Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi

Die Seite wird erstellt Hortensia-Viktoria Freitag
 
WEITER LESEN
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
report
                         Bildung, Wissenschaft und Forschung

Stimmen für
die Zukunft
Entscheidendes Jahr und neue
Weichenstellungen für den Fachbereich

                                                               0 1 / 2 019
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
Editorial                                                                   b i w i f o r e p o r t 1 / 2 0 19

    Bildung sichert Zukunft                                                     Inhalt
                                                                                Schwerpunkt: Kongressmarathon
        ... klingt einfach, ist es aber nicht. Und neu
                                                                                für ver.dis Zukunft
    ist die Erkenntnis auch nicht. Bereits vor über
    150 Jahren hieß es bei Max und Moritz:                                      Bildung als zentrales politisches Thema 3
                                                                                Exzellenz – nicht bei den
       Also lautet ein Beschluß,                                                Arbeitsbedingungen                                                3
       Daß der Mensch was lernen muß. –                                         Ein Jahr voller Entscheidungen                               4–5
       Nicht allein das Abc                                                     Der neue Bundesfachbereichsvorstand                               6
       Bringt den Menschen in die Höh‘;                                         Drei Fragen an Wiebke Koerlin                                     6
       Nicht allein in Schreiben, Lesen
                                                                                Erwartungen der Jugend an ver.di                                  7
       Übt sich ein vernünftig Wesen;
                                                                                Ciao Klaus!                                                       7
       Nicht allein in Rechnungssachen
       Soll der Mensch sich Mühe machen,                                        Die Fusion mit Fachbereich 3                                      8
       Sondern auch der Weisheit Lehren                                         Willkommen Sylvia!                                                8
       Muß man mit Vergnügen hören. –                                           Interview mit der neuen Frauen-

                                                                                                                                                  report
                                                         Ute Kittel             beauftragten Hannah Koppetz                                       9
       Damals gab es schon reichlich Erfahrung           Mitglied des ver.di-
                                                         Bundesvorstandes
    mit der preußischen Schulordnung und der                                    Jubel in den Bibliotheken                                        10
                                                         und Leiterin
    Industrialisierung. Beide waren aufeinander                                 Fortschritte beim Mindestlohn in der
                                                         des Fachbereichs
    abgestimmt. Es ging dabei nicht um die                                      Weiterbildung                                                    10
                                                         Bildung,
    Vorbereitung auf ein selbstständiges Leben –                                Die Nationale Weiterbildungsstrategie 11
                                                         Wissenschaft und
    im Gegenteil. Schreiben, Lesen, Rechnungs-           Forschung              Drei Pakte für Hochschulen                                       12
    sachen waren die Eintrittsberechtigung für
                                                                                Blackbox Brexit                                                  12
    Erwerbstätigkeit bis zum Tod. Bildung sollte
                                                                                Das gute Beispiel: Kumpelverein                                  13
    darauf vorbereiten, was einem in der
                                                                                Studierende vernetzen sich                                       14
    Arbeitswelt blühte.
                                                                                WiMis wollen streikfähig werden                                  15
        Das ist heute immer noch so? Nein, eben                                 Poträt Christian Keils                                           15
    nicht! Wir tun immer noch so, als würde eine                                Zu guter Letzt                                                   16
    Erstausbildung oder ein Erststudium reichen,
    um am Arbeitsmarkt bestehen zu können.
    Weder für die neuen Anforderungen noch für
    die damit verbundenen Belastungen sind wir
    gewappnet. Immer schneller, höher, weiter?
    Genug gelernt gibt es nicht. Abschlüsse sind                                Impressum
    nicht mehr der Zielpunkt des Wissenserwerbs.
                                                                                Der ver.di Report biwifo Nr. 01/2019 · August 2019
    Lernen um zu lernen ist keine Phrase, sondern                               Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
    eine Erfolgsformel. Die Voraussetzung dafür                                 Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung
                                                                                Paula-Thiede-Ufer 10 · 10179 Berlin
                                                                                                                                                      Fotos v.o.n.u.: Kay Herschelmann (2), Werner Bachmeier (2)

    aber ist, dass man sich nicht alleine über Kurse,
                                                                                V.i.S.d.P.: Ute Kittel
    Zeugnisse und formale Ausbildungen definiert,                               Redaktion: Carsten Bauer, Klaus Böhme, Katharina Common,
    sondern weiß, wer man ist. Natürlich bleibt es                              Harald Giesecke, Birthe Haak, Frank Hennig, Michael Niedworok,
                                                                                Mirjam Sorge
    wichtig, Lesen, Schreiben, Rechnen zu beherr-                               Verantwortliche Redakteurin: Annette Jensen
    schen – das sind Werkzeuge. Aber wenn man                                   Internet: www.verdi.de
                                                                                Layout: einsatz, Wolfgang Wohlers
    nicht lernt wozu – also der Weisheit Lehren mit                             Druck: Mohn Media Mohndruck GmbH, Gütersloh
    Vergnügen zu hören – ist das Verschwendung.                                 Titelbild: Kay Herschelmann
                                                                                W-1728-62-0819
    Hast du noch Abitur oder weißt du schon
                                                                                Die Artikel stellen die Meinungsvielfalt unseres
    Bescheid? b
                                                                                Fachbereiches dar und spiegeln nicht in jedem Fall die
                                                                                Meinung des Bundesfachbereichsvorstandes wider.
2
                                                                                Service
                                                                                Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung
                                                                                Internet: www.biwifo.verdi.de
                                                                                Ansprechpartnerin biwifo-Report: Annette.Jensen@t-online.de
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

                                                                                                                     K O M M E N T A R

                                                                                                                     W Gute Bildung braucht

         Bildung macht                                                                                               gute Arbeitsbedingungen
                                                                                                                         Politiker*innen aller Farben
                                                                                                                     sind sich einig: Exzellente Bildung
                                                                                                                     und Forschung sind wichtig für

         beweglich                                                                                                   eine humane, demokratische
                                                                                                                     Gesellschaft ebenso wie für die
                                                                                                                     wirtschaftliche Entwicklung. Die
                                                                                                                     Arbeitsbedingungen vieler Be-
                                                                                                                     schäftigter in diesen Bereichen
         Noch nie ist eine Bundesregierung so viele             Systeme und Prozesse besser und gründlicher er-      sind dagegen wenig exzellent.
         Bildungsthemen parallel angegangen wie                 ledigen als durch Menschen. Die notwendige           Oft werden zusätzliche Ansprüche
         heute: Enquetekommission „Berufliche                   Transformation zur Wissensgesellschaft ist mit       an die Einrichtungen und das
         Bildung in der digitalen Arbeitswelt“,                 Ängsten vor Arbeitsplatzverlusten verbunden. Zu-     Personal gestellt, ohne dass das
         Nationale Weiterbildungsstrategie, Novelle             gleich ist klar, dass künftig immer mehr Menschen    mit Zeit und Geld kompensiert
biwifo

         des Berufsbildungsgesetzes, BAföG-Reform               gebraucht werden, die in einer von Maschinen         wird.
         u.a. Hat es „klick“ gemacht, und Bildung               nicht zu beherrschenden Weise agieren können.
         erhält endlich die ihr gebührende Aufmerk-             Bisher aber schult unser Bildungssystem viel zu          Bibliotheken sollen auch
         samkeit? Auch. Vor allem aber stehen zwei              wenig die Fähigkeit, mit Zukunft, mit Unbekann-      sonntags öffnen, Erzieher*innen
         große Themen auf der Agenda. Einerseits                tem und Vielfältigem umzugehen.                      frühkindliche Bildung mit der
         muss die Industrie- in eine Wissensgesell-                                                                  „Zähmung“ einer Rasselbande
         schaft umgebaut werden, und deren                          Die häufige Fokussierung auf die Digitalisie-    von bis zu 25 Kindern pro
         Währung heißt Bildung. Zweitens führen                 rung darf nicht den Blick darauf verstellen, wie     Gruppe verbinden. An Hoch-
         Meinungsmache und Hetze im Zeitalter                   grundlegend Bildung für den Zugang zu gesell-        schulen und Forschungseinrich-
         von Social Media zu einem gefährlichen                 schaftlicher Teilhabe ist. Deutschland hat nach      tungen erbringen prekär Be-
         Wahlverhalten, das die Demokratie gefähr-              wie vor ein extrem undurchlässiges und damit un-     schäftigte einen Großteil der
         den kann. Das über Jahrzehnte zu geringe               gerechtes Bildungssystem. Während von 100 Kin-       Lehre und Forschung. Wissen-
         Investment in echte Bildung rächt sich –               dern aus Akademikerhaushalten 79 ein Studium         schaftliche Mitarbeiter*innen
         und nun heißt es: Bildung hilft. Und das               aufnehmen, sind es bei Nichtakademikerfamilien       erfahren oft sehr kurzfristig, ob
         bitte sofort!                                          lediglich 27. Das liegt in hohem Maße am Zugang      ihr Arbeitsvertrag verlängert
                                                                zu Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten und       wird, viele Lehrbeauftragte sind
         VON UTE KITTEL                                         verfestigt die soziale Schere immer mehr. Selbst     schlecht oder sogar gar nicht
                                                                wenn es einzelne schaffen, dürfen wir nicht ver-     bezahlt. Nur in Berlin haben

         E   rklärtes Ziel der Politik ist, „breiten Bevölke-
             rungsteilen einen beruflichen Aufstieg zu
         erleichtern, die Fachkräftebasis zu stärken und die
                                                                gessen: Wer aufsteigt, schafft das Tal nicht ab!

                                                                    Bildung ist auch der Schlüssel zur Integration
                                                                                                                     Tutor*innen und studentische
                                                                                                                     Hilfskräfte eine tarifvertragliche
                                                                                                                     Absicherung.
         Beschäftigungsfähigkeit in einer sich wandelnden       von Menschen mit anderen Wurzeln – seien sie
         Arbeitswelt nachhaltig zu fördern sowie eine           hier geboren oder hierher geflüchtet. Zwar sinkt         Auch in der Weiterbildung
         Weiterbildungskultur zu etablieren“. Inzwischen        die Zahl der Neuankömmlinge aufgrund der             wird das unternehmerische
         haben wir weitgehend Vollbeschäftigung. Woran          stärkeren Grenzkontrollen, und ein Teil der An-      Risiko durch Honorarverträge
         es mangelt sind Fachkräfte sowie eine solide All-      gekommenen verlässt das Land auch schon wie-         auf die Beschäftigten verlagert.
         gemeinbildung zum Thema Digitalisierung, damit         der. Trotzdem werden viele Menschen mittel- bis      Gegen die Dumpingspirale
         künftig alle die Arbeitswelt mitgestalten und die      langfristig bleiben. Sie brauchen eine Perspektive   konnte ver.di immerhin eine
         neuen Techniken klug einsetzen können. Wir dür-        einschließlich eines Arbeitsplatzes – und zugleich   Grenze nach unten durch einen
         fen es uns nicht mehr leisten, dass Menschen           benötigt der deutsche Arbeitsmarkt Zuwande-          Branchen-Mindestlohn einzie-
         nicht ausreichend Kompetenzen haben, weil wir          rung. Bildung kann und muss hier Brücken schla-      hen. Doch monatlich 2.746,20 €
         vergessen haben, rechtzeitig in ihre Bildung zu        gen in Bezug auf Sprachkompetenz und beruf-          für höher Qualifizierte sind nicht
         investieren. Es gilt, keine und keinen mehr zu ver-    liche Bildung.                                       gerade üppig.
         lieren.                                                                                                         Unser Kampf geht weiter –
                                                                    Der preußische Bildungspolitiker Wilhelm von     in den Betrieben und auf tarif-
             In den vergangenen Jahren gab es schon             Humboldt betonte immer, Bildung sei etwas            vertraglicher Ebene, aber auch im
         Fortschritte etwa im Bereich der frühkindlichen        Schöpferisches, bedeute Entwicklung der persön-      politischen Raum. Aktuelles Bei-
         Bildung und auch bei der Anerkennung von               lichen Talente und Fähigkeiten „zu etwas Gan-        spiel: Die Kampagne „Frist ist
         Sozial- und Erziehungsdiensten. Doch viel bleibt       zem“. Bildung sei keine Pflicht, sondern eine        Frust“ fordert mehr Dauerbe-          3
         zu tun. Wir brauchen ein durchlässiges, inklusives     Möglichkeit. „Der Staat und seine Organisationen     schäftigte in der Hochschullehre.
         und gebührenfreies Bildungssystem, das weg-            haben das wichtigste Gut der Aufklärung unter-       b
         kommt von seiner Prägung im Industriezeitalter.        schlagen, die Menschen ihrer Möglichkeit zur
         Alles was reproduzierbar ist, lässt sich über kurz     Entwicklung beraubt. Es wird Zeit, sie sich wieder   Birthe Haak
         oder lang durch Maschinen und Algorithmen,             zurückzuholen.“ Genau! Und zwar: ab sofort! b
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

                                                  Auf zu neuen Ufern!
                                                  Der Marathon nähert sich dem Ende:
                                                  Im Herbst finden beim ver.di-Bundes-
                                                  kongress die alle vier Jahre stattfindenden
                                                  Organisationswahlen ihren Abschluss. Seit
                                                  Anfang 2018 hatten Kolleg*innen auf allen
                                                  Ebenen und in allen Fachbereichen ihre
                                                  Vertreter*innen gewählt und Beschlüsse
                                                  gefasst. Unter dem Motto „ZUKUNFTS-
                                                  GERECHT“ werden sich nun vom 22. bis 28.
                                                  September 1009 Delegierte in Leipzig ver-
                                                  sammeln und über zahlreiche Anträge
                                                  abstimmen. Auch grundlegende personelle
                                                  und strukturelle Neuerungen stehen an.

                                                  VON BIRTHE HAAK UND KLAUS BÖHME

                                                  D   as Spektrum der Themen ist breit. Schwer-
                            Foto: Ursula Lerche

                                                      punkte wie Digitalisierung, Verteilungs-
                                                  gerechtigkeit und die Stärkung der Tarifbindung
                                                  werden die Delegierten ebenso beschäftigen wie
                                                  der Umgang mit Ausländerfeindlichkeit und
                                                  Rechtsextremismus. Ein wichtiger Punkt ist auch,
                                                  wie eine stärkere Organisierung der Jugend gelin-
                                                  gen kann. Für die inhaltliche Arbeit der kommen-
                                                  den Jahre wurden schon im Vorfeld zahlreiche
           Daniel Völk,                           Anträge diskutiert und verabschiedet – 1152
                                                  haben es nun bis zum Bundeskongress geschafft.          allen voran die Stärkung der Tarifbindung „von
            Hannover
                                                  Diese Anzahl ist beachtlich, auch wenn es beim          unten und von oben“. Damit meinen sie, dass es
       „Die Bundesfachbereichs-                   vergangenen Bundeskongress sogar noch etwa              gleichermaßen Tarifkämpfe als auch gesetzliche
         konferenz hat deutlich                   15 Prozent mehr gewesen waren.                          Regelungen wie die Erleichterung der Allgemein-
      gemacht, was die Themen                                                                             verbindlichkeit geben muss.
           der Zukunft für den                        Aufgrund der geplanten Fachbereichsfusionen
     Fachbereich sind. Der Kampf                  soll der Bundesvorstand auf neun Kolleg*innen              Grundlegende Änderungen stehen auch in
        gegen Befristungen, vor                   deutlich verkleinert werden. Mit großer Spannung        unserem Fachbereich Bildung, Wissenschaft,
       allem auch auf tariflicher                 erwartet wird der anstehende personelle Wechsel         Forschung an. Zwölf Jahre haben wir auf Bun-
       Ebene, wird ein wichtiger                  an der Spitze der Organisation. Der erste und           desebene gut kooperiert mit den „Besonderen
      Fokus sein. ver.di wird den                 langjährige ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske kandi-     Dienstleistungen“ – nun trennen sich unsere
      Wissenschaftsbereich so in                  diert nicht mehr – damit geht eine Ära zu Ende.         Wege. Geplant ist die Fusion mit dem Fach-
         Zukunft endlich besser                   Als Nachfolger vorgeschlagen ist der bisherige          bereich 3 „Gesundheit, Soziale Dienste, Wohl-
          erschließen können.“                    Vize Frank Werneke. Der leitet gegenwärtig den          fahrt und Kirchen“. Schon auf unserer am 11.
                                                  Fachbereich Medien, Kunst und Industrie, darü-          und 12. März in Berlin tagenden Bundesfach-
                                                  ber hinaus ist er für die Bereiche Selbstständige,      bereichskonferenz wurde Sylvia Bühler als neue
                                                  Mitgliederentwicklung und Finanzen zuständig.           Bundesfachbereichsleiterin nominiert. Ute Kittel
                                                  Bei der Bundesfachbereichskonferenz Bildung,            war nicht mehr angetreten, weil es aufgrund der
                                                  Wissenschaft, Forschung im März bot sich den            anstehenden Fusion als sinnvoll erschien, sich
                                                  Delegierten und ihren Gästen die seltene Ge-            bereits im Vorfeld auf eine gemeinsame Leitung
                                                  legenheit, beide Franks in einer Veranstaltung zu       zu einigen und Ute Kittel es dem größeren Fach-
                                                  hören. Neben dem gleichen Vornamen fanden               bereich zugestand, deren Leitung in die Partner-
4                                                 sich bei beiden auch viele inhaltliche Gemein-          schaft einzubringen.
                                                  samkeiten. So teilten sie die Sichtweise, ver.di sei
                                                  pluralistischer, weiblicher und politischer als ande-      Lisa Merla, ehrenamtliche Vorsitzende von
                                                  re Gewerkschaften und auch weniger hierar-              Fachbereich 3, betonte, dass sie richtig Lust da-
                                                  chisch. Einig waren sich die beiden auch in Bezug       rauf hat, gemeinsam mit uns etwas Neues zu ent-
                                                  auf Schwerpunktthemen für die Organisation,             wickeln. Damit wies sie mögliche Bedenken
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

                                                                                   Schließlich kann der Fachbereich Bildung,

                                                      Foto: Kay Herschelmann
                                                                               Wissenschaft, Forschung auf eine gute Bilanz ver-
                                                                               weisen. „Der Fünfer“ wächst, hat den höchsten

                                                                                                                                                             Foto: Ursula Lerche
                                                                               Jugendanteil und ist inzwischen auch nicht mehr
                                                                               der kleinste ver.di-Fachbereich. Der Geschäfts-
                                                                               bericht weist aus, dass innerhalb von vier Jahren
                                                                               4000 Neue dazugekommen sind. Vor allem in der
                                                                               Weiterbildung und bei den Studierenden wachsen
                                                                               die Mitgliedszahlen. „Das ist gelungen, weil wir
                                                                               berufsfachlich gut sind, aber auch, weil wir eine
                                                                               coole Truppe sind!“ kommentierte die amtierende
                                                                               Fachbereichsleiterin Ute Kittel. Einziger Wermuts-        Andrea Seibt,
                                                                               tropfen: Bei den Auszubildenden gibt es noch sehr
                                                                                                                                           Dresden
                                                                               viel Luft nach oben. Deshalb soll der Bereich in
                                                                               diesem Jahr einen der Schwerpunkte bilden.              „Diese Konferenz stand
                                                                                                                                      eindeutig im Zeichen der
                                                                                   Die Delegierten auf der Bundesfachbereichs-      Staffelstab-Übergabe. Sie ist,
                                                                               konferenz verabschiedeten 47 Anträge, von            wie ich finde, gut gelungen
                                                                               denen ein Teil an den ver.di-Bundeskongress zur       und ebnete den Weg in die
                                                                               Abstimmung weiter geleitet wurde. Weil die bil-           nächsten vier Jahre.
                                                                               dungspolitischen Positionen des letzten Bundes-       Hoffentlich genauso leben-
                                                                               kongresses unverändert aktuell sind, entschied          dig, diskussionsfreudig,
                                                                               der Fachbereich, auf einen grundsätzlichen bil-        erfolgreich – vielen Dank
                                                                               dungspolitischen Leitantrag zu verzichten. Statt-      nochmal an Klaus Böhme
                                                                               dessen geht es konkreter um „Bildung als             und Ute Kittel! Und ebenso
                                                                               Schlüssel zur Integration“ für Geflüchtete, aber        den vielen dienstbaren
zurück, da könne ein Großer einen Kleineren                                    auch für andere Migrant*innen. Gefordert wird          Geistern im Hintergrund.“
„schlucken“ wollen. Die Perspektive der 59 Dele-                               außerdem die Absicherung qualitätsvoller Ange-
gierten auf die Fusion war differenziert: Viele                                bote für alle Altersstufen vom Kleinkind bis zu
gaben der Hoffnung Ausdruck, gemeinsam etwas                                   älteren Menschen im berufstätigen Alter. Für die
Gutes neu gestalten zu können – aber auch Kritik                               Umsetzung zentral sind gute Beschäftigungs-
wurde laut. Auf jeden Fall müsse die Fachlichkeit                              bedingungen für diejenigen, die die Lernenden
auch nach der Umstrukturierung erhalten blei-                                  unterrichten und begleiten: Die Lohn- und Ar-
ben, da waren sich alle Delegierten einig.                                     beitsbedingungen in der Weiterbildung bleiben
                                                                               auf der politischen Agenda.
                                Foto: Ursula Lerche

                                                                                   Prekäre Arbeit und Befristungen waren domi-
                                                                               nierende Themen der Konferenz. Besonders dra-
                                                                               matisch ist die Lage im Bereich Hochschulen, wo
                                                                               93 Prozent der wissenschaftlich Beschäftigten
                                                                               Zeitverträge haben. Aber auch beim wissen-
                                                                               schaftsunterstützenden Personal liegt die Befris-
                                                                               tungquote mit 23 Prozent doppelt so hoch wie
                 Iris Karp,                                                    sonst im öffentlichen Dienst. Entsprechend gab es
                   Hagen                                                       zu diesem Themenfeld zahlreiche Anträge an den
                                                                               Bundeskongress. Sie fordern beispielsweise, Be-
             „Super! Wir aus den                                               fristungen mit tarifvertraglichen Regelungen ein-
        Bibliotheken sind endlich die                                          zudämmen. Auch zu Diskriminierungsfreiheit, Ar-
           alte Eingruppierung los.                                            beitszeitverkürzung und spezifischen Eingruppie-                                                    5
        An der Art zu feiern können                                            rungsproblemen liegen tarifpolitische Anträge vor.
          wir noch arbeiten – mehr                                             Wenn der Marathon am 28. September endet,
          Tanz, weniger Diskussion                                             wird klar sein, mit welchen Positionen und Lei-
                 am Abend!“                                                    tungspersonen die Gesamtorganisation in den
                                                                               kommenden Jahren Politik machen will. b
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

                   Neuer Vorstand gewählt
                         A     uf der Bundesfachbereichskonferenz wählten die Delegierten
                               einen neuen ehrenamtlichen Vorstand. Er besteht aus 26
                         stimmberechtigten Mitgliedern: Jeder Landesbezirk ist mit mindes-
                                                                                                ne Tarifarbeit, verantwortet das Budget und tagt zwei- bis dreimal
                                                                                                jährlich. Dazwischen führt das Präsidium die Geschäfte. Dem
                                                                                                gehören die Vorsitzende, ihre zwei Stellvertreter sowie die Bun-
                         tens zwei Personen, die sechs Bundesarbeitsgruppen entsprechend        desfachbereichsleiterin an. Die inhaltliche Arbeit findet in den
                         ihres Anteils vertreten. Dazu waren zwei Jugendmandate, ein Frau-      Bundesarbeitsgruppen und situativ in Projektgruppen statt. Die AG-
                         en- und ein Senior*innen-Mandat zu besetzen und ein stimmbe-           Sprecher*innen haben ständiges Gastrecht im Bundesfachbereichs-
                         rechtigtes Mitglied ist die Bundesfachbereichsleiterin. Der Vorstand   vorstand. Auch die Landesfachbereichsleiter*innen sollen möglichst
                         ist für vier Jahre gewählt bzw. bis zum Wirksamwerden einer Fusion     an den Sitzungen teilnehmen. b
                         mit dem Fachbereich 3. Er koordiniert u.a. die fachbereichsbezoge-                                                        Wiebke Koerlin
 Foto: Stefanie Herbst

                          Der neue Bundesfachbereichsvorstand

                    Drei Fragen an die neugewählte                                                                                       wahrgenommen wird. Ich möchte, dass die
                                                                                                                  Foto: Annette Jensen

                                                                                                                                         Beschäftigten in Bildung, Ausbildung, Weiter-
                    Vorsitzende des Bundesfachbereichs-                                                                                  bildung und Forschung ein Sprachrohr haben
                    vorstands Wiebke Koerlin                                                                                             und wir die Interessen der Menschen gut ver-
                                                                                                                                         treten, egal ob sie in Laboren oder der Ver-
                         Seit fast 20 Jahren arbeitet sie im Personalbereich der                                                         waltung, in der Weiterbildung oder in den
                         Universität Mainz und ist für die betriebliche                                                                  Studierendenwerken arbeiten.
                         Weiterbildung zuständig.
                                                                                                                      Das soll sich auch in den künftigen Struk-
  Was hat Dich bewogen zu kandidieren?                                                          turen widerspiegeln. Wir wollen die Fusion so vorbereiten, dass
  Bei der Gründung von ver.di gehörte ich zur Projektgruppe, die den                            wir inhaltlich gemeinsame Themen auch gemeinsam bearbeiten
  Fachbereich aufgebaut hat. Ich bin von Anfang an im Bundes-                                   wie z. B. an den Unikliniken, wo sich Wissenschaft und Kranken-
  fachbereichsvorstand und seit vier Jahren im Präsidium und war                                pflege verbinden oder in der Weiterbildung, wo es zunehmend
  dort stellvertretende Vorsitzende. Ich finde die Arbeit wichtig, sie                          Träger gibt, die Sozialarbeit und Weiterbildung machen. Was jetzt
  macht mir Spaß und liegt mir. Ich übernehme gerne Verantwortung                               ansteht ist, den Fusionsvertrag vorzubereiten. Es gibt bereits viele
  dafür, dass der Bundesfachbereichsvorstand seine Aufgaben er-                                 positive Erfahrungen, aber es liegen auch noch Steine auf dem
  füllen kann: Dem Thema Bildung und den Interessen der Be-                                     Weg, die wir wegräumen müssen.
  schäftigten die angemessene Geltung zu verschaffen und das vor-
  wärts zu treiben. Und wir planen die Fusion mit Fachbereich 3. Wir                            Welches Thema liegt dir besonders am Herzen?
6 wollen zusammen ein neues Haus bauen, und dann werden wir                                     Bildung ist für mich sowohl Garant, aber auch Voraussetzung für
  schauen, wie wir das zusammen ausstatten und die Zimmer bezie-                                eine friedliche und sozial gerechte Welt. Bildung, Weiterbildung
  hen. Diesen Prozess möchte ich gerne begleiten.                                               und Forschung sind aber einem großen Druck ausgesetzt. Überall
                                                                                                gibt es prekäre Beschäftigungsverhältnisse und vielfach ist die
                         Was willst du in den kommenden Jahren unbedingt erreichen?             Bezahlung schlecht. Das ist überhaupt nicht auszuhalten, denn es
                         Wir haben uns immer bemüht, dass ver.di als Bildungsgewerkschaft       geht um ein zentrales Zukunftsthema. b
Stimmen für die Zukunft - Entscheidendes Jahr und neue Weichenstellungen für den Fachbereich - Verdi
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

Jugend will eine politische
und gut organisierte ver.di
D

                                                                                                                                            Foto: Ursula Lerche
    ie Jugend machte den Anfang: Auf ihrer               Interne Verbesserungswünsche betreffen
    Bundesfachbereichskonferenz Ende Februar         vielfach die Organisation vom Ehrenamt. So
wurde viel diskutiert – im World Café-Format         gehören die Information über Ansprechperso-
kamen alle Delegierten und Gäste zu Wort.            nen, Datenpflege, moderne Kommunikation
Warum bist Du in der Gewerkschaft? An welche         und die Überarbeitung des Intranets zu den
Themen muss ver.di ran? Was muss sich in ver.di      Hauptanliegen. Gewollt wird auch eine gezielte
ändern?                                              Kommunikation, bei der Ansprechpartner*in-
                                                     nen klar benannt sind. Orientierungshilfen für
    Politische und gesellschaftliche Fragen ste-     Lebensphasenwechsel werden ebenfalls ge-                              Lea Herzig,
hen bei jungen Gewerkschafter*innen hoch im          wünscht.
                                                                                                                             Berlin
Kurs. Sie wollen, dass ver.di Themen wie Digi-
talisierung aufgreift, vorantreibt und in Bünd-         Die Antworten spiegeln die hohe Identifi-                        „Wir brauchen ein
nisse und Politik einbringt.                         kation der Gewerkschafter*innen mit den ver.di-                Umdenken, Studierende als
    Dabei geht es nicht nur um Nutzer*innen-         Idealen. Gemeinsame Werte, Rückhalt, Mit-                       Zielgruppe der gesamten
rechte im Netz, sondern auch um internationale       machen, Vertrauen und Familie sind nur ein paar                Organisation zu sehen und
Standards und Bedingungen für Arbeitneh-             der Schlagworte. Die Forderung nach Solidarität                nicht nur des Fachbereichs.
mer*innen. Mit Diversity muss sich ver.di stärker    und Wertschätzung auf der Jugendkonferenz                         So erreichen wir dann
beschäftigen, so die Forderung. Die Vielfalt solle   war klar und eindrucksvoll. b                                     gemeinsam als ver.di,
auch innerhalb der Organisation verstanden und                                                                        als Fachbereich und als
gelebt werden. Aufklärung und die Verbesse-          Hannah Koppetz-Mitra                                                 Jugend das Ziel:
rung von Arbeitsbedingungen sind ebenfalls                                                                               TV Stud für alle!“
wichtige Themen für den Nachwuchs.
                                                         Foto: Ursula Lerche

 Ciao Klaus!                                                                             seine Verlässlichkeit. „Klaus, was ich an dir schätze:
                                                                                         Ohne drumherum, offenes Visier – gleichzeitig ein
                                                                                         guter Stratege und kämpferisch.“ Klaus wollte keine
                                                                                         pathetischen Abschiedsworte und Dankesreden –

 F  ragt man Herrn Google, dann erscheinen sehr viele
    Einträge unter „Klaus Böhme“. Man findet ein
 Weingut, Ärzte, Historiker und noch viel mehr – und
                                                                                         sowas könne leicht kippen, hatte er gewarnt.

                                                                                              Als Verhandlungspartner war Klaus sehr geschätzt,
 unseren Klaus. 1976 in die Fernuni Hagen eingetreten                                      weil er immer konsequent, ehrlich und zuverlässig war.
 war er schon zwei Jahre später Personalratsvorsitzender. Später               Mir fallen ausschließlich angenehme Begegnungen mit Klaus ein.
 im NRW-Ministerium Wissenschaft und Forschung wurde er erst                   Sein Einsatz für die Kolleginnen und Kollegen und für die gewerk-
 Mitglied und dann Vorsitzender des Hauptpersonalrats. Kein                    schaftlichen Ideale haben keinen Makel. Ich hatte das Vergnügen
 Wunder, dass unser Fachbereich ihn 2007 zum ehrenamtlichen                    mit Klaus u. a. an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen
 Vorsitzenden des Bundesfachbereichsvorstandes wählte. Und                     eine Inhouse-Seminar zum Thema Entgeltordnung zu teamen.
 parallel war er dann ab 2009 auch noch Geschäftsführer der                    Seine Fachkenntnisse in diesem nicht einfachen Wissenssach-
 Personalrätekonferenz. Bedauerlich für Klaus, dass ein Tag nur 24             gebiet sind unschätzbar wertvoll.
 Stunden hat.
                                                                                   Sportlich schlägt sein Herz seit Anfang 1964 für den 1. FC
     Nun geht unser Klaus in den Ruhestand. Eigentlich unvorstell-             Köln, dessen Mitglied er ist. Für diese Leidenschaft und seine
 bar. Gewerkschaftsarbeit, Fachbereichsleitung ohne Klaus. Geht                weitgefächerten Interessen darf er sich jetzt Zeit nehmen. Das hat
 doch eigentlich gar nicht. Er sagt selber, dass er loslassen muss.            er sich sowas von verdient. Für sein Engagement für uns, für die
 Den nächsten ver.di Bundeskongress bereitet er noch mit vor.                  Kolleginnen und Kollegen, für den Fachbereich 5 in verdi und,                      7
 „Viele freuen sich auf dich, allein wegen der Sprüche, die du                 und, und spreche ich dem Klaus meinen und unseren Dank aus.
 manchmal fast nebenher raushaust“, sagte Bundesfachbereichs-                  Lass es Dir und Deiner Familie gut gehen! b
 leiterin Ute Kittel bei der Abschiedsfeier. „Wortfuchs“ nannte sie
 ihn, betonte sein Engagement, seine Loyalität, seinen Humor und               Reinhard Dudzik
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

                             Foto: Ursula Lerche
                                                     Eins und eins
                                                     ist mehr als zwei
                                                     D    er Prozess zur Fusion der ver.di-Fachbereiche
                                                          3 und 5 macht Fortschritte – entscheidende
                                                     Etappen auf dem Weg zu neuer Stärke sind
                                                                                                              Nun ist der Weg frei für weitere Gespräche, in
                                                                                                          denen es um die Modalitäten und rechtlichen
                                                                                                          Grundlagen der angestrebten Fusion geht.
     Holger Sterzenbach,                             geschafft. In parallelen Sitzungen verabschiede-     Weitere Beschlüsse sind vorzubereiten. Darüber
                                                     ten beide Bundesfachbereichsvorstände am             hinaus soll es von Anfang an gemeinsame Pro-
          Hamburg
                                                     26./27. Februar mit jeweils breiter Mehrheit die     jekte geben. So ist beispielsweise im Landesbezirk
      „Ich unterstütze die Fusion                    Gründungsvereinbarung. „Menschen, die andere         Niedersachsen/Bremen ein Campus-Projekt ge-
      mit dem Fachbereich 3 voll                     versorgen und pflegen, die Mitmenschen jeden         plant. Ziel ist es, Studierende der Sozialen Arbeit
         und ganz. Die Bundes-                       Alters Bildung und Wissen vermitteln oder die zu     (Care Arbeit) gemeinsam anzusprechen und für
      fachbereichskonferenz war                      Grundlagen und Zukunft der Menschheit for-           ver.di zu gewinnen.
     geprägt vom festen gemein-                      schen, haben eine besondere Aufgabe und Ver-
        samen Willen und dem                         antwortung in unserer Gesellschaft. In den Fach-        Da die Gründungsvereinbarung auch vorsieht,
      Optimismus, die Fusion zu                      bereichen Gesundheit, soziale Dienste, Wohl-         dass sich die beiden Fachbereiche bereits für den
       einem starken und erfolg-                     fahrt, Kirchen sowie Bildung, Wissenschaft und       Bundeskongress 2019 auf eine/n gemeinsame/n
       reichen neuen Bereich zu                      Forschung vertritt ver.di eben diese Politikfelder   Bundesfachbereichsleiter*in einigen, haben beide
               führen.“                              und Branchen, die grundlegende Voraussetzung         Bundesfachbereichskonferenzen auf Vorschlag
                                                     für ein funktionierendes Gemeinwesen sind und        der Vorstände Sylvia Bühler „als Leiterin des je-
                                                     deren Bedeutung, auch als Ausbildungs- und Be-       weiligen Fachbereiches sowie als Leiterin des
                                                     schäftigungsfaktor weiterhin zunimmt. Die durch-     neuen Bereiches als Mitglied des Bundesvor-
                                                     aus unterschiedlichen Berufsfelder eint dabei die    standes durch Wahl nominiert“ (so schön ist
                                                     Arbeit mit, an und für Menschen.“ Diese Passage      Satzungsdeutsch). b
                                                     macht deutlich, warum die Spitzen beider Fach-
                               Foto: Ursula Lerche

                                                     bereiche überzeugt sind, dass sie den Heraus-        Klaus Böhme                (Fahrplan zur Fusion Seite 14)
                                                     forderungen ihrer Branchen mit über sechs
                                                     Millionen Beschäftigten gemeinsam noch besser
                                                                                                                      Foto: ver.di

                                                     als bisher begegnen können.

        Kathrin Karnath,
                                                      Sylvia Bühler –
              Ulm                                     die neue Spitzenfrau
        „Die jetzige Möglichkeit                      Die Bundesfachbereichskonferenz hat Sylvia          vor Ort ist ihr aber auch weiterhin wichtig.
          der Fusion mit dem                          Bühler als neue Bundesfachbereichsleiterin          Konkrete Themen und Probleme, die sie dort
     Fachbereich 3 bringt uns als                     nominiert. Gewählt werden soll sie auf dem          erfährt, nutzt sie auch für die politische Arbeit.
       Studierendenwerke viele                        Bundeskongress im September. Sylvia stammt               Viele Belange aus unserem Fachbereich sind
          Vorteile, weil wir als                      aus Mannheim und hat dort Soziale Arbeit stu-       Sylvia schon vertraut beispielsweise durch
         „Dienstleister“ für die                      diert. Nach einigen Jahren im Beruf und ehren-      Unternehmen, die Weiterbildung und soziale
       Universitäten auch soziale                     amtlicher Gewerkschaftsarbeit wurde sie 1993        Arbeit verbinden wie der Internationale Bund.
     Dienste haben wie Kitas und                      Gewerkschaftssekretärin bei der ÖTV und             Außerdem ist Sylvia Hochschulratsmitglied in
            psychologische                            durchlief verschiedene Stationen auf Bezirks-       der Hochschule für Gesundheit in Bochum. Sie
      Beratungsstellen. Sylvia hat                    und Landesebene und in der ÖTV-Zentrale. Mit        ist neugierig auf Themen unseres Fachbereichs,
      uns in ihrer Rede nicht ver-                    ver.di-Gründung wurde sie Landesfachbereichs-       mit denen sie bisher noch nicht intensiv befasst
       gessen und das finde ich                       leiterin Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt     war und freut sich auf Betriebsbesuche, Fach-
8    großartig! Ich freue mich auf                    und Kirchen in NRW.                                 veranstaltungen und Gespräche mit ver.di-Akti-
      eine tolle und zielführende                                                                         vist*innen. Die Einladung zum direkten Aus-
           Zusammenarbeit.“                               Seit 2013 ist Sylvia Bundesfachbereichs-        tausch „bei einer guten Flasche Mineralwasser“
                                                      leiterin von Fachbereich 3 und Mitglied im          nehmen wir gerne an. b
                                                      Bundesvorstand. Der Kontakt zu Kolleg*innen                                                Birthe Haak
Schwerpunkt: Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

                                                                                               Foto: Hannah Koppetz
       Ich will mit der                                                                                               Hannah Koppetz-Mitra
                                                                                                                      wurde einstimmig

   Frauenbrille auf die                                                                                               zur neuen Frauen-
                                                                                                                      beauftragten des

Tagesordnung schauen                                                                                                  Fachbereichs gewählt.

   biwifo: Die Mitglieder im Fachbereich sind zu 55 Prozent               Die Verhandlungen über die Fusion mit Fachbereich 3 sind
weiblich. Wozu braucht man da überhaupt Frauenarbeit?                  weit fortgeschritten, dort liegt der Frauenanteil bei 75 Prozent.
                                                                       Erwartest Du dadurch Rückenwind?
   Hannah Koppetz-Mitra: Frauenthemen werden in Vor-
ständen nach wie vor nicht aktiv mitgedacht. Vielen sind sie gar          Im Fachbereich 3 gibt es eine sehr gute Frauenpolitik, mit
nicht bewusst. Ich mache da niemandem einen Vorwurf, es                einer eigenen Arbeitsgruppe, die ich auch schon mal besucht
bedeutet aber, dass wir spezielle Frauenarbeit brauchen. Ich           habe. Die machen sehr gute Arbeit und haben einen offenen
arbeite an der Uni in der Forschung in einem sehr männlich             E-Mail-Verteiler. Wenn interessierte Mitglieder anhand der
dominierten Umfeld. Für mich waren Frauenthemen schon immer            Tagesordnung sehen, dass sie etwas zu einem Punkt beitragen
sehr präsent. Im Bundesfachbereichsvorstand sehe ich meine             können, melden sie sich und werden eingeladen. Ich glaube,
Aufgabe darin, auf bestimmte Themen der Tagesordnung mit               von dieser Arbeitsweise könnte der Fachbereich 5 sehr
der Frauenbrille zu schauen.                                           profitieren.

  Gibt es ein Anliegen, dass du besonders stark machen                    Welche Unterstützungsstrukturen hast Du?
möchtest?
                                                                           Das ist wirklich ein Problem. Auf unserer Bundesfach-
   Tarifpolitik ist natürlich besonders wichtig: Wir müssen bei        bereichskonferenz waren die Frauen unzufrieden mit dem, was
Verträgen darauf achten, dass sie diskriminierungsfrei sind. Frauen-   in den vergangenen Jahren frauenpolitisch gelaufen ist. Wir
berufe werden schlechter bewertet. Nicht nur die Arbeitgeber           hatten uns ja auf offene Frauenstrukturen geeinigt und darauf,
haben das ignoriert, sondern auch wir Gewerkschaften haben das         dass eine Frau in den Bundesfachbereichsvorstand geht. Es gab
lange nicht richtig mitbekommen. Und die Frauen gehen nicht auf        nur ein Treffen zusammen mit Fachbereich 13, zu dem alle
die Straße. Wenn sich mehr Frauen für das Thema stark machen           Frauenvertreterinnen eingeladen waren, die in verschiedenen
würden, käme das auch in den Tarifkommissionen an.                     Gremien auf Landes- oder Bundesebene mitarbeiten. Daran gab
                                                                       es Kritik, und in der Konsequenz habe ich nun nicht einmal eine
   Bitte gib ein Beispiel aus unserem Fachbereich.                     Stellvertreterin im Bundesfrauenrat.

   Das Arbeitsfeld von Hochschulsekretärinnen hat sich total              Warum nicht?
gewandelt. Früher hatten sie vor allem die Aufgabe, vom Band
abzutippen. Heute müssen sie vieles selbständig organisieren,              Weil niemand kandidieren wollte, hat sich meine Vorgän-
zum Teil mehrsprachig Reisekostenabrechnungen machen und               gerin zur Wahl gestellt. Das Ergebnis war aus ihrer Sicht zu
SAP beherrschen. Trotzdem sind sie nur in Entgeltgruppe 7. Ein         schwach, und deshalb hat sie die Wahl nicht angenommen. Ich
Feinmechaniker, der ebenfalls ein Programm beherrschen muss –          finde es sehr ungerecht, die Verantwortung für das, was läuft
nämlich CAD – bekommt aufgrund dieser Qualifikation E 9. Ein           oder nicht läuft, allein bei der gewählten Frauenbeauftragten
Großteil der Qualifikationen von Hochschulsekretärinnen geht           abzuladen. Die Konferenz hat erneut beschlossen, dass es keine
nicht in die Lohnstruktur ein: Es wurde komplett verpasst, die         festen Strukturen wie beispielsweise einen Frauenvorstand
neuen Aufgabenbereiche zu bewerten.                                    geben soll. Viele sind voll in einem Gremium engagiert und
                                                                       haben nicht die Kapazitäten für ein weiteres Gremium. Ich habe
                                                                       aber trotzdem darauf bestanden, dass wir mehr gemeinschaft-
   Worauf willst Du noch den Fokus lenken?                             lich machen müssen.

   Neben Equal Pay ist die Frage zentral, was Digitalisierung mit         Ich wünsche mir, dass sich Frauen bei mir melden, um auf
Frauenberufen macht. Neu hinzugekommen ist Gender Diversity.           frauenrelevante Themen hinzuweisen, die ich dann im Fach-              9
Wie ver.di damit umgeht ist noch unklar. Auch um das Thema             bereich aufgreifen und mit Hilfe interessierter Frauen umsetzen
werde ich mich kümmern. Außerdem ist Hochschulpolitik nach             kann. b
wie vor ein sehr männlich dominiertes Feld, wo strukturelle
Veränderungen dringend nötig sind.                                     Interview: Annette Jensen
E r f o l g e b e i Ta r i f v e r h a n d l u n g e n

     G E S C H A F F T

     W Tarifverträge für die
     Beschäftigten des bfw
          Seit dem 1. Juli 2019 ist das
     bfw – Unternehmen für Bildung
                                          Neue Entgeltordnung für
     wieder ein tarifgebundenes
     Unternehmen. Nach 17 Verhand-
     lungsrunden in 30 Monaten war
                                          Bibliotheksbeschäftigte
     das Gesamtpaket fertig, dem die
     ver.di-Tarifkommissionen im Juni
     zugestimmt haben. Das ist eine
     gute Nachricht für die 1.500
                                          N   ach fast 25 Jahren gewerkschaftlichen
                                              Kampfes ist es endlich so weit: Die speziellen
                                          Eingruppierungsmerkmale an Bibliotheken sind
                                                                                                   nutzten geschickt ihre gewerkschaftlichen
                                                                                                   Handlungsmöglichkeiten und so gelang es, die
                                                                                                   Tarifgemeinschaft deutsche Länder (TdL) nach
     Beschäftigten von bfw Berlin         Geschichte. Ab 2020 ist das Personal der Länder          diversen Störmanövern wieder an den Verhand-
     und bfw Düsseldorf, denn die         nach dem allgemeinen Teil der Entgeltordnung             lungstisch zu zwingen.
     Arbeits- und Einkommens-             (EGO) eingruppiert. Für viele bedeutet das im
     bedingungen der Beschäftigten        Endeffekt mehr Geld.                                         Bereits 2017 hatte ver.di die Streichung der
     bleiben nun Verhandlungssache                                                                 speziellen Bibliotheksmerkmale im kommunalen
     der Tarifparteien.                       Als 2012 der Tarifvertrag für den Öffentlichen       Bereich durchgesetzt. Den Effekt können die
          Der Arbeitgeber hatte mit       Dienst der Länder (TV-L) abgeschlossen wurde,            Betroffenen jeden Monat deutlich auf ihrer Lohn-
     Wirkung zum 30. Juni 2013 die        gab es für Bibliotheken erneut einen speziellen          abrechnung ablesen. Für die Kolleg*innen in
     Tarifverträge gekündigt, weil er     Teil: Veraltete Begrifflichkeiten und antiquierte        Bibliotheken und ähnlichen Einrichtungen auf
     seine Wettbewerbsfähigkeit           Bilder beschrieben den Arbeitsalltag. Dies führte        Länderebene änderte sich dagegen nichts. Zuerst
     gefährdet sah wegen des großen       zu erheblichen finanziellen Nachteilen gegenüber         sicherte die TdL noch zu, die EGO-Länder nach
     Abstands der tariflichen Jahres-     den „allgemeinen“ Merkmalen im Verwaltungs-              zwei Jahren zu evaluieren, doch allen Ermah-
     einkommen zur Konkurrenz. Die        dienst. Trotz gleicher Tätigkeiten landeten die          nungen und Forderungen zum Trotz geschah
     450 schon damals Beschäftigten       Beschäftigten in niedrigeren Entgeltgruppen –            nichts. Sie leugnete sogar das immer offensicht-
     fielen unter die Nachwirkung,        manchmal mehrere Stufen unter den Kolleg*in-             lichere Problem, Personal zu gewinnen.
     bis eine ablösende Vereinbarung      nen aus anderen Bereichen. Zwar verfügen
     getroffen war. Für alle seit dem     Bibliotheksbeschäftigte über eine hohe intrinsi-             In der Tarifauseinandersetzung 2019 ging
     1. Juli 2013 Eingestellten wurden    sche Motivation, aber eine solche krasse Be-             dann die „fast unendliche Geschichte“ doch
     die Arbeits- und Einkommens-         nachteiligung brachte sie in Rage. Ihre Berufs-          noch zu Ende: Ab 1. Januar 2020 gilt die neue
     bedingungen dagegen arbeits-         wirklichkeit hat sich nicht nur durch digitalisierte     EGO-Länder. Wie der Übergang gestaltet wird,
     vertraglich frei vereinbart.         Arbeitsmethoden und die Steigerung der Service-          muss noch festgelegt werden. Es gilt neue
     Zeitweise sah es so aus, dass        leistungen stark gewandelt. Unter dem Spardiktat         Tätigkeitsbeschreibungen zu verfassen, Anträge
     das gesamte Tarifprojekt schei-      ihrer Träger ufern auch die Öffnungszeiten immer         zur Höhergruppierung zu stellen und die langfris-
     tern würde, weil die sogenann-       weiter aus. Darüber hinaus wird das Klientel             tigen finanziellen Folgen zu berechnen. Dabei
     ten „Alt“- Beschäftigten nicht       immer vielfältiger und damit herausfordernder.           bauen die engagierten ver.dianer*innen erneut
     am Verhandlungsergebnis parti-                                                                auf die Unterstützung ihrer Organisation. b
     zipieren und auch künftig von           Sicherlich hätte ihr Protest noch lauter sein
     einer zu erwartenden Tarifent-       können. Doch einige aktive ver.di-Mitglieder             Kerstin Thorwirth
     wicklung abgekoppelt bleiben
     sollten. Erst in einem Spitzen-
     gespräch zwischen Bundesfach-
     bereichsleiterin Ute Kittel und        Turbulenzen vor dem
     dem neuen Geschäftsführer
     Klaus Knappstein am 12. Februar
     2019 wurde trotz der schwieri-
                                            Mindestlohnabschluss
     gen wirtschaftlichen Situation
     der Weg frei gemacht für eine
     Einigung.
                                            S   eit dem 1. April gilt ein neuer Mindestlohn
                                                für die rund 30.000 pädagogisch Beschäf-
                                            tigten in der Weiterbildung. Im Prinzip hatten
                                                                                                   bewerbsnachteile befürchteten. Nachdem sich
                                                                                                   die Tarifvertragsparteien auf einen neuen Ver-
                                                                                                   tragstext geeinigt hatten, beantragten sie
                                            sich ver.di/GEW und die Zweckgemeinschaft              erneut die AVE.
         Die Tarifverträge verankern        des Berufsbildungsverbands schon im Juli 2018             Am 27. März 2019 billigte das Bundes-
     Rechtsansprüche der Beschäftig-        auf einen Tarifvertrag geeinigt und die All-           kabinett endlich die Allgemeinverbindlicherklä-
     ten oberhalb der gesetzlichen          gemeinverbindlicherklärung (AVE) beantragt.            rung und erließ darüber hinaus auch die Ver-
10   Mindeststandards und schaffen          Doch die Orientierung am Deutschen Qualifika-          ordnung zum Vergabemindestlohn. Damit gilt
     tätigkeits- und qualifikations-        tionsrahmen (DQR) diente den Kritiker*innen            der Mindestlohn auch in Unternehmen, die
     bezogene Entgeltgruppen. b             als Argument, um das Verfahren zu verzögern.           nicht überwiegend Arbeitsmarktdienstleistun-
                                            Im Dezember kündigten die Arbeitgeber den              gen nach SGB II/III erbringen. b
     Uwe Meyeringh                          Tarifvertrag zu Ende Januar, weil sie Wett-                                                 Anne Voss
Nationale Weiterbildungsstrategie

                                                                                                                                   M E L D U N G E N

                                                                                                                                   W Wissenschaftsrat

Push für Weiterbildung                                                                                                             fordert Ausbau hoch-
                                                                                                                                   schulischer Weiterbildung
                                                                                                                                       Der Wissenschaftsrat ver-
                                                                                                                                   langt den Ausbau weiterbilden-
Bund und Länder verpflichten sich im                                                                                               der Studienangebote für Fach-

                                                       Foto: Werner Bachmeier
Rahmen der Nationalen Weiterbildungs-                                                                                              kräfte: Der demographische
strategie (NWS), die Bedingungen für die                                                                                           Wandel sowie technologische
Beschäftigten in der Weiterbildung in den                                                                                          und gesellschaftliche Verände-
Fokus zu nehmen. Das Strategiepapier                                                                                               rungen erforderten mehr grund-
wurde am 12. Juni veröffentlicht. Es ist                                                                                           ständige Studienangebote in
das Ergebnis eines intensiv und zum Teil                                                                                           Teilzeit, berufsbegleitend oder
kontrovers geführten achtmonatigen                                                                                                 als Fernstudiengänge. Obwohl
Diskussionsprozesses zwischen Bund,                                                                                                Weiterbildung eine gesetzliche
Ländern, Wirtschafts- und Sozialpartnern                                                                                           Aufgabe der staatlichen Hoch-
sowie der Bundesagentur für Arbeit.                                                                                                schulen ist, liegt Deutschland
Die NWS-Partner haben sich auf zehn                                                                                                hier im internationalen Vergleich
Handlungsziele geeinigt und jeweils zu                                                                                             deutlich zurück.
konkreten Aktivitäten verpflichtet.
                                                                                                                                       In den meisten Bundes-
VON ROMAN JAICH                                                                                                                    ländern müssen die Hochschulen
                                                                                                                                   für ihre Weiterbildungsstudien-

W      eiterbildungsangebote und Fördermöglich-
       keiten sollen für alle transparenter und
leichter zugänglich gemacht, Förderlücken ge-
                                                                                                                                   gänge kostendeckende Ge-
                                                                                                                                   bühren verlangen und aufwändi-
                                                                                                                                   ge Trennungsrechnungen vor-
                                                                                 Alle Beschäftigten sollen die
schlossen werden. Die Beteiligten wollen die                                     Chance haben sich weiterzubilden                  nehmen. Der Wissenschaftsrat
Nationale Weiterbildungsstrategie im kontinuierli-                                                                                 empfiehlt, dass Lernende, Arbeit-
chen Austausch umsetzen. Ein halbjährlich tagen-                                                                                   geber und Staat die hochschuli-
des Gremium koordiniert die Aktivitäten. Wenn es                                  Weiterbildungsförderungsgesetz ein ganzes        sche Weiterbildung gemeinsam
Bedarf gibt, Handlungsziele vertieft abzustimmen                                  Stück näher.                                     finanzieren. Außerdem schlägt er
und gemeinsam zu bearbeiten, sollen Veranstal-                                  • Positiv ist auch, dass sich die Länder selbst    eine Aufstockung des Hochschul-
tungen dazu stattfinden. Im Jahr 2021 ist ein ge-                                 verpflichtet haben, ihre jeweiligen Weiter-      personals vor.
meinsamer Bericht geplant, der den Stand der                                      bildungsfreistellungsgesetze bekannter zu        https://www.wissenschafts-
Umsetzung darstellt. Die NWS-Ziele sollen dann                                    machen. Wir haben uns massiv für deren           rat.de/download/2019/7515-
auch überprüft und gegebenenfalls weiterent-                                      Verabschiedung eingesetzt. Gegenwärtig           19.pdf.
wickelt werden.                                                                   aber nehmen weniger als zehn Prozent der
                                                                                  Beschäftigten dieses Recht in Anspruch. Das      W Tarifgespräche mit
    Das Verhandlungsergebnis ist aufs Ganze                                       könnte sich ändern, wenn alle ausreichend        Uni-Assist e.V.
gesehen zu begrüßen. Dass Bund und Länder                                         über die Freistellungsmöglichkeiten informiert        uni-assist e.V. ist ein Dienst-
sich verpflichten, die Arbeitsbedingungen der                                     sind.                                            leister der deutschen Hochschu-
Beschäftigten in der Weiterbildung zu untersu-                                  • Im Mittelpunkt gewerkschaftlicher Aktivi-        len mit rund 300 Beschäftigten,
chen, ist ein sehr gutes Ergebnis. ver.di, IG Metall                              täten stehen die Betriebe. Es gilt, allen        der zentral involviert ist in die
und GEW fordern vor dem Hintergrund intrans-                                      Arbeitnehmer*innen Weiterbildungsmög-            Zulassungsverfahren internatio-
parenter Strukturen und ungleicher Beteiligungs-                                  lichkeiten zu eröffnen und das Ganze mit         naler Bewerber*innen. Die
chancen seit langem Bundesregelungen für die                                      strategischer Personalplanung zu verbinden.      Löhne, Arbeitszeiten und Arbeits-
Weiterbildung. Zwar wird es erst einmal kein                                      Dafür wollen die Gewerkschaften Betriebs-        bedingungen für die 140 Fest-
Bundesweiterbildungsgesetz geben, aber immer-                                     räte und Vertrauensleute zu Mentor*innen         angestellten und 160 saisonal
hin wurden mehrere Forderungen der Gewerk-                                        ausbilden. Sie sollen insbesondere gering-       Beschäftigten sind schlechter als
schaften aufgegriffen.                                                            qualifizierte und bildungsferne Kolleg*innen     in den Mitgliedshochschulen,
                                                                                  ermutigen sich weiterzuqualifizieren und         obwohl in der Satzung des Ver-
Für uns zentrale Ergebnisse sind:                                                 ihnen helfen, passende Angebote zu finden.       eins vergleichbare Bedingungen
• Geprüft wird die Einführung geförderter                                                                                          angestrebt werden. Seit dem
   Bildungszeiten und Bildungsteilzeiten. Sie                                   Insgesamt bietet die Nationale Weiterbildungs-     2. Mai laufen Tarifgespräche mit
   sind ein zentrales Element, um individuelle                                  strategie viele gute Ansatzpunkte. Ob es ge-       ver.di: Die Gewerkschaft fordert       11
   Weiterbildungsaktivitäten zu ermöglichen.                                    lingt, die Transformationsprozesse am Arbeits-     eine Anwendung des Tarif-
   In Verbindung mit der Ankündigung, mehr                                      markt für alle Menschen gewinnbringend zu          vertrages für den öffentlichen
   Fördermöglichkeiten im Rahmen der Novelle                                    gestalten, wird der Erfolgsmaßstab sein.           Dienst (TVöD).
   des Aufstiegsfortbildungsförderungsgeset-                                    Wichtig ist, dass den Worten jetzt schnell Taten   https://verdi-uni-assist.de/
   zes (AFBG) zu schaffen, kommt das einem                                      folgen. b
Forschung und Hochschulen

     S T U D I E R E N D E

     W Berliner Hochschulen
     eiern ’rum nach Arbeits-
     gerichtsurteil
          Der Richterspruch ist unzwei-
                                           Mehr Geld vom Bund –
     deutig: Studierende, die in nicht-
     wissenschaftlichen Bereichen
     jobben, sind wie andere Be-
                                           Befristungsunwesen bleibt
     schäftigte im öffentlichen Dienst
     zu behandeln. Ob in der Verwal-
     tung, Bibliothek oder IT-Abtei-
     lung einer Universität – überall
                                           I n der Nacht zum 3. Mai war es so weit: Nach
                                             fast zwei Jahren Verhandlungen haben Bund
                                           und Länder den Knoten durchschlagen und sich
                                                                                                       Kaum berücksichtigt bei alledem wurden die
                                                                                                   Interessen der Beschäftigten. Die Kampagne
                                                                                                   „Frist ist Frust“ – getragen von ver.di, dem
     gilt auch für sie der Tarifvertrag    auf drei Pakte geeinigt. Vor allem der auf Dauer        Mittelbau-Netzwerk NGAWiss und der GEW –
     der Länder (TV-L) und nicht der       angelegte „Zukunftsvertrag Studium und Lehre            hatte sich massiv dafür eingesetzt, dass die ZVS-
     TV-Stud. Die Sonderregelungen         stärken“ (ZVS) ist von herausragender Be-               Mittel verbindlich in dauerhafte Beschäftigung
     für Studierende zur Befristung        deutung: Der Bund steigt damit in die kontinu-          investiert werden. Übrig geblieben ist davon die
     im Berliner Hochschulgesetz/          ierliche Förderung der Hochschulen ein. Dieser          Auflage an die Länder, sich bei der ZVS-Umset-
     Wissenschaftszeitvertragsgesetz       Schritt war überfällig. Mit jährlich 3,76 Milliarden    zung selbst Entfristungsziele zu setzen. An-
     sind für diese Personengruppe         Euro ab 2021 und 4,1 Milliarden ab 2024 fließen         gesichts der Erfahrung der letzten Jahrzehnte ist
     ebenfalls nicht anzuwenden.           dringend benötigte Mittel zuverlässig an die            das viel zu wenig: In keinem Bundesland ist es
          Ein Jahr ist seit dem Urteil     Hochschulen. Verhandlungen über weitere Erhö-           gelungen, den Anteil an Befristungen zu senken.
     des Berliner Landesarbeits-           hungen sind für 2027 verabredet.                        Nun gilt es, genug Druck auf die Politik und die
     gerichts vergangen – Zeit für                                                                 Hochschulen zu entwickeln, damit die Chance für
     eine erste Bilanz. Die Hoch-              Für die außeruniversitäre Forschung gibt es         eine Trendwende beim Befristungsunwesen nicht
     schulen tun sich schwer mit           über den „Pakt für Forschung und Innovation“            endgültig vergeben wird. b
     der Rechtsprechung. Mehrfach          bis 2030 jährlich drei Prozent mehr Geld. Projekte
     verlängerten sie bestehende           zur Förderung der Lehrqualität sollen außerdem          Matthias Neis
     Verträge nicht, verzichteten auf      mit jährlich 150 Millionen unterstützt werden.
     Einstellungen oder beauftragten
     einen externen Dienstleister.
     Mehrere hundert studentische
     Beschäftigte verloren ihre Arbeit,
     mit der sie ihr Studium und ihren
                                               Die Ruhe
     Lebensunterhalt finanziert hat-
     ten. In den betroffenen Abtei-
     lungen kam es häufig zu Arbeits-
                                               vor dem Brexit
     verdichtungen und Service-
     einschränkungen. Anderswo gab
     es aber auch neue Stellen für
                                               D   as offizielle Brexit-Datum ist nun auf den
                                                   31. Oktober terminiert. Wie die Trennung
                                               Großbritanniens von der EU ablaufen soll, ist
                                                                                                   haben bisher Großbritannien gewählt. Darüber
                                                                                                   hinaus ist das Land unangefochten Forschungs-
                                                                                                   leader sowohl in Bezug auf Veröffentlichungen
     Studierende, die nach TV-L ver-           weiterhin unklar. Für Hochschulen und For-          als auch bei der Leitung europäischer For-
     gütet werden. Einzelne Hoch-              schungseinrichtungen bedeutet das eine Fort-        schungsgruppen im Rahmen des EU-Pro-
     schulen bekennen sich klar zum            setzung der Unsicherheit.                           gramms Horizont 2020. Von den 77 Milliarden
     Erhalt studentischer Arbeits-                                                                 Euro gingen etwa 10 Milliarden nach Groß-
     plätze. Andere Entscheider*in-                Als die Brit*innen im Sommer 2016 den EU-       britannien.
     nen lassen es dagegen „einfach            Austritt beschlossen, wirkte das wie ein Schock
     laufen“ und setzen auf eine               für die europäische Hochschulbildung. Die Aus-          Kommt es zu einem geregelten Brexit, läuft
     Änderung des Berliner Hoch-               sicht, dass britische Universitäten aus den euro-   erst einmal alles so weiter wie bisher. Groß-
     schulgesetzes.                            päischen Kooperationsmechanismen heraus-            britannien und die EU waren sich bereits in
           Nötig sind lösungsorientierte       fallen, kam unerwartet und wirkte alarmierend.      einem frühen Stadium einig, dass das Vereinigte
     Gespräche mit den jeweiligen              Das Vereinigte Königreich war und ist einer der     Königreich Teil der derzeitigen EU-Programme
     Personalvertretungen und dort             bevorzugten Partner für die europäische For-        bleiben könnte, darunter Horizont 2020 und
     ein Verständnis im Sinne von              schungszusammenarbeit und mit Abstand das           Erasmus +. Bei einem „No-Deal“-Austritt ist die
     „Hochschule geht nur gemein-              beliebteste Reiseziel für mobile Studierende in     Lage unklar. Universitäten und Forschungs-
     sam.“ Schließlich tragen studen-          Europa.                                             einrichtungen stünden vor schwierigen Ver-
12   tische Beschäftigte zum Erfolg                                                                handlungen, denn offiziell könnten die briti-
     und Gelingen der Hochschulen                 Der Platz Großbritanniens in der europäi-        schen Partner ihre Kosten dann nicht mehr mit
     bei! b                                    schen Hochschullandschaft ist herausragend.         der EU abrechnen. b
                                               Rund 200.000 Studierende und damit ein
     Antje Thomass                             Viertel derjenigen, die ins EU-Ausland gehen,       Andreas Schlossarek
Das gute Beispiel

                                                                                                                                      F I N A N Z F R A G E N

                                                                                                                                      W Forschungshaushalt zu

                     Mach’ meinen                                                                                                     knapp bemessen
                                                                                                                                           Die Personal- und Betriebs-
                                                                                                                                      räte in den Einrichtungen der

                     Kumpel nicht an!                                                                                                 Leibniz-Gemeinschaft (PBL)
                                                                                                                                      schließen sich dem Appell
                                                                                                                                      „Investitionen in Bildung und
                                                                                                                                      Forschung sichern“ an, den die
                         Die Integration von Migrant*innen und                                                                        Präsidenten der vier außeruni-
                         Geflüchteten ist in der Bundesrepublik                                                                       versitären Forschungsorganisa-
                         nichts Neues. Trotzdem entstehen dabei                                                                       tionen Leibniz- und Helmholtz-
                         nach wie vor Spannungen in der Gesell-                                                                       Gemeinschaft sowie Fraunhofer-
                         schaft und nicht selten auch am Arbeits-                                                                     und Max-Planck-Gesellschaft
                         platz. Mit der Aktion „Mach meinen                    Promis wie Udo Lindenberg, Nena, Günter                verfasst haben. Darin protestie-
                         Kumpel nicht an!“ haben die DGB-                      Wallraff, Ex-Bundeskanzler Willy Brandt und der        ren sie beim Bundesministerium
                         Gewerkschaften schon vor mehr als drei                frühere DGB-Chef Ernst Breit unterstützten den         für Bildung und Forschung
                         Jahrzehnten eine immer noch aktuelle                  Verein. 1988 schaffte es die „Gelbe Hand“ sogar        (BMBF) gegen Haushaltsein-
                         Antwort gefunden.                                     in den Schimanski-Tatort mit Götz George.              schnitte. Die Mittelzuweisungen
                                                                                                                                      an die Leibniz-Gemeinschaft
                         VON MICHAEL NIEDWOROK                                     In den ersten Jahren organisierte der Verein       bleibt seit Jahren hinter den
                                                                               viele Bildungsveranstaltungen und Aktionen. Er         tariflichen Lohnsteigerungen

                         I hren Anfang nahm die Kampagne 1985 als
                           Reaktion auf zunehmende Fremdenfeindlich-
                         keit. In Deutschland wurde sie vor allem durch das
                                                                               veröffentlichte Broschüren mit praktischen Rat-
                                                                               schlägen zum Umgang mit rechten Parolen, die
                                                                               bis heute Klassiker der antirassistischen Arbeit in
                                                                                                                                      zurück, sodass Stellen unbesetzt
                                                                                                                                      bleiben müssen bzw. sogar über
                                                                                                                                      Stellenabbau nachgedacht wird.
                         Symbol der „Gelben Hand“ bekannt, das damals          Betrieb und Gesellschaft sind. 2003 wurde der
                         dem DGB-Jugendmagazin „ran“ als Aufkleber             Kumpelverein beim DGB-Bildungswerk Bund an-            W Kampagne für Berliner
                         beilag. Bereits ein Jahr zuvor wurde dieses anti-     gesiedelt und bekam nun erstmals bezahltes Per-        Bildungsarbeiter*innen
                         rassistische Symbol in Frankreich etabliert durch     sonal, sodass die Arbeit auf die schulischen Bil-          Die Kampagne der haus-
                         „SOS Racisme“ mit Unterstützung der Sozialisti-       dung ausgeweitet werden konnte. Seine dauer-           haltsfinanzierten Bildungs-
                         schen Partei. Dort waren es vor allem Angriffe auf    hafte Basisfinanzierung wurde indes erst ab 2009       arbeiter*innen in Berlin fordert
                         nordafrikanische Migrant*innen, die eine Reak-        in die Wege geleitet, bis dahin war er weitgehend      einen Branchen-Tarifvertrag für
                         tion der Zivilgesellschaft erforderten. In Deutsch-   von Projektmitteln und Spenden abhängig.               Bildungs- und Beratungsarbeit,
                         land hatten sich seit Anfang der 1980er vor allem                                                            die das Land (teil-)finanziert. Die
                         die Nazi-Skins zu einer Bedrohung des friedlichen         Der Anstieg der Wählerstimmen für rechtspo-        Eingruppierung beispielsweise
                         Zusammenlebens entwickelt.                            pulistische Parteien und rassistische Demonstra-       in Brandenburg sei in vielen Be-
                                                                               tionen wie die im August 2018 in Chemnitz              reichen höher, so die Initiative.
                             Im November 1986 wurde der ,Verein gegen          machen deutlich, wie unverzichtbar der „Kumpel-        Auch Kettenbefristungen und
                         Ausländerfeindlichkeit und Rassismus „Mach            verein“ ist. Auch wenn es den Anschein haben           weitere Prekarisierung will das
                         meinen Kumpel nicht an!“ e.V.‘ gegründet –            könnte, als hätte der Rechtspopulismus seinen          Bündnis angehen.
                         salopp „Kumpelverein“ genannt. Im Folgejahr           Zenit in Deutschland bereits überschritten, kann           http://gute-sache-welcher-
                         intervenierte er gegen den Wahlkampf der Union,       nur der aktive Einsatz für Menschenwürde und           preis.de/category/allgemein/
                         die die Ankunft von 100.000 Asylbewerber*innen        gegen Rassismus den Spuk dauerhaft beenden.
                         für eine ausländerfeindliche Kampagne nutze.                                                                 W Hochschulausgaben
                                                                                  Unter dem heutigen Namen „Mach meinen               um 4 Prozent gestiegen
Foto: Werner Bachmeier

                                                                               Kumpel nicht an! – für Gleichbehandlung, gegen             Das Statistische Bundesamt
                                                                               Fremdenfeindlichkeit und Rassismus e.V.“ veröf-        hat ausgerechnet, dass die
                                                                               fentlicht er einen breiten Pool an Informations-       öffentlichen, kirchlichen und pri-
                                                                               materialien, die für Gewerkschafter*innen und          vaten Hochschulen in
                                                                               Aktive in der antirassistischen Arbeit sehr nützlich   Deutschland 54,1 Milliarden
                                                                               sind. Die Website des Vereins liefert Anregungen,      Euro für Lehre, Forschung und
                                                                               Seminartermine, Best-Practice-Beispiele in einer       Krankenbehandlung im Jahr
                                                                               Datenbank und Kontakte für die alltägliche             2017 ausgegeben haben – das
                                                                               Arbeit. Bereits zum 13. Mal veranstaltete der Ver-     sind vier Prozent mehr als im
                                                                               ein den Wettbewerb „Die Gelbe Hand – Setzt ein         Vorjahr. 58 Prozent der Aus-          13
                                                                               Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextremis-            gaben entfielen aufs Personal,
                                                                               mus!“ b                                                der Rest waren Sachausgaben
                                                                                                                                      und Investitionen.
                                                                               Mehr Informationen:
                          ... und meine Kumpelin auch nicht
                                                                               https://www.gelbehand.de
Sie können auch lesen