STILL UND LEISE - Stadt Rheinfelden
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Das Kultur- und Stadtmagazin beider Rheinfelden 73 | November / Dezember 2020 | gratis erhältlich SCHWERPUNKT STILL UND LEISE WIR BERICHTEN ÜBER DIE HEILKRAFT DES WALDES MEDITATION UND YOGA BOGENSCHIESSEN U.V.M MIT DEN VERANSTALTUNGSTIPPS IM NOVEMBER UND DEZEMBER
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Liebe Leserin, lieber Leser Nach dem goldenen Herbst beginnt im November eine stillere, leisere Zeit, mit kurzen Tagen und grauer Nebeldecke, die im Dezember in die besinn- liche Weihnachtszeit mündet, die wieder mehr glitzert und funkelt. Pas- send zu dieser Jahreszeit ist das Thema dieser Ausgabe „Still und leise“. Auf Rheinfelden Schweizer Seite haben wir uns dem Thema auf ganz verschiedenen Wegen Lebenswert. Liebenswert. angenähert. Wir haben eine Meditationsgruppe in ihrem „Raum der Stille“ besucht und waren beim Suchen und Finden der Stille in der Meditation dabei. Wir haben uns aber auch dem Thema des Waldbadens, der Waldtherapie IMPRESSUM gewidmet, wo der Stille im Wald nachge- spürt wird und man durch Achtsamkeit Herausgeber wieder mehr zu sich selber finden kann Stadt Rheinfelden (Baden), Stadt Rheinfelden (Schweiz) und gleichzeitig positive Impulse für sein Immunsystem erhält. Gar nicht so Redaktion Heft 73 still und leise, wie man vielleicht denken Henrike Fuder, Martina Schilling, Brigitte Brügger, würde, geht es auf der Demenzstation im Michelle Geser, Peter Löwe Altersheim zu und her. Dennoch ist auch dort Ruhe und behutsame Begleitung Fotos Inhalt Autoren, wenn nicht anders vermerkt ganz zentral für das Wohlbefinden der Titelfoto freetousesounds auf Unsplash Gäste. Auf deutscher Seite wird über das Medi- tieren an der VHS berichtet, über Yoga und Realisation Peter Löwe, www.Loewe-Werbeagentur.com Achtsamkeit sowie die Bedeutung einer Druck Poppen & Ortmann Druckerei und Verlag KG Freiburg ruhigen Hand und inneren Stille beim Bogenschiessen. Ausserdem begleiten die deutschen Kolleg*innen eine Konzertorganistin und Psychotherapeutin auf Auflage 4.500 Exemplare der Suche nach Ruhe und stellen den Verein „Helfende Hände“ vor. ISSN 1664-4778 Verteilung Zum Glück geht es im kulturellen Leben der beiden Städte nicht mehr nur Auslage in Gemeindeverwaltungen, Geschäften, still und leise zu und her, denn es warten doch einige Highlights auf uns, Bibliotheken, Schulen und Kultureinrichtungen die in der jetzigen Situation wieder stattfinden können. Das kunst lokal, Bezug im Abo möglich: Infos auf der vorletzten Seite die grosse, regionale Kunst-Biennale öffnet vom 6. bis 22. November seine Rheinfelden (Schweiz): Verteilung an Abonnenten Türen und zeigt zeitgenössisches, regionales Kunstschaffen, das allen Krisen der Neuen Fricktaler Zeitung getrotzt hat und brandaktuell wichtige gesellschaftliche Themen aufnimmt. Das Ganze mit viel Platz in der Kurbrunnenanlage und mit vielen, kleinen Kontakt für Redaktion und Inserate in Rheinfelden/D Begleitveranstaltungen, um der Kunst ganz nahe zu kommen. Mehr dazu Kulturamt der Stadt, Henrike Fuder, erfahren Sie in diesem Heft. Ein zweiter Höhepunkt wird sicherlich das „Ad- Rathaus, Kirchplatz 2, D-79618 Rheinfelden ventsfunkeln“ werden, ein auf den ganzen Monat Dezember verlängertes H.Fuder@rheinfelden-baden.de, Tel.: +49 7623 95-374 Weihnachtsfunkeln mit Lichterzauber im Stadtpark, im Städtli und auf Inseli Kontakt Kalender Rheinfelden/D: und Brücke zum stillen Geniessen. Auch die beliebte Weihnachtsführung kulturamt@rheinfelden-baden.de und die Adventsfenster gibt es 2020. Daneben finden auch wieder Jazzkon- zerte der Jazzclubs Q4 und Ja-ZZ statt sowie das erste Klassiksterne-Konzert Kontakt für Redaktion, Kalender in Rheinfelden/CH der Saison mit dem Gershwin Piano Quartet sowie verschiedene kleinere Stadtbüro/Kulturbüro, Brigitte Brügger und grössere Ausstellungen. Besonders zu empfehlen ist die Sonderausstel- Rathaus, Marktgasse 16, CH-4310 Rheinfelden lung zum Thema Strom des Fricktaler Museums, welche noch bis zum 14. 2xrheinfelden@rheinfelden.ch, Tel.: +41 61 835 51 11 Dezember geöffnet ist. Wir freuen uns also auf ein zwar noch kleines, dafür aber feines Kulturange- bot im November und Dezember und auf eine spannende Lektüre unseres Kontakt für Inserate in Rheinfelden/CH neusten Kultur- und Stadtmagazins. Fricktaler Medien AG, Frau Karin Stocker, Baslerstrasse 10, 4310 Rheinfelden Das Redaktionsteam wünscht Ihnen allen eine besinnliche Adventszeit, karin.stocker@fricktalermedien.ch, Tel. +41 61 835 00 52 frohe Weihnachten und viel Glück und Gesundheit fürs neue Jahr. Inserate- und Redaktionsschluss für die Ausgabe November/Dezember: 30. November 2020 Michelle Geser Projektleiterin Kultur Rheinfelden CH ID-Nr. 2095393 Schwerpunkt: Still und leise EDITORIAL 3
Die HEILENDE KRAFT des Waldes Prof. Dr. Katharina Meyer widmet sich nach ihrer Emeritierung und Pensionierung an der Uni Bern zusammen mit Forstwissenschaftlern und Akteuren der öffentlichen Gesundheit der Frage, wie der Wald für die Bevölkerungsgesundheit genutzt werden kann. Hier schreibt sie über die heilende Kraft des Waldes. S chon von alters her schätzt der wahrnehmen, entschlüsseln. Und sie ent- gen stimuliert unser vegetatives Nerven- Mensch die Umgebung des Wal- scheiden, ob es sich bei einer Umgebung system in einer Weise, die den Herzschlag des wegen seiner friedlichen oder Situation um eine “friedliche“ oder und einen erhöhten Blutdruck zur „Besänf- Atmosphäre, seiner landschaftli- um eine „bedrohliche“ handelt. Aus dieser tigung“ bringt. Die Abstände, mit denen chen Schönheit, seiner frischen, Entscheidung geht blitzschnell und ohne die Herzschläge aufeinander folgen, wer- sauberen Luft und seiner angenehmen unser Zutun die nächste Entscheidung her- den variabler. Dies bedeutet, dass sich die Gerüche. Bereits im 11. Jh. hat Hildegard vor, nämlich, welcher Teil des vegetativen Balance im vegetativen Nervensystem zwi- von Bingen erkannt: „Es gibt eine Kraft aus Nervensystems aktiviert wird: der Sympa- schen „Antrieb“ und „Beruhigung“ verbes- der Ewigkeit, und die ist grün.“ Sie nann- thikus oder der Parasympathikus. Nehmen sert hat. Je besser diese Balance ist, umso te sie „Grünkraft“, was übersetzt „Lebens- wir Umgebungen oder Situationen als be- günstiger ist dies für unsere Herz- und Ge- kraft“ heisst. Fast 1000 Jahre später kann lastend, bedrohlich oder negativ wahr, fässgesundheit sowie Stoffwechselgesund- mit modernen Methoden der Biologie und wird der Sympathikus verstärkt aktiviert. heit. Auch die Psyche profitiert. Befragt Medizin belegt werden, dass Hildegard von Er sorgt dafür, dass infolge vermehrter Frei- man die Schweizerische Bevölkerung nach Bingen recht hatte. Folglich hat sich vor setzung von Stresshormonen und anderer den Beweggründen für ihre Waldbesuche, wenigen Jahren eine neue medizinische Botenstoffe der Körper und die Psyche so geben die meisten „raus aus dem Alltag“ Wissenschaft etabliert, in der Alternativ- in Bereitschaft für „Kampf“ und „Flucht“ und „um mich zu entspannen“ an. Tatsäch- und Präventivmedizin sowie Umwelt- und versetzt werden – „Kampf“ oder „Flucht“ lich belegen Untersuchungen, dass sich das Ökosystemforschung zusammenarbeiten. betreffen im übertragenen Sinne auch Gefühl von Müdigkeit und Anspannung Sie befasst sich mit den Auswirkungen von unseren heutigen Alltag. Sind wir zu oft sowie auch Reizbarkeit und Niedergeschla- Waldumgebungen auf die menschliche und zu lange in solchen Stresssituationen, genheit nachweislich schon durch einen Gesundheit, und eine Vielzahl von Studien können wir krank werden. Hingegen: Neh- 30-minütigen achtsamen Waldspaziergang hierzu konnte bereits positive Ergebnisse men wir Umgebungen und Situationen als verbessern kann. Auch wirken Waldauf- zeigen. Wie können wir das verstehen? sicher, ruhig und wohltuend wahr, ist der enthalte positiv bei geistiger Erschöpfung Parasympathikus dominant aktiv. Er sorgt und depressiven Verstimmungen. Evolution und gesundheitsfördernde Wir- dafür, dass Körper und Psyche in Entspan- kung des Waldes heute nung gehen und Regeneration stattfinden Der Duft des Waldes Ein Erklärungsansatz für die gesundheits- kann. Über die uralten Hirnsysteme und Holzig, moderig, zitrusfrisch… Ätherische fördernde Wirkung von grünen Umge- das vegetative Nervensystem arbeitet die Öle kommen in der Luft von Nadelwäl- bungen bzw. Wäldern ist die evolutions- Evolution auch heute noch in uns und für dern in grösserer Konzentration vor als in biologische Entwicklung unseres Gehirns uns. Genau dies machen wir uns im Wald Laub- oder Mischwäldern. Diese flüchtigen und vegetativen Nervensystems. Unsere für unsere Gesundheit zunutze. Stoffe dienen Bäumen und Pflanzen u.a. uralten Gehirne, die vor bis zu 500 Milli- dazu, untereinander zu kommunizieren. onen Jahren entwickelt wurden, können Den Wald mit allen Sinnen wahrnehmen Sie kommunizieren aber auch mit dem blitzschnell und ohne unser Zutun Eindrü- Das Lauschen, Sehen, Riechen oder auch Immunsystem des Menschen, der sich im cke von aussen, die wir mit unseren Sinnen Fühlen von wohltuenden Waldumgebun- Wald aufhält, indem sie sein Immunsys- 4 STILL UND LEISE
Foto: Johannes Plenio, Unsplash Suchen Sie mehr Nähe zu Wald und Natur? Das Gesundheitsforum Rhein- felden bietet Ihnen tolle Angebote: www.gesundheitsforum-rhf.ch tem stimulieren. Hier profitieren insbe- lungsmassnahmen einzubinden. So nut- Welcher Wald ist gut für Gesundheit und sondere die natürlichen Killerzellen; diese zen zum Beispiel Kliniken für psychische Wohlbefinden? gehören zu den weissen Blutzellen, die und psychosomatische Erkrankungen den Recht neu ist die wissenschaftliche Er- abnormale Zellen wie Tumorzellen und Wald, um durch die Ressourcen, die das kenntnis, dass unterschiedliche Wald- virusinfizierte Zellen im Körper erkennen Naturerleben in den Patienten freisetzt, typen, zum Beispiel Nadel-, Misch- oder und abtöten können. Erstaunlicherweise die Genesung zu unterstützen. Dabei zeigt Laubwald, verwilderter oder gepflegter nimmt die Anzahl und Abwehraktivität sich immer wieder, dass die Rückführung Wald, vielfältiger Wald mit Lichtungen dieser natürlichen Killerzellen bereits nach der Patienten zu schönen Kindheitserinne- oder dunkler Wald mit Tot- und Unterholz einem Tag Aufenthalt im Nadelwald um rungen im Wald heilsam und verhaltens- tatsächlich unterschiedliche Effekte auf fast 40 Prozent über den Ausgangswert zu. ändernd sein kann. Deshalb... Psyche und Körper haben. Was aber alle Bei drei und mehr Tagen Waldaufenthalt eint: Wälder haben grundsätzlich eine po- bleibt die erhöhte Immunabwehr sogar …auch Kinder und Jugendliche raus in Wald sitive Wirkung auf die Gesundheit, wenn bis zu 30 Tagen bestehen. Ob und wie die- und Natur der Mensch sich darin sicher fühlt, eintau- se Veränderungen bei der Verhütung von Früher nahm im Leben von Kindern und Ju- chen, loslassen und entspannen kann. Krankheiten oder bei der Genesung von gendlichen das Eintauchen in den Wald und Prof. Dr. Katharina Meyer Erkrankungen mitwirken, wird aktuell in Natur und damit das direkte Erleben von Studien untersucht. Wald und Natur einen Grossteil ihres Tages ein. Gingen 1971 noch ca. 80% der 7–8-jäh- „Waldbaden“ – Alter Wein in neuen Schläu- rigen Kinder zu Fuss zur Schule, waren es chen 30 Jahre später nur noch 10%. Früher zeich- In den Medien schiesst der Begriff „Wald- neten sich viele Kinder zum Beispiel durch baden“ gleichsam wie Pilze aus dem Bo- Normalgewicht, Geschicklichkeit und Angst- den. Waldbaden wurde in den 80-er Jahre freiheit bei körperlichen Herausforderungen unter dem Begriff „Shinrin Yoku“ in Japan aus – heute ist dies oft nicht mehr der Fall. ins Leben gerufen als Teil eines nationalen Auch die Anzahl der Jahre, die Jugendliche Gesundheitsprogramms gegen stressbe- als Pfadi verbrachten, hat noch 30 Jahre dingte Störungen. „Waldbaden“ ist aber später (!) messbare positive Auswirkungen nichts anderes als das, was Menschen tun, auf ihr Leben als Erwachsene: Das körperli- wenn sie in ihrer Freizeit den Wald aufsu- che, emotionale und soziale Wohlbefinden chen, um mit allen Sinnen Ruhe und Ent- der früheren Pfadis war besser als das von spannung zu finden. Neu ist allerdings, vergleichbaren Nicht-Pfadis. Dazu kam eine dass immer mehr Patienten in ambulan- gelungenere Entwicklung von Eigenschaf- ter und stationärer Behandlung von chro- ten wie Zielorientierung und gesundem So- nischen Krankheiten wünschen, den Wald zial- und Gesundheitsverhalten. Dies zeigen Prof. Dr. Katharina Meyer widmet sich der oder Naturumgebungen in ihre Behand- Studien aus Europa und den USA. heilenden Kraft des Waldes STILL UND LEISE 5
Bereits ein Aufenthalt von zehn Minuten im Wald hat einen positiven Ein- wiesen ist, dass die sogenannten flüchtigen fluss auf Körper und Geist. Grund genug für Bea Bieber, Grossrätin und Prä- Botenstoffe, welche Bäume von sich geben, sidentin des Stiftungsrates des Gesundheitsforums Rheinfelden, dem Wald das Immunsystem in erwünschter Weise stimulieren. In experimentellen Studien bei den verschiedenen Aktivitäten des Forums einen ganz besonderen Stel- vermehrten sich natürliche Killerzellen be- lenwert zu verleihen. reits nach dem ersten Tag Waldaufenthalt und die Abwehrkraft stieg um fast vierzig Prozent. Hielt man sich drei oder mehr Tage im Wald auf, erhöhte sich die Anzahl und Aktivität der Killerzellen weiter. Angebote und Wanderungen im Rheinfelder Forst sind sehr beliebt Auf diese positiven Effekte des Waldes setzt Foto: zVg Gesundheitsforum Rheinfelden auch das Gesundheitsforum. Die Angebote sind sehr breit gefächert und reichen von Jogging, Nordic Walking-Kursen, Lauftreff, Turn dich fit, Fachvorträgen etc. hin zu Wan- derungen im Rheinfelder Forst mit beson- deren Schwerpunktthemen unter Beizug entsprechender Fachpersonen. Diese sind Grosses Interesse besteht an den verschiedenen Themenwanderungen im Rheinfelder Forst. bei einem breiten Publikum sehr beliebt, so Bea Bieber. So zum Beispiel, wenn es um B Wildkräuter oder Themen wie proaktive äume haben eine entspannende faltige Tier- und Pflanzenwelt, sowie für die Burnout-Prävention in der Natur oder auch Wirkung auf unsere Psyche, so wer- Gewinnung von einheimischem Holz dar. Yoga im Wald geht. Seit mittlerweile drei den zum Beispiel Stresshormone ab- Seine Wichtigkeit als Naherholungsgebiet Jahren beschäftigt sich das Gesundheits- gebaut und Entspannung macht sich breit. und Gesundheitsquelle für die Bevölkerung, forum Rheinfelden mit dem Thema Wald Oder, der Wald ist eine ideale Umgebung, praktisch gleich vor der Haustüre und zu al- und dessen präventiver Kraft. Dazu ver- um Gedanken freien Lauf zu lassen, so wird len Jahreszeiten, wird zunehmend steigen. netzt es sich mit weiteren Fachpersonen, wieder Platz geschaffen für neue Ideen und wie z.B. Förster und TherapeutInnen. Bea positive Gedanken. Und, der Waldboden ist Bewegung ist für ein gesundes Immunsystem Bieber sagt, dass das Gesundheitsforum gesund und stärkt unser Immunsystem. enorm wichtig hier eine wichtige Drehscheibenfunktion Terpene, sekundäre Pflanzenstoffe sowie Der Wald (und die Natur allgemein) hat übernimmt. Erst im vergangenen Jahr fand ätherische Öle aus Nadeln oder Rinde wir- eine sehr positive Auswirkung auf Körper zur Thematik «Der Wald als Arzt» eine Fach- ken sich positiv auf unsere Abwehrkräfte und Geist. Dies ist, gerade in Zeiten, in wel- tagung mit mehr als sechzig Teilnehmerin- aus. Dies sind nur gerade drei von einer chen ein starkes Immunsystem wichtig nen und Teilnehmern in Rheinfelden statt. Vielzahl von Argumenten, warum man ist, von grosser Bedeutung. Vor allem kann Weiter sind im Stiftungsrat des Forums wieder öfters, bei jedem Wetter und zu je- man ihn präventiv nutzen, um erst gar nicht zurzeit Überlegungen im Gange, dass ein- der Jahreszeit in den Wald gehen sollte. In krank zu werden. Es ist noch nicht sehr lan- zelne Stiftungsratsmitglieder den Lehrgang Zeiten von Corona und Grippe erst recht. ge her, als Fitnesscenter und Schwimmbä- «Waldtherapie» absolvieren. Dies alles un- der aufgrund der Corona-Pandemie schlies- terstreicht die Wichtigkeit des Waldes als Waldstadt Rheinfelden sen mussten und auch das gemeinsame Quelle für Energie und Kraft. Mit einer Waldfläche von ungefähr 800 Bewegen und Sporttreiben mit Freunden Hektaren ist rund die Hälfte des Gemein- plötzlich nicht mehr stattfinden konnte. Der Wald im Winter degebiets der Stadt bewaldet. Rheinfelden Umso mehr stellte sich die Frage, wie man Momentan verlieren die Bäume ihre letzten gehört damit zu den waldreichsten Ge- in diesen Zeiten sein Wohlbefinden und Blätter, der Wald bereitet sich auf den Win- meinden des Kantons Aargau. Drei Viertel vor allem das Immunsystem stärken und ter vor. Dies ändert aber nichts an der Tatsa- des Stadtwaldes besteht aus Laubbäumen. fit halten konnte. Mittlerweile steht der che, dass sich der Wald auch in den nächsten Der Rheinfelder Wald ist damit deutlich na- Winter vor der Haustüre und damit auch Monaten bestens eignet, wenn es um die turnäher bestückt als der durchschnittliche die Zeit, in welcher wir uns mehr drinnen eigene körperliche Fitness, die Stärkung des Aargauer Wald. Von Natur aus dominiert die aufhalten und unser Immunsystem zusätz- Immunsystems oder einfach um das Eintau- Buche mit einem Anteil von 23% gefolgt von lich mit den verschiedensten Bakterien und chen und das Geniessen mit allen Sinnen der Esche 19%, der Fichte mit 14% sowie Eiche Viren konfrontiert wird. Forschungsergeb- der besonderen Atmosphäre in unseren ver- und Bergahorn mit je 10 Prozent. Diese Zu- nisse an gesunden und kranken Frauen und schiedenen Wäldern rund um Rheinfelden sammensetzung wird sich in Zukunft durch Männern zeigen, das moderate und regel- geht. Auch das Gesundheitsforum bietet in das anhaltend trockene und deutlich wär- mässige körperliche Aktivität (besonders in diesem Zusammenhang in den nächsten mere Klima verändern. Der Wald stellt auch der Natur) zur Stärkung des Immunsystems Monaten verschiedene Angebote an. eine bedeutende Heimat für eine mannig- führt. Ebenfalls wissenschaftlich nachge- Stephan Schöttli 6 STILL UND LEISE
Ein Spaziergang im Wald ist die beste Therapie – und dies in vielerlei Hinsicht. Der ARZT vor der Haustüre Informationen über die verschiedenen Angebote des Gesundheitsforum Rheinfelden unter: www.gesundheitsforum-rhf.ch Foto: Illiya Vjestica, Unsplash STILL UND LEISE 7
AUFTANKEN UND ACHTSAMKEIT für Körper und Seele Regina Leitner gibt Kurse und Seminare in Meditation, Yoga, Waldbaden und bietet Auszeiten in der Natur Innehalten in der Natur: Regina Leitner bei ihrer „Achtsamen Auszeit in den Bergen“. 8 STILL UND LEISE
Jeden Morgen startet Regina Leitner Sie meditiert jeden Morgen noch vor dem Doch nicht nur der Wald ist für sie eine mit einer Meditation in den Tag. „Ich Frühstück. Dafür hat sie sich ein ruhiges Tankstelle zum Aufatmen und zur-Ruhe- meditiere seit ich 17 bin“, erzählt die Plätzchen in der Wohnung reserviert. Ein finden. „Meine Kraftorte sind auch die Ber- kleines Kissen oder eine gefaltete Decke ge“. Die Österreicherin ist mit den Bergen Schauspielerin und Sängerin, die als genüge, es müsse gar keine Matte sein. Re- groß geworden. Ihre Leidenschaft gilt dem weiteres berufliches Standbein Kur- gelmäßig macht sie auch Dehnübungen Wandern in den Bergen. Mitte September se und Seminare in Yoga, Qi Gong, und Qi Gong, um die Körperhaltung zu trai- hat sie ein Wochenende lang mit Teilneh- Meditation und Achtsamkeit gibt. nieren. „Das geht auch auf dem Teppich.“ mern eine „Achtsame Auszeit in den Ber- Aufzutanken, durch Atem- und Ent- Nach anstrengenden Bühnenauftritten gen“ in den Lechtaler Alpen auf 2000 Me- spannungsübungen zur Ruhe zu helfen ihr diese entspannenden Achtsam- tern Höhe verbracht. Durch das achtsame keits-Übungen, runter zu kommen vom Sein in der Natur könne man „den Becher kommen, die Hektik und Angst ab- Stresspegel. wieder auffüllen“, wie es Regina Leitner zulegen, sei in diesen Zeiten wich- nennt. Nicht um das Gipfelstürmen geht tiger denn je, sagt die in Herten le- Wenn es darum geht, Kraft zu schöpfen es, sondern darum, durch bewusstes lang- bende vielseitige Bühnenkünstlerin, und Stille zu suchen gerade in diesen sames Gehen die Umgebung mit allen Sin- ganzheitliche Bewegungstrainerin schwierigen Corona-Zeiten, empfiehlt Re- nen wahrzunehmen, die Bäume, die Berge, und Erlebnispädagogin. gina Leitner das Auftanken in der Natur. die Tiere. So eine Wochenend-Auszeit, ver- „Raus aus dem Alltag, raus in die Natur, »Nicht um das Gipfelstürmen an die Sonne, in den Wald. Es gibt nichts geht es, sondern darum, durch Schon in ihrer Schauspielausbildung hat Besseres, um aus dem Zustand der Angst bewusstes langsames Gehen die Regina Leitner auf bewusste Atmung, kon- herauszukommen.“ Umgebung mit allen Sinnen trollierte Stimme und Bewegung geachtet, Als Naturcoach hat Regina Leitner sehr wahrzunehmen.« was der inneren und äußeren Haltung gut positive Erfahrungen mit Waldbaden tut. „Ich habe immer viel Yoga gemacht“, gemacht, jener bewährten Methode aus bunden mit Yoga, Meditation und autoge- erzählt die gebürtige Österreicherin. „Yoga Japan, die längst auch hierzulande im- nem Training, könne wohltuend sein und ist für mich kein Sport“, betont sie, „ich ha- mer mehr Anhänger findet. „In die Natur das Wohlbefinden stärken. Solche Auszei- be meine eigene Form des Yoga gefunden.“ zu gehen, ist ein heilsamer Prozess“, sagt ten im Wald oder in den Bergen können Es geht ihr darum, „wieder richtig in den Leitner, „bei einem Waldspaziergang kann bei Regina Leitner gebucht werden. Es Körper hinein zu spüren“. Durch einfache man Kraft tanken, sich gesund tanken. Der müssen aber nicht der Wald oder die Berge Atem-, Entspannungs- und Bewegungs- Wald als Kraftort hilft einem ganz gratis.“ sein. Es nütze auch schon, auf die nächst- übungen, die jeder zu Hause nachmachen Die Stille wahrzunehmen, dem Gesang der gelegene Wiese vor der Haustür zu gehen, kann, leitet sie die Menschen an, den Stress Vögel zu lauschen, ins Grüne zu schauen, ins Grüne zu schauen, um zu sich zu finden abzulegen, die eigene Mitte und Ruhe zu unter einem Baum zu sitzen, an die Rinde und abzuschalten vom Hamsterrad des All- finden. „Der Weg geht über die Achtsam- gelehnt, die klare Waldluft einzuatmen, tags und den sorgenvollen Gedanken. keit“, erklärt Regina Leitner, die im Herbst deren heilende Wirkung längst erforscht Regina Leitner lässt in ihre Yoga- und und Winter in den Volkshochschulen in ist, das bringe die Menschen zur Ruhe. „Ein Entspannungsübungen auch gerne Ele- Rheinfelden und Grenzach-Wyhlen spe- Tag im Wald hält sehr lange vor.“ Mit Teil- mente der Eurythmie einfließen. Die Eu- zielle Kurstage für Yoga und Meditation nehmern der Volkshochschule Grenzach- rythmie als Bewegungssprache sei für anbietet, jeweils komprimiert auf einen Wyhlen hat sie einmal das „Waldbaden“ sie Basis der Achtsamkeit und helfe, die Sonntag. Diese Sonntags-Angebote rich- durchgeführt, verbunden mit Atem- und Lebensflüsse im Körper in Harmonie zu ten sich an Menschen, die nicht längerfris- Bewegungsübungen. Dabei konnte die bringen. Auch in ihrem Künstlerleben als tig Kurse belegen, sondern einen Tag lang Gruppe die wunderbare Erfahrung ma- Schauspielerin schätzt Regina Leitner die Yoga- und Meditationsübungen kennen chen, wie es ist, „die Natur zu spüren, von Kraft der Stille. Um in aller Ruhe Texte für lernen wollen, die sie zu Hause problemlos den Händen bis zu den Füßen ganz zu be- eine Rolle zu lernen, „verzieht“ sie sich am in den Alltag einbauen können. „Fünf oder greifen.“ Im Frühsommer hat sie im Rah- liebsten in den Wald, nimmt das Textbuch zehn Minuten am Tag tun schon gut, um men ihres Seminars „Auszeit und Auftan- mit und setzt sich damit unter einen Baum. gelassener zu werden und die Dinge mit ken“ mit Teilnehmern ein Wochenende im Roswitha Frey mehr Abstand zu betrachten“, weiß Regi- Schwarzwald in einer Hütte bei Hinterzar- na Leitner. ten verbracht. Auch dort hat sie den Wald Kurstage in Yoga und Meditation mit als „Dankstelle“ empfunden. „Wir sind Regina Leitner gibt es am 7. November, Für sie selbst ist die Atmung extrem wich- jeden Tag in den Wald gegangen, haben Volkshochschule Grenzach-Wyhlen, tig. „Über die Atmung kann man den Yoga und Qi Gong in der Natur gemacht“, sowie am 8. November und 24. Januar, Herzschlag regulieren.“ Yoga- und Atem- erzählt Regina Leitner, die dieses Seminar Volkshochschule Rheinfelden übungen und Meditieren in den Tagesab- zur Achtsamkeit in der Natur zusammen Infos unter: www.reginaleitner.net lauf zu integrieren, sei gar nicht schwer. mit einer Kollegin veranstaltet hat. STILL UND LEISE 9
Z e i t i s t n i c ht Unsere S T I L L E fi x i e r t AU F Meditieren hilft Stress im Alltag besser zu bewältigen – Volkshochschule Rheinfelden startet neuen Kurs SCHNELLER, HÖHER, WEITER. . . Selbst das Einkaufen wird von lauter Mu- Annette Lämmle ist überzeugt, dass Medi- sik begleitet. Schneller, höher weiter, besser tation hilft, hektische Phasen des Alltags ist zum Lebensstil geworden. Schwächeln besser zu bewältigen. Ihre langjährigen wird als Scheitern ausgelegt. Erfahrungen und umfassenden Kennt- In den ersten Wochen der Corona-Epide- nisse stützen sich auf eine mehrjährige mie sind Menschen nachdenklich gewor- Ausbildung und auf eine kontinuierliche den. Viele empfanden es als wohltuend, Fortbildung. Meditieren, oft belächelt, sei nicht von Terminen, Veranstaltungen und längst in der Medizin und Psychotherapie Sitzungen gehetzt zu werden. Dauerstress „Still“ ist eines der Themen des aktuellen angekommen. im Beruf, in der Familie und selbst in der Stadtmagazins. Viele Menschen suchen „Unsere Zeit ist nicht auf Stille fixiert“, Freizeit überfordert Menschen. Sie wer- den Weg zur Stille und zur Achtsamkeit spricht sie Beobachtungen im Arbeitsalltag den krank, landen im Burn-out. Manche über das Meditieren. Wer zu „Stille und Me- und im Freizeitverhalten an. Überall ver- Firmen zogen daraus Konsequenzen. Sie ditation“ googelt, dem werden in wenigen breiten sich Quellen des Lärms: auf Stra- gönnen ihren Mitarbeitern Minuten der Sekunden mehr als vier Millionen Ergeb- ßen, Baustellen, bei Partys und Events. Ruhe. Nach dem Motto „In der Ruhe liegt nisse angezeigt. Unerschöpflich, was hier- zu auf dem Schirm erscheint – Tipps und Ratschläge, wie Stille in einer von Lärm, Stress und Ablenkung bestimmten Umwelt erreichbar ist. Zu Badisch-Rheinfelden fällt Google wenig ein. Die Suche nach einer Gruppe, die sich im Meditieren übt, endete ergebnislos. Die örtlichen Kirchen helfen nicht weiter. In einem weiteren Anlauf landen wir bei der Rheinfelder Volkshochschule (VHS). Sie kündigt in ihrem neuen Programm einen am 5. November beginnenden Meditati- onskurs im Campus an der Jahnstraße an. Als eine der ersten Erwachsenenbildungs- stätten am Hochrhein bietet sie „Medi- tation“ als gesundheitsfördernde Grup- pentherapie an. An Zuspruch mangelt es nicht. Die Heilpraktikerin und Kinesiolo- gin Annette Lämmle leitet seit fünf Jahren Kurse. Wir besuchten sie in ihrer Praxis im Schopfheimer Ortsteil Langenau. Auf dem Weg durch ihren wunderschön angelegten Garten strahlen viel Grün, Blumen und Stauden eine wohlfühlende Atmosphäre aus. Sie weiß, dass Natur pur den Men- schen gut tut. Im Gespräch sind wir schnell beim Thema. Kursleiterin Annette Lämmle startet an der Volkshochschule Rheinfelden im November mit einem neuen Meditationskurs 10 STILL UND LEISE
die Kraft“ animieren sie die Belegschaft sieht das aber positiv. Annette Lämmle jahren bei der Post für eine Ausbildung zur in den Pausen zu Meditationsübungen. kennt die Stolpersteine und weiß, wie man Heilpraktikerin entschied. Sie liebt ihren Manager entdeckten die Klöster, um bei sie aus dem Weg räumt. Es gibt auch Situa- Beruf und fühlt eine innere Berufung. Mönchen zur Ruhe zu kommen und sich tionen, wo Gefühle aufsteigen und einzelne „Die Menschen sollten sich mehr Zeit im Meditieren zu üben. Teilnehmer persönliche Zuwendung brau- für sich nehmen“, rät sie. Kursteilneh- chen. „Dies zu erkennen, ist wichtig und mer berichteten ihr, dass sich körperliche MEDITIEREN FÄLLT NICHT VOM HIMMEL zeichnet eine erfahrene Mentorin aus.“ Schmerzen und Migränebeschwerden re- Im Kurs der Rheinfelder Volkshochschu- duzierten. Manche erlebten in einer von le lernen die Teilnehmenden bei Annette Fürs Meditieren sollte ein gemütlicher Sorgen geprägten Lebensphase einen Be- Lämmle unter Beachtung der bestehenden Rückzugsort in stressfreier Umgebung Hygiene- und Schutzregeln verschiedene vorhanden sein, der nicht ablenkt, der es »Die Menschen sollten sich mehr Meditationsformen kennen. Sie können er- zulässt, bei sich selbst anzukommen. Leise Zeit für sich nehmen.« fahren, welche am besten zu ihnen passen Musik kann inspirierend wirken. Im Rhein- und wie sich Meditation in ihren Alltag inte- felder Campus an der Jahnstraße steht der freiungsschlag. Und noch eine These lässt grieren lässt. Sowohl Einsteiger als auch Teil- Gruppe ein meditationsfreundlicher Raum aufhorchen: Altern verlangsamt sich. nehmer früherer Kurse sind willkommen. zur Verfügung. Zuhause reicht auch ein „Meditieren fällt nicht vom Himmel“, kleines Eckchen. „Ich beginne den Tag auf FÜNF KURSABENDE sagt die Dozentin und rät zu Geduld. Denn einer ausgerollten Matte im Schlafzimmer Jeder der fünf Kursabende beginnt mit nach anstrengender Arbeit fällt es nicht und entspanne mich bei Kerzenlicht“, er- einer kleinen Einführung. Nach einer ab- leicht, plötzlich abzuschalten und sich kon- zählt die 46 Jahre alte glücklich verheirate- soluten Stille von fünf bis acht Minuten zentrieren zu können. Bei dem einen ist der te Mutter von zwei Söhnen. leitet der Gong zur „großen Meditation“ Weg dazu kürzer, bei dem anderen dauert über. Die Abende sind thematisch struk- es länger, bis das Gedankenkarussell zum MEHR LEBENSQUALITÄT turiert. Beispielsweise lernen die Teilneh- Stillstand kommt. Stress, Schlafstörungen oder Migräne mer tibetische Meditationsformen ebenso werden häufig als Gründe für die Kursteil- kennen wie verschiedene Atemtechniken. »Am Kursende ist man dann auch nahme genannt. Kann die Meditation die Am Ende des Kursabends gibt es für die in turbulenten Zeiten in der Lage, hohen Erwartungen der Kursteilnehmer Teilnehmer Hausaufgaben. Anfangs sollen Ruhe zu bewahren und den immer erfüllen? Körperliche Erkrankungen ließen die Teilnehmenden zu Hause täglich fünf hektischer werdenden Alltag sich nicht behandeln, sagt Annette Lämm- bis acht Minuten meditieren. Denn Übung besser zu bewältigen.« le. Das Meditieren sei aber ein gutes Mittel, erleichtert den Einstieg. um eine Therapie zu begleiten. Viele wis- Annette Lämmle weiß aus Erfahrung: Für die Kursleiterin sind das „Stolperstei- senschaftliche Studien hätten bewiesen, „Am Kursende ist man dann auch in turbu- ne“, denen man vor allem beim Einstieg dass die körperlichen Widerstandskräfte lenten Zeiten in der Lage, Ruhe zu bewah- begegnet. Gedanken wandern und krei- und das Immunsystem gestärkt werden, ren und den immer hektischer werdenden sen. „Am besten man legt sie auf die Wolke die geistige Flexibilität und die emotio- Alltag besser zu bewältigen.“ und lässt sie unbewertet ziehen.“ Es kostet nale Stabilität wachsen und sich Konzen- Horst Donner Überwindung, im Hier und Jetzt zu sein. tration und Kreativität positiv entwickeln. Gefühle steigen auf, Langeweile und Frust Man spüre mehr Achtsamkeit für sich und VHS Rheinfelden, Meditation treten auf, körperliche Schmerzen lenken andere. Ein gesteigertes Glücksempfinden Kursbeginn 5. November, 19 – 20.15 Uhr ab, auch Schläfrigkeit kann sich einstellen. werde wahrgenommen. Meditieren wirke Dauer fünf Abende. Teilnehmer bringen Letzteres findet sie super, denn dann sprin- auch blutdrucksenkend. „Das alles sind eine Isomatte, Decke, warme Strümpfe, gen Gedanken nicht mehr im Kopf hin und Dinge, die unsere Lebensqualität verbes- Kissen und – wenn vorhanden – Medita- her. Dass plötzlich jemand in der Gruppe sern“, sagt die einstige kaufmännische tionskissen oder Meditationshocker mit. schnarcht, erlebt sie immer mal wieder, Angestellte, die sich nach einigen Berufs- STILL UND LEISE 11
Still und ruhig über eine fröhliche Kinderschar wachend Madonna mit Kind Foto: Eleni Kougionis 12 STILL UND LEISE
E twas versteckt – sende Madonna zu erstehen und diese Die Arbeit dieser Herren bestand aus der um nicht zu sagen in der Nische zu platzieren. Es ist leider Pflege des ehemaligen Stiftgartens (heu- etwas verschämt nicht mehr eruierbar, ob dies eine Auf- tiger Pfarrgarten), der an der Kirchgasse – ruht mitten in tragsarbeit der Hausbesitzerfamilie war, gegenüber des Gustav-Kalenbach-Platzes einer Hausfassade oder ob diese Figur bereits im Atelier des gelegen ist und diesen gegen Süden hin auf dem Gustav- Künstler-Ehepaares Frey fertig ausgeführt begrenzt. Er ist mit einer eindrücklichen, Kalenbach-Platz vorgefunden wurde. Der heutige Besitzer massiven und hohen Mauer umgeben. Ein eine Madonna mit hat leider keine Unterlagen darüber. Die altes Holztor, ebenso schief wie der Rest ihrem Kind, gera- sanfte und ruhige Ausstrahlung der Sta- der Mauer, zeigt uns heute noch gegenüber de so, als müsse tue muss aber ein paar Mal pro Tag einiges dem Platz, wo sich der Eingang zu diesem sie sich verstecken. über sich ergehen lassen und dabei trotz- Stiftsgarten befand, der seiner Zeitepoche Diese Statue sen- dem möglichst «cool» bleiben – denn sie entsprechend bestimmt ein Kräutergarten det die Ruhe einer Mutter aus, die fühlt, scheint über die spielende und lachende war – vielleicht sogar im Sinne der Hilde- dass ihrem Kind ein gutes Leben beschert Kinderschar zu wachen, die in den jeweili- gard von Bingen, wer weiss. Die weiteren sein würde. Dass dieses Leben dann nicht gen Kindergarten-Pausen vor ihr auf dem Aufgaben der Chorherren waren vor allem ganz so ruhig verlaufen sollte, dies wusste Platz herumtobt. seelsorgerischer Art. Alles Arbeiten, die still die Mutter Maria damals noch nicht. Der und in aller Ruhe verrichtet wurden und Gustav-Kalenbach-Platz liegt eingebet- Die den Gustav-Kalenbach-Platz umgeben- kaum irgendwelchen Lärm verursachten. tet hinter dem Pfarrhaus des Rheinfelder den Gebäude strahlen mit ihren massiven Wir dürfen also davon ausgehen, dass der Stadtpfarrers und ist nur von Süden her Mauern und zusammen mit dem unglaub- heutige Gustav-Kalenbach-Platz damals offen. Von dort wird er vor allem über die lich sanftem Blick der Madonna eine be- ein Ort der Ruhe und Besinnung war. Das Mittagsstunden von der Sonne beschienen sondere Art der Ruhe aus – eine Stille, die Gebäude des heutigen Kindergartens, und erwärmt. Im Westen steht das bereits den Anwohnern Sicherheit und Geborgen- dessen Bau aufgrund der Kalkbruchstein- erwähnte, mächtige Pfarrhaus der heu- heit vermittelt. Die Ausstrahlung der Sta- Mauer des östlichen und älteren Teils dem tigen Christkatholischen Stadtkirche St. tue nimmt einen gefangen und verbreitet 13. Jahrhunderts zugeordnet werden kann Martin – im Norden wird der kleine Platz dabei in der Seele der betrachtenden Per- (1), wurde damals 1349 von der Besitzerfa- von einem Kindergarten und im Osten von son eine grosse innere Ruhe. Die Statue milie Spyser den «Beginen» (2) (alleinste- einem historischen, privaten Gebäude be- selber, obwohl erst ca. 45 Jahre alt, erinnert henden Damen) überlassen. Diese meist grenzt – in dessen Fassade die Madonna in an die Zeiten, als der ganze Platz mit den älteren Damen wurden den Erzählungen einer Nische eingebettet steht und mit ih- Vertretern der Stadtkirche zu St. Martin nach von den Chorherren betreut – die rer ausstrahlenden Ruhe über den ganzen verbunden war. Die St. Martins-Kirche war darin eine Aufgabe in der Nächstenliebe Platz wacht. ab dem Jahr 1228 ein Chorherrenstift und sahen. so verwundert es nicht, wenn man über Aber wie kam die Madonna überhaupt in die Gebäude am Gustav-Kalenbach-Platz Wer weiss, was in dieser Nische mit der diese Nische? Die Eltern des heutigen Be- von den ehemaligen «Chorherrenhäusern» heutigen Madonna ursprünglich stand, sitzers haben die Liegenschaft 1975 erwor- spricht. Es kann mit grosser Sicherheit da- wem diese Mauer Schutz bot – es könnte, ben. Bei der daraufhin erfolgten Sanierung von ausgegangen werden, dass die Chor- wenn man die Geschichte dieses wunder- der Fassade war es plötzlich mit der Stille herren in diesen Gebäuden wohnten. schönen Ortes nun kennt, durchaus sein, vorbei – als die Handwerker nämlich die dass früher schon eine Madonna-Statue in Fassade nach Schäden untersuchten, tönte Die Chorherren waren Kirchenfürsten, die der Nische platziert war und dem Platz ihre es plötzlich an einer Stelle verdächtig hohl. meist aus adeligen Familien stammten. behütende Ruhe verlieh. Vorsichtig wurde in der Mauer dieses ehe- Es gehörte damals zum «Guten Ton», dass Robi Conrad maligen Chorherrenhauses eine Öffnung jeweils mindestens ein männlicher Nach- Rheinfelder Stadtführer freigelegt, die offensichtlich ursprünglich komme einer Adelsfamilie die Kirchenlauf- beim Hausbau in die Fassade eingelassen bahn einschlug. Um diese jungen Männer wurde – sie war allerdings leer; einfach gegenüber ihren Geschwistern in puncto eine typisch gotisch geformte Nische, Erbschaft nicht zu benachteiligen, durften wunderschön umrandet mit erzhaltigem sie ihren Vermögensanteil behalten. Des- (1) Quelle: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, und darum rötlichem Sandstein, vermut- halb mussten sie auch kein Armutsgelüb- Band IX – Edith Hunziker, Peter Högger lich aus dem Schwarzwald stammend. Da de ablegen und waren so in den Kirchen (2) Begriff seit dem 12. Jahrhundert für alleinstehende beschlossen die Besitzer, ganz im Sinne vermutlich hochwillkommen. Frauen, die ein Leben in Wohn- und Arbeitsgemeinschaft mit gleichgesinnten Frauen – jenseits von Ehe und Klos- der offensichtlich religiösen, historischen «ora et labora!» - bete und arbeite! war das ter – wählten. Ab dem 13. Jahrhundert breitete sich die- ses Phänomen rasch über ganz Europa aus. Erstaunlich Vergangenheit des Gebäudes, beim loka- Motto des mittelalterlichen Christentums viele Frauen (bis zu 10 % in den Städten) entschieden len Bildhauer Otto Frey-Thilo eine pas- und ganz speziell von dessen Vertretern. sich für ein Leben als Begine. STILL UND LEISE 13
Longbowteam Minseln Man braucht STILLE UND RUHE dazu D ie Bogenschützen legen an, Die 70 Schützen des Vereins trainieren auf wuchs und 2015 wurde das Longbowteam konzentrieren sich und las- einem Privatgelände außerhalb von Ober- Minseln mit 38 Mitgliedern als eigener sen die Pfeile von den Seh- minseln. Das Gewann heißt "Im Stainler". Verein gegründet. nen surren. Die Schüsse sind Auch Nichtmitglieder können sich im Bo- kaum mit den Augen verfolg- genladen "Die Pfeilerei" eine Tageskarte Die Vereinsmitglieder nehmen auch an bar. Manche Pfeile treffen ins Ziel, andere holen und dort mit Bögen schießen, sagt Turnieren teil. „Wir haben sehr gute Schüt- sausen darüber hinweg und landen im Kümmerle. Die Gründung des Longbow- zen im Verein, die immer wieder vordere Gras am Hang dahinter auf dem Vereins- team geht auf ihn zurück, als er vor eini- Plätze belegen“, sagt Kümmerle, dessen gelände des Longbowteams Minseln. Ru- gen Jahren zusammen mit einem Freund Bruder Stefan Kümmerle im Jahr 2019 Vize- he und Konzentration sind unerlässlich einen Bogenbaukurs besuchte und sie weltmeister mit dem Compoundbogen bei für einen guten Schuss. Im Sommer trai- dann keine Möglichkeit fanden, mit ihren der IFAA World Bowhunter Championship nieren die Bogenschützen unter freiem in den USA geworden ist. Vereinsmitglie- Himmel und schießen auf Tierattrappen »Wir haben sehr gute Schützen im der nehmen oft in der Region, aber auch aus Plastik. Bären, Biber, Rehe und Wild- Verein, die bei Turnieren immer in der Schweiz und Österreich an Turnie- schweine stehen auf der Wiese einzeln wieder vordere Plätze belegen.« ren teil, bei denen sowohl auf Tierattrap- oder in Gruppen. In einem Baum hängt pen als auch auf Zielscheiben geschossen eine fliegende Ente. Die Tiere sind realis- Bögen zu schießen. „Ich habe gedacht: Bei wird. Die Vereinsmitglieder schießen mit tisch gestaltet und bestehen aus einem mir ist Platz, gehen wir dahin“, erinnert selbstgebauten Holzbögen, sogenannten speziellen Kunststoff, der sich wieder zu- sich Kümmerle. „Gesagt, getan. Das haben Primitivbögen, traditionellen Langbögen sammenzieht, nachdem der Pfeil heraus- dann noch andere mitgekriegt und ruck- und Recurvebögen sowie modernen Com- gezogen wurde, erklärt Berthold Kümmer- zuck waren wir ein Dutzend.“ 2002 ha- poundbögen. „Es braucht einen Hand- le, Erster Vorsitzender des Longbowteams. ben sich dann 15 Schützen dem Sportver- schuh, einen Unterarmschutz, einen Köcher Im Winter trainieren die Schützen in der ein Minseln angeschlossen und auf dem mit Pfeilen und einen Bogen, um den Sport Alban-Spitz-Halle, wo sie auf Zielscheiben Hartplatz und der Alban-Spitz-Halle mit zu betreiben“, sagt Kümmerle. Für ein An- schießen. dem Schießen angefangen. Die Abteilung fängerset reichen geschätzte 250 Euro. 14 STILL UND LEISE
Berthold Kümmerle (Bild links) und Stefan Kümmerle am Schießstand im Bogenladen „Die Pfeilerei“. Einmal im Jahr veranstaltet das Longbow- wäre auch dem Tourismus förderlich, genau. Die Konzentration setzt schon beim team auch ein eigenes Turnier, an dem meint Kümmerle, und könnte auch von Hinstehen ein, und beim Zielen muss man 200 Schützen teilnehmen. Bei dem Tur- Schulen genutzt werden. sich Zeit lassen. „Sei der Pfeil, heißt es im- nier wurde bisher in allen Bogenklassen mer. Man soll sich als der Pfeil fühlen.“, er- außer Compoundbogen geschossen. Die- „Es ist eine meditative Sportart. Man klärt Kümmerle. „Das nennt man instink- ses Jahr sollte erstmals auch diese Klasse braucht Stille und Ruhe dazu“, meint Küm- tives Bogenschießen.“ Das Ziel wird ins angeboten und das Turnier an zwei Tagen merle. „Wenn man die Zeit beim Bogen- Auge genommen und intuitiv darauf ge- anstelle nur eines Tages ausgetragen wer- schießen richtig nutzt, kommt man in so schossen. Der Stand, die Körperspannung den, doch die Corona-Pandemie kam da- einen Flow rein.“ Die Konzentration fängt und die Augen-Kopf-Arm-Orientierung zwischen. „Wir hätten mit 400 Schützen schon vorher an. Bogenschießen kann sind wichtig, damit der Pfeil dann auch gerechnet“, sagt Kümmerle. Die Turniere auch einen spirituellen Moment haben, im Ziel landet. finden nicht auf dem Trainingsgelände, Horatio Gollin sondern im Hollwanger Tal zwischen »Bogenschützen sind Natur Riedmatt und Schwörstadt statt, wo ein liebhaber und Umweltschützer, 3D-Parcour aufgebaut wird. Zuvor hatte die den Wald sauber halten.« der Verein die Turniere am Mättlekrüz bei Minseln ausgerichtet. „Unsere Trai- meint Kümmerle und verweist auf das ja- ningsstätte ist eigentlich zu klein“, sagt panischen Kyudo, wo die Schützen schon Kümmerle. Der Verein ist auf der Suche eine halbe Stunde nur zum Anziehen der Info: Interessierte am Bogenschießen nach einem Stück Wald, wo er einen 3D- traditionellen Kleidung und Ausrüstung können sich für Schnupperstunden Parcours dauerhaft aufstellen kann. „Das brauchen. „Bogenschießen ist nicht krie- beim Longbowteam Minseln melden. wäre unser Traum“, sagt Kümmerle. „Bo- gerisch zu betrachten“, sagt Kümmerle. Bei Kontakt per Email an berthold@kuem- genschützen sind Naturliebhaber und Um- Turnieren wird nicht wie im Stadion ge- merle.com. Weitere Informationen on- weltschützer, die den Wald sauber halten.“ grölt, sondern auch die anderen zuschau- line unter www.longbowteam.com Ein öffentlich zugänglicher 3D-Parcours enden Schützen beobachten einen Schuss STILL UND LEISE 15
D Die Teilnehmer der Meditations- gruppe im Schweizer Rheinfelden kommen aus der Umgebung bei- derseits des Rheins: Jeden Mittwoch meditieren sie schweigend eine Stunde zusammen. Ihre Erfahrun- gen sind vielfältig, nicht immer ein- Rund 15 Personen besuchen die Medita- tionsgruppe in Rheinfelden/Schweiz in unterschiedlicher Regelmässigkeit; sie treffen sich jeden Mittwochabend im „Raum der Stille“ im Keller der römisch- katholischen Pfarrei als Anbau an die Sankt-Josefs-Kirche. Das Leitungsteam der Mediationsgruppe besteht neben Ernst aus Barbara Alzinger aus Rheinfel- den/Schweiz, Monika Ebener aus Möhlin und Ruth Albiez aus Inzlingen. Es sei sehr wichtig, dass sich mehrere Personen die Leitung der Gruppe teilten, sagt Ernst: „Jeder von uns bringt andere Farben, an- dere Ideen mit.“ Meditation brauche aus- Ernst meditiert seit 1989, als er mit 34 Jah- ren erstmals im Dürckheim-Zentrum in Todtmoos die Meditation kennenlernte. 1994 begann er die Zen-Meditation im Lassalle-Haus bei Zug, das er noch immer drei bis viermal im Jahr besucht. Er lebt mit seiner Frau Susanne in Magden; zur Rheinfelder Meditationsgruppe kamen die beiden vor fünf Jahren. Gegründet wurde die Gruppe jedoch bereits 2005 von Bernhard Stappel, damals katholischer Spitalseelsorger in Rheinfelden/Schweiz, der heute mit seiner Frau Gabriele Geiger- Stappel als Meditations- und Zendo-Leh- rer in Freiburg im Breisgau Kurse leitet. serdem Räume und Gemeinschaft: „Auch Manche der heutigen Teilnehmer sind fach zu beschreiben, teilweise kör- alleine zu Hause kann man meditieren; laut Ernst schon seit damals dabei. perlich, teilweise religiös. Aber sie aber in der Gruppe spürt man ein ganz an- deres Energiefeld, je mehr, je länger man Rosmarie Hürner ist erst das dritte Mal zu sind sich einig, dass das Meditieren zusammen meditiert.“ Gast in der Rheinfelder Gruppe, hat aber in der Gruppe ein ungleich grösserer insgesamt schon rund zehn Jahre Erfah- Gewinn ist als alleine zu Hause. Der „Raum der Stille“ ist nicht besonders rung im Meditieren. Dennoch kann sie gross. Er bietet Platz zum Meditieren für laut eigener Aussage schwer in Worte Man sagt, es gibt nichts Schwierigeres, maximal fünfzehn Personen, in Corona- fassen, was die Meditation in ihr bewirkt. als nichts zu denken, wenn einem gera- zeiten noch weniger. Kleine quadratische „‚Gelassenheit‘ ist ein abgedroschenes Wie die WOLKEN am Himmel, de gesagt wurde, man dürfe an nichts denken. „Gedanken kann man nicht einfach ab- die man VORBEIZIEHEN lässt stellen; das ist richtig“, sagt Peter Ernst und räumt mit einer falschen Vorstellung von Meditation auf: „Aber die Idee ist schon, die Gedanken in den Hin- blaugraue Matten für die Knie liegen auf Wort“, findet sie zum Beispiel. Sie ist skep- tergrund treten zu lassen. Wie Wolken am dem Boden, darauf kleine Kissen für un- tisch, einen Artikel über Meditation zu Himmel, die man vorbeiziehen lässt, ohne ter das Gesäss. Die Teilnehmer sitzen wäh- schreiben: „Meditation muss man selbst sie zu beachten.“ Der Fokus liege während rend der Meditation mit Blick Richtung erfahren.“ Martina Grenacher will aus der Meditation nicht auf den Gedanken, Wand. Die Wand gegenüber der kleinen der Erfahrung dieser „Gelassenheit“ auch sondern etwa auf der Atmung und der Tür hat grosse Fenster, von denen wäh- im Alltag schöpfen: „Wenn ich Stress emp- Körperhaltung. Meditation habe auch rend der Meditation stets eines geöffnet finde, erinnere ich mich an die Übungen: nichts mit Trance zu tun, im Gegenteil: „Es ist. Neben den Fenstern stehen rechts Das Wirrwarr in meinem Kopf löst sich; ist ein sehr spezieller Zustand eines Über- und links japanische Wandschirme, in und die Gedanken legen sich.“ Grenacher bewusstseins, in dem man wacher und der Mitte darunter ein Altartischchen besucht die Rheinfelder Gruppe seit acht konzentrierter ist als normal.“ Angelehnt mit einer Kerze, einer Blume und jeweils Jahren, ebenso wie Brigitte Thoma. Die- an den Zen-Buddhismus ist die Meditati- einem kleinen Gemälde mit christlicher se beschreibt die Meditation ähnlich wie on, wie sie Ernst versteht, „gegenstandslo- und buddhistischer Symbolik. Ernst als ein Zur-Ruhe-Kommen: „Man ses, absichtsloses, reines Da-Sein“. 16 STILL UND LEISE
kann die Gedan- ich am nächsten Umfelds konfessionell unabhängig, folgt ken ohne Wer- Tag Kopfschmer- allerdings der Meditationsschule der Via tung kommen und zen.“ Der Körper Integralis, des umfassenden Wegs, der wieder ziehen lassen.“ müsse sich erst an die Zen-Buddhismus mit christlicher Mystik Sie fühle sich in der Grup- Haltung gewöhnen: „Es verbindet. Mediation sei für ihn durchaus pe sehr getragen. braucht viel Geduld.“ Ernst be- eine spirituelle Erfahrung, sagt Ernst. Von stätigt: „Das Sitzen bleibt eine Anstren- „religiöser Erfahrung“ will er zwar nicht Auch Ernst schätzt den vor allem nonver- gung; aber mit der Zeit bekommt man sprechen: „Man muss sehr achtgeben; vie- balen Erfahrungsaustausch in der Grup- eine gewisse Leichtigkeit.“ Wie er sagt, le Wörter in diesem Zusammenhang sind pe. Denn die Stille ist kein Klischee; sie geben viele Anfänger die Meditation des- semantisch belastet und führen zu Miss- ist indertat essentiell für die Meditation. wegen wieder auf: „Es ist aber wichtig verständnissen.“ Er selbst sei schon als Dreimal im Jahr lädt die Rheinfelder Medi- zu betonen, dass jede sitzende Position junger Mensch aus der Reformierten Kir- tationsgruppe sogar zu einem ganzen Tag gleichwertig ist, ob im Schneidersitz, im che ausgetreten: „Aber die Meditation ver- der Stille von 10 bis 16 Uhr ein. Zwischen Fersensitz oder eben auf einem Stuhl.“ half mit zu einem besseren Verständnis den Meditationseinheiten gibt es Pausen, des Christentums. Ich habe zum Beispiel Impulse aus Schriften von Mystikern aus Als Kompensation für das lange Sitzen me- die Weisheit der Bibel in einer plötzlichen mehreren Kulturkreisen und das Mittages- ditiert die Gruppe einmal im Monat in Lebendigkeit gespürt.“ sen in Form einer Teilete. Ausserdem sind der Bewegung: Shibashi lautet der Name Einzelgespräche mit den vier Leitungsper- einer Variante des chinesischen Bewe- Die Katholikin Thoma spricht hingegen von sonen möglich, die sich aber nur um Fragen gungs-, Konzentrations- und Meditations- einer „tiefen religiösen Erfahrung“. Das zur Meditation selbst, etwa Atmungstech- systems Qigong. Es wird auch „Qigong der Gebet, das in der Gruppe zu Beginn als niken oder Körperhaltung drehen. Abgese- 18 Bewegungen“ genannt und hat nach Impuls rezitiert wird, stammt vom Mysti- hen von diesen Gesprächen und den vor- der Lehre der Traditionellen Chinesischen ker, Eremiten und Schweizer „Nationalhei- gelesenen Impulsen herrscht den ganzen Medizin präventive und kurative Auswir- ligen“ Niklaus von der Flüe: „Es begleitet Tag über aber Schweigen. Als Kompensati- kungen auf die körperliche und geistige mich die ganze Woche über.“ Laut Ernst ist on dazu gibt es wiederum zwei Hocks im Gesundheit. Die Shibashi-Meditation wird es aber nicht entscheidend, mit welchem Jahr, bei denen sich die Gruppenteilnehmer von Susanne Ernst geleitet. Viele Teilneh- religiösen Hintergrund oder keinem die ohne Meditation, aber vielleicht bei einem mer kommen besonders wegen des Shiba- Teilnehmer in die Meditation gehen. Die Glas guten Weins austauschen können. shi; Jannette van Haeringen (73) wünscht Erfahrungen der Mystiker aus vielen Kul- Weiter bietet die Rheinfelder Meditations- sich zum Beispiel, sie hätte diese Medi- turkreisen führten in ein „anderes Ver- gruppe gelegentlich tationsform schon ständnis von Religion“, das Ernst eher als Vorträge zu spiritu- «Das Sitzen bleibt eine Anstren früher kennenge- pantheistisch beschreibt: „Wer meditiert, ellen Themen und gung; aber mit der Zeit bekommt lernt: „Ich hätte sie gelangt zur Erkenntnis, dass die Natur eine Sommer-Medi- man eine gewisse Leichtigkeit..» in meinem Beruf als und alle Lebewesen durch das Leben mit- tationswoche an. Pflegefachfrau gut einander verbunden sind.“ „Echte Erfah- gebrauchen können.“ Bei entsprechen- rung“ führe in die „Verantwortung für die Auch zwei schlichte braune Stühle stehen dem Wetter kann man die Gruppe auch Welt: Kontemplation und Aktion gehören im „Raum der Stille“. Nicht zu unterschät- im Garten der Sankt-Josefs-Kirche sehen. zusammen.“ Es sei kein Zufall, dass vie- zen ist die Anstrengung, zwanzig Minuten Auch das Shibashi erfolgt in Stille, ohne len Meditationsteilnehmern die Aspekte in derselben sitzenden Position zu verhar- Musik. Ökologie und Nachhaltigkeit sehr wichtig ren. Susann Dillier (52), zum dritten Mal seien, sagt er lachend. bei der Rheinfelder Gruppe, traut sich das Der christlich-buddhistische Altar im „Raum Boris Burkhardt volle Programm eines Abends auch noch der Stille“ hat laut Gruppenleiterin Ebe- nicht zu: „Zwanzig Minuten sind sehr ner keine tiefere Bedeutung. Die Rhein- lang; mache ich alle drei Einheiten, habe felder Gruppe ist trotz ihres katholischen STILL UND LEISE 17
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