Seltene Rinderrassen in Österreich - RindeRzucht
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Seltene Rinderrassen in Österreich Von Franz Fischerleitner und Mathias Kinberger Aktualisiert von Beate Berger Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein In unserer Zeit wird Althergebrachtes oft nicht mehr geschätzt oder geduldet und laufende Neuerungen prägen unseren Alltag. Das Neue verdrängt das Alte, jedoch nicht immer das so genannte Bessere das Gute. Alte Errungenschaften und lang währende Erfahrungen erweisen sich vorübergehenden Zeittrends gegenüber nicht selten überlegen und lehren uns, dass wir uns im Fortschrittsglauben nicht von der Vergangenheit lösen können und dürfen. Das trifft im Besonderen auf die Landwirtschaft, den traditionellsten Bereich der menschlichen Kultur- und Zivilisationsentwicklung, zu. Gründe für Verlust und Erhaltung rassen. Gleichzeitig haben viele boden- nach Gründung der ersten Zuchtorgani- ständige Rassen an Bedeutung verloren. sationen sind zahlreiche Rassen bzw. Der Strukturwandel in der Landwirt- Diese Entwicklung war teilweise so Schläge umgeschichtet worden. 1954 schaft, verbunden mit der Intensivierung dramatisch, dass bei einigen Rassen nur waren als Folge restriktiver Tierzuchtge- der tierischen Produktion, hat in den mehr Kreuzungstiere aufgefunden setze während der Zeit des Nationalsozi- europäischen Ländern und insbesondere wurden, andere Rassen sind vollkommen alismus 7 Hauptrassen etabliert (Abb. 1). auch in Österreich erhebliche Verände- untergegangen. rungen bei der Verteilung der Rinderras- Eingeschränkte Rassenvielfalt sen ausgelöst. Alle Bereiche der Tier- In der Zeit von 1880 bis zur Jahrhundert- Die heute seltenen, erhaltungswürdigen zuchtwissenschaften, speziell die wende können auf dem heutigen Rassen Tux-Zillertaler, Pustertaler künstliche Besamung in Verbindung mit österreichischen Staatsgebiet noch etwa Sprintzen und Ennstaler Bergschecken Leistungskontrolle, haben enormen 16 deutlich unterscheidbare Rassen oder waren zu dieser Zeit bereits bis auf Einfluss auf die Neuverteilung des besser gesagt Schläge nachgewiesen kleinere Restpopulationen verdrängt und Rassenfeldes genommen und die werden, die teilweise in bestimmten werden nicht mehr als eigene Rassen Etablierung „ökonomischer Rassen“ Regionen konzentriert waren, teilweise angeführt. Die Kärntner- und Waldviert- beschleunigt. Es erfolgte eine intensive auch überregional verstreut gehalten ler-Blondviehrassen und die Murbodner Verbreitung einiger weniger Leistungs- wurden. Anfang des 20. Jahrhunderts Rinder umfassten damals noch einen Abbildung 1: Verteilung der österreichischen Rinderrassen nach der Rassenzählung 1954 2 Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich
Rassenanteil von 23%. Sie wurden in den Der Verlust an Biodiversität ist zurzeit Rassenvielfalt in diesen Ländern. Auf- Folgejahren weitgehend durch Verdrän- unzweifelhaft gegeben und ein weit grund dieses Berichtes gab das Bundes- gungskreuzung mit Fleckvieh drastisch gestecktes Feld. ministerium für Land- und Forstwirt- dezimiert und die Restbestände später Er reicht von der Zerstörung von Bioto- schaft (BMLF) 1981 eine Studie über unter Gelbvieh zusammengefasst. pen und ihrer einzigartigen Tier- und Erhaltungsmaßnahmen bei landwirt- Original Braunvieh wurde seit 1966 durch Pflanzenwelt bis hin zum Aussterben schaftlichen Nutztieren in Auftrag. Den Einkreuzung mit Brown Swiss verdrängt zahlreicher Tierarten und landwirtschaft- Empfehlungen dieser Studie folgend und das Pinzgauer Rind, um konkurrenz- licher Nutztierrassen sowie dem Verlust wurde im Jahr 1982 die österreichische fähig in der Milchleistung zu bleiben, seit von Genvarianten. Der Biodiversitätsver- Nationalvereinigung für Genreserven 1969 mit Red Holstein eingekreuzt und lust verläuft in den letzten Jahrzehnten landwirtschaftlicher Nutztiere (ÖNGENE) nebenbei auch durch Fleckvieh ver- sehr dramatisch, dringt aber nur langsam als wissenschaftliche Plattform gegrün- drängt. Das Grauvieh umfasste 1954 in das Bewusstsein der Menschen ein. det. Der ÖNGENE wurde vom BMLF der noch ca. 41.000 Tiere. Diese Population Auftrag erteilt Programme und Maßnah- hat sich zwar ebenfalls zahlenmäßig stark Gerade die effektive Züchtung mit men zur Erhaltung der Biodiversität bei vermindert, konnte aber im regional strenger Selektion auf leistungsorientier- landwirtschaftlichen Nutztieren zu geschlossenen Zuchtgebiet Oberinntal te Produktion hat Leistungsgene in den erarbeiten. erhalten werden. Maßnahmen zur heute etablierten Rassen angehäuft. Bekämpfung von Tierseuchen (Bang, Zielgerichtete Selektion bedeutet aber Die ersten Generhaltungsprogramme TBC) haben ebenfalls nicht unwesentlich fast immer auch Anstieg von Inzucht und Die ÖNGENE begann 1983 mit der ersten zur Rassenumschichtung, insbesondere somit Verlust von Genvarianten in der Bestandsaufnahme bei den alten und zu Gunsten des Fleckviehs, beigetragen. Population und Verlust an genetischer seltenen österreichischen Rinderrassen. Vielfalt. Immer mehr stellt sich der große Das Ergebnis war erschreckend (Tab. 1). Wert der Biodiversität und der geneti- Bis auf das Original Pinzgauer Rind und schen Ressourcen für zukünftige Bedürf- das Tiroler Grauvieh waren bei keiner der nisse und Belange hinsichtlich der anderen seltenen österreichischen Sicherung der Welternährung heraus. Rinderrassen Bestandszahlen vorhanden, die auf gesicherte Zuchtpopulationen Die Vielfalt an Genvarianten ist gerade schließen ließen. bei den alten, seltenen Rinderrassen auf Grund ihrer jahrhundertelangen Anpas- Tabelle 1: Bestandszahlen 1983 sung an ihre Umwelt erheblich ausge- Anzahl Rasse Foto: Staudacher Tiere prägt. Sie stellt die Grundlage für Um- Original Pinzgauer Rind ~ 4000 Die seltenen Rassen stehen in enger welteignung, Klimaverträglichkeit, Tiroler Grauvieh ~ 4000 Verknüpfung mit der zivilisatorischen Krankheitsresistenz, sowie für die Original Braunvieh ~ 1000 Entwicklung und dem Brauchtum. Sie qualitative und quantitative Leistungsbe- Murbodner Rind ~ 500 gehören zum ländlichen Raum wie reitschaft der Rassen und für die Güte Kärntner Blondvieh ~ 100 Waldviertler Blondvieh ~ 40 regionale Kunstdenkmäler jeglicher Art. und Verträglichkeit der erzeugten Tux-Zillertaler Rind ~ 40 Die Erhaltung seltener Nutztierrassen Lebensmittel dar und liefert einen Ennstaler Bergschecken ~ 20 gewinnt immer mehr an Bedeutung und bedeutenden Beitrag zur gesunden Pustertaler Sprinzen (Italien – Südtirol) ~ 300 besitzt angemessenen Stellenwert in der Ernährung der Menschen. Medienwelt sowie zunehmende Akzep- Aufgrund der erhobenen Zahlen wurde tanz in politischen Kreisen und in der Was die Erhaltung von Nutztierrassen noch im selben Jahr das erste staatlich gesamten Bevölkerung. Sie stellt die betrifft, so wurde in jüngerer Vergangen- geförderte Generhaltungsprogramm für Landwirtschaft in ein positives Licht. Es heit schon einiges geleistet. Mit viel gefährdete Rinderrassen gestartet. ist daher eine besondere Aufgabe des Engagement beschäftigen sich internati- Die Erhaltung der bedrohten Rinderras- Staates und der Landwirtschaft seltene onale Organisationen (FAO), sowie sen erfolgte in der Zeit von 1983 - 1995 Rassen und ihre über lange Zeiträume nationale Einrichtungen (ÖNGENE), auf privaten Höfen und in öffentlichen evolutionär und züchterisch entstandene verantwortliche Zuchtorganisationen, landwirtschaftlichen Institutionen genetische Vielfalt zu erhalten und private Vereine und Vertreter aus Politik (Landwirtschaftliche Forschungs- Genreserven bzw. Genbanken zu bilden. und Wissenschaft zunehmend mit der einrichtungen, Landwirtschaftsschulen); Alte Rassen sind gleichzeitig Basis und Erhaltung dieser genetischen Ressour- (F. Fischerleitner, 2002). Rassetypische Rückhalt für künftige züchterische cen. Über die ÖNGENE werden in Tiere wurden mit Hilfe von öffentlichen Fortschritte. Österreich beim Rind seit 1982 die Mitteln angekauft und in sogenannten Generhaltungsmaßnahmen koordiniert. „Nukleus-Herden“ vereinigt. Diese Biodiversität und genetische Vielfalt Herden waren als Ausgangsbasis für den Wir leben in einem Funktionsgefüge Generhaltungszucht in Österreich Wiederaufbau der Populationen vorgese- verschiedenster Ökosysteme. Die 1979 erschien der erste alarmierende hen. Gleichzeitig wurde durch Gewin- Ökosysteme selbst bestehen aus einer Bericht der Welternährungsorganisation nung und Tiefgefrierkonservierung von Vielzahl von Pflanzen und Tierwelten, von der Vereinten Nationen (FAO) zum Sperma und Embryonen dieser Rassen denen jede einzelne Art bzw. jedes Zustand der biologischen Vielfalt bei mit dem Aufbau einer Genbank in der einzelne Individuum eine einzigartige landwirtschaftlichen Nutztieren. Er Bundesanstalt für Fortpflanzung und Vielfalt d.h. Vielfalt an Genvarianten bestand aus Fallberichten aus 38 Mit- Besamung der Haustiere begonnen. aufweist. Das gesamte Funktionsgefüge gliedsstaaten und zeigte einen alarmie- kann als Biodiversität bezeichnet werden. rend schnellen und starken Rückgang der Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich 3
EU-Beitritt und Österreichisches Nach einer Überarbeitung der Rassenliste muss jede züchterische Maßnahme Programm für eine umweltgerechte wurde für jede seltene, erhaltungswürdi- sorgfältig geplant werden um einen Landwirtschaft ge Rasse eine verantwortliche Zuchtorga- weiteren Verlust der genetischen Vielfalt Nach dem Beitritt Österreichs zur nisation benannt. Diese Organisationen innerhalb der Rassen zu vermeiden. Europäischen Union im Jahr 1995 wurde sind zusätzlich zur üblichen Zuchtarbeit das Generhaltungsprogramm als eigene für das Generhaltungsprogramm und Das dritte ÖPUL-Programm (2007 bis Maßnahme in das erste österreichische dessen Durchführung verantwortlich. 2013) widmet sich verstärkt der Feststel- Programm für eine umweltgerechte Gerade in sehr kleinen Populationen lung der Leistung bei den seltenen Landwirtschaft (ÖPUL) 1995 bis 2000 Rassen. Für geförderte Zuchttiere ist die integriert. Die Erhaltungsmaßnahmen Teilnahme an der Leistungskontrolle umfassten neben Rinderrassen auch (Milch- oder Fleischleistung) verpflich- seltene Pferde-, Schaf- und Ziegenrassen. tend. Die Abb. 2 zeigt die Verteilung der 1997 wurde am Institut für Biologische geförderten seltenen Rinderrassen im Landwirtschaft und Biodiversität der Jahr 2011. Nutztiere in Thalheim bei Wels die Österreichische Nutztiergenbank Leistungsfeststellung und gegründet. Eine der Hauptaufgaben der Vermarktungschancen Genbank ist es von wertvollen Vatertie- Um das Leistungspotential der seltenen ren Samendepots für die Generhaltungs- Rinderrassen besser beschreiben zu zucht anzulegen und den verantwortli- können unterliegen seit dem dritten chen Zuchtorganisationen zur Verfügung ÖPUL Programm (2007 bis 2013) alle zu stellen. Tiere entweder der Milchleistungs- oder Mit dem zweiten ÖPUL Programm (2001 der Fleischleistungskontrolle. Mit dieser bis 2006) wurden die Generhaltungspro- Maßnahme kann über die reine Gener- gramme auf eine neue Basis gestellt. Foto: Sendlhofer haltungszucht hinaus auch die besonde- Tabelle 2: Geförderte Tiere und Betriebe in der ÖPUL Maßnahme „Seltene Nutztierrassen“ re Eignung der seltenen Rinderrassen für Tiere Betriebe die Produktion im Berggebiet oder in Rasse 2006 2010 2011 2006 2010 2011 anderen, weniger ertragreichen Regio- Original Braunvieh * 212 623 687 75 237 238 nen Österreichs nachgewiesen werden. Original Pinzgauer 4616 5113 4744 1233 1109 1072 Dazu eröffnen sich über die hohe Tiroler Grauvieh 3665 4090 4010 1215 1203 1166 Produktqualität neue Vermarktungswege Waldviertler Blondvieh* 544 956 980 132 164 159 für regional geprägte, traditionelle und Kärntner Blondvieh* 658 894 933 151 176 172 innovative Produkte von seltenen Tux-Zillertaler* 589 971 980 204 262 265 österreichischen Rinderrassen. Nur wenn Pustertaler Sprintzen* 94 275 294 34 93 89 Murbodner* 1822 3280 3503 476 633 623 eine gezielte Vermarktung gelingt ist die Ennstaler Bergschecken* 75 153 167 20 49 55 Generhaltungszucht auch auf lange Sicht ÖPUL-geförderte Tiere * hochgefährdet Quelle: AMA/ÖNGENE, www. oengene.at erfolgversprechend. Abbildung 2: Verteilung der geförderten Rinderrassen in Österreich im Jahr 2011 4 Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich
Seltene, erhaltungswürdige Rinderrassen in Österreich Zucht beginnt im Ländle Durch den großen Aufschwung der Milchwirtschaft in der zweiten Hälfte des Die Braunviehrasse entwickelte sich aus 19.Jh. und dem damit verbundenen verschiedenen unifarbenen Schlägen im gewaltigen Ausverkauf der Milchrassen Alpengebiet der Schweiz, Westösterreich, in die Abmelkgebiete war die Zucht ins Süddeutschland und Norditalien. Die Hintertreffen geraten. Aber bereits mit Ahnen dieser Schläge dürften die der Gründung des Vorarlberger Landwirt- kleinen, als grauschwarz bis rostrot schaftsvereines 1862 versuchte man, der beschriebenen Torfrinder gewesen sein, züchterischen Interesselosigkeit in den die bereits in der La-Téne-Zeit (400 v. Milchwirtschaftsgebieten entgegenzuar- Chr.) gehalten wurden. Diese vermisch- beiten, und 1869 wurde das erste ten sich mit dem noch kleineren, schwar- Zuchtstiergesetz geschaffen. Förderung zen mit weißen Abzeichen versehenen der Alpwirtschaft, Veranstaltung von illyrischen Keltenrind zu verschiedenen Rinderschauen und veterinäre Verord- Landschlägen. Durch die Völkerwande- nungen zur Verhinderung der Verbrei- Foto: Staudacher rung kamen Alemannen in das Gebiet tung von Viehseuchen waren die ersten Kärnten, Ober- und Niederösterreich und brachten das semmelgelbe bis Maßnahmen. Der gute Absatz für gebracht und dort von Gutsbetrieben roströtliche ziemlich große Allemannen- Montafoner Vieh weckte züchterische aus verbreitet. Es wurde wegen seiner rind mit. Diese Vermengung dürfte die Ambitionen und ließ die Zuchtgebiete Milchergiebigkeit geschätzt. verschiedenen Allgäuer-, Lechtaler-, und erstarken. Mit der Gründung der ersten Oberinntalerschläge entscheidend Viehzuchtgenossenschaften in Vorarlberg Im Jahr 1954 wurden 306.000 Tiere der geprägt haben. Im 13. und 14. Jh. wird Ende des 19. Jh. wurde eine Auflichtung Rasse Braunvieh in Österreich gezählt, von der letzten Einflussnahme auf die der dunklen Typen in den Berggebieten mit der stärksten Verbreitung in Tirol und Gestaltung der Viehschläge durch die eingeleitet. Nach schweren Rückschlägen in Vorarlberg, wo nur Braunvieh vertreten Walser berichtet, die in Österreich die nach dem ersten Weltkrieg begann die war. In diesen Gebieten wurde nahezu Montafoner und Bregenzerwälder züchterische Organisationstätigkeit reine Grünlandwirtschaft, verbunden mit prägten. Alle diese Schläge zeigten bei erneut, und 1927 schlossen sich bereits Almwirtschaft im Sommer, betrieben. Die verschiedener Körpergestalt und Farbe 27 Züchtervereinigungen zum Vorarlber- Milchwirtschaft war sehr bedeutend, dunkles Pigment an Flotzmaul, Klauen speziell in Hartkäsereigebieten wurde und Hornspitzen, meist schön aufgedreh- Braunvieh gehalten. Zu dieser Zeit war tes, mittelschweres Horn, weißes Reh- das Zuchtziel auf Milch, Fleisch und maul und hellen Aalstrich. Für die Arbeit ausgerichtet, angestrebt wurde Züchtung des Braunviehs in Österreich ein futterdankbares, gesundes, fruchtba- waren vor allem der Montafoner und res, langlebiges und mittelrahmiges Rind. Lechtaler Schlag bedeutend, ebenso die Neben einer kräftigen Bemuskelung Allgäuer und Oberinntaler. Die Montafo- wurde besonderer Wert auf Milchadel ner waren nicht nur im Montafon, und ein geräumiges Drüseneuter gelegt sondern auch im Großen Walsertal, im und eine durchschnittliche Milchleistung Walgau und Brandnertal, bekannten von 4000 kg Milch bei 4% Fett auf der alten Zuchtgebieten mit wertvollen Grundlage von wirtschaftseigenem Alpen, beheimatet und wurden als Futter angestrebt. 1953 wurde von mittelschwere Tiere mit breitem und Foto: Staudacher 36.422 Kontrollkühen eine Milchleistung tiefem Becken beschrieben. Sie waren ger Braunviehzuchtverband zusammen. von 3311 kg Milch bei 3,86% Fett fahlschwarz oder dunkelbraun, mitunter Zur selben Zeit entbrannte in Tirol ein erbracht. sogar hellbraun mit Auflichtungen am heftiger Kampf zwischen den Verfechtern Rücken, Lende, Kreuz und Unterbauch des heimischen Oberinntaler Grauviehs Weiterzucht zu Brown Swiss und wurden vorwiegend zur Milchnut- und den Anhängern vom Montafoner Neben der Zucht in Europa wurde das zung herangezogen. Man rühmte den Vieh. Schließlich trennten sich ihre Wege, Braunvieh in Nordamerika von auswan- hohen Fettgehalt der Milch. Nebenbei Stanzer-, Paznaun- und Lechtal wurden dernden Schweizer Landwirten in ihre erbrachten sie aber auch gute Zug- und durch Einfuhren aus Vorarlberg und der neue Heimat mitgenommen und dort Mastleistung. Die Lechtaler, vorwiegend Schweiz zum Braunviehgebiet. Im einseitig auf Milchleistung gezüchtet. Die im tirolerischen Bezirk Reutte und im Unterinntal, wo das Grauvieh nicht Mastleistung wurde vernachlässigt und Lechtal beheimatet, zeichneten sich heimisch war, wurde Braunvieh heimisch die so genannten Brown Swiss-Kühe durch erstklassige Milchleistung aus, gemacht und trat in Konkurrenz mit der entstanden. Ab1966 wurde in Europa standen jedoch in der Arbeits- und jungen, erst heimisch gewordenen Rasse Brown Swiss-Genetik eingesetzt. Man Mastnutzung zurück. Alle diese Schläge des Tiroler Fleckviehs. wollte das Braunvieh in Richtung Milch- stellten einen Mischtyp dar, der als leistung, Rahmen und Euterform ver- grau-braunes Gebirgsvieh bekannt war. Weiter wurde das Braunvieh in die edeln, letztlich wurde jedoch das Steiermark ins Enns- und Murtal, nach heimische Braunvieh fast gänzlich Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich 5
verdrängt. Nur mehr wenige Original Hermagor, Feldkirchen, Villach-Land und Braunvieh-Bestände blieben in Österreich die westliche Hälfte von Klagenfurt-Land erhalten. 2005 wird von 68 Betrieben für in Kärnten. rund 220 Herdebuchkühe und -stiere die ÖPUL-Förderung beantragt, davon für Die Pinzgauer, eine europäische Höhen- Der Rückgang hatte viele Ursachen 121 Tiere in 30 Vorarlberger Betrieben. viehrasse österreichisch-bayrischer Durch den Ausverkauf leistungsbereiter Herkunft, sind ein auf Milch und Fleisch Zuchttiere aus dem Stammzuchtgebiet in Die Wiederentdeckung gezüchtetes Zweinutzungsrind. Die die Abmelkgebiete des Alpenvorlandes Nach der Jahrtausendwende begann ein Wurzeln gehen vermutlich auf die alten, sowie durch die Tierseuchen TBC, Bang neuer Aufschwung des Original Braun- rotscheckigen Bajuwarenrinder und die und Leukose kam es zu einer Schwä- viehs. Besonders in der biologischen einfarbig, graubraunen Slawenrinder chung der Zuchtbasis in den Gebirgsgau- Landwirtschaft wird die futterdankbare zurück. Anfang des 19. Jahrhunderts en. Ebenso hatte in den 50er- und und leistungssichere Rasse geschätzt. wurden Rinder aus dem Wallis einge- 60er-Jahren der Zuchtstiermarkt seine Derzeit ist der Bestand von wenigen kreuzt. Bis um 1925 gab es verschiedene Blütezeit, durch eine Überbetonung Tieren wieder auf etwa 700 Kühe ange- Schläge, die Salzburger, Tiroler und formalistischer Kriterien kam es nur zu wachsen. Mölltaler. Von da ab findet man vorwie- einem geringen Selektionsdruck bei der Das Original Braunvieh wird heute in gend die einheitliche Bezeichnung Milchleistung. Das Preisniveau der Stiere Österreich als mittelgroße Zweinutzungs- Pinzgauer. Diesen Namen erhielten sie war sehr hoch, umso mehr enttäuschten rasse gezüchtet. Die Farbe ist einheitlich nach dem Pinzgau, einer Region in teilweise die Leistungen der Nachzuch- braun bis dunkelbraun, Hornspitzen, Salzburg. Lange Zeit hatten sie den Ruf ten. Auf Druck der Stierzüchter wurde die Flotzmaul und Klauen dunkel pigmen- einer ausgezeichneten Dreinutzungsras- rechtzeitige Einführung eines Besa- tiert. Das Flotzmaul ist von einem hellen se und waren aufgrund ihres ruhigen mungszuchtprogramms mit konsequen- Rand gesäumt. Die Mastfähigkeit bei Temperaments in Verbindung mit ihrer ter Nachkommenprüfung verhindert. guter Fleischqualität ist gleichrangig neben der Milchleistung von mehr als 5000 kg bei guten Inhaltsstoffen im Zuchtziel enthalten. Spezielle Kaseinvari- anten in der Milch, welche die Herstel- lung und somit auch die Qualität von vor allem Hartkäse begünstigt, häufen sich beim Original Braunvieh. Beachtliche Leistungsfähigkeit Die Milchleistung von durchschnittlich 5200 kg bei 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß wird zum Großteil aus dem Grundfutter erzeugt. Ein hoher Prozentsatz der Original Braunviehkühe wird nach wie vor im Sommer gealpt. Foto: Sendlhofer Auch in der Fleischleistung können bekannt guten Arbeitsleistung äußerst Dadurch wurde ein rascher und breit Original Braunviehtiere mit anderen beliebt und begehrt. Bereits 1856 wirkender Zuchtfortschritt nicht möglich Rassen mithalten, männliche Absetzer erregten sie auf der Weltausstellung in und man verlor an Konkurrenzfähigkeit aus der Mutterkuhhaltung erreichen Paris großes internationales Aufsehen, gegenüber anderen Rassen. Um An- Tageszunahmen über 1000 g, weibliche ebenso auf der Weltausstellung 1873 in schluss an die züchterische Entwicklung über 900 g. Wien. Vor der Jahrhundertwende wurde zu halten, versuchte man ab Anfang der Gerade wegen dieser erbrachten Leistun- mit der kontrollierten Zucht begonnen. 70er mit Red Holstein einzukreuzen. Die gen und seiner hohen Vitalität ist Original Die Pinzgauer waren in der Zeit der Anfangserfolge waren überraschend, der Braunvieh für extensive Milchbetriebe österreichisch-ungarischen Monarchie Verbesserung der Milchleistung und mit wenig Kraftfuttereinsatz und für auch aufgrund ihrer Marschtüchtigkeit Euterqualität in der F1-Generation stand Mutterkuhbetriebe eine Alternative. Die sehr beliebt und wurden weit verbreitet. jedoch der Verlust des Rassetypus in der männlichen Kälber sind gut zur Ochsen- Es wurden Zuchttiere in die Länder des Folgegeneration gegenüber. Auch mast geeignet und die weiblichen Balkans in die Slowakei, Rumänien und enttäuschten die Ergebnisse der Rück- können zur Zucht verwendet und die Ukraine verkauft, wo auch teilweise kreuzung durch den Einsatz nicht vermarktet werden. heute noch Zuchtgebiete bestehen. geprüfter Reinzuchtstiere, und die Bei der Rinderrassenerhebung 1954 Nachkommen streuten in Typ und wurden in Österreich 360.000 Stück, das Leistung durch genetisch bedingte waren 15,7% des Gesamtbestandes, Aufspaltung. Durch die Aufteilung des gezählt. Das geschlossene Zuchtgebiet reduzierten Rassebestandes in eine umfasste das Land Salzburg, die Bezirke Reinzucht- und eine Kreuzungspopulati- Kitzbühel und Lienz in Tirol, die Bezirke on war die Zuchtarbeit erschwert. Die Vöcklabruck, Gmunden und den südli- kontrovers geführten Diskussionen über chen Teil von Braunau in Oberösterreich, die zukünftige Zuchtrichtung verunsi- Teile der Bezirke Liezen und Murau in der cherten viele Züchter, die sich in vielen Steiermark, sowie die Bezirke Spittal, Fällen für eine andere Rasse entschieden. 6 Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich
Angemessene Leistungen In der Stiermast erreichen reinrassige Gute Zweinutzungsrasse Das Pinzgauer Rind ist mit 2,2% im Pinzgauer Maststiere Tageszunahmen Das Pinzgauer Rind wird heute im österreichischen Gesamtrinderbestand von 1200 g bei 57% Ausschlachtung und Rahmen des Zuchtprogrammes als scheinbar gut verankert. Allerdings sind einer durchschnittlichen EUROP-Handels- leistungsbetonte Zweinutzungsrasse nur gut 4700 Kühe im Herdebuch klasse von R. weiterentwickelt, wobei der ursprüngli- reinrassig, die anderen weisen mehr oder che Charakter sowie rassetypische wenig Anteil von Red Friesian (über Internationale Verbreitung Merkmale erhalten bleiben sollen. In der 6,25% bis 75%) auf. Neben 8 bis 10 In Österreich wird heute die Pinzgauer Milchleistung wird bei der ausgewachse- Teststieren und einigen geprüften Altstie- Rasse vor allem in Salzburg, Tirol und nen Kuh eine durchschnittliche Laktati- ren in der künstlichen Besamung sind Kärnten gezüchtet, kleinere Bestände onsleistung von 6000 kg Milch bei 4% rund 150 Natursprungstiere im Einsatz. befinden sich in der Steiermark, Oberös- Fett und 3,5% Eiweiß bei ausreichender terreich und neuerdings in Niederöster- Nährstoffversorgung angestrebt. Die reich und Vorarlberg. Züchterische Fleischleistung gilt als zweite wichtige Zusammenarbeit besteht weiters mit Zuchtzielkomponente. Dabei werden in Südtirol und Bayern. Neben den Bestän- der Stiermast bei guter Bemuskelung der den in Europa findet man Pinzgauer Tiere 1300 g tägliche Zunahme mit rund Rinder heute auch in Nord- und Südame- 58% Ausschlachtung angestrebt. Die rika, Afrika und Australien. Das rotbraune bisher schon hervorragende und wissen- Haarkleid der Tiere stößt die ultraviolet- schaftlich bestätigte Fleischqualität soll ten Strahlen ab, die besonders stark im erhalten bleiben. Für eine weitere Gebirge und den Tropen sind. Außerhalb Verbesserung der Wirtschaftlichkeit ist des Stammzuchtgebietes wird das einer großen Aufnahme von wirtschafts- Pinzgauer Rind fast ausschließlich in der eigenem Futter, einer regelmäßigen Mutterkuhhaltung und zur Mast verwen- Fruchtbarkeit sowie der Frohwüchsigkeit det. Sie bewähren sich sowohl in Tropen- und Anpassungsfähigkeit besonderes und Steppengebieten als auch in Augenmerk zu schenken. Bei der Selekti- Foto: Sendlhofer Regionen extremer Kälte. on wird vor allem auf korrekte, trockene Gliedmaßen mit festen Klauen und leichtmelkende, gute geformte Euter mit einer festen Aufhängung geachtet. Zwei Besonderheiten gibt es in der Pinzgauer Zucht: Erstens den genetisch- hornlosen Schlag, die Jochberger Hummeln, welche im Raum Kitzbühel Mitte des vorigen Jahrhunderts verbrei- tet waren. Das erste hornlose Kuhkalb wurde 1834 beim Hallerwirt in Aurach geboren, heute werden hornlose Pinz- gauer vor allem für die Mutterkuhhaltung in Laufstallungen gezüchtet. Zweitens die Schwarzen Pinzgauer, die als Glücks- kühe galten und gerne gesehen waren. Heute sind sie eine Rarität. Produkte des Pinzgauer Rindes werden Foto: Sendlhofer teilweise über organisierte Vermark- In der Milchleistungsprüfung erreichen Das äußere Kennzeichen der Pinzgauer tungsschienen, jedoch auch direkt von die reinrassigen Pinzgauerkühe einen ist die kastanienbraune Farbe mit der den Bauern vermarktet. Ja-Natürlich! Durchschnitt von ca. 5000 kg Milch bei charakteristischen Weißzeichnung über Biomilch wird mit dem Pinzgauer Rind 3,86% Fett und 3,27% Eiweiß. Der Widerrist, Rücken, Oberschenkel, Bauch beworben, weiters werden Fleischpro- Alpungsanteil der Milchkühe liegt bei und Unterbrust. Die Klauen sind dunkel dukte vom Pinzgauer Milchkalb, Pinzgau- über 43%, dem höchsten in Österreich, und hart, die Hörner hell mit schwarzen er Jungrind und Pinzgauer Rind über auch werden die meisten Jungtiere und Spitzen. Das Pinzgauer Rind ist mittel- bis spezielle Markenprogramme vermarktet. Mutterkühe im Berggebiet gealpt. Darum großrahmig mit auffallend langem Die Ferienregion Nationalpark Hohe sind auch die Tageszunahmen in der Rumpf. Durch natürliche Selektion Tauern wirbt mit dem Pinzgauer Rind als Mutterkuhhaltung bemerkenswert, (extensive Haltung im Berggebiet, offiziellem Nationalparkrind. männliche Kälber erreichen beim Alpung) und gezielte züchterische 200-Tage-Gewicht um die 1000 g tägliche Maßnahmen hat sich ein Rind mit Zunahme, die weiblichen 900 g. Die bestem Fundament und besonderer Fleischrinderzucht mit Original Pinzgauer Anpassungsfähigkeit an schwierige Rindern nimmt innerhalb der Rasse Standorte entwickelt. Gute Futterverwer- allmählich zu, derzeit wird etwa die tung, bestes Beinwerk und Friedfertigkeit Hälfte der Original Pinzgauer Kühe als sind Eigenschaften, die das Pinzgauer Mutterkuh gehalten. Rind auszeichnen. Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich 7
maßnahmen eingeleitet und ein für alle gültiges Zuchtziel festgelegt: „Das Tiroler Grauvieh ist eine leichte bis mittelschwe- re, auf kombinierte Leistung gezüchtete Geschichte Gebirgsrasse, bei welcher besonderer Archäologische Funde lassen auf die Wert auf die Milch- und Fettleistung, Besiedelung des Tiroler Oberlandes robuste Gesundheit, gute Futterverwer- tausende Jahre vor Christus durch Völker tung, regelmäßige Fruchtbarkeit sowie aus Vorderasien schließen, die auch ihre Vereinheitlichung der Farbe gelegt wird. einfarbigen Kurzhornrinder mitbrachten. Es zeichnet sich, den Gebirgsverhältnis- Im Laufe der Jahrhunderte durchmisch- sen angepasst, durch stabiles Funda- ten sich in Tirol, einem Durchzugsland, ment, tiefen weiten Rumpf, gute Bemus- mehrere verschiedene Rinderschläge. kelung und lebhaftes Temperament aus Bereits der römische Schriftsteller Plinius und ist imstande, die geforderten berichtete von der sehr guten Milchergie- Leistungen in Milch, Mast und Arbeit bigkeit des Alpenviehs. In der Zeit der hervorzubringen.“ Völkerwanderung vermischten sich die Milchleistungskontrolle bodenständigen, ligurisch-keltischen Bestand Etwa 3700 Grauviehkühe unterstehen der Tiere mit dem größeren Alemannenvieh. Im Jahr 1953 erbrachten in Tirol 2811 Milchleistungskontrolle. Der Großteil der Aus dieser Kreuzung entwickelten sich im Herdebuchkühe durchschnittlich 2805 kg Kontrollkühe sind Herdebuchkühe, sie Lauf der Jahrhunderte verschiedene Milch mit 3,96% Fett und in Niederöster- stehen in den ca. 950 Zuchtherden. Die Landschläge. Die Lechtaler (mittelgroß reich 73 Herdebuchkühe im Durchschnitt durchschnittliche Milchleistung der 3552 kg Milch mit einem Fettgehalt von Herdebuchkühe betrug im Jahre 2011 4,03%. Dies veranschaulicht die damals 4884 kg Milch mit 3,93% Fett und 3,26% niedrigeren Leistungen aufgrund der, Eiweiß. durch das Klima bedingten, schlechteren Futtergrundlage in Tirol. Bei der Rinder- Fleischleistungskontrolle rassenzählung 1954 wurden in Tirol Österreichweit nehmen 400 Herden mit 25.000 Stück gezählt, weitere 16.000 1580 Kontrollkühen an der Fleischleis- Stück vor allem in Ostösterreich. Wenn tungskontrolle teil, davon werden 1477 auch diese größeren Zuchtgebiete in Kühe in 350 Herden zur Zucht verwendet. Nieder-, Oberösterreich und der Steier- Bei einem durchschnittliches Geburtsge- mark in diesem Ausmaß heute nicht wicht von 40 kg für Stierkälber, bzw. 39 mehr existieren, ist das Tiroler Grauvieh kg für Kuhkälber liegen durch die mittlerweile zu einer beliebten Mutter- züchterisch gut gesicherte hohe Milch- kuhrasse in ganz Österreich geworden. leistung die Tageszunahmen in den Dieser Entwicklung wurde 2002 vom ersten 200 Lebenstagen bei rund 1000 g. Tiroler Grauviehzuchtverband mit der Die Fleischqualität der Masttiere ist sehr Foto: Hausegger Einrichtung einer Herdebuchabteilung hoch, das Fleisch ist feinfaserig, zart und für Milch und Arbeit), die Wipptaler für Mutterkühe entsprochen. saftig. (großrahmig für Ochsenzucht) und die Heute zählen wir im gesamten Bundes- Oberinntaler (kleinrahmig für Milch). gebiet rund 15.000 Stück. Der Tiroler Zucht Jedoch schon in der Mitte des 19. Jh. Grauviehzuchtverband betreut öster- Mit Ausnahme weniger Talgemeinden setzte durch den Verkauf der besten Tiere reichweit ca. 1300 Betriebe, welche an liegt der Großteil der Zuchtbetriebe im in die durch die Industrialisierung neu die 4400 Herdebuchkühe und 33 Herde- durchwegs kalkarmen, hochalpinen entstandenen Abmelkgebiete in der buchstiere halten. Zentralalpenstock in großer Seehöhe bis Nähe größerer Städte in Österreich, über 2000 Meter – 82% der Betriebe Deutschland und Italien eine gefährliche liegen über 1000 Meter. Die teils sehr Entwicklung ein. Diese Tiere brachten bei kleinen Bergbauernhöfe (im Durchschnitt der verbesserten Fütterung ausgezeich- werden vier Kühe je Betrieb gehalten.) nete Milcherträge. mit vielfach steilen Hanglagen und noch Mit der Gründung der ersten Viehzucht- steileren Hochalmen liegen in einem genossenschaften 1896 trennten sich die Gebiet mit Föhneinfluss und häufigen Wege von Braunvieh und Grauvieh. 1907 Trockenzeiten (560 bis 800 mm Nieder- schlossen sich die genannten Schläge in schlag jährlich). Diese Umwelt hat das der Viehzuchtgenossenschaft für grau- Grauvieh geprägt. braunes Höhenvieh zusammen. Von 1900 bis 1914 ging mehr als die Hälfte des Das Tiroler Grauvieh ist ein kleinrahmi- Zuchtgebietes an das Braunvieh verloren. ges, einfärbig silber- bis eisengraues Nach schweren Rückschlägen im Ersten Foto: Hausegger Rind. Es zeigt dunkle Schattierungen an Weltkrieg und der Abtrennung des Kopf, Hals und Rumpf (angeraucht). Das Südtiroler Verbreitungsgebiets wurden Euter und die Schenkelinnenseiten sind mit der Gründung des Tiroler Grauvieh- deutlich aufgehellt. Die Hornspitzen und zuchtverbands 1924 einheitliche Zucht- die Klauen sind dunkel pigmentiert, das 8 Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich
auf. Die Rasse verfügt weiter über eine gute Fleischqualität und ansprechende Tageszunahme. Der Gehalt an qualitativ hochwertigen Inhaltsstoffen der Milch der Grauviehkühe begünstigt die Die Heimat dieses alten bodenständigen Erzeugung von Bergkäse besonderer Rindes, das Waldviertel, umfasst eine Güte. Das Tiroler Grauvieh ist ein Garant Fläche von rund 5000 km². Die Höhenla- dafür, dass die gepflegte Kulturlandschaft ge schwankt von 185 bis 1073 Meter bewahrt bleibt und liefert einen wichti- Seehöhe, hauptsächlich handelt es sich gen Beitrag für den Lebens- und Erho- um eine wellige Hochfläche. Das Urge- lungsraum im Gebirge. stein des Bodens ist Granit und Gneis. Diese Region ist für ihre kargen Böden, Vermarktung feuchten und kalten Sommer sowie Neben dem klassischen Zuchtviehabsatz äußerst harte Winter bekannt gibt es zwei besondere Vermarktungswe- Das Waldviertler Blondvieh entstand aus Foto: Hausegger ge in der Grauviehzucht: einerseits den der Vermischung des illyrisch-keltischen Flotzmaul ist dunkel mit einer hellen Grauviehalmochs „Angelus“, und anderer- Rindes mit dem ungarischen Steppen- Umsäumung (=Rehmaul). Die Stiere seits die Grauviehschokolade „Die Edle“. rind. Dieser einfarbig helle Schlag wurde präsentieren sich meist dunkler und Die Idee zur Vermarktung des Grauvieh- dann mit Frankenvieh vermischt. Die weisen häufig Sprenkelung am Rücken almochsen entstand Anfang der 90er- verschiedenen Schläge im 19. Jh. wie und an den Flanken auf. Auf die richtige Jahre. Bedingt durch die Kleinheit der Gföhler oder Zwettler, Raabser und Entwicklung der Hornform – gebogen Grauviehzuchtbetriebe sowie der Stockerauer, dürften kaum Unterschiede und nach oben gerichtet – wird von traditionellen Alpung kommt es zu sehr aufgewiesen haben. Es waren Rinder von vielen Züchtern Wert gelegt. Das Zucht- kleinen Produktionsmengen je Betrieb heller, meist weißer bis semmelgelber ziel ist auf eine Verbesserung der Milch- („jedes Tier ein Unikat“) und einem Fellfarbe, Flotzmaul und Zunge zeigten leistung und der Euterform ohne weitere saisonalen Angebot. Die reinrassigen eine bläuliche Färbung, also deutliche Zunahme von Größe und Gewicht Ochsen müssen mindestens einmal Pigmentierung, die Hörner und Klauen ausgerichtet, damit die Tiere an die harte gealpt und in erster Linie nur mit be- waren dagegen meist hell. Umwelt des Hochalpengebietes ange- triebseigenen Futtermitteln gefüttert passt bleiben. Es wird strikt darauf werden. Mit einem Tiroler Fleischverar- geachtet, dass der Zweinutzungscharak- beitungsbetrieb wurde ein Marken- ter der Rasse erhalten bleibt. Seit 2004 fleischprogramm entwickelt, mit dem erfolgt eine Differenzierung zwischen Ziel das Angebot der Bauern zu verbes- Tieren des Zweinutzungscharakters und sern und dem qualitätsbewussten jenen des fleischbetonten Typs. Konsumenten Rindfleisch der Spitzen- klasse anzubieten. Die zweite Spezialität Die Tiere sind gesund, robust, wider- ist die Grauviehschokolade, die nur mit standsfähig und besonders gut für die Milch vom Tiroler Grauvieh hergestellt Foto: Fleischhacker Alpung geeignet. Sie haben sich sehr gut wird. Um 1900 wurde für die genannten an die schwierigen Umweltbedingungen Schläge bereits die gemeinsame Bezeich- angepasst und sind dank ihrer Konstituti- Zurzeit hält das Tiroler Grauvieh vermehrt nung Waldviertler Blondvieh verwendet. on, Kondition, harten Klauen und Einzug in die Mutterkuhhaltung. Die gute Gelobt wurde vor allem das feinfaserige, Genügsamkeit für die nachhaltige Fleischleistung, kombiniert mit dem gut marmorierte und sehr wohlschme- Bewirtschaftung extremer Berggebiete Milchreichtum der Kühe garantiert Kälber ckende Fleisch, das auf den Fleischmärk- außerordentlich gut geeignet. Das mit einem überdurchschnittlichen ten, besonders in Wien, hoch geschätzt Grauvieh erbringt eine bemerkenswerte Jugendwachstum und hohen Tageszu- war. 1933 wurde der Verband Waldviert- Milchleistung aus oft kargem Grundfutter nahmen. In einem Versuch der landwirt- ler Blondviehzüchter gegründet, Zucht- und weist von allen österreichischen schaftlichen Landeslehranstalt in Imst ziel war zu dieser Zeit in erster Linie die Milchrassen die längste Nutzungsdauer wurde die Tauglichkeit der Rasse für die Arbeitsleistung, in zweiter Linie die ganzjährige Freilandhaltung eindrucks- Fleischleistung und erst an letzter Stelle voll bestätigt. Selbst Außentemperaturen stand die Milchleistung. von weniger als -20°C sind kein Problem für die Tiere. Einkreuzungen Nach dem Zweiten Weltkrieg war man wie überall um die Intensivierung und Leistungssteigerung in der Rinderwirt- schaft bemüht. Da nicht ausreichend eigene Stiere zur Verfügung standen, wurden zwischen 1938 und 1945 Stiere des einfarbig hellen, gelben Höhen- und Frankenrindes und des Glan-Donnersber- ger-Rindes eingesetzt. Die Frankenrinder eigneten sich im Waldviertler Gebiet Foto: Hausegger nicht sehr gut, ihre Ansprüche an Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich 9
möglichkeiten, so dass eine Weiterzucht als nicht aussichtsreich erschien. Für die spezielle Fleischqualität war damals offensichtlich kein Markt zu finden. Darum wurde vom damaligen Tierzucht- Das Kärntner Blondvieh wurde, wie der direktor von Niederösterreich der Name schon sagt, in Unterkärnten, vor Vorschlag gemacht, das Waldviertel auf allem in den Bezirken St. Veit an der Glan, Fleckvieh umzustellen. Dieser Vorschlag Wolfsberg, Völkermarkt, Klagenfurt-Land wurde von fast allen angenommen, und sowie in den Teilen des steirischen ab 1960 erfolgte die konsequente Bezirkes Murau rund um Neumarkt Foto: NÖ Genetik/KeLeKi Rassenumstellung. Begleitend wurden gehalten. Über die Herkunft ist wenig Ernährungs- und Umweltbedingungen ebenso die Verhältnisse auf den Betrie- bekannt, man nimmt an, dass vor allem konnten nicht gedeckt werden. Darum ben verbessert, man förderte die Futter- ungarische Graurinder, aber auch wurden die vergleichsweise leichteren wirtschaft, u.a. mit dem Bau von Silos, bajuwarische und slawische Rinder und anspruchsloseren Glan-Donnersber- sowie die Stalleinrichtungen und beteiligt waren. ger vermehrt eingesetzt. Die Einkreuzung Fütterungsberatung, um die höheren der Glan-Donnersberger brachte zwar Ansprüche des wesentlich leistungsstär- Bis zur Einigung auf den einheitlichen Verbesserungen in der Mast- und keren Fleckviehs zu erfüllen. Innerhalb Namen „Kärntner Blondvieh“ durch den Schlachtleistung sowie im Exterieur, die weniger Jahre wurde das Waldviertler Zentralausschuss der Kärntner Landwirt- Milchleistungsergebnisse waren jedoch Blondvieh bis auf kleine Restbestände schaftsgesellschaft im Jahre 1890 waren unbefriedigend. verdrängt. Erst 1982 besann man sich die Rinder unter den üblichen Bezeich- Unter den kargen, kalkarmen Boden- und wieder der alten einheimischen Rinder- nungen Mariahofer, Lavanttaler und rauen Witterungsverhältnissen des rasse und begann ein Erhaltungszucht- Norische Rasse bekannt, die jedoch Waldviertels konnte sich langfristig keine programm, auf Initiative der ÖNGENE, kärntenweit nicht akzeptiert wurden. Die andere Rasse als das Waldviertler Blond- einiger beherzter Züchter und der Mariahofer waren nach dem steirischen vieh durchsetzten. Durch gezielte landwirtschaftlichen Fachschule Edelhof. Gut Mariahof in der Nähe von Neumarkt Leistungszucht konnte jedoch bereits in Heute werden in rund 160 Betrieben an benannt, wo man ein besonders rahmi- den Jahren nach dem Krieg, der katastro- die 1000 Herdebuchkühe gehalten, ca. 40 ges Rind züchtete. Dieses breitete sich in phale Einbußen an Vieh mit sich gebracht Stiere sind im Natursprung, 11 in der die Kärntner Talregionen aus. Der zweite hatte, beachtliche Leistungssteigerungen künstlichen Besamung im Einsatz. Schlag kam aus dem Lavantal. Beide erzielt werden. Innerhalb von zehn Schläge waren milchweiß, semmelgelb Jahren wurde die Milchleistung der Gut für Mutterkuhhaltung bis rotgelb in der Farbe, mit rosafarbe- Kontrollkühe von 1780 kg Milch bei Das Waldviertler Blondvieh wird heute als nem Flotzmaul, die Hörner und Klauen 4,04% Fett auf 2378 kg Milch bei 4,15% kleinrahmiges, langlebiges und vor allem wachsgelb. Tiere mit dunklem Pigment Fett im Jahr 1956 erhöht. in der Milchleistung spätreifes Rind mit wurden von der Zucht ausgeschlossen, schmalem Körper, feingliedrigem nur die vereinzelt vorkommenden Im Jahr 1954 wurden in Niederösterreich Knochenbau und durchschnittlicher Helmetentiere – ein Teil des Kopfes ist 173.600 Stück Waldviertler Blondvieh Bemuskelung gezüchtet. Die Farbe der weiß, der restliche Körper aber blond gezählt, es wurde vom Österreichischen Tiere ist nahezu weiß, hellblond bis – waren erlaubt. Statistischen Zentralamt als einfärbig semmelfarben mit fleischfarbigem licht, blond bis gelb (ziegelrotbraun) Flotzmaul und gelbgrauen Hörnern und Einkreuzungen unbefriedigend charakterisiert. Es wird als leichtes bis Klauen. Das sehr feinfaserige Fleisch, Auch wurden 1890 in der Sitzung neben mittelschweres, feinwüchsiges Rind, das verbunden mit guter Fruchtbarkeit und der Namensgebung planmäßige, an die karge Waldviertler Scholle optimal problemlosen Abkalbungen bei den züchterische Maßnahmen zur Förderung angepasst ist, beschrieben. Die deutlich Kühen machen das Waldviertler Blond- dieses Viehschlages beschlossen, die sich geringere Milchmenge im Vergleich zu vieh zur idealen Rasse für die Mutterkuh- in gleichen Vorschriften für die Beurtei- anderen Rassen wird mit den vergleichs- haltung zur Erzeugung von Qualitäts- lung bei Körungen, Tierschauen und weise ungünstigen Fütterungs- und fleisch auch auf weniger ertragreichen Prämierungen ausdrückte. Das Blondvieh Haltungsverhältnissen auf den Urge- Böden. Tageszunahmen beim 200-Tage- sollte durch Reinzucht unter Berücksichti- steinsböden erklärt. Gewicht von rund 1000 g bei den Kälber gung entsprechender Zuchtwahl unterstreichen die gute Eignung des verbessert werden, dies wurde durch Umstieg auf Fleckvieh Waldviertler Blondviehs für die Mutter- eine vom Landtag 1902 beschlossene Der verhältnismäßig kleine Zuchtviehbe- kuhhaltung. Körvorschrift und vom „Gesetz vom 5. Juli stand behinderte jedoch den züchteri- 1924, betreffend die Körung und Haltung schen Fortschritt. Auch fehlten Export- von männlichen Haustieren zur Zucht“ unterstützt. Die versuchte Einkreuzung von Fleckvieh und Frankenvieh Anfang des 20. Jh. brachte nicht den gewünsch- ten Erfolg, die Nachzuchten zeigten keine Verbesserungen in Form und Wüchsig- keit, und Zweifel an der Qualität des Fleisches tauchten auf. Foto: Fleischhacker 10 Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich
Markt für Schlachtvieh bricht weg Zuchtgebiete vereinigt Das Blondvieh konnte sich besonders in Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der den niederschlagsärmeren Gebieten Blondviehzuchtverband Kärnten-Steier- Unterkärntens behaupten. Die Regionen mark gegründet. Dies führte zu einer Krappfeld, das Görtschitztal und das völligen Verschmelzung der Zuchtgebie- Lavanttaler Becken, sind die trockensten te und beschleunigte die Vereinheitli- Gebiete Kärntens mit Niederschlägen chung der Zuchtbestände. Bei der von 600 bis 800 mm. Die Blondviehhal- Rinderrassenerhebung 1954 wurden in tung fand hier vorwiegend in mittelbäu- Kärnten 75.000 Stück und in der Steier- erlichen Betrieben statt, mit größeren mark 8700 Stück gezählt, 2569 Herde- Betrieben in den Bezirken St. Veit und buchtiere erbrachten eine Leistung von Murau, die über ausgedehnte Weideflä- 3093 kg Milch bei 4,02% Fett. Das chen verfügten. Die vorherrschenden damalige Zuchtziel verlange ein kombi- Foto: Kärntner Rinderzuchtverband Betriebstypen waren Grünland-Acker- niertes, einfarbig lichtes, mittelrahmiges Fleckvieh und mit Brown Swiss gekreuz- Mischbetriebe. Bis zum Ersten Weltkrieg Milch- und Mastrind, bei dem jedoch tes Braunvieh sowie mit Red Friesian war das Zuchtgebiet durch eine starke immer noch die Arbeitstüchtigkeit eingekreuzte Pinzgauer, vor allem zur Betonung der Ochsenhaltung gekenn- beachtet wurde. Als Grundelemente Erhöhung der Milchleistung, griffen als zeichnet. Die ermöglichte die Verwertung wurden robuste Gesundheit, hohe moderne Rassen immer mehr um sich. der ausgedehnten trockenen Weideflä- Fruchtbarkeit und die Fähigkeit gefor- chen in Tal-, Berg- und Almlagen. Das dert, mit überwiegend wirtschaftseige- Dem Ende nahe Kärntner Blondvieh wurde rege nachge- nen Futtermitteln eine befriedigende Anfang der 80er-Jahre war das Kärntner fragt, vor allem Zugochsen und Tiere zur Leistung zu erzielen. Blondvieh vom Aussterben bedroht. Rechtzeitig setzten jedoch enthusiasti- sche Bemühungen einzelner Idealisten ein, um diese alte Kärntner Rinderrasse zu erhalten. 1990 gab es nur mehr rund 100 Tiere der Rasse. 1994 wurde der Blondviehzuchtverein neu gegründet und es setzte wieder eine langsame aber stete Aufwärtsentwicklung ein, man zählt heute ungefähr 2000 Stück. Die Kärntner Blondviehzuchttiere werden vom Kärntner Rinderzuchtverband betreut. Etwa 1000 Herdebuchkühe, 500 Herde- buchkalbinnen und 55 Zuchtstiere stehen in rund 120 Betrieben. Samen von 15 Kärntner Bondviehstieren sind in der Genbank in Wels eingelagert. Heute wird das Kärntner Blondvieh vor allem als Mutterkuh geschätzt. Bei Foto: Kärntner Rinderzuchtverband Zunahmen der Kälber liegen in den Ausmast. Das Kärntner Blondvieh hatte Neben der forcierten Reinzucht fand ersten 200 Lebenstagen bei etwa 1100g als Schlachtrind wegen des hellen, jedoch auch die Einkreuzung von pro Tag. Die wenigen Kühe, die noch feinfasrigen, marmorierten Fleisches Fleckvieh und Gelbvieh in zunehmen- unter Milchleistung stehen, zeigen mit besten Ruf und wurde nach Wien, Bozen, dem Maß statt. Auch rotbuntes Vieh aus einer Leistung von mehr als 5000 kg München und Nürnberg verkauft. Nach Norddeutschland kam, wohl zahlenmä- Milch/Laktation die weiter vorhandene dem Zusammenbruch der Monarchie war ßig geringer, streckenweise zum Einsatz. Eignung zur Doppelnutzung. man jedoch von einigen Fleisch vom Kärntner Blondvieh wird Absatzgebieten für über die Norischen Wirte, eigene Blond- Zugochsen und Schlach- viehfleischhauer und direkt vom Bauern- trinder abgeschnitten. hof vermarktet. Die hohe Qualität und Eine erfolgreiche Güte des Fleisches ist mittlerweile wieder Anpassung an die neuen bekannt und wird rege nachgefragt. Wirtschaftsverhältnisse verlangte nach einer Reduktion der Ochsen- produktion und einer vermehrten Aufzucht von weiblichen Tieren zur Milchproduktion. Foto: Kärntner Rinderzuchtverband Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich 11
Kuhkampf und Russlandviehtrieb seien, wurde den Tux-Zillertalern zum Das alte Tuxer Rind war relativ klein, Verhängnis. jedoch in Länge, Breite und Tiefe des Um 1870 begann man im Tiroler Unter- Rumpfes sehr voll und kräftig entwickelt. land die Unterinntaler Tuxer mit dem Die Tux-Zillertaler gelten als typisch Der Kopf war breit, dick und kurz mit Miesbach-Simmentaler Schlag zu einheimische Rasse des Tiroler Unterlan- langen Hörnern, die in weit geöffneter verdrängen, das Tiroler Fleckvieh ent- des. Über die genaue Herkunft ist wenig Biegung nach vorne gerichtet waren. Die stand und die Tuxer wurden ins Zillertal bekannt, es wird jedoch angenommen, Schultern, Vorarme und Schenkel waren zurückgedrängt. In den 1920ern wurden dass die Tux-Zillertaler von den Eringern sehr muskulös, hinzu kamen ein breiter viele Kühe in die Abmelkgebiete um aus dem Schweizer Kanton Wallis Hals und Rücken, ein kräftig entwickeltes Wien und viele Stiere als Schlachtware abstammen. Die beiden Rassen sind sich Becken und eine starke Behosung. Diese verkauft, dieser Aderlass bedeutete für im Exterieur sehr ähnlich, auch ähnliche Eigenschaften ergaben die Vorzüge der die bereits bedrohte Rasse eine zahlen- Eigenschaften wie Widerstandsfähigkeit, Tux-Zillertaler als Kampfrind. In der freien mäßige und vor allem qualitative Zähigkeit, Härte, Genügsamkeit, Kampf- Natur lag der Sinn und lust, Alptauglichkeit und Trittsicherheit Zweck des Kampfes nur in bestätigen diese Annahme. Die Eringer der Eroberung und kamen durch die Walserwanderungen im Verteidigung von guten Spätmittelalter nach Österreich, durch Almweideplätzen. Im den Viehhandel gelangten sie über das Laufe der Zeit entwickel- Wipptal ins Tuxertal und weiter ins ten sich aus diesen Zillertal, wo sie sich vermutlich mit Kämpfen regelrechte Pinzgauer und Inntaler Vieh vermischten. Wettkämpfe, wo jeder auf Daraus entstanden zwei Schläge: die seine Kuh wettete. Die schwarzen Tuxer und die dunkelrotbrau- Siegerkuh erhielt den Titel nen Zillertaler. Anfänglich waren sie einer „Moarin“ oder wahrscheinlich einfärbig, doch durch die „Roblerin“ und ihr Besitzer Durchmischung der Rassen kamen im erfuhr Anerkennung und 19.Jh. verstärkt die heute charakteristi- Ehre. Durch die eindeuti- schen weißen Abzeichen vor. Es wurde ge Aufteilung der Besitz- beschrieben, dass in der Mitte des 19.Jh. verhältnisse auf den im Tiroler Unterland Rinder mit dem Almen und die allgemein Foto: Rinderzucht Tirol/KeLeKi Tuxer Grundtyp vorherrschend waren. bessere Fütterung war der Kampf um die Schwächung. In der Zeit des NS-Regimes Sogar bis über die Landesgrenzen waren besten Weiderechte nicht mehr notwen- wurden die neuen und modernen Rassen einfarbig dunkelbraune sowie braun und dig. Durch die einseitige Selektion auf Braunvieh und Fleckvieh stark propa- schwarz gefleckte Stapel von Hornvieh gute Kampfeigenschaften wurde die giert. Bauern erhielten Subventionen für anzutreffen. Beliebt war das Tux-Zillerta- Milchleistung stark vernachlässigt, die Stallbauten, Betriebsmittelanschaffungen ler Rind vor allem, weil es selbst unter Rasse verlor dadurch ihre Konkurrenzfä- und vor allem für tierzüchterische unwirtlichsten Bedingungen Leistung higkeit gegenüber den anderen Rassen. Maßnahmen. Nach dem Zweiten Welt- erbrachte. Durch das feine und zarte krieg wurde der Verein zur Erhaltung des Fußwerk, gepaart mit harten Klauen, Eine erzählenswerte Geschichte ist der Tuxer Rindes gegründet. Der Herdebuch- kletterte es auf den Almen selbst auf Export von Tux-Zillertaler Rindern nach bestand betrug nur mehr rund 70 Kühe, extreme Plätze. Diese Eigenschaft wurde Russland, der das erste Mal 1848 erwähnt einige Kalbinnen und wenige Stiere. Man ihnen unter anderem nach dem Zweiten wurde. In zweieinhalb Monaten wurden hatte mit dringlichen Problemen, wie zu Weltkrieg zum Verhängnis, da den auf diesem Viehtrieb 2300 Kilometer enger Linienführung, zu geringer Almhirten die große Wanderlust der Fußmarsch überwunden. In Russland Milchleistung, TBC- und Bang-Sanierung Tux-Zillertaler missfiel. aufgrund ihrer Wetterunempfindlichkeit, zu kämpfen. Zur Blutauffrischung und Trittsicherheit und Genüg- Leistungssteigerung wurde ein Pusterta- samkeit beliebt, bestand ler Stier importiert. Es wurde sogar dieser Handel bis in die Zeit angedacht, Stiere aus Russland zu um 1920. Die Tux-Zillertaler importieren. Im Jahr 1966 jedoch Rasse war am Entstehen verblieben nur mehr 29 Tiere im Herde- dreier russischer Rinderras- sen maßgeblich beteiligt. Niedergang auf 2 Züchter Der Niedergang der Tux-Zillertaler begann bereits Mitte des 19. Jh. Auf der internationalen Zuchtausstellung in Paris 1856 kamen die hellen Rinderschläge in Mode. Die Ansicht, dass dunkle Rinder Foto: Rinderzucht Tirol/Moser weniger leistungsfähig Foto: Rinderzucht Tirol/KeLeKi 12 Öngene/RINDERZUCHT Austria – Seltene Rinderrassen in Österreich
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