Stuttgart aktuell - Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet
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Stuttgart aktuell akt u e l l DIESMAL ... Hilfe kommt auch in Coronazeiten 100 Jahre AWO Botnang ... und vieles mehr. Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen Viele gute Aktionen durch die verschiedensten Einrichtungen der AWO im Stadtgebiet September 2020 Nr. 145
Inhalt Etwas in die Zukunft retten? 2 Etwas in die Zukunft retten? Corona ist leider noch nicht vorbei – Dankeschön an dieser Stelle allen aber es kommt ganz langsam wieder Haupt- und Ehrenamtlichen für die in 2 Pädagogische Betreuung in eine Art „Normalität.“ Das gibt Gele- dieser Krise geleistete Arbeit. Ein be- Zeiten von Corona genheit, um innezuhalten und auf die sonderer Dank gilt den Mitarbeiten- 4 Lernen, deutsch reden, Spaß haben: letzten Monate zurückzublicken. den im Pflegedienst und der Pfle- Die Hausi-Heroes und ihre Vieles ist passiert: fast alle unsere ge-WG, die während der gesamten Tandempartner trotzen der stationären Dienstleistungen muss- Krisenzeit unter erschwerten „Co- Schulschließung ten wir nach dem „Lockdown“ schlie- ronabedingungen ihre Klient*innen 6 Empowerment in der ßen, viele Menschen – vor allem betreut haben. Auch unsere Mitar- Gemeinschaftsunterkunft auch die Älteren – waren aufgrund beiter*innen in den Einrichtungen, Kameralamtsstraße der Kontaktbeschränkungen mehr die geschlossen werden mussten, oder weniger zu Hause oder im Pfle- haben sich kreative Gedanken ge- 6 Doppelter Krisenmodus für geheim eingesperrt, Hotels und Gas- macht, wie sie helfen könnten. Darü- berufstätige Mütter tronomie hatten wochenlang ge- ber wollen wir in dieser Ausgabe vor 8 Digital Deutsch lernen in Corona- schlossen, viele Firmen machten zu allem berichten! Zeiten bzw. hatten Kurzarbeit oder arbeite- Der Zeitpunkt des Innehaltens gibt ten teilweise im „Homeoffice“, die aber auch Gelegenheit zur Frage, wo 10 Im Interview: Bianca Jahnke Kinder durften nicht mehr zur Schule stehen wir jetzt? In der Normalität, 12 BGS to go und ein Schwätzbänkle: aber auch nicht zu Oma und Opa, wenn man diese als die Zeit vor Co- So meistern Begegnungs- und selbst die Juniausgabe unserer Mit- rona betrachtet, sind wir noch nicht. Serviczentren der AWO in gliederzeitung „aktuell“ konnte nicht Wollen wir überhaupt dahin zurück? Stuttgart die Coronakrise erscheinen, da unsere Journalistin- Vieles haben wir in der Corona Pan- 14 Mehrere tausend Masken für nen keine persönlichen Kontakte demie bewusster wahrgenommen Mitarbeiter, Geflüchtete und aufnehmen konnten. Es gab aber und festgestellt, dass es manchmal Anwohner auch positive Seiten: neben den gut tut unsere Ansprüche und die wichtigen Unterstützungen durch die Schnelllebigkeit etwas herunterzu- 16 Nachrichten aus den Stadtbezirken: Regierung gab es sehr viel Hilfsbe- fahren. Vielleicht gelingt es ja, die 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in reitschaft in der Gesellschaft! negativen Seiten der Krise rasch zu Stuttgart-Botnang zu Zeiten der Nachbarschaftliche Hilfe wurde zum bewältigen und von den positiven Corona Pandemie – (k)ein selbstverständlichen Angebot. Das Seiten etwas in die Zukunft hinüber Jahrhundertereignis!? hatte man vorher in dieser Weise lan- zu retten. 18 Umbau erfordert Zwischenlösung ge nicht mehr erlebt. Ein herzliches Fred Binder 18 Nachruf auf Hilde Baumstark 19 Portrait: Julia Meixner 20 Aufgespießt Pädagogische Betreuung in IMPRESSUM Zeiten von Corona Herausgeber von „aktuell“ ist die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Stuttgart e.V., Olgastr. 63, 70182 Stuttgart, Tel. (0711) 2 10 61-0 Corona hat Leonarda Saravanja und normalen Schulbetrieb für das Mit- Beiträge, Berichte, Leserbriefe sind erwünscht. Matthias Paluszek, die den Ganz- tagsband sowie den sich daran an- Redaktion: Fred Binder tagsbetrieb an der Bismarckschule schließenden Themenunterricht zu- Freie Mitarbeiter: Andrea Nicht-Roth (ann), leiten, vor ganz neue Herausforde- ständig sind und Projekte durchführen, Patricia Beyen (pel), Beate Volmari (vol) Titelfoto: Stuttgarter Zeitung, Max Kovalenko rungen gestellt. Denn auch während nicht etwa jede Menge Freizeit be- Layout und Gestaltung: tebitron GmbH, der Schulschließung haben die bei- schert. Vielmehr haben sie auch wäh- 70839 Gerlingen den AWO-Mitarbeitenden sich in- rend der Schulschließung ihre Schü- Druck: DRUCKtuell Druck- und Verlagsgesellschaft tensiv um die Schüler*innen geküm- ler nicht im Stich gelassen, sondern mbH, 70839 Gerlingen Ausgabe 145 von „aktuell“ erscheint in einer mert und dafür neue Wege intensiven Kontakt gepflegt, soweit er Auflagenhöhe von 4.900 Exemplaren. beschreiten müssen. in Pandemiezeiten möglich ist. „aktuell“ erhalten alle Mitglieder der AWO Stuttgart. „Wie können wir die Kinder errei- Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag erhalten. Der Lockdown hat den pädagogi- chen?“ Diese Frage beschäftigte Leo- Änderungen der Anschriften sind bitte dem Kassier des Stadtbezirks oder der AWO Stuttgart direkt zu schen Fachkräften der AWO, die im narda Saravanja und Matthias Palus- melden. 2| aktuell
dazu sein und sie zumindest aus der Ferne zu unterstützen. Während der Pfingstferien boten die beiden zudem eine Prüfungsvorberei- tung für die Neunt- und Zehntklässler an. In Kleingruppen von drei Schü- ler*innen bereiteten die AWO-Mitar- beitenden auf die Prüfungsfächer vor, damit die Jugendlichen ihren Ab- schluss trotz aller Einschränkungen irgendwie hinbekamen. Mit der Rückkehr der Schüler*in- nen in die Schule wurde die Ausgabe von Lunchpaketen eingeführt. Die langsame Wiederaufnahme des Schulbetriebs brachte eine Überra- schung. Hatten die pädagogischen Fachkräfte Jungen und Mädchen au- ßer Rand und Band erwartet, so zeig- ten die Kinder im Gegenteil große Zu- rückhaltung und sehr gesittetes Benehmen. Die meisten freuten sich einfach, wieder am Regelunterricht teilnehmen zu dürfen. Für manche Leonarda Saravanja und Matthias Paluszek leiten den Ganztagsbereich an der Bismarckschule war es allerdings auch schwierig, aus der Destruktivität des Lockdowns in ein aktives, arbeitsames Leben zu- zek, sobald die Schließung aller im Telefongespräch auftauten. Doch rückzufinden. Schulen beschlossene Sache war. auch persönlicher Kontakt unter Be- Nach den Pfingstferien wurde Wie die Lehrer verlagerten sie ihre Ar- achtung aller Corona-Einschränkun- auch die Projektarbeit wieder aufge- beit ein Stück weit in die digitale Welt. gen fand statt. Unter dem Motto nommen, natürlich unter Wahrung Bei Instagram starteten sie das „Mit- „walk & talk“ boten Saravanja und des Sicherheitsabstands und der Ein- tagsband 2.0“ und forderten über Paluszek den Schüler*innen an, ein- haltung der Hygienevorschriften. Von diesen Account die Bismarckschüler zeln mit ihnen spazieren zu gehen montags bis donnerstags wurden auf, ihnen zu folgen. Bastelarbeiten und bei dieser Gelegenheit auch gern insgesamt 24 Projekte angeboten, sollten, ebenso wie Rätsel oder Film- über ihre Sorgen und Nöte zu reden. die Zahl der Teilnehmenden war auf sequenzen, für Beschäftigung und Ob familiäre Probleme oder Einsam- maximal sechs Schüler beschränkt. Abwechslung sorgen. „Es hat ganz keit durch Social Distancing, die bei- Auch die Notbetreuung konnte aus- gut geklappt, wir hatten schnell un- den hatten für alles ein offenes Ohr. geweitet werden. gefähr 50 Follower und sind auch Viele der Schüler*innen erzählten, Den Lockdown haben Leonarda jetzt noch aktiv“, erzählt Leonarda dass sie fast gar nicht das Haus ver- Saravanja und Matthias Paluszek als Saravanja. ließen aus Angst vor Ansteckung. große Herausforderung empfunden. Doch die pädagogischen Fach- Sie wussten, dass etliche der von ih- kräfte der AWO wollten den Schülern Probleme mit Homeschooling nen betreuten Kids in schwierigen der Werkrealschule nicht nur Zer- Verhältnissen leben und sie beschäf- streuung bieten, sondern sich auch Auch das Homeschooling stellte viele tigte natürlich die Frage, wie sie wohl von ihrem Wohlergehen überzeugen. vor enorme Herausforderungen. Die zurechtkämen. „Die digitale Welt bie- So beschlossen sie, mit ihnen regel- technische Ausrüstung für digitalen tet viele Möglichkeiten, aber man mäßig in telefonischen Kontakt zu Unterricht war oft nicht vorhanden, muss sie sich erstmal erarbeiten“, treten. Von montags bis donnerstags von den Eltern konnten viele keinerlei haben sie wie unzählige andere Men- riefen sie die Kinder an, um zu hören, Unterstützung erwarten. „Wir haben schen erfahren. Und auch wenn das ob es ihnen gut ging. Die Schüler*in- deshalb auch Nachhilfe per Telefon gelungen ist und das Angebot von nen hatten die Möglichkeit, etwaige gegeben und zum Beispiel bei den Telefonaten sowie Spaziergängen Probleme zu besprechen. Das war Matheaufgaben geholfen“, erzählt gut genutzt wurde, fehlte der intensi- eine herausfordernde Aufgabe, da Matthias Paluszek. Er und seine Kol- ve, persönliche Kontakt des ganz viele der Kids nicht gern telefonieren legin wollten ihren Schützlingen das normalen Schulalltags. und es immer etwas dauerte, bis sie Gefühl geben, trotz Corona für sie (vol) 3| aktuell
Lernen, deutsch reden, Spaß haben: Die Hausi-Heroes und ihre Tandempartner trotzen der Schulschließung Sie sind die Super-Mädchen und Super-Jungens der Hausaufgaben und nennen sich die Hausi-Heroes. Hausi-Heroes, das sind die Kinder und Jugendlichen, die während der Corona-Pandemie nicht nur helden- haft zu Hause und gesund bleiben, sondern die auch noch heldenhaft ihre Hausaufgaben machen und deshalb im Lernstoff drin bleiben, auch wenn die Schulen geschlossen sind. Das witzige Wortspiel be- schreibt ein sehr erfolgreiches Pro- jekt des Seminars „International Bu- siness Skills“ der Hochschule für Technik Stuttgart und des Flücht- lingssozialdienstes der AWO. Koor- diniert hat es Johannes Engelhardt. „Als die Schulen wegen Corona ziem- lich plötzlich zu gemacht haben, hat- ten wir in den Flüchtlingsuntertkünf- ten ein großes Problem“, schildert Johannes Engelhardt die Situation im März, „die Kinder dort hatten schon vorher keine sehr guten Bedingungen, aber nach der Schulschließung droh- ten sie völlig abgehängt zu werden: Sie hatten weder Laptops für das digi- tale Lernen, noch hatten sie Internet, und auch die Eltern konnten sie nicht unterstützen.“ So entstand die Idee mit den Hausi-Heroes. 16 Studenten der Hochschule mit ihrem Professor Payam Dehdari hatten bei einem Pra- xiseinsatz bereits Hausaufgabenbe- treuung angeboten und die Resonanz Einige Impressionen von der Übergabe der Laptops war sehr gut gewesen. Vielleicht könnte man das Projekt jetzt, da in den Unterkünften Besuchsverbot zwar in den Unterkünften Internet fi- sich auch heraus, dass die 16 Studen- herrschte, digital aufziehen? nanziert, aber nicht in allen Räumen ist ten das nicht allein stemmen konnten. Zunächst wurde der Bedarf erho- der Empfang gut. Schnell stellte sich „Wie sollten wir das Projekt groß ben: Wer braucht wobei Hilfe? Was heraus, dass 50 Kinder in den sieben machen?“ fragten sich Johannes En- trauen sich die Studenten zu? Viel lief großen Gemeinschaftsunterkünften gelhardt und seine Mitstreiter. Also in den ersten Tagen über die Mobilte- Untertürkheim und Obertürkheim, wurde unter den Freundeskreisen für lefone der Eltern, denn nicht alle Kin- Rohr, Feuerbach, Zuffenhausen, das Projekt geworben; viele waren der und Jugendlichen hatten selbst Stammheim und Mitte Bedarf an Lern- ohnehin gerade in Kurzarbeit oder im ein Handy. Die Freundeskreise hatten hilfe hatten. Genauso schnell stellte Homeoffice und wollten unbedingt 4| aktuell
etwas tun. So fanden sich bis heute konnten interkulturelle Kompetenz „Schreibtisch“ für die Hausis dient – rund 40 Ehrenamtliche zusammen, beweisen und viele Vorurteile abbau- jedem Bewohner der Unterkunft ste- die 40 Kinder und Jugendliche ab en.“ Zum Beispiel, dass sich die Kin- hen schließlich nur 4,5 qm Wohn- Klasse fünf eins zu eins betreuen. Die der in den Unterkünften oft nicht so raum zu. ältesten sind 22 Jahre alt und in Aus- aufs Lernen konzentrieren können, Ein großes Glück war, dass die bildung. Kommuniziert wurde per weil sie andere Aufgaben haben, die Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nach Whatsapp, Skype oder per E-Mail. sie eigentlich noch gar nicht haben richten die Aktion mit einer großzügi- Groß war die Freude, wenn sich Schü- sollten: Für die Eltern dolmetschen, gen Geldspende aus der Coro- ler und „Lehrer“ zwischendurch auch weil sie besser deutsch sprechen als na-Hilfsaktion unterstützt hat, so mal sehen konnten. Unterrichtet wur- die Erwachsenen, im Haushalt helfen, dass 50 Laptops angeschafft werden de Mathe und Deutsch, Geografie, auf jüngere Geschwister aufpassen konnten. Diese Laptops dürfen die Englisch, Französisch und Präsenta- – und das alles auf sehr engem Schüler behalten. „Die Familien leben tionen erstellen. Vor allem aber waren Raum. Die Studenten lernten, dass es von Grundsicherung, da ist kein Lap- die Ehrenamtlichen auch diejenigen, gute Gründe geben kann, warum top drin!“, sagt Johannes Engelhardt. die Deutsch mit den Kindern und Ju- manchmal fürs Lernen keine Zeit ist. Wie geht es nach den Ferien wei- gendlichen gesprochen haben, als Auch für die Ehrenamtlichen war ter? Die Studierenden und die Ehren- das in der Schule weggefallen war. die Arbeit mit einem Aha-Effekt ver- amtlichen haben bereits signalisiert, Zweimal die Woche traf sich das je- bunden: Lernerfolg hängt auch da- dass sie weiter machen wollen, auch weilige Tandem, spielte auch mal Uno mit zusammen, mit welchen Privile- das Projekt Hausi-Heroes soll weiter miteinander und erzählte einfach vom gien man aufwächst – Platz und Zeit gehen, nicht nur digital, sondern auch Alltag. Manche Beziehung wurde da- zum Lernen, unterstützende Eltern vor Ort. Und vor allem wünscht sich bei so vertraut, dass auch die Flucht- zum Beispiel. Und sie erlebten, wie Johannes Engelhardt, dass die Unter- geschichte erzählt werden konnte, hochmotiviert die Kinder in den künfte mit Internet ausgestattet wer- hat Johannes Engelhardt beobachtet. Flüchtlingsunterkünften trotz allem den: „Das ist so wichtig! Es gibt kaum Für die Studierenden sei das eine sind, auch wenn, bei den beengten eine Hausaufgabe, für die man keine Win-Win-Situation gewesen: „Sie Wohnverhältnissen, ein Bett als Internetrecherche braucht.“ (ann) R Ü N D E, D IE Z IE HEN: Z W E I W EC H SE LG Was entscheidet über einen Versicherungswechsel? Der Preis? Oder die Leistung? Wir sind der Meinung: Auf beides kommt’s an. Deshalb machen wir Ihnen den Wechsel zur WGV mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis besonders schmackhaft. WGV Versicherung. Die mit dem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Jetzt zum WGV Servicezentrum Stuttgart Testsieger Feinstraße 1 – Ecke Tübinger Straße wechseln! 70178 Stuttgart Telefon: 0711 1695-1500 wgv.de RZ_WGV-19-0012-03_AZ_Wechsel_210x148_4c.indd 1 08.05.19 10:49 5| aktuell
Empowerment in der Gemeinschaftsunterkunft Kameralamtsstraße Nach Einführung der Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln und Supermärkten bot ein Bewohner unserer Unterkunft an, Masken zu nähen. Er hat mit den vorhandenen Materialien insgesamt 68 Masken genäht! Wir freuen und bedanken uns sehr über sein Engagement! Spagat zwischen Kinderhüten und Arbeit Doppelter Krisenmodus für berufstätige Mütter Das Bild von entspannt lächelnden schooling müssen unter einen Hut lernt werden. Scanner und Drucker Eltern, die ihre zufriedenen Kinder gebracht werden. mussten für alle verfügbar sein. um sich geschart haben und gleich- Barbara Kreso-Batarilo hat den „Mein Mann hatte kein Homeoffice zeitig konzentriert am Laptop arbei- Lockdown als sehr anstrengende und war dann abends sehr gefragt“, ten, zeigt die Idealvorstellung von Zeit erlebt und stellt jetzt lachend erzählt Barbara Kreso-Batarilo. Homeoffice. Die Realität sieht etwas fest: „Es ist wunderschön, wieder im Während die beiden „Großen“, die anders aus. Einige AWO Mitarbeite- Büro zu sein.“ Gleichzeitig in die Rol- das Gymnasium besuchen, ihr Ho- rinnen erzählen von den Herausfor- len der Lehrerin, Erzieherin, Spiel- meschooling bald selbstständig ge- derungen, ihre beruflichen Aufgaben partnerin, Mutter, Hausfrau und Ar- meistert haben, benötigte die Jüngs- zu bewältigen und gleichzeitig den beitnehmerin zu schlüpfen und allen te immer wieder Hilfe am Computer. Nachwuchs zu betreuen, zu beschu- gleichermaßen gerecht zu werden, „Und gleichzeitig brauchte ich Ruhe len und zu bespaßen. hat die dreifache Mutter als große bei meinen eigenen Videokonferen- Herausforderung empfunden. Hinzu zen“, musste die Mitarbeiterin der Das Land im Corona-Krisenmodus: kam der „digitale Stress“, der sie Jugendmigrationsdienste ihren Kin- Während die einen primär unter dem ebenso wie die drei Kinder im Alter dern deutlich machen, dass sie in „Social Distancing“ leiden und ande- von sieben, zwölf und fünfzehn Jah- dieser Zeit ausschließlich Arbeitneh- re um ihre Existenz bangen, haben ren vor allem in der Anfangsphase merin war. Mit 13,5 Stunden Be- berufstätige Mütter mit einer weite- ereilt hat. Wie funktionieren Lernpro- schäftigung sei die Zeit zwar sehr ren Herausforderung zu kämpfen. gramme und Videokonferenzen? anstrengend, aber zu händeln gewe- Arbeit, Kinderbetreuung und Home- Das musste erst ausprobiert und ge- sen. Wie die Herausforderung Ho- 6| aktuell
meoffice in Kombination mit Schul- während des Lockdowns in ihrem Die beiden Kinder von Bianca und Kindergartenschließung bei Büro bei der AWO. Für die Betreuung Jahnke sind mit 14 und 16 Jahren einer Vollzeitstelle gemeistert wer- des dreieinhalbjährigen Sohnes, der zwar „aus dem Gröbsten raus“, doch den soll, kann sie sich nicht vorstel- normalerweise die Kita besucht, trotzdem war sie als Mutter während len. „Ein Gutes hatte das Ganze aber mussten deshalb nach Schließung des Homeschoolings sehr gefordert. auch: Man weiß jetzt, wie es läuft der Betreuungseinrichtungen im Immer wieder musste sie ermuntern, und könnte auch mal Homeoffice März andere Lösungen gefunden die Lernzeiten auch ohne Präsenz machen, wenn ein Kind krank ist.“ werden. „An zwei Wochentagen unterricht einzuhalten und den Lern- Als „absolute Herausforderung“ konnte mein Mann, der eine 50-pro- stoff durchzuackern. Hierbei stellte hat Julia Toma die Zeit der Schul- zentige Stelle hat, unseren Sohn hü- sie fest, dass die Schulen das Home- schließung erlebt. Die Mutter von ten“, erzählt die junge Mutter. Für die schooling unterschiedlich gut ge- zwei Söhnen im Alter von zehn und anderen Tage wurde auf die Ver- meistert haben. „In der Berufsfach- 14 Jahren hat sich zeitweilig wie wandtschaft zurückgegriffen wie schule meines Sohnes gab es ein eine Lehrerin gefühlt. Der Kontakt Oma und Tante im selben Haus, den gutes Konzept mit viel Online-Unter- der Schulen lief über ihren Mail- Opa im nächsten Ort oder Nora Yildi- richt und konkreten Ultimaten für die Account, sie musste die Anweisun- rims Schwester, die 60 Kilometer Aufgaben“, spricht sie der Wer- gen checken, Arbeitsmaterialien entfernt wohnt. Dort konnte der Klei- ner-Siemens-Schule ein dickes Lob ausdrucken, erklären und helfen. „In ne auch übernachten, im Gegenzug aus. Das Konzept in der Gemein- dieser Zeit hat man gemerkt, welche wurde dann der Nachwuchs der schaftsschule, die ihre Tochter be- Lehrer besonders medienaffin und Schwester mitgenommen und gehü- sucht, sei hingegen noch nicht so engagiert sind“, so ihre Erfahrung. tet. Als die erweiterte Notbetreuung richtig ausgereift gewesen. Nur we- Dass sie in der Zeit der Schulschlie- in den Kitas eingeführt wurde, hat die nige Sitzungen am Computer, dafür ßung Homeoffice machen konnte, Familie ihr familiäres Betreuungs- viele Aufgaben über die Lernplatt- bezeichnet sie als großes Glück. system noch etwa drei Wochen auf- form und per Mail erforderten von Ohne die große Flexibilität der AWO rechterhalten, bis der Sohn dann ab den Schülern sehr selbstständiges wäre die Herausforderung für sie Mitte Juni wieder die Kita besuchte. Arbeiten und viel Disziplin. „Ein kon- kaum zu stemmen gewesen. „Ich „Es war eine große Herausforderung. kreter Plan hat gefehlt“, so Bianca konnte mir meine Arbeitszeit frei ein- Die viele Fahrerei war umständlich, Jahnke, die viel Hilfe und Motivation teilen und musste nicht von 9 bis 13 aber mit der Familie im Hintergrund leisten musste. Natürlich hatte die Uhr am Computer sitzen. So konnte waren wir sehr gut aufgestellt“, er- Leiterin der BGS Zuffenhausen auch ich zwischendurch auch mal eine klärt Nora Yildirim, dass die Kinder- ihre eigene Arbeit zu bewältigen. halbe Stunde meinen Söhnen helfen. betreuung während des Lockdowns Zwar war die BGS während des Dafür habe ich dann abends noch et- „umständlich, aber stemmbar“ ge- Lockdowns für den offenen Besu- was gearbeitet“, erzählt sie. Mit einer wesen sei. cherverkehr geschlossen, aber die halben Stelle ist Julia Toma in der Katrin Laudenbach wollte eigent- Beratung mit Einzelterminen sowie Bildungsberatung tätig. Da ein guter lich im Mai ihre Elternzeit beenden die telefonische Betreuung und Be- Teil ihrer Arbeit die Organisation der und in der Wohnbegleitung begin- ratung wurden aufrechterhalten. Ab- Deutschkurse betrifft, die Sprach- nen. Doch Corona machte der zwei- wechselnd mit ihrer Kollegin war sie schulen während des Lockdowns fachen Mutter einen Strich durch die vor Ort und im Homeoffice. „Es war aber auch geschlossen blieben, war Rechnung. Just als für den einjähri- eine anstrengende Zeit, ich war froh, ihr Arbeitspensum insgesamt her- gen Sohn die Eingewöhnungsphase als die Schulferien angefangen ha- untergefahren. in der Kita beginnen sollte, kam der ben“, stellt Bianca Jahnke fest. (vol) Die Coronakrise hat die Familie Lockdown. Und damit war dann auch genutzt, gemeinsam eine schö- auch die dreijährige Tochter, die ne Zeit zu verbringen. Julia Toma er- schon länger den Kindergarten be- zählt von vielen gemeinsamen Rad- sucht, wieder daheim. „Erst war es touren. Doch nach ein paar Wochen etwas stressig, aber dann klappte es wurde die Sehnsucht der Söhne gut und ich fand es schön, mit bei- nach ihren Freunden immer größer den Kindern daheim zu sein“, erzählt und sie äußerten zunehmend den Katrin Laudenbach. Mitte Juni star- Wunsch nach Unternehmungen mit tete sie bei der AWO mit zunächst Gleichaltrigen. zwei Wochentagen, während ihr Homeoffice war für Nora Yildirim, Mann Urlaub für die Eingewöh- die Abteilungsleiterin Migrations- nungsphase des Sohnes nahm. Ih- und Jugendsozialarbeit, nicht mög- ren vollen Stellenumfang von 21 lich. „Ich bin für zu viele Ansprech- Stunden konnte Katrin Laudenbach partnerin“, deshalb war sie auch ab August aufnehmen. 7| aktuell
Jugendmigrationsdienst der AWO bietet Schülerinnen und Schülern Online-Video-Unterricht – Stadt fördert Angebote Digital Deutsch lernen in Corona-Zeiten Die Landeshauptstadt fördert seit klassen ergänzt werden, haben sich Viele Jugendliche reagierten aufge- 2012 die Deutschkurse des Jugend- bewährt. In Angeboten zur Prüfungs- schlossen, denn ohne den regelmä- migrationsdiensts der AWO Stutt- vorbereitung können Lerninhalte in ßigen Schulbesuch, häufig in beeng- gart im Rahmen eines ergänzenden Mathe oder Englisch aufgeholt oder ten Wohnsituationen, ist es vielen Deutschunterrichts. Das ermöglicht EDV-Kenntnisse verbessert werden, langweilig. Darüber hinaus fehlen jedes Schuljahr bis zu 100 Schüle- wenn diese beispielsweise für eine Gelegenheiten, Deutsch zu sprechen rinnen und Schülern, besser Deutsch Präsentationsprüfung notwendig und das bereits Erlernte zu üben.“ Der zu lernen. Seit Mitte März ist alles sind. Wie aber erreicht man in einer 16-jährige Muhammad ist sehr moti- anders: Mit der Schließung der Zeit, in der persönliche Kontakte fast viert: „Wir sind geboren, um zu lernen, Schulen wegen der Corona-Pande- nicht möglich sind, Jugendliche, die und niemand kann uns davon abhal- mie musste auch das Bildungsange- kaum Deutsch sprechen und oft we- ten. Es gibt immer eine Methode für bot der AWO eingestellt werden. nig geübt sind in der Nutzung digita- jedes Problem, und der Online-Unter- Jetzt lernen die Schülerinnen und ler Medien? Die hauptamtlichen richt ist unsere Lösung.“ Schüler Deutsch im Online-Unter- Fachkräfte des Jugendmigrations- Die Mitarbeiterinnen haben On- richt. diensts haben versucht, die Jugend- line-Konzepte entwickelt, die Beglei- lichen per Telefon, E-Mails, SMS oder tung und Förderung der Jugendlichen Die wöchentlichen Präsenzangebote über Messenger-Dienste zu errei- unter den geänderten Bedingungen im Fach Deutsch für Schülerinnen chen. Bei vielen gelang dies, und die digital fortzuführen. Monica Furch und Schüler aus Vorbereitungsklas- Mitarbeiterinnen konnten den Ju- vom AWO Jugendmigrationsdienst sen, die zur Prüfungsvorbereitung gendlichen signalisieren: „Wir unter- erläutert: „Die ersten zwei Gruppen durch Nachmittags- und Ferienlern- stützen euch, auch wenn wir uns ge- ‚Einfach Deutsch‘ konnten bereits angebote für Jugendliche aus Regel- rade nicht persönlich treffen können. nach den Osterferien mit einem On- Variante „normale auslieferung“ Menüservice der AWO Stuttgart unverbindlich kennenlernen Für die Unterstützung und künstliche Aromen konse- Sicherheit im Alltag bietet die quent verzichtet. Je nach AWO Stuttgart neben Haus- Wunsch liefern die Menüku- notruf und Pflege auch einen riere täglich heiß oder einmal Menüservice an. pro Woche tiefkühlfrisch ins Haus – an 365 Tagen im Jahr, Das Mittagessen wird von ganz ohne vertragliche Bin- Menükurieren direkt ins dung. Der Menüservice kann Wir bringen Ihnen Haus gebracht. Dabei reicht z. B. mit dem Kennenlern- den Genuss ins Haus! das attraktive Angebot von Angebot „3 x Menügenuss Hausmannskost, regionalen ins Haus“ für nur 5,49 € pro -Angebot Leckere Menüs in Kennenlern uss“ für Speisen und Genießermenüs Menü unverbindlich getestet großer Auswahl „3 x Menü gen bis hin zu Diäten und Kost- werden. Dazu Desserts, Salate r 5 ,4 9 € pro Menü. n u formen. Bei speziellen Er- ellen! und Kuchen Jetz t best nährungsfragen hilft die Die Kundenberatung des Auch für Diäten Ernährungsberatung weiter. Menüservice erreichen Sie Im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt Gekocht wird mit natürlichen persönlich Montag bis Frei- Kreisverband Stuttgart e. V. Zutaten, dabei wird auf Zu- tag von 8–18 Uhr unter der Tel. 0711/45 95 09 09 sätze wie Geschmacksver- Nr. 0711/45950909. Stuttgart stärker jeglicher Art oder Menüservice apetito AG · Bonifatiusstr. 305 · 48432 Rheine PR-Anzeige-Allgemein-AWO-Stuttgart.indd 1 25.01.16 16:21 8| aktuell
line-Video-Unterricht beginnen. Mitt- lerweile sind drei weitere Gruppen Aufgabe des Jugendmigrati- Mehr unter: digital gestartet. Damit finden fünf onsdiensts der AWO ist die indivi- www.awo-stuttgart.de/index.php/ der sieben Kurse wieder statt, zwei- duelle Beratung und Begleitung migrantinnen/jugendmigrations- fellos unter erschwerten Bedingun- junger Menschen mit Migrations- dienste gen, aber immerhin mit mehr als der hintergrund zur Verbesserung der Telefon 21061-70 Hälfte unserer Kursteilnehmerinnen Integrationschancen. Zudem fin- E-Mail: jugendmigrationsdienst@ und -Teilnehmer.“ den Gruppenangebote statt, und awo-stuttgart.de. Viel Zeit mussten die Mitarbeite- es gibt Beratung in migrationsbe- rinnen im Vorfeld investieren, um den dingt schwierigen Lagen und Kri- korrekten Einsatz der notwendigen sensituationen. Konferenz-App zu vermitteln. Die App kann von jedem Handy aus be- dient werden. Eine wichtige Voraus- toeva: „Unsere Schülerinnen und Akteuren, die sich auf so großartige setzung, denn viele Jugendliche be- Schüler sind in erster Linie Kinder, Weise für die Kinder und Jugend sitzen keine weiteren technischen die Zuwendung und Verständnis lichen in der Stadt einsetzen.“ Endgeräte. Bei begrenztem Datenvo- brauchen, vor allem in dieser beson- Für die kommenden Wochen will lumen kann am Online-Unterricht deren Situation. Wahrscheinlich der Jugendmigrationsdienst der AWO auch ohne Videofunktion teilgenom- nehmen sie deshalb unser On- ein „Misch-Modell“ etablieren, sobald men werden. line-Angebot so offen und interes- die Verordnungen dies zulassen. Ein Je höher das bereits vorhandene siert an.“ Beide ziehen ein positives wöchentliches Präsenzangebot soll Deutschniveau der Schülerinnen und Fazit. Das Angebot werde von allen in Kombination mit dem Online-An- Schüler, desto besser gelingt die Teil- Beteiligten als gute und sinnvolle Art gebot die Beziehungsarbeit stärken, nahme am Online-Unterricht. Im Al- des Unterrichts während der Coro- eine größere Methodenvielfalt bieten phabetisierungskurs ist die Zahl der na-Krise gesehen, auch wenn dieser und die Teilnehmenden in der Nut- Teilnehmenden bisher deshalb nur nur temporär der Überbrückung die- zung digitaler Anwendungen schulen, gering. Aber nicht nur die techni- ne und kein vollwertiger Ersatz für bis die Kurse wieder wie gewohnt schen und sprachlichen Hürden sind den Präsenzunterricht sei. Die Bür- stattfinden können. Was bleiben wird, zu überwinden, viele Schüler haben germeisterin für Jugend und Bildung, ist eine erweiterte digitale Kompetenz keinen Platz, an dem sie ungestört Isabel Fezer: „Es ist wichtig, dass wir auf Seiten der Schülerinnen und dem Online-Angebot folgen können. in dieser schwierigen Zeit auf das Schüler, aber auch bei den Kursleitun- Ein eigenes Zimmer haben die we- große Engagement der Fachkräfte gen. Nach dem Motto „Behaltet das nigsten. Oft bleibt nur das gemeinsa- zählen können. Ohne die vielen krea- Gute“ werden die digitalen Möglich- me Wohnzimmer, das sich alle Fami- tiven Ansätze wären diese wichtigen keiten sicher künftig auch im Präsen- lienmitglieder teilen müssen. Da wird Online-Angebote für die Jugendli- zangebot eine stärkere Rolle spielen. eine Parkbank oft zum Lernort um- chen nicht möglich. Ich danke allen Stuttgarter Amtsblatt vom 18.6.2020 funktioniert. Die langjährige Kursleiterin Svet- lana Onkhotoeva lobt ihre Schülerin- nen und Schüler: „Sie nehmen den Online-Unterricht ernst, erledigen ihre Hausaufgaben und sind pünkt- lich im virtuellen Kursraum.“ Nur die technischen Voraussetzungen seien nicht immer ideal. Kursleiterin An- nette Lui ergänzt: „Online-Unterricht Helfe n ist in Zeiten geschlossener Schulen mit Ih Sie rer S eine gute Möglichkeit, mit den Schü- pend e! lerinnen und Schülern in Kontakt zu bleiben. Sie können so die deutsche Spendenkonto der Sprache regelmäßig anwenden, was AWO Kreisverband Stuttgart in ihrem privaten Umfeld häufig nicht der Fall ist.“ Wie wichtig eine ge- Bank für Sozialwirtschaft meinsame Basis zwischen Schüle- IBAN: DE54 6012 0500 0006 7420 02 rinnen und Schülern und Kursleite- Stuttgart aktuell rinnen ist, wurde in den vergangenen BIC: BFSWDE33STG Wochen deutlich. Svetlana Onkho- 9| aktuell
Hier eine Übersicht von Aktionen der Begegnungs- und Serviczentren während der Coronaschließung (nicht unbedingt vollständig). Über einige dieser Aktionen – was keine Wertung beinhaltet – werden wir auf den folgenden Seiten berichten. Alle BGS’n: vermehrte Telefonkontakte Hausbesuche unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregelung vermehrte Hilfe bei Einkäufen Einzelberatungen nach Terminvereinbarung Koordination der Nachbarschaftshilfe unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregelung Blumenstraußaktion über „Hilfe für den Nachbarn“ Essen werden ausgefahren bzw. Mittagstisch über „Apetito“ organisiert Botnang: Nachbarschaftshilfekreis ins Leben gerufen in Kooperation mit EVA, katholischer und evangelischer Kirchengemeinde Hallschlag: Zwei Hofkonzerte Postkartenaktion an Klient*innen/ Besucher*innen Ehrenamtliche aus Hilfeaktion - Kontakt zu Personen z. B. mit Depressionen hergestellt Betreuung von Menschen mit psychischen Problemen durch eine ehrenamtlich tätige Psychologin Untertürkheim: Maskennähaktion – 400 Masken Gedächtnistraining 2go Kuchenaktion Blumenaktion Möhringen: Zwei Kuchenabholaktionen: 50 Anmeldungen über WhatsApp, Aushänge und telefonisch Dürrlewang: Maskennähaktion Bauchtanzkurs wird online angeboten Süd: Maskennähaktion „Öffne-mich-wenn-Briefe“ für Klient*innen mit psychischer Belastung Koordination „Hilfeaktion für Ältere“ Wohnungslose ohne Anlaufstelle wurden unterstützt (Einzelberatung, Telefonate mit Ämtern) Seelberg: Motivation zum Spaziergang Maskennähaktion Gedächtnistraining 2go Kuchenabholaktion: Muffins 2go Obertürkheim: Kontaktspaziergang Ost: Telefonkontakte/Infozettel Fasanenhof: Renovieraktion der BGS mit Ehrenamtlichen, dank Materialspende des AWO Stadtbezirks Filder Feuerbach: Telefonkontakte/Infozettel Hedelfingen: Ostergrüße-Karten + Geschenkle, Postkartenbastelaktion, Sprechstunde vorm Haus Zuffenhausen: Hofkonzert in Kooperation mit Caritas Haus Adam-Müller-Gutenbrunn (Termin 24.06.2020) Gedächtnistraining 2go Wohnberatung: Telefonkontakte / Infozettel 10 | aktuell
Interview „Die Schließung der Begegnungsstätten hat an den Menschen gezerrt“ ten sortiert, Inventar und Material der Öffentlichkeit jetzt schon wieder geordnet, verschenkt oder entsorgt. etwas in Vergessenheit geraten ist. Zudem haben wir die Zeit genutzt, so Das ist bei uns aber nicht so. Es ist wie die anderen Begegnungs- und nach wie vor präsent. Es gibt viele Ge- Servicezentren auch, um Dinge, die spräche darüber, wie es nach dem im Alltag mal liegen geblieben sind, Sommer wird, wenn man etwa nicht aufzuarbeiten. mehr ständig lüften kann. Ich glaube, dass uns das Thema noch eine ganze Welche Auswirkungen hatten das Weile begleiten wird. Auch in unserem Virus und die Schließzeit auf die Begegnungs- und Servicezentrum. Klientinnen und Klienten? Tatsächlich haben die Isolation und Wie hat sich Ihre Arbeit durch Corona die coronabedingte Schließung der verändert? Begegnungsstätten an den Men- Wir versuchen unsere Angebote und schen gezerrt, psychisch und phy- das Programm auf Corona abzustim- sisch. Das sagen viele auch selber. men. Es gibt kein Singen und Tanzen Im Interview: Bianca Jahnke Durch weniger Bewegung und weni- bei uns, dabei sind das eigentlich im- ger abwechselnde äußere Reize ha- mer die Highlights für die Besuche- Kein Tanzen, kein Kochkurs, keine ben die Fähigkeiten einiger Klientin- rinnen und Besuchern gewesen. Und Gymnastik und kein Mittagstisch: nen und Klienten kognitiv und auch keine Kochprojekte. Da warten die sonst so gut besuchten Begeg- physisch deutlich abgenommen. Im die Besucherinnen und Besucher da- nungs- und Servicezentren in Stutt- Gespräch und in der Begegnung be- rauf, dass das wieder stattfindet. Für gart waren im Frühjahr coronabe- obachten wir, dass sich durch die uns stellt sich auch die Frage, wie wir dingt geschlossen. Die Einrich- Isolation einige Besucherinnen und in der Begegnungsstätte Alltag her- tungsleiterin der Begegnungsstätte Besucher stark verändert haben. stellen und dabei auch Sicherheit Zuffenhausen Bianca Jahnke be- vermitteln können. richtet im Interview darüber, wie Wie gehen Ihre Klienten mit dem The- Außerdem telefonieren wir nach wie sich Ihre Arbeit durch das Virus ver- ma Virus um, wie verhalten sie sich? vor sehr viel mit unseren Klientinnen ändert hat. Manche Klienten waren so verunsi- und Klienten. chert, dass sie wochenlang gar nicht Ansonsten halten auch wir uns an die Frau Jahnke, knapp drei Monate war aus dem Haus gegangen sind. Etwa Hygienevorschriften: Die Tischord- die Begegnungsstätte in Zuffenhau- eine ältere Dame, die am Waldrand nung wurde verändert, die Mitarbei- sen geschlossen. Was haben Sie in lebt und gut auch hätte im Wald spa- terinnen und Mitarbeiter tragen bei der Zeit gemacht? zieren gehen können, dies aber auf- der Begegnung mit den Besucherin- Während der Schließzeit sind wir mit grund ihrer Ängste nicht tat. nen und Besuchern Masken. Auch unseren Klientinnen und Klienten in Die meisten Besucherinnen und Be- beim Mittagstisch wurden die Abläu- ständigem Kontakt geblieben, haben sucher haben großen Respekt vor fe verändert. Kreuzwege werden zum sehr viel mit ihnen telefoniert und ha- dem Virus. Generell gibt es, meiner Beispiel dadurch vermieden, dass die ben ihnen Blumensträuße vorbeige- Meinung nach, zwei Gruppen. Die ei- Besucherinnen und Besucher das bracht. Wir haben regelmäßig zum nen sind sehr ängstlich und vorsich- Schmutzgeschirr nicht mehr an der Beispiel eine Art Brief mit Gedichten tig. Die anderen sagen sich, dass sie Theke zurückgegeben, sondern auf und Denksportaufgaben, ein „Ge- sich den Lebensabend nicht verder- einem separaten Wagen abstellen. dächtnistraining 2go“ für unsere Kli- ben lassen wollen. Aber alle halten Während der Schließung haben wir entinnen und Klienten erstellt und an sich an die Regeln. außerdem verstärkt im Schichtmo- diese verschickt. dell in Heimarbeit gearbeitet. Außerdem ziehen wir bald um und Wie präsent ist das Thema noch bei haben die Zeit genutzt, um das Be- den älteren Menschen? Können Sie dem Ganzen auch etwas gegnungs- und Servicezentrum um- Man könnte glauben, dass der res- Positives abgewinnen? zugsbereit zu machen. Wir haben Ak- pektvolle Umgang mit dem Virus in Durch Corona haben sich tatsächlich 11 | aktuell
neue Chancen aufgetan. Plötzlich In unserer Einrichtung gab es früher neue Begegnungen entstanden, die ist, zum Beispiel in einem anderen beim Mittagstisch eine feste Sitzord- alten Strukturen sind aufgeweicht Begegnungs- und Servicezentrum, nung. Durch die Neuordnung der worden. Das tut den Besucherinnen Sport im Freien möglich. Die Besu- Tische aufgrund von Corona hat sich und Besuchern meines Erachtens cherinnen und Besucher machen da diese verändert. Dadurch sind neue sehr gut. jetzt mit und finden das toll. Möglichkeiten zur Unterhaltung und pel BGS to go und ein Schwätzbänkle: So meistern Begegnungs- und Serviczentren der AWO in Stuttgart die Coronakrise Als im März die Corona-Pandemie Ausnahmesituation allein, entwickel- das öffentliche Leben lahmlegte, als ten Ängste. „Da haben wir beschlos- die Begegnungsstätten schließen sen, dass wir mehr machen müssen.“ mussten, war nichts mehr wie zuvor. Das „Mehr“ bestand in Hausbesu- Wie haben die Leiterinnen und Leiter chen und der Bedarf an Gesprächen, der Einrichtungen auf diese Heraus- Kontakt und Ansprache war riesig. forderung reagiert? Wie die Besu- „Wir hätten rund um die Uhr herum- cherinnen und Besucher? Wir haben fahren können und die Leute besu- bei zweien nachgeschaut: Bei den chen – so entstand die „Begegnungs- Begegnungs- und Serviczentren stätte to go“. Widderstein in Untertürkheim und in Natürlich mussten bei diesen Be- Hedelfingen im Bürgerhaus. suchen die Coronaregeln beachtet werden, die Besuche wurden telefo- „Nach dem Lockdown haben wir den nisch angemeldet, man traf sich mit Telefonkontakt zu unseren Besuche- Abstand im Hausflur. Diese Besuche rinnen und Besuchern intensiviert“, kamen sehr gut an, brachten Ab- sagt Corina Küßner, die Leiterin der wechslung und jene Struktur in den BGS Widderstein in Untertürkheim, Alltag, für die sonst der regelmäßige Frau Andric und Frau Kächele aus der BGS „aber schnell war klar, dass das nicht Besuch der Begegnungsstätte sorgt. Widderstein beim Masken nähen. reicht. Wir kennen die Situation unse- An drei Tagen in der Woche war Be- rer Besucher und konnten Verände- suchstag, 20 bis 25 Stammgäste Kleinigkeit aus dem Basar, der ja rungen und neue Bedürfnisse fest- standen auf der Besuchsliste „und die auch nicht stattfinden konnte: „Das stellen.“ Viele fühlten sich in der Leute wollten uns kaum gehen las- war klasse, da reden die Leute heute sen“, erinnert sich Corina Küßner. noch davon!“ Telefonate von mor- „Problemgespräche“ vermieden die gens bis abends gab es auch in He AWO-Mitarbeiterinnen, denn: „Wir delfingen und noch etwas hatten sich wollten die Leute ja unterstützen und die Leiterin Ilka-Renata Eckert und ein bisschen Normalität herstellen.“ Hildegard Walter einfallen lassen: Ein Geld aus der Corona-Hilfsaktion von Schwätzbänkle vor dem Haus, auf Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nach- richten machte es möglich, dass bei einem Besuch sogar Blumensträuße mitgebracht werden konnten – das war eine besondere Freude in diesem unsicheren und ungewohnten Alltag. Der Blumengruß kam auch bei den Stammgästen der BGS Im Bürger- haus in Hedelfingen sehr gut an, be- Erna Schreiber (links) freut sich über den richtet Hildegard Walter. An Ostern Farbenfrohe Maskenproduktion aus dem Blumengruß von BGS-Leiterin Corina Küßner gab es eine Karte und eine gebastelte Begegnungs- und Servicezentrum 12 | aktuell
Vielen sei auch bewusst gewor- den, was sie an der Begegnungsstät- te haben, sagt Corina Küßner, selbst wenn man nicht zu den regelmäßigen Besuchern gehört, weiß man: man könnte kommen, wenn mal wollte. Und manche(r) blühte regelrecht auf: Die Haltung, die Motorik, die Ge- sichtsfarbe verbessern sich. „Alle sa- gen, sie sind so froh, wieder her kom- men zu können“, sagt Corina Küßner, „und man sieht es ihnen auch an!“ Eine von denen, die sich freut, wie- der in die Begegnungsstätte zu kom- men, ist Frau K., die im Haus am Weinberg wohnt und immer montags zum Gedächtnistraining und diens- tags zum Spielenachmittag kommt. Schlimm sei sie gewesen, die Zeit des Eingeschlossenseins. „Aber als Be- such von der AWO kam, Blumen und die Übungsblätter fürs Gedächtnist- raining vorbei gebracht hat, habe ich mich ganz arg gefreut! Das war echt super!“ (ann) dem kurz vor Mittag BGS-Mitarbeite- rinnen für ein Gespräch – auf Ab- stand natürlich – bereit saßen. Weil die Begegnungsstätte an der Endhal- testelle der U-Bahnlinien 9 und 13 liegt, kam oft jemand auf einen Schwatz vorbei. Die Frauen der Handarbeitsrunde nähten Masken und als es nirgends mehr Toiletten- papier gab, fand der Ehemann einer Mitarbeiterin auch da eine Lösung. So konnten regelmäßig ein paar Rol- len des wertvoll gewordenen Papiers an die Nachbarschaftshilfe ausgege- ben werden. „Am Anfang sind wir wirklich in ein Loch gefallen“, erinnert sich Hildegard Walter, „aber trotzdem war es auch eine kreative Zeit.“ Inzwischen hat sich manches wie- der normalisiert, wobei die Restriktio- nen in Hedelfingen strenger sind, weil dort im Haus mehrere Institutionen untergebracht sind. In Untertürkheim saßen die Gäste zunächst allein an den Tischen, was sehr unterschiedli- che Reaktionen auslöste. „Furcht- bar!“ sagten die einen, „da kann ich auch gleich zu Hause essen!“ – „Viel besser als zu Hause!“ meinten die an- deren, „jetzt kann man sich wenigs- Im Begegnungs- und Servicezentrum Fasenhof wurde die Zeit für eine Streichaktion der tens von Tisch zu Tisch unterhalten!“ Einrichtung genutzt. 13 | aktuell
Mehrere tausend Masken für Mitarbeiter, Geflüchtete und Anwohner Kaum hatten die Begegnungsstät- ten in Stuttgart coronabedingt ge- schlossen und kaum dass die Regie- rung die weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bekannt gegeben hatte, da ratterten bei der AWO schon die Nähmaschinen. Mit dem Ziel, möglichst viele Personen mit einem Mundschutz zu versor- gen. Im der Begegnungs- und Servicezen- trum Untertürkheim etwa hat Einrich- tungsleiterin Corina Küßner zusam- men mit ihren Kolleginnen und mehreren Ehrenamtlichen rund 400 Masken genäht. „Es war klar, dass Ein Paket des Staatstheaters mit den heiß begehrten Masken. der Maskenbedarf steigen würde“, sagt Küßner. Und da sie mehrere gute reservieren. Für einen Spendenbetrag haben wir einen Aufruf gestartet und Näherinnen und durch die Schlie- konnte man diese dann abholen. Da im Stadtteil um Spenden gebeten“, ßung mehr Zeit hatten, sei ihnen der die Anfrage sehr hoch gewesen sei, sagt Küßner. Dabei sei recht viel zu- Gedanke gekommen, Masken zu nä- habe man die Zahl der Masken aller- sammengekommen. „Das war toll, hen. „Anfangs nur für unser Team dings auf zwei pro Person limitiert. dass wir was für den Stadtteil getan und die Nachbarschaftshelfer*in- „Damit jeder eine Maske bekommen haben und der Stadtteil im Gegenzug nen“, sagt Küßner. Später dann auch konnte“, sagt Küßner. Selbst eine für uns.“ Und ganz nebenbei sei das für andere Kolleg*innen bei der AWO Bank habe eine Bestellung für 400 auch eine tolle Werbeaktion für die und für Ihre Klient*innen. „Außerdem Masken in der BGS aufgeben wollen. Begegnungsstätte gewesen, freut haben wir auf Anfrage auch für den Denen habe Küßner jedoch absagen sich Küßner. Als die Bestellungen Stadtteil genäht.“ Per Telefon konn- müssen. dann immer „wählerischer“ wurden, ten sich die Anwohner in der Begeg- „Irgendwann sind uns dann Stoff der Mundschutz etwa zum Oberteil nungsstätte melden und eine Maske und Bandgummi ausgegangen. Da passen sollte, habe Küßner gemerkt, Eine Flüchtlingsfamilie testet die neu eingetroffenen Masken. So viele bunte Stoffe warten im Staatstheater auf Verarbeitung. Foto: Martin Sigmund 14 | aktuell
einer Woche waren die da“, staunte von kurzer Zeit mit Masken versorgen Engelhardt. Zudem seien die Masken können. Da sei das Angebot des sehr hochwertig, mit einem Metall- Staatstheaters eine große Hilfe ge- bügel, so dass sie sich anpassen las- wesen. sen. Und auch die Kinder seien mit Gleichzeitig seien auch einige der kleineren Masken bedacht worden. Geflüchteten selbst tätig geworden Die meisten der Masken seien bis und hätten Masken hergestellt. Ein heute im Einsatz, sagt Engelhardt. Schneider aus Syrien etwa habe in „Wir sind echt dankbar dafür.“ Denn der Unterkunft in Rohr innerhalb von am Anfang der Krise hätten er und drei Wochen rund 200 Masken ge- seine Kolleg*innen vor der großen näht. „Bei dem wenigen Geld, das die Herausforderung gestanden, wie sie Geflüchteten zur Verfügung haben, die rund 1500 Geflüchteten, die von ist so eine Maske viel wert“, sagt En- der AWO betreut werden, innerhalb gelhardt. pel Vater und Sohn mit Mund-Nasenschutz vom Staatstheater dass der Bedarf nicht mehr so groß sei und sie ihre Nähaktion einstellen können. „Außerdem konnte man ja irgendwann auch Masken im Handel kaufen.“ Fleißig Masken genäht haben in der ersten Zeit während der coro nabedingten Schließungen auch die Näherinnen des Staatstheaters Stuttgart und haben die von der AWO betreuten Gemeinschaftsunterkünfte in Stuttgart mit rund 500 Masken versorgt. „Das Staatstheater hat uns angefragt, ob wir für unsere Geflüch- teten Masken bräuchten“, sagt Jo- hannes Engelhardt vom AWO Flücht- lingssozialdienst. Daraufhin habe er in den Unterkünften nachgefragt, wer einen Mundschutz möchte. „Wir ha- ben eine Mail zurückgeschrieben, wie viele wir benötigen und innerhalb von - Vollwärmeschutzsystem und Fassadenrenovierungen - Verkauf und Verlegung von PVC, Linoleum Laminat und Teppichböden - Spachteltechniken und Lasurtechniken - Beschichtungen gegen Elektrosmoke - Seniorenservice - Gestaltung in Digitaler Bildbearbeitung Programm - Zertifizierte Graffiti- Entfernung Hinter den Kulissen des Staatstheaters. - Zertifizierte Schimmel Bekämpfung Foto: Dominique Brewing 15 | aktuell
Nachrichten aus den Stadtbezirken 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in Stuttgart-Botnang zu Zeiten der Corona Pandemie – (k)ein Jahrhundertereignis!? Im November 1919, nach dem Sturz der Monarchie, wurde die Arbeiter- wohlfahrt in Berlin auf der Reichse- bene gegründet. Die Not der Arbei- terfamilien im und nach dem Ersten Weltkrieg veranlasste die SPD auf Antrag der Reichstagsabgeordneten Marie Juchacz den „Hauptaus- schuss der Arbeiterwohlfahrt“ zu gründen. Sie, die geschiedene, alleinerziehen- de, Sozialdemokratin, war nach der Einführung des Frauenwahlrechts die erste Frau, die als Abgeordnete eine Rede im Reichstag hielt. Ihr Ziel war die Entwicklung einer Wohlfahrtspfle- ge, unter besonderer Berücksichti- gung der Interessen der Arbeiter- schaft. Neu war dieses Ziel nicht, die Lösung sozialer Probleme war ein Hauptanliegen der SPD seit ihrer Küchenarbeit im Waldheim Himmerreich anno 1927 Gründung. Neu war aber, dass die so- lidarischen Hilfen in Notlagen durch lor der Vater seine Bürgerrechte und ausschuss der Arbeiterwohlfahrt. Be- gesetzliche Regelungen getragen wurde aus den Wahllisten gestrichen. reits ein Jahr danach konnte auf dem werden. Im untergegangenen Kaiser- Nur der Mann konnte das Bürgerrecht Sportgelände „Himmerreich“ des reich wurde Fürsorge einfach mit Ar- durch eine Aufnahmegebühr von 10 Turnerbundes (heute SKG), die erste menpflege gleichgesetzt, die als Un- Mark ‚erwerben‘. Frauen waren bis Ferienfreizeit für Kinder durchgeführt terstützung nicht zu fordern, sondern 1919 ausgeschlossen, sie hatten ja werden. Von einem Jahr zum andern zu erbitten war. Wenn eine Botnanger kein Wahlrecht! freuten sich die Kinder auf die Wald- Familie im Jahr 1891 Armenunter- 1920 gründete die SPD im damals heimzeit. Eine weitere hilfreiche Initi- stützung beantragte und erhielt, ver- selbständigen Botnang einen Orts- ative für die Frauen in Botnang war die neu eingerichtete AWO Nähstube. Besonderen Anteil an diesen Initiati- ven hatte Christine Evert (1887 – 1977). Die gebürtige Hamburgerin kam als Sechsjährige nach Stuttgart und zog 1908 nach Botnang. Hier wurde sie politisch aktiv. 1912 wurde sie Mitglied der SPD, kandidierte 1919 – als einzige Frau – für den Botnan- ger Gemeinderat und wurde auf An- hieb gewählt. Nach der Eingemein- dung Botnangs nach Stuttgart 1922 war sie auch im Stuttgarter Gemein- derat von 1922 bis 1933 tätig. Schon in den 20er und 30er Jahren verbrachten viele Kinder die Ferien im Waldheim. In diesen wirtschaftlichen und so- 16 | aktuell
Über viele Jahre war die Arbeiter- wohlfahrt Träger einer Kindertages- stätte in der Franz-Schubert-Straße. Wegen massiver Zuschusskürzun- gen musste diese Einrichtung 1997 geschlossen werden. Die gesamtgesellschaftlichen Ent- wicklungen in der Bundesrepublik führten auch zu neuen Aufgaben und Organisationsformen bei den Trägern der freien Wohlfahrtsverbände. Auch die Sozialarbeit der AWO wurde pro- fessioneller. Ausgebildete Fachkräfte wurden für die Aufgabengebiete Al- tenhilfe, ambulante Pflege, Schulso- zialarbeit und die Migrationsdienste eingestellt. Die Ehrenamtlichen in den Ortsvereinen der AWO betreuten ihre Vorstand des AWO Stadtbezirks Botnang: Werner Sixt, Norbert Latuske, Gerhard Dürr (v.l.n.r.) Mitglieder weiterhin und suchten nach neuen Aufgabenfeldern. zialen Notzeiten begann, Ende der Die Helferinnen und Helfer der Ar- Eine besondere Form der ehren- 20er Jahre, auch das Engagement beiterwohlfahrt, allen voran Rosl amtlichen Kooperation zwischen von Karl und Rosl Hofstetter (geb. Hofstetter, nahmen wie selbstver- sehr unterschiedlichen Partnern be- Hofsäß). Zusammen mit vielen akti- ständlich die unterbrochene Arbeit steht seit über 40 Jahren hier in Bot- ven Helferinnen und Helfern waren wieder auf. Ihr Mann war noch bis nang. Angeregt durch den damaligen sie für die AWO als Mitgliederorgani- 1948 in Kriegsgefangenschaft. Schon Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde, Dr. sation in Botnang aktiv. im Sommer 1945 fand im altbekann- Hans Vorster und das Ehepaar Die dramatischen Entwicklungen ten „Himmerreich“ die erste Ferien- Hofstetter (AWO), wurde 1979 der in der Weimarer Republik, Inflation freizeit statt. Mit Hilfe von Spenden „Mittwochnachmittag“ gegründet. und Arbeitslosigkeit prägten auch der Schweizer Freunde, der Skandina- Die Kath. Kirchengemeinde Botnang das Leben in Botnang. Die Radikali- vier und mit amerikanischen Care-Pa- schloss sich dieser Initiative an. Seit sierung im deutschen Reich und die keten war die Verpflegung gesichert. nunmehr 41 Jahren werden diese Schwäche der demokratischen Kräf- 1945 war das keine leichte Aufgabe! Mittwochsveranstaltungen im Bür- te ermöglichten die „Machtergrei- In Botnang konnte bald ein Kinder- gerhaus Botnang durch Ehrenamtli- fung“ 1933 durch die NSDAP. Die Ar- garten eingerichtet werden, auch die che geplant und durchgeführt. Der beiterwohlfahrt wurde mit der SPD Arbeit in der Nähstube wurde wieder Veranstaltungsstopp durch Corona verboten, ihre Heime wurden be- aufgenommen und hatte in der Nach- wurde von den Besucherinnen und schlagnahmt, bzw. der „Deutschen kriegszeit eine wichtige Funktion. Besuchern und von den Veranstal- Arbeitsfront“ unterstellt. Aus der „Ar- Die Mitgliederzahl wuchs auf über tern sehr schmerzlich empfunden. beiterwohlfahrt“ wurde die „National- 300 Mitglieder. Die Mitgliederbeiträ- sozialistischen Volkswohlfahrt“. Von ge wurden monatlich bei Hausbesu- Seit 2015 gibt es in der neuen Bot- wem und in welchem Umfang das chen einkassiert. Durch diese per- nanger Ortsmitte ein Begegnungs- Botnanger Waldheim im Himmerreich sönlichen Kontakte wurde der und Servicezentrum, das von der weiterbetrieben wurde, ist nicht do- Zusammenhalt unter den Mitgliedern AWO geleitet wird. Das Angebot wur- kumentiert. Es gibt über diese Zeit gestärkt. So konnten auch notwendi- de sehr gut angenommen. Der Stopp keine Berichte und Dokumente. ge Hilfen erkannt und organisiert durch das Coronavirus ist zum Glück 1945, nach dem Nazikrieg, war werden. Die jährlichen Sammlungen teilweise überwunden. Mit den übli- Deutschland ein Trümmerfeld. Die bei den Geschäften und Betrieben in chen Einschränkungen ist die Begeg- Not war groß. Die Arbeiterwohlfahrt Botnang ermöglichten der AWO wei- nungsstätte wieder geöffnet. wurde neu errichtet. Kurt Schuma- tere Aktivitäten. Die gut besuchte Die Mitglieder des Vorstandes der cher, der Vorsitzende der SPD, und die jährliche Jahresfeier in der Turn- und AWO Botnang freuen sich auf die Vertreter der Arbeiterwohlfahrt be- Festhalle war ein gesellschaftliches nächsten, uneingeschränkten Be- schlossen, die AWO als selbständige Ereignis, für den Verein aber immer gegnungen und auf Menschen, die Organisation der freien Wohlfahrts- ein großer Kraftakt. In den Sommer- uns unterstützen wollen. Wir treten pflege aufzubauen. Die politische und ferien war die Waldheimzeit im „Him- ein für: Freiheit, Gleichheit, Toleranz, konfessionelle Unabhängigkeit wur- merreich“ für viele Botnanger Kinder Solidarität und Gerechtigkeit. de in der neuen Satzung festgelegt. eine Selbstverständlichkeit. Norbert Latuske 17 | aktuell
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