Stadt vorausdenken Flächennutzungsplanung für Berlin FNP-Bericht 2020 - Planen
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Impressum Herausgeber Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Kommunikation und Bürgerbeteiligung Württembergische Straße 6 10707 Berlin www.stadtentwicklung.berlin.de Inhalte und Bearbeitung Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Abteilung Stadtplanung, Referat Flächennutzungsplanung und stadtplanerische Konzepte Dr. Roland Heicke Silke Stockum Frank Wolter in Zusammenarbeit mit Büro für Städtebau Spath+Nagel, Berlin Grafik und Layout Petra Dreßler, Vision & Gestalt, Berlin Abbildungen Daten, Grafiken und Fotos, soweit nicht anders erwähnt, von SenStadtWohn FNP-Grafiken: Fa. SRP-GmbH, Anja Englisch Titelbild: SenStadtWohn Berlin, Fotograf Dirk Laubner Druck medialis Offsetdruck GmbH, Berlin FSC zertifiziert und klimaneutral produziert Berlin, April 2020
Inhalt Einführung 5 1. Zukunft gestalten 6 Planung für die gesamte Stadt 7 Wachstum braucht Fläche 8 Koordinieren und aktivieren 9 2. Wachstum nachhaltig steuern 10 Wohnstadt Berlin 11 Neue Stadtquartiere und Entwicklungsräume 14 Bewahren und entwickeln 17 Qualitätvolle Stadträume 19 Grün, urban und klimagerecht 22 Arbeiten in der Stadt 26 Lebendige Zentren 30 Stadtverträgliche Mobilität 32 3. Gemeinsam planen 34 FNP im Dialog 35 In Projekten mitgestalten 36 4. Einhundert Jahre Planung für Berlin 38 Kontinuität und Wandel 39 Mit dem FNP steuern 41 Stadtregional zusammenarbeiten 45 FNP-Bilanz 48 Abkürzungen 53 Flächennutzungsplan Januar 2020 Umschlag hinten
Zusammenhänge der Stadt im Blick Flächennutzungsplanung für Berlin Berlin ist eine Stadt für alle. Sie ist attraktiv, zieht viele Menschen an, schafft neue Arbeits- plätze, wird immer mehr Metropole. Berlin verändert sich ständig. Daraus ergeben sich viel- fältige Interessen. Und diese treffen auf ein Stadtgebiet, dessen Fläche begrenzt ist. Flä- chenkonkurrenzen nehmen zu. Damit die Stadt funktioniert, müssen zukünftige räumliche Entwicklungen vorgedacht werden. Ein Instrument, dies geordnet und ausgewogen umzu- setzen, ist die Flächennutzungsplanung. Vorsorge treffen für die Stadt von morgen Wie soll sich die Stadt räumlich entwickeln? Wo soll gewohnt werden, wo gearbeitet? Wie leben wir Mobilität? Wie sieht das grüne Gerüst der Stadt aus? Was ist stabil? Wo sind Ver- änderungen sinnvoll? Wie sieht die zukünftige Verteilung der Nutzungen im Stadtgebiet aus? Für unterschiedlichste Anforderungen muss Stadtplanung Vorsorge treffen. Orientiert an der vorhandenen Stadtstruktur, dem Mobilitätsnetz sowie der Infrastruktur enthält der Flächennutzungsplan (FNP) Potenziale für alle Funktionen. Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen Der FNP zeigt für das gesamte Stadtgebiet auf, welche Flächen sich für das Wohnen, für Ge- werbe oder Stadtzentren eignen bzw. welche Freiflächen dauerhaft erhalten bleiben sollen. Wesentliche Zielsetzungen des FNP sind die Sicherung des Wohnens in der Stadt, die urbane Mischung, die ausgewogene Versorgung in allen Teilen der Stadt, die gute Erschließung durch den öffentlichen Personenverkehr sowie die Sicherung der Erholungs- und Freiräume. Daraus abgeleitet zeigt der FNP zum Beispiel die Entwicklungspotenziale für neue Stadt- quartiere auf. Viele Interessen betrachten Die Einwohnerzahl Berlins ist in den letzten Jahren in der Größenordnung einer Großstadt bzw. eines mittleren Berliner Bezirks gewachsen – mit dem entsprechenden Bedarf an Woh- nungsbau, sozialer Infrastruktur, öffentlichem Nahverkehr sowie Frei- und Erholungs- flächen. Das Grundgerüst des FNP betrachtet alle Nutzungen integriert, d.h. es werden alle Themen aufgegriffen und es erfolgt eine Abwägung zwischen den unterschiedlichen Anfor- derungen. So wird sichergestellt, dass Stadtentwicklung nachhaltig, flächensparend, stadt- wirtschaftlich und sozial verträglich erfolgt. Nutzungskonflikte transparent lösen Mit seinen Entwicklungspotenzialen trägt der FNP dazu bei, die neuen Anforderungen stadt- verträglich zu bewältigen und in die Stadt zu integrieren. Bei notwendigen Veränderungen in der bislang vorgesehenen Nutzung einzelner Flächen werden gemeinsam mit den Bezir- ken und der Öffentlichkeit strukturierte und transparente Änderungsverfahren des FNP durchgeführt. Mit Beteiligung der Stadtgesellschaft werden Lösungen entwickelt, bei denen alle relevanten Belange berücksichtigt und abgewogen werden. Der FNP ist ein wichtiges räumliches Planungsinstrument für ein lebenswertes Berlin. 5
Kay Nietfeld/dpa 1. Zukunft Berlin ist mit seinen Angeboten als Metropole hochattraktiv. Die aktuelle Ent- wicklung ist geprägt von einem dynamischen Wachstumsprozess. Seit 2010 gestalten ist die Bevölkerungszahl um über 400.000 gestiegen. Die damit verbundenen Veränderungen sind stadtplanerisch zu steuern. Der Berliner Flächennut- zungsplan setzt dafür – im Zusammenwirken mit anderen Instrumenten – den gesamtstädtischen Rahmen. Die planerische Herausforderung liegt darin, die mit dem Wachstum verbundenen Perspektiven für eine nachhaltige und sozial gerechte Entwicklung der Metropole zu nutzen. Im Rahmen der Steuerung von Veränderungsprozessen sind vielfältige Funktionen und Nutzungskonkurrenzen zu berücksichtigen und unter Beteiligung der Öffentlichkeit in ein gesamtheitliches Konzept zu inte- grieren. Dabei sind die Chancen zu nutzen, vorhandene Stadtstrukturen zu qua- lifizieren und neue Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, um die At- traktivität Berlins als Metropole weiter zu stärken. 6
FNP-Bericht 2020 | Zukunft gestalten Planung für die gesamte Stadt Gesamtstädtischer Rahmen für eine Strategische Grundzüge der Flächennutzungsplanung integrierte Stadtentwicklung 1. Stärkung der Innenentwicklung, urbane Mischung, Berlin hat als Großstadt und Metropole viel- Qualifizierung des Bestandes. fältige Anforderungen zu erfüllen. Damit verbinden sich entsprechende Aufgaben für 2. Ausgewogene Nutzungsstrukturen in allen die Stadtplanung. Teilräumen der Stadt. 1920 wurde die Einheitsgemeinde Berlin 3. Sicherung und verträgliche Ergänzung bestehender für ein Stadtgebiet von fast 900 km2 mit Wohnnutzungen im bebauten Stadtgebiet. heute 12 Bezirken geschaffen, die jeweils die Einwohnerzahl einer mittleren Groß- 4. Förderung von Arbeitsplätzen, insbesondere in Bereichen stadt haben. Nach dem zweiten Weltkrieg mit guter öffentlicher Verkehrserschließung. und der deutschen Teilung ist seit 1990 auch die Stadtplanung wieder vereint. 5. Stärkung des polyzentralen Gefüges der Stadt durch integrierte Entwicklung bestehender Zentren. Seit 1994 setzt der Berliner Flächennut- zungsplan (FNP) den Rahmen für eine 6. Freiraumschutz, Sicherung von Grünflächen, geordnete, integrierte und koordinierte Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. Stadtplanung für die Bundeshauptstadt. Basierend auf den Planungsgrundzügen und 7. Sicherung von übergeordneten Gemeinbedarfs- funktionalen Schwerpunktsetzungen wird standorten. mit dem FNP der Zusammenhalt der Pla- nung für das gesamte Stadtgebiet gesichert. 8. Stadt der kurzen Wege; Stärkung der öffentlichen Verkehrsmittel, stadtverträgliche Integration des Ziel ist es, den Funktionen Wohnen, Arbei- Wirtschaftsverkehrs. ten, Bildung, Wissenschaft und Forschung, soziale und technische Infrastruktur sowie Freiraumnutzungen und Mobilität den er- Aufgaben der Flächennutzungsplanung forderlichen Raum zu ermöglichen. Dabei ist mit Grund und Boden sparsam umzuge- Instrument zur hen. Die Darstellungen des FNP sind bei strategischen Planung Fachplanungen zu berücksichtigen und sie sind die Grundlage für die Entwicklung der Schutz von Nutzungen Lösung von konkreten örtlichen Bebauungspläne. (Wohnen, Gewerbe, Nutzungskonflikten Grün, Infrastruktur...) Durch fokussierte Planungsverfahren klärt der FNP Nutzungskonkurrenzen und über- prüft die Vereinbarkeit neuer Flächenan- Gesamtstädtische Einbindung von sprüche mit den strategischen Planungs- Steuerung Öffentlichkeit und grundzügen. Damit wird eine kontinuierliche Behörden Aktualität des Plans gewährleistet. Der FNP wird ergänzt durch die sektoralen Stadt- entwicklungspläne, die seine Nutzungs- Verbindlichkeit durch Senats-/ Abgeordne- darstellungen umsetzungsorientiert kon- tenhaus-Beschlüsse Grundlage für ver- kretisieren. bindliches Baurecht 7
BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG BERLINS 1992 BIS 2018 UND PROGNOSE BIS 2030 3.9 Mio 3.8 Mio 3.7 Mio 3.6 Mio 3.5 Mio 3.4 Mio 3.3 Mio 3.2 Mio 31.12.1992 31.12.1994 31.12.1996 31.12.1998 31.12.2000 31.12.2002 31.12.2004 31.12.2006 31.12.2008 31.12.2010 31.12.2012 31.12.2014 31.12.2016 31.12.2018 31.12.2020 31.12.2022 31.12.2024 31.12.2026 31.12.2028 31.12.2030 Wachstum braucht Fläche BERLIN WÄCHST Berlin als Metropole wandelt sich kontinuier- planerischen Überlegungen dazu gilt der ENTWICKLUNGEN lich und muss sich neuen Anforderungen stel- Grundsatz des sparsamen Umgangs mit 2005 – 2018 len. Dieser Prozess wird sich fortsetzten. Er Grund und Boden. erfordert Konzepte für Wohnungsbau, Ar- beitsplätze, Grünflächen sowie Infrastruk- Auch in Bezug auf die Herausforderungen tur- und Mobilitätsangebote. Dafür werden des Wachstums geht der FNP vom Vorrang Flächen gebraucht – allein zur Deckung des der Innenentwicklung aus. Die Flächenreser- + 12% Wohnungsbedarfs bis 2030 für fast 200.000 ven der inneren Stadt sind jedoch begrenzt. BEVÖLKERUNG zusätzliche Wohnungen. Die Aufmerksamkeit richtet sich daher ver- stärkt auf integrierte Lagen in den äußeren + 29% Um den Flächenbedarf zu decken, müssen Stadtteilen. Auch dort müssen Möglichkeiten ERWERBSTÄTIGE vorhandene Stadtstrukturen intensiver einer intensiveren Nutzung erschlossen und + 68% BRUTTO- genutzt und qualitätvoll weiterentwickelt neue Quartiere entwickelt werden. INLANDSPRODUKT sowie eine aktive Liegenschaftspolitik be- trieben werden. Darüber hinaus sind 16 Wachstum und Veränderung gehören zur + 25% neue Stadtquartiere geplant. Diese Entwick- Identität der Metropole Berlin. Deshalb be- UNTERNEHMEN lungsschwerpunkte sind erforderlich, um darf es einer verlässlichen, integrierten Pla- + 44% den Wohnungsbedarf bis 2030 zu decken. nung und übergreifenden Koordination der STUDIERENDE unterschiedlichen Anforderungen, Akteure Der Flächennutzungsplan hat bereits bei sei- und Interessen. Eine wesentliche Vorausset- + 14% ner Aufstellung aus der Perspektive einer ge- zung für den Umgang mit den Herausforde- VERKAUFSFLÄCHE ordneten Stadtentwicklung eine Flächenvor- rungen des Wachstums ist die Aktualisie- IM EINZELHANDEL sorge für vielfältige Nutzungsansprüche rung und Fortschreibung der räumlichen Quelle: Amt für Statistik begründet. Diese Potenziale sind schritt- Planungsgrundlagen sowohl auf der Ebene Berlin-Brandenburg, Lange Reihen, 2019 weise und bedarfsgerecht für die weitere der Gesamtstadt als auch auf der Ebene der Stadtentwicklung zu aktivieren. Bei allen teilräumlichen und bezirklichen Planungen. 8
FNP-Bericht 2020 | Zukunft gestalten Koordinieren und aktivieren Der Berliner Flächennutzungsplan ist das Erforderlich ist eine inhaltlich und zeitlich zentrale gesamtstädtische Planungsinstru- abgestimmte Planung der Bauflächenent- ment zur Regelung der Art der Bodennut- wicklungen mit den Anforderungen der tech- zung. Er koordiniert die Vielzahl sektoraler nischen, sozialen und grünen Infrastruktur. und teilräumlicher Planungen zur Stadtent- So soll im Westraum zur Erschließung der wicklung und identifiziert Flächenpotenziale neuen Stadtquartiere Siemensstadt und für den Bedarf der wachsenden Stadt. Insel Gartenfeld die derzeit stillgelegte Siemensbahn wieder aktiviert werden. Der Ziel der Flächennutzungsplanung ist die Steue- Nordosten hat die größten unerschlossenen rung einer integrierten Stadtentwicklung. Bauflächenpotenziale. Für deren Aktivierung Um dieses Ziel umzusetzen und Bauflächen- sind grundlegende Fragen zur Erschließung potenziale insbesondere im Wohnsektor zu mit dem öffentlichen Nahverkehr, des aktivieren, hat der Senat im September 2018 übergeordneten Straßennetzes sowie u.a. der ein „Handlungsprogramm zur Beschleuni- dezentralen Regenentwässerung zu klären. gung des Wohnungsbaus“ beschlossen. Kern- element ist die Einrichtung einer „Taskforce Der Südosten Berlins weist ebenfalls große Stadtquartiere und Entwicklungsräume“. In Bauflächenpotenziale auf. Hier sind Netz- einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit ergänzungen sowie bedarfsgerechte Infra- werden die für eine zügige Stadtentwicklung strukturangebote erforderlich. In der Innen- wesentlichen gesamtstädtischen Handlungs- stadt geht es vorrangig um die verträgliche erfordernisse identifiziert, Maßnahmen ver- Integration der vielen kleinteiligen Potenzi- einbart und koordiniert umgesetzt. ale und Projekte. seit Neubekanntmachung 2015 beschlossen im Verfahren unterschieden in Größen-Kategorien: < 500, > 500, > 2.000 Wohnungen Entwicklungsräume der Koordinierungsplanung (generalisiert) FNP-Änderungen mit Aktivierung von Wohnungsbaupotenzialen und Entwicklungsräume Die seit 2015 abgeschlossenen und noch im Verfahren befindlichen FNP-Änderun- gen bereiten ein Potenzial von bis zu 50.000 Wohnungen planerisch vor. Die Koordinierungsaufgabe der gesamt- städtischen Planung hat neben der inne- ren Stadt vor allem die großen Entwick- lungsräume im Westen, im Nordosten und im Südosten der Stadt im Einzugsbereich des neuen Flughafens BER im Blick. 9
BerlinStrategie 3.0 – Raumstrategie (Stand: Stadtforum Nov. 2019) Die BerlinStrategie richtet den Blick auf Schwerpunkt- räume, in denen Berlin künftig Akzente setzen wird. Sie Urban Catalyst GmbH 2019 sind dort verortet, wo in den kommenden Jahren Verän- derungen besonders zu steuern sind, sei es durch das Bevölkerungswachstum, die Veränderung von Arbeits- welten, den Klimawandel oder die Digitalisierung. In die- sen Räumen sind Qualitäten zu bewahren, die Berlin heute lebenswert machen, und Potenziale zu wecken, um die Stadt gut für morgen aufzustellen. 2. Wachstum Ausgehend von den planerischen Erfahrungen der zurückliegenden Jahrzehnte besteht die gesamtstädtische Planungsaufgabe darin, die Wachstumsimpulse nachhaltig und Nutzungsansprüche nachhaltig für eine gut funktionierende und lebens- werte Stadt zu steuern. Dabei ist die Stadt in ihrer Gesamtheit zu betrachten, mit besonderem Augenmerk auf ausgewählte planerische Schwerpunkträume. steuern Wesentliche Aufgaben für die Planung sind: Der Wohnungsbedarf der wachsenden Stadt ist sozial, kompakt und urban zu decken. Stadträume sind zu qualifizieren und Identitäten zu bewahren. Der wirtschaftliche Strukturwandel ist zukunftsfähig zu gestalten. Die Mobilitätsbedürfnisse der Berlinerinnen und Berliner sind stadtver- träglich zu organisieren. Freiräume sollen qualifiziert, neue Formen der Erholung integriert und dabei die notwendige Anpassung an den Klimawandel und den Erhalt der Biodiversität berücksichtigt werden. Bei allen Planungen und Maßnahmen sind die komplexen Auswirkun- gen auf die Gesamtstadt und ihre Teilräume in den Blick zu nehmen. 10
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern SenSW/ R. Heicke Wohnstadt Berlin WOHNUNGSMARKT 2005 –2018 Aus Einwohnerzuwachs, Wachstums- und bei kleinteiligen Verdichtungen im Bestand Entlastungsbedarf werden bis 2030 über (z.B. Lückenschließungen, Dachausbauten 190.000 neue Wohnungen benötigt. Vor- und Aufstockungen). + 104.000 aussetzung für eine Konsolidierung des NEUE WOHNEINHEITEN Wohnungsmarktes ist es, mehr und vor al- Stadtentwicklungsplan Wohnen GEBAUT lem bezahlbare Wohnungen in allen Teilen Auf Grundlage der Darstellungen des Flä- + 46% der Stadt zu bauen. Dafür gibt der FNP die chennutzungsplans sowie der Daten des BAUKOSTEN FÜR räumliche Orientierung. verwaltungsinternen Wohnbauflächen- WOHNGEBÄUDE Informationssystems identifiziert der Stadt- Wohnungsneubau ist ganz eindeutig die be- entwicklungsplan (StEP) Wohnen 2030 ein VON 5,7% AUF 0,9% stimmende Kernaufgabe der räumlichen Flächenpotenzial für rund 200.000 zusätz- LEERSTANDSQUOTE Planung und wird dies absehbar auch blei- liche Wohnungen. Dies ist zur Abdeckung BEI WOHNUNGEN ben. Schwerpunkte des Wohnungsneubaus des Bedarfs ausreichend, wenn es gelingt, – 4,2% (s. Karte auf Seite 12) liegen dabei in der diese Flächen zu aktivieren und ihr Be- WOHNFLÄCHE/EINW. Entwicklung von 16 neuen Stadtquartieren bauungspotenzial umzusetzen. Ziel ist und einer Reihe weiterer großer Neubau- dabei, dass die Hälfte des erforderlichen – 38% (bis 2015) standorte. Ergänzende Maßnahmen erge- Neubaus als gemeinwohlorientierter Woh- BRACHFLÄCHEN ben sich aus der Nachverdichtung und Ar- nungsbau mit bezahlbaren Mieten ent- Quellen: rondierung von Nachkriegssiedlungen und steht. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2019), IBB Wohnungsmarktberichte (2005/2017), Einfamilienhausgebieten und nicht zuletzt Destatis – Statistisches Bundesamt (2005/2017) 11
StEP Wohnen 2030* Schwerpunkte des Wohnungsneubaus Neue Stadtquartiere 1 Blankenburger Süden 2 Buch 3 Buckower Felder 4 Europacity / Lehrter Straße 5 Wasserstadt Oberhavel 6 Insel Gartenfeld 7 Johannistal / Adlershof 8 Ehemaliger Güterbahnhof Köpenick 9 Lichterfelde Süd 10 Michelangelostraße 11 Schumacher Quartier 12 Rangierbahnhof Pankow 13 Neue Mitte Tempelhof 14 Schöneberger Linse Weitere neue Stadtquartiere* 15 Siemensstadt 2.0 16 Gut Hellersdorf Wohnungsneubaustandorte ab 200 Wohneinheiten Städtebaufördergebiete und Milieuschutzgebiete (nachrichtliche Übernahme) Weiterentwicklung bestehender Siedlungen *Quelle: StEP Wohnen 2030, für den FNP-Bericht ergänzt um die Die räumlichen Schwerpunkte des Wohnungsneubaus liegen in 16 neuen Stadtquartieren. Hinzu kommen eine Vielzahl weiterer Stadtquartiere Nr. 15 und 16. großer Neubaustandorte sowie die Weiterentwicklung bestehender Siedlungen. Dabei gewinnt die äußere Stadt an Bedeutung. Ein großer Teil der rund 200.000 benötigten Neubauwohnungen soll im gemeinwohlorientierten Sektor entstehen. WOHNUNGSBESTAND, Die künftige Entwicklung des Wohnens in der Verkehrsanbindung, der Entwässerung FLÄCHENPOTENZIALE Berlin soll sich an folgenden Leitlinien des und der möglichen Auswirkungen auf die StEP Wohnen 2030 orientieren: Umwelt und das Stadtklima zu bearbeiten Sozial und funktional vielfältige Quar- sowie Eigentumsfragen in der planerischen tiere schaffen und erhalten Abwägung zu berücksichtigen. Zunehmend Kompakte Stadt lebenswert gestalten werden auch neue Arten von Maßnahmen BESTAND 2019: und ausbauen zu prüfen sein, wie die Überbauung von 1.600.000 WE Stadtentwicklung integriert betreiben Parkplätzen, Straßen- und Bahnflächen Baukulturelle und städtebauliche Quali- oder die Aufstockung bzw. Überbauung von POTENZIALFLÄCHEN tät sicherstellen Flachbauten des Einzelhandels. STEP WOHNEN Siedlungsstruktur im regionalen Kon- BIS 2030: text weiterentwickeln Stadtverträgliche Dichten Bezahlbaren Wohnraum für alle schaf- Insbesondere im Umfeld von S-, U- und 90.000 WE fen und bewahren Straßenbahnhaltestellen soll eine ange- KURZFRISTIG Stadtentwicklung ökologisch und klima- messene Bebauungsdichte den Flächenver- 63.000 WE gerecht gestalten brauch begrenzen und die Erschließungs- MITTELFRISTIG Stadtentwicklung als partizipativen Pro- gunst für eine möglichst große Anzahl an zess der Stadtgesellschaft betreiben. neuen Wohnungen nutzen. Bei steigenden 47.000 WE Bodenpreisen können flächensparende Be- LANGFRISTIG Komplexität bewältigen bauungsformen dazu beitragen, die Wohn- Quelle: StEP Wohnen 2030 Die für den Wohnungsbau noch verfügba- kosten niedrig zu halten. Hohe Dichten ren Flächen werfen oft komplexe Planungs- stellen jedoch besondere Anforderungen fragen auf. So sind Belange der Belastung an die städtebauliche und freiräumliche durch Lärm, Luftschadstoffe und Altlasten, Qualität der Vorhaben. 12
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern Wohnfolgeeinrichtungen um den Verlust von Grün, vor Verschattung BAUGENEHMIGUNGEN Wohnungsneubau muss durch die Schaf- oder Überlastung der Infrastruktur, bis hin BAUFERTIGSTELLUNGEN fung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu Verdrängungsängsten durch Gentrifizie- begleitet werden. Dazu gehören Kitas und rung. Diese Bedenken sind frühzeitig aufzu- 25.000 Schulen, Spielplätze, Jugendzentren und greifen und die Auswirkungen der Planung Kulturangebote sowie Grünflächen für die auf die Bewohnerschaft zu beachten. Ent- 20.000 Naherholung. Es ist Aufgabe einer voraus- scheidend für die Akzeptanz ist neben einer schauenden Planung, die dafür benötigten überzeugenden Qualität des Vorhabens Flächen zu sichern. Für Einrichtungen mit auch ein transparenter Planungsprozess, 15.000 übergeordneter Bedeutung geschieht dies der die Nachbarschaft mitnimmt. Aber auch im Rahmen der Flächennutzungsplanung. die Stadtgesellschaft als Ganzes steht in der 10.000 Die Berliner Bezirke haben in Sozialen Infra- Pflicht, stellvertretend für Menschen, die strukturkonzepten bestehende Defizite so- eine angemessene Wohnung dringend su- 5.000 wie den künftigen Bedarf an Wohnfolgeein- chen oder neu nach Berlin ziehen. richtungen ermittelt. Gerade bei größeren Wohnungsbauprojekten ist der Zusatzbe- Strategische Zukunftssicherung darf von Anfang an zu berücksichtigen. Aufgabe einer strategischen Stadtentwick- 2009 11 12 13 14 15 16 2018 lungsplanung ist es auch, über den bereits Einbindung der Stadtgesellschaft absehbaren Wohnungsbedarf hinaus lang- Quelle: Amt für Statistik Berlin- Brandenburg, 2018 Die Dringlichkeit der Schaffung von Wohn- fristige Entwicklungsoptionen offen zu hal- raum ist im öffentlichen Bewusstsein ange- ten und dafür Flächenreserven zu sichern. kommen. Dennoch stoßen Neubauvorhaben Dies ist nicht zuletzt Aufgabe der Flächen- oft auf Widerstand, getragen von Sorgen nutzungsplanung. Wirksame FNP-Änderung NEUES WOHNEN AM STADTRAND Stadtquartier Lichterfelde-Süd Auf ehemals militärisch genutzten Flächen im Süden Berlins soll ein neues Stadtquartier für mehr als 5.000 Bewohner entstehen. Dort sind 2.500 Wohnungen geplant, über 500 da- Abb. links: Das Konzept für das neue Stadtquartier sieht am S-Bahnhof einen von werden im mietpreisgebundenen Wohnungsbau erstellt. öffentlichen Platz mit Läden und einer Kitas und Spielplätze, Sportflächen, eine Grundschule und ein Jugendzentrum sind ebenso Grundschule vor. Von dort aus entwickelt sich die Bebauung entlang der Ränder Teil der Planung wie die für die Versorgung notwendigen Läden und Dienstleistungsflächen. eines zentralen Grünbereiches. Grünzüge gliedern das Gesamtgebiet und stellen Verbindungen mit der „grünen Mitte“ des Standortes her, die in ihrer herausragenden landschaftlichen Qualität erhalten bleibt. Für Abb. rechts: Die geplante Bebauung lehnt sich an die Baugebiete der Thermo- diese „Lichterfelder Weidelandschaft“ wird ein besonderes Pflegekonzept erarbeitet. metersiedlung (rechts) und entlang der S-Bahn (oben) an. Abwechslungsreiche Gehölz- und Wiesenflächen bleiben er- halten. Groth Gruppe (Stand November 2019) Schnell finden im Internet: www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohnungsbau/de/schwerpunkte/ exposes/lichterfelde-sued-expose.pdf http://neulichterfelde.de/wp-content/ Dirk Laubner uploads/2019/11/Flyer-Neulichterfelde. pdf 13
Auftraggeber: STADT UND LAND. Projektbearbeitung: Reicher Haase Assoziierte GmbH / Förder LA Das neue Stadtquartier auf den Buckower Feldern wird rund 900 Wohnungen umfassen, davon 30% mit Mietpreis- Visualisierung: Lindenkreuz Eggert GbR und Belegungsbindungen. In städtischer Mischung sind auch Versorgungseinrichtungen, eine Kita und Plätze in besonderen Wohnformen ge- plant, eine Schule liegt in unmittelbarer Nachbarschaft. Durch Quartiersgaragen in Randlage kann das Gebiet verkehrsberuhigt und mit viel Grün gestaltet werden. Neue Stadtquartiere und Entwicklungsräume 16 NEUE Berlin entwickelt 16 neue Stadtquartiere. fristige Bauflächenreserve im Berliner Flä- STADTQUARTIERE Dort soll eine vielfältige urbane Mischung chennutzungsplan enthalten sind. STAND 2019 entstehen, in der nicht nur Wohnungen ihren Platz finden, sondern auch Einkaufs- Mit der Siemensstadt 2.0 als Vorhaben einer gelegenheiten, Dienstleistungen, Schulen Aufwertung bisheriger Gewerbeflächen und und Kitas sowie Arbeitsplätze in Büros und dem Gut Hellersdorf sind Ende 2019 zwei Gewerbebetrieben. Auch die Verkehrsanbin- weitere Stadtquartiere hinzugekommen, die CA. 110.000 dung muss stimmen. So entstehen attrak- vielfältige Entwicklungsoptionen bieten. EINWOHNER tive Quartiere mit kurzen Wegen. SOLLEN HIER LEBEN Integrierte Planung Zwölf dieser neuen Quartiere sollen im Die Planung der neuen Quartiere integriert CA. 750 HA Sinne eines „Flächenrecycling“ auf bereits fachübergreifend die unterschiedlichen An- GESAMTFLÄCHE städtisch vorgenutzten Flächen entwickelt forderungen, die sich auf die „Stadt von (ALLE NUTZUNGEN) werden. Dazu gehören frühere Bahn-, Indust- morgen“ richten. Dazu werden Wohnungen CA. 30–50% rie-, Militär- und Flughafengelände sowie und Arbeitsplätze benötigt, aber auch Ein- SOZIALWOHNUNGEN andere nicht (mehr) ihrer Lagequalität ent- richtungen der sozialen und technischen In- ANGESTREBT sprechend genutzte Flächen. Nur in weni- frastruktur sowie Grünflächen für die gen Fällen werden Landwirtschaftsflächen Naherholung und die Entlastung des Stadt- am Stadtrand in Anspruch genommen, die klimas. In der Planung zu berücksichtigen bereits seit den 1990er Jahren zusammen sind weiterhin u.a. Fragen der Ver- und mit weiteren Entwicklungsräumen als lang- Entsorgung und der Vorsorge gegenüber 14
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern häufiger werdenden Starkregenereignissen. Neue Formen eines stadtverträglichen, emis- Und dazu gehört nicht zuletzt die Ver- sionsarmen Gewerbes können heute im kehrserschließung, die durch kurze Wege, Nebeneinander mit Wohnen und Wohnfolge- leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel einrichtungen eingeordnet werden. Die Quar- und attraktive Fuß- und Radwege sicher- tierszentren sollen nicht durch Parkplätze gestellt werden soll. und eingeschossige Handelsimmobilien dominiert werden. Ziel ist, den Wohnungs- Urbane Mischung neubau durch belebte Erdgeschosse mit Urbanität bedeutet Nutzungsmischung, Er- Büros und Dienstleistungen zu ergänzen. lebnisdichte, soziale Vielfalt und multifunk- tionale öffentliche Räume. Kunst und Kultur Die im FNP dargestellten gemischten Bau- sollen ebenso ihren Platz finden wie Orte flächen und die daraus in Bebauungsplänen der Begegnung für Jugendliche und ältere u.a. entwickelbare neue Baugebietskate- Menschen. So entstehen neue Nachbarschaf- gorie des „Urbanen Gebiets“ bieten Ansatz- ten und es kann sich ein Quartiersbewußt- punkte für die Entwicklung gemischt ge- sein herausbilden. nutzter Quartiere mit hoher Urbanität. Wirksame FNP-Änderung INNERSTÄDTISCHE PERIPHERIE WIRD URBAN Europacity Nördlich des Hauptbahnhofs entsteht im „Niemandsland“ ehemaliger Bahnflächen die Europacity. Sie bietet Platz für rund 3.000 Wohnungen und über 10.000 Arbeitsplätze in zentraler Lage, außerdem für notwendige Wohnfolgeeinrichtungen und ein Nahversorgungs- zentrum. Um den Hamburger Bahnhof und in einem historischen Speicher- gebäude werden Flächen für Kunst und Kultur angeboten. Mehrere grüne Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin, Abt. II / STK Berlin Stadtplätze und eine Promenade am Wasser bieten Freiräume für die Erho- lung, auch für Bewohner und Besucher aus anderen Teilen der Stadt. Es wer- den neue Verbindungen in die Nachbarquartiere in Mitte und Moabit herge- stellt, z.B. durch eine neue Brücke über den Schifffahrtskanal. Die Wiedergewinnung eines Stadtraums dieser Größe setzt einen umfangrei- chen Planungsvorlauf voraus. Ein städtebaulicher Wettbewerb bildete die Grundlage für einen ersten Masterplan, der schrittweise konkretisiert wurde. Dabei mussten Verkehrs-, Lärm- und Entwässerungsprobleme gelöst werden. Eine FNP-Änderung und mehrere Bebauungspläne schufen schließlich die Voraussetzungen für die Umsetzung der Planung in einer ausgewogenen Nut- zungsmischung. Dabei waren die Interessen der Stadtgesellschaft mit denen der Eigentümer zum Ausgleich zu bringen, deren finanzielle Beteiligung an öffentlichen Nutzungen in städtebaulichen Verträgen sichergestellt wurde. Eine Vielzahl von Einzelprojekten sollen sich hier zu einem durchmischten urbanen Stadtquartier zusammenfügen. Schnell finden im Internet: In der Europacity werden: rund 5.500 Menschen in 3.000 Wohnungen leben, www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtplanerische_konzepte/heidestrasse/downloads/Senat_Euro- über 10.000 Menschen arbeiten, pacity_ProjektBlaetter.pdf fast 10 Hektar Grün- und Freiflächen zur Erholung dienen. http://europacity-berlin.de/ 15
Gemeinwohlorientierte Umsetzung Ausgleich von Interessen Um eine stabile Sozialstruktur zu erreichen, All dies kann nur in einem breiten Interes- werden landeseigene Wohnungsbaugesell- senausgleich gelingen. Gesamtstädtische schaften, Genossenschaften und Baugruppen Erfordernisse, die Flächenbedarfe unter- sowie private Unternehmen als Bauherren schiedlicher Nutzungen, die fachlichen An- einbezogen. Es sollen innovative gemein- forderungen der Behörden, die Wünsche schaftliche und generationenübergreifende und Interessen der betroffenen Nachbar- Wohnformen geschaffen werden. Das Berli- schaften und die Bedarfe der künftigen ner Modell der kooperativen Baulandent- Nutzer müssen gerecht und nachvollziehbar wicklung sichert einen Anteil von 30% Sozial- miteinander abgewogen werden. Dies wohnungen und trägt damit zur sozialen geschieht sowohl im Rahmen der gesetzlich Mischung bei. Einrichtungen der sozialen vorgesehenen Planungsverfahren als auch Infrastruktur sind zeitgleich mit dem Woh- durch frühzeitige Einbindung der Stadtge- nungsbau bereitzustellen. Dabei sind auch sellschaft im Sinne der aktuellen „Leitlinien Defizite in den Nachbargebieten zu berück- für Bürgerbeteiligung“ (s. Seite 36, 37). sichtigen. Wirksame FNP-Änderung TRANSFORMATION EINES TRADITIONELLEN INDUSTRIERAUMS Insel Gartenfeld Die Insel Gartenfeld ist zusammen mit der Wasserstadt Oberhavel, der Siemensstadt 2.0 und dem Gelände des Flugha- fens Tegel Teil eines gemeinsamen Entwicklungsraums im Nordwesten von Berlin. Nach der Aufgabe gewerblicher Produktionsnutzungen besteht die Chance, das Gebiet im Sinne einer komplexen Quartiersentwicklung in Ver- bindung von Wohnen und Arbeiten neu zu ordnen. Sudio Duplex / Bartscher Architekten Rund 3.700 Wohnungen sollen hier entstehen, gebaut u.a. von gemeinnützi- gen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Der südliche und östliche Teil der Insel wird weiterhin als Fläche mit besonderer Bedeutung für die industriell-gewerbliche Entwicklung Berlins gesichert. In einem gemischt genutzten Quartier werden vorhandene, denkmalgeschützte Hallen umge- nutzt. Ein neuer Schulcampus und mehrere Kitas ergänzen das Wohnungs- Die bisher industriell geprägte Insel Gartenfeld soll zu angebot. Die umschließenden Kanäle werden durch Ufergrünzüge zugäng- einem gemischten Wohn- und Gewerbequartier beiderseits eines zentralen Boulevards umgestaltet werden. lich gemacht. Eine Reaktivierung der Siemensbahn soll das Ziel einer autoarmen Quartiersentwicklung unterstützen. Zur Umsetzung dieser Planungsziele wurde der Flächennutzungsplan geän- Masterplan Neues Gartenfeld, COBE Berlin GmbH dert. Dabei mussten die Anforderungen von Wohnen, Arbeiten, Grün und In- frastruktur im gesamtstädtischen Kontext abgewogen werden. Auf dieser Grundlage schaffen Bebauungspläne Planungsrecht für konkrete Vorhaben. Schnell finden im Internet: www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohnungsbau/de/schwerpunkte/exposes/insel-gartenfeld-expo- se.pdf www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/pix/fnp/download_wirksame/0116.pdf 16
FNP-Bericht 2020 | Wachstum FNP-Bericht 2020 nachhaltig | Titel des Kapitels steuern Städtebauförderung und soziale Erhaltungsgebiete Die Sicherung des Wohnens in der inneren Stadt ist ein wichtiges Ziel des FNP. Durch Erhaltungs- und Fördergebiete wird sicher- gestellt, dass Wohnen in bestehenden Stadtquartieren attraktiv und bezahlbar bleibt. Gegenwärtig sind 56 Milieuschutz- gebiete festgelegt (Ende 2019). Weitere sind geplant. Bewahren und entwickeln INSTRUMENTE GEMEINWOHLORIENTIERTER STADTENTWICKLUNG STAND 2019 Berlin muss nicht neu erfunden werden. Der Soziale Erhaltungsgebiete weitaus größte Teil der Stadt ist in seiner Soziale Erhaltungsverordnungen für soge- Nutzung bereits festgelegt. Die Weiterent- nannte Milieuschutzgebiete sollen die vor- wicklung bestehender Stadtteile und Quar- handene Zusammensetzung der Wohnbe- tiere ist daher eine wichtige Aufgabe der völkerung sichern und dazu beitragen, dass 56 SOZIALE räumlichen Planung. Dabei geht es zum die Bewohnerinnen und Bewohner dort ERHALTUNGSGEBIETE einen darum, benachteiligte Quartiere zu bleiben können. Mit diesem Ziel sind dort 850.000 EINWOHNER stärken. Zum anderen müssen sich auch bauliche Maßnahmen, die das Wohnen ver- 8 SANIERUNGSGEBIETE Bestandsgebiete den Anforderungen einer teuern könnten, sowie die Umnutzung von 86.000 EINWOHNER wachsenden Stadt anpassen; es wird auch Wohnungen und die Umwandlung in Eigen- hier zu baulichen Verdichtungen kommen. tum nur eingeschränkt möglich. 34 QUARTIERS- MANAGEMENTGEBIETE Der Berliner Flächennutzungsplan orien- Sanierungsgebiete 423.000 EINWOHNER tiert sich in der Darstellung von Bauflächen In Gebieten mit schwerwiegenden Missstän- 18 STADTUMBAUGEBIETE und Dichtestufen an der vorhandenen den bietet das Sanierungsrecht weiterge- 712.000 EINWOHNER Stadt. Er trägt damit zur Sicherung von Be- hende Möglichkeiten, durch ein umfassen- standsstrukturen bei, lässt aber auch Spiel- des Maßnahmepaket die Wohn-, Arbeits- Einwohnerzahlen gerundet, zum Teil Überschneidungen der räume für eine bauliche Entwicklung. Er und Umweltbedingungen in den acht förm- Gebietskulissen wird ergänzt durch andere städtebauliche lichen Sanierungsgebieten zu verbessern. Instrumente, durch die Bestandsqualitäten Neben diesen Programmen werden viele gesichert und aufgewertet werden können. Einzelprojekte planerisch begleitet, um auch 17
richtungen der sozialen Infrastruktur und attraktiven Grünflächen verbessert werden. Dabei geht es auch darum, die Stadt weiter- zubauen, Entwicklungschancen aufzugrei- fen und neue Projekte vorzubereiten. Quartiersmanagement Ein Quartiersmanagement unterstützt Spath+Nagel benachteiligte Stadtteile. Es aktiviert die Bewohnerschaft und beteiligt sie an der Auch in innenstadtnahen Lagen wie der Luisenstadt finden sich noch Potenziale für eine sozialverträgliche Weiterentwicklung ihres Kiezes. Das Quar- Quartiersentwicklung, z.B. durch Aufstockung von eingeschossigen Funktionsbauten, Überbauung von Park- tiersmanagement vor Ort leistet dazu orga- plätzen, Dachgeschossausbau und Lückenschließungen. nisatorische Unterstützung. Für interessante Projektideen stehen Fördermittel bereit. hier den Anforderungen gerecht zu werden, die sich aus der demografischen Entwick- Qualifizierung von Gewerbegebieten lung, dem Bevölkerungswachstum und der Auch Gewerbegebiete stehen unter Verän- Qualifizierung öffentlicher Räume ergeben. derungsdruck und müssen sich wachsen- den Anforderungen anpassen. Der FNP und Städtebaufördergebiete der StEP Wirtschaft 2030 verfolgen gemein- Mit dem Stadtumbauprogramm Berlins sol- sam das Ziel, die vorhandenen Gewerbe- len in 18 Fördergebieten Straßen und Plätze gebiete zu sichern und ihre jeweiligen Lage- aufgewertet und die Versorgung mit Ein- qualitäten optimal zu nutzen. Ausschnitt aus dem FNP STABILISIERUNG UND ERGÄNZUNG EINES INNENSTADTQUARTIERS Luisenstadt Die historische Luisenstadt war durch ein enges Nebeneinander von Wohnen euroluftbild.de/Robert Grahn und Gewerbe in der typischen Berliner Mischung geprägt. Nach flächenhaften Kriegszerstörungen erfolgte ein Wiederaufbau in der Form von aufgelockerten Wohnsiedlungen. Lücken, die beiderseits der Mauer geblieben waren, wur- den nach 1990 wieder geschlossen. Ziel ist heute die Reurbanisierung dieses begehrten innerstädtischen Quartiers und seine Entwicklung zum Wasser mit einer Aufwertung der öffentlichen Räume. Im Rahmen des Stadtumbaus und des städtebaulichen Denkmalschutzes kommen dabei unterschiedliche Instrumente zum Einsatz. Der Grünzug im Verlauf des früheren Luisenstädtischen Kanals mit dem Engelbecken trägt zur Wohnqualität dieser begehrten Innenstadtlage bei. Durch Festsetzung von städtebaulichen Erhaltungsgebieten soll einer befürchteten „Gentrifizierung“ von Teilen der Luisenstadt entgegengewirkt werden. Schnell finden im Internet: www.luisenstadt-mitte.de/foerdergebiet/sanierungsgebiet.html KoSP GmbH www.stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/foerderprogramme/stadterneuerung/soziale_erhaltungsge- biete/index.shtml 18
FNP-Bericht 2020 | Wachstum FNP-Bericht 2020 nachhaltig | Titel des Kapitels steuern Mit dem EUREF-Campus wird ein frühe- res Gaswerksgelände in Schöneberg zu einem neuen urbanen Stadtraum. Bisher sind neben Einrichtungen von Wissenschaft und Forschung bereits 3.500 Arbeitsplätze in modernen Technologie- betrieben entstanden. EUREF-AG Denkmalgeschützte Baulichkeiten wie der Gasometer wurden integriert. Qualitätvolle Stadträume Durch die Aufgabe von Bahnflächen, Altge- Chancen für die Stadtentwicklung werbe und Infrastrukturstandorten, aber Nach 1990 wurden großflächige Militär- auch durch frühere Verkehrsplanungen sind standorte aufgegeben, die meist kaum in Lücken und Brüche in der Stadtstruktur ent- die umgebenden Stadtstrukturen integriert standen. Damit verbindet sich die Chance, waren. Auch eine Reihe von großen Infra- Stadträume zurückzugewinnen und aufzu- struktureinrichtungen wie Gaswerke und werten. Kläranlagen und nicht zuletzt Bahnanlagen und Flughafenflächen wurden bzw. werden Ziel ist es, die bestehenden Stadtquartiere entbehrlich. in ihrer Identität zu stärken und ihre Poten- ziale effizient zu nutzen. Dabei sollen Flä- Mit der Integration aufgegebener Standorte chen für dringend benötigten Wohnraum in das Stadtgefüge, dem Rückbau von nicht gewonnen und die Versorgung mit Schulen, mehr benötigten Verkehrsflächen und der Kindertagesstätten und sozialen Einrichtun- Verbindung voneinander isolierter Quar- gen anforderungsgerecht ergänzt werden. tiere ergeben sich neue Chancen für die Häufig bietet sich auch die Möglichkeit, Stadtentwicklung. Lückenschließungen und dicht bebaute Stadtquartiere durch Grün- Verknüpfungen schaffen eine neue Lage- und Freiflächen mit hoher Nutzungsqualiät gunst, die es im Interesse der Gesamtstadt aufzuwerten und neue Wegeverbindungen und der angrenzenden Quartiere zu nutzen in der Stadt zu öffnen. gilt. Frei gewordene Flächen können für er- 19
Simulation: SenStadt, [M] Dreßler Der Molkenmarkt ist heute nur eine breite Straßenschneise. Ein Rückbau auf das verkehrlich notwendige Maß wird eine Ergänzung des Klosterviertels als urban durchmischtes Quartier mit Woh- nungen, Büros, Einzelhandel und Dienst- leistungen ermöglichen. Eine prägnante Lücke in der historischen Innenstadt Berlins kann so geschlossen werden. gänzende Nutzungen, auch in gemischten zenarten. Bei der Neukonzeption sind frei- urbanen Strukturen, aktiviert werden: Für raumplanerische und stadtklimatische Wohnungsbau, nachhaltige Versorgungs- Aspekte zu berücksichtigen, das Verkehrs- infrastruktur, zukunftsfähige Arbeitsplätze aufkommen ist verträglich abzuwickeln. sowie für Erholungsangebote, klimatisch Die Qualifizierung von Stadträumen setzt wirksame Grünflächen und Grünzüge. Da- voraus, dass diese Rahmenbedingungen durch steigt die Lebensqualität in den unter Beteiligung der zuständigen Behör- Quartieren. Durch solche Maßnahmen der den und Fachleute abgeklärt werden. Innenentwicklung wird zugleich die Inan- spruchnahme von Freiflächen im Außen- Fläche ist in der Stadt ein knappes Gut, auf raum der Stadt reduziert. das sich meist verschiedene berechtigte An- sprüche richten. Wohnen und Gewerbe, Anspruchsvolle Planungsaufgabe Grünflächen, Schulen und soziale Einrich- Für die Wiedergewinnung qualitätvoller tungen benötigen Platz. Stadtreparatur Stadträume gibt es keine Patentrezepte kann nur gelingen, wenn die Neuplanung ei- oder einfachen Lösungen. Um die gegebe- nen konsensfähigen Ausgleich zwischen nen Chancen für die Stadtentwicklung diesen unterschiedlichen Anforderungen nutzen zu können, muss sich die Planung und Interessen findet. Dies erfordert in der vielmehr mit unterschiedlichsten Frage- Regel einen intensiven Abstimmungspro- stellungen auseinandersetzen. zess unter Weiterentwicklung der Planun- gen im Detail und Beteiligung der Bürgerin- Stadträume, die einer Qualifizierung be- nen und Bürger. dürfen, sind häufig durch Verkehrslärm belastet. Gewerbliche Vornutzungen haben Die Aufwertung von Stadträumen soll allen oft Altlasten hinterlassen, die beseitigt wer- Bewohnern zugute kommen. Dies ist neben den müssen. Auf entbehrlichen Bahnanla- den Interessen der unmittelbar betroffenen gen können weiterhin betriebsnotwendige Eigentümer, Nutzer und Anwohner und den Nutzungen verbleiben. Längere Zeit unge- verschiedenen fachlichen Erfordernissen bei störte Flächen bilden einen Rückzugsraum allen planerischen Entscheidungen zu be- für seltene und geschützte Tier- und Pflan- rücksichtigen. 20
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern Stadtreparaturen bahnhöfe für den Wohnungsbau verfügbar Außer den großen Stadtentwicklungspro- (z.B. in Zehlendorf und Neukölln). Im Verlauf jekten wurde eine Vielzahl von kleinteilige- der ehemaligen innerstädtischen Grenze ren Maßnahmen der Stadtreparatur durch konnten Lücken in der Stadtstruktur ge- FNP-Änderungen ermöglicht, in der Regel im schlossen werden. Am Blockdammweg in Parallelverfahren zur Bebauungsplanung. Karlshorst soll auf einer brachliegenden Ge- Auch dadurch wurden Flächen für dringend werbefläche ein neues Wohnquartier ent- benötigten Wohnungsbau, für soziale Infra- stehen. Aus gesamtstädtischer Sicht nicht strukturen und Grünflächen verfügbar und mehr benötigte Krankenhausstandorte bie- die betroffenen Stadträume aufgewertet. ten Chancen für den Wohnungsbau im Ein- klang mit angrenzenden Nutzungen. Durch Ausgangspunkt für solche Maßnahmen ist Umnutzung eines Brauereistandorts wurde meist die Aufgabe von Flächen oder Stand- Neukölln-Nord als Wohn- und Infrastruktur- orten, die für ihre frühere Nutzung nicht standort gestärkt. Die „Schöneberger Linse“ mehr benötigt werden. Dafür gibt es viele am Bahnhof Südkreuz wird zu einem ge- Beispiele: So wurden etwa frühere Güter- mischten Stadtquartier weiterentwickelt. Wirksame FNP-Änderung URBANISIERUNG AUFGEGEBENER VERKEHRSFLÄCHEN Güterbahnhof Wilmersdorf (3) (5) (1) Geförderter Wohnungsbau (1) www.Friedenauerhoehe.com (4) (2) Kita und Schule (3) 1 bis 4-Zimmerwohnungen mit Garten, Balkon oder Dachterrasse (3) (4) Öffentliche Parkanlage mit Spiel- platz, großkronigen Bäumen, Ruhe- (2) garten und Radweg (5) Büro, Nahversorgung und Gewerbe Schnell finden im Internet: Im Norden von Friedenau sind die Flächen des früheren Güterbahnhofs Wilmersdorf seit vielen Jahren nicht mehr für den Bahnbetrieb erforderlich. Die begehrte Lage am Rand der www.stadtentwicklung.berlin.de/ planen/fnp/pix/fnp/download_ Innenstadt wird jetzt unter dem Projektnamen „Friedenauer Höhe“ für den Bau von rund wirks_0915/0305.pdf 1.500 Wohnungen genutzt, davon ein Viertel mietpreisgebunden. Durch Einzelhandel und Büros werden Schöneberg und Friedenau entlang der Hauptstraße besser miteinander ver- Unmittelbar am S-Bahnhof Innsbrucker Platz wurden weiträumige frühere Bahn- knüpft. Eine nach Süden orientierte langgestreckte Riegelbebauung soll die verkehrsfreie grüne flächen (Foto 2018) für neue städtische Mitte des Gebiets und die anschließenden Neubau- und Bestandsgebiete gegen den Lärm Nutzungen aufbereitet (Konzept 2019). von Autobahn- und S-Bahnring abschirmen. Vorangegangen war ein Werkstattverfah- ren, das die Grundlage für eine Änderung des Flächennutzungsplans (2014) und die Aufstellung eines Bebauungsplans (2016) bildete. Neben der Lärmproblematik waren dabei Fragen der Altlastenbeseitigung, der Verkehrsführung und der stadtklimatischen Dirk Laubner Auswirkungen zu klären. 21
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Gesamtstädtische Ausgleichskonzeption Sechs Leitprojekte sollen die Maß- nahmen bündeln, die zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft durch neue Stadtquartiere (orange) erforder- lich werden. Für die konkrete Umsetzung in diesen Suchräumen wird ein übergeordnetes Entwicklungs- und Maßnahmenkonzept erstellt. Grün, urban und klimagerecht Berlin ist eine grüne Stadt. Wälder, Parkan- Das Grundgerüst der grünen Infrastruktur lagen, Stadtbäume, Gewässer, grüne Wege erfüllt neben seinen Erholungsfunktionen und Naherholungslandschaften sind ent- wichtige „Ökosystemleistungen“ wie die scheidend für die Attraktivität der Stadt als Vernetzung von Biotopen und die Begren- urbaner Lebensraum. Damit dies so bleibt, zung von Klimafolgeerscheinungen. Diese muss vorgesorgt werden. Strategische pla- sollen weiterhin gewährleistet werden, u.a. nerische Grundlage einer grünen Daseins- durch Flächensicherung im FNP. vorsorge sind in Ergänzung des FNP das Landschaftsprogramm und die Gesamtstäd- FNP und Landschaftsprogramm tische Ausgleichskonzeption. Gemeinsam Die Erfordernisse und Maßnahmen des gewährleisten sie eine integrierte Planung, Naturschutzes und der Landschaftspflege auf deren Basis bauliche Eingriffe koordi- werden im gesamtstädtischen Landschafts- niert und kompensiert werden. programm (LaPro) dargestellt. Dessen Vor- gaben sind auf allen Ebenen der räumlichen Im Zuge der wachsenden Stadt mit der Planung zu berücksichtigen. FNP und LaPro dadurch bedingten Verdichtung und neuen sind aufeinander bezogen und ergänzen ei- Bebauungs- und Siedlungsprojekten müs- nander. Bei Änderungen des FNP werden die sen Grünräume durch ihre natürlichen, in vier Programmplänen zusammengefass- ökologischen, stadtklimatischen und Erho- ten Aussagen des LaPro in die Umweltprü- lungsfunktionen zu einem Ausgleich bei- fung (s. Seite 25) einbezogen und mit hohem tragen. Gewicht in die Abwägung eingestellt. 22
FNP-Bericht 2020 | Wachstum nachhaltig steuern Ausgleich von Eingriffen, Ökokonto bei der Planung von Bauprojekten ermittelt Mit der Gesamtstädtischen Ausgleichskon- wurden, gleichwertige Ausgleichsmaßnah- zeption verfolgt Berlin das Ziel, für ausge- men zugeordnet werden. Ein erstes Öko- wählte Vorhaben von übergeordneter Bedeu- konto ist für die ökologische Aufwertung tung den gesetzlich geforderten Ausgleich für der Malchower Auenlandschaft vorgesehen. Eingriffe in Natur und Landschaft frühzeitig Hier sollen u.a. Maßnahmen im Zusammen- sicherzustellen. Unvermeidbare Umwelt- hang mit dem geplanten Stadtquartier auswirkungen der neuen Stadtquartiere „Blankenburger Süden“ erfolgen. und anderer großer Bauvorhaben sollen auf dieser Grundlage ausgeglichen und zugleich Lebensqualität durch urbanes Grün ein Mehrwert für Mensch und Natur ge- Die in einem breiten Beteiligungsprozess schaffen werden. Kern eines künftigen erarbeitete „Charta für das Berliner Stadt- Kompensationsmanagements ist ein Öko- grün“ bekräftigt den Grundsatz der Gleich- konto für die Bauleitplanung. Damit können zeitigkeit von grüner und baulicher Entwick- den Eingriffen in Natur und Landschaft, die lung. Die Sicherung und Qualifizierung sowie Wirksame FNP-Änderung NEUE FREIFLÄCHEN MIT VIELEN FUNKTIONEN Park am Gleisdreieck Schöneberger Südgelände Als Ausgleichsmaßnahme für die Bebauung am Potsdamer Platz entstand seit 2008 ein 26 ha großer Park, der gekennzeichnet ist durch eine weitläufige Wiesenlandschaft und Offenheit in Kombination mit der natür- lich gewachsenen Vegetation sowie Relikten historischer Bahnanlagen. Leitidee der Ge- staltung war es, am Gleisdreieck einen „Park der zwei Geschwindigkeiten“ zu schaffen, in dem sowohl sportliche Aktivitäten als auch eine ruhige Erholungsnutzung und Natur- erfahrung möglich sind. Der Park ist eingebunden in einen überge- ordneten Nord-Süd-Grünzug, der als Biotop- Dirk Laubner und Freiraumverbund die Verbindung mit dem Tiergarten und dem Natur-Park Schö- Grün Berlin GmbH neberger Südgelände herstellt. Der angren- Schnell finden im Internet: zende Hans-Baluschek-Park wurde ebenfalls als Ausgleichsmaßnahme auf früheren Bahn- www.berlin.de/senuvk/umwelt/stadtgruen/gruenanlagen/de/ gruenanlagen_plaetze/kreuzberg/gleisdreieck/index.shtml flächen realisiert und ergänzt die ökologi- Auf früheren Bahnflächen bietet der https://gruen-berlin.de/natur-park-sudgelande/ueber-den- Park am Gleisdreieck attraktive Frei- sche Bedeutung des Südgeländes durch viel- flächenangebote für die dicht bebauten park https://gruen-berlin.de/projekt/hans-baluschek-park seitige Erholungsmöglichkeiten. Quartiere von Keuzberg und Schöneberg. 23
Spath+Nagel Die im Flächennutzungsplan dargestellten Grünzüge an den Ufern der Berliner Gewässer – wie hier am Spreeufer vor dem Kraft- werk Charlottenburg – werden schrittweise ergänzt und tragen zur Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt bei. GRÜNES BERLIN der weitere Ausbau einer hochwertigen grü- noch intensiver wahrnehmen. Einige Flächen STAND 2018 nen Infrastruktur sollen in allen Projekten werden allerdings zur Erweiterung von Infra- der Stadtentwicklung interdisziplinär und strukturstandorten oder aufgrund ihrer ver- ressortübergreifend nachhaltig geplant und kehrsgünstigen Lage von anderen wichtigen umgesetzt werden. Im Sinne der Umweltge- öffentlichen Belangen der wachsenden rechtigkeit ist es Ziel, auch für unterversorgte Stadt erfasst. Insgesamt soll die Anzahl der 12.430 HA Stadtgebiete eine hochwertige Ausstattung Kleingärten erhalten bleiben. LANDSCHAFTSSCHUTZ- mit Freiflächen zu erreichen. Bei der Planung GEBIETE neuer Stadtquartiere ist die Grünversorgung Klimaschutz und Klimaanpassung von vornherein mitzudenken. Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 zu 2.660 HA einer klimaneutralen Stadt zu werden. Das NATUR- Die Berliner „Strategie Stadtlandschaft“ ver- Berliner Energie- und Klimaschutzpro- SCHUTZGEBIETE folgt das Ziel, durch sozial- und klimage- gramm (BEK 2030) enthält rund 100 Maß- 15.760 HA rechte Weiterentwicklung des Stadtgrüns nahmen zum Klimaschutz und zur Anpas- WALD die Lebensqualität in der Stadt langfristig zu sung an die Folgen des Klimawandels. sichern. Im Mittelpunkt stehen drei Themen: Maßnahmen in den Handlungsfeldern Ener- 2.930 HA „Schöne Stadt“: Sicherung einer hohen gie, Verkehr, Gebäude, Stadtentwicklung, KLEINGÄRTEN Gestaltqualität, Schutz der Garten- Wirtschaft, Haushalte und Konsum sollen ÜBER 430.000 denkmale zu einer Verringerung der CO2-Emissionen STRASSENBÄUME „Urbane Natur“: Verflechtung von beitragen. Zur Klimaanpassung sind Maß- Naturräumen und Siedlungsquartieren nahmen der Energieeinsparung und Vor- GRÜNSTER „Produktive Landschaft“: Urbane sorge gegen Überwärmung vorgesehen. BEZIRK Landwirtschaft, Gärtnern in der Stadt. Auch hier spielen der Erhalt und die Ent- TREPTOW- wicklung des Stadtgrüns eine wichtige Rolle. KÖPENICK MIT In Berlin gibt es über 70.000 Kleingärten. Weitere Bausteine der Berliner Klimaschutz- NUR 45% Diese sind überwiegend Bestandteil des Ber- strategie sind der StEP Klima, Klima KON- SIEDLUNGSFLÄCHE liner Freiraumverbundes und erfüllen neben KRET und der Luftreinhalteplan. Quelle: Amt für Statistik sozialen auch wichtige Funktionen für Öko- Berlin-Brandenburg 2018/2019 logie und Erholung. Durch Öffnung für die Erhalt der biologischen Vielfalt Allgemeinheit und neue Formen gärtneri- Die Stadt ist auch Naturraum, in dem viel- scher Nutzung sollen sie diese Funktionen fältige Tier- und Pflanzengesellschaften ihre 24
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