EUROPA 2019 - Katholische Militärseelsorge
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Die Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr Soldat in Welt und Kirche 04I19 EUROPA 2019 © Designed by rawpixel.com / Freepik Reportage vor Ort: Lourdes-Wallfahrt: ISSN 1865-5149 58. Woche der Begegnung Anmeldungen noch bis „Veränderungen gestalten – Mitte April über Ihr Schritt für Schritt Katholisches Militärpfarramt! neue Wege wagen“
Editorial © KS / Doreen Bierdel Liebe Leserinnen und Leser. In der Zeit vom 7. bis 10. Juni 1979 fanden erstmals Di- Befürchtungen begründet, dass es auch dieses Mal nicht rektwahlen zum Europäischen Parlament statt. Neun Mit- besser aussehen wird. gliedstaaten bildeten damals die Europäische Union. 81 deutsche Abgeordnete, drei davon aus dem Berliner Abge- Wer die Gewinner und Verlierer bei einer niedrigen Wahlbe- ordnetenhaus gewählt, zogen bei einer Wahlbeteiligung von teiligung sein werden, das wird sich am Wahlsonntag mit 65,7 % ins Parlament ein. Simone Veil, eine französische Po- der ersten stabilen Hochrechnung zeigen. Viele befürchten, litikerin und Holocaust-Überlebende, wurde zur Parlaments- dass die Gewinner bei einer niedrigen Wahlbeteiligung die- präsidentin gewählt. jenigen politischen Gruppierungen sein werden, die sich mit populistischen, rassistischen und antieuropäischen Positi- Obwohl sich das Europaparlament Stück für Stück mehr onen an die Wählerinnen und Wähler wenden. Für viele Bür- Rechte und Kompetenzen erkämpfte, sank die Wahlbeteili- gerinnen und Bürger ist die Europäische Union (EU) mit ihren gung europaweit kontinuierlich, in manchen Mitgliedstaaten Organen und Institutionen nach wie vor ein „Buch mit sie- drastisch. Bei den letzten, den achten Direktwahlen 2014, ben Siegeln“. Meist wird sie gleichgesetzt mit „sinnlosem lag die Wahlbeteiligung bei 42,6 %. 28 Mitgliedstaaten um- Verwaltungs- und Regelungswahn“, mit „Wasserkopf“ und fasste damals die Europäische Union, die sich mit dem Ver- „Wanderzirkus“. Das sind allesamt Bezeichnungen – beilei- trag von Lissabon zeitgleich eine neue Grundlage schuf. be nicht vollständig – die nichts Gutes versprechen und we- nig Grund für eine optimistische Perspektive geben. Am 26. Mai finden in Deutschland die inzwischen neunten Direktwahlen zum Europäischen Parlament statt. Insgesamt Obwohl viele Bereiche unseres täglichen Lebens zwischen- 41 politische Vereinigungen, gemeinhin sind es Parteien, zeitlich durch Entscheidungen in Brüssel und Straßburg ge- treten zur Wahl an. Umfragen der „Forschungsgruppe Wah- regelt werden und mithin auch bestimmen, genießen diese len“ mit Sitz in Mannheim von Mitte März dieses Jahres zu- kaum wohlwollende Zustimmung. Als „zu fern und zu ano- folge, könnte die SPD Verluste von knapp 10 % erleiden und nym“ empfinden viele Bürgerinnen und Bürger in den Mit- die Partei „Bündnis 90 / Die Grünen“ einen Zugewinn von gliedstaaten der EU das politische Wirken der europäischen gut 8 % gegenüber den Wahlen von 2014 erzielen. Wie hoch Institutionen. Wie immer auch der Ausgang der diesjährigen die Beteiligung 2019 sein wird, das konnte die Forschungs- Wahlen sein wird – man wird wohl im neuen Parlament nicht gruppe nicht ermitteln. Geht man davon aus, dass die Wahl- mehr darum herumkommen zu fragen, was aus Europa wer- beteiligung seit 1979 kontinuierlich gesunken ist, sind die den soll. Josef König, Chefredakteur Impressum Herausgeber dingt die Meinung des Herausgebers KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche Der Katholische Militärbischof wieder. Für das unverlangte Einsenden ISSN 1865-5149 für die Deutsche Bundeswehr von Manuskripten und Bildern kann keine Gewähr und für Verweise in das Redaktionsanschrift Verlag, Druck und Vertrieb Internet keine Haftung übernommen KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche Verlag Haus Altenberg werden. Bei allen Verlosungen und Am Weidendamm 2 Carl-Mosterts-Platz 1 Preisausschreiben in KOMPASS. Soldat 10117 Berlin 40477 Düsseldorf in Welt und Kirche ist der Rechtsweg Telefon: +49 (0)30 20617-421 ausgeschlossen. E-Mail: kompass@katholische- Leserbriefe soldatenseelsorge.de Bei Veröffentlichung von Leserbriefen Internet behält sich die Redaktion das Recht auf www.katholische-militaerseelsorge.de Chefredakteur Josef König (JK) Kürzung vor. Redakteur Jörg Volpers (JV) Social Media Redakteurin Friederike Frücht (FF) Hinweis Bildredakteurin, Layout Doreen Bierdel Die mit Namen oder Initialen gekenn- Lektorat Schwester Irenäa Bauer OSF zeichneten Beiträge geben nicht unbe-
4 © Designed by rawpixel.com / Freepik Inhalt Titelthema Rubriken 17 EUROPA 2019 12 zum LKU: Charakterbildung 4 Bischof Overbeck sieht Vertrauenskrise in der EU 13 Kolumne des Wehrbeauftragten 5 Das EP ist zu wichtig, um es 18 Auf ein Wort Europagegnern zu überlassen von Thomas Giegerich 20 Mutige Zeugen: und Katharina Koch Dr. Max Josef Metzger 7 Webtipp: Es ist Dein Europa. 22 Kompass Glauben 60 gute Gründe 23 Glaube, Kirche, Leben 9 Interview mit Olivier Poquillon OP, • Misereor COMECE-Generalsekretär • Int. Soldatenwallfahrt 2019 10 Kommentar zur Sache 24 Medien von Klaus Hänsch, • Filmtipp: Alfons Zitterbacke Aus der Militärseelsorge ehemaliger EP-Präsident • Buchtipp: Jahrbuch Innere Führung 2018 14 Reportage vor Ort: 11 Justitia et Pax: Europa muss • „Lourdes App“ 58. Woche der Begegnung dem Gemeinwohl dienen „Veränderungen gestalten – 26 Vor 65 Jahren: Schritt für Schritt neue Wege wagen“ 11 ZdK startet Homepage zur Mangelndes Interesse an Europawahl NATO-Seelsorge-Büro 17 Neues Soldaten-Gesangbuch Titelbild: 26 VORSCHAU: 19 Expertenworkshop: © Designed by rawpixel.com / Freepik Unser Titelthema im Mai Grundlagen ethischer Bildung in der Bundeswehr 27 Rätsel Suche Frieden und jage ihm nach! (Psalm 34,15) Die deutsche Katholische Militärseelsorge fährt auf Einladung des französischen Militärbischofs von Mittwoch, 15.5., bis Dienstag, 21.5.2019, zur 61. Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes. Teilnehmen können Angehörige der Bundeswehr mit deren Familien sowie unter bestimmten Voraussetzungen Reservistinnen und Reser- visten zwischen 16 und 65 Jahren. In Lourdes erwartet Sie ein sowohl geistliches als auch kamerad- schaftliches Programm. Nähere Informationen zum Teilnehmerkreis und zur Anmeldung erfahren Sie nur beim für Sie zuständigen Katholischen Militärpfarr- amt! Weitere und stets aktualisierte Informationen im Internet unter www.kmba.de und www.katholische-militaerseelsorge.de. Kompass 04I19 3
Titelthema Bischof Overbeck sieht Vertrauenskrise in der EU D er Vizepräsident der EU-Bischofskommission (COMECE), Dr. Franz-Josef Overbeck, sieht eine Vertrauenskrise in der EU. „Das europä- ische Projekt scheint an Schwung verloren zu haben, seit die gefühlte Gefahr von Krieg und Zerstörung in immer weitere Ferne rückt“, sagte Overbeck laut Redemanuskript am Donnerstag- abend, 21. März, in Brüssel bei einer Diskussion in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens. Eine „traurige Spitze“ aller Vertrauenskrisen zei- ge sich darin, dass mit dem Brexit erstmals in der Geschichte der europäischen Integration ein Land die Union verlassen wolle, so Overbeck. © KS / Doreen Bierdel Viele Deutsche trauten derzeit keiner Partei zu, für soziale Gerechtigkeit in Europa zu sorgen, so Overbeck. „Die Welt ist zunehmend komplexer und eine Rückkehr zu ehemals ‚Vertrautem‘ ist faktisch ausgeschlossen“, sagte der Bischof. Die einzige Möglichkeit, die bleibe, sei ein „Sich- vertraut-Machen“ mit Veränderungen. Wie der Glaube sei Demokratie etwas, das jede Genera- tion neu und auf ihre eigene Weise leben und „Die Welt ist zunehmend komplexer und gestalten müsse. Zudem braucht Vertrauen laut Overbeck konkre- eine Rückkehr zu ehemals ‚Vertrautem‘ te Personen. „Die Gesichter der Integration sind Konrad Adenauer und Robert Schuman, Helmut ist faktisch ausgeschlossen. Kohl und Francois Mitterrand, aber weniger An- gela Merkel und Emmanuel Macron“, so der Bi- Die einzige Möglichkeit, die bleibt, schof. ist ein ‚Sich-vertraut-Machen‘ mit Er forderte, dem Populismus „argumentativ“ ent- gegenzutreten und nicht durch die Konstruktion Veränderungen. In Europa scheint die von Feindbildern. Andernfalls werde viel „Vertrau- en in das zerstört, was Europa ist und was es Zahl der Menschen und Gruppen zu will“. Die katholische Kirche in Deutschland und Europa verfolge nationalistische und populisti- wachsen, die Mehrdeutigkeiten und sche Tendenzen mit Sorge und wolle Verantwor- tung übernehmen. Komplexitäten lieber applanieren wollen. Die Werte und Prinzipien der EU seien ein Schlüs- Genau wie Glaube und Religiosität ist sel zur Wiedergewinnung von Vertrauen und zur Überwindung von ökonomischen und politischen Demokratie jedoch etwas, das jede Krisen, so Overbeck. Generation – in Erinnerung an das © 2019 Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Gewesene und mit Blick auf das Kommende – neu und auf ihre eigene Weise leben und gestalten muss.“ 4 Kompass 04I19
Europawahl 2019: Das Europäische Parlament ist zu wichtig, um es Europagegnern zu überlassen Titelthema von Thomas Giegerich und Katharina Koch W enn es die Europäische Union (EU) nicht gäbe, müsste man sie erfin- den. Denn sie bietet den im globalen bis hin zur Möglichkeit, sie durch ein Misstrauensvotum zur Amtsaufgabe zu zwingen. Die Eigenständigkeit des EP zum Übergang von der ineffektiven Ein- stimmigkeit im Rat mit ihren Vetospiele- reien zur Beschlussfassung mit qualifi- Maßstab kleinen europäischen Staa- bewährt sich derzeit bei den Verfahren zierter Mehrheit als Regelfall: Nur wenn ten die einzige realistische Chance, wegen Rechtsstaatsverstößen Polens Mehrheitsbeschlüsse des Rates vom in der globalisierten Welt des 21. Jh. und Ungarns. Während die Kommissi- Europäischen Parlament mitgetragen ihre Werte und Interessen mit verein- on nur gegen Polen vorgeht, hat das EP werden, gewinnen sie demokratische ten Kräften durchzusetzen. Von ihrem ein Verfahren auch gegen Ungarn ein- Legitimität gegenüber den Bürgerinnen Erfolg hängen Frieden, Freiheit, Sicher- geleitet. und Bürgern der im Rat überstimmten heit und Wohlstand von uns Unionsbür- Mitgliedstaaten. Denn die Europaab- gerinnen und Unionsbürgern ab. Das Anders als Rat und Kommission hat das geordneten mit ihrem freien Mandat Europäische Parlament (EP) wiederum EP seinen Sitz nicht in Brüssel, sondern vertreten alle Unionsbürgerinnen und eröffnet uns die beste Möglichkeit, auf in Straßburg, obwohl es mit beiden eng -bürger in allen Mitgliedstaaten, gleich- die politischen Entscheidungen der EU zusammenarbeiten muss. Dies liegt da- gültig wo sie gewählt wurden, welcher Einfluss zu nehmen. Es ist 40 Jahre ran, dass der Sitz der EU-Organe im Ein- Partei sie angehören und welche Natio- nach seiner ersten Direktwahl immer vernehmen zwischen den Regierungen nalität sie selbst besitzen. noch das weltweit einzige direkt ge- der Mitgliedstaaten bestimmt wird. Die wählte überstaatliche Parlament – ein französische Regierung hat immer auf Wahlrecht Experiment in supranationaler parla- Straßburg als Sitz des EP und Ort der Das EP wird alle fünf Jahre in allgemei- mentarischer Demokratie mit Vorbild- monatlichen Plenartagungen beharrt. ner, unmittelbarer, freier und geheimer funktion für andere Weltregionen und Demgegenüber tagen die Ausschüsse Wahl gewählt. Die 9. Direktwahl findet vielleicht sogar die Vereinten Nationen. des EP, in denen die Sacharbeit geleis- im Zeitraum vom 23. bis 26.5.2019 Denn das parlamentarische Verfahren tet wird, sinnvollerweise in Brüssel. Ge- statt. Sie wird von den Mitgliedstaaten sorgt für größtmögliche Transparenz gen dieses nationale Prestigedenken, organisiert, die auch den konkreten und Bürgernähe politischer Entschei- das einen enormen Arbeits-, Zeit- und Wahltag festsetzen, in Deutschland dungsprozesse. Kostenaufwand verursacht („Wanderzir- den 26.5. Das Europawahlrecht ist kus“), hat sich das EP bisher vergeblich nur teilweise unionsweit harmonisiert. Strukturen gewehrt. EU-Recht ordnet z. B. an, dass jeder Gemeinsam mit dem Rat der EU, der Unionsbürger mit Wohnsitz in einem aus einem Mitglied jeder nationalen Im Laufe der Zeit ist das EP neben dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörig- Regierung besteht, übt das EP auf Vor- Rat zum weitgehend gleichberechtigten keit er nicht besitzt, im Wohnsitzstaat schlag der unabhängigen Kommission politischen Hauptentscheidungsorgan das aktive und passive Wahlrecht bei Gesetzgebungs- und Haushaltsbefug- der EU geworden. Im quasi-föderalen den Europawahlen besitzt, jedoch nur nisse aus. Es wirkt beratend an Än- System der EU bildet es das Äquivalent einmal wählen kann. Vorgegeben wird derungen der europäischen Verträge des Deutschen Bundestages, während auch das Verhältniswahlsystem. Gro- und bestimmend an der Neuaufnahme der Rat dem Bundesrat entspricht, der ße Teile des Europawahlrechts liegen von Mitgliedstaaten mit. Es muss den jedoch in Deutschland weniger Einfluss aber noch in der Verantwortung der Abschluss von Handels- und vielen an- hat als der Rat in der EU. In der re- nationalen Gesetzgeber, weil die Mit- deren Abkommen der EU billigen, und präsentativen Demokratie der EU, die gliedstaaten die Kontrolle behalten auch das Austrittsabkommen mit dem unmittelbar berechtigend und verpflich- wollen und eine Vollharmonisierung auf Vereinigten Königreich (UK) unterliegt tend auf die einzelnen Unionsbürgerin- EU-Ebene nur einstimmig möglich wäre. seiner Zustimmung. Darüber hinaus nen und -bürger einwirken kann, wer- In Deutschland gilt das Europawahlge- wählt das EP auf Vorschlag des Euro- den Entscheidungen in doppelter Weise setz. päischen Rates der Staats- und Regie- demokratisch legitimiert – direkt durch rungschefs den Kommissionspräsiden- das gewählte EP und indirekt durch den Das EU-Recht erlaubt den Mitgliedstaa- ten. Es muss auch der Ernennung der Rat, dessen Mitglieder ihrem jeweiligen ten die Einführung einer Sperrklausel übrigen Kommissare zustimmen und nationalen Parlament verantwortlich von nicht mehr als 5% der abgegebenen übt die politische Kontrolle über die sind. Der Machtzuwachs des EP verlief Stimmen, verpflichtet aber nicht dazu. Kommission als Exekutive der EU aus aus demokratischen Gründen parallel In Deutschland bestand traditionell >> Kompass 04I19 5
Fraktionen im Europäischen Parlament © Quelle: Europäisches Parlament, Stand 1.12.2016, www.bpb.de Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/ Titelthema Die Europaabgeordneten werden auf der Grundlage nationaler Parteilisten für fünf Jahre gewählt und spiegeln im Idealfall das Parteiensystem des Heimatlands wider. Im Europäischen Parlament arbeiten sie gemäß ihrer politischen Orientierung zusammen. >> eine 5%-Klausel, die das Bundesver- Wenn das UK wie geplant aus der EU reich abgegebene, was die Gleichheit fassungsgericht 1979 gebilligt hatte, ausscheidet, wird die Europawahl nur der Wahl beeinträchtigt. Darin liegt 2011 dann aber für nichtig erklärte. in den 27 verbliebenen Mitgliedstaa- aber ein unumgänglicher Ausgleich zwi- Die 3%-Klausel, die der deutsche Ge- ten stattfinden. Es werden dann bloß schen dem Interesse, die Größe des setzgeber daraufhin einführte, verwarf 705 statt derzeit 751 Abgeordnete EP zur Wahrung seiner Arbeitsfähigkeit das Gericht im Februar 2014 ebenfalls. gewählt. Die Unionsbürgerinnen und zu begrenzen, und dem Interesse, dort Demgegenüber gilt für Wahlen zum -bürger sind im EP degressiv-propor- das parteipolitische Spektrum auch Bundestag weiterhin eine 5%-Klausel, tional vertreten, mindestens jedoch der kleineren Mitgliedstaaten abzubil- weil dessen Funktionsfähigkeit dem mit 6 und höchstens mit 96 Abgeord- den. Die darin liegende Benachteili- Bundesverfassungsgericht offensicht- neten je Mitgliedstaat. In der Wahl- gung der großen Mitgliedstaaten wird lich wichtiger erscheint als die Funk- periode 2019–2024 werden z. B. auf dadurch gemildert, dass sie im Rat bei tionsfähigkeit des Europäischen Par- Luxemburg 6, auf Frankreich 79 und Abstimmungen mit qualifizierter Mehr- laments. Bei der Europawahl 2014 auf Deutschland 96 Sitze entfallen. heit (heute der Regelfall) ein erheblich gab es in Deutschland erstmals keine Die bevölkerungsschwächeren sind größeres Stimmgewicht haben als die Sperrklausel mehr. Infolgedessen sind gegenüber den bevölkerungsstärke- kleinen. Dieser Gesamtkompromiss vierzehn deutsche Parteien im EP ver- ren Mitgliedstaaten überrepräsentiert: soll den besonderen Bedingungen der treten, davon sieben mit je einem Ab- Jeder in Deutschland und Frankreich aus souveränen Staaten sowie Unions- geordneten. Auch bei der Europawahl gewählte Abgeordnete vertritt mehr bürgerinnen und -bürgern gebildeten 2019 wird in Deutschland, anders als als 800.000 Unionsbürgerinnen und EU bestmöglich gerecht werden. in fast allen anderen Mitgliedstaaten, -bürger, jeder in Luxemburg gewählte keine Sperrklausel gelten. Eine Ände- dagegen weniger als 100.000. Eine in Wahlkampf: Spitzenkandidaten rung des EU-Rechts, die den größeren Luxemburg abgegebene Wählerstimme Der Europawahlkampf leidet daran, Mitgliedstaaten eine 2%-Klausel bei der hat folglich mehr als acht Mal so viel dass er von nationalen Parteien über Europawahl verpflichtend vorgeben will, Einfluss auf die Zusammensetzung des nationale Themen und nicht von euro- ist noch nicht in Kraft. EP wie eine in Deutschland oder Frank- päischen Parteien über europäische 6 Kompass 04I19
Themen geführt wird. Die Europawahl (SPE) – traten Jean-Claude Juncker und rem Spitzenkandidaten Frans Timmer- erscheint damit als zweiter Aufguss Martin Schulz gegeneinander an. Die mans in diesem Jahr gemeinsam kei- nationaler Wahlen, was die sinkende beiden Parteienfamilien erklärten im ne absolute Mehrheit erzielen, sodass Titelthema Wahlbeteiligung miterklärt. Zwar gibt Vorfeld, dass sie nur denjenigen von sie anders als 2014 nicht unter sich es längst europäische Parteienfamili- beiden zum Kommissionspräsident ausmachen können, wer Kommissi- en, die auch die acht multinationalen wählen wollten, dessen Parteienfami- onspräsident wird. Es dürfte aber eine Fraktionen im EP bilden, doch treten lie die meisten Sitze gewinnen würde. Einigung mit weiteren Parteienfamilien sie im Europawahlkampf nicht als sol- Wie erwartet, erreichten die beiden Par- und ihren Fraktionen darüber zustande che in den Vordergrund. Das muss sich teienfamilien zusammen die Mehrheit kommen, nur eine Person zum Kom- dringend ändern, um die Eigenstän- der Sitze und damit die „Präsidenten- missionspräsidenten zu wählen, die digkeit des europäischen politischen mehrheit“ im EP. Zwar gab es Kritik im als Spitzenkandidat bei der Europawahl Prozesses von den mitgliedstaatlichen Europäischen Rat an diesem Eingriff angetreten ist. Der Europäische Rat politischen Prozessen deutlich zu ma- in sein Vorschlagsrecht, doch vermied und das EP werden sich aufgrund der chen. Bei der Europawahl 2014 ha- man eine Kraftprobe mit dem EP und Wahlergebnisse darüber verständigen ben die europäischen Parteienfamilien schlug Juncker vor, den das EP dann müssen, welcher der Spitzenkandida- aber erstmals Spitzenkandidaten für erwartungsgemäß wählte. ten dies sein soll. Wahrscheinlich wird das Amt des Kommissionspräsiden- es zu einer Paketlösung kommen, die ten aufgestellt, um die Wahl zu perso- Auch für die Europawahl 2019 sind wie- auch die weiteren politischen Leitfigu- nalisieren und politische Alternativen der Spitzenkandidaten aufgestellt wor- ren der EU einbezieht – den Präsiden- klarer hervortreten zu lassen. Für die den. Dahinter führt politisch kein Weg ten des Europäischen Rates und den beiden größten Parteienfamilien – die mehr zurück. Nach derzeitigen Progno- Hohen Vertreter der Union für Außen- Europäische Volkspartei (EVP) und die sen werden die EVP mit Manfred Weber und Sicherheitspolitik. Sozialdemokratische Partei Europas als Spitzenkandidat und die SPE mit ih- >> Webtipp Es ist Dein Europa – 60 gute Gründe Die „60 Gründe für die EU“ zeigen ganz konkret auf, was in Europa erreicht wurde und warum die EU auch in Zukunft noch wichtig ist – ohne Anspruch auf Voll- ständigkeit. Die „60 guten Gründe“ sind Kernstück der Kampagne „Es ist Dein Europa“. Die Vertretung der EU-Kommission in Deutsch- land hat anlässlich des Jubiläums der Unter- zeichnung der Römischen Verträge vor 60 Jahren diese Sammlung von 60 Gründen für das europä- ische Einigungswerk zusammengestellt: worauf Europa stolz sein kann, wie die EU die Wirtschaft stärkt und Konzerne kontrolliert und wie sich die EU für uns alle rechnet – auch hier in Deutschland. Die Zusammenstellung zeigt, wie die EU sich in der Welt engagiert, wie sie für innere Sicherheit sorgt und in der Flüchtlingskrise hilft. Außer- dem finden sich Argumente für die EU in den Bereichen Bildung und Forschung, Ver- braucher und Umwelt. https://bit.ly/2nLMznM Kompass 04I19 7
>> Wählen gehen! Zu den Autoren: Titelthema Wie die politischen Systeme ihrer Mit- blemlösungen nur auf überstaatlicher Univ.-Prof. Dr. Thomas Giegerich, LL.M. gliedstaaten, so ist auch die EU unter Ebene erfolgen können, müssen unse- (University of Virginia), Lehrstuhl für den Druck populistischer Strömungen re demokratischen Errungenschaften Europarecht, Völkerrecht und Öffentli- geraten. Wahrscheinlich wird der Anteil ebenfalls supranationalisiert werden: ches Recht, Jean-Monnet-Professor für von erklärten Nationalisten und Geg- Das EP beweist seit Jahrzehnten, dass Europäische Integration, Antidiskrimi- nern der EU unter den Europaabgeord- überstaatliche parlamentarische De- nierung, Menschenrechte und Vielfalt, neten nach der Wahl 2019 weiter zu- mokratie möglich ist. Direktor des Europa-Instituts, Rechts- nehmen. Hinzutreten äußere Gegner, wissenschaftliche Fakultät der Universi- die nach dem Prinzip des „Teile und Es ist deshalb 2019 besonders wich- tät des Saarlandes. herrsche“ agieren – neben dem Russ- tig, dass wir alle an der Europawahl land Putins neuerdings auch die USA teilnehmen und unsere Stimme Par- Dipl.-Jur. Katharina Koch, LL.M, ist wis- Trumps. Darin liegt der unvermeidliche teien geben, die das europäische Eini- senschaftliche Mitarbeiterin und Dok- Preis des Erfolgs der EU. Dieser Druck gungswerk in demokratischen Formen torandin am Lehrstuhl von Univ.-Prof. sollte uns Europäerinnen und Europä- engagiert weiterentwickeln wollen. Als Dr. Thomas Giegerich und bei der Ge- ern nicht entmutigen, sondern Ansporn wesentlicher Schritt muss das EP die schäftsführung des Europa-Instituts. sein, unseren gemeinsamen Weg de- noch fehlenden Kompetenzen insbe- Parallel zum Studium des deutschen mokratischer „Einheit in Vielfalt“ noch sondere im Bereich der Gemeinsamen Rechts hat sie die Licence de Droit entschlossener fortzusetzen. Denn Außen- und Sicherheitspolitik erhalten. (Bachelor) am Centre Juridique Franco- eine wachsende Zahl von Herausfor- Denn auch dort ist das parlamentari- Allemand der Universität des Saarlan- derungen lässt sich auf nationalstaat- sche Verfahren ein besserer Garant für des erworben. Vor Ablegung der ersten licher Ebene offensichtlich nicht ef- transparente und bürgernahe Lösun- juristischen Staatsprüfung hat sie an fektiv bewältigen: Friedenssicherung, gen als vertrauliche Regierungsabspra- der University of Exeter (Vereinigtes Kö- Klimawandel, Migrationsdruck, inter- chen. Für engagierte Europäerinnen nigreich) einen LL.M. mit dem Schwer- nationaler Terrorismus, organisiertes und Europäer innerhalb und außerhalb punkt Internationaler Menschenrechts- Verbrechen. Wenn aber effektive Pro- des EP bleibt also viel zu tun. schutz erlangt. © Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/ Die Europäische Union greift in unser tägliches Leben ein und ist von daher für uns von unmittelbarer Bedeutung. 8 Kompass 04I19
„Die europäischen Bischöfe erwarten, dass die EU-Institutionen den Menschen Titelthema wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen Politik rücken.“ Interview mit Dominikaner-Pater Olivier Poquillon OP, Generalsekretär der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) Kompass: Welche allgemeinen Erwar- Europa steht vor mehreren Herausfor- Kompass: Wie können Sie angesichts tungen hat die katholische Kirche in derungen: Zunächst erleben wir einen der unterschiedlichen Situationen der Europa an die bevorstehenden Direkt- demografischen Winter, der nicht nur Kirchen und der EU-Mitgliedstaaten wahlen zum Europaparlament? auf niedrige Geburtenraten zurückzu- dazu beitragen, dass keine unüber- Pater Poquillon: Die Kirche ermutigt führen ist, sondern auch auf die Ent- brückbaren Widersprüche in Europa Christen und alle Bürger nachdrück- scheidung von Menschen, die ihr Land und insbesondere in der Europäischen lich, bei den Europawahlen im Mai aufgrund fehlender Perspektiven ver- Union entstehen? 2019 ihre Stimme abzugeben. Wäh- lassen haben. Digitalisierung ist eine Pater Poquillon: Die katholische Kirche rend des Wahlkampfs hofft die COME- weitere Herausforderung für das euro- ist seit fast 2000 Jahren Teil des euro- CE, dass sich die Debatte auf die EU- päische Projekt. Es ist ein Phänomen, päischen Projekts und trägt durch ihre Politik und die Kompetenzen wie auch das insgesamt eine „anthropologische Soziallehre zu ihrer Entwicklung bei. Visionen der Kandidaten konzentrieren Revolution“, eine „Mutation“ ist, die Um den Herausforderungen begegnen wird und nicht nur auf parteipolitische unsere Sicht auf den Menschen aufrüt- zu können, denen sich Europa stellen Streitigkeiten in den Mitgliedstaaten. telt und politische, demokratische, so- muss, kann die Kirche die EU daran Integrität, Fachexpertise, Führung und ziologische, aber auch wirtschaftliche erinnern, ihre gemeinsame Identität Engagement für das Gemeinwohl sind und geopolitische Konsequenzen hat. wiederzuentdecken und ihre Solidarität für diejenigen, die ein Mandat auf EU- An diesen Wahlen teilzunehmen, be- untereinander zu stärken, um die so- Ebene anstreben, unabdingbare Eigen- deutet auch, Verantwortung für die zialen Bindungen, die in den Ländern schaften. einzigartige Rolle Europas auf globaler wie auch zwischen den Mitgliedstaaten Diese Wahldebatte ist für Gläubige eine Ebene zu übernehmen. Eine starke Uni- bestehen, zu erneuern. Der Wiederauf- gute Gelegenheit, Kandidaten zu ihrem on auf internationaler Ebene ist in der bau der Gemeinschaft in Europa ist © Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/ persönlichen Engagement zu befragen, Tat auch notwendig, um die Menschen- nicht nur für öffentliche und kirchliche wie sie die Menschenwürde in Europa würde in allen Bereichen zu fördern und Institutionen, sondern für alle Bürger schützen, Ideen zur Förderung eines um einen soliden Beitrag der EU als eine zentrale Aufgabe. Jeder von uns christlichen Humanismus fördern und multilateraler Akteur zu nachhaltigem ist aufgerufen, seine Verantwortung zu Grundrechte stärken möchten. Frieden, globalgerechter Wirtschaft und übernehmen. integrativer Entwicklung zu leisten. Die Fragen stellte Josef König. Kompass: Sie haben verschiedene Er- wartungen angesprochen. Es gibt si- cherlich einige, denen größere Priorität eingeräumt werden sollte. Was ist die vorrangige und wichtigste Erwartung aus Sicht der Kirchen in Europa? Pater Poquillon: Die europäischen Bi- schöfe erwarten, dass die EU-Instituti- onen in ihrer kommenden Amtszeit den Menschen wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen Politik rücken. Dies be- deutet insbesondere, junge Menschen und Familien in ihren lokalen Gemein- schaften zu stärken, damit sie ihre Ziele und Talente auf allen Ebenen des © COMECE politischen, gesellschaftlichen und wirt- schaftlichen Lebens voll verwirklichen können. Kompass 04I19 9
„In fast allen Ländern treten Parteien oder Titelthema Bewegungen an, die eine Grundsatzreform der Union mit der Drohung eines Austritts erzwingen wollen.“ Die neunten Direktwahlen zum Europäischen Parlament E nde Mai werden sich die Bürgerin- nen und Bürger der EU-Mitglied- staaten zur Zukunft Europas äußern. Die Europäische Union stammt nicht von einem anderen Stern. Sie wurde von sehr irdischen Nationalstaaten kommentiert deren Sie entscheiden über die Zusammen- geschaffen und von ihnen zu dem ge- ehemaliger Präsident setzung des Europäischen Parlaments, macht, was sie heute ist. Sie kann also (1994 bis 1997) das mit Mehrheit Gesetze beschließt, gar nicht gegen das Nationale stehen, Klaus Hänsch (SPD). die für alle bindendes Recht sind. Das das ihr inhärent ist. Aber sie steht gegen ist schon wichtig genug. Sie entschei- das Neonationale, diese neue Feigheit den aber auch über Fortbestand oder vor den Mühen von Verhandlungen und beginnenden Zerfall der Europäischen den Zumutungen von Kompromissen, Union, der gleich doppelte Gefahr und gegen diesen Fluchttrieb zurück in droht: Von innen durch einen syste- die alten Sackgassen des Misstrauens mischen Neonationalismus und von und der Ressentiments zwischen den außen durch dramatische Verschiebun- Staaten und Völkern Europas. gen im Macht- und Sicherheitsgefüge der Welt. Kritik an Politik und Krisenmanagement der Union ist nicht gleich antieuropä- In fast allen Ländern treten Parteien isch. Sorgen um die Zukunft von Nation oder Bewegungen an, die eine Grund- und Demokratie sind nicht nur natio- satzreform der Union mit der Drohung nalistisch. Der Ruf nach Reformen in eines Austritts erzwingen wollen. Sie Brüssel und Straßburg verdient ernst- werden zwar im Parlament keine Mehr- hafte Antworten. Aber kein Fehler, kein heit bekommen, könnten aber Blocka- Versäumnis, keine Unzulänglichkeit der © Europäisches Parlament deminderheiten bilden. Es geht ihnen Union rechtfertigt es, sie aufzugeben, nicht um eine neue Mehrheit für eine zerfallen zu lassen oder gar zu zerstö- andere, bessere Union, sondern sie ren. Vor der Klammer mit Kritik, Sorge wollen die bestehende durch Diskre- und Forderung steht: Für die feste Uni- ditierung und Verächtlichmachung los- on der Völker und Staaten Europas gibt werden. es keinen Ersatz. Das Gründungsversprechen der eu- Der innereuropäische Destruktivismus ropäischen Integration war ein kriegs- der Orbans, Kaczynskis, Salvinis und freies Europa, von einem krisenfreien mancher oppositionellen Partei oder war nie die Rede. Krisen, innere wie Bewegung ist „pussycat“ verglichen äußere, gab es von Beginn an immer mit den globalen Machenschaften, mit wieder. An mancher hätte die Einigung denen Trumps America first, Putins Europas scheitern können. Sie hat sie neues Großrussland und Xi Jinpings im- alle bewältigt oder durchgestanden. periale Seidenstraße von außen auf die Die gegenwärtige Krise ist keine der Einheit Europas einwirken. Sie sehen Institutionen in Brüssel und Straßburg, in der Union nicht einen Partner auf auch keine der Politik, Wirtschaft oder Augenhöhe (leider zu Recht), vielmehr Finanzen der Union, sondern eine in ein Reservoir, aus dem sie sich einzel- den Köpfen vieler Europäer. ne Mitgliedstaaten als Verbündete her- 10 Kompass 04I19
Titelthema Europa muss dem Gemeinwohl dienen Justitia et Pax Europa hat vier Bereiche identifiziert, in denen die Regulierung des Binnenmarktes hinsichtlich der Werte und Prinzipien der Europäischen Union sowie der Soziallehre der Kirche nicht gut funktioniert. auspicken können. Damit befeuern sie 1. Soziale Gerechtigkeit, weil die derzeitige ungerechte Verteilung von Chan- den systemischen Neonationalismus in cen und Reichtum, aber auch Armut und soziale Ausgrenzung im Gebiet des Europa und machen es zum Spielfeld Binnenmarktes und in den einzelnen Regionen zu negativen und grundlegen- fremder Mächte. Das zu verhindern, ist den demographischen, kulturellen und sozialen Folgen führt. die neue Friedensbegründung für den Fortbestand der Einigung Europas. 2. Sorge für die natürliche Umwelt aufgrund eines unannehmbar hohen Ma- ßes an Nahrungsmittelverschwendung, was auf die Dominanz eines Produk- Je globaler die Welt wird, desto euro- tions- und Konsummodells hinweist, das der Tugend der Mäßigung entgegen- päischer muss Europa werden. Die steht und der Umwelt schadet. Union muss eine wirklich europäische Strategie zu ihrer wirtschaftlichen, di- 3. Globaler Frieden wegen mehrfacher Waffenexporte in Gebiete, in denen plomatischen und auch militärischen Krieg und bewaffnete Konflikte herrschen, was im Widerspruch zu einem be- Verteidigung entwickeln. Nicht nur hinkt stehenden Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten steht. Die EU ist mit die Realisierung weit hinter dem Gebo- einem Anteil von 24 % an den gesamten Waffenexporten der zweitgrößte Waf- tenen zurück, es hapert sogar schon fenexporteur der Welt. bei der Einsicht in die Notwendigkeit. Gerade auch in Deutschland. Die Ge- 4. Achtung der Menschenrechte, weil einige sehr große europäische Unter- schlossenheit Europas ist wichtiger als nehmen, die ihren Sitz im Gebiet des Binnenmarktes haben, auf der ganzen ein Spaziergang auf einem deutsch-rus- Welt in einer Art und Weise tätig sind, bei der Menschenrechtsverletzungen sischen Sonderweg. Moralische Über- auftreten können. heblichkeit, etwa in Migrationsfragen 6. März 2019 oder Rüstungsexport, ist für die ande- ren Europäer schwerer zu ertragen als wirtschaftliche Überlegenheit. In dieser Zeit die Union der 27 zusammenzuhal- ten, ist das oberste nationale Interes- se Deutschlands in Europa. Ein Versuch, Europa neu zu konstruie- ren, eine Neugründung der Union gar, wäre der kürzeste Weg in den Ruin. Bes- ZdK startet Homepage zur Europawahl ser ist es, sich auf eine neue Begrün- dung für ihren Fortbestand zu besinnen: Mit seiner neuen Homepage www.europa-stimmt.eu wirbt das In der Mitte des vorigen Jahrhunderts Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) bis zur Wahl zum ging es darum, die Völker in Europa Europäischen Parlament am 26. Mai 2019 dafür, sich mit seinem gegen die weitere Selbstzerstörung Engagement, mit seinen Ideen und nicht zuletzt mit seiner Stimme Europas zu einigen. Das ist gelungen. für ein starkes und geeintes Europa einzusetzen. Heute geht es darum, die europäischen Die auf der Homepage gesammelten Beiträge aus Verbänden, Ini- Völker für ihre Selbstbehauptung in der tiativen, Bistümern und Gemeinden sollen ermutigen, mitzuma- Welt zusammenzuhalten: zu Nutz und chen, Ideen aufzugreifen und sich anzuschließen – und natürlich Schutz aller Europäer und als ein Bei- wählen zu gehen und für die EU, für Demokratie und Rechtsstaat- spiel für Recht und Freiheit, Demokratie lichkeit zu stimmen. und Gerechtigkeit in der Welt. Kompass 04I19 11
Moral und Persönlichkeit: Cha·rak·ter·bil·dung [die] zum LKU „Stets gern für Sie beschäftigt …”, eine Firmenphilosophie, die sich auf den Geschäftsbriefen des ehemaligen Erfurter Traditionsunternehmens „Topf & Söhne“ findet und die an die Bauleitung von Waffen-SS und Polizei in Auschwitz gerichtet G war. Die Maschinenfabrik konstruierte, produzierte und verkaufte damals Öfen für den Massenmord. „Topf & Söhne“ war nicht irgendeine Ofenbaufirma, das Unternehmen gehörte zu jenen Betrieben, die mit Know-how die Vernichtung der Juden technisch möglich machten. Bereits in der Weimarer Republik entwickelten Topfs Ingenieure, Zeichner und Mechaniker mit hoher Fachkompetenz effizien- te Methoden der Entsorgung, von der hygienischen Abfallbeseitigung über die massenhafte Verbrennung von Tierkadavern bis hin zur würdevollen Einäscherung des menschlichen Leichnams in kommunalen Krematorien. Dass der damalige verant- wortliche Ingenieur, Kurt Prüfer, gerade für die Einäscherung strenge Maßstäbe ansetze, lässt ethisches Bewusstsein vermu- ten: Die aufwendigen technischen Konstruktionen für die Heißluftöfen mit rund 1.000 °C Einäscherungstemperatur und die Nichtvermischung der Asche der Verstorbenen wurden von ihm mit dem Argument von „Hygiene und Pietät“ gerechtfertigt. In seinem moralischen Urteilsvermögen unterschied er klar zwischen Mensch und Tier, noch 1931 plädierte er ausdrücklich dafür, die „Feuerbestattung nicht auf die Stufe der Kadaverbeseitigung“ sinken zu lassen. Dieses ethische Bewusstsein findet man im genannten Zeitraum nicht nur bei ihm, dem Ingenieur, sondern auch beim verantwortlichen Geschäftsführer, Ludwig Topf sen. In ihrem fundierten und überaus aufschlussreichen Werk schreibt die Initiatorin des „Erinnerungsort Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“, Dr. Annegret Schüle: „Kurt Prüfer und Ludwig Topf hatten sich als entschiedene Befürworter einer würdevollen Feuerbestattung hervorgetan und als Experten profiliert, die bei der Entwicklung technischer Möglichkeiten der Verbrennung weder Kosten noch Mühen scheuten, um die Würde und Individualität des Menschen nach seinem Tode zu wahren.“ Vielerlei, heute bekannte Gründe mögen dazu beigetragen haben, dass nicht nur Topfs Erben ab dem Jahre 1935, sondern auch Personen wie der Oberingenieur Prüfer ab einem gewissen Zeitpunkt keine Skrupel mehr kannten, das Gesetz (Feuerbestattungsgesetz von 1934) grob zu missach- ten und zu brechen, indem sie mit ihrer Fachkompetenz den Massenmord in den Konzentrationslagern technisch ermöglichten. Wie aber ist diese ethische Kompetenzüberschreitung zu erklären? Geht es hier gar um einen Akt von „Willkür“ (vgl. Kompass. Soldat in Welt und Kirche 02/19, S. 14)? In welcher Weise hatte die Moral der Zeit dazu beigetra- gen, dass in Erfurt ein weiterer „Fachmann auf dem Gebiet für Brenntech- nik“, der Oberingenieur Fritz Sander, „auf eigene Initiative“ einen Wettstreit um Fachkompetenz initiierte, indem er einen „kontinuierlich arbeitenden Eine Anregung für Militärseelsorger: Leichen-Verbrennungsofen für Massenbetrieb“ entwickelte und seine Erfin- Wie die „nationalsozialistische dung der Geschäftsführung zum Patent anzumelden empfahl? Moral“ einst auf die Persönlich- keitsentwicklung junger Menschen Allein mit dem Blick auf sogenannte „Handlungskompetenz“ sind die weit- einwirkte, welche zentrale reichenden ethischen Fragen diesbezüglich nicht zu beantworten, denn Bedeutung die Frage nach „Erfolg“ damals wie heute ging und geht es nicht nur um „Erfolg“, sondern um oder „Charakter“ dabei hat, das Charakter! Charakterbildung, das wird am Beispiel „Topf & Söhne“ mehr zeigt sehr eindrücklich der Spielfilm als deutlich, bedarf vor allem der „ethischen Führung“ – denn sie stellt „Napola“ (2004, 115 Min), zu finden eindringlich auch die Frage nach Moral und Charakter und führt auf diese im Didaktik-Portal. Weise den Fachmann oder die Fachfrau gewissenhaft an die eigentliche Masterfrage der so notwendigen Berufsethik heran: Was ist meine Kompe- tenz und wo sind deren Grenzen? Franz J. Eisend, Wissenschaftlicher Referent, KMBA 12 Kompass 04I19
des Wehrbeauftragten Für einen Militärrabbiner Bis zur Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht 2011 galt Kolumne die Praxis, Wehrpflichtige jüdischen Glaubens nicht gegen ihren Willen einzuziehen. Eine „unzumutbare persönliche Härte“ sei das, angesichts von Nazi-Diktatur, Holocaust und Wehrmachtsverbrechen. Umso bemerkenswerter, wenn sich junge Deutsche jüdischen Glaubens dennoch freiwillig für den Dienst in der Bundeswehr entscheiden. Heute gibt es Schätzungen zufolge 150 bis 300 jüdische Bundeswehrsoldaten. Vor etwas mehr als zwei Jahrhunderten begann Schritt für © Guido Heitkoetter / flickr / (CC BY-ND 2.0) Schritt die rechtliche Gleichstellung der deutschen Juden in den Streitkräften der deutschen Teilstaaten. Ab 1812 wurden Juden in weiten Teilen Preußens erstmals wehr- pflichtig. Im Ersten Weltkrieg standen in den deutschen Armeen 100.000 Juden unter Waffen. 12.000 fielen für Kaiser und Vaterland. Das klingt nach „Normalität“, war es aber mitnichten. 1916 – mitten im Krieg – veranlasste das preußische Kriegsministerium eine Judenzählung in der Armee. Hin- tergrund: In der Bevölkerung herrschte die Ansicht, dass wehrpflichtige Juden sich drückten. Auch nach dem Krieg, in der Republik, wurde es nicht viel besser. 1920 schlossen sich jüdische Soldaten im „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“ zusammen. Sie ta- ten das nicht aus Freude an der Kameradschaft. Der Bund Also alles gut? Eine Studie der EU-Grundrechteagentur verstand sich vielmehr als Interessenvertretung gegen an- zeichnete Ende 2018 ein beunruhigendes Bild: 41 Prozent tisemitische Hetze und Verleumdungen. der in Deutschland befragten Juden gaben an, in den letz- ten zwölf Monaten Antisemitismus erlebt zu haben. Auch Dann tilgten die Nazis jede Erinnerung an die jüdischen in meinen Jahresberichten dokumentiere ich immer wieder Soldaten. Deutsche Juden wurden vom Wehrdienst aus- Fälle von Antisemitismus in der Truppe. Konsequent sank- geschlossen, auch die Ausnahmen für ehemalige jüdische tioniert die Bundeswehr diese – bis hin zur Entlassung aus Frontkämpfer fielen bald weg. Entrechtung, Verfolgung, Er- dem Dienst wegen mangelnder charakterlicher Eignung. mordung: Die Geschichte jüdischer Soldaten in deutschen Armeen sollte ausgelöscht werden – so wie die Existenz Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Juden in Europa überhaupt. Der Kulturbruch. Josef Schuster, schrieb in einem Beitrag in der FAZ, solche Fälle seien Kratzer, die das positive Image der Bundes- „Das Trauma dieser Entrechtung großer und wichtiger wehr nicht in Gänze in Frage stellten. Das ist eine versöhn- Bevölkerungsteile in deutschem Namen ist Teil des ge- liche Einordnung aus berufenem Munde. meinsamen gesellschaftlichen Gedächtnisses der Deut- schen und ihrer Streitkräfte geworden“, schrieb 2007 der Der Zentralratsvorsitzende hat darüber hinaus in diesem damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Artikel einen bemerkenswerten Vorschlag erneuert: „Die Schneiderhan. Das drückt sich in einem entsprechenden jüdische Gemeinde macht der Bundeswehr das Angebot ethischen und rechtlichen Rahmen aus. Toleranz und Ach- einer eigenen Militärseelsorge. Eine jüdische Militärseel- tung gegenüber anderen Religionen sind Prinzipien des sorge auf Basis eines Militärseelsorgestaatsvertrages. Konzepts der „Inneren Führung“. Ein symbolträchtiger Schritt auf dem Wege zur Normalisie- rung“, schrieb Schuster. Durch ihre Militärseelsorge und durch ihr Engagement in der ethischen Bildung tragen die christlichen Kirchen we- Ich unterstütze diese Forderung. Es ist an der Zeit, die sentlich dazu bei. Und mehr noch. Die Bundeswehr pflegt Institutionalisierung einer jüdischen Militärseelsorge wie bewusst das Erbe und das Gedenken an die jüdische Tra- übrigens auch einer entsprechenden Regelung für die dition. Die Julius-Schoeps-Kaserne in Hildesheim erinnert Muslime in unserer Bundeswehr in Angriff zu nehmen. an einen preußischen Offizier, Truppenarzt im Ersten Welt- krieg, 1942 gestorben im Ghetto Theresienstadt. Reser- Dr. Hans-Peter Bartels, visten und aktive Soldaten pflegen jüdische Friedhöfe. Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages Kompass 04I19 13
„Veränderungen gestalten Reportage vor Ort – Schritt für Schritt neue Wege wagen“ © Designed by iconicbestiary / Freepik 58. Woche der Begegnung für Sie vor Ort: Josef König Unter dem Leitthema „Veränderungen gestalten – Schritt für Schritt neue Wege wagen“ fand vom 17. bis 22. März 2019 die „58. Woche der Begegnung“ in der Katholischen Akademie Stapelfeld in Cloppenburg mit der Vollversammlung des Katholikenrates beim Katholischen Militärbischof (KR) und Bundeskonferenz der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) statt. A m 2. Fastensonntag eröffnete in Vertretung von Militärgeneralvikar Monsignore Reinhold Bartmann der Ka- Partnerschaft und Familien verändern sich Die Zunahme der vielfältigen Lebensfor- Kirche und Gesellschaft insgesamt zu ziehen sind, stieß zum Ende seines Vortrages auf großes Interesse unter tholische Leitende Militärdekan des Mi- men mit Blick auf das Zusammenleben den Delegierten der Vollversammlung. litärdekanats Kiel, Monsignore Rainer von Männern und Frauen, dem Wunsch Schadt, mit einem Gottesdienst in der nach Kindern oder einer ungewollten Ehrenamt in Zukunft kürzer Heilig-Kreuz-Kirche die diesjährige Wo- Kinderlosigkeit und ihre Auswirkungen Zunehmend mehr Menschen werden che der Begegnung. auf die (familien-)pastoralen Heraus- sich zwar freiwillig ehrenamtlich enga- forderungen standen im Mittelpunkt gieren, aber dafür zeitlich kürzer. Da- Rede und Antwort des Vortrags von Dr. Peter Wendl. Als bei ist nach Auffassung Wendls fest- Zu Beginn der Vollversammlung des Ka- katholischer Diplom-Theologe, Einzel-, zustellen, dass es einen klaren Trend tholikenrats standen die leitenden Mili- Paar- und Familientherapeut sowie sys- zu einem zeitlich befristeten und auf tärdekane Monsignore Rainer Schadt, temischer Berater, engagiert er sich ein konkretes Projekt und Vorhaben Stephan van Dongen und Artur Wag- als Projektleiter am Zentralinstitut für bezogenes Ehrenamt gibt. Welche Fol- ner, sowie Prof. Dr. Thomas Elßner, als Ehe und Familie in der Gesellschaft an gerungen in diesem Kontext für ein zuständiger Referatsleiter in der Kurie der Katholischen Universität Eichstätt- ehrenamtliches Engagement im Laien- des Katholischen Militärbischofs, den Ingolstadt bereits seit längerem in der apostolat und in den Strukturen der Delegierten Rede und Antwort. Dabei Katholischen Militärseelsorge. Pfarrgemeinderäte zu ziehen sind, war standen Fragen nach der Zukunft des Gegenstand einer längeren Diskussion, Lebenskundlichen Unterrichtes (LKU), Er erforscht seit 2002 beziehungssta- die weitergehen wird. den die Militärseelsorger der beiden bilisierende bzw. -destabilisierende Kirchen im staatlichen Auftrag in der Faktoren für Partnerschaft und Familie Berichte aus der Arbeit Truppe durchführen, und die Absicht, im Kontext von Mobilitätsanforderun- des Laienapostolat die ethische Bildung in einer eigenen gen. Mit im Blick seines Vortrags stan- Im weiteren Fortgang der Vollversamm- Dienstvorschrift regulatorisch neu zu den dabei die fortschreitende und sich lung galt es, sich einer Vielzahl von fassen, im Fokus. Weitere Aspekte der ausdifferenzierende Etablierung neuer, Berichten zu widmen, die allesamt seelsorglichen Begleitung sowie Veran- solidarischer Wohn- und Lebensfor- Auskunft über das Engagement der staltungen der Militärseelsorge für die men im Alter. Welche Folgerungen und Laienvertreter in der Katholischen Mi- Familien der Soldatinnen und Soldaten Konsequenzen für ein ehrenamtliches litärseelsorge gaben. Zumeist war es ergänzten die weiteren Informationen. Engagement und für das Ehrenamt in Aufgabe, dieses im Rückblick in Erin- 14 Kompass 04I19
Reportage vor Ort nerung zu rufen und mit Blick auf die Soldaten setzen Nachbarschaftshilfe derung in „Gemeinschaft Katholischer weiteren Planungen auf den Prüfstand in Mali fort Soldatinnen und Soldaten“ bei den zu- zu stellen. Die Nachbarschaftshilfe der katholi- rückliegenden Konferenzen keine Mehr- schen Soldatinnen und Soldaten ist heit fand und es bei der Bezeichnung „Tage der Begegnung“ eine sozial-karitative Aktion für notlei- „Gemeinschaft Katholischer Soldaten“ Oberstleutnant Gereon Gräf, seit 2017 dende Menschen in Krisengebieten. bis auf Weiteres bleibt. Mit Blick auf die Vorsitzender des Katholikenrats, in- „Beschäftigung junger Menschen – ein Zukunft der soldatischen Verbandsar- formierte in seinem Bericht, dass es Schlüssel zum Frieden in Mali“ – so lau- beit rückte Quirin die Gewinnung neu- aufgrund von deutlichen Struktur- und tet das neue Vorhaben, das in Zusam- er Mitglieder in den Mittelpunkt seines Anpassungsprozessen in den Streit- menarbeit mit CARITAS INTERNATIONAL Berichts. kräften, auch zu Veränderungen in der bis 2021 gefördert wird. Nachdem Arbeitsweise der Laienarbeit in der Stabsfeldwebel Andreas Schmidt über Soldaten engagieren sich im Katholischen Militärseelsorge kommt. die Ziele informiert hatte, stimmte dem Zentralkomitee der deutschen Beginnend im Jahr 2020 wird die bis- die Vollversammlung zu. Zukünftige Kol- Katholiken (ZdK) lang so bezeichnete „Woche der Begeg- lekten sollen dem Projekt zugutekom- Oberst i. G. Dr. Köster, Oberstleutnant nung“ verkürzt. So wird es zukünftig in men. Zugleich gilt es, so die Auffassung Dr. Lippert, Oberst Attermeyer und „Tagen der Begegnung“ darum gehen, der Delegierten, die Militärpfarrämter in Generalleutnant Dr. Rieks vertreten in die inhaltliche Arbeit zu straffen, um die Lage zu versetzen, das Vorhaben ihrer Verantwortung als Soldaten die so den Delegierten – insbesondere ak- erfolgreich zu unterstützen. Anliegen der Katholischen Militärseel- tiven Soldatinnen und Soldaten –, die sorge im ZdK, dem Zusammenschluss Teilnahme zu ermöglichen. Aus der Arbeit der Gemeinschaft von Vertretern der Diözesanräte und Im Bezug auf das ministerielle Vorha- Katholischer Soldaten (GKS) der katholischen Verbände sowie von ben, die ethische Bildung in der Bun- In Vertretung des Bundesvorsitzenden Institutionen des Laienapostolates und deswehr neu zu regeln, erinnerte er an der GKS, Oberst Rüdiger Attermeyer, weiteren Persönlichkeiten aus Kirche die positiven Rückmeldungen aus den informierte Stabshauptmann Andreas und Gesellschaft. Als einzige Uniform- Reihen der Soldatinnen und Soldaten, Quirin über die zurückliegenden Ak- träger im ZdK stoßen sie, nach eigener die an Veranstaltungen des Lebens- tivitäten und zukünftigen Vorhaben. Erfahrung, weniger auf Ablehnung als kundlichen Unterrichts (LKU) teilnah- Stabshauptmann Quirin erklärte zu- vielmehr auf ein hohes Informationsin- men. gleich, dass der Antrag auf Namensän- teresse. Generalleutnant Dr. Rieks, der zugleich engagiert im Sachbereich „Po- litische und ethische Grundfragen“ des ZdK mitwirkt, hat es sich, eigenen An- gaben zufolge, in der zurückliegenden Zeit zum Anliegen gemacht, ethische Fragen in der rapide fortschreitenden Technologieentwicklung in den enge- ren Fokus zu rücken. In seinem Bericht hob er abschließend die demokrati- sche Willensbildung in den Sach- und Personalfragen hervor, die die Arbeits- weise nach dem Prinzip „Mehrheit/ Minderheit“ bestimmen. Er empfahl Rede und Antwort – zu aktuellen Fragen Dr. Wendl bei seinem den Delegierten zugleich die Lektüre in der Militärseelsorge Vortrag der ZdK-Publikation „Salzkörner“, in der Autoren- und Namensbeiträge zu Sach- themen veröffentlicht werden. Militärbischof: Auch für Gläubige ist Neues angesagt Am Hochfest des hl. Josef feierte Mili- © KS / Doreen Bierdel (5) tärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck in der Heilig-Kreuz-Kirche, zusammen mit den Delegierten und den hinzugekom- menen Delegierten der Bundeskonfe- renz der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS), die ihre Beratungen am darauffolgenden Tag aufnahmen, Oberstleutnant Gräf Generalleutnant Dr. Rieks Stabsfeldwebel Schmidt ein Pontifikalamt. >> Kompass 04I19 15
Reportage vor Ort >> Es bot sich an, die Lieder für das Pon- tifikalamt erstmalig aus dem neuen Gebet- und Gesangbuch zu singen. Militärbischof Overbeck rückte in sei- ner Predigt das Wirken des heiligen Jo- sef in den Mittelpunkt. Wörtlich führte Overbeck aus: „Josef ist ein Mensch der Wachheit, der Bereitschaft und des Mutes, um zu finden, was Gott ihn zu suchen heißt.“ Mit Blick auf das Motto der diesjährigen Woche der Begegnung fügte er hinzu: „So gelesen ist der hl. Josef ein Kommentar zum Motto der 58. Woche der Begegnung: Verände- rung gestalten – Schritt für Schritt neue Wege wagen. Es ist offensichtlich, dass wir in einer kirchlichen Situation leben, in der nicht nur für die Priester und die, die Seelsorge verantworten und ge- © KS / Doreen Bierdel (4) stalten, Neues angesagt ist, sondern ebenso für alle Gläubigen.“ Militärbischof stellte sich den Fragen und dankte den Soldatinnen und Soldaten für ihr Engagement Ein fester Bestandteil der inhaltlichen Arbeit während einer Vollversammlung Zu „Organisiertes Laienapostolat – ist, dass zum Ende hin Militärbischof Lingen fort. Als „synodaler Weg“ wird es quo vadis?“ hielt der Direktor i. K. Dr. Franz-Josef Overbeck die Gelegen- nach der Erarbeitung der praktischen Manfred Heinz, Geschäftsführer des Katholikenrats, einen Impulsvortrag. heit nutzt, um mit den Delegierten über Grundlagen für die Konzeption des grundsätzliche und aktuelle Fragen des eingeleiteten innerkirchlichen Prozes- kirchlichen Lebens und des Wirkens ses darum gehen, Fragen nach einer der Kirche insgesamt ins Gespräch zu zukünftigen Sexualmoral, dem Priester- legte Militärbischof Overbeck Wert auf kommen. In diesem Jahr rückte der bild und Grundfragen nach Macht und die Einordnung dieses Prozesses in ein Militärbischof die unterschiedlichen Gewaltenteilung auch mit Blick auf den mit Spiritualität geerdetes Handeln, Entwicklungen seit dem Pontifikat des Umgang mit sexuellem Missbrauch auf- das sich zugleich den Bedingungen der Heiligen Vaters, Papst Franziskus, und zuarbeiten. In diesem Zusammenhang Postmoderne stellen muss. den von ihm eingeschlagenen Weg zur Bewältigung der zahlreichen Heraus- forderungen in den Mittelpunkt seines Vortrags. Zuvor jedoch dankte er für das Engagement und den Dienst der in der Regel ehrenamtlich engagierten Frauen und Männer in den jeweiligen Organisationsformen, sei es im Katho- likenrat oder der Gemeinschaft Katholi- scher Soldaten. Overbeck führte seine Überlegungen mit Blick auf die Aufarbeitung des sexu- ellen Missbrauches in der Katholischen Weitere Berichte, Kirche in Deutschland mit der Erläu- die Predigt und terung der zurückliegenden Beschlüs- Bilder unter: se der Frühjahrsvollversammlung der In Gruppen berieten sich die Delegierten zum Thema: www.katholische- Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in „Organisiertes Laienapostolat – quo vadis?“ militaerseelsorge.de oder www.kmba.de 16 Kompass 04I19
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