Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen

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Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
Planen

Stadt vorausdenken
Flächennutzungsplanung für Berlin
FNP-Bericht 2020
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
Impressum

Herausgeber
Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung und Wohnen
Kommunikation und Bürgerbeteiligung
Württembergische Straße 6
10707 Berlin
www.stadtentwicklung.berlin.de

Inhalte und Bearbeitung
Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung und Wohnen,
Abteilung Stadtplanung,
Referat Flächennutzungsplanung
und stadtplanerische Konzepte
Dr. Roland Heicke
Silke Stockum
Frank Wolter

in Zusammenarbeit mit
Büro für Städtebau Spath+Nagel, Berlin

Grafik und Layout
Petra Dreßler, Vision & Gestalt, Berlin

Abbildungen
Daten, Grafiken und Fotos,
soweit nicht anders erwähnt, von SenStadtWohn
FNP-Grafiken: Fa. SRP-GmbH, Anja Englisch
Titelbild: SenStadtWohn Berlin, Fotograf Dirk Laubner

Druck
medialis Offsetdruck GmbH, Berlin
FSC zertifiziert
und klimaneutral produziert

Berlin, April 2020
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
Inhalt

Einführung                                                5

1. Zukunft gestalten                                     6
Planung für die gesamte Stadt                            7
Wachstum braucht Fläche                                  8
Koordinieren und aktivieren                              9

2. Wachstum nachhaltig steuern                          10
Wohnstadt Berlin                                        11
Neue Stadtquartiere und Entwicklungsräume               14
Bewahren und entwickeln                                 17
Qualitätvolle Stadträume                                19
Grün, urban und klimagerecht                            22
Arbeiten in der Stadt                                   26
Lebendige Zentren                                       30
Stadtverträgliche Mobilität                             32

3. Gemeinsam planen                                     34
FNP im Dialog                                           35
In Projekten mitgestalten                               36

4. Einhundert Jahre Planung für Berlin                  38
Kontinuität und Wandel                                  39
Mit dem FNP steuern                                     41
Stadtregional zusammenarbeiten                          45

FNP-Bilanz                                              48
Abkürzungen                                             53

Flächennutzungsplan Januar 2020             Umschlag hinten
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
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    Dirk Laubner
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
Zusammenhänge der Stadt im Blick
Flächennutzungsplanung für Berlin

Berlin ist eine Stadt für alle. Sie ist attraktiv, zieht viele Menschen an, schafft neue Arbeits-
plätze, wird immer mehr Metropole. Berlin verändert sich ständig. Daraus ergeben sich viel-
fältige Interessen. Und diese treffen auf ein Stadtgebiet, dessen Fläche begrenzt ist. Flä-
chenkonkurrenzen nehmen zu. Damit die Stadt funktioniert, müssen zukünftige räumliche
Entwicklungen vorgedacht werden. Ein Instrument, dies geordnet und ausgewogen umzu-
setzen, ist die Flächennutzungsplanung.

Vorsorge treffen für die Stadt von morgen
Wie soll sich die Stadt räumlich entwickeln? Wo soll gewohnt werden, wo gearbeitet? Wie
leben wir Mobilität? Wie sieht das grüne Gerüst der Stadt aus? Was ist stabil? Wo sind Ver-
änderungen sinnvoll? Wie sieht die zukünftige Verteilung der Nutzungen im Stadtgebiet
aus? Für unterschiedlichste Anforderungen muss Stadtplanung Vorsorge treffen. Orientiert
an der vorhandenen Stadtstruktur, dem Mobilitätsnetz sowie der Infrastruktur enthält der
Flächennutzungsplan (FNP) Potenziale für alle Funktionen.

Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen
Der FNP zeigt für das gesamte Stadtgebiet auf, welche Flächen sich für das Wohnen, für Ge-
werbe oder Stadtzentren eignen bzw. welche Freiflächen dauerhaft erhalten bleiben sollen.
Wesentliche Zielsetzungen des FNP sind die Sicherung des Wohnens in der Stadt, die urbane
Mischung, die ausgewogene Versorgung in allen Teilen der Stadt, die gute Erschließung
durch den öffentlichen Personenverkehr sowie die Sicherung der Erholungs- und Freiräume.
Daraus abgeleitet zeigt der FNP zum Beispiel die Entwicklungspotenziale für neue Stadt-
quartiere auf.

Viele Interessen betrachten
Die Einwohnerzahl Berlins ist in den letzten Jahren in der Größenordnung einer Großstadt
bzw. eines mittleren Berliner Bezirks gewachsen – mit dem entsprechenden Bedarf an Woh-
nungsbau, sozialer Infrastruktur, öffentlichem Nahverkehr sowie Frei- und Erholungs-
flächen. Das Grundgerüst des FNP betrachtet alle Nutzungen integriert, d.h. es werden alle
Themen aufgegriffen und es erfolgt eine Abwägung zwischen den unterschiedlichen Anfor-
derungen. So wird sichergestellt, dass Stadtentwicklung nachhaltig, flächensparend, stadt-
wirtschaftlich und sozial verträglich erfolgt.

Nutzungskonflikte transparent lösen
Mit seinen Entwicklungspotenzialen trägt der FNP dazu bei, die neuen Anforderungen stadt-
verträglich zu bewältigen und in die Stadt zu integrieren. Bei notwendigen Veränderungen
in der bislang vorgesehenen Nutzung einzelner Flächen werden gemeinsam mit den Bezir-
ken und der Öffentlichkeit strukturierte und transparente Änderungsverfahren des FNP
durchgeführt. Mit Beteiligung der Stadtgesellschaft werden Lösungen entwickelt, bei denen
alle relevanten Belange berücksichtigt und abgewogen werden. Der FNP ist ein wichtiges
räumliches Planungsinstrument für ein lebenswertes Berlin.

                                                                                                    5
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
Kay Nietfeld/dpa
    1. Zukunft   Berlin ist mit seinen Angeboten als Metropole hochattraktiv. Die aktuelle Ent-
                 wicklung ist geprägt von einem dynamischen Wachstumsprozess. Seit 2010

     gestalten
                 ist die Bevölkerungszahl um über 400.000 gestiegen. Die damit verbundenen
                 Veränderungen sind stadtplanerisch zu steuern. Der Berliner Flächennut-
                 zungsplan setzt dafür – im Zusammenwirken mit anderen Instrumenten – den
                 gesamtstädtischen Rahmen.

                 „    Die planerische Herausforderung liegt darin, die mit dem Wachstum
                      verbundenen Perspektiven für eine nachhaltige und sozial gerechte
                      Entwicklung der Metropole zu nutzen.

                 „    Im Rahmen der Steuerung von Veränderungsprozessen sind vielfältige
                      Funktionen und Nutzungskonkurrenzen zu berücksichtigen und unter
                      Beteiligung der Öffentlichkeit in ein gesamtheitliches Konzept zu inte-
                      grieren.

                 „    Dabei sind die Chancen zu nutzen, vorhandene Stadtstrukturen zu qua-
                      lifizieren und neue Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, um die At-
                      traktivität Berlins als Metropole weiter zu stärken.

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Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
FNP-Bericht 2020 | Zukunft gestalten

Planung für die gesamte Stadt
Gesamtstädtischer Rahmen für eine              Strategische Grundzüge der Flächennutzungsplanung
integrierte Stadtentwicklung
                                               1.      Stärkung der Innenentwicklung, urbane Mischung,
Berlin hat als Großstadt und Metropole viel-           Qualifizierung des Bestandes.
fältige Anforderungen zu erfüllen. Damit
verbinden sich entsprechende Aufgaben für      2.      Ausgewogene Nutzungsstrukturen in allen
die Stadtplanung.                                      Teilräumen der Stadt.

1920 wurde die Einheitsgemeinde Berlin         3.      Sicherung und verträgliche Ergänzung bestehender
für ein Stadtgebiet von fast 900 km2 mit               Wohnnutzungen im bebauten Stadtgebiet.
heute 12 Bezirken geschaffen, die jeweils
die Einwohnerzahl einer mittleren Groß-        4.      Förderung von Arbeitsplätzen, insbesondere in Bereichen
stadt haben. Nach dem zweiten Weltkrieg                mit guter öffentlicher Verkehrserschließung.
und der deutschen Teilung ist seit 1990
auch die Stadtplanung wieder vereint.          5.      Stärkung des polyzentralen Gefüges der Stadt durch
                                                       integrierte Entwicklung bestehender Zentren.
Seit 1994 setzt der Berliner Flächennut-
zungsplan (FNP) den Rahmen für eine            6.      Freiraumschutz, Sicherung von Grünflächen,
geordnete, integrierte und koordinierte                Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts.
Stadtplanung für die Bundeshauptstadt.
Basierend auf den Planungsgrundzügen und       7.      Sicherung von übergeordneten Gemeinbedarfs-
funktionalen Schwerpunktsetzungen wird                 standorten.
mit dem FNP der Zusammenhalt der Pla-
nung für das gesamte Stadtgebiet gesichert.    8.      Stadt der kurzen Wege; Stärkung der öffentlichen
                                                       Verkehrsmittel, stadtverträgliche Integration des
Ziel ist es, den Funktionen Wohnen, Arbei-             Wirtschaftsverkehrs.
ten, Bildung, Wissenschaft und Forschung,
soziale und technische Infrastruktur sowie
Freiraumnutzungen und Mobilität den er-        Aufgaben der Flächennutzungsplanung
forderlichen Raum zu ermöglichen. Dabei
ist mit Grund und Boden sparsam umzuge-
                                                                                 Instrument zur
hen. Die Darstellungen des FNP sind bei                                          strategischen Planung
Fachplanungen zu berücksichtigen und sie
sind die Grundlage für die Entwicklung der          Schutz von Nutzungen
                                                                                                             Lösung von
konkreten örtlichen Bebauungspläne.                 (Wohnen, Gewerbe,
                                                                                                             Nutzungskonflikten
                                                    Grün, Infrastruktur...)

Durch fokussierte Planungsverfahren klärt
der FNP Nutzungskonkurrenzen und über-
prüft die Vereinbarkeit neuer Flächenan-
                                                Gesamtstädtische                                                  Einbindung von
sprüche mit den strategischen Planungs-         Steuerung                                                         Öffentlichkeit und
grundzügen. Damit wird eine kontinuierliche                                                                       Behörden

Aktualität des Plans gewährleistet. Der FNP
wird ergänzt durch die sektoralen Stadt-
entwicklungspläne, die seine Nutzungs-                           Verbindlichkeit durch
                                                                 Senats-/ Abgeordne-
darstellungen umsetzungsorientiert kon-                          tenhaus-Beschlüsse
                                                                                                    Grundlage für ver-
kretisieren.                                                                                        bindliches Baurecht

                                                                                                                                       7
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BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG BERLINS 1992 BIS 2018
                                           UND PROGNOSE BIS 2030
                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.9 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.8 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.7 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.6 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.5 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.4 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.3 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3.2 Mio
                                         31.12.1992

                                                      31.12.1994

                                                                   31.12.1996

                                                                                31.12.1998

                                                                                             31.12.2000

                                                                                                          31.12.2002

                                                                                                                       31.12.2004

                                                                                                                                    31.12.2006

                                                                                                                                                 31.12.2008

                                                                                                                                                              31.12.2010

                                                                                                                                                                           31.12.2012

                                                                                                                                                                                        31.12.2014

                                                                                                                                                                                                     31.12.2016

                                                                                                                                                                                                                  31.12.2018

                                                                                                                                                                                                                               31.12.2020

                                                                                                                                                                                                                                            31.12.2022

                                                                                                                                                                                                                                                         31.12.2024

                                                                                                                                                                                                                                                                      31.12.2026

                                                                                                                                                                                                                                                                                   31.12.2028

                                                                                                                                                                                                                                                                                                31.12.2030
                                           Wachstum braucht Fläche
BERLIN WÄCHST                              Berlin als Metropole wandelt sich kontinuier-                                                                                                       planerischen Überlegungen dazu gilt der
ENTWICKLUNGEN                              lich und muss sich neuen Anforderungen stel-                                                                                                        Grundsatz des sparsamen Umgangs mit
2005 – 2018                                len. Dieser Prozess wird sich fortsetzten. Er                                                                                                       Grund und Boden.
                                           erfordert Konzepte für Wohnungsbau, Ar-
                                           beitsplätze, Grünflächen sowie Infrastruk-                                                                                                          Auch in Bezug auf die Herausforderungen
                                           tur- und Mobilitätsangebote. Dafür werden                                                                                                           des Wachstums geht der FNP vom Vorrang
                                           Flächen gebraucht – allein zur Deckung des                                                                                                          der Innenentwicklung aus. Die Flächenreser-
+ 12%                                      Wohnungsbedarfs bis 2030 für fast 200.000                                                                                                           ven der inneren Stadt sind jedoch begrenzt.
BEVÖLKERUNG                                zusätzliche Wohnungen.                                                                                                                              Die Aufmerksamkeit richtet sich daher ver-
                                                                                                                                                                                               stärkt auf integrierte Lagen in den äußeren
+ 29%
                                           Um den Flächenbedarf zu decken, müssen                                                                                                              Stadtteilen. Auch dort müssen Möglichkeiten
ERWERBSTÄTIGE
                                           vorhandene Stadtstrukturen intensiver                                                                                                               einer intensiveren Nutzung erschlossen und
+ 68% BRUTTO-                              genutzt und qualitätvoll weiterentwickelt                                                                                                           neue Quartiere entwickelt werden.
INLANDSPRODUKT                             sowie eine aktive Liegenschaftspolitik be-
                                           trieben werden. Darüber hinaus sind 16                                                                                                              Wachstum und Veränderung gehören zur
+ 25%
                                           neue Stadtquartiere geplant. Diese Entwick-                                                                                                         Identität der Metropole Berlin. Deshalb be-
UNTERNEHMEN
                                           lungsschwerpunkte sind erforderlich, um                                                                                                             darf es einer verlässlichen, integrierten Pla-
+ 44%                                      den Wohnungsbedarf bis 2030 zu decken.                                                                                                              nung und übergreifenden Koordination der
STUDIERENDE                                                                                                                                                                                    unterschiedlichen Anforderungen, Akteure
                                           Der Flächennutzungsplan hat bereits bei sei-                                                                                                        und Interessen. Eine wesentliche Vorausset-
+ 14%
                                           ner Aufstellung aus der Perspektive einer ge-                                                                                                       zung für den Umgang mit den Herausforde-
VERKAUFSFLÄCHE
                                           ordneten Stadtentwicklung eine Flächenvor-                                                                                                          rungen des Wachstums ist die Aktualisie-
IM EINZELHANDEL
                                           sorge für vielfältige Nutzungsansprüche                                                                                                             rung und Fortschreibung der räumlichen
Quelle: Amt für Statistik                  begründet. Diese Potenziale sind schritt-                                                                                                           Planungsgrundlagen sowohl auf der Ebene
Berlin-Brandenburg, Lange Reihen, 2019
                                           weise und bedarfsgerecht für die weitere                                                                                                            der Gesamtstadt als auch auf der Ebene der
                                           Stadtentwicklung zu aktivieren. Bei allen                                                                                                           teilräumlichen und bezirklichen Planungen.

8
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
FNP-Bericht 2020 | Zukunft gestalten

Koordinieren und aktivieren
Der Berliner Flächennutzungsplan ist das         Erforderlich ist eine inhaltlich und zeitlich
zentrale gesamtstädtische Planungsinstru-        abgestimmte Planung der Bauflächenent-
ment zur Regelung der Art der Bodennut-          wicklungen mit den Anforderungen der tech-
zung. Er koordiniert die Vielzahl sektoraler     nischen, sozialen und grünen Infrastruktur.
und teilräumlicher Planungen zur Stadtent-       So soll im Westraum zur Erschließung der
wicklung und identifiziert Flächenpotenziale     neuen Stadtquartiere Siemensstadt und
für den Bedarf der wachsenden Stadt.             Insel Gartenfeld die derzeit stillgelegte
                                                 Siemensbahn wieder aktiviert werden. Der
Ziel der Flächennutzungsplanung ist die Steue-   Nordosten hat die größten unerschlossenen
rung einer integrierten Stadtentwicklung.        Bauflächenpotenziale. Für deren Aktivierung
Um dieses Ziel umzusetzen und Bauflächen-        sind grundlegende Fragen zur Erschließung
potenziale insbesondere im Wohnsektor zu         mit dem öffentlichen Nahverkehr, des
aktivieren, hat der Senat im September 2018      übergeordneten Straßennetzes sowie u.a. der
ein „Handlungsprogramm zur Beschleuni-           dezentralen Regenentwässerung zu klären.
gung des Wohnungsbaus“ beschlossen. Kern-
element ist die Einrichtung einer „Taskforce     Der Südosten Berlins weist ebenfalls große
Stadtquartiere und Entwicklungsräume“. In        Bauflächenpotenziale auf. Hier sind Netz-
einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit       ergänzungen sowie bedarfsgerechte Infra-
werden die für eine zügige Stadtentwicklung      strukturangebote erforderlich. In der Innen-
wesentlichen gesamtstädtischen Handlungs-        stadt geht es vorrangig um die verträgliche
erfordernisse identifiziert, Maßnahmen ver-      Integration der vielen kleinteiligen Potenzi-
einbart und koordiniert umgesetzt.               ale und Projekte.

                                                                                                         seit Neubekanntmachung
                                                                                                         2015 beschlossen

                                                                                                         im Verfahren

                                                                                                 unterschieden in Größen-Kategorien:
                                                                                                 < 500, > 500, > 2.000 Wohnungen

                                                                                                         Entwicklungsräume der
                                                                                                         Koordinierungsplanung
                                                                                                         (generalisiert)

                                                                                                 FNP-Änderungen mit Aktivierung von
                                                                                                 Wohnungsbaupotenzialen
                                                                                                 und Entwicklungsräume

                                                                                                 Die seit 2015 abgeschlossenen und noch
                                                                                                 im Verfahren befindlichen FNP-Änderun-
                                                                                                 gen bereiten ein Potenzial von bis zu
                                                                                                 50.000 Wohnungen planerisch vor.

                                                                                                 Die Koordinierungsaufgabe der gesamt-
                                                                                                 städtischen Planung hat neben der inne-
                                                                                                 ren Stadt vor allem die großen Entwick-
                                                                                                 lungsräume im Westen, im Nordosten und
                                                                                                 im Südosten der Stadt im Einzugsbereich
                                                                                                 des neuen Flughafens BER im Blick.

                                                                                                                                       9
Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
BerlinStrategie 3.0 – Raumstrategie
(Stand: Stadtforum Nov. 2019)

Die BerlinStrategie richtet den Blick auf Schwerpunkt-
räume, in denen Berlin künftig Akzente setzen wird. Sie

                                                                                                                                             Urban Catalyst GmbH 2019
sind dort verortet, wo in den kommenden Jahren Verän-
derungen besonders zu steuern sind, sei es durch das
Bevölkerungswachstum, die Veränderung von Arbeits-
welten, den Klimawandel oder die Digitalisierung. In die-
sen Räumen sind Qualitäten zu bewahren, die Berlin
heute lebenswert machen, und Potenziale zu wecken,
um die Stadt gut für morgen aufzustellen.

       2. Wachstum                                          Ausgehend von den planerischen Erfahrungen der zurückliegenden Jahrzehnte
                                                            besteht die gesamtstädtische Planungsaufgabe darin, die Wachstumsimpulse

          nachhaltig
                                                            und Nutzungsansprüche nachhaltig für eine gut funktionierende und lebens-
                                                            werte Stadt zu steuern. Dabei ist die Stadt in ihrer Gesamtheit zu betrachten,
                                                            mit besonderem Augenmerk auf ausgewählte planerische Schwerpunkträume.
            steuern                                         Wesentliche Aufgaben für die Planung sind:

                                                            „    Der Wohnungsbedarf der wachsenden Stadt ist sozial, kompakt und
                                                                 urban zu decken.

                                                            „    Stadträume sind zu qualifizieren und Identitäten zu bewahren.

                                                            „    Der wirtschaftliche Strukturwandel ist zukunftsfähig zu gestalten.

                                                            „    Die Mobilitätsbedürfnisse der Berlinerinnen und Berliner sind stadtver-
                                                                 träglich zu organisieren.

                                                            „    Freiräume sollen qualifiziert, neue Formen der Erholung integriert und
                                                                 dabei die notwendige Anpassung an den Klimawandel und den Erhalt
                                                                 der Biodiversität berücksichtigt werden.

                                                            „    Bei allen Planungen und Maßnahmen sind die komplexen Auswirkun-
                                                                 gen auf die Gesamtstadt und ihre Teilräume in den Blick zu nehmen.

10
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern

                                                                                         SenSW/ R. Heicke

Wohnstadt Berlin                                                                                            WOHNUNGSMARKT
                                                                                                            2005 –2018

Aus Einwohnerzuwachs, Wachstums- und          bei kleinteiligen Verdichtungen im Bestand
Entlastungsbedarf werden bis 2030 über        (z.B. Lückenschließungen, Dachausbauten
190.000 neue Wohnungen benötigt. Vor-         und Aufstockungen).                                           + 104.000
aussetzung für eine Konsolidierung des                                                                      NEUE WOHNEINHEITEN
Wohnungsmarktes ist es, mehr und vor al-      Stadtentwicklungsplan Wohnen                                  GEBAUT
lem bezahlbare Wohnungen in allen Teilen      Auf Grundlage der Darstellungen des Flä-
                                                                                                            + 46%
der Stadt zu bauen. Dafür gibt der FNP die    chennutzungsplans sowie der Daten des
                                                                                                            BAUKOSTEN FÜR
räumliche Orientierung.                       verwaltungsinternen Wohnbauflächen-
                                                                                                            WOHNGEBÄUDE
                                              Informationssystems identifiziert der Stadt-
Wohnungsneubau ist ganz eindeutig die be-     entwicklungsplan (StEP) Wohnen 2030 ein                       VON 5,7% AUF 0,9%
stimmende Kernaufgabe der räumlichen          Flächenpotenzial für rund 200.000 zusätz-                     LEERSTANDSQUOTE
Planung und wird dies absehbar auch blei-     liche Wohnungen. Dies ist zur Abdeckung                       BEI WOHNUNGEN
ben. Schwerpunkte des Wohnungsneubaus         des Bedarfs ausreichend, wenn es gelingt,
                                                                                                            – 4,2%
(s. Karte auf Seite 12) liegen dabei in der   diese Flächen zu aktivieren und ihr Be-
                                                                                                            WOHNFLÄCHE/EINW.
Entwicklung von 16 neuen Stadtquartieren      bauungspotenzial umzusetzen. Ziel ist
und einer Reihe weiterer großer Neubau-       dabei, dass die Hälfte des erforderlichen                     – 38% (bis 2015)
standorte. Ergänzende Maßnahmen erge-         Neubaus als gemeinwohlorientierter Woh-                       BRACHFLÄCHEN
ben sich aus der Nachverdichtung und Ar-      nungsbau mit bezahlbaren Mieten ent-
                                                                                                            Quellen:
rondierung von Nachkriegssiedlungen und       steht.                                                        Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2019),
                                                                                                            IBB Wohnungsmarktberichte (2005/2017),
Einfamilienhausgebieten und nicht zuletzt                                                                   Destatis – Statistisches Bundesamt (2005/2017)

                                                                                                                                                     11
StEP Wohnen 2030*
Schwerpunkte des Wohnungsneubaus

     Neue Stadtquartiere

1    Blankenburger Süden
2    Buch
3    Buckower Felder
4    Europacity / Lehrter Straße
5    Wasserstadt Oberhavel
6    Insel Gartenfeld
7    Johannistal / Adlershof
8    Ehemaliger Güterbahnhof Köpenick
9    Lichterfelde Süd
10   Michelangelostraße
11   Schumacher Quartier
12   Rangierbahnhof Pankow
13   Neue Mitte Tempelhof
14   Schöneberger Linse

   Weitere neue Stadtquartiere*
15 Siemensstadt 2.0
16 Gut Hellersdorf

     Wohnungsneubaustandorte
     ab 200 Wohneinheiten

     Städtebaufördergebiete und
     Milieuschutzgebiete
     (nachrichtliche Übernahme)

     Weiterentwicklung
     bestehender Siedlungen

*Quelle: StEP Wohnen 2030,
für den FNP-Bericht ergänzt um die      Die räumlichen Schwerpunkte des Wohnungsneubaus liegen in 16 neuen Stadtquartieren. Hinzu kommen eine Vielzahl weiterer
Stadtquartiere Nr. 15 und 16.           großer Neubaustandorte sowie die Weiterentwicklung bestehender Siedlungen. Dabei gewinnt die äußere Stadt an Bedeutung.
                                        Ein großer Teil der rund 200.000 benötigten Neubauwohnungen soll im gemeinwohlorientierten Sektor entstehen.

WOHNUNGSBESTAND,                        Die künftige Entwicklung des Wohnens in                         der Verkehrsanbindung, der Entwässerung
FLÄCHENPOTENZIALE                       Berlin soll sich an folgenden Leitlinien des                    und der möglichen Auswirkungen auf die
                                        StEP Wohnen 2030 orientieren:                                   Umwelt und das Stadtklima zu bearbeiten
                                        „ Sozial und funktional vielfältige Quar-                       sowie Eigentumsfragen in der planerischen
                                            tiere schaffen und erhalten                                 Abwägung zu berücksichtigen. Zunehmend
                                        „ Kompakte Stadt lebenswert gestalten                           werden auch neue Arten von Maßnahmen
BESTAND 2019:                               und ausbauen                                                zu prüfen sein, wie die Überbauung von
1.600.000 WE                            „ Stadtentwicklung integriert betreiben                         Parkplätzen, Straßen- und Bahnflächen
                                        „ Baukulturelle und städtebauliche Quali-                       oder die Aufstockung bzw. Überbauung von
POTENZIALFLÄCHEN                            tät sicherstellen                                           Flachbauten des Einzelhandels.
STEP WOHNEN                             „ Siedlungsstruktur im regionalen Kon-
BIS 2030:                                   text weiterentwickeln                                       Stadtverträgliche Dichten
                                        „ Bezahlbaren Wohnraum für alle schaf-                          Insbesondere im Umfeld von S-, U- und
90.000 WE
                                            fen und bewahren                                            Straßenbahnhaltestellen soll eine ange-
KURZFRISTIG
                                        „ Stadtentwicklung ökologisch und klima-                        messene Bebauungsdichte den Flächenver-
63.000 WE                                   gerecht gestalten                                           brauch begrenzen und die Erschließungs-
MITTELFRISTIG                           „ Stadtentwicklung als partizipativen Pro-                      gunst für eine möglichst große Anzahl an
                                            zess der Stadtgesellschaft betreiben.                       neuen Wohnungen nutzen. Bei steigenden
47.000 WE
                                                                                                        Bodenpreisen können flächensparende Be-
LANGFRISTIG
                                        Komplexität bewältigen                                          bauungsformen dazu beitragen, die Wohn-
Quelle: StEP Wohnen 2030                Die für den Wohnungsbau noch verfügba-                          kosten niedrig zu halten. Hohe Dichten
                                        ren Flächen werfen oft komplexe Planungs-                       stellen jedoch besondere Anforderungen
                                        fragen auf. So sind Belange der Belastung                       an die städtebauliche und freiräumliche
                                        durch Lärm, Luftschadstoffe und Altlasten,                      Qualität der Vorhaben.

12
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern

Wohnfolgeeinrichtungen                                                           um den Verlust von Grün, vor Verschattung                      BAUGENEHMIGUNGEN
Wohnungsneubau muss durch die Schaf-                                             oder Überlastung der Infrastruktur, bis hin                    BAUFERTIGSTELLUNGEN
fung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge                                       zu Verdrängungsängsten durch Gentrifizie-
begleitet werden. Dazu gehören Kitas und                                         rung. Diese Bedenken sind frühzeitig aufzu-                    25.000

Schulen, Spielplätze, Jugendzentren und                                          greifen und die Auswirkungen der Planung
Kulturangebote sowie Grünflächen für die                                         auf die Bewohnerschaft zu beachten. Ent-                       20.000
Naherholung. Es ist Aufgabe einer voraus-                                        scheidend für die Akzeptanz ist neben einer
schauenden Planung, die dafür benötigten                                         überzeugenden Qualität des Vorhabens
Flächen zu sichern. Für Einrichtungen mit                                        auch ein transparenter Planungsprozess,                        15.000

übergeordneter Bedeutung geschieht dies                                          der die Nachbarschaft mitnimmt. Aber auch
im Rahmen der Flächennutzungsplanung.                                            die Stadtgesellschaft als Ganzes steht in der                  10.000
Die Berliner Bezirke haben in Sozialen Infra-                                    Pflicht, stellvertretend für Menschen, die
strukturkonzepten bestehende Defizite so-                                        eine angemessene Wohnung dringend su-
                                                                                                                                                5.000
wie den künftigen Bedarf an Wohnfolgeein-                                        chen oder neu nach Berlin ziehen.
richtungen ermittelt. Gerade bei größeren
Wohnungsbauprojekten ist der Zusatzbe-                                           Strategische Zukunftssicherung
darf von Anfang an zu berücksichtigen.                                           Aufgabe einer strategischen Stadtentwick-
                                                                                                                                                2009     11 12 13 14 15 16          2018
                                                                                 lungsplanung ist es auch, über den bereits
Einbindung der Stadtgesellschaft                                                 absehbaren Wohnungsbedarf hinaus lang-                         Quelle: Amt für Statistik Berlin-
                                                                                                                                                Brandenburg, 2018
Die Dringlichkeit der Schaffung von Wohn-                                        fristige Entwicklungsoptionen offen zu hal-
raum ist im öffentlichen Bewusstsein ange-                                       ten und dafür Flächenreserven zu sichern.
kommen. Dennoch stoßen Neubauvorhaben                                            Dies ist nicht zuletzt Aufgabe der Flächen-
oft auf Widerstand, getragen von Sorgen                                          nutzungsplanung.

                                                                                                               Wirksame FNP-Änderung

NEUES WOHNEN AM STADTRAND

      Stadtquartier Lichterfelde-Süd
Auf ehemals militärisch genutzten Flächen im Süden Berlins soll ein neues Stadtquartier
für mehr als 5.000 Bewohner entstehen. Dort sind 2.500 Wohnungen geplant, über 500 da-                                                          Abb. links: Das Konzept für das neue
                                                                                                                                                Stadtquartier sieht am S-Bahnhof einen
von werden im mietpreisgebundenen Wohnungsbau erstellt.                                                                                         öffentlichen Platz mit Läden und einer
Kitas und Spielplätze, Sportflächen, eine Grundschule und ein Jugendzentrum sind ebenso                                                         Grundschule vor. Von dort aus entwickelt
                                                                                                                                                sich die Bebauung entlang der Ränder
Teil der Planung wie die für die Versorgung notwendigen Läden und Dienstleistungsflächen.                                                       eines zentralen Grünbereiches.
Grünzüge gliedern das Gesamtgebiet und stellen Verbindungen mit der „grünen Mitte“ des
Standortes her, die in ihrer herausragenden landschaftlichen Qualität erhalten bleibt. Für                                                      Abb. rechts: Die geplante Bebauung
                                                                                                                                                lehnt sich an die Baugebiete der Thermo-
diese „Lichterfelder Weidelandschaft“ wird ein besonderes Pflegekonzept erarbeitet.                                                             metersiedlung (rechts) und entlang der
                                                                                                                                                S-Bahn (oben) an. Abwechslungsreiche
                                                                                                                                                Gehölz- und Wiesenflächen bleiben er-
                                                                                                                                                halten.
                                            Groth Gruppe (Stand November 2019)

                                                                                                                                                   Schnell finden im Internet:

                                                                                                                                                www.stadtentwicklung.berlin.de/
                                                                                                                                                wohnen/wohnungsbau/de/schwerpunkte/
                                                                                                                                                exposes/lichterfelde-sued-expose.pdf

                                                                                                                                                http://neulichterfelde.de/wp-content/
                                                                                                                                 Dirk Laubner

                                                                                                                                                uploads/2019/11/Flyer-Neulichterfelde.
                                                                                                                                                pdf

                                                                                                                                                                                    13
Auftraggeber: STADT UND LAND. Projektbearbeitung: Reicher Haase Assoziierte GmbH / Förder LA
Das neue Stadtquartier auf den Buckower
      Feldern wird rund 900 Wohnungen
   umfassen, davon 30% mit Mietpreis-

                                                                                                                                         Visualisierung: Lindenkreuz Eggert GbR
              und Belegungsbindungen.

       In städtischer Mischung sind auch
Versorgungseinrichtungen, eine Kita und
  Plätze in besonderen Wohnformen ge-
 plant, eine Schule liegt in unmittelbarer
                           Nachbarschaft.

   Durch Quartiersgaragen in Randlage
  kann das Gebiet verkehrsberuhigt und
        mit viel Grün gestaltet werden.

                                             Neue Stadtquartiere
                                             und Entwicklungsräume
16 NEUE                                      Berlin entwickelt 16 neue Stadtquartiere.     fristige Bauflächenreserve im Berliner Flä-
STADTQUARTIERE                               Dort soll eine vielfältige urbane Mischung    chennutzungsplan enthalten sind.
STAND 2019                                   entstehen, in der nicht nur Wohnungen
                                             ihren Platz finden, sondern auch Einkaufs-    Mit der Siemensstadt 2.0 als Vorhaben einer
                                             gelegenheiten, Dienstleistungen, Schulen      Aufwertung bisheriger Gewerbeflächen und
                                             und Kitas sowie Arbeitsplätze in Büros und    dem Gut Hellersdorf sind Ende 2019 zwei
                                             Gewerbebetrieben. Auch die Verkehrsanbin-     weitere Stadtquartiere hinzugekommen, die
CA. 110.000                                  dung muss stimmen. So entstehen attrak-       vielfältige Entwicklungsoptionen bieten.
EINWOHNER                                    tive Quartiere mit kurzen Wegen.
SOLLEN HIER LEBEN                                                                          Integrierte Planung
                                             Zwölf dieser neuen Quartiere sollen im        Die Planung der neuen Quartiere integriert
CA. 750 HA
                                             Sinne eines „Flächenrecycling“ auf bereits    fachübergreifend die unterschiedlichen An-
GESAMTFLÄCHE
                                             städtisch vorgenutzten Flächen entwickelt     forderungen, die sich auf die „Stadt von
(ALLE NUTZUNGEN)
                                             werden. Dazu gehören frühere Bahn-, Indust-   morgen“ richten. Dazu werden Wohnungen
CA. 30–50%                                   rie-, Militär- und Flughafengelände sowie     und Arbeitsplätze benötigt, aber auch Ein-
SOZIALWOHNUNGEN                              andere nicht (mehr) ihrer Lagequalität ent-   richtungen der sozialen und technischen In-
ANGESTREBT                                   sprechend genutzte Flächen. Nur in weni-      frastruktur sowie Grünflächen für die
                                             gen Fällen werden Landwirtschaftsflächen      Naherholung und die Entlastung des Stadt-
                                             am Stadtrand in Anspruch genommen, die        klimas. In der Planung zu berücksichtigen
                                             bereits seit den 1990er Jahren zusammen       sind weiterhin u.a. Fragen der Ver- und
                                             mit weiteren Entwicklungsräumen als lang-     Entsorgung und der Vorsorge gegenüber

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FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern

häufiger werdenden Starkregenereignissen.                                                                                                     Neue Formen eines stadtverträglichen, emis-
Und dazu gehört nicht zuletzt die Ver-                                                                                                        sionsarmen Gewerbes können heute im
kehrserschließung, die durch kurze Wege,                                                                                                      Nebeneinander mit Wohnen und Wohnfolge-
leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel                                                                                                    einrichtungen eingeordnet werden. Die Quar-
und attraktive Fuß- und Radwege sicher-                                                                                                       tierszentren sollen nicht durch Parkplätze
gestellt werden soll.                                                                                                                         und eingeschossige Handelsimmobilien
                                                                                                                                              dominiert werden. Ziel ist, den Wohnungs-
Urbane Mischung                                                                                                                               neubau durch belebte Erdgeschosse mit
Urbanität bedeutet Nutzungsmischung, Er-                                                                                                      Büros und Dienstleistungen zu ergänzen.
lebnisdichte, soziale Vielfalt und multifunk-
tionale öffentliche Räume. Kunst und Kultur                                                                                                   Die im FNP dargestellten gemischten Bau-
sollen ebenso ihren Platz finden wie Orte                                                                                                     flächen und die daraus in Bebauungsplänen
der Begegnung für Jugendliche und ältere                                                                                                      u.a. entwickelbare neue Baugebietskate-
Menschen. So entstehen neue Nachbarschaf-                                                                                                     gorie des „Urbanen Gebiets“ bieten Ansatz-
ten und es kann sich ein Quartiersbewußt-                                                                                                     punkte für die Entwicklung gemischt ge-
sein herausbilden.                                                                                                                            nutzter Quartiere mit hoher Urbanität.

                                                                                                                                                                                    Wirksame FNP-Änderung

                                                                                                                                              INNERSTÄDTISCHE PERIPHERIE WIRD URBAN

                                                                                                                                                      Europacity
                                                                                                                                              Nördlich des Hauptbahnhofs entsteht im
                                                                                                                                              „Niemandsland“ ehemaliger Bahnflächen die Europacity. Sie bietet Platz für
                                                                                                                                              rund 3.000 Wohnungen und über 10.000 Arbeitsplätze in zentraler Lage,
                                                                                                                                              außerdem für notwendige Wohnfolgeeinrichtungen und ein Nahversorgungs-
                                                                                                                                              zentrum. Um den Hamburger Bahnhof und in einem historischen Speicher-
                                                                                                                                              gebäude werden Flächen für Kunst und Kultur angeboten. Mehrere grüne
                                                              Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin, Abt. II / STK Berlin

                                                                                                                                              Stadtplätze und eine Promenade am Wasser bieten Freiräume für die Erho-
                                                                                                                                              lung, auch für Bewohner und Besucher aus anderen Teilen der Stadt. Es wer-
                                                                                                                                              den neue Verbindungen in die Nachbarquartiere in Mitte und Moabit herge-
                                                                                                                                              stellt, z.B. durch eine neue Brücke über den Schifffahrtskanal.

                                                                                                                                              Die Wiedergewinnung eines Stadtraums dieser Größe setzt einen umfangrei-
                                                                                                                                              chen Planungsvorlauf voraus. Ein städtebaulicher Wettbewerb bildete die
                                                                                                                                              Grundlage für einen ersten Masterplan, der schrittweise konkretisiert wurde.
                                                                                                                                              Dabei mussten Verkehrs-, Lärm- und Entwässerungsprobleme gelöst werden.
                                                                                                                                              Eine FNP-Änderung und mehrere Bebauungspläne schufen schließlich die
                                                                                                                                              Voraussetzungen für die Umsetzung der Planung in einer ausgewogenen Nut-
                                                                                                                                              zungsmischung. Dabei waren die Interessen der Stadtgesellschaft mit denen
                                                                                                                                              der Eigentümer zum Ausgleich zu bringen, deren finanzielle Beteiligung an
                                                                                                                                              öffentlichen Nutzungen in städtebaulichen Verträgen sichergestellt wurde.

Eine Vielzahl von Einzelprojekten sollen sich hier zu einem
durchmischten urbanen Stadtquartier zusammenfügen.
                                                                                                                                                 Schnell finden im Internet:
In der Europacity werden:
rund 5.500 Menschen in 3.000 Wohnungen leben,                                                                                                 www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtplanerische_konzepte/heidestrasse/downloads/Senat_Euro-
über 10.000 Menschen arbeiten,                                                                                                                pacity_ProjektBlaetter.pdf
fast 10 Hektar Grün- und Freiflächen zur Erholung dienen.                                                                                     http://europacity-berlin.de/

                                                                                                                                                                                                                                             15
Gemeinwohlorientierte Umsetzung                                                                           Ausgleich von Interessen
                                          Um eine stabile Sozialstruktur zu erreichen,                                                              All dies kann nur in einem breiten Interes-
                                          werden landeseigene Wohnungsbaugesell-                                                                    senausgleich gelingen. Gesamtstädtische
                                          schaften, Genossenschaften und Baugruppen                                                                 Erfordernisse, die Flächenbedarfe unter-
                                          sowie private Unternehmen als Bauherren                                                                   schiedlicher Nutzungen, die fachlichen An-
                                          einbezogen. Es sollen innovative gemein-                                                                  forderungen der Behörden, die Wünsche
                                          schaftliche und generationenübergreifende                                                                 und Interessen der betroffenen Nachbar-
                                          Wohnformen geschaffen werden. Das Berli-                                                                  schaften und die Bedarfe der künftigen
                                          ner Modell der kooperativen Baulandent-                                                                   Nutzer müssen gerecht und nachvollziehbar
                                          wicklung sichert einen Anteil von 30% Sozial-                                                             miteinander abgewogen werden. Dies
                                          wohnungen und trägt damit zur sozialen                                                                    geschieht sowohl im Rahmen der gesetzlich
                                          Mischung bei. Einrichtungen der sozialen                                                                  vorgesehenen Planungsverfahren als auch
                                          Infrastruktur sind zeitgleich mit dem Woh-                                                                durch frühzeitige Einbindung der Stadtge-
                                          nungsbau bereitzustellen. Dabei sind auch                                                                 sellschaft im Sinne der aktuellen „Leitlinien
                                          Defizite in den Nachbargebieten zu berück-                                                                für Bürgerbeteiligung“ (s. Seite 36, 37).
                                          sichtigen.

                                     Wirksame FNP-Änderung

                                          TRANSFORMATION EINES TRADITIONELLEN INDUSTRIERAUMS

                                                  Insel Gartenfeld
                               Die Insel Gartenfeld ist zusammen mit der
Wasserstadt Oberhavel, der Siemensstadt 2.0 und dem Gelände des Flugha-
fens Tegel Teil eines gemeinsamen Entwicklungsraums im Nordwesten von
Berlin. Nach der Aufgabe gewerblicher Produktionsnutzungen besteht die
Chance, das Gebiet im Sinne einer komplexen Quartiersentwicklung in Ver-
bindung von Wohnen und Arbeiten neu zu ordnen.
                                                                                                    Sudio Duplex / Bartscher Architekten

Rund 3.700 Wohnungen sollen hier entstehen, gebaut u.a. von gemeinnützi-
gen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Der südliche und
östliche Teil der Insel wird weiterhin als Fläche mit besonderer Bedeutung für
die industriell-gewerbliche Entwicklung Berlins gesichert. In einem gemischt
genutzten Quartier werden vorhandene, denkmalgeschützte Hallen umge-
nutzt. Ein neuer Schulcampus und mehrere Kitas ergänzen das Wohnungs-                                                                               Die bisher industriell geprägte Insel Gartenfeld soll zu
angebot. Die umschließenden Kanäle werden durch Ufergrünzüge zugäng-                                                                                einem gemischten Wohn- und Gewerbequartier beiderseits
                                                                                                                                                    eines zentralen Boulevards umgestaltet werden.
lich gemacht. Eine Reaktivierung der Siemensbahn soll das Ziel einer
autoarmen Quartiersentwicklung unterstützen.

Zur Umsetzung dieser Planungsziele wurde der Flächennutzungsplan geän-
                                                                                                    Masterplan Neues Gartenfeld, COBE Berlin GmbH

dert. Dabei mussten die Anforderungen von Wohnen, Arbeiten, Grün und In-
frastruktur im gesamtstädtischen Kontext abgewogen werden. Auf dieser
Grundlage schaffen Bebauungspläne Planungsrecht für konkrete Vorhaben.

  Schnell finden im Internet:

www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohnungsbau/de/schwerpunkte/exposes/insel-gartenfeld-expo-
se.pdf
www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/pix/fnp/download_wirksame/0116.pdf

16
FNP-Bericht 2020 | Wachstum
                                                                                      FNP-Bericht 2020 nachhaltig
                                                                                                       | Titel des Kapitels
                                                                                                                   steuern

                                                                                              Städtebauförderung
                                                                                              und soziale Erhaltungsgebiete

                                                                                              Die Sicherung des Wohnens in der inneren
                                                                                              Stadt ist ein wichtiges Ziel des FNP. Durch
                                                                                              Erhaltungs- und Fördergebiete wird sicher-
                                                                                              gestellt, dass Wohnen in bestehenden
                                                                                              Stadtquartieren attraktiv und bezahlbar
                                                                                              bleibt. Gegenwärtig sind 56 Milieuschutz-
                                                                                              gebiete festgelegt (Ende 2019). Weitere
                                                                                              sind geplant.

Bewahren und entwickeln                                                                       INSTRUMENTE
                                                                                              GEMEINWOHLORIENTIERTER
                                                                                              STADTENTWICKLUNG
                                                                                              STAND 2019
Berlin muss nicht neu erfunden werden. Der     Soziale Erhaltungsgebiete
weitaus größte Teil der Stadt ist in seiner    Soziale Erhaltungsverordnungen für soge-
Nutzung bereits festgelegt. Die Weiterent-     nannte Milieuschutzgebiete sollen die vor-
wicklung bestehender Stadtteile und Quar-      handene Zusammensetzung der Wohnbe-
tiere ist daher eine wichtige Aufgabe der      völkerung sichern und dazu beitragen, dass     56 SOZIALE
räumlichen Planung. Dabei geht es zum          die Bewohnerinnen und Bewohner dort            ERHALTUNGSGEBIETE
einen darum, benachteiligte Quartiere zu       bleiben können. Mit diesem Ziel sind dort      850.000 EINWOHNER
stärken. Zum anderen müssen sich auch          bauliche Maßnahmen, die das Wohnen ver-
                                                                                              8 SANIERUNGSGEBIETE
Bestandsgebiete den Anforderungen einer        teuern könnten, sowie die Umnutzung von
                                                                                              86.000 EINWOHNER
wachsenden Stadt anpassen; es wird auch        Wohnungen und die Umwandlung in Eigen-
hier zu baulichen Verdichtungen kommen.        tum nur eingeschränkt möglich.                 34 QUARTIERS-
                                                                                              MANAGEMENTGEBIETE
Der Berliner Flächennutzungsplan orien-        Sanierungsgebiete                              423.000 EINWOHNER
tiert sich in der Darstellung von Bauflächen   In Gebieten mit schwerwiegenden Missstän-
                                                                                              18 STADTUMBAUGEBIETE
und Dichtestufen an der vorhandenen            den bietet das Sanierungsrecht weiterge-
                                                                                              712.000 EINWOHNER
Stadt. Er trägt damit zur Sicherung von Be-    hende Möglichkeiten, durch ein umfassen-
standsstrukturen bei, lässt aber auch Spiel-   des Maßnahmepaket die Wohn-, Arbeits-          Einwohnerzahlen gerundet,
                                                                                              zum Teil Überschneidungen der
räume für eine bauliche Entwicklung. Er        und Umweltbedingungen in den acht förm-        Gebietskulissen

wird ergänzt durch andere städtebauliche       lichen Sanierungsgebieten zu verbessern.
Instrumente, durch die Bestandsqualitäten      Neben diesen Programmen werden viele
gesichert und aufgewertet werden können.       Einzelprojekte planerisch begleitet, um auch

                                                                                                                                    17
richtungen der sozialen Infrastruktur und
                                                                                                                                                 attraktiven Grünflächen verbessert werden.
                                                                                                                                                 Dabei geht es auch darum, die Stadt weiter-
                                                                                                                                                 zubauen, Entwicklungschancen aufzugrei-
                                                                                                                                                 fen und neue Projekte vorzubereiten.

                                                                                                                                                 Quartiersmanagement
                                                                                                                                                 Ein Quartiersmanagement unterstützt

                                                                                                            Spath+Nagel
                                                                                                                                                 benachteiligte Stadtteile. Es aktiviert die
                                                                                                                                                 Bewohnerschaft und beteiligt sie an der
Auch in innenstadtnahen Lagen wie der Luisenstadt finden sich noch Potenziale für eine sozialverträgliche
                                                                                                                                                 Weiterentwicklung ihres Kiezes. Das Quar-
Quartiersentwicklung, z.B. durch Aufstockung von eingeschossigen Funktionsbauten, Überbauung von Park-                                           tiersmanagement vor Ort leistet dazu orga-
plätzen, Dachgeschossausbau und Lückenschließungen.
                                                                                                                                                 nisatorische Unterstützung. Für interessante
                                                                                                                                                 Projektideen stehen Fördermittel bereit.
                                             hier den Anforderungen gerecht zu werden,
                                             die sich aus der demografischen Entwick-                                                            Qualifizierung von Gewerbegebieten
                                             lung, dem Bevölkerungswachstum und der                                                              Auch Gewerbegebiete stehen unter Verän-
                                             Qualifizierung öffentlicher Räume ergeben.                                                          derungsdruck und müssen sich wachsen-
                                                                                                                                                 den Anforderungen anpassen. Der FNP und
                                             Städtebaufördergebiete                                                                              der StEP Wirtschaft 2030 verfolgen gemein-
                                             Mit dem Stadtumbauprogramm Berlins sol-                                                             sam das Ziel, die vorhandenen Gewerbe-
                                             len in 18 Fördergebieten Straßen und Plätze                                                         gebiete zu sichern und ihre jeweiligen Lage-
                                             aufgewertet und die Versorgung mit Ein-                                                             qualitäten optimal zu nutzen.

                                        Ausschnitt aus dem FNP

                                             STABILISIERUNG UND ERGÄNZUNG
                                             EINES INNENSTADTQUARTIERS

                                                      Luisenstadt
Die historische Luisenstadt war durch ein enges Nebeneinander von Wohnen
                                                                                                                      euroluftbild.de/Robert Grahn

und Gewerbe in der typischen Berliner Mischung geprägt. Nach flächenhaften
Kriegszerstörungen erfolgte ein Wiederaufbau in der Form von aufgelockerten
Wohnsiedlungen. Lücken, die beiderseits der Mauer geblieben waren, wur-
den nach 1990 wieder geschlossen. Ziel ist heute die Reurbanisierung dieses
begehrten innerstädtischen Quartiers und seine Entwicklung zum Wasser mit
einer Aufwertung der öffentlichen Räume. Im Rahmen des Stadtumbaus und
des städtebaulichen Denkmalschutzes kommen dabei unterschiedliche
Instrumente zum Einsatz.

Der Grünzug im Verlauf des früheren Luisenstädtischen Kanals mit dem Engelbecken trägt zur Wohnqualität
dieser begehrten Innenstadtlage bei. Durch Festsetzung von städtebaulichen Erhaltungsgebieten soll einer
befürchteten „Gentrifizierung“ von Teilen der Luisenstadt entgegengewirkt werden.

  Schnell finden im Internet:

www.luisenstadt-mitte.de/foerdergebiet/sanierungsgebiet.html
                                                                                                                      KoSP GmbH

www.stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/foerderprogramme/stadterneuerung/soziale_erhaltungsge-
biete/index.shtml

18
FNP-Bericht 2020 | Wachstum
                                                                                      FNP-Bericht 2020 nachhaltig
                                                                                                       | Titel des Kapitels
                                                                                                                   steuern

                                                                                                         Mit dem EUREF-Campus wird ein frühe-
                                                                                                         res Gaswerksgelände in Schöneberg zu
                                                                                                         einem neuen urbanen Stadtraum.

                                                                                                         Bisher sind neben Einrichtungen von
                                                                                                         Wissenschaft und Forschung bereits 3.500
                                                                                                         Arbeitsplätze in modernen Technologie-
                                                                                                         betrieben entstanden.

                                                                                              EUREF-AG
                                                                                                         Denkmalgeschützte Baulichkeiten wie der
                                                                                                         Gasometer wurden integriert.

Qualitätvolle Stadträume
Durch die Aufgabe von Bahnflächen, Altge-       Chancen für die Stadtentwicklung
werbe und Infrastrukturstandorten, aber         Nach 1990 wurden großflächige Militär-
auch durch frühere Verkehrsplanungen sind       standorte aufgegeben, die meist kaum in
Lücken und Brüche in der Stadtstruktur ent-     die umgebenden Stadtstrukturen integriert
standen. Damit verbindet sich die Chance,       waren. Auch eine Reihe von großen Infra-
Stadträume zurückzugewinnen und aufzu-          struktureinrichtungen wie Gaswerke und
werten.                                         Kläranlagen und nicht zuletzt Bahnanlagen
                                                und Flughafenflächen wurden bzw. werden
Ziel ist es, die bestehenden Stadtquartiere     entbehrlich.
in ihrer Identität zu stärken und ihre Poten-
ziale effizient zu nutzen. Dabei sollen Flä-    Mit der Integration aufgegebener Standorte
chen für dringend benötigten Wohnraum           in das Stadtgefüge, dem Rückbau von nicht
gewonnen und die Versorgung mit Schulen,        mehr benötigten Verkehrsflächen und der
Kindertagesstätten und sozialen Einrichtun-     Verbindung voneinander isolierter Quar-
gen anforderungsgerecht ergänzt werden.         tiere ergeben sich neue Chancen für die
Häufig bietet sich auch die Möglichkeit,        Stadtentwicklung. Lückenschließungen und
dicht bebaute Stadtquartiere durch Grün-        Verknüpfungen schaffen eine neue Lage-
und Freiflächen mit hoher Nutzungsqualiät       gunst, die es im Interesse der Gesamtstadt
aufzuwerten und neue Wegeverbindungen           und der angrenzenden Quartiere zu nutzen
in der Stadt zu öffnen.                         gilt. Frei gewordene Flächen können für er-

                                                                                                                                            19
Simulation: SenStadt, [M] Dreßler
      Der Molkenmarkt ist heute nur eine
breite Straßenschneise. Ein Rückbau auf
   das verkehrlich notwendige Maß wird
   eine Ergänzung des Klosterviertels als
 urban durchmischtes Quartier mit Woh-
nungen, Büros, Einzelhandel und Dienst-
 leistungen ermöglichen. Eine prägnante
     Lücke in der historischen Innenstadt
     Berlins kann so geschlossen werden.

                                            gänzende Nutzungen, auch in gemischten           zenarten. Bei der Neukonzeption sind frei-
                                            urbanen Strukturen, aktiviert werden: Für        raumplanerische und stadtklimatische
                                            Wohnungsbau, nachhaltige Versorgungs-            Aspekte zu berücksichtigen, das Verkehrs-
                                            infrastruktur, zukunftsfähige Arbeitsplätze      aufkommen ist verträglich abzuwickeln.
                                            sowie für Erholungsangebote, klimatisch          Die Qualifizierung von Stadträumen setzt
                                            wirksame Grünflächen und Grünzüge. Da-           voraus, dass diese Rahmenbedingungen
                                            durch steigt die Lebensqualität in den           unter Beteiligung der zuständigen Behör-
                                            Quartieren. Durch solche Maßnahmen der           den und Fachleute abgeklärt werden.
                                            Innenentwicklung wird zugleich die Inan-
                                            spruchnahme von Freiflächen im Außen-            Fläche ist in der Stadt ein knappes Gut, auf
                                            raum der Stadt reduziert.                        das sich meist verschiedene berechtigte An-
                                                                                             sprüche richten. Wohnen und Gewerbe,
                                            Anspruchsvolle Planungsaufgabe                   Grünflächen, Schulen und soziale Einrich-
                                            Für die Wiedergewinnung qualitätvoller           tungen benötigen Platz. Stadtreparatur
                                            Stadträume gibt es keine Patentrezepte           kann nur gelingen, wenn die Neuplanung ei-
                                            oder einfachen Lösungen. Um die gegebe-          nen konsensfähigen Ausgleich zwischen
                                            nen Chancen für die Stadtentwicklung             diesen unterschiedlichen Anforderungen
                                            nutzen zu können, muss sich die Planung          und Interessen findet. Dies erfordert in der
                                            vielmehr mit unterschiedlichsten Frage-          Regel einen intensiven Abstimmungspro-
                                            stellungen auseinandersetzen.                    zess unter Weiterentwicklung der Planun-
                                                                                             gen im Detail und Beteiligung der Bürgerin-
                                            Stadträume, die einer Qualifizierung be-         nen und Bürger.
                                            dürfen, sind häufig durch Verkehrslärm
                                            belastet. Gewerbliche Vornutzungen haben         Die Aufwertung von Stadträumen soll allen
                                            oft Altlasten hinterlassen, die beseitigt wer-   Bewohnern zugute kommen. Dies ist neben
                                            den müssen. Auf entbehrlichen Bahnanla-          den Interessen der unmittelbar betroffenen
                                            gen können weiterhin betriebsnotwendige          Eigentümer, Nutzer und Anwohner und den
                                            Nutzungen verbleiben. Längere Zeit unge-         verschiedenen fachlichen Erfordernissen bei
                                            störte Flächen bilden einen Rückzugsraum         allen planerischen Entscheidungen zu be-
                                            für seltene und geschützte Tier- und Pflan-      rücksichtigen.

20
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern

Stadtreparaturen                                 bahnhöfe für den Wohnungsbau verfügbar
Außer den großen Stadtentwicklungspro-           (z.B. in Zehlendorf und Neukölln). Im Verlauf
jekten wurde eine Vielzahl von kleinteilige-     der ehemaligen innerstädtischen Grenze
ren Maßnahmen der Stadtreparatur durch           konnten Lücken in der Stadtstruktur ge-
FNP-Änderungen ermöglicht, in der Regel im       schlossen werden. Am Blockdammweg in
Parallelverfahren zur Bebauungsplanung.          Karlshorst soll auf einer brachliegenden Ge-
Auch dadurch wurden Flächen für dringend         werbefläche ein neues Wohnquartier ent-
benötigten Wohnungsbau, für soziale Infra-       stehen. Aus gesamtstädtischer Sicht nicht
strukturen und Grünflächen verfügbar und         mehr benötigte Krankenhausstandorte bie-
die betroffenen Stadträume aufgewertet.          ten Chancen für den Wohnungsbau im Ein-
                                                 klang mit angrenzenden Nutzungen. Durch
Ausgangspunkt für solche Maßnahmen ist           Umnutzung eines Brauereistandorts wurde
meist die Aufgabe von Flächen oder Stand-        Neukölln-Nord als Wohn- und Infrastruktur-
orten, die für ihre frühere Nutzung nicht        standort gestärkt. Die „Schöneberger Linse“
mehr benötigt werden. Dafür gibt es viele        am Bahnhof Südkreuz wird zu einem ge-
Beispiele: So wurden etwa frühere Güter-         mischten Stadtquartier weiterentwickelt.

                                                                                  Wirksame FNP-Änderung

URBANISIERUNG AUFGEGEBENER VERKEHRSFLÄCHEN

      Güterbahnhof Wilmersdorf
                                (3)                                         (5)
                                                                                                                             (1) Geförderter Wohnungsbau
(1)                                                                                               www.Friedenauerhoehe.com
                                           (4)                                                                               (2) Kita und Schule
                                                                                                                             (3) 1 bis 4-Zimmerwohnungen mit
                                                                                                                             Garten, Balkon oder Dachterrasse
                          (3)                                                                                                (4) Öffentliche Parkanlage mit Spiel-
                                                                                                                             platz, großkronigen Bäumen, Ruhe-
(2)
                                                                                                                             garten und Radweg
                                                                                                                             (5) Büro, Nahversorgung und Gewerbe

                                                                                                                               Schnell finden im Internet:
Im Norden von Friedenau sind die Flächen des früheren Güterbahnhofs Wilmersdorf seit
vielen Jahren nicht mehr für den Bahnbetrieb erforderlich. Die begehrte Lage am Rand der                                     www.stadtentwicklung.berlin.de/
                                                                                                                             planen/fnp/pix/fnp/download_
Innenstadt wird jetzt unter dem Projektnamen „Friedenauer Höhe“ für den Bau von rund                                         wirks_0915/0305.pdf
1.500 Wohnungen genutzt, davon ein Viertel mietpreisgebunden. Durch Einzelhandel und
Büros werden Schöneberg und Friedenau entlang der Hauptstraße besser miteinander ver-                                        Unmittelbar am S-Bahnhof Innsbrucker
                                                                                                                             Platz wurden weiträumige frühere Bahn-
knüpft. Eine nach Süden orientierte langgestreckte Riegelbebauung soll die verkehrsfreie grüne                               flächen (Foto 2018) für neue städtische
Mitte des Gebiets und die anschließenden Neubau- und Bestandsgebiete gegen den Lärm                                          Nutzungen aufbereitet (Konzept 2019).

von Autobahn- und S-Bahnring abschirmen.

Vorangegangen war ein Werkstattverfah-
ren, das die Grundlage für eine Änderung
des Flächennutzungsplans (2014) und die
Aufstellung eines Bebauungsplans (2016)
bildete. Neben der Lärmproblematik waren
dabei Fragen der Altlastenbeseitigung, der
Verkehrsführung und der stadtklimatischen
                                                                                                                                                                       Dirk Laubner

Auswirkungen zu klären.

                                                                                                                                                                 21
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Gesamtstädtische Ausgleichskonzeption

       Sechs Leitprojekte sollen die Maß-
  nahmen bündeln, die zum Ausgleich von
Eingriffen in Natur und Landschaft durch
   neue Stadtquartiere (orange) erforder-
lich werden. Für die konkrete Umsetzung
           in diesen Suchräumen wird ein
      übergeordnetes Entwicklungs- und
             Maßnahmenkonzept erstellt.

                                            Grün, urban und klimagerecht
                                            Berlin ist eine grüne Stadt. Wälder, Parkan-    Das Grundgerüst der grünen Infrastruktur
                                            lagen, Stadtbäume, Gewässer, grüne Wege         erfüllt neben seinen Erholungsfunktionen
                                            und Naherholungslandschaften sind ent-          wichtige „Ökosystemleistungen“ wie die
                                            scheidend für die Attraktivität der Stadt als   Vernetzung von Biotopen und die Begren-
                                            urbaner Lebensraum. Damit dies so bleibt,       zung von Klimafolgeerscheinungen. Diese
                                            muss vorgesorgt werden. Strategische pla-       sollen weiterhin gewährleistet werden, u.a.
                                            nerische Grundlage einer grünen Daseins-        durch Flächensicherung im FNP.
                                            vorsorge sind in Ergänzung des FNP das
                                            Landschaftsprogramm und die Gesamtstäd-         FNP und Landschaftsprogramm
                                            tische Ausgleichskonzeption. Gemeinsam          Die Erfordernisse und Maßnahmen des
                                            gewährleisten sie eine integrierte Planung,     Naturschutzes und der Landschaftspflege
                                            auf deren Basis bauliche Eingriffe koordi-      werden im gesamtstädtischen Landschafts-
                                            niert und kompensiert werden.                   programm (LaPro) dargestellt. Dessen Vor-
                                                                                            gaben sind auf allen Ebenen der räumlichen
                                            Im Zuge der wachsenden Stadt mit der            Planung zu berücksichtigen. FNP und LaPro
                                            dadurch bedingten Verdichtung und neuen         sind aufeinander bezogen und ergänzen ei-
                                            Bebauungs- und Siedlungsprojekten müs-          nander. Bei Änderungen des FNP werden die
                                            sen Grünräume durch ihre natürlichen,           in vier Programmplänen zusammengefass-
                                            ökologischen, stadtklimatischen und Erho-       ten Aussagen des LaPro in die Umweltprü-
                                            lungsfunktionen zu einem Ausgleich bei-         fung (s. Seite 25) einbezogen und mit hohem
                                            tragen.                                         Gewicht in die Abwägung eingestellt.

22
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern

Ausgleich von Eingriffen, Ökokonto                                        bei der Planung von Bauprojekten ermittelt
Mit der Gesamtstädtischen Ausgleichskon-                                  wurden, gleichwertige Ausgleichsmaßnah-
zeption verfolgt Berlin das Ziel, für ausge-                              men zugeordnet werden. Ein erstes Öko-
wählte Vorhaben von übergeordneter Bedeu-                                 konto ist für die ökologische Aufwertung
tung den gesetzlich geforderten Ausgleich für                             der Malchower Auenlandschaft vorgesehen.
Eingriffe in Natur und Landschaft frühzeitig                              Hier sollen u.a. Maßnahmen im Zusammen-
sicherzustellen. Unvermeidbare Umwelt-                                    hang mit dem geplanten Stadtquartier
auswirkungen der neuen Stadtquartiere                                     „Blankenburger Süden“ erfolgen.
und anderer großer Bauvorhaben sollen auf
dieser Grundlage ausgeglichen und zugleich                                Lebensqualität durch urbanes Grün
ein Mehrwert für Mensch und Natur ge-                                     Die in einem breiten Beteiligungsprozess
schaffen werden. Kern eines künftigen                                     erarbeitete „Charta für das Berliner Stadt-
Kompensationsmanagements ist ein Öko-                                     grün“ bekräftigt den Grundsatz der Gleich-
konto für die Bauleitplanung. Damit können                                zeitigkeit von grüner und baulicher Entwick-
den Eingriffen in Natur und Landschaft, die                               lung. Die Sicherung und Qualifizierung sowie

                                                                                                       Wirksame FNP-Änderung

NEUE FREIFLÄCHEN MIT VIELEN FUNKTIONEN

        Park am Gleisdreieck
        Schöneberger Südgelände
                                                                          Als Ausgleichsmaßnahme für die Bebauung
                                                                          am Potsdamer Platz entstand seit 2008 ein
                                                                          26 ha großer Park, der gekennzeichnet ist
                                                                          durch eine weitläufige Wiesenlandschaft
                                                                          und Offenheit in Kombination mit der natür-
                                                                          lich gewachsenen Vegetation sowie Relikten
                                                                          historischer Bahnanlagen. Leitidee der Ge-
                                                                          staltung war es, am Gleisdreieck einen „Park
                                                                          der zwei Geschwindigkeiten“ zu schaffen, in
                                                                          dem sowohl sportliche Aktivitäten als auch
                                                                          eine ruhige Erholungsnutzung und Natur-
                                                                          erfahrung möglich sind.

                                                                          Der Park ist eingebunden in einen überge-
                                                                          ordneten Nord-Süd-Grünzug, der als Biotop-
                                                           Dirk Laubner

                                                                          und Freiraumverbund die Verbindung mit
                                                                          dem Tiergarten und dem Natur-Park Schö-
                                                                                                                                                                        Grün Berlin GmbH

                                                                          neberger Südgelände herstellt. Der angren-
  Schnell finden im Internet:                                             zende Hans-Baluschek-Park wurde ebenfalls
                                                                          als Ausgleichsmaßnahme auf früheren Bahn-
www.berlin.de/senuvk/umwelt/stadtgruen/gruenanlagen/de/
gruenanlagen_plaetze/kreuzberg/gleisdreieck/index.shtml                   flächen realisiert und ergänzt die ökologi-          Auf früheren Bahnflächen bietet der
https://gruen-berlin.de/natur-park-sudgelande/ueber-den-                                                                       Park am Gleisdreieck attraktive Frei-
                                                                          sche Bedeutung des Südgeländes durch viel-           flächenangebote für die dicht bebauten
park
https://gruen-berlin.de/projekt/hans-baluschek-park                       seitige Erholungsmöglichkeiten.                      Quartiere von Keuzberg und Schöneberg.

                                                                                                                                                                 23
Spath+Nagel
                               Die im Flächennutzungsplan dargestellten Grünzüge an den Ufern der Berliner Gewässer – wie hier am Spreeufer vor dem Kraft-
                               werk Charlottenburg – werden schrittweise ergänzt und tragen zur Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt bei.

GRÜNES BERLIN                  der weitere Ausbau einer hochwertigen grü-                      noch intensiver wahrnehmen. Einige Flächen
STAND 2018                     nen Infrastruktur sollen in allen Projekten                     werden allerdings zur Erweiterung von Infra-
                               der Stadtentwicklung interdisziplinär und                       strukturstandorten oder aufgrund ihrer ver-
                               ressortübergreifend nachhaltig geplant und                      kehrsgünstigen Lage von anderen wichtigen
                               umgesetzt werden. Im Sinne der Umweltge-                        öffentlichen Belangen der wachsenden
                               rechtigkeit ist es Ziel, auch für unterversorgte                Stadt erfasst. Insgesamt soll die Anzahl der
12.430 HA                      Stadtgebiete eine hochwertige Ausstattung                       Kleingärten erhalten bleiben.
LANDSCHAFTSSCHUTZ-             mit Freiflächen zu erreichen. Bei der Planung
GEBIETE                        neuer Stadtquartiere ist die Grünversorgung                     Klimaschutz und Klimaanpassung
                               von vornherein mitzudenken.                                     Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 zu
2.660 HA
                                                                                               einer klimaneutralen Stadt zu werden. Das
NATUR-
                               Die Berliner „Strategie Stadtlandschaft“ ver-                   Berliner Energie- und Klimaschutzpro-
SCHUTZGEBIETE
                               folgt das Ziel, durch sozial- und klimage-                      gramm (BEK 2030) enthält rund 100 Maß-
15.760 HA                      rechte Weiterentwicklung des Stadtgrüns                         nahmen zum Klimaschutz und zur Anpas-
WALD                           die Lebensqualität in der Stadt langfristig zu                  sung an die Folgen des Klimawandels.
                               sichern. Im Mittelpunkt stehen drei Themen:                     Maßnahmen in den Handlungsfeldern Ener-
2.930 HA
                               „ „Schöne Stadt“: Sicherung einer hohen                         gie, Verkehr, Gebäude, Stadtentwicklung,
KLEINGÄRTEN
                                    Gestaltqualität, Schutz der Garten-                        Wirtschaft, Haushalte und Konsum sollen
ÜBER 430.000                        denkmale                                                   zu einer Verringerung der CO2-Emissionen
STRASSENBÄUME                  „ „Urbane Natur“: Verflechtung von                              beitragen. Zur Klimaanpassung sind Maß-
                                    Naturräumen und Siedlungsquartieren                        nahmen der Energieeinsparung und Vor-
GRÜNSTER
                               „ „Produktive Landschaft“: Urbane                               sorge gegen Überwärmung vorgesehen.
BEZIRK
                                    Landwirtschaft, Gärtnern in der Stadt.                     Auch hier spielen der Erhalt und die Ent-
TREPTOW-
                                                                                               wicklung des Stadtgrüns eine wichtige Rolle.
KÖPENICK MIT
                               In Berlin gibt es über 70.000 Kleingärten.                      Weitere Bausteine der Berliner Klimaschutz-
NUR 45%
                               Diese sind überwiegend Bestandteil des Ber-                     strategie sind der StEP Klima, Klima KON-
SIEDLUNGSFLÄCHE
                               liner Freiraumverbundes und erfüllen neben                      KRET und der Luftreinhalteplan.
Quelle: Amt für Statistik      sozialen auch wichtige Funktionen für Öko-
Berlin-Brandenburg 2018/2019
                               logie und Erholung. Durch Öffnung für die                       Erhalt der biologischen Vielfalt
                               Allgemeinheit und neue Formen gärtneri-                         Die Stadt ist auch Naturraum, in dem viel-
                               scher Nutzung sollen sie diese Funktionen                       fältige Tier- und Pflanzengesellschaften ihre

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