Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet

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Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
Stuttgart aktuell

                                                  akt u e l l

                                                            DIESMAL ...
                                                            Hilfe kommt auch in Coronazeiten
                                                            100 Jahre AWO Botnang
                                                            ... und vieles mehr.

Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen
Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet

                                                                               September 2020
                                                                                      Nr. 145
Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
Inhalt                                             Etwas in die Zukunft retten?
 2	Etwas in die Zukunft retten?                        Corona ist leider noch nicht vorbei –   Dankeschön an dieser Stelle allen
                                                        aber es kommt ganz langsam wieder       Haupt- und Ehrenamtlichen für die in
 2	Pädagogische Betreuung in
                                                        eine Art „Normalität.“ Das gibt Gele-   dieser Krise geleistete Arbeit. Ein be-
     Zeiten von Corona
                                                        genheit, um innezuhalten und auf die    sonderer Dank gilt den Mitarbeiten-
 4	Lernen, deutsch reden, Spaß haben:                  letzten Monate zurückzublicken.         den im Pflegedienst und der Pfle-
     Die Hausi-Heroes und ihre                          Vieles ist passiert: fast alle unsere   ge-WG, die während der gesamten
     Tandempartner trotzen der                          stationären Dienstleistungen muss-      Krisenzeit unter erschwerten „Co-
     Schulschließung                                    ten wir nach dem „Lockdown“ schlie-     ronabedingungen ihre Klient*innen
 6	Empowerment in der                                  ßen, viele Menschen – vor allem         betreut haben. Auch unsere Mitar-
     Gemeinschaftsunterkunft                            auch die Älteren – waren aufgrund       beiter*innen in den Einrichtungen,
     Kameralamtsstraße                                  der Kontaktbeschränkungen mehr          die geschlossen werden mussten,
                                                        oder weniger zu Hause oder im Pfle-     haben sich kreative Gedanken ge-
 6	Doppelter Krisenmodus für                           geheim eingesperrt, Hotels und Gas-     macht, wie sie helfen könnten. Darü-
     berufstätige Mütter                                tronomie hatten wochenlang ge-          ber wollen wir in dieser Ausgabe vor
 8	Digital Deutsch lernen in Corona-                   schlossen, viele Firmen machten zu      allem berichten!
     Zeiten                                             bzw. hatten Kurzarbeit oder arbeite-    Der Zeitpunkt des Innehaltens gibt
                                                        ten teilweise im „Homeoffice“, die      aber auch Gelegenheit zur Frage, wo
10	Im Interview: Bianca Jahnke
                                                        Kinder durften nicht mehr zur Schule    stehen wir jetzt? In der Normalität,
12	BGS to go und ein Schwätzbänkle:                    aber auch nicht zu Oma und Opa,         wenn man diese als die Zeit vor Co-
     So meistern Begegnungs- und                        selbst die Juniausgabe unserer Mit-     rona betrachtet, sind wir noch nicht.
     Serviczentren der AWO in                           gliederzeitung „aktuell“ konnte nicht   Wollen wir überhaupt dahin zurück?
     Stuttgart die Coronakrise                          erscheinen, da unsere Journalistin-     Vieles haben wir in der Corona Pan-
14	Mehrere tausend Masken für                          nen keine persönlichen Kontakte         demie bewusster wahrgenommen
     Mitarbeiter, Geflüchtete und                       aufnehmen konnten. Es gab aber          und festgestellt, dass es manchmal
     Anwohner                                           auch positive Seiten: neben den         gut tut unsere Ansprüche und die
                                                        wichtigen Unterstützungen durch die     Schnelllebigkeit etwas herunterzu-
16	Nachrichten aus den Stadtbezirken:                  Regierung gab es sehr viel Hilfsbe-     fahren. Vielleicht gelingt es ja, die
     100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in                     reitschaft in der Gesellschaft!         negativen Seiten der Krise rasch zu
     Stuttgart-Botnang zu Zeiten der                    Nachbarschaft­liche Hilfe wurde zum     bewältigen und von den positiven
     Corona Pandemie – (k)ein                           selbstverständlichen Angebot. Das       Seiten etwas in die Zukunft hinüber
     Jahrhundertereignis!?                              hatte man vorher in dieser Weise lan-   zu retten.
18	Umbau erfordert Zwischenlösung                      ge nicht mehr erlebt. Ein herzliches                                Fred Binder

18 Nachruf auf Hilde Baumstark
19	Portrait: Julia Meixner
20	Aufgespießt                                         Pädagogische Betreuung in
IMPRESSUM
                                                        Zeiten von Corona
Herausgeber von „aktuell“ ist die Arbeiterwohlfahrt,
Kreisverband Stuttgart e.V., Olgastr. 63,
70182 Stuttgart, Tel. (0711) 2 10 61-0                  Corona hat Leonarda Saravanja und       normalen Schulbetrieb für das Mit-
Beiträge, Berichte, Leserbriefe sind erwünscht.         Matthias Paluszek, die den Ganz-        tagsband sowie den sich daran an-
Redaktion: Fred Binder                                  tagsbetrieb an der Bismarckschule       schließenden Themenunterricht zu-
Freie Mitarbeiter: Andrea Nicht-Roth (ann),             leiten, vor ganz neue Herausforde-      ständig sind und Projekte durchführen,
Patricia Beyen (pel), Beate Volmari (vol)
Titelfoto: Stuttgarter Zeitung, Max Kovalenko
                                                        rungen gestellt. Denn auch während      nicht etwa jede Menge Freizeit be-
Layout und Gestaltung: tebitron GmbH,                   der Schulschließung haben die bei-      schert. Vielmehr haben sie auch wäh-
70839 Gerlingen                                         den AWO-Mitarbeitenden sich in-         rend der Schulschließung ihre Schü-
Druck: DRUCKtuell Druck- und Verlagsgesellschaft        tensiv um die Schüler*innen geküm-      ler nicht im Stich gelassen, sondern
mbH, 70839 Gerlingen
Ausgabe 145 von „aktuell“ erscheint in einer
                                                        mert und dafür neue Wege                intensiven Kontakt gepflegt, soweit er
Auflagenhöhe von 4.900 Exemplaren.                      beschreiten müssen.                     in Pandemiezeiten möglich ist.
„aktuell“ erhalten alle Mitglieder der AWO Stuttgart.                                              „Wie können wir die Kinder errei-
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag erhalten.
                                                        Der Lockdown hat den pädagogi-          chen?“ Diese Frage beschäftigte Leo-
Änderungen der Anschriften sind bitte dem Kassier
des Stadtbezirks oder der AWO Stuttgart direkt zu       schen Fachkräften der AWO, die im       narda Saravanja und Matthias Palus-
melden.

                                                                   2|       aktuell
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dazu sein und sie zumindest aus der
                                                                                            Ferne zu unterstützen.
                                                                                               Während der Pfingstferien boten die
                                                                                            beiden zudem eine Prüfungsvorberei-
                                                                                            tung für die Neunt- und Zehntklässler
                                                                                            an. In Kleingruppen von drei Schü-
                                                                                            ler*innen bereiteten die AWO-Mitar-
                                                                                            beitenden auf die Prüfungsfächer vor,
                                                                                            damit die Jugendlichen ihren Ab-
                                                                                            schluss trotz aller Einschränkungen
                                                                                            irgendwie hinbekamen.
                                                                                               Mit der Rückkehr der Schüler*in-
                                                                                            nen in die Schule wurde die Ausgabe
                                                                                            von Lunchpaketen eingeführt. Die
                                                                                            langsame Wiederaufnahme des
                                                                                            Schulbetriebs brachte eine Überra-
                                                                                            schung. Hatten die pädagogischen
                                                                                            Fachkräfte Jungen und Mädchen au-
                                                                                            ßer Rand und Band erwartet, so zeig-
                                                                                            ten die Kinder im Gegenteil große Zu-
                                                                                            rückhaltung und sehr gesittetes
                                                                                            Benehmen. Die meisten freuten sich
                                                                                            einfach, wieder am Regelunterricht
                                                                                            teilnehmen zu dürfen. Für manche
Leonarda Saravanja und Matthias Paluszek leiten den Ganztagsbereich an der Bismarckschule   war es allerdings auch schwierig, aus
                                                                                            der Destruktivität des Lockdowns in
                                                                                            ein aktives, arbeitsames Leben zu-
zek, sobald die Schließung aller              im Telefongespräch auftauten. Doch            rückzufinden.
Schulen beschlossene Sache war.               auch persönlicher Kontakt unter Be-              Nach den Pfingstferien wurde
Wie die Lehrer verlagerten sie ihre Ar-       achtung aller Corona-Einschränkun-            auch die Projektarbeit wieder aufge-
beit ein Stück weit in die digitale Welt.     gen fand statt. Unter dem Motto               nommen, natürlich unter Wahrung
Bei Instagram starteten sie das „Mit-         „walk & talk“ boten Saravanja und             des Sicherheitsabstands und der Ein-
tagsband 2.0“ und forderten über              Paluszek den Schüler*innen an, ein-           haltung der Hygienevorschriften. Von
diesen Account die Bismarckschüler            zeln mit ihnen spazieren zu gehen             montags bis donnerstags wurden
auf, ihnen zu folgen. Bastelarbeiten          und bei dieser Gelegenheit auch gern          insgesamt 24 Projekte angeboten,
sollten, ebenso wie Rätsel oder Film-         über ihre Sorgen und Nöte zu reden.           die Zahl der Teilnehmenden war auf
sequenzen, für Beschäftigung und              Ob familiäre Probleme oder Einsam-            maximal sechs Schüler beschränkt.
Abwechslung sorgen. „Es hat ganz              keit durch Social Distancing, die bei-        Auch die Notbetreuung konnte aus-
gut geklappt, wir hatten schnell un-          den hatten für alles ein offenes Ohr.         geweitet werden.
gefähr 50 Follower und sind auch              Viele der Schüler*innen erzählten,               Den Lockdown haben Leonarda
jetzt noch aktiv“, erzählt Leonarda           dass sie fast gar nicht das Haus ver-         Saravanja und Matthias Paluszek als
Saravanja.                                    ließen aus Angst vor Ansteckung.              große Herausforderung empfunden.
   Doch die pädagogischen Fach-                                                             Sie wussten, dass etliche der von ih-
kräfte der AWO wollten den Schülern           Probleme mit Homeschooling                    nen betreuten Kids in schwierigen
der Werkrealschule nicht nur Zer-                                                           Verhältnissen leben und sie beschäf-
streuung bieten, sondern sich auch            Auch das Homeschooling stellte viele          tigte natürlich die Frage, wie sie wohl
von ihrem Wohlergehen überzeugen.             vor enorme Herausforderungen. Die             zurechtkämen. „Die digitale Welt bie-
So beschlossen sie, mit ihnen regel-          technische Ausrüstung für digitalen           tet viele Möglichkeiten, aber man
mäßig in telefonischen Kontakt zu             Unterricht war oft nicht vorhanden,           muss sie sich erstmal erarbeiten“,
treten. Von montags bis donnerstags           von den Eltern konnten viele keinerlei        haben sie wie unzählige andere Men-
riefen sie die Kinder an, um zu hören,        Unterstützung erwarten. „Wir haben            schen erfahren. Und auch wenn das
ob es ihnen gut ging. Die Schüler*in-         deshalb auch Nachhilfe per Telefon            gelungen ist und das Angebot von
nen hatten die Möglichkeit, etwaige           gegeben und zum Beispiel bei den              Telefonaten sowie Spaziergängen
Probleme zu besprechen. Das war               Matheaufgaben geholfen“, erzählt              gut genutzt wurde, fehlte der intensi-
eine herausfordernde Aufgabe, da              Matthias Paluszek. Er und seine Kol-          ve, persönliche Kontakt des ganz
viele der Kids nicht gern telefonieren        legin wollten ihren Schützlingen das          normalen Schulalltags.
und es immer etwas dauerte, bis sie           Gefühl geben, trotz Corona für sie                                               (vol)

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Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
Lernen, deutsch reden, Spaß haben:
Die Hausi-Heroes und ihre Tandempartner trotzen
der Schulschließung
Sie sind die Super-Mädchen und
Super-Jungens der Hausaufgaben
­
und nennen sich die Hausi-Heroes.
Hausi-Heroes, das sind die Kinder
und Jugendlichen, die während der
Corona-Pandemie nicht nur helden-
haft zu Hause und gesund bleiben,
sondern die auch noch heldenhaft
ihre Hausaufgaben machen und
deshalb im Lernstoff drin bleiben,
auch wenn die Schulen geschlossen
sind. Das witzige Wortspiel be-
schreibt ein sehr erfolgreiches Pro-
jekt des Seminars „International Bu-
siness Skills“ der Hochschule für
Technik Stuttgart und des Flücht-
lingssozialdienstes der AWO. Koor-
diniert hat es Johannes Engelhardt.

„Als die Schulen wegen Corona ziem-
lich plötzlich zu gemacht haben, hat-
ten wir in den Flüchtlingsuntertkünf-
ten ein großes Problem“, schildert
Johannes Engelhardt die Situation im
März, „die Kinder dort hatten schon
vorher keine sehr guten Bedingungen,
aber nach der Schulschließung droh-
ten sie völlig abgehängt zu werden:
Sie hatten weder Laptops für das digi-
tale Lernen, noch hatten sie Internet,
und auch die Eltern konnten sie nicht
unterstützen.“ So entstand die Idee
mit den Hausi-Heroes. 16 Studenten
der Hochschule mit ihrem Professor
Payam Dehdari hatten bei einem Pra-
xiseinsatz bereits Hausaufgabenbe-
treuung angeboten und die Resonanz
                                          Einige Impressionen von der Übergabe der Laptops
war sehr gut gewesen. Vielleicht
könnte man das Projekt jetzt, da in
den Unterkünften Besuchsverbot            zwar in den Unterkünften Internet fi-          sich auch heraus, dass die 16 Studen-
herrschte, digital aufziehen?             nanziert, aber nicht in allen Räumen ist       ten das nicht allein stemmen konnten.
   Zunächst wurde der Bedarf erho-        der Empfang gut. Schnell stellte sich             „Wie sollten wir das Projekt groß
ben: Wer braucht wobei Hilfe? Was         heraus, dass 50 Kinder in den sieben           machen?“ fragten sich Johannes En-
trauen sich die Studenten zu? Viel lief   großen Gemeinschaftsunterkünften               gelhardt und seine Mitstreiter. Also
in den ersten Tagen über die Mobilte-     Untertürkheim und Obertürkheim,                wurde unter den Freundeskreisen für
lefone der Eltern, denn nicht alle Kin-   Rohr,     Feuerbach,       Zuffenhausen,       das Projekt geworben; viele waren
der und Jugendlichen hatten selbst        Stammheim und Mitte Bedarf an Lern-            ohnehin gerade in Kurzarbeit oder im
ein Handy. Die Freundeskreise hatten      hilfe hatten. Genauso schnell stellte          Homeoffice und wollten unbedingt

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Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
etwas tun. So fanden sich bis heute               konnten interkulturelle Kompetenz                  „Schreibtisch“ für die Hausis dient –
rund 40 Ehrenamtliche zusammen,                   beweisen und viele Vorurteile abbau-               jedem Bewohner der Unterkunft ste-
die 40 Kinder und Jugendliche ab                  en.“ Zum Beispiel, dass sich die Kin-              hen schließlich nur 4,5 qm Wohn-
Klasse fünf eins zu eins betreuen. Die            der in den Unterkünften oft nicht so               raum zu.
ältesten sind 22 Jahre alt und in Aus-            aufs Lernen konzentrieren können,                     Ein großes Glück war, dass die
bildung. Kommuniziert wurde per                   weil sie andere Aufgaben haben, die                Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nach­
Whatsapp, Skype oder per E-Mail.                  sie eigentlich noch gar nicht haben                richten die Aktion mit einer großzügi-
Groß war die Freude, wenn sich Schü-              sollten: Für die Eltern dolmetschen,               gen Geldspende aus der Coro-
ler und „Lehrer“ zwischendurch auch               weil sie besser deutsch sprechen als               na-Hilfsaktion unterstützt hat, so
mal sehen konnten. Unterrichtet wur-              die Erwachsenen, im Haushalt helfen,               dass 50 Laptops angeschafft werden
de Mathe und Deutsch, Geografie,                  auf jüngere Geschwister aufpassen                  konnten. Diese Laptops dürfen die
Englisch, Französisch und Präsenta-               – und das alles auf sehr engem                     Schüler behalten. „Die Familien leben
tionen erstellen. Vor allem aber waren            Raum. Die Studenten lernten, dass es               von Grundsicherung, da ist kein Lap-
die Ehrenamtlichen auch diejenigen,               gute Gründe geben kann, warum                      top drin!“, sagt Johannes Engelhardt.
die Deutsch mit den Kindern und Ju-               manchmal fürs Lernen keine Zeit ist.                  Wie geht es nach den Ferien wei-
gendlichen gesprochen haben, als                     Auch für die Ehrenamtlichen war                 ter? Die Studierenden und die Ehren-
das in der Schule weggefallen war.                die Arbeit mit einem Aha-Effekt ver-               amtlichen haben bereits signalisiert,
Zweimal die Woche traf sich das je-               bunden: Lernerfolg hängt auch da-                  dass sie weiter machen wollen, auch
weilige Tandem, spielte auch mal Uno              mit zusammen, mit welchen Privile-                 das Projekt Hausi-Heroes soll weiter
miteinander und erzählte einfach vom              gien man aufwächst – Platz und Zeit                gehen, nicht nur digital, sondern auch
Alltag. Manche Beziehung wurde da-                zum Lernen, unterstützende Eltern                  vor Ort. Und vor allem wünscht sich
bei so vertraut, dass auch die Flucht-            zum Beispiel. Und sie erlebten, wie                Johannes Engelhardt, dass die Unter-
geschichte erzählt werden konnte,                 hochmotiviert die Kinder in den                    künfte mit Internet ausgestattet wer-
hat Johannes Engelhardt beobachtet.               Flüchtlingsunterkünften trotz allem                den: „Das ist so wichtig! Es gibt kaum
   Für die Studierenden sei das eine              sind, auch wenn, bei den beengten                  eine Hausaufgabe, für die man keine
Win-Win-Situation gewesen: „Sie                   Wohnverhältnissen, ein Bett als                    Internetrecherche braucht.“       (ann)

                                                                               R Ü N D E, D IE Z IE                                HEN:
                                                          Z W E I W EC H SE LG

                                                          Was entscheidet über einen Versicherungswechsel? Der Preis? Oder die Leistung?
                                                          Wir sind der Meinung: Auf beides kommt’s an. Deshalb machen wir Ihnen den
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Empowerment in der Gemeinschaftsunterkunft
Kameralamtsstraße
Nach Einführung der Maskenpflicht
in den öffentlichen Verkehrsmitteln
und Supermärkten bot ein Bewohner
unserer Unterkunft an, Masken zu
nähen. Er hat mit den vorhandenen
Materialien insgesamt 68 Masken
genäht! Wir freuen und bedanken
uns sehr über sein Engagement!

Spagat zwischen Kinderhüten und Arbeit

Doppelter Krisenmodus für berufstätige Mütter
Das Bild von entspannt lächelnden      schooling müssen unter einen Hut          lernt werden. Scanner und Drucker
Eltern, die ihre zufriedenen Kinder    gebracht werden.                          mussten für alle verfügbar sein.
um sich geschart haben und gleich-        Barbara Kreso-Batarilo hat den         „Mein Mann hatte kein Homeoffice
zeitig konzentriert am Laptop arbei-   Lockdown als sehr anstrengende            und war dann abends sehr gefragt“,
ten, zeigt die Idealvorstellung von    Zeit erlebt und stellt jetzt lachend      erzählt Barbara Kreso-Batarilo.
Homeoffice. Die Realität sieht etwas   fest: „Es ist wunderschön, wieder im      Während die beiden „Großen“, die
anders aus. Einige AWO Mitarbeite-     Büro zu sein.“ Gleichzeitig in die Rol-   das Gymnasium besuchen, ihr Ho-
rinnen erzählen von den Herausfor-     len der Lehrerin, Erzieherin, Spiel-      meschooling bald selbstständig ge-
derungen, ihre beruflichen Aufgaben    partnerin, Mutter, Hausfrau und Ar-       meistert haben, benötigte die Jüngs-
zu bewältigen und gleichzeitig den     beitnehmerin zu schlüpfen und allen       te immer wieder Hilfe am Computer.
Nachwuchs zu betreuen, zu beschu-      gleichermaßen gerecht zu werden,          „Und gleichzeitig brauchte ich Ruhe
len und zu bespaßen.                   hat die dreifache Mutter als große        bei meinen eigenen Videokonferen-
                                       Herausforderung empfunden. Hinzu          zen“, musste die Mitarbeiterin der
Das Land im Corona-Krisenmodus:        kam der „digitale Stress“, der sie        Jugendmigrationsdienste ihren Kin-
Während die einen primär unter dem     ebenso wie die drei Kinder im Alter       dern deutlich machen, dass sie in
„Social Distancing“ leiden und ande-   von sieben, zwölf und fünfzehn Jah-       dieser Zeit ausschließlich Arbeitneh-
re um ihre Existenz bangen, haben      ren vor allem in der Anfangsphase         merin war. Mit 13,5 Stunden Be-
berufstätige Mütter mit einer weite-   ereilt hat. Wie funktionieren Lernpro-    schäftigung sei die Zeit zwar sehr
ren Herausforderung zu kämpfen.        gramme und Videokonferenzen?              anstrengend, aber zu händeln gewe-
Arbeit, Kinderbetreuung und Home-      Das musste erst ausprobiert und ge-       sen. Wie die Herausforderung Ho-

                                                  6|        aktuell
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meoffice in Kombination mit Schul-        während des Lockdowns in ihrem               Die beiden Kinder von Bianca
und Kindergartenschließung bei            Büro bei der AWO. Für die Betreuung       Jahnke sind mit 14 und 16 Jahren
einer Vollzeitstelle gemeistert wer-      des dreieinhalbjährigen Sohnes, der       zwar „aus dem Gröbsten raus“, doch
den soll, kann sie sich nicht vorstel-    normalerweise die Kita besucht,           trotzdem war sie als Mutter während
len. „Ein Gutes hatte das Ganze aber      mussten deshalb nach Schließung           des Homeschoolings sehr gefordert.
auch: Man weiß jetzt, wie es läuft        der Betreuungseinrichtungen im            Immer wieder musste sie ermuntern,
und könnte auch mal Homeoffice            März andere Lösungen gefunden             die Lernzeiten auch ohne Präsenz­
machen, wenn ein Kind krank ist.“         werden. „An zwei Wochentagen              unterricht einzuhalten und den Lern-
   Als „absolute Herausforderung“         konnte mein Mann, der eine 50-pro-        stoff durchzuackern. Hierbei stellte
hat Julia Toma die Zeit der Schul-        zentige Stelle hat, unseren Sohn hü-      sie fest, dass die Schulen das Home-
schließung erlebt. Die Mutter von         ten“, erzählt die junge Mutter. Für die   schooling unterschiedlich gut ge-
zwei Söhnen im Alter von zehn und         anderen Tage wurde auf die Ver-           meistert haben. „In der Berufsfach-
14 Jahren hat sich zeitweilig wie         wandtschaft zurückgegriffen wie           schule meines Sohnes gab es ein
eine Lehrerin gefühlt. Der Kontakt        Oma und Tante im selben Haus, den         gutes Konzept mit viel Online-Unter-
der Schulen lief über ihren Mail-­        Opa im nächsten Ort oder Nora Yildi-      richt und konkreten Ultimaten für die
Account, sie musste die Anweisun-         rims Schwester, die 60 Kilometer          Aufgaben“, spricht sie der Wer-
gen checken, Arbeitsmaterialien           entfernt wohnt. Dort konnte der Klei-     ner-Siemens-Schule ein dickes Lob
ausdrucken, erklären und helfen. „In      ne auch übernachten, im Gegenzug          aus. Das Konzept in der Gemein-
dieser Zeit hat man gemerkt, welche       wurde dann der Nachwuchs der              schaftsschule, die ihre Tochter be-
Lehrer besonders medienaffin und          Schwester mitgenommen und gehü-           sucht, sei hingegen noch nicht so
engagiert sind“, so ihre Erfahrung.       tet. Als die erweiterte Notbetreuung      richtig ausgereift gewesen. Nur we-
Dass sie in der Zeit der Schulschlie-     in den Kitas eingeführt wurde, hat die    nige Sitzungen am Computer, dafür
ßung Homeoffice machen konnte,            Familie ihr familiäres Betreuungs-        viele Aufgaben über die Lernplatt-
bezeichnet sie als großes Glück.          system noch etwa drei Wochen auf-         form und per Mail erforderten von
Ohne die große Flexibilität der AWO       rechterhalten, bis der Sohn dann ab       den Schülern sehr selbstständiges
wäre die Herausforderung für sie          Mitte Juni wieder die Kita besuchte.      Arbeiten und viel Disziplin. „Ein kon-
kaum zu stemmen gewesen. „Ich             „Es war eine große Herausforderung.       kreter Plan hat gefehlt“, so Bianca
konnte mir meine Arbeitszeit frei ein-    Die viele Fahrerei war umständlich,       Jahnke, die viel Hilfe und Motivation
teilen und musste nicht von 9 bis 13      aber mit der Familie im Hintergrund       leisten musste. Natürlich hatte die
Uhr am Computer sitzen. So konnte         waren wir sehr gut aufgestellt“, er-      Leiterin der BGS Zuffenhausen auch
ich zwischendurch auch mal eine           klärt Nora Yildirim, dass die Kinder-     ihre eigene Arbeit zu bewältigen.
halbe Stunde meinen Söhnen helfen.        betreuung während des Lockdowns           Zwar war die BGS während des
Dafür habe ich dann abends noch et-       „umständlich, aber stemmbar“ ge-          Lockdowns für den offenen Besu-
was gearbeitet“, erzählt sie. Mit einer   wesen sei.                                cherverkehr geschlossen, aber die
halben Stelle ist Julia Toma in der          Katrin Laudenbach wollte eigent-       Beratung mit Einzelterminen sowie
Bildungsberatung tätig. Da ein guter      lich im Mai ihre Elternzeit beenden       die telefonische Betreuung und Be-
Teil ihrer Arbeit die Organisation der    und in der Wohnbegleitung begin-          ratung wurden aufrechterhalten. Ab-
Deutschkurse betrifft, die Sprach-        nen. Doch Corona machte der zwei-         wechselnd mit ihrer Kollegin war sie
schulen während des Lockdowns             fachen Mutter einen Strich durch die      vor Ort und im Homeoffice. „Es war
aber auch geschlossen blieben, war        Rechnung. Just als für den einjähri-      eine anstrengende Zeit, ich war froh,
ihr Arbeitspensum insgesamt her-          gen Sohn die Eingewöhnungsphase           als die Schulferien angefangen ha-
untergefahren.                            in der Kita beginnen sollte, kam der      ben“, stellt Bianca Jahnke fest.  (vol)
   Die Coronakrise hat die Familie        Lockdown. Und damit war dann
auch genutzt, gemeinsam eine schö-        auch die dreijährige Tochter, die
ne Zeit zu verbringen. Julia Toma er-     schon länger den Kindergarten be-
zählt von vielen gemeinsamen Rad-         sucht, wieder daheim. „Erst war es
touren. Doch nach ein paar Wochen         etwas stressig, aber dann klappte es
wurde die Sehnsucht der Söhne             gut und ich fand es schön, mit bei-
nach ihren Freunden immer größer          den Kindern daheim zu sein“, erzählt
und sie äußerten zunehmend den            Katrin Laudenbach. Mitte Juni star-
Wunsch nach Unternehmungen mit            tete sie bei der AWO mit zunächst
Gleichaltrigen.                           zwei Wochentagen, während ihr
   Homeoffice war für Nora Yildirim,      Mann Urlaub für die Eingewöh-
die Abteilungsleiterin Migrations-        nungsphase des Sohnes nahm. Ih-
und Jugendsozialarbeit, nicht mög-        ren vollen Stellenumfang von 21
lich. „Ich bin für zu viele Ansprech-     Stunden konnte Katrin Laudenbach
partnerin“, deshalb war sie auch          ab August aufnehmen.

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Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
Jugendmigrationsdienst der AWO bietet Schülerinnen und Schülern Online-Video-Unterricht – Stadt fördert
Angebote

Digital Deutsch lernen in Corona-Zeiten
Die Landeshauptstadt fördert seit                     klassen ergänzt werden, haben sich                                    Viele Jugendliche reagierten aufge-
2012 die Deutschkurse des Jugend-                     bewährt. In Angeboten zur Prüfungs-                                   schlossen, denn ohne den regelmä-
migrationsdiensts der AWO Stutt-                      vorbereitung können Lerninhalte in                                    ßigen Schulbesuch, häufig in beeng-
gart im Rahmen eines ergänzenden                      Mathe oder Englisch aufgeholt oder                                    ten Wohnsituationen, ist es vielen
Deutschunterrichts. Das ermöglicht                    EDV-Kenntnisse verbessert werden,                                     langweilig. Darüber hinaus fehlen
jedes Schuljahr bis zu 100 Schüle-                    wenn diese beispielsweise für eine                                    Gelegenheiten, Deutsch zu sprechen
rinnen und Schülern, besser Deutsch                   Präsentationsprüfung       notwendig                                  und das bereits Erlernte zu üben.“ Der
zu lernen. Seit Mitte März ist alles                  sind. Wie aber erreicht man in einer                                  16-jährige Muhammad ist sehr moti-
anders: Mit der Schließung der                        Zeit, in der persönliche Kontakte fast                                viert: „Wir sind geboren, um zu lernen,
Schulen wegen der Corona-Pande-                       nicht möglich sind, Jugendliche, die                                  und niemand kann uns davon abhal-
mie musste auch das Bildungsange-                     kaum Deutsch sprechen und oft we-                                     ten. Es gibt immer eine Methode für
bot der AWO eingestellt werden.                       nig geübt sind in der Nutzung digita-                                 jedes Problem, und der Online-Unter-
Jetzt lernen die Schülerinnen und                     ler Medien? Die hauptamtlichen                                        richt ist unsere Lösung.“
Schüler Deutsch im Online-Unter-                      Fachkräfte des Jugendmigrations-                                         Die Mitarbeiterinnen haben On-
richt.                                                diensts haben versucht, die Jugend-                                   line-Konzepte entwickelt, die Beglei-
                                                      lichen per Telefon, E-Mails, SMS oder                                 tung und Förderung der Jugend­lichen
Die wöchentlichen Präsenzangebote                     über Messenger-Dienste zu errei-                                      unter den geänderten Bedingungen
im Fach Deutsch für Schülerinnen                      chen. Bei vielen gelang dies, und die                                 digital fortzuführen. Monica Furch
und Schüler aus Vorbereitungsklas-                    Mitarbeiterinnen konnten den Ju-                                      vom AWO Jugendmigrationsdienst
sen, die zur Prüfungsvorbereitung                     gendlichen signalisieren: „Wir unter-                                 erläutert: „Die ersten zwei Gruppen
durch Nachmittags- und Ferienlern-                    stützen euch, auch wenn wir uns ge-                                   ‚Einfach Deutsch‘ konnten bereits
angebote für Jugendliche aus Regel-                   rade nicht persönlich treffen können.                                 nach den Osterferien mit einem On-
Variante „normale auslieferung“

      Menüservice der AWO Stuttgart
      unverbindlich kennenlernen
      Für die Unterstützung und               künstliche Aromen konse-
      Sicherheit im Alltag bietet die         quent verzichtet. Je nach
      AWO Stuttgart neben Haus-               Wunsch liefern die Menüku-
      notruf und Pflege auch einen            riere täglich heiß oder einmal
      Menüservice an.                         pro Woche tiefkühlfrisch ins
                                              Haus – an 365 Tagen im Jahr,
      Das Mittagessen wird von                ganz ohne vertragliche Bin-
      Menükurieren direkt ins                 dung. Der Menüservice kann                               Wir bringen Ihnen
      Haus gebracht. Dabei reicht             z. B. mit dem Kennenlern-                               den Genuss ins Haus!
      das attraktive Angebot von              Angebot „3 x Menügenuss
      Hausmannskost, regionalen               ins Haus“ für nur 5,49 € pro                                                                                   -Angebot
                                                                                      Leckere Menüs in                                         Kennenlern uss“ für
      Speisen und Genießermenüs               Menü unverbindlich getestet             großer Auswahl                                           „3 x Menü
                                                                                                                                                             gen
      bis hin zu Diäten und Kost-             werden.                                 Dazu Desserts, Salate                                        r 5 ,4 9 €  pro Menü.
                                                                                                                                                n u
      formen. Bei speziellen Er-                                                                                                                              ellen!
                                                                                      und Kuchen                                                Jetz t best
      nährungsfragen hilft die                Die Kundenberatung des                  Auch für Diäten
      Ernährungsberatung weiter.              Menüservice erreichen Sie          Im Auftrag der
                                                                                                                                              Arbeiterwohlfahrt
      Gekocht wird mit natürlichen            persönlich Montag bis Frei-                                                                     Kreisverband Stuttgart e. V.
      Zutaten, dabei wird auf Zu-             tag von 8–18 Uhr unter der
                                                                                                                                              Tel. 0711/45 95 09 09
      sätze wie Geschmacksver-                Nr. 0711/45950909.                                                 Stuttgart
      stärker jeglicher Art oder                                                 Menüservice apetito AG · Bonifatiusstr. 305 · 48432 Rheine

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                                                                    8|         aktuell
Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
line-Video-Unterricht beginnen. Mitt-
lerweile sind drei weitere Gruppen             Aufgabe des Jugendmigrati-           Mehr unter:
digital gestartet. Damit finden fünf        onsdiensts der AWO ist die indivi-      www.awo-stuttgart.de/index.php/
der sieben Kurse wieder statt, zwei-        duelle Beratung und Begleitung          migrantinnen/jugendmigrations-
fellos unter erschwerten Bedingun-          junger Menschen mit Migrations-         dienste
gen, aber immerhin mit mehr als der         hintergrund zur Verbesserung der        Telefon 21061-70
Hälfte unserer Kursteilnehmerinnen          Integrationschancen. Zudem fin-         E-Mail: jugendmigrationsdienst@
und -Teilnehmer.“                           den Gruppenangebote statt, und          awo-stuttgart.de.
   Viel Zeit mussten die Mitarbeite-        es gibt Beratung in migrationsbe-
rinnen im Vorfeld investieren, um den       dingt schwierigen Lagen und Kri-
korrekten Einsatz der notwendigen           sensituationen.
Konferenz-App zu vermitteln. Die
App kann von jedem Handy aus be-
dient werden. Eine wichtige Voraus-       toeva: „Unsere Schülerinnen und           Akteuren, die sich auf so großartige
setzung, denn viele Jugendliche be-       Schüler sind in erster Linie Kinder,      Weise für die Kinder und Jugend­
sitzen keine weiteren technischen         die Zuwendung und Verständnis             lichen in der Stadt einsetzen.“
Endgeräte. Bei begrenztem Datenvo-        brauchen, vor allem in dieser beson-         Für die kommenden Wochen will
lumen kann am Online-Unterricht           deren Situation. Wahrscheinlich           der Jugendmigrationsdienst der AWO
auch ohne Videofunktion teilgenom-        nehmen sie deshalb unser On-              ein „Misch-Modell“ etablieren, sobald
men werden.                               line-Angebot so offen und interes-        die Verordnungen dies zulassen. Ein
   Je höher das bereits vorhandene        siert an.“ Beide ziehen ein positives     wöchentliches Präsenzangebot soll
Deutschniveau der Schülerinnen und        Fazit. Das Angebot werde von allen        in Kombination mit dem Online-An-
Schüler, desto besser gelingt die Teil-   Beteiligten als gute und sinnvolle Art    gebot die Beziehungsarbeit stärken,
nahme am Online-Unterricht. Im Al-        des Unterrichts während der Coro-         eine größere Methodenvielfalt bieten
phabetisierungskurs ist die Zahl der      na-Krise gesehen, auch wenn dieser        und die Teilnehmenden in der Nut-
Teilnehmenden bisher deshalb nur          nur temporär der Überbrückung die-        zung digitaler Anwendungen schulen,
gering. Aber nicht nur die techni-        ne und kein vollwertiger Ersatz für       bis die Kurse wieder wie gewohnt
schen und sprachlichen Hürden sind        den Präsenzunterricht sei. Die Bür-       stattfinden können. Was bleiben wird,
zu überwinden, viele Schüler haben        germeisterin für Jugend und Bildung,      ist eine erweiterte digitale Kompetenz
keinen Platz, an dem sie ungestört        Isabel Fezer: „Es ist wichtig, dass wir   auf Seiten der Schülerinnen und
dem Online-Angebot folgen können.         in dieser schwierigen Zeit auf das        Schüler, aber auch bei den Kursleitun-
Ein eigenes Zimmer haben die we-          große Engagement der Fachkräfte           gen. Nach dem Motto „Behaltet das
nigsten. Oft bleibt nur das gemeinsa-     zählen können. Ohne die vielen krea-      Gute“ werden die digitalen Möglich-
me Wohnzimmer, das sich alle Fami-        tiven Ansätze wären diese wichtigen       keiten sicher künftig auch im Präsen-
lienmitglieder teilen müssen. Da wird     Online-Angebote für die Jugendli-         zangebot eine stärkere Rolle spielen.
eine Parkbank oft zum Lernort um-         chen nicht möglich. Ich danke allen             Stuttgarter Amtsblatt vom 18.6.2020
funktioniert.
   Die langjährige Kursleiterin Svet-
lana Onkhotoeva lobt ihre Schülerin-
nen und Schüler: „Sie nehmen den
Online-Unterricht ernst, erledigen
ihre Hausaufgaben und sind pünkt-
lich im virtuellen Kursraum.“ Nur die
technischen Voraussetzungen seien
nicht immer ideal. Kursleiterin An-
nette Lui ergänzt: „Online-Unterricht                                                                  Helfe
                                                                                                             n
ist in Zeiten geschlossener Schulen
                                                                                                       mit Ih Sie
                                                                                                             rer
                                                                                                     S
eine gute Möglichkeit, mit den Schü-
                                                                                                        pend
                                                                                                            e!
lerinnen und Schülern in Kontakt zu
bleiben. Sie können so die deutsche
                                            Spendenkonto der
Sprache regelmäßig anwenden, was            AWO Kreisverband Stuttgart
in ihrem privaten Umfeld häufig nicht
der Fall ist.“ Wie wichtig eine ge-         Bank für Sozialwirtschaft
meinsame Basis zwischen Schüle-             IBAN: DE54 6012 0500 0006 7420 02
rinnen und Schülern und Kursleite-                                                                            Stuttgart aktuell
rinnen ist, wurde in den vergangenen        BIC: BFSWDE33STG
Wochen deutlich. Svetlana Onkho-

                                                     9|        aktuell
Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
Hier eine Übersicht von Aktionen der Begegnungs- und Serviczentren während der
Coronaschließung (nicht unbedingt vollständig). Über einige dieser Aktionen – was
keine Wertung beinhaltet – werden wir auf den folgenden Seiten berichten.

Alle BGS’n:	vermehrte Telefonkontakte
             Hausbesuche unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregelung
             vermehrte Hilfe bei Einkäufen
             Einzelberatungen nach Terminvereinbarung
             Koordination der Nachbarschaftshilfe unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregelung
             Blumenstraußaktion über „Hilfe für den Nachbarn“
             Essen werden ausgefahren bzw. Mittagstisch über „Apetito“ organisiert

Botnang:	Nachbarschaftshilfekreis ins Leben gerufen in Kooperation mit EVA,
          katholischer und evangelischer Kirchengemeinde

Hallschlag:	Zwei Hofkonzerte
             Postkartenaktion an Klient*innen/ Besucher*innen
             Ehrenamtliche aus Hilfeaktion - Kontakt zu Personen z. B. mit Depressionen hergestellt
             Betreuung von Menschen mit psychischen Problemen durch eine ehrenamtlich tätige Psychologin

Untertürkheim:	Maskennähaktion – 400 Masken
                Gedächtnistraining 2go
                Kuchenaktion
                Blumenaktion

Möhringen:	Zwei Kuchenabholaktionen: 50 Anmeldungen über WhatsApp, Aushänge und telefonisch

Dürrlewang:	Maskennähaktion
             Bauchtanzkurs wird online angeboten

Süd:	Maskennähaktion
      „Öffne-mich-wenn-Briefe“ für Klient*innen mit psychischer Belastung
      Koordination „Hilfeaktion für Ältere“
      Wohnungslose ohne Anlaufstelle wurden unterstützt (Einzelberatung, Telefonate mit Ämtern)

Seelberg:	Motivation zum Spaziergang
           Maskennähaktion
           Gedächtnistraining 2go
           Kuchenabholaktion: Muffins 2go

Obertürkheim: Kontaktspaziergang

Ost:           Telefonkontakte/Infozettel

Fasanenhof:	Renovieraktion der BGS mit Ehrenamtlichen, dank Materialspende des AWO Stadtbezirks Filder

Feuerbach:     Telefonkontakte/Infozettel

Hedelfingen:   Ostergrüße-Karten + Geschenkle, Postkartenbastelaktion, Sprechstunde vorm Haus

Zuffenhausen:	Hofkonzert in Kooperation mit Caritas Haus Adam-Müller-Gutenbrunn (Termin 24.06.2020)
               Gedächtnistraining 2go

Wohnberatung: Telefonkontakte / Infozettel

                                               10 |     aktuell
Interview
„Die Schließung der Begegnungsstätten hat an den Menschen gezerrt“
                                          ten sortiert, Inventar und Material      der Öffentlichkeit jetzt schon wieder
                                          geordnet, verschenkt oder entsorgt.      etwas in Vergessenheit geraten ist.
                                          Zudem haben wir die Zeit genutzt, so     Das ist bei uns aber nicht so. Es ist
                                          wie die anderen Begegnungs- und          nach wie vor präsent. Es gibt viele Ge-
                                          Servicezentren auch, um Dinge, die       spräche darüber, wie es nach dem
                                          im Alltag mal liegen geblieben sind,     Sommer wird, wenn man etwa nicht
                                          aufzuarbeiten.                           mehr ständig lüften kann. Ich glaube,
                                                                                   dass uns das Thema noch eine ganze
                                          Welche Auswirkungen hatten das           Weile begleiten wird. Auch in unserem
                                          Virus und die Schließzeit auf die
                                          ­                                        Begegnungs- und Servicezentrum.
                                          ­Klientinnen und Klienten?
                                           Tatsächlich haben die Isolation und     Wie hat sich Ihre Arbeit durch Corona
                                           die coronabedingte Schließung der       verändert?
                                           Begegnungsstätten an den Men-           Wir versuchen unsere Angebote und
                                           schen gezerrt, psychisch und phy-       das Programm auf Corona abzustim-
                                           sisch. Das sagen viele auch selber.     men. Es gibt kein Singen und Tanzen
Im Interview: Bianca Jahnke
                                           Durch weniger Bewegung und weni-        bei uns, dabei sind das eigentlich im-
                                           ger abwechselnde äußere Reize ha-       mer die Highlights für die Besuche-
Kein Tanzen, kein Kochkurs, keine          ben die Fähigkeiten einiger Klientin-   rinnen und Besuchern gewesen. Und
Gymnastik und kein Mittagstisch:           nen und Klienten kognitiv und           auch keine Kochprojekte. Da warten
die sonst so gut besuchten Begeg-          physisch deutlich abgenommen. Im        die Besucherinnen und Besucher da-
nungs- und Servicezentren in Stutt-        Gespräch und in der Begegnung be-       rauf, dass das wieder stattfindet. Für
gart waren im Frühjahr coronabe-           obachten wir, dass sich durch die       uns stellt sich auch die Frage, wie wir
dingt geschlossen. Die Einrich-            Isolation einige Besucherinnen und      in der Begegnungsstätte Alltag her-
tungsleiterin der Begegnungsstätte         Besucher stark verändert haben.         stellen und dabei auch Sicherheit
Zuffenhausen Bianca Jahnke be-                                                     vermitteln können.
richtet im Interview darüber, wie         Wie gehen Ihre Klienten mit dem The-     Außerdem telefonieren wir nach wie
sich Ihre Arbeit durch das Virus ver-     ma Virus um, wie verhalten sie sich?     vor sehr viel mit unseren Klientinnen
ändert hat.                               Manche Klienten waren so verunsi-        und Klienten.
                                          chert, dass sie wochenlang gar nicht     Ansonsten halten auch wir uns an die
Frau Jahnke, knapp drei Monate war        aus dem Haus gegangen sind. Etwa         Hygienevorschriften: Die Tischord-
die Begegnungsstätte in Zuffenhau-        eine ältere Dame, die am Waldrand        nung wurde verändert, die Mitarbei-
sen geschlossen. Was haben Sie in         lebt und gut auch hätte im Wald spa-     terinnen und Mitarbeiter tragen bei
der Zeit gemacht?                         zieren gehen können, dies aber auf-      der Begegnung mit den Besucherin-
Während der Schließzeit sind wir mit      grund ihrer Ängste nicht tat.            nen und Besuchern Masken. Auch
unseren Klientinnen und Klienten in       Die meisten Besucherinnen und Be-        beim Mittagstisch wurden die Abläu-
ständigem Kontakt geblieben, haben        sucher haben großen Respekt vor          fe verändert. Kreuzwege werden zum
sehr viel mit ihnen telefoniert und ha-   dem Virus. Generell gibt es, meiner      Beispiel dadurch vermieden, dass die
ben ihnen Blumensträuße vorbeige-         Meinung nach, zwei Gruppen. Die ei-      Besucherinnen und Besucher das
bracht. Wir haben regelmäßig zum          nen sind sehr ängstlich und vorsich-     Schmutzgeschirr nicht mehr an der
Beispiel eine Art Brief mit Gedichten     tig. Die anderen sagen sich, dass sie    Theke zurückgegeben, sondern auf
und Denksportaufgaben, ein „Ge-           sich den Lebensabend nicht verder-       einem separaten Wagen abstellen.
dächtnistraining 2go“ für unsere Kli-     ben lassen wollen. Aber alle halten      Während der Schließung haben wir
entinnen und Klienten erstellt und an     sich an die Regeln.                      außerdem verstärkt im Schichtmo-
diese verschickt.                                                                  dell in Heimarbeit gearbeitet.
Außerdem ziehen wir bald um und           Wie präsent ist das Thema noch bei
haben die Zeit genutzt, um das Be-        den älteren Menschen?                    Können Sie dem Ganzen auch etwas
gegnungs- und Servicezentrum um-          Man könnte glauben, dass der res-        Positives abgewinnen?
zugsbereit zu machen. Wir haben Ak-       pektvolle Umgang mit dem Virus in        Durch Corona haben sich tatsächlich

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neue Chancen aufgetan. Plötzlich             In unserer Einrichtung gab es früher    neue Begegnungen entstanden, die
ist, zum Beispiel in einem anderen           beim Mittagstisch eine feste Sitzord-   alten Strukturen sind aufgeweicht
Begegnungs- und Servicezentrum,              nung. Durch die Neuordnung der          worden. Das tut den Besucherinnen
Sport im Freien möglich. Die Besu-           ­Tische aufgrund von Corona hat sich    und Besuchern meines Erachtens
cherinnen und Besucher machen da              diese verändert. Dadurch sind neue     sehr gut.
jetzt mit und finden das toll.                Möglichkeiten zur Unterhaltung und                                   pel

BGS to go und ein Schwätzbänkle: So meistern
Begegnungs- und Serviczentren der AWO in
Stuttgart die Coronakrise
Als im März die Corona-Pandemie              Ausnahmesituation allein, entwickel-
das öffentliche Leben lahmlegte, als         ten Ängste. „Da haben wir beschlos-
die Begegnungsstätten schließen              sen, dass wir mehr machen müssen.“
mussten, war nichts mehr wie zuvor.             Das „Mehr“ bestand in Hausbesu-
Wie haben die Leiterinnen und Leiter         chen und der Bedarf an Gesprächen,
der Einrichtungen auf diese Heraus-          Kontakt und Ansprache war riesig.
forderung reagiert? Wie die Besu-            „Wir hätten rund um die Uhr herum-
cherinnen und Besucher? Wir haben            fahren können und die Leute besu-
bei zweien nachgeschaut: Bei den             chen – so entstand die „Begegnungs-
Begegnungs- und Serviczentren                stätte to go“.
Widderstein in Untertürkheim und in             Natürlich mussten bei diesen Be-
Hedelfingen im Bürgerhaus.                   suchen die Coronaregeln beachtet
                                             werden, die Besuche wurden telefo-
„Nach dem Lockdown haben wir den             nisch angemeldet, man traf sich mit
Telefonkontakt zu unseren Besuche-           Abstand im Hausflur. Diese Besuche
rinnen und Besuchern intensiviert“,          kamen sehr gut an, brachten Ab-
sagt Corina Küßner, die Leiterin der         wechslung und jene Struktur in den
BGS Widderstein in Untertürkheim,            Alltag, für die sonst der regelmäßige
                                                                                     Frau Andric und Frau Kächele aus der BGS
„aber schnell war klar, dass das nicht       Besuch der Begegnungsstätte sorgt.
                                                                                     Widderstein beim Masken nähen.
reicht. Wir kennen die Situation unse-       An drei Tagen in der Woche war Be-
rer Besucher und konnten Verände-            suchstag, 20 bis 25 Stammgäste          Kleinigkeit aus dem Basar, der ja
rungen und neue Bedürfnisse fest-            standen auf der Besuchsliste „und die   auch nicht stattfinden konnte: „Das
stellen.“ Viele fühlten sich in der          Leute wollten uns kaum gehen las-       war klasse, da reden die Leute heute
                                             sen“, erinnert sich Corina Küßner.      noch davon!“ Telefonate von mor-
                                             „Problemgespräche“ vermieden die        gens bis abends gab es auch in He­
                                             AWO-Mitarbeiterinnen, denn: „Wir        delfingen und noch etwas hatten sich
                                             wollten die Leute ja unterstützen und   die Leiterin Ilka-Renata Eckert und
                                             ein bisschen Normalität herstellen.“    Hildegard Walter einfallen lassen: Ein
                                             Geld aus der Corona-Hilfsaktion von     Schwätzbänkle vor dem Haus, auf
                                             Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nach-
                                             richten machte es möglich, dass bei
                                             einem Besuch sogar Blumensträuße
                                             mitgebracht werden konnten – das
                                             war eine besondere Freude in diesem
                                             unsicheren und ungewohnten Alltag.
                                                Der Blumengruß kam auch bei den
                                             Stammgästen der BGS Im Bürger-
                                             haus in Hedelfingen sehr gut an, be-
Erna Schreiber (links) freut sich über den   richtet Hildegard Walter. An Ostern     Farbenfrohe Maskenproduktion aus dem
­Blumengruß von BGS-Leiterin Corina Küßner   gab es eine Karte und eine gebastelte   Begegnungs- und Servicezentrum

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Vielen sei auch bewusst gewor-
                                                                                           den, was sie an der Begegnungsstät-
                                                                                           te haben, sagt Corina Küßner, selbst
                                                                                           wenn man nicht zu den regelmäßigen
                                                                                           Besuchern gehört, weiß man: man
                                                                                           könnte kommen, wenn mal wollte.
                                                                                           Und manche(r) blühte regelrecht auf:
                                                                                           Die Haltung, die Motorik, die Ge-
                                                                                           sichtsfarbe verbessern sich. „Alle sa-
                                                                                           gen, sie sind so froh, wieder her kom-
                                                                                           men zu können“, sagt Corina Küßner,
                                                                                           „und man sieht es ihnen auch an!“
                                                                                              Eine von denen, die sich freut, wie-
                                                                                           der in die Begegnungsstätte zu kom-
                                                                                           men, ist Frau K., die im Haus am
                                                                                           Weinberg wohnt und immer montags
                                                                                           zum Gedächtnistraining und diens-
                                                                                           tags zum Spielenachmittag kommt.
                                                                                           Schlimm sei sie gewesen, die Zeit des
                                                                                           Eingeschlossenseins. „Aber als Be-
                                                                                           such von der AWO kam, Blumen und
                                                                                           die Übungsblätter fürs Gedächtnist-
                                                                                           raining vorbei gebracht hat, habe ich
                                                                                           mich ganz arg gefreut! Das war echt
                                                                                           super!“                           (ann)

dem kurz vor Mittag BGS-Mitarbeite-
rinnen für ein Gespräch – auf Ab-
stand natürlich – bereit saßen. Weil
die Begegnungsstätte an der Endhal-
testelle der U-Bahnlinien 9 und 13
liegt, kam oft jemand auf einen
Schwatz vorbei. Die Frauen der
Handarbeitsrunde nähten Masken
und als es nirgends mehr Toiletten-
papier gab, fand der Ehemann einer
Mitarbeiterin auch da eine Lösung.
So konnten regelmäßig ein paar Rol-
len des wertvoll gewordenen Papiers
an die Nachbarschaftshilfe ausgege-
ben werden. „Am Anfang sind wir
wirklich in ein Loch gefallen“, erinnert
sich Hildegard Walter, „aber trotzdem
war es auch eine kreative Zeit.“
   Inzwischen hat sich manches wie-
der normalisiert, wobei die Restriktio-
nen in Hedelfingen strenger sind, weil
dort im Haus mehrere Institutionen
untergebracht sind. In Untertürkheim
saßen die Gäste zunächst allein an
den Tischen, was sehr unterschiedli-
che Reaktionen auslöste. „Furcht-
bar!“ sagten die einen, „da kann ich
auch gleich zu Hause essen!“ – „Viel
besser als zu Hause!“ meinten die an-
deren, „jetzt kann man sich wenigs-        Im Begegnungs- und Servicezentrum Fasenhof wurde die Zeit für eine Streichaktion der
tens von Tisch zu Tisch unterhalten!“      ­Einrichtung genutzt.

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Mehrere tausend Masken für Mitarbeiter,
Geflüchtete und Anwohner
Kaum hatten die Begegnungsstät-
ten in Stuttgart coronabedingt ge-
schlossen und kaum dass die Regie-
rung die weiteren Maßnahmen zur
Eindämmung der Pandemie bekannt
gegeben hatte, da ratterten bei der
AWO schon die Nähmaschinen. Mit
dem Ziel, möglichst viele Personen
mit einem Mundschutz zu versor-
gen.

Im der Begegnungs- und Servicezen-
trum Untertürkheim etwa hat Einrich-
tungsleiterin Corina Küßner zusam-
men mit ihren Kolleginnen und
mehreren Ehrenamtlichen rund 400
Masken genäht. „Es war klar, dass                 Ein Paket des Staatstheaters mit den heiß begehrten Masken.
der Maskenbedarf steigen würde“,
sagt Küßner. Und da sie mehrere gute              reservieren. Für einen Spendenbetrag            haben wir einen Aufruf gestartet und
Näherinnen und durch die Schlie-                  konnte man diese dann abholen. Da               im Stadtteil um Spenden gebeten“,
ßung mehr Zeit hatten, sei ihnen der              die Anfrage sehr hoch gewesen sei,              sagt Küßner. Dabei sei recht viel zu-
Gedanke gekommen, Masken zu nä-                   habe man die Zahl der Masken aller-             sammengekommen. „Das war toll,
hen. „Anfangs nur für unser Team                  dings auf zwei pro Person limitiert.            dass wir was für den Stadtteil getan
und die Nachbarschaftshelfer*in-                  „Damit jeder eine Maske bekommen                haben und der Stadtteil im Gegenzug
nen“, sagt Küßner. Später dann auch               konnte“, sagt Küßner. Selbst eine               für uns.“ Und ganz nebenbei sei das
für andere Kolleg*innen bei der AWO               Bank habe eine Bestellung für 400               auch eine tolle Werbeaktion für die
und für Ihre Klient*innen. „Außerdem              Masken in der BGS aufgeben wollen.              Begegnungsstätte gewesen, freut
haben wir auf Anfrage auch für den                Denen habe Küßner jedoch absagen                sich Küßner. Als die Bestellungen
Stadtteil genäht.“ Per Telefon konn-              müssen.                                         dann immer „wählerischer“ wurden,
ten sich die Anwohner in der Begeg-                  „Irgendwann sind uns dann Stoff              der Mundschutz etwa zum Oberteil
nungsstätte melden und eine Maske                 und Bandgummi ausgegangen. Da                   passen sollte, habe Küßner gemerkt,

Eine Flüchtlingsfamilie testet die neu eingetroffenen Masken.             So viele bunte Stoffe warten im Staatstheater auf Verarbeitung.
                                                                          Foto: Martin Sigmund

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einer Woche waren die da“, staunte        von kurzer Zeit mit Masken versorgen
                                          Engelhardt. Zudem seien die Masken        können. Da sei das Angebot des
                                          sehr hochwertig, mit einem Metall-        Staatstheaters eine große Hilfe ge-
                                          bügel, so dass sie sich anpassen las-     wesen.
                                          sen. Und auch die Kinder seien mit           Gleichzeitig seien auch einige der
                                          kleineren Masken bedacht worden.          Geflüchteten selbst tätig geworden
                                             Die meisten der Masken seien bis       und hätten Masken hergestellt. Ein
                                          heute im Einsatz, sagt Engelhardt.        Schneider aus Syrien etwa habe in
                                          „Wir sind echt dankbar dafür.“ Denn       der Unterkunft in Rohr innerhalb von
                                          am Anfang der Krise hätten er und         drei Wochen rund 200 Masken ge-
                                          seine Kolleg*innen vor der großen         näht. „Bei dem wenigen Geld, das die
                                          Herausforderung gestanden, wie sie        Geflüchteten zur Verfügung haben,
                                          die rund 1500 Geflüchteten, die von       ist so eine Maske viel wert“, sagt En-
                                          der AWO betreut werden, innerhalb         gelhardt.                          pel

Vater und Sohn mit Mund-Nasenschutz vom
Staatstheater

dass der Bedarf nicht mehr so groß
sei und sie ihre Nähaktion einstellen
können. „Außerdem konnte man ja
irgendwann auch Masken im Handel
kaufen.“
   Fleißig Masken genäht haben in
der ersten Zeit während der coro­
nabedingten Schließungen auch die
Näherinnen      des    Staatstheaters
Stuttgart und haben die von der AWO
betreuten Gemeinschaftsunterkünfte
in Stuttgart mit rund 500 Masken
versorgt. „Das Staatstheater hat uns
angefragt, ob wir für unsere Geflüch-
teten Masken bräuchten“, sagt Jo-
hannes Engelhardt vom AWO Flücht-
lingssozialdienst. Daraufhin habe er
in den Unterkünften nachgefragt, wer
einen Mundschutz möchte. „Wir ha-
ben eine Mail zurückgeschrieben, wie
viele wir benötigen und innerhalb von

                                          - Vollwärmeschutzsystem und Fassadenrenovierungen

                                                - Verkauf und Verlegung von PVC, Linoleum Laminat und Teppichböden

                                                      - Spachteltechniken und Lasurtechniken
                                                      - Beschichtungen gegen Elektrosmoke

                                                                         - Seniorenservice
                                                                         - Gestaltung in Digitaler Bildbearbeitung Programm

                                                                                      - Zertifizierte Graffiti- Entfernung
Hinter den Kulissen des Staatstheaters.                                               - Zertifizierte Schimmel Bekämpfung
Foto: Dominique Brewing

                                                    15 |       aktuell
Nachrichten aus den Stadtbezirken

100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in Stuttgart-Botnang zu Zeiten der
Corona Pandemie – (k)ein Jahrhundertereignis!?
Im November 1919, nach dem Sturz
der Monarchie, wurde die Arbeiter-
wohlfahrt in Berlin auf der Reichse-
bene gegründet. Die Not der Arbei-
terfamilien im und nach dem Ersten
Weltkrieg veranlasste die SPD auf
Antrag der Reichstagsabgeordneten
Marie Juchacz den „Hauptaus-
schuss der Arbeiterwohlfahrt“ zu
gründen.

Sie, die geschiedene, alleinerziehen-
de, Sozialdemokratin, war nach der
Einführung des Frauenwahlrechts die
erste Frau, die als Abgeordnete eine
Rede im Reichstag hielt. Ihr Ziel war
die Entwicklung einer Wohlfahrtspfle-
ge, unter besonderer Berücksichti-
gung der Interessen der Arbeiter-
schaft. Neu war dieses Ziel nicht, die
Lösung sozialer Probleme war ein
Hauptanliegen der SPD seit ihrer                 Küchenarbeit im Waldheim Himmerreich anno 1927
Gründung. Neu war aber, dass die so-
lidarischen Hilfen in Notlagen durch             lor der Vater seine Bürgerrechte und         ausschuss der Arbeiterwohlfahrt. Be-
gesetzliche Regelungen getragen                  wurde aus den Wahllisten gestrichen.         reits ein Jahr danach konnte auf dem
werden. Im untergegangenen Kaiser-               Nur der Mann konnte das Bürgerrecht          Sportgelände „Himmerreich“ des
reich wurde Fürsorge einfach mit Ar-             durch eine Aufnahmegebühr von 10             Turnerbundes (heute SKG), die erste
menpflege gleichgesetzt, die als Un-             Mark ‚erwerben‘. Frauen waren bis            Ferienfreizeit für Kinder durchgeführt
terstützung nicht zu fordern, sondern            1919 ausgeschlossen, sie hatten ja           werden. Von einem Jahr zum andern
zu erbitten war. Wenn eine Botnanger             kein Wahlrecht!                              freuten sich die Kinder auf die Wald-
Familie im Jahr 1891 Armenunter-                    1920 gründete die SPD im damals           heimzeit. Eine weitere hilfreiche Initi-
stützung beantragte und erhielt, ver-            selbständigen Botnang einen Orts-            ative für die Frauen in Botnang war
                                                                                              die neu eingerichtete AWO Nähstube.
                                                                                              Besonderen Anteil an diesen Initiati-
                                                                                              ven hatte Christine Evert (1887 –
                                                                                              1977). Die gebürtige Hamburgerin
                                                                                              kam als Sechsjährige nach Stuttgart
                                                                                              und zog 1908 nach Botnang. Hier
                                                                                              wurde sie politisch aktiv. 1912 wurde
                                                                                              sie Mitglied der SPD, kandidierte 1919
                                                                                              – als einzige Frau – für den Botnan-
                                                                                              ger Gemeinderat und wurde auf An-
                                                                                              hieb gewählt. Nach der Eingemein-
                                                                                              dung Botnangs nach Stuttgart 1922
                                                                                              war sie auch im Stuttgarter Gemein-
                                                                                              derat von 1922 bis 1933 tätig.
Schon in den 20er und 30er Jahren verbrachten viele Kinder die Ferien im Waldheim.               In diesen wirtschaftlichen und so-

                                                              16 |          aktuell
Über viele Jahre war die Arbeiter-
                                                                                               wohlfahrt Träger einer Kindertages-
                                                                                               stätte in der Franz-Schubert-Straße.
                                                                                               Wegen massiver Zuschusskürzun-
                                                                                               gen musste diese Einrichtung 1997
                                                                                               geschlossen werden.
                                                                                                  Die gesamtgesellschaftlichen Ent-
                                                                                               wicklungen in der Bundesrepublik
                                                                                               führten auch zu neuen Aufgaben und
                                                                                               Organisationsformen bei den Trägern
                                                                                               der freien Wohlfahrtsverbände. Auch
                                                                                               die Sozialarbeit der AWO wurde pro-
                                                                                               fessioneller. Ausgebildete Fachkräfte
                                                                                               wurden für die Aufgabengebiete Al-
                                                                                               tenhilfe, ambulante Pflege, Schulso-
                                                                                               zialarbeit und die Migrationsdienste
                                                                                               eingestellt. Die Ehrenamtlichen in den
                                                                                               Ortsvereinen der AWO betreuten ihre
Vorstand des AWO Stadtbezirks Botnang: Werner Sixt, Norbert Latuske, Gerhard Dürr (v.l.n.r.)
                                                                                               Mitglieder weiterhin und suchten
                                                                                               nach neuen Aufgabenfeldern.
zialen Notzeiten begann, Ende der                    Die Helferinnen und Helfer der Ar-           Eine besondere Form der ehren-
20er Jahre, auch das Engagement                   beiterwohlfahrt, allen voran Rosl            amtlichen Kooperation zwischen
von Karl und Rosl Hofstetter (geb.                Hofstetter, nahmen wie selbstver-            sehr unterschiedlichen Partnern be-
Hofsäß). Zusammen mit vielen akti-                ständlich die unterbrochene Arbeit           steht seit über 40 Jahren hier in Bot-
ven Helferinnen und Helfern waren                 wieder auf. Ihr Mann war noch bis            nang. Angeregt durch den damaligen
sie für die AWO als Mitgliederorgani-             1948 in Kriegsgefangenschaft. Schon          Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde, Dr.
sation in Botnang aktiv.                          im Sommer 1945 fand im altbekann-            Hans Vorster und das Ehepaar
   Die dramatischen Entwicklungen                 ten „Himmerreich“ die erste Ferien-          Hofstetter (AWO), wurde 1979 der
in der Weimarer Republik, Inflation               freizeit statt. Mit Hilfe von Spenden        „Mittwochnachmittag“        gegründet.
und Arbeitslosigkeit prägten auch                 der Schweizer Freunde, der Skandina-         Die Kath. Kirchengemeinde Botnang
das Leben in Botnang. Die Radikali-               vier und mit amerikanischen Care-Pa-         schloss sich dieser Initiative an. Seit
sierung im deutschen Reich und die                keten war die Verpflegung gesichert.         nunmehr 41 Jahren werden diese
Schwäche der demokratischen Kräf-                 1945 war das keine leichte Aufgabe!          Mittwochsveranstaltungen im Bür-
te ermöglichten die „Machtergrei-                    In Botnang konnte bald ein Kinder-        gerhaus Botnang durch Ehrenamtli-
fung“ 1933 durch die NSDAP. Die Ar-               garten eingerichtet werden, auch die         che geplant und durchgeführt. Der
beiterwohlfahrt wurde mit der SPD                 Arbeit in der Nähstube wurde wieder          Veranstaltungsstopp durch Corona
verboten, ihre Heime wurden be-                   aufgenommen und hatte in der Nach-           wurde von den Besucherinnen und
schlagnahmt, bzw. der „Deutschen                  kriegszeit eine wichtige Funktion.           Besuchern und von den Veranstal-
Arbeitsfront“ unterstellt. Aus der „Ar-              Die Mitgliederzahl wuchs auf über         tern sehr schmerzlich empfunden.
beiterwohlfahrt“ wurde die „National-             300 Mitglieder. Die Mitgliederbeiträ-
sozialistischen Volkswohlfahrt“. Von              ge wurden monatlich bei Hausbesu-               Seit 2015 gibt es in der neuen Bot-
wem und in welchem Umfang das                     chen einkassiert. Durch diese per-           nanger Ortsmitte ein Begegnungs-
Botnanger Waldheim im Himmerreich                 sönlichen Kontakte wurde der                 und Servicezentrum, das von der
weiterbetrieben wurde, ist nicht do-              Zusammenhalt unter den Mitgliedern           AWO geleitet wird. Das Angebot wur-
kumentiert. Es gibt über diese Zeit               gestärkt. So konnten auch notwendi-          de sehr gut angenommen. Der Stopp
keine Berichte und Dokumente.                     ge Hilfen erkannt und organisiert            durch das Coronavirus ist zum Glück
   1945, nach dem Nazikrieg, war                  werden. Die jährlichen Sammlungen            teilweise überwunden. Mit den übli-
Deutschland ein Trümmerfeld. Die                  bei den Geschäften und Betrieben in          chen Einschränkungen ist die Begeg-
Not war groß. Die Arbeiterwohlfahrt               Botnang ermöglichten der AWO wei-            nungsstätte wieder geöffnet.
wurde neu errichtet. Kurt Schuma-                 tere Aktivitäten. Die gut besuchte              Die Mitglieder des Vorstandes der
cher, der Vorsitzende der SPD, und die            jährliche Jahresfeier in der Turn- und       AWO Botnang freuen sich auf die
Vertreter der Arbeiterwohlfahrt be-               Festhalle war ein gesellschaftliches         nächsten, uneingeschränkten Be-
schlossen, die AWO als selbständige               Ereignis, für den Verein aber immer          gegnungen und auf Menschen, die
Organisation der freien Wohlfahrts-               ein großer Kraftakt. In den Sommer-          uns unterstützen wollen. Wir treten
pflege aufzubauen. Die politische und             ferien war die Waldheimzeit im „Him-         ein für: Freiheit, Gleichheit, Toleranz,
konfessionelle Unabhängigkeit wur-                merreich“ für viele Botnanger Kinder         Solidarität und Gerechtigkeit.
de in der neuen Satzung festgelegt.               eine Selbstverständlichkeit.                                          Norbert Latuske

                                                               17 |          aktuell
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