STADTPLANUNGSTUTTGART - PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart I

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STADTPLANUNGSTUTTGART - PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart I
STADTPLANUNGSTUTTGART

                                   PLANUNGSPRAXIS 08 I

              Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I
                              Landeshauptstadt Stuttgart I

                                           FEBRUAR 2018
STADTPLANUNGSTUTTGART - PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart I
STADTPLANUNGSTUTTGART
PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018

Themenübersicht: Fokus STADTENTWICKLUNG und BETEILIGUNG
§ STADT AM FLUSS. Masterplan zum Erlebnisraum Neckar
§ WOHNEN MIT MEHRWERT. Baugemeinschaften in Stuttgart werden zur „urbanen
  Normalität“
§ ROSENSTEIN. Bürgerbeteiligung – Memorandum – Wettbewerb. Leitplanken für den
  neuen Stadtteil Rosenstein
§ BÜRGERHOSPITAL plus AWS. Rahmenplanung – Bürgerbeteiligung –
  Quartiersentwicklung
§ REVITALIZE VILLA BERG! Ein offenes Haus für Musik und Mehr. Beteiligung und
  Leitlinien zur Nutzung
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Grußwort
Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter gehen auf die Straße, aber nicht nur das. Sie sind
vielfach sehr aktiv, auch wenn sie manchmal sehr entspannt erscheinen mögen – mit
Freunden im Schlossgarten, auf den Weinfesten oder beim Partymachen in der City. Den
„Wutbürger“ haben wir - und ganz Deutschland - auch schon kennengelernt. Aber auch
die jungen Stadtinitiativen, die sich für die lebenswerte Stadt vor Ort engagieren, für
stadtbildprägende und geschichtsträchtige Bauten und Ensembles, die drohen, verloren
zu gehen. Bürgerinnen und Bürger, die die Praxis und die Programme heutiger Stadt-
planung und Stadtentwicklung in Frage stellen. Dieses bürgerschaftliche Engagement hat
immer seine Berechtigung, hilft es uns doch, sich mit unserer Umwelt, unserer Stadt
auseinanderzusetzen und Kurskorrekturen vorzunehmen oder neue Initiativen zu star-
ten. Von daher bin ich sehr dankbar für jede Kritik, jede Anregung, jeden Impuls. Wir
brauchen dieses Korrektiv aus der kritischen Bürgerschaft. Stadtentwicklung lebt von
einem regen und offenen Diskurs, davon profitieren letztlich Stadt(raum) und Stadt-
gesellschaft. Diesen Diskurs möchten wir auch aktiv in die IBA 2027 StadtRegion Stutt-
gart einbringen und uns mit der produktiven und nachhaltigen Stadt der Zukunft ausein-
andersetzen. Ich freue mich, dass unter dem neuen Label „Planungspraxis“ eine weitere,
namentlich die 8. Ausgabe des Newsletters STADTPLANUNGSTUTTGART vorliegt!

Dr.-Ing. Detlef Kron
Leiter Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart
STADTPLANUNGSTUTTGART - PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart I
Editorial
Produktive Identität - Bürger in Bewegung „Leitlinien für Bürgerbeteiligung“ hin oder
her – Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger sind kreativ und produktiv. Sie engagieren sich
auf unterschiedliche Weise für ihre Stadt. Sie streiten für eine nachhaltige und sinn-
stiftende Stadtentwicklung und gehen dafür auf die Straße. Sie setzen sich in Bottom-Up-
Initiativen (Occupy Villa Berg, Stadtlücken, Chloroplast u.v.a.), aber auch in Institutionen
und Interessensverbänden (AKBW, DASL, SRL u.a.) für die Wiedergewinnung und Profilie-
rung öffentlicher Räume und den Erhalt historischer Bausubstanz und baukulturellen
Erbes ein, mit dem Ziel, eine lebenswerte Stadt mit identitätsstiftenden Orten für alle zu
schaffen. Sie initiieren und partizipieren in sozialen und kulturellen Netzwerken (Aufbruch
Stuttgart, Kultur im Dialog u.a.), sie bringen sich in große Beteiligungsprozesse der Stadt-
und Quartiersentwicklung ein. Zunehmend schließen sie sich zusammen und investieren
gemeinsam in neue, Gemeinschaft fördernde Projekte und Quartiere („Bürger bauen mit
– Baugemeinschaften in Stuttgart“).
Neben großen Standortentwicklungen gibt es weitere, nicht weniger wichtige Projekte,
an denen Stuttgarter kreativ und produktiv mitwirken: Das Beteiligungsprojekt zur künf-
tigen Nutzung der Villa Berg als „Offenes Haus für Musik und Mehr". Die Bürgerbeteili-
gung im Untertürkheimer Lindenschulviertel im Rahmen des Masterplans „STADT AM
FLUSS - Erlebnisraum Neckar“. Oder das bürgerschaftliche Engagement für die Aufwer-
tung von durch den wirtschaftlichen Strukturwandel bedrohten Stadtteilzentren
(„Stadtteilzentren konkret“). Letztlich bräuchte es somit eigentlich keiner gesonderten
„Leitlinien“, wenn ein gemeinsames Verständnis von Teilhabe an Stadtentwicklungs-
prozessen etabliert werden kann. Dieses besondere bürgerschaftliche Engagement
verdient unseren Respekt und ist Teil unserer produktiven Identität. Dies kann und muss
auch als Chance im Kontext einer Internationalen Bauausstellung – der IBA 2027
StadtRegion Stuttgart – wahrgenommen werden.

Das Redaktionsteam
Planungspraxis STADTPLANUNGSTUTTGART
STADTPLANUNGSTUTTGART - PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart I
STADT AM FLUSS.
Masterplan zum Erlebnisraum Neckar
Lange wurde der Neckar in Stuttgart vor allem in seiner Funktion als industriell genutzte Wasserstraße
wahrgenommen. Das hat sich grundlegend geändert: Stuttgart ist eine Stadt am Fluss! Nicht nur sind
etwa der Max-Eyth-See oder die ufernahen Spazierwege entlang der Weinberge beliebte Naherholungs-
ziele, auch der Fluss selbst ist inzwischen als Teil der Stadtlandschaft im Bewusstsein der Menschen
angekommen. Bester Beweis sind die vielen Vorschläge im Rahmen des Bürgerhaushalts: Die Stuttgarter-
innen und Stuttgarter wünschen sich nicht nur eine grünere Stadt, sondern auch mehr Leben am Neckar.
Der jüngst durch die Verwaltung vorgelegte „Masterplan für Stuttgart als Stadt am Fluss“ definiert eine
Vielzahl von Freiraumprojekten am Neckar. Als Teil einer langfristigen Umsetzungsstrategie werden
zunächst einzelne Räume („Perlen“) am Fluss realisiert und diese nach und nach durch weitere Projekte
zu einer Perlenkette verbunden. Der Zeithorizont des Masterplans und die in diesem Zeitraum geplanten
Projekte reichen bis ins Jahr 2035. Darüber hinaus nennt er Projektideen, wie sich die „Perlenkette“ zum
„Blauen Band“ weiterentwickeln kann.

  28.02.18                                                                                                 5
STADTPLANUNGSTUTTGART - PLANUNGSPRAXIS 08 I FEBRUAR 2018 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung I Landeshauptstadt Stuttgart I
„Das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger ist
groß, sich den Fluss zurückzuerobern.“
(Fritz Kuhn)
STADT AM FLUSS.                                               Bereits 2014/15 waren Gelder für erste Bausteine des
Masterplan zum Erlebnisraum Neckar                            Projekts Uferpark Austraße bereitgestellt worden. Damit
                                                              wurde der Grundstein für die Realisierung der genannten
Der Neckar als naturnaher Erlebnisraum – das ist das          Masterplan-Projekte im Zeitraum 2017 bis 2022 gelegt.
große Ziel des Masterplans für Stuttgart als Stadt am
Fluss. Um Projektideen und Visionen für den Neckar in         Erlebnisraum Neckar
Stuttgart Wirklichkeit werden zu lassen, braucht es aller-    Stuttgart lag ursprünglich zunächst nur am Nesenbach,
dings einen langen Atem. Komplexe Planungen und lange         einem kleinen, inzwischen fast komplett verdolten Bach.
Genehmigungsverfahren stehen an, bevor es auf die Bau-        Durch die Vereinigung mit Cannstatt (seit 1933 Bad Cann-
stelle gehen kann. Nur eine verlässliche Finanzierung,        statt) im Jahr 1905 erhielt die heutige Landeshauptstadt
zielgerichtete Planung und enge Zusammenarbeit von            ihren größten und ältesten Stadtbezirk und rückte neben-
Gemeinderat, Planern und Verwaltung sowie die Beteili-        bei auch an den Neckar. Dieser prägt seit jeher die Land-
gung der Bürgerschaft sind zielführend. Nicht alles kann      schaft kulturell und räumlich. Der Neckar ist wichtige Ver-
verwirklicht werden, manches ist visionär. Masterplanung      kehrsachse. Die nährstoffreichen Böden in der Aue sowie
ist ein Prozess: neue Akteure, weitere Ideen oder verän-      ein durch den Fluss begünstigtes Klima haben schon früh
derte Rahmenbedingungen führen zu neuen Projekten.            zu einer intensiven Landnutzung und verdichteten Sied-
Der im Sommer 2017 durch die Verwaltung vorgelegte            lungsentwicklung geführt. Die Landwirtschaft war lange
„Masterplan für Stuttgart als Stadt am Fluss“ ist aber eine   Zeit prägend, wurde aber mit einsetzender Industrialisie-
solide Basis, um auch die bis 2035 geplanten Projekte in      rung ab dem 19. Jahrhundert nach und nach durch Fabri-
die Tat umsetzen zu können. Spätestens dann werden ei-        ken, Arbeiterquartiere, Straßen, Schienen und wasser-
ne erneute Standortbestimmung und eine Aktualisierung         bauliche Maßnahmen abgelöst. So finden sich dort, wo
der Masterplanung fällig.                                     einst der Neckar mal gemächlich, mal reißend dahinfloss
                                                              und eine wildromantische Auenlandschaft die Talsohle
Im Sommer 2015 hatte Oberbürgermeister Fritz Kuhn die         prägte, dicht an dicht gedrängt mittelalterliche Bauwerke
Initiative ergriffen und seine Projektideen und Visionen      neben den technischen Zeugnissen des 20. Jahrhunderts
von Stuttgart als Stadt am Fluss erstmals vorgestellt. Der    sowie Industrieanlagen der heutigen Zeit. Weinberge mit
Gemeinderat folgte in den Beratungen zum Doppelhaus-          dörflich geprägten Ortschaften und Burgen flankieren das
halt 2016/ 17 seinem Vorschlag, die Mittel für die Pro-       Tal in Sichtweite zu großstädtischen Wohnquartieren.
jekte Hechtkopf am Sicherheitshafen, Umgestaltung des         Wer sich auf Stuttgarter Gemarkung entlang des Neckars
Neckarufers beim Lindenschulviertel, Naturoase Auwie-         bewegt, durchschreitet in kurzen Abständen Orte unter-
sen, Wasenufer und Wasenquerung sowie für den Ideen-          schiedlichsten Charakters. So wechseln sich idyllisch und
wettbewerb Neckarknie in Höhe von insgesamt 14,5 Mio.         landschaftlich geprägte Nischen am Wasser, schroffe
Euro in die mittelfristige Finanzplanung einzustellen.        Uferbereiche aus Beton, steile Dammböschungen, dörf-
lich geprägte Siedlungsbereiche, Verkehrsinfrastrukturen,     Erholung und Freizeitgestaltung sowie seine ökologische
gründerzeitliche Wohnquartiere und großmaßstäbliche           Bedeutung – wurden erkannt. Sukzessive sollen die Ufer-
industrielle Anlagen ab. In vielen Bereichen gehen ge-        bereiche umgestaltet und für die Bewohner der Stadt
werblich genutzte Grundstücke, Straßen und Industrie-         nutzbar gemacht werden bzw. ökologisch wertvolle Le-
anlagen direkt bis ans Wasser; das Neckarufer ist hier        bensräume für Pflanzen und Tiere entstehen.
öffentlich nicht zugänglich.
                                                              Von den Neckarperlen zum „Blauen Band“
Den Menschen den Fluss zurückgeben                            Anders als die zuvor genannten Städte kann Stuttgart zur
Das räumliche Gefüge aus überwiegend kommerziellen            Gestaltung seiner Uferbereiche nicht auf große brach-
und infrastrukturellen Nutzungen führte dazu, dass die        liegende Areale mit industrieller Vorprägung zurück-
Menschen in Stuttgart dem Fluss lange Zeit nur wenig          greifen. Im wirtschaftlich florierenden Neckartal sind die
Interesse entgegenbrachten. Doch mit der sich wandeln-        meisten Grundstücke belegt. Daher kann das geplante
den Stadtgesellschaft und einem veränderten Alltags-          Freiraumsystem am Fluss nicht von Anfang an als zusam-
und Freizeitverhalten ergeben sich neue Bedürfnisse und       menhängendes „Blaues Band“ gedacht werden. Stattdes-
der Anspruch an das, was Stadtraum leisten soll. Wo das       sen wird zunächst eine „Perlenkette“ aus einer Vielzahl
Neckartal früher vorwiegend als Ort der ökonomischen          einzelner Projekte am Wasser gebildet und dann weiter
Wertschöpfung gesehen wurde, besteht inzwischen das           verdichtet. Zur Verknüpfung mit dem umgebenden Stadt-
Bedürfnis, sich den Fluss als Ort der Erholung, Freizeit-     und Landschaftsraum werden entsprechende Wegever-
gestaltung und nachhaltigen Mobilität zu erschließen.         bindungen geschaffen. Das industriell und infrastrukturell
Wasser wirkt auf Menschen anziehend und wohltuend.            geprägte Umfeld des Neckars wird dabei nicht als Hinder-
Entsprechend gestaltete Freiräume am Fluss sind daher         nis, sondern vielmehr als Chance gesehen. Das Span-
beliebte urbane Anziehungspunkte; sie können identi-          nungsfeld zwischen dem Fluss als Ökosystem, gebauter
tätsstiftend für die Stadt sein. In jüngerer Vergangenheit    Umwelt, unterschiedlichsten Nutzungen und räumlichen
haben dies bereits viele Städte erkannt und den Stadtum-      Konfigurationen ist ein Potenzial für eine lebendige Stadt
bau am Wasser intensiv betrieben. So haben sich bspw.         am Fluss. Als langfristiges Leitbild zur Entwicklung des
Frankfurt, Hamburg, Basel, Lyon, Bilbao oder Kopenhagen       Neckarufers definiert der „Masterplan für Stuttgart als
durch städtebauliche Transformationsprozesse am Was-          Stadt am Fluss“ Visionen für Mensch und Natur. Er be-
ser regelrecht neu erfunden. Aus unauffälligen, industriell   schreibt künftige Projekte, verortet diese räumlich und
geprägten Orten entstanden attraktive, international          zeigt Verknüpfungen auf, die in Form attraktiv gestalteter
beachtete urbane Räume am Wasser und wurden so zu             Wegeverbindungen langfristig den Fluss sowie den umge-
„Vorderseiten“ der Stadt. Diesen Schritt möchte nun auch      benden Stadt- und Landschaftsraum zusammenbinden
die Stadt Stuttgart gehen. Die Potenziale des Neckars –       sollen.
der Fluss als identitätsstiftendes Element, als Ort der
Projekte und Maßnahmen
                                                       bis 2022

                     Uferpark Austraße - Tapach Link
                     Naturoase Auwiesen

                     Hechtkopf am Sicherheitshafen

                     Wasenufer

                     Wasenquerung

Lindenschulviertel

                                                        STADT AM FLUSS. Masterplan zum
                                                              Erlebnisraum Neckar (2017)
Projekte und Maßnahmen
                                       Neue Mitte Mühlhausen
                                                                         2022 - 2035
                                       Fährhausplatz Hofen

                                       Uferpark Austraße - Tapach Link
                                       Uferpark Austraße - Neckarufer
                                       Naturoase Auwiesen

                                       Hechtkopf am Sicherheitshafen
                                       Am Viadukt

                                       Mühlgrün / Kurparkufer

                                       Neckarknie
Rosensteinufer

                                       Wasenufer

                                       Wasenquerung

Beim alten Krananleger

                 Lindenschulviertel

     Grünes Band am alten Neckarlauf

                                                                          STADT AM FLUSS. Masterplan zum
                                                                                Erlebnisraum Neckar (2017)
Handlungsfelder                                              Materialien von Bänken, Bodenbelag u. Ä. nehmen Bezug
Das Konzept sieht fünf Handlungsfelder vor, mit denen        auf den räumlichen Kontext. Mit einer Ausrichtung zum
Leitbilder für die Gestaltung der Projekte am Fluss defi-    Wasser sowie großzügigen Zugängen wird der Neckar in
niert werden. Die Handlungsfelder greifen die unter-         Szene gesetzt und erlebbar gemacht. Mit Spiel- und
schiedlichen Potenziale des Neckarraums auf, um den          Sportmöglichkeiten, multifunktional nutzbaren Flächen
„Erlebnisraum Neckar“ trotz räumlicher Fragmentierung        für Veranstaltungen wie Märkte oder Nachbarschafts-
als großes Ganzes wahrnehmbar zu machen. Je nach Ort         feste wird Quartiersleben am Fluss möglich. Denn Men-
und dessen Charakter werden unterschiedliche Hand-           schen identifizieren sich mit Orten, an denen sie sich
lungsfelder und Werkzeuge angewendet. Ziel ist, jeweils      gerne aufhalten, sich mit anderen treffen und die zu ih-
adäquate räumliche wie funktionale Gestaltungsideen für      rem Alltagsleben gehören.
die Orte am Fluss zu finden.
                                                             Stadtkanten am Wasser
Vernetzung Fluss, Stadt- und Landschaftsraum                 Stuttgart ist eine Stadt am Fluss. Doch zahlreiche Straßen
An den Neckar zu gelangen, ist in Stuttgart nicht immer      und Schienenstränge entlang der Uferlinien bilden Barrie-
einfach. Seine Ufer sollen langfristig im Alltagsleben der   ren, die städtisches Leben am Wasser vielerorts unmög-
Stuttgarter an Bedeutung gewinnen, indem die Stadt           lich machen. Bauliche Strukturen sind dort heute meist
dem Fluss in gewisser Weise ihre „Vorderseite“ zuwen-        gewerblich oder industriell genutzt. Wo gewohnt und ge-
det. Dies gelingt, wenn der Neckar mit dem Stadt- und        lebt wird, orientieren sich häufig die Rückseiten der Ge-
Landschaftsraum, der ihn umgibt, verknüpft wird. So          bäude zum Neckar. Damit sich die Stadt dem Wasser zu-
werden künftig nicht nur die Wegeverbindungen entlang        wenden kann, werden räumliche Entwicklungen künftig
des Neckars verbessert, sondern auch attraktive Quer-        auf den Fluss ausgerichtet. Durch direkte Zugänge zum
beziehungen aus den Stadtquartieren und aus der freien       Wasser, entsprechende bauliche Lösungen und Nutzun-
Landschaft vom und zum Fluss geschaffen. Neue Orte am        gen, die den öffentlichen Raum beleben, verbinden sich
Wasser entstehen bzw. werden umgestaltet und sowohl          Neckar und Stadt.
räumlich als auch funktional mit ihrer Umgebung ver-
knüpft.                                                      Erlebnis Industriekultur im Neckartal
                                                             Industriebetriebe prägen das Neckartal in Stuttgart seit
Treffpunkte am Fluss                                         der Industrialisierung maßgeblich. Besonders im Südos-
Orte am Fluss, die zum Verweilen einladen, gibt es in        ten der Stadt, wo sich das Neckartal weitet, bilden Pro-
Stuttgart nur wenige. Entlang des Neckars entstehen          duktionshallen, Kaianlagen, Kräne, Gleisanlagen sowie
identitätsstiftende Orte, etwa Freiräume am Wasser, die      Anlagen der Bundeswasserstraße einen dichten Flicken-
sich in Gestaltung und Funktion mit den Quartieren ver-      teppich aus Stahl und Beton. Diese stadtprägenden Struk-
binden, die an den Fluss angrenzen. Ihr Charakter und die    turen werden nicht als „Unorte“ betrachtet und ausge-
blendet, sondern vielmehr als Teil des „Erlebnisraums       sowie ökosystemare Zusammenhänge auch für die Be-
Neckar“ gesehen und so erlebbar gemacht. Entlang            wohner der Stadt erlebbar gemacht werden.
wichtiger Wegeverbindungen entstehen „Galerien der
Industriekultur“. Im Sinne einer „gläsernen Produktion“     Projekte 2017 bis 2035
können hier Einblicke in Geschichte und Produktion der      Der „Masterplan für Stuttgart als Stadt am Fluss“ defi-
angesiedelten Unternehmen gewonnen werden. Die              niert eine Vielzahl von Freiraumprojekten am Neckar. Als
raumprägenden baulichen Strukturen wie Kraftwerke,          Teil einer langfristigen Umsetzungsstrategie werden zu-
Containerhafen oder Schleusen sind „Merkzeichen“            nächst einzelne Teilräume („Perlen“) am Fluss realisiert
Stuttgarts und werden in Szene gesetzt.                     und diese nach und nach durch weitere Projekte zu einer
                                                            Perlenkette verbunden. Der Zeithorizont des Masterplans
Ökosystem Neckar                                            und die in diesem Zeitraum geplanten Projekte reichen
Mit Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung und später      bis ins Jahr 2035. Darüber hinaus werden Projektideen
mit Siedlungsentwicklung und Industrialisierung im          benannt, wie sich die „Perlenkette“ zum „Blauen Band“
Neckartal wurde der Fluss Stück für Stück „gezähmt“.        weiterentwickeln kann. In den zurückliegenden Jahren
Zunächst verschwanden die Altarme, Überflutungsflä-         konnten bereits erste Maßnahmen und Projekte auf der
chen wurden trockengelegt, und ab den 1930er Jahren         Grundlage eines ersten Konzeptes zum Landschaftspark
wurde der Neckar in Stuttgart kanalisiert und zur Bundes-   Neckar in Stuttgart umgesetzt werden – so bspw. der
wasserstraße ausgebaut. Heute fließt er in einer für die    Travertinpark in Bad Cannstatt, der Grünzug in Hofen, das
Schifffahrt ausgelegten Fahrrinne aus Beton. Mit dem        Neckarufer am Voltasteg, der Neckarauenpark oder die
Bau der Schleusen verringerte sich die Fließgeschwindig-    Anlage an der Au- und Mombachquelle. Bis 2022 sollen
keit des Wassers, die natürlichen Schwankungen des          weitere Projektbausteine realisiert werden, die im Fol-
Wasserspiegels sind reduziert. Die für ein funktionieren-   genden beispielhaft dargestellt sind.
des Flussökosystem wichtige Dynamik von Wasser und
Ufer ist seither nicht mehr vorhanden. Doch in Zukunft      Lindenschulviertel (Untertürkheim)
sollen sich in bestimmten Bereichen Ufer und Gewässer       Wie eine Insel im Umfeld aus Industrie und Verkehrs-
naturnah entwickeln können. Im nördlichen Teil der Stadt    strukturen liegt das gründerzeitlich geprägte Lindenschul-
ist das Neckartal eng, steile Muschelkalkhänge säumen       viertel am Neckar. Im Rahmen einer Kinder- und Bürger-
den Fluss, und die Siedlungsentwicklung konnte nicht        beteiligung entwickelten Bürgerinnen und Bürger Unter-
ungehindert stattfinden. Hier können nun wieder ökolo-      türkheims gemeinsam mit Bezirksbeiräten, Fachplanern
gisch wertvolle Überflutungsflächen und naturnah gestal-    und Vertretern der Verwaltung Ideen zur Umgestaltung
tete Uferbereiche entstehen und damit Lebensräume für       des Ufers. Diese dienen den Landschaftsarchitekten von
Pflanzen und Tiere des Ökosystems Fluss. Durch gezielte     Ramboll Studio Dreiseitl als Grundlage für die Entwurfs-
Wegeführung und punktuellen Zugang sollen diese Orte        planung. Und das könnte bald Realität sein:
Städtebaulicher Ideenwettbewerb Neckarknie (2017/18),
                              Stuttgart-Bad Cannstatt

                     STADT AM FLUSS. Masterplan zum
                           Erlebnisraum Neckar (2017)
Projekte und Maßnahmen
                                       Neue Mitte Mühlhausen
                                                                         ab 2035
                                       Fährhausplatz Hofen
                                       Neckarstrand Max-Eyth-See
                                       Uferpark Austraße - Tapach Link
                                       Uferpark Austraße - Neckarufer
                                       Naturoase Auwiesen
                                       Vom Hallschlag zum Fluss

                                       Neckarsprung Münster
                                       Hechtkopf am Sicherheitshafen
                                       Am Viadukt

                                       Mühlgrün / Kurparkufer

                                       Neckarknie
Rosensteinufer

                                       Wasenufer
Am Berger Steg
                                       Wasenquerung
                                       Einfahrbahn
Uferpark am Gaskessel

Beim alten Krananleger

Neckarzugänge am Inselbad

                 Lindenschulviertel

             Otto-Konz-Brücken

     Grünes Band am alten Neckarlauf
           Otto-Hirsch-Brücken

An der Schleuse Obertürkheim
                                                                          STADT AM FLUSS. Masterplan zum
                                                                                Erlebnisraum Neckar (2017)
Bunte Handtücher liegen aufgereiht auf den warmen              Naturoase Auwiesen (Mühlhausen)
Holzplanken des Schwimmdecks im Fluss. Während ein             Die einst hochwertigen Auwiesen haben nach der Kana-
mit Schrott beladener Frachtkahn langsam in die Schleu-        lisierung durch ausbleibende Überflutungen und künst-
se gleitet, genießen einige Ausflügler das Sonnenbad. Auf      lich statische Grundwasserstände viel von ihrem Wert
dem freundlich gestalteten Platz am Neckarufer warten          verloren. Kartierungen zeigen, dass die ursprüngliche
derweil Kinder am Eiswagen auf die ersehnte Erfrischung.       Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten Vergangenheit ist.
Ältere Bewohner erfreuen sich auf Bänken unter schatti-        Wenn die Wiese hinter dem Neckardamm neu modelliert
gen Bäumen des lauen Lüftchens.                                und geflutet ist, entstehen hier jedoch wieder auentypi-
                                                               sche Lebensräume: Sukzessive entwickeln sich große
Der Lindenplatz im Kreuzungspunkt der beiden Straßen           Feuchtgebüsche und Schilfbestände in den weitläufigen
„Am Ölhafen“ und „Lindenschulstraße“ erhält einen hel-         Wechselwasserzonen. Sie umsäumen Flach- und Tiefwas-
len Possehlbelag und wird zur homogenen Mischver-              serzonen. Diese naturnahen Bedingungen locken eine
kehrsfläche, über die auch der Neckartalradweg führt.          vielfältige Tierwelt an. An den Ufern blühen Hochstauden
Der bestehende Neckardamm wird verbreitert, räumlich           und bieten Insekten Nahrung. Libellen befliegen an den
wie funktional mit dem Lindenplatz verknüpft und um            strukturreichen Ufern ihr Revier. Eine spezielle Wand
eine großzügige Flussterrasse auf der Dammkrone er-            dient dem Eisvogel als Bruthabitat. Fische finden eine
gänzt. Eine breite Sitzstufenanlage führt vom Damm zur         neue Kinderstube und Amphibien ein Laichgewässer.
Stegkonstruktion am Wasser. Über den mit dem Ufer
verbundenen Steg gelangt man auf ein Schwimmdeck,              Das Feuchtbiotop ist mit dem Neckar über einen Durch-
das auch als Anlegestelle für Schiffe genutzt werden           lass verbunden, wodurch ein reger Austausch der Gewäs-
kann. Auch ist ein Aufstellplatz mit technischer Infrastruk-   serfauna ermöglicht wird. Direkt hinter dem Durchlass
-tur für mobile Gastronomie geplant. Mit seiner hohen          entsteht eine Kammer, in der sich die vom Neckar mitge-
Aufenthaltsqualität und kommunikationsfördernden               führten Sediment- und Nährstofffrachten absetzen kön-
Gestaltung soll sich der Lindenplatz zu einem beliebten        nen. Die hinteren Bereiche bleiben so nährstoffärmer.
Treffpunkt und sozialen Mittelpunkt im Lindenschulvier-        Auf dem Neckardamm verläuft der Geh- und Radweg.
tel und darüber hinaus entwickeln. Stuttgart bekommt in        Zwei Plattformen ermöglichen die Beobachtung der
Untertürkheim eine weitere Adresse am Fluss und die            reichhaltigen Tierwelt aus der Frosch- und der Vogelpers-
Bevölkerung einen Erlebnisort von besonderer Qualität          pektive.
am Neckar. Das Projekt wird vom Verband Region
Stuttgart gefördert.                                           Planung: Planstatt Senner, Stuttgart, Überlingen
                                                               Geplanter Baubeginn: 2019/20
Planung: Ramboll Studio Dreiseitl, Überlingen
Geplanter Baubeginn: 2018/19
Wasenufer und Wasenquerung (Bad Cannstatt)                      Stadtraum
                                                                1914:  Stadterweiterungsbüro
                                                                            von Bad Cannstatt verknüpft. Das Freiraum-
Dem als Festplatz genutzten Wasengelände vorgelagert,           Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                band  bietet auch Platz für temporäre Nutzungen wie
im Bereich zwischen König-Karls-Brücke und Daimler-             xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Freizeitveranstaltungen.  In einem weiteren Schritt kann
Teststrecke entsteht das Wasenufer, ein städtisch gepräg-       xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                zu späterer Zeit der Berger Steg an das System Wasen-
tes Ufer mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Der be-        xxxxxxxxxxxxx
                                                                ufer/ Wasenquerung angeschlossen werden und so eine
stehende Dammweg wird als lineare Verbindung entlang            attraktive Wegeverbindung von Bad Cannstatt bis hin-
des Neckars für den Fuß- und Radverkehr aufgewertet.            xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                über  nach Berg entstehen. Dann können die Menschen
Parallel, auf dem Niveau des Flusses, verläuft eine Pro-        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                im Biergarten auf dem Neckarplatz und auf der großen
menade mit ansprechenden Verweilmöglichkeiten und               Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Freitreppe  am Fluss die Sonne genießen, während lang-
Zugängen zum Wasser. In Abschnitten wird der Weg hier           xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                sam  ein Flusskreuzfahrtschiff aus der Schleuse gleitet und
von einer ökologisch wertvollen Flachwasserzone beglei-         xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                am  neuen Anleger festmacht. Gerade ausgestiegen, fla-
tet. Die Schnittstelle zwischen dem Wasenufer zum               xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                nieren  die Passagiere über die neu gestaltete Wasenque-
räumlich anschließenden Projekt Wasenquerung bildet             rung zur Stadtbahn-Haltestelle Cannstatter Wasen. Von
eine auf Dammniveau liegende Platzfläche mit einer              dort aus gelangen sie in die Innenstadt, wo vielleicht ein
großzügigen, in den Fluss mündenden Freitreppe. Eine            Opernbesuch wartet. Auf dem Neckardamm radeln der-
Anlegestelle für Flusskreuzfahrtschiffe mit entsprechen-        weil Bewohner und Touristen, und am Uferweg lassen
der Infrastruktur zeigt sich hier künftig als repräsentativer   einige die Füße im Wasser baumeln.
Ort zum Ankommen in Stuttgart vom Wasser her. Hier
könnte später auch ein Pavillon mit zum Wasser hin aus-         Planung: Blank Landschaftsarchitektur, Stuttgart/ Werk-
gerichtetem Biergarten entstehen und so den besonde-            gruppe Grün, Stuttgart
ren Ort am Wasser markieren. Das Haus böte zudem                Gepl. Baubeginn: Wasenquerung 2021, Wasenufer 2022
Raum für die zum Betrieb des Campingplatzes notwen-
dige Infrastruktur wie beispielsweise Rezeption, Sanitär-       Weitere Informationen unter:
anlagen oder Laden.                                             www.stuttgart.de/masterplan-neckar

Von der Stadtbahn-Haltestelle Cannstatter Wasen aus-            Ansprechpartner im Amt für Stadtplanung und
gehend, wird ein variabel nutzbares Freiraumband ge-            Stadterneuerung, Stuttgart:
schaffen, die Wasenquerung. Sie führt über das Wasen-           Wolfgang Maier I Abteilung Stadtentwicklung
gelände und mündet in den Bereich der großen Frei-              T: 0711-216 20070 I wolfgang.maier@stuttgart.de
treppe am Neckar. Zahlreiche Bäume spenden Schatten             Elisabeth Bender I Abteilung Stadtentwicklung
und dienen als Orientierungshilfe. So entsteht eine             T: 0711-216 20062 I elisabeth.bender@stuttgart.de
attraktive neue Wegeverbindung, die das Flussufer mit           Johannes Rentsch I Abteilung Stadtentwicklung
dem Stadtquartier „Neckarpark“ und weiter mit dem               T: 0711-216 20071 I johannes.rentsch@stuttgart.de
Lindenschulviertel, Untertürkheim

STADT AM FLUSS. Masterplan zum
      Erlebnisraum Neckar (2017)
                             17
Wasenufer/ Wasenquerung, Stuttgart-Bad Cannstatt

                 STADT AM FLUSS. Masterplan zum
                       Erlebnisraum Neckar (2017)
Hechtkopf/ Sicherheitshafen, Stuttgart-Bad Cannstatt

                   STADT AM FLUSS. Masterplan zum
                         Erlebnisraum Neckar (2017)
                                                19
IKoNE Wagrainäcker / Naturoase
 Auwiesen, Stuttgart-Mühlhausen

               Luftbild 2015
STADT AM FLUSS. Masterplan zum
      Erlebnisraum Neckar (2017)
WOHNEN MIT MEHRWERT. Baugemeinschaften in
Stuttgart werden zur „urbanen Normalität“.
Auch in Stuttgart haben die bundesweit und sogar international zunehmend erfolgreichen Modelle
gemeinschaftlicher Wohnprojekte Fuß gefasst. Seit 2013 vergibt die Landeshauptstadt Baugrundstücke
gezielt an Baugemeinschaften im Konzeptverfahren zum Festpreis. Mit den vielfältigen Möglichkeiten des
bürgerschaftlichen Bauens erschließt die Stadt ein neues Segment am Wohnungsmarkt, zugleich
entstehen aus den Ideen und Konzepten der Projektgruppen wertvolle Beiträge zu einer im besten Sinne
nachhaltigen Stadtentwicklung: sozialverträglich, kostengünstig, ökologisch.
„In einer Baugemeinschaft können engagierte Menschen in
Eigeninitiative auf der gemeinsamen Parzelle attraktiven und
zugleich kostengünstigen Wohnraum ‚selber‘ schaffen. Ihre
Konzepte strahlen oft auch in die Nachbarschaft aus und tragen
zu attraktivem Wohnen in lebendigen Stadtquartieren bei.“
(Fritz Kuhn)
WOHNEN MIT MEHRWERT. Baugemeinschaften in                  Alle Projekte wurden im Verfahren (und darüber hinaus)
Stuttgart werden zur „urbanen Normalität“.                 zur Unterstützung und zur Qualitätssicherung durch die
                                                           Verwaltung intensiv begleitet. Darauf baut auch eine
Baugemeinschaften haben in Stuttgart inzwischen durch-     nachfolgende, umfassendere Evaluation ab Frühjahr 2017
aus Tradition und zugleich Potenzial, immer mehr zur       auf, die dem Gemeinderat berichtet werden soll. Dabei
„urbanen Normalität“ zu werden. Waren es zunächst          werden sowohl die Vorgehenswesen, vor allem auch die
noch vorwiegend Einzelprojekte aus privaten Initiativen,   Qualitätsentwicklung und -sicherung erfasst und bewer-
folgten bald erste unterstützende Maßnahmen der            ten und diese Erkenntnisse neben den Erfahrungen der
Landeshauptstadt, zunächst durch die Bereitstellung von    Verwaltung und der Projektbeteiligten auch dazu genutzt,
Grundstücken wie auf dem Burgholzhof (städtebauliche       die Vergabeverfahren für die nächsten anstehenden
Entwicklungsmaßnahme, Grundstücksvergaben ab 2000)         Standortentwicklungen weiter zu entwickeln.
und an der „Grünen Fuge“ auf dem Killesberg (Grund-
stücksvergaben 2011).                                      Die Vorhaben der neun Baugemeinschaften lassen be-
                                                           reits erkennen, dass sowohl die in den Ausschreibungen
Neun Standorte in der Entwicklung                          über Vorgaben und Vergabekriterien angestrebten und in
In den letzten Jahren hat sich das Engagement der Stadt    den Konzeptbeiträgen der Bewerber angebotenen sozia-
deutlich verstärkt. 2012 wurde die städtische Kontakt-     len wie auch baulichen Qualitäten erreicht und „überer-
stelle Baugemeinschaften eingerichtet, darüber hinaus      füllt“ werden können. Dies zeigt sich beispielsweise in
wurden neue Projekte auf städtischen Baugrundstücken       der beachtlichen Förderquote von über 30 % der entste-
möglich, die im 2012 neu eingeführten Konzeptverfahren     henden Wohnflächen, die sowohl nach städtischer Vorga-
für Baugemeinschaften (s.a. STADTPLANUNGSTUTTGART          be (Förderquote von 30 Prozent im Olga-Areal) wie auch
No.2/ 2012) vergeben wurden. Die in diesen Verfahren       ohne Vorgaben realisiert werden. Somit zeigt sich, dass
seit 2013 ausgewählten neun Baugemeinschaftsprojekte       Baugemeinschaften gerade auch die mittleren, teilweise
an den drei Standorten Bernsteinstraße in Stuttgart-       in besonderen Konstellationen wie in Heumaden auch
Heumaden, Hechinger Straße in Stuttgart-Möhringen          untere Einkommensgruppen (bis hin zu Haushalten mit
sowie im Olga-Areal im Stuttgarter Westen mit insgesamt    Wohnberechtigungsschein) ansprechen und „versorgen“
ca. 130 Wohnungen, mehreren Gewerbeeinheiten und           können.
gemeinschaftlichen Angeboten sind inzwischen weit
vorangeschritten: Das Projekt der Gruppe „Bern und         „Stuttgarter Weg“
Stein“ in Heumaden wird im Herbst 2017 fertiggestellt      An allen Standorten werden inklusive Wohnangebote
und bezogen, die acht anderen Baugruppen gehen ab          eingebunden - durch private Initiativen und durch Koope-
Sommer 2017 auf die Baustelle.                             ration mit Trägern, z. B. der Behindertenhilfe. In der Sum-
                                                           me entstehen durch die Konzeptverfahren vielfältige und
sozial ausgewogene Projekte auf Parzellenbasis mit hoher    Um dieStadterweiterungsbüro
                                                            1914:   interessierten Zielgruppen zu unterstützen, wur-
Architekturqualität, ökologischem Anspruch (zwei Projek-    Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            den Informations- und Interaktionsangebote im Internet
te im mehrgeschossigen Holzbau), sozialen und gemein-       xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            eingerichtet - beispielsweise die Online-Kontaktbörse
schaftlichen Raumangeboten und – an geeigneten Stand-       xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            aber auch die „Expertenblätter“ mit Informationen zu
orten - mit Nutzungsmischung (Wohnen und Arbeiten,          xxxxxxxxxxxxxProjektpartnern und Dienstleistern wie
                                                            potenziellen
belebende Erdgeschossangebote). Die große Bandbreite        Architekten, Baubetreuer, Moderatoren, Rechtsberater
der Konzepte wird durch den „Stuttgarter Weg“ ermög-        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            aber auch Kooperationspartner.
licht, der Baugemeinschaften nicht auf bestimmte Ziel-      xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
gruppen verengt, sondern eine Bandbreite von Modellen       Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
und Kooperationen zulässt, die zu städtebaulicher und       xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
programmatischer Vielfalt beitragen.                        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Nach den ersten drei Standortentwicklungen gehen ab
2017 weitere Grundstückskontingente für Baugemein-
schaften auf größeren städtischen Arealen in die Entwick-
lung. Dazu zählen das Quartier am Wiener Platz (ehemals
Schoch-Areal) in Stuttgart-Feuerbach (Start: Dezember
2017), das Quartier Rote Wand am Killesberg, das Areal
Bürgerhospital/ AWS-Gelände in Stuttgart-Nord und der
NeckarPark in Stuttgart-Bad Cannstatt. Schwerpunkte zur
jeweiligen Entwicklung werden verwaltungsintern ämter-
übergreifend abgestimmt und können dann als Zielkata-
loge, die sich in den jeweiligen Ausschreibungen als Qua-
litätsvorgaben und Vergabekriterien abbilden, vereinbart
und in Konzeptverfahren für Baugemeinschaften (aber         Leitfaden Baugemeinschaften
auch Bauträger) gesichert werden.                           Ergänzt wird das Angebot seit Frühjahr 2017 durch den
                                                            Leitfaden Baugemeinschaften mit dem Titel „Gemeinsam
Auf den größeren städtischen Arealen werden dafür           Planen, Bauen und Wohnen“. Dieser richtet sich an Haus-
Grundsatzbeschlüsse zur planerischen und programma-         halte, bereits bestehende Gruppen, aber auch die inte-
tischen Entwicklung und Vermarktung herbeigeführt –         ressierte Fach- und Stadtöffentlichkeit und bietet in meh-
erstmals in dieser Form im Olga-Areal, nun auch zum         reren, auf einander aufbauenden und anschaulich illus-
Quartier am Wiener Platz, der Beschluss erfolgte im Juli    trierten Kapiteln nützliche grundlegende Informationen
2017.                                                       rund um das Thema Baugemeinschaften und darüber
hinaus konkrete Hilfestellungen auf dem Weg in ein ge-     Die Publikation
                                                           1914: Stadterweiterungsbüro
                                                                           „Gemeinsam Planen Bauen Wohnen –
meinschaftliches Wohnprojekt. Ein wesentlicher Bestand-    Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                           Leitfaden Baugemeinschaft in Stuttgart“ (2017)
teil der Broschüre ist das Kapitel mit den Stuttgarter     xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                           und  weitere Informationen unter:
Projektbeispielen. Diese tragen - jedes für sich mit der   xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                           www.stuttgart.de/baugemeinschaften
eigenen sozialen und baulichen Qualität - zum inzwischen   xxxxxxxxxxxxx
doch breiten Spektrum an interessanten Stuttgarter Pro-
jekten bei und können als Inspiration und Orientierung     Hier kann auch der Newsletter Baugemeinschaften
                                                           xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
für neue Initiativen und Projektentwicklungen dienen.      xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                           abonniert  werden.
                                                           Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Der Leitfaden kann bei der Kontaktstelle Baugemein-        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                           Kontaktbörse:
schaften als PDF heruntergeladen oder als Druckausgabe     xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                           service.stuttgart.de/lhs-services/baugemeinschaften
gegen eine Schutzgebühr von 5 Euro in der Planauslage      xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
im Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung,
Eberhardstr. 10, 70173 Stuttgart, zu den dortigen
Öffnungszeiten bezogen werden.

                                                           Ansprechpartner im Amt für Stadtplanung und
                                                           Stadterneuerung, Stuttgart:
                                                           Michael Kunert I Kontaktstelle Baugemeinschaften I
                                                           Abteilung Stadterneuerung und Wohnbauentwicklung I
                                                           T: 0711-216 20007 I baugemeinschaften@stuttgart.de
Stuttgart größte Baustelle mit Baugruppen: Olga-Areal.
                  Baustelle Ende 2017, Stuttgart-West
Olga-Areal: Baufelder und Nutzungen,
                       Stuttgart-West
Aktuelle Baugruppenprojekte in Stuttgart,
 Stuttgart-Möhringen, -West, -Heumaden
Bürgerbeteiligung, Memorandum, Wettbewerb.
Leitplanken für den neuen Stadtteil ROSENSTEIN
Mit der Fertigstellung des neuen Hauptbahnhofs in Stuttgart werden die heute noch bestehenden
Gleisanlagen frei. Auf diesem Gelände, etwas sperrig „Entwicklungsfläche Rosenstein“ genannt, soll ein
neues Quartier entstehen. Um dies zu gestalten, hat die Stadt einen breiten gesellschaftlichen Diskurs
angestoßen: die Informelle Bürgerbeteiligung Rosenstein. Auf vielfältige Art und Weise konnten sich hier
alle Bürgerinnen und Bürger einbringen. Nach dem Rückbau des Gleisfeldes werden etwa 85 Hektar
Fläche für die Entwicklungsfläche Rosenstein zur Verfügung stehen. Nicht viele Großstädte haben die
Möglichkeit, einen ganzen Stadtteil neu zu entwickeln. Für Stuttgart ergibt sich diese Chance nach mehr
als 100 Jahren - und das mitten im Zentrum. Die Landeshauptstadt möchte das gemeinsam mit den
Bürgerinnen und Bürgern tun. Es geht darum, zu erfahren, was den Menschen wichtig ist: Welche Inte-
ressen und Bedürfnisse haben sie, was soll auf der Fläche entstehen, wie stellen sie sich ein Zusammen-
leben vor? Die Ergebnisse dieser Informellen Bürgerbeteiligung und zahlreicher „offener Formate“ dienen
auch als Grundlage und Referenzrahmen für den in 2018 zweistufig geplanten Städtebaulichen Ideen-
wettbewerb „Rosenstein“, mit dem eine städtebauliche Vision für den neuen Stadtteil, ein konzep-
tioneller Narrativ aufgezeigt werden soll, wie wir uns das künftige Stadtviertel vorstellen können und was
es räumlich und funktional leisten soll.
„Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich
ein Viertel mit hoher Lebens- und Aufenthalts-
qualität. Sie haben (…) dem Bauen mit dem
Taschenrechner eine klare Absage erteilt. Ihr
Wunsch ist ein vielfältiger und sozial durch-
mischter Stadtteil mit abwechslungsreichem
und kleinteiligem Städtebau.“
(Fritz Kuhn)
Bürgerbeteiligung, Memorandum, Wettbewerb.                   geordnet und aufgesiedelt – das heutige „Europaviertel“.
Leitplanken für den neuen Stadtteil ROSENSTEIN               Der teils dynamische, teils zögerliche Projektverlauf –
                                                             große städtebauliche und Architektenwettbewerbe und
Mitten im Zentrum der Stadt, zwischen Hauptbahnhof           eine erste Bürgerbeteiligung in den Neunzigern, dann
und Rosensteinpark, eröffnen sich für Stuttgart nach der     teils zähe und langwierige Verhandlungsprozesse und
Fertigstellung des neuen Bahnhofs Chancen, die nur we-       Projektstillstand – führte zu Entfremdungsprozessen in
nige Großstädte erhalten: Auf den frei werdenden Gleis-      der Stadtgesellschaft. Projektbefürworter verloren zeit-
flächen kann ein neuer Stadtteil unter urbanen, sozialen     weise das Interesse, Projektgegner gewannen an Einfluss
und ökologischen Gesichtspunkten entwickelt und ge-          in der zunehmend kritischen Öffentlichkeit, zusehends
staltet werden. Eine Informelle Bürgerbeteiligung hat sich   machte sich Unmut breit. Viele erwarteten das Scheitern
2016 mit dem zukünftigen Rosensteinquartier beschäf-         des Großprojektes.
tigt. Die jüngst verlautbarte Verzögerung des Bahnprojek-
tes „Stuttgart 21“ ermöglicht die Fertigstellung des neuen   Der über die Jahre aufgestaute Protest führte schließlich
Hauptbahnhofs erst gegen Ende 2024. Die Flächenum-           zu einem Riss in der Stadtgesellschaft in Stuttgart. Zu
widmung und Freimachung der Gleisflächen kann somit          Hochzeiten der Auseinandersetzungen um das Baupro-
erst im Anschluss daran erfolgen, anschließend mit der       jekt belasteten diese die sozialen Beziehungen in vielen
Aufsiedelung der ehemaligen Gleisflächen (voraussicht-       Familien und stellten Freundschaften in Frage. Mit der
lich ab 2026/2027) begonnen werden. Einzelne Teilflä-        Volksabstimmung im Herbst 2011 klärte sich zumindest
chen könnten möglicherweise aber schon früher entwik-        das Meinungsbild: eine klare Mehrheit befürwortete den
kelt und aufgesiedelt werden.                                weiteren Fortgang des Bahnprojektes Stuttgart 21“ unter
                                                             definierten Rahmenbedingungen und klarem Finanzie-
Zwischen Begeisterung und Protest                            rungsrahmen. Aufgrund der in den späten Nullerjahren
Unter dem Namen „Stuttgart 21“ wird seit den frühen          wieder massiver auflebenden Proteste gegen das Bahn-
neunziger Jahren das ambitionierte und komplexe Bahn-        projekt Stuttgart 21, die auch das Städtebauprojekt mit-
und Städtebauprojekt verstanden, das die Neuordnung          einschlossen, wurden die bereits fortgeschrittenen
des Bahnknotens Stuttgarts mit der Tieferlegung des          städtebaulichen Planungen auf den freiwerden Gleisflä-
Stuttgarter Hauptbahnhofes, dem Bau eines Regional-          chen durch die Stadtspitze zunächst auf Eis gelegt.
bahnhofs am Flughafen Stuttgart in Leinfelden-Echterdin-
gen und die anschließende städtebauliche Neuordnung          Erst in jüngerer Zeit – lange nach der Volksabstimmung
und Quartiersentwicklung der freiwerdenden Gleisflä-         und erkennbaren Projektfortschritten (Tunnelbau, Neu-
chen im Umfang von insgesamt 100 Hektar zum Ziel hat.        bau Hauptbahnhof) - wurde durch den neuen Oberbür-
Sukzessive wurden seitdem die brachliegenden Flächen         germeister ein Neustart des Städtebauprojektes Stuttgart
des ehemaligen Güterbahnhofs am Hauptbahnhof neu             21 unter dem Namen „Rosenstein“ eingeleitet.
Mit einem 2016 groß angelegten, neuen Bürgerbeteili-         Flächen für eine städtebauliche Entwicklung und Parker-
gungsprozess sollten die über die Jahre des Widerstands      weiterung zu nutzen. Durch das Projekt kann eine
gegen das Bahnprojekt entfremdeten Stuttgarterinnen          städtebaulich-landschaftsplanerische Innenentwicklung
und Stuttgarter wieder miteinander versöhnt werden, um       ermöglicht und ein Beitrag zum Schutz der freien Land-
sie an der künftigen Stadt- und Quartiersentwicklung des     schaft in den Außenbezirken geleistet werden. Die frei-
neuen Stadtteils Rosenstein teilhaben und mitwirken zu       werdenden Gleisflächen bilden als sogenannte Entwick-
lassen. Bedürfnisse, Wünsche, Hinweise wurden abge-          lungsfläche Rosenstein den Kern des zukünftigen Stadt-
fragt und gesammelt. Es ging darum, gemeinsam die gro-       teils. Sie erstrecken sich zwischen Hauptbahnhof im Sü-
ße Chance zu erkennen und zu ergreifen, die Innenstadt       den, Nordbahnhofviertel und Presselstraße im Westen,
Stuttgarts zu erweitern, zukunftsfähig zu machen und den     Rosensteinpark im Norden und Schlosspark im Osten.
großen Bedarf nach Wohn- und Arbeitsflächen (zumin-          Das Gebiet liegt im Norden der Stuttgarter Innenstadt, an
dest ansatzweise) zu befriedigen. Denn neben dem von         der Grenze zwischen den Stadtbezirken Stuttgart Nord,
vielen kritisch wahrgenommenen „Europaviertel“ - wenn        Stuttgart Ost und Bad Cannstatt. Zugleich grenzt es auf
auch zwischenzeitlich mit einem äußerlich spröden bis        einer Länge von etwa drei Kilometern an die wichtigen
abweisenden, doch im Inneren überraschend großzügi-          Landschafts-räume des Neckartals und des „Grünen U“
gen und lichten Bibliotheksbau gekrönt - warten noch         (Parksystem), bestehend aus Höhenpark Killesberg,
etwa 85 Hektar auf ihre Neubestimmung und Neuord-            Rosensteinpark und Schlossgarten.
nung.
                                                             Der zukünftige Stadtteil umfasst jedoch nicht nur die Ent-
Die umfangreichen Ergebnisse der Informellen Bürger-         wicklungsfläche Rosenstein, sondern auch angrenzende
beteiligung wurden Ende 2016 im „Memorandum Rosen-           Bereiche. Die Entwicklung der ehemaligen Gleisflächen
stein“ zusammengefasst. Aktuell wird ein erneuter inter-     wird Auswirkungen auf die Nachbarschaft haben, wes-
nationaler städtebaulicher Ideenwettbewerb für das Ge-       halb ein größerer Raum betrachtet werden soll. Gleich-
samtgebiet Rosenstein vorbereitet, der 2018 ausgelobt        zeitig müssen die Entwicklungsflächen auch mit ihrer
und in zwei Stufen durchgeführt werden soll. Weitere         Nachbarschaft zusammenwachsen, um einen vitalen
Wettbewerbe für Teilgebiete sollen folgen.                   Baustein der Stadt zu bilden. Der zukünftige Stadtteil
                                                             muss als Ganzes gedacht werden. Dieser Stadtteil wird in
Entwicklungsfläche Rosenstein                                Zukunft vor allem von seiner besonderen Lage profitie-
In der Landeshauptstadt Stuttgart werden künftig im          ren. So sind von der Mitte der Entwicklungsfläche Rosen-
Dreieck zwischen Hauptbahnhof, Neckar und Pragtunnel         stein die zentralen öffentlichen Einrichtungen, wie etwa
etwa 85 Hektar Fläche nicht mehr für den Bahnbetrieb         der Hauptbahnhof, in 12 bis 15 Minuten zu Fuß erreich-
benötigt. Für die Stadt eröffnet sich damit die Chance, in   bar. Schlosspark und Rosensteinpark liegen quasi vor der
zentraler Lage im ansonsten beengten Talkessel wertvolle     Haustür, zum Neckar sind es nur wenige Minuten.
ROSENSTEIN
TESTRAUM für hybride Standort-
entwicklungen und Quartiere.

Städtebauliche Struktur
(Bestand 2018)
ROSENSTEIN
TESTRAUM für hybride Standort-
entwicklungen und Quartiere.

Teilquartiere

Bearbeitung im Städtebaulichen
Ideenwettbewerb
Darüber hinaus ist das Gebiet durch seine direkte Nach-     Gleichzeitig
                                                            1914:   Stadterweiterungsbüro
                                                                         erfordert die Differenzierung der Stadtgesell-
barschaft zum Nordbahnhofviertel bereits heute gut er-      Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            schaft  den Bau und die Bereitstellung ganz unterschied-
schlossen. Die Entwicklungsflächen spielen aber auch        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            licher  Wohnformen und für die am Wohnungsmarkt
eine wichtige Rolle, wenn es um die Vernetzung der bis-     xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            benachteiligten  Menschen mehr Integrations- und
her durch die Bahngleise getrennten Stadtbezirke Nord       xxxxxxxxxxxxx
                                                            Inklusionsangebote.    Städtische Vielfalt bedeutet mehr
und Ost geht. Im Talgrund gelegen ist die Topografie des    Kooperation unter Bauträgern und Baugemeinschaften,
Gebiets, wenn auch in weiten Teilen nahezu eben, so         xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            den  Wettbewerb konzeptioneller Ideen und Innovatio-
doch durch erhebliche Geländeversprünge gekennzeich-        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            nen.  Das sind auch wichtige Anliegen der Stadt.
net. Diese wirken teilweise als Barriere, stellen jedoch    Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
auch Identifikationsmerkmale dar. Besonders markant ist     xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            Rosenstein   wäre Gründergebiet und Werkstatt für
der sogenannte Stuttgarter Gleisbogen, der vorwiegend       xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            zukunftsfähiges   Wohnen
als Bahndamm, ergänzt durch Brücken- und Überwer-           xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                            Dieser   neue Stadtteil könnte Gründergebiet und Werk-
fungsbauwerke, das Nordbahnhofviertel umgibt.               statt für zukunftsfähiges Wohnen sein. Er wäre zugleich
                                                            zentraler Bestandteil des über das Neckarknie und den
Wohnen in der Stadt ist attraktiv und benötigt ein          Pragsattel hinausreichenden und vom öffentlichen Nah-
breites Angebot                                             verkehr gut erschlossenen Entwicklungsraumes, der in
Stuttgart ist für viele Menschen attraktiv und der jahre-   den letzten Jahren in den Fokus der Stuttgarter Wohn-
lange Wanderungstrend junger Menschen und Familien-         baupolitik gerückt ist. Nach der Zeitstufenliste Wohnen
gründer in die Stadt hat den Nachfragedruck vor allem im    besteht im Rosensteinviertel und im benachbarten Euro-
innerstädtischen Wohnungsmarkt deutlich erhöht. Städti-     paviertel (mit Arrondierungsquartieren im Bestand) noch
sche Lebensformen sind „in“. Nach Auslaufen der jahr-       ein Potenzial für etwa 7.500 Wohnungen. In diesen
zehntelangen Stadterweiterungspraxis und einer klaren       Wohnungen könnten Familien, Singles und Wohngemein-
Orientierung auf die Innenentwicklung der Stadt besteht     schaften, je nach Wohnungstyp, insgesamt 15. 000 bis
die Möglichkeit, die letzten großen, im Eigentum der        20.000 Stuttgarter leben. In dieser langjährigen Bauland-
Stadt befindlichen Areale in diesem Sinne behutsam und      liste für den Wohnungsbau werden stadtweit aber ledig-
mit hohem Qualitätsanspruch, gemeinsam mit allen            lich Möglichkeiten aufgezeigt, den Wohnungsbau best-
Stuttgartern und am Ende für die künftigen Bewohner         möglich zu realisieren. Hierbei werden im Regelfall quali-
bezahlbar zu planen. Um die Verdrängung kaufkraft-          fizierte städtebauliche Dichten zugrunde gelegt wie sie in
schwächerer Bevölkerungsgruppen zu verhindern, wurde        den umgebenden Stadtteilen anzutreffen sind. Wohnun-
bereits im Jahr 2012 für das Nordbahnhofviertel der         gen könnten auf bis zu zwei Dritteln der baulich realisier-
Wohnraumschutz ausgeweitet, eine Sozialcharta verein-       baren Geschossfläche entstehen. Damit ist aber kein
bart und eine so genannte „Milieuschutzsatzung“ be-         Massenwohnungsbau gemeint, sondern vielfältige und
schlossen.                                                  vitale Stadtquartiere.
So könnten im künftigen Rosensteinviertel mehrere Quar-      - Wohnen
                                                             1914:  Stadterweiterungsbüro
                                                                          integrativ und generationengerecht – das
tiere mit etwa 500 bis 2.000 Wohnungen und damit eine        Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Wohnraumangebot beinhaltet Lösungen für den
ausreichende Nachfrage entstehen, mit der sich eine          xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                demografischen Wandel und gegen die soziale
Nahversorgung in überschaubaren Nachbarschaften mit          xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Polarisierung der Stadtgesellschaft
Läden, Kindergärten und Schulen lohnt.                       xxxxxxxxxxxxx
                                                             - Wohnen klimaangepasst – ein neuer Städtebau für
Wohnungsbau in dieser Form ist überdies nur möglich,         xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                das Wohnen und Wohnumfeld in Reaktion auf den
wenn städtebaulich gut komponierte Quartiersbereiche,        xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Klimawandel (steigende Temperaturen) und eine
charaktervolle Architektur und qualitätsvolle, barriere-     Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Erhöhung der Energieeffizienz zum Klimaschutz
freie Wohnumfelder gesichert werden. Genauso wichtig         xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
wäre die Sicherung wohnungsnaher Freiräume. Neben            -
                                                             xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                Wohnen bedarfsgerecht – bei familienfreundlichen
der Erweiterung des Schlossgartens und des Rosenstein-       xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
                                                                und altersgerechten, geförderten und selbst
parks wäre aus Gründen der Klimaanpassung zudem eine            geplanten, individuellen und gemeinschaftlichen
Durchgrünung des Stadtteils geboten. Nicht zuletzt wären        Wohnformen besteht noch erheblicher Nachholbedarf
auch ruhige Wohninseln zu schaffen, mit Ruhe vor Ver-
kehr und einem verträglichen Mix von Büros, kleinge-         - Wohnen in Eigeninitiative – „Bürger bauen mit in
werblichen Arbeitsplätzen und Kultureinrichtungen.             Baugemeinschaften“ heißt mehr Chancen für bau- und
                                                               kooperationswillige Bürger auf eigenen Parzellen, mit
Vielfältige und vitale Stadtquartiere können ein Ziel sein     viel Kreativität und ohne kommerzielle Interessen Um
Stadtquartiere benötigen mehr Offenheit und Experimen-         diese Leitgedanken durch den Planungsprozess
tierfreude während ihrer baulichen Entwicklung. Sie sind       hindurch bis zur späteren Vermarktung der städtischen
Labore für neue Wohnkonzepte und für die Integration           Areale zu bewahren, können entsprechende
unterschiedlicher Menschen und Kulturen. Sie benötigen         Programmvorgaben formuliert werden, die sich an den
aber auch mehr soziale Programmatik, insbesondere für          vom Gemeinderats bereits in den Jahren 2010 bis
eine erfolgreiche, weil durch künftige Bewohner akzep-         2015 gefassten Grundsatzbeschlüssen orientieren.
tierte Vermarktungspraxis. Aktive „Stadtgründer“ mit
Verantwortung für Quartier und Nachbarschaft sind will-
kommen. Auch der Städtebau ist bestimmten Prinzipien
verpflichtet. Einige Leitgedanken dazu:

- Wohnen in urbaner Form – dichte Bauformen, mit
  kurzen Wegen im Stadtteil und an gestalteten
  Parkrändern
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