkt (k.A.) 5,0% Social Media Direktmarketing (––) 2,9% Produktbewertungen (+) 6,2% 2,0% Mundpropaganda (+) 11,6% (––) 1,4% Persönliche 5,0% Werbung Verkaufsberatung (–) TV (+) 3,2% (++) Radio 6,9% 18,5% Zeitungen & Zeitschriften Klassisches Internet (++) = +10% (+) = +5% (0) = ± 2% (–) = -5% (––) -10% Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: German Digitalization Consumer Report, repräsentative Umfrage unter dt. Internetnutzern im Dezember 2013 (Vorgängerstudie: Juli 2012) 14 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media > Die Beeinflussung in der Entscheidungsphase "soziale" Komponente eines Kaufs (z.B. bei Geschen- (Purchase Decision) erscheint bei Produkten mit gro- ken), desto gewichtiger die Mundpropaganda. ßem Anschaffungsaufwand vielversprechend. After Sales. Nach Abschluss einer Transaktion > Die Beeinflussung in der Nachverkaufsphase (Post- bleibt das Word of Mouth von Bedeutung. Jetzt ist die Purchase Activities) ist vor allem bei starker Produkt- Zeit, seine Zufriedenheit oder Enttäuschung kund- identifikation und hoher Erwartungserfüllung möglich. zutun. Eine positive Kundenerfahrung wird geteilt, Klar ist allerdings, dass Kaufprozesse nicht (mehr) Besitzerstolz zum Ausdruck gebracht, aber umgekehrt linear verlaufen, sondern in vielen iterativen Schleifen. auch Ärger und Frustration abgeladen, wenn Produkt Aus bis zu 30 Stationen besteht heute eine Customer oder Service die Erwartungen nicht erfüllen. Stark ins Journey E von der ersten Erwägung bis zum (ggf. wie- Gewicht fallen diese geteilten Glücksgefühle oder derholten) Kauf, an jeder einzelnen davon kann die Unmutsbezeugungen dann, wenn Produkte einen Conversion unwiderruflich scheitern. Aber an jeder ein- hohen Identitätswert haben, ihre Käufer also darüber zelnen davon besteht auch die Chance, den Kunden im mit Bekannten ins Gespräch kommen oder sogar ihren eigenen Sinne zu beeinflussen. eigenen Lebensstil definieren. Bedarfsweckung. Soziale Signale – was kau- Wie diese stufenweise Beeinflussung im Social fen andere, worüber wird gesprochen, welches Image Commerce der Zukunft aussehen kann, demonstriert hat ein Produkt – nehmen im Kaufprozess immer grö- z.B. About You, ein Online-Modehandel auf Basis sozi- ßeren Raum ein, gerade in der Bedarfsweckungspha- aler Technologien, betrieben von der Hamburger Otto se. Besonders groß ist dieser Einfluss bei Produkten, Group. Fashionistas können in "ihrer" Boutique aus ei- die öffentlich konsumiert werden oder eine starke ner Vielzahl an Apps wählen (bzw. diese selbst erstel- Außenwirkung haben, z.B. Luxusgütern und Status- len und Freunde einladen) und bekommen dann Ange- symbolen. Und besonders stark erscheinen die Chan- bote, die aufgrund von Präferenzen, Einkaufsverhalten cen einer Einflussnahme in Netzwerken, die eine hohe oder Empfehlungen exakt ihrem persönlichen Stil ent- Bindungsstärke ihrer Mitglieder aufweisen. sprechen – bis hin zu Outfit-Vorschlägen für bestimmte Information und Auswahl. Die Anschaf- Anlässe oder Clubs. fung teurer Güter ist mit hohen Risiken verbunden, und Egal in welcher Kaufphase: Besonders groß sind zwar nicht nur in Bezug auf Leistung und Qualität. die Möglichkeiten der Einflussnahme, wenn eine starke Ebenso schwer wiegt das psychologische Risiko eines soziale Bindung besteht, also eine hohe Tie Strength. "nicht standesgemäßen" Kaufs oder das finanzielle Social-Media-Marketing auf Plattformen, über die Risiko einer Fehlinvestition. Gerade jetzt ist der Kaufin- enge Freundschaften gepflegt werden, erscheint von teressent auf unabhängige Informationen angewiesen, daher erfolgversprechender als kommerzielle Aktivitä- um diese Risiken zu minimieren. Die größte Wirkung ist ten in beruflichen Netzwerken. Allerdings um den Preis, zu erwarten, wenn unabhängige Reviews, Ratings oder dass Werbung hier als aufdringlich, ja sogar als Haus- Empfehlungen, auf die er seine Auswahl stützt, aus friedensbruch wahrgenommen werden kann. dem engsten Freundeskreis kommen. Denn eines bleibt zentral für einen Verkaufsab- Kaufentscheidung. Beim eigentlichen Kauf schluss: das Vertrauen des Kunden zu gewinnen und tritt eine einfache Kosten-Nutzen-Abwägung in den nachhaltig zu stärken. Allen Versuchen, aus sozialen Vordergrund: Wie aufwendig ist der Versuch, ein Pro- Verknüpfungen virtuelle Shopping-Center zu machen, dukt zu erwerben, im Vergleich zum erhofften Vorteil? setzt dies natürliche Grenzen. Zu den Gewinnern gehö- Jetzt kommt es auf besonders vertrauenswürdige und ren werden dagegen jene Unternehmen, die es schaf- idealerweise personalisierte Informationen an, die eine fen, über Social Media eine Kundenbeziehung zu inten- Entscheidung stützen und den Aufwand reduzieren. Je sivieren und diese nicht durch penetrante Verkaufs- höher die Anschaffungskosten und je ausgeprägter die absichten wieder aufs Spiel zu setzen. Roland Berger Strategy Consultants 15
think act social media 6. Social Media verändern die Klicks sind unverbindlich und von daher nur bedingt Markenführung grundlegend. ein zur Erfolgsmessung taugliches Kriterium. Was aber macht Social-Media-Marketing letzten Eine wesentliche Veränderung beim Social-Media- Endes kommerziell erfolgreich? Wie gelingt es, zu- Marketing besteht darin, dass die Markenmanager nächst einmal Aufmerksamkeit zu generieren – und nicht mehr – oder zumindest nicht mehr in vollem Um- diese dann möglichst in Kaufabsicht und Kundentreue fang – Herr des Verfahrens sind. Wie eine Marke wahr- umzumünzen? Und wie lassen sich Risiken managen genommen und eine Brand Story weiterentwickelt und mögliche Negativeffekte vermeiden oder zumin- wird, darüber entscheiden heute (auch) die User. Ja, dest eingrenzen? Diesen Fragen wollen wir im Folgen- sie kreieren immer öfter eigene, sich von der ursprüng- den nachgehen. lichen Intention der Markenmanager entfernende Was gehört zu einer Brand Story? Um Brand Stories. Social Media haben – und dieses Ge- zu funktionieren, braucht jede Geschichte drei Zutaten: fühl versetzt manchen Traditionalisten in Panik – einen einen Plot mit handelnden Personen, einen Span- schleichenden Kontrollverlust in Gang gesetzt. Eine nungsbogen mit einem (möglichst dramatischen) Wen- Brand Story gehört nicht mehr (allein) einem Unterneh- depunkt sowie einen (idealerweise überraschenden) men. Fans und Kunden werden ein Teil von ihr – auch Ausgang, der mitfühlen lässt und sich beim Rezipien- auf die Gefahr hin, dass (intendierte) Markenidentität ten einbrennt. Ein Narrativ, das diese Anforderungen und (tatsächliches) Markenimage auseinanderdriften. erfüllt, kann dazu beitragen, eine Brand Story bewusst Diese Nachteile oder zumindest Risiken von zu machen, ihr Verständnis zu erleichtern und sie mit Social-Media-Marketing werden durch die Vorteile Bedeutung zu füllen. und Chancen mehr als aufgewogen. So lässt sich durch Wer sind die wichtigen Akteure? Waren geschickt platzierte, viral verbreitete Werbebotschaf- Brand Stories in der Vergangenheit in der Regel das ten in kürzester Zeit ein Millionenpublikum erreichen. Produkt von Marketingstrategen und bezahlten Krea- Ein Beispiel ist der Erfolg des "Supergeil"-Videos der tiven, so entstehen sie im Social-Media-Kontext in deutschen Supermarktkette Edeka. Der skurrile Elek- einem co-kreativen Prozess mit vielen Beteiligten, trobeat-Clip mit dem Berliner Künstler und Musiker darunter einzelne Konsumenten ebenso wie Kunden- Friedrich Liechtenstein in der Hauptrolle wurde binnen gruppen oder Intermediäre. Und gerade solche von einer Woche weltweit vier Millionen Mal angeklickt und Externen mitverfassten Brand Stories sind äußerst dy- fand sogar in US-Fachmedien starke Beachtung. Das namisch und können sich über Zeit stark verändern. Beste daran: Diese Art von Markenbotschaft und/oder Deshalb gilt es, engagierten Akteuren besonders viel Produktpräsentation ist vergleichsweise günstig, weil Aufmerksamkeit und Gehör zu schenken. teure Werbeplätze in Medien "Above-the-Line" entfal- Welche Mechanismen wirken? Auch die len. Und sie kann zugleich extrem wirkungsvoll sein, Gesetzmäßigkeiten, nach denen Brand Stories im So- weil sie oft authentischer, menschlicher und glaubwür- cial Web funktionieren, sind bekannt: Als besonders diger daherkommt als Hochglanzwerbung in Magazi- wirkungsvoll haben sich jene Kommunikationsstrategi- nen oder Traumweltdarstellungen in TV- und Kinospots. en erwiesen, die bewusst polarisieren ("wir gegen die") Allerdings, und das macht das Beispiel Edeka auch und solche, die das Underdog-Image einer Marke kulti- deutlich, besteht bei viralen Kampagnen im Netz die vieren ("klein gegen groß"). Zugleich verbreiten sich latente Gefahr, dass der User zwar die Werbung gut emotional aufgeladene und positiv besetzte Inhalte findet, aber nicht unbedingt das beworbene Unterneh- schneller und weiter als trocken-nüchterne oder nega- men. Die Gretchenfrage jeglicher Werbung, nämlich ob tiv-kritische Aussagen. Und nicht zuletzt gilt: Weniger sie beim Empfänger einen Kaufimpuls auslöst, stellt ist mehr. Zu offensichtlich gesteuerte und zu eindimen- sich auch und gerade im Social-Media-Marketing – sional konstruierte Kampagnen verfehlen ihren Zweck 16 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media "Die Möglichkeit, und wirken auf kritische Rezipienten möglicherweise sogar abstoßend. Geschichten mit einer starken Pointe Zielgruppen sehr dagegen funktionieren selbst dann, wenn sie nur einen kurzen und heftigen Moment der Freude auslösen. genau zu definieren Wie geht man mit Unwägbarkeiten um? Beim Umgang mit dynamischen Ereignissen aller Art und anzusprechen, und insbesondere bei der Reaktion auf negative Brand Stories haben sich ebenfalls Best Practices herausge- macht Werbung schält: Geht es darum, einen Sachverhalt abzustreiten, eignet sich dafür am besten eine analytische Form der auf Social-Media- Darstellung. Geht es dagegen darum, eine andere Sicht der Dinge darzulegen, erscheint ein Narrativ als Plattformen effizien- das geeignetere Format. In jedem Fall bedarf es dazu "Highly Empowered and Resourceful Operatives" ter als klassische (HEROes). Aufgabe dieser besonders geeigneten und speziell geschulten Mitarbeiter ist es, bei Social-Me- Werbeformen ohne dia-Krisen den Vorfall einzuschätzen (Assessment), das Problem anzuerkennen (Acknowledgement), eine vergleichbares angemessene Antwort zu formulieren und ggf. eine Kompensation anzubieten (Response) sowie diese Targeting." Entscheidung dann auch operativ umzusetzen (Imple- mentation). Oft können Unternehmen durch eine Dr. Lars Finger, Direktor E-Commerce, schnelle und unbürokratische Reaktion auf ein Nega- Otto Group tivereignis sogar an Profil gewinnen. Drei Faktoren er- scheinen hier als besonders wichtig: > Kunden zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzu- gehen. > Durch tiefes Verständnis des Umfelds eine Resonanz in der Zielgruppe zu finden. > Markenartefakte, soziale Rituale und kulturelle Ikonen zu schaffen, um auf diese Weise Kunden im Namen der Marke agieren zu lassen. In Bezug auf ihre Dynamik ähneln Social Media einem Flipperspiel, bei dem Unternehmen zwar Bälle in Form von Markenbotschaften abschießen, aber nicht die Richtung der Rebounds bestimmen oder gar den weiteren Spielverlauf vorhersehen können. Dennoch lohnt es sich, allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu ken- nen, jederzeit wachsam zu bleiben und auf mögliche Reaktionen vorbereitet zu sein. Tatsache ist, dass Social Media das Marken- management nachhaltig verändern. Die Stärken der Netzwerke – Offenheit, Allgegenwart und Reichweite – Roland Berger Strategy Consultants 17
think act social media E der Konsument im Social-Media-Zeitalter Beispiel für eine digital unterstützte Retail Customer Journey Daheim – vor dem Einkauf Benachrichtigung 1 Gewinnspiel auf 2 Registration auf 3 per E-Mail Facebook Händler-Website produktauswahl im laden Individuelle 11 10 Aushändigung Einladung zum Beratung gemäß Couponheft VIP-Shopping Kundenhistorie 12 verlassen des geschäfts Einlösung des 13 Dankes-E-Mail und 14 Digitaler Coupon 15 Rabattgutscheins für nächsten Punktegutschrift via QR-Code Einkauf 18 Roland Berger Strategy Consultants
think act social media Besser shoppen Digitale Medien ermöglichen neue Formen der Interaktion zwischen Kunde und Unternehmen – zum beider- seitigen Vorteil. Während der Kunde passgenaue Angebote erhält, erfährt der Anbieter wertvolle Details über Präferenzen und Kaufgewohnheiten seiner Klientel. Um den Datenschatz heben zu können, ist allerdings ein integriertes Management aller Kanäle und Kontaktpunkte erforderlich. Weg zum Shop Türschwelle des Shops Angebot 4 Download einer 5 Push-Nachricht von Loyalitäts- bei Betreten des Shopping-App punkten Ladens 6 Stöbern im Shop 9 Bestellung einer 8 Information über 7 Navigation durch Erfrischung spezielle Angebote Shop mit App daheim – nach dem einkauf Cross-Selling- 16 Print-Magazin des 17 Surfen auf Angebote aus Händlers Händler-Website Partnergeschäften Roland Berger Strategy Consultants 19
think act social media machen es für Marketers günstiger und einfacher, tern – bis hin zu den verbreiteten Fällen versteckter Konsumenten zu mobilisieren. Doch diese Stärken Obstruktion und innerer Kündigung – wenn nicht zu wirken potenziell in zwei Richtungen: Social Media lösen, so doch erheblich zu mindern vermag. können ebenso Buzz generieren wie "Shitstorms" Unternehmensweite Koll abor ation. entfachen. Den größten Nutzen ziehen jene Unter- Social Media revolutionieren schon heute zahlreiche nehmen, die es schaffen, ihre Marken als nahbar, Geschäftsprozesse. Dank benutzerfreundlicher menschlich und authentisch darzustellen ("A Brand Web-2.0-Technologien können Mitarbeiter unterneh- like a Friend"). Und die bereit sind, von einer übermä- mensweit miteinander in Kontakt treten, Informationen ßig gesteuerten Imagewerbung abzusehen und sich teilen und bewerten, Dokumente austauschen und ar- gegenüber Inhalten zu öffnen, die von Nutzern (co-) chivieren, ihr Wissen erweitern und auffrischen, sich kreiert und weiterverbreitet werden. Die Zukunft im gegenseitig informell unterstützen und gemeinsam In- Social Web gehört jenen, die sich partizipativ, kollabo- halte entwickeln. Dadurch werden Wissensarbeiter rativ und teilungsbereit zeigen. verschiedenen Untersuchungen zufolge um bis zu 25% produktiver. F Und sie haben die Chance – nahezu 7. Social Media revolutionieren die ohne Transaktionskosten und limitierende Faktoren Zusammenarbeit im Unternehmen. wie Hierarchien oder Dienstwege – auf einen stetig wachsenden und vollständig dokumentierten Wissen- Nutzen und Anwendbarkeit von Social Media werden, spool zuzugreifen, zu dem alle Einheiten und Regionen in Forschung wie Praxis, bislang vor allem im Marketing eines globalen Unternehmens beitragen. gesehen. Welche Chancen sich insbesondere in den Crossfunktionaler WissensauStausch. Dimensionen Kundeninteraktion, Kundenwert und Noch wichtiger aber als die mögliche Produktivitäts- Markenführung eröffnen, haben die vorhergehenden steigerung erscheint die qualitative Veränderung: Mit- Abschnitte gezeigt. Doch ein mindestens ebenso gro- arbeiter arbeiten in gemischten Teams ohne funktiona- ßes Wertschöpfungspotenzial liegt im innengerichte- le Barrieren; und sie verlieren sich nicht mehr in ten Einsatz von Social Media mit den Anwendungsfäl- kleinteiligen Prozessen, sondern verstehen Zusam- len unternehmensweite Kollaboration, crossfunktio- menhänge. Social Media können somit dazu beitragen, naler Wissensaustausch, interdisziplinäres Innovati- eines der größten Probleme der Organisationsentwick- onsmanagement, präadaptive Agilitätssteigerung lung zu lösen: die Überwindung der Silostruktur. Akteu- sowie aktivierendes Veränderungsmanagement. re denken häufig in Organigrammen und Besitzstän- Bei dieser Anwendung nach innen geht es, um den statt im Sinne des Gesamtunternehmens. Weil einem weit verbreiteten Vorurteil entgegenzuwirken, sich jeder selbst der Nächste ist, gehen Geschäfts- keineswegs um ein "Facebook for Business". Ganz im und Innovationschancen verloren. Mit sozialen Techno- Gegenteil: Der Wert von internen Social Media liegt we- logien dagegen wird das große Ganze sichtbar – was der in der Unterhaltung von Mitarbeitern noch im per- nicht nur den abteilungsübergreifenden Wissensaus- sönlichen Austausch als Selbstzweck. Nein, es geht tausch intensiviert, sondern auch die Chance erhöht, ganz konkret um die Senkung von Transaktionskosten dass alle Beteiligten ihre Gruppenegoismen hintenan- und die Verbesserung von Innovationsprozessen, um stellen und an einem Strang ziehen. "Not invented die Schaffung neuer Synapsen zwischen den Wissens- here" war gestern – es zählt nur noch der Beitrag zum trägern und die Anpassungsfähigkeit an ein sich verän- gemeinsamen Erfolg. derndes Geschäftsumfeld. Und nicht zuletzt mobilisie- Interdisziplinäre Innovation. Neues ent- ren Social Media auf organisationaler Ebene ein steht heute vor allem an Schnittstellen: Dort, wo Ideen Aktivierungspotenzial, das die Probleme der Entfrem- und Experten unterschiedlicher Wissensbereiche zu- dung und des mangelnden Engagements von Mitarbei- sammentreffen, wo Kenntnisse und Erfahrungen in 20 Roland Berger Strategy Consultants
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