SUBSAHARA-AFRIKA - Klimareport 2014. Energiesicherheit und ...

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                        Niger
Senegal
              Burkina
               Faso

      Togo
                                                        Uganda
      Benin
                                                             Kenia

                                          DR Kongo
                                                        Tansania

                                  Angola

                                               Simbabwe
                                Namibia

                                            Südafrika

              S U B S A H A R A-A F R I K A
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     NAMIBIA UND ANGOLA

     Bernd Althusmann | Hans Siglbauer

     D I E B E D E U T U N G D E S K L I M AWA N D E L S F Ü R D I E
     ENERGIEPOLITIK IN DEN LÄNDERN NAMIBIA
     UND ANGOLA – DIE ZEIT FÜR EINE ENERGIE-
     W E N D E I N S U B S A H A R A-A F R I K A I S T R E I F.

     Bereits seit mehreren Jahren wird das Thema Klima-
     wandel und dessen Folgen für Afrika mit unterschied-
     licher Intensität und aus unterschiedlichsten Gründen
     debattiert. Der IPCC-Bericht 2007 wies sehr deutlich               Der Capanda-Staudamm am Cuanzastrom in der Provinz
     auf die Folgen des Klimawandels für das südliche                   Malanje erzeugt mit vier Turbinen eine Leistung von 520
                                                                        Megawatt. Die Anlage deckt mehr als die Hälfte des Energie-
     Afrika und insbesondere für das trockenste Land des
                                                                        bedarfs Angolas.
     südlichen Afrika, Namibia, hin. Der vorausgesagte
     Klimawandel stelle u. a. eine ernsthafte Bedrohung
     der Lebensgrundlagen gerade für die ärmsten Teile                  in der Regierungspolitik Namibias oder Angolas ist
     der Bevölkerung dar und werde gerade Länder wie                    bisher jedoch nicht ausreichend erkennbar. Grund-
     Namibia durch sinkende Niederschläge mit Blick auf                 sätzlichere Probleme wie z. B. die Bekämpfung der
     die Landwirtschaft benachteiligen.1 Zukünftige Ent-                Arbeitslosigkeit, eine Verbesserung der Bildungs-
     wicklungen wie sinkende Erträge aus Getreideanbau,                 chancen, der Gesundheitsversorgung oder die
     Veränderungen des Wasserabflusses und dessen                       Reduzierung von Hunger und Wasserknappheit für
     Verfügbarkeit, zunehmende Spannungen durch mehr                    die mehrheitlich in den ländlichen Regionen lebenden
     Dürren und Überflutungen sowie die Beeinflussung                   Menschen stehen eher im Vordergrund.
     der Ökosysteme und Lebensgrundlagen durch Tempe-
     raturanstiege und Austrocknung werden mit Blick auf                Weder in Namibia noch in Angola stehen bisher das
     Subsahara-Afrika kausal auf den Klimawandel zurück-                Thema Klimawandel und dessen Folgen ganz oben
     geführt.2                                                          auf der politischen Agenda, was nicht heißen soll,
                                                                        dass die Bedeutung für die Zukunft nicht erkannt
     Der aktuellste, dritte Teil des Weltklimaberichts 2014             worden wäre. Der Nationale Entwicklungsplan
     fasst im Wesentlichen zusammen, dass in den letzten                Namibias (NDP4-Vision 2030) erkennt durchaus die
     zehn Jahren der weltweite Kohlenstoffdioxid-Ausstoß                Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung an und
     im Durchschnitt um 2,2 Prozent pro Jahr gestiegen                  hebt dabei besonders die Rolle erneuer­barer Ener-
     sei. Der Anteil der erneuerbaren Energien müsse sich               gien hervor, aber mögliche und zeitnah umsetzbare
     in den nächsten Jahren verdreifachen oder vervierfa-               ordnungspolitische Rahmenbedingungen wurden
     chen, um den Anstieg der Treibhausgase zu redu-                    bisher nur in Ansätzen auf den Weg gebracht. Bis
     zieren und das angestrebte Ziel einer Reduzierung                  heute werden Fragen des Klimawandels in Namibia
     des Kohlendioxidausstoßes um 40 bis 70 Prozent bis                 eher nachrangig debattiert. Die Verursacher für den
     2050 zu erreichen. Nur so könnten schwerwiegende                   Klimawandel werden in erster Linie in den Indus­
     Folgen wie Dürren oder noch weniger Niederschlag in                trienationen Europas, Amerikas oder Asiens gesehen
     den Ländern Afrikas als heute abgemildert werden.3                 und Chancen auf weitgehende Veränderungen
     Die tatsächliche Relevanz dieser Zukunftsszenarien                 offensichtlich skeptisch beurteilt. Auch in Angola
                                                                        betrachtet die Bevölkerung die Folgen erheblichster
                                                                        Wasser- und Luftverschmutzungen durch die Erd-
     1|   Vgl. Michel Boko et al., „Africa. Climate Change, 2007:       ölindustrie besonders im Flussdelta der Cabinda
          Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of
                                                                        Region offenbar auch zurückhaltend, da letztlich die
          Working Group II to the Fourth Assessment Report of the
          Intergovernmental Panel on Climate Change ‟, in: M. L.        Ressource Öl Angolas Wirtschaft innerhalb von zehn
          Parry, O.F. Canziani, J. P. Palutikof, P. J. van der Linden   Jahren enorm hat wachsen lassen. Angolas Fort-
          und C. E. Hanson (Hrsg.), 04 / 2007, Cambridge University     schritte wären ohne diesen Ölboom undenkbar. Den-
          Press, ­Cambridge, S. 433 – 467.
     2|   Vgl. ebd., S. 435 f.                                          noch sind in beiden Ländern unterschiedlich starke
     3|   Vgl. Christoph Seidler, „Neuer IPCC-Bericht: Klimaschutz-     Signale erkennbar, die zu einer Neuausrichtung der
          Experten setzen Europäer unter Druck‟, Spiegel Online,        Energie- und Ressourcenpolitik mittel- bis langfristig
          http://spiegel.de/wissenschaft/natur/ipcc-wg3-und-eu-
          klimabericht-heizt-streit-in-europa-an-a-964120.html          führen könnten.
          [28.07.2014].
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In 2012 veröffentlichte die Konrad-Adenauer-Stiftung­         und dessen voraussichtliche Folgen sowie die Chancen
gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft Von-                  erneuerbarer Energien. Nationale wie internationale
Oertzen-Consulting eine Studie zur Bedeutung erneu-           Experten tauschten sich dazu aus und verabschie-
erbarer Energien in Namibia, um insbesondere die              deten eine gemeinsame Erklärung, die Signalwirkung
politischen Entscheidungsträger für diese Thematik            für Namibia und womöglich darüber hinaus entfalten
zu sensibilisieren. Aufgrund einer langen Dürreperiode        wird. Diese Erklärung fordert von Parlament und
mit zum Teil schwerwiegenden Folgen für Farmer in             Regierung eine stärkere Anerkennung der Folgen des
den ländlichen Regionen Namibias war davon auszu-             Klimawandels für das Land sowie eine Gesetzesinitia-
gehen, dass dieses Thema auf Interesse stoßen würde.          tive für eine bessere Nutzung erneuerbarer Energien.
Die offiziellen Reaktionen blieben jedoch noch zurück-        Neben einer Vielzahl einzelner Umsetzungsschritte,
haltend. Die Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte         z. B. einer stärkeren Nutzung von Solarenergie in
Anfang 2014 eine breit angelegte Studie über die              einem ariden Land mit der höchsten Zahl an Sonnen-
Potenziale erneuerbarer Energien in Nambia, die               tagen im Jahr, Netzausbaufragen sowie Tarifvergü-
sich besonders an die junge Generation des Landes             tungen als Zwischenschritten hin zu einem Energie-
wenden soll.4 Präsident Pohamba verkündete zudem              Einspeise-Gesetz, sollen Klimawandel und nachhaltige
offiziell in diesem Jahr im Parlament, dass Namibia           Lösungen im Bereich der Energieversorgung zudem
die Vorteile erneuerbarer Energien nutzen müsse,              Bestandteil in allen Fächern an allen Schulformen
um die Energieversorgung des Landes zu sichern.               werden, um die nachwachsenden Generationen für
Immerhin erzeugt der staatliche Energieversorger              dieses Thema zu gewinnen. Für Namibia ist damit ein
Nampower nur rund 39 Prozent des Bedarfs. Der Rest            erster Schritt hin zu einer langsamen, aber stetigen
der Elektrizitätsversorgung wird durch Importe aus            Energiewende getan. Das Parlament berät im Juni
den umliegenden Ländern abgedeckt.                            2014 das weitere Vorgehen.

Mitte April 2014 thematisierte eine zweitägige Ener-          Und selbst in Angola scheint das Ölzeitalter endlich
giekonferenz im namibischen Parlament – erheblich             und nicht unendlich. Auch dort wird eine stärkere
gefördert von der Konrad-Adenauer-Stiftung – die              Diversifikation der Wirtschaft gefordert, um auch für
Bedeutung des Klimawandels für das südliche Afrika            Zeiten nach dem Ende des Ölbooms gerüstet zu sein.5

     ­K L I M A­P R O G N O S E N I N N A M I B I A

     Namibia gehört zu den trockensten Ländern in             fallen im Süden und Westen teils weniger als
     Subsahara-Afrika. Das Klima wird vor allem durch         25 Millimeter. Die Temperaturen an der Küste
     den Benguelastrom, der kalte Wassermassen aus            sind relativ niedrig (zehn bis 22 Grad Celsius im
     der Antarktis an die namibische Atlantikküste            Durchschnitt), können jedoch im Landesinneren
     bringt, sowie die intertropische Konvergenzzone          auf bis zu 37 Grad Celsius ansteigen. Die Ver-
     und die mittlere Hochdruckzone (Mid-Latitude             dunstung ist zudem extrem hoch.7 Nach aktuellen
     High Pressure Zone) bedingt, die im Norden               Prognosen werden die Durchschnittstemperaturen
     Namibias aufeinandertreffen. Diese Kombination           infolge des Klimawandels bis 2065 um ein bis
     führt zum Absinken kalter trockener Luftmassen,          vier Grad Celsius ansteigen. Voraussichtlich wird
     die Niederschläge weitgehend verhindern.6                sich die Regenzeit verkürzen und die Trockenpe-
                                                              riode entsprechend länger werden, was gravie-
     Die feuchtesten Monate sind von Oktober bis              rende Einflüsse auf das Ökosystem und somit die
     April. Während im Norden Niederschlagsmengen             Lebensgrundlagen der Menschen haben wird.8
     von 700 Millimetern jährlich erreicht werden,
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4|   Natalie Renkhoff (Hrsg.), „2014: Powering Namibia into
     the Future. Towards Sustainable Energy Production‟,      6|    Republik Namibia, Ministry of Environment and T
                                                                                                                  ­ ourism,
     Friedrich-Ebert-Stiftung; Margaret Angula, „Gender and         „Namibia Second National Communication to the United
     Climate Change. Namibia Case Study‟, Heinrich-Böll-            Nations Framework Convention on Climate Change‟,
     Stiftung, 2010.                                                2011, S. 19 f.
5|   Vgl. „Still much too oily‟, The Economist, 10.04.2014,   7|    Ebd., S. 20 f.
     http://econ.st/1pqcwoP [28.07.2014].                     8|    Ebd., S. 57 ff.
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     N A M I B I A S N AT I O N A L E K L I M A- U N D E R N E U E R-   Anlagen mit verhältnismäßig geringeren Investitions-
     BARE ENERGIEN-POLITIK                                              volumina könnten zu einer dezentralen Erzeugung
                                                                        und Versorgung beitragen und den unzureichenden
     In der Vergangenheit spielte die Energieversorgung                 Netzausbau zumindest teilweise kompensieren.
     Namibias keine herausragende Rolle in der gesell-
     schaftlichen und politischen Diskussion. Treibstoffe               NAMIBIAS ZUSAMMENARBEIT MIT DER EU
     und der überwiegende Teil des Stroms werden aus                    U N D I N T E R N AT I O N A L E N O R G A N I S AT I O N E N
     Nachbarstaaten, vor allem aus Südafrika, importiert.
     Sukzessive fand jedoch ein Umdenken statt.                         Die Entwicklungszusammenarbeit der EU14 mit Namibia
                                                                        legte bislang keinen Ansatz auf Projekte zur Bekämp-
     Bereits 1995 ratifizierte das Land die UNFCCC und ver-             fung des Klimawandels.15 Seit dem ersten Quartal
     abschiedete 1998 ein White Paper on Energy Policy9.                2014 hat die EU jedoch gerade hier einen neuen
     Zudem existieren ein Namibian Renewable Energy                     Fokus gelegt. Insgesamt werden für ca. 6,7 Millionen
     Program sowie ein Renewable Energy and Energy                      Euro aus dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds
     Efficiency Capacity Building Program, die jedoch bis               ­Maßnahmen zur Eindämmung bzw. zur Anpassung an
     heute nicht den Ausbau der Erzeugungskapazitäten im                den Klimawandel ausgeschrieben.16 Vereinzelt wurden
     gewünschten Umfang einleiten konnten. 2010 wurde                   bereits Projekte umgesetzt. Darunter befindet sich ein
     eine Namibia National Climate Change Policy (NCCP)                 Projekt zur Förderung eines hybriden Mini­strom­netzes
     verabschiedet, die als rechtliches Rahmenwerk zur                  für die Solar-, Fotovoltaik- und Dieseleinspeisung mit
     Anpassung an den Klimawandel dienen soll10.                        einer Nennleistung von 202 Kilowatt in Tsumkwe17
                                                                        oder auch das ECOFISH-Projekt mit den Anrainer-
     AUSBAUHINDERNISSE UND ERNEUERBARE-                                 staaten des Benguelastroms, Angola, Namibia und
     E N E R G I E N - P OT E N Z I A L I N N A M I B I A               Südafrika, sowie diversen internationalen Akteuren,
                                                                        wie u. a. der EU, der FAO, des UNDP sowie verschie-
     Im White Paper von 1998 wird auf die fast uner-                    dener NGOs, zur Verbesserung der Kooperation zur
     schöpflichen, jedoch kaum erschlossenen Ressourcen                 Erhaltung des Ökosystems an der südatlantischen
     Namibias hingewiesen: „Neben dem Wasserkraftpo-                    Küste.18 Eine Reihe von SADC-Dokumenten und
     tenzial […], liegt die gemessene Sonneneinstrahlung                -Abkommen zum Klimawandel, sowie das Programm
     in Namibia so hoch wie in keinem anderen Land                      New Partnership For Africa′s Development (NEPAD)
     der Welt (bis zu 3.100 Kilowattstunden / Quadrat­                  der AU werden als integraler Teil von Namibias Kli-
     meter / Jahr in bestimmten Regionen). Daneben sind                 mapolitik betrachtet.19 Zusätzlich zur UNFCCC wird
     exzellente Windressourcen in den Küstengebieten                    Desertifikation als größtes Risiko infolge des Klima-
     vorhanden‟.11 Zentrale Ausbauhindernisse sind u. a.                wandels für Namibia betrachtet. Namibia ist daher in
     die enorme Abhängigkeit von Importen aus Nach-                     multilateralen Foren sehr engagiert, um dieses Phä-
     barstaaten, fehlende oder sehr abstrakte planungs-                 nomen einzudämmen. Im September 2013 wurde die
     rechtliche Rahmenbedingungen, ein relativ altes und                Conference to Combat Desertification der Vereinten
     ausbaubedürftiges Netz, sehr niedrige Strompreise                  Nationen in Windhoek abgehalten, auf der die Namib
     wie auch fehlende Finanzmittel und die Bereitschaft                Declaration erarbeitet wurde.20
     zu Investitionen in Erzeugungsanlagen.             12

                                                                        14 | Die Entwicklungszusammenarbeit mit Namibia liegt im
     Das Potenzial für den Ausbau erneuerbarer Energien                      Rahmen des 10. Europäischen Entwicklungsfonds (EDF),
                                                                             bei 123,5 Millionen Euro.
     in Namibia ist enorm. Eine Reihe verschiedener Erzeu-
                                                                        15 | EU, EEAS, „Technical and financial co-operation‟,
     gungstechniken aus Solar-, Wasser-, Wind- oder auch                     http://eeas.europa.eu/delegations/namibia/eu_namibia/
     Biomassequellen stünde bereits heute zur Verfügung                      tech_financial_cooperation/index_en.htm [28.07.2014].
                                                                        16 | EU, EEAS, „Call for Proposals Climate Change Adaptation
     und könnte sukzessive zu einer größeren Unabhängig-
                                                                             and Mitigation, Including Energy (27 / 03 / 2014)‟,
     keit und Autarkie Namibias führen.13 Vor allem kleine                   http://eeas.europa.eu/delegations/namibia/grants_
                                                                             tenders/files/20140205_en.htm [28.07.2014].
                                                                        17 | Fn. 15; Tsumkwe Energy, „Outcomes‟, 2012,
     9 | Vgl. ebd., S. 18, 101.                                              http://tsumkwe.startaenweb.com/outcomes [28.07.2014];
     10 | Vgl. Republik Namibia, Ministry of Environment and                 Europäische Kommission, „Environment. Tsumkwe Ener-
          Tourism, „National Policy on Climate Change for Nami-              gy in Namibia‟, 2014, http://ec.europa.eu/europeaid/
          bia‟, 2010; Republik Namibia, Ministry of Environment,             documents/case-studies/namibia_environment_
          „Convention on Climat Change‟, 2011, S. 101.                       tsumkwe_en.pdf [28.07.2014].
     11 | Republic of Namibia, Ministry of Mines and Energy,            18 | Benguela Current Commission, http://benguelacc.org
          1998: White Paper on Energy Policy, S. 43                          [28.07.2014].
     12 | Vgl. Detlef von Oertzen, „Namibia′s Energy Future.            19 | Fn. 10, S. 32
          A Case for ­Renewables‟, Konrad-Adenauer-Stiftung,            20 | Vgl. Republik Namibia, „Statement by H.ehifikepunye
          2012, S. 15, 37 ff., 86.                                           Pohamba‟, Rede beim Gipfel­treffen der AU, 30.01.2014,
     13 | Ebd., S. 43 ff.                                                    http://bit.ly/1kmro91 [28.07.2014]; Fn. 10, S. 32.
89

       KLIMAPROGNOSEN IN ANGOLA

       Angolas Klima ist tropisch mit ganzjährig sta-            temperatur ist zwischen 1960 und 2006 um
       bilen Temperaturen (20 bis 25 Grad Celsius).              1,5 Grad Celsius angestiegen. Sie soll bis 2060
       Der regenintensivste Zeitraum ist von Oktober             um 1,2 bis 3,2 Grad und bis 2090 um 1,7 bis
       bis April (100 bis 250 Millimeter pro Monat).             5,1 Grad Celsius ansteigen.21 Voraussagen zur
       Die feuchteste Region ist der Nordosten und die           Entwicklung der Regenmenge sind widersprüchlich
       Niederschlagsmenge nimmt Richtung Süden und               (-27 bis + 20 Prozent in 2090). Die südlichen Pro-
       Westen ab. Von 1960 bis 2006 ist die Regen-               vinzen Cunene, Huila und Namibe haben in den
       menge um durchschnittlich zwei Millimeter pro             vergangenen Jahren unter einer starken Dürre­
       Jahrzehnt gesunken. Die jährliche Durchschnitts­          periode gelitten.22

A N G O L A S N AT I O N A L E K L I M A- U N D E R N E U E R­   Weitere Initiativen Angolas beinhalten das 2012 neu­
BARE ENERGIEN-POLITIK                                            gegründete Zentrum für Tropenökologie und Klima-
                                                                 wandel sowie eine 2013 erstmals abgehaltene interna-
Der Klimawandel und dessen Folgen werden in Angola               tionale Konferenz über Energie und Wasser.24
in erster Linie als Bedrohung für Wirtschaft und Bevöl-
kerung wahrgenommen. In der öffentlichen Diskussion              A N G O L A S H A LT U N G Z U R E U U N D Z U M U LT I -
ist das Thema jedoch wenig hörbar und wenn, dann                 L AT E R A L E R K O O P E R AT I O N B E I K L I M A- U N D
nur, um die Auswirkungen und Anpassungsmöglich-                  E R N E U E R B A R E - E N E R G I E N -T H E M E N
keiten, nicht jedoch Möglichkeiten zur Bekämpfung
der Ursachen dieses Phänomens darzulegen. 2011                   Angola und die EU vereinbarten 2012 den EU-Angola
verabschiedete Angola eine National Energy Strategy,             Joint Way Forward (JWF) als Basis für künftige bilate-
deren zentrale Punkte u. a. folgende sind:23                     rale Zusammenarbeit in einer Reihe von Themen.25 Im
                                                                 Rahmen des JWF versuchen Angola und die EU u. a. in
QQ   Hauptziel: Vervierfachung der Energieerzeugung              folgenden Bereichen zu kooperieren:26
     bis 2025,
QQ   dezentrale Erzeugung in kleinen Kraftwerken /Gene-          QQ   Eindämmung und Umkehr negativer Auswirkungen
     ratoren, vor allem aus Wasser-, Solar- und Wind-                 von Umweltverschmutzung und Klimawandel;
     kraft und durch die Verwendung lokaler Wertstoffe           QQ   Transfer von Wissen und Erfahrungen zwischen
     (Hausmüll), wo ökologisch und ökonomisch sinnvoll,               ­wissenschaftlichen Institutionen;
QQ   Elektrifizierung großer Landesteile, vor allem länd-        QQ   Informationsaustausch zu Energiepolitik, -versor-
     licher Gebiete (Ziel für 2025: 50 bis 60 Prozent der             gung, -sicherheit, diversifizierung und -effizienz
     Bevölkerung mit Zugang zur Stromversorgung, heu-                 sowie den Austausch von best practices;
     te ca. 40 Prozent, vor allem in urbanen Regionen),          QQ   Gemeinsame Projekte zum Ausbau der (erneuer­
QQ   Senkung des Anteils von Biomasse bei der Energie-                baren) Energieversorgung.
     erzeugung von 64 (2009) auf 35 Prozent (2025),
     zur Schonung von Wäldern und Savanne als CO2-               Angola ist dem globalen Klimaschutzregime der
     Speicher.                                                   UNFCCC verpflichtet. Das Land bittet in multilateralen
                                                                 Foren regelmäßig um Technologietransfer sowie um
                                                                 finanzielle Unterstützung von Industriestaaten. Angola
                                                                 betont gleichzeitig, dass seine wirtschaftliche Ent-
                                                                 wicklung nicht von Klimainitiativen bedroht werden

21 | Vgl. C. McSweeney, M. New und G. Lizcano, „UNDP
     Climate Change Country Profiles: Angola‟, 2010,             24 | „Governo angolano inaugura Centro de Ecologia e
     http://bit.ly/1tsUKVS [28.07.2014].                              ­Alterações Climáticas‟, Africa21Digital, 25.08.2012,
22 | Vgl. Joao Baptista Borges, Rede bei der COP19 in                  http://africa21digital.com/conhecimento/ver/20028115
     ­Warschau, 2013, http://unfccc.int/files/meetings/                [28.07.2014]; Angola Conferencia sobre Energia e Aguas
      warsaw_nov_2013/statements/application/pdf/cop19_                (ACEEW), 2013, http://aceew.org [28.07.2014].
      hls_angola.pdf [28.07.2014].                               25 | Anm. d. Verf.: Weitere bedeutende Dokumente zur mul-
23 | Vgl. Republik Angola, Ministry of Energy and Water,               tilateralen Kooperation beinhalten das Cotonou-Abkom-
      „The National Energy Security Strategy and Policy; Pres.         men und die Joint Africa-EU Strategy (JAES).
      Decree No. 256 / 11‟, 2011.                                26 | Vgl. ebd.
90

     dürfe.27 Die Vereinten Nationen haben Initiativen zu                 Die breite Bevölkerung in Namibia scheint für das
     Umweltschutz und Klimawandel in ihrem Development                    Thema Klimawandel demnach noch nicht ausreichend
     Programme for Angola vorgesehen.                                     sensibilisiert. Die von der Konrad-Adenauer-Stiftung
                                                                          jüngst angestoßene Erörterung im namibischen
     S TAT U S Q U O D E R E R N E U E R B A R E - E N E R G I E N -­     Parlament war ein Startsignal für eine längst über-
     PRODUKTION UND UNERSCHLOSSENES                                       fällige und ernsthafte Auseinandersetzung mit den
     ­P OT E N Z I A L I N A N G O L A                                    Chancen erneuerbarer Energien und den Folgen des
                                                                          weltweiten Klimawandels. Schon in dieser ersten
     Die erneuerbaren Energien tragen aktuell durch eine                  Konferenz Namibias zu Energiefragen war spürbar,
     breite Nutzung von Biomasse einen Teil zur Energie-                  dass Namibia ganz offenbar im südlichen Afrika eine
     produktion bei. Großes Ausbaupotenzial bietet die                    neue Führungsrolle in Fragen erneuerbarer Energien
     Windenergie in der Namibe Provinz. Solarenergie                      übernehmen will, zumal die natürlichen Vorausset-
     und Fotovoltaik sind vor allem im Süden sinnvoll, wo                 zungen im Land für die stärkere Nutzung optimal sind.
     die Sonneneinstrahlung am höchsten ist. Wasser-                      Wenn es demnach gelänge, alsbald in Namibia die
     kraft könnte entlang der langen Flüsse und am Meer                   gesetzlichen Voraussetzungen für eine entsprechende
     einträglich sein.   28
                              Die fossilen Ressourcen, besonders          Einspeisung regenerativer Energien ins öffentliche
     Rohöl, werden bislang kaum zur Energieerzeugung                      Netz zu schaffen, wäre ein bedeutsamer Schritt dieses
     verwendet. Ihr Beitrag soll jedoch auf 45 bis 55 Pro-                Landes für den Klimaschutz und den Beginn einer
     zent des angolanischen Energie-Mixes steigen (2009:                  Energiewende getan. Ebenso ergeben sich so voraus-
     33 Prozent).29 Die nachgewiesenen Erdgasressourcen                   sichtlich für die meist von Dürren geplagten Farmer
     liegen bei 270 Milliarden Kubikmetern und werden                     neue Einkommensquellen und damit neue Chancen
     auf mehr als 1.200 Milliarden Kubikmeter geschätzt                   der Bewirtschaftung ihrer Flächen. Die von der
     (Stand 2009).30 Diese Absichten und Handlungsmotive                  Konrad-Adenauer-Stiftung sehr aktuell vorgeschlagene
     konterkarieren jedoch den Ausbau der erneuerbaren                    Idee eines namibischen Programms vom „Landwirt
     Energien in Angola.                                                  und Energiewirt‟ in Anlehnung an deutsche Erfah-
                                                                          rungen, stößt auf deutliche Resonanz unter Farmern
     Z U S A M M E N FA S S U N G F Ü R N A M I B I A U N D A N G O L A   und ersten Abgeordneten des Parlaments. Dass sich
                                                                          das Land Namibia von einer stärkeren Nutzung neuer
     Es scheint, dass der Klimawandel und seine Aus-                      Formen der Energieproduktion zusätzlich ein Schließen
     wirkungen sowie potenzielle Anpassungs- und                          von Energieversorgungslücken erhofft und ebenso
     Gegenmaßnahmen langsam, aber mit zunehmender                         eine geringere Abhängigkeit von Stromimporten,
     Relevanz in der namibischen Öffentlichkeit, in den                   befördert die Debatte um die Folgen des Klimawandels
     Medien und vor allem bei den politischen „Entschei-                  und die Chancen erneuerbarer Energien in Namibia
     dern‟ an Bedeutung gewinnen. Oft sind es aber                        zusätzlich.
     Beschränkungen in der finanziellen Ausstattung durch
     hohe Investitionskosten, der fehlenden technischen                   In Angola – im Gegensatz zu Namibia – sind der
     Reali­sierbarkeit oder auch noch fehlender Wille der                 Klimawandel und dessen Folgen nahezu noch kein
     politischen Verantwortungsträger, dass relevante                     Thema von gesellschaftlicher Relevanz. Eine medial
     Projekte zur Energieversorgung – egal ob aus fos-                    gestützte Diskussion über dieses Thema findet kaum
     silen oder erneuerbaren Quellen – nicht ausreichend                  statt. In der Politik beschränken sich Entscheidungs-
     angestoßen werden. Vor allem die Versorgung mit                      träger darauf, das Wirtschaftswachstum überwiegend
     Wasser, sowohl zur direkten Ernährung als auch als                   auf Basis fossiler Ressourcen auszubauen und auf
     Produktionsressource (z. B. in der Landwirtschaft oder               multilateraler Ebene Unterstützung der Industrie-
     als Kühlmittel), ist von ebenso zentraler Bedeutung,                 länder zu erbitten. Eine langsame Öffnung des stark
     wenn nicht sogar im Bewusstsein der Bevölkerung von                  abgeschotteten Marktes für ausländische Investitionen
     höherer Bedeutung.                                                   sowie ein langsames Umdenken, vorrangig hinsichtlich
                                                                          der Bedeutung einer flächendeckenden Stromversor-
                                                                          gung, ist aber in Ansätzen erkennbar.
     27 | Exemplarisch: VN, „Small Island Countries Say Clima-
          te Change Already Threatens ‚Very Existence‛, Urge
          Immediate Aid to Vulnerable States, in General Assembly
          Debate‟, Pressemitteilung, 12.02.2008, http://un.org/
          News/Press/docs/2008/ga10689.doc.htm [28.07.2014].
     28 | Vgl. Fn. 23, S. 12, 14.
     29 | Vgl. ebd., S. 3. Die Produktion fossiler Brennstoffe mach-
          te 2008 ca. 60 Prozent des BIPs aus, weshalb hier auch
          wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle spielen dürften.
     30 | Ebd., S. 19.
91

KENIA

Iris Karanja                                                        Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ener-
                                                                    giegewinnung, die zu 70 Prozent durch Wasserkraft
EINLEITUNG                                                          erzeugt wird, auf die Landwirtschaft, die Lebensmit-
                                                                    telversorgung, die Pflanzen- und Artenvielfalt und den
„Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir der Aufgabe                 Tourismus sind nicht mehr zu leugnen.
gewachsen sind. Der Klimawandel steht ganz oben auf
der Regierungsagenda.‟                                              D I E R E A K T I O N E N K E N I A S A U F D E N K L I M A­
                                                                    WA N D E L
So formuliert es Raila Odinga, der ehemalige kenia­
nische Premierminister, im Vorwort zum National                     Der Klimawandel und seine Folgen sind in Kenia schon
­Climate Change Action Plan (NCCAP),1 welcher am 27.                lange in der öffentlichen und politischen Diskussion
März 2013 veröffentlicht wurde. Nur kurz darauf, am                 präsent. 1994 ratifizierte Kenia die UNFCCC und 1997
16. April 2013, hält Uhuru Kenyatta als neu gewählter               das Kyoto-Protokoll. Im Juni 2002 wurden als Antwort
Präsident seine Antrittsrede2 vor dem kenianischen                  auf die UNFCCC-Ratifizierung vier Schwerpunkte im
Parlament. Darin nennt er neun Schwerpunkte der                     Zuge der Climate Change Enabling Activity veröffent-
zukünftigen Regierungsarbeit. Umweltschutz und                      licht. So standen die Bestandsaufnahme hinsichtlich
Klimawandel gehören nicht dazu. Doch auch Uhuru                     des Treibhausgasausstoßes, notwendige Anpassungs-
Kenyatta räumt ein: „Wir sind Verwalter unserer Um-                 mechanismen an den Klimawandel, die relevante
welt, die sie für die kommenden Generationen der                    Forschungsarbeit sowie Aufklärungskampagnen im
Kenianer bewahren müssen. Wir haben die ehrwürdige                  Vordergrund.
Aufgabe, sie zu schützen.‟3
                                                                    1999 trat der Environmental Management and Coor-
A U S W I R K U N G E N D E S K L I M AWA N D E L S I N K E N I A   dination Act in Kraft. Dieses Gesetz ist bis heute das
                                                                    einzige, welches ausschließlich dem Umweltschutz gilt,
Bereits jetzt ist zu befürchten, dass steigende Durch-              und u. a. institutionelle und gesetzliche Angelegen-
schnittstemperaturen und unzuverlässige Nieder-                     heiten regelt.
schläge zu vermehrter Versteppung und damit zu
einer Verringerung der Anbauflächen führen könnten.                 2010 hat die kenianische Regierung die National
Dies führt auf lange Sicht zur Nahrungsknappheit. Die               Climate Change Response Strategy (NCCRS) ver-
Auswirkungen der La-Niña-Dürre 2009 waren bereits                   abschiedet. Dieses Dokument betont ausdrücklich,
verheerend. Ein Viertel der Bevölkerung war von                     dem Klimawandel begegnen zu müssen. Im Zentrum
Unterernährung betroffen. Doch es werden nicht nur                  der NCCRS stehen die Reduzierung des Treibhaus-
Dürre und Wassermangel zunehmen, sondern auch                       gasausstoßes, sowie die Adaptation an veränderte
intensive Regenfälle und das Ansteigen des Meeres-                  Bedingungen. Als weitere Punkte werden die Zusam-
spiegels. Überschwemmungen, Erdrutsche und Boden-                   menarbeit auf internationaler Ebene genannt, die
erosion sind die Folgen. Eine Studie von UNICEF zum                 Einschätzung konkreter Folgen, die Analyse möglicher
Klimawandel in Kenia stellte fest, dass die steigende               Abgasreduzierung, Empfehlungen hinsichtlich eines
Wassertemperatur im Victoriasee nicht nur Auswir-                   rechtlichen Rahmens, die Einbeziehung besonders
kungen auf die Artenvielfalt im See und somit Auswir-               betroffener Bevölkerungsgruppen sowie die Erstellung
kungen auf das Leben und Einkommen der Familien                     eines konkreten Umsetzungsplanes.
im Umland hat, sondern auch für die Verbreitung von
Malaria und Cholera förderlich ist.                                 Am 27. März 2013 wurde als Antwort auf die NCCRS
                                                                    der NCCAP veröffentlicht, welcher in Zusammenarbeit
                                                                    der kenianischen Regierung mit Vertretern der Zivil-
                                                                    gesellschaft, des Privatsektors und verschiedenen Wis-
                                                                    senschaftlern ausgearbeitet wurde. Auf internationaler
1|   Republik Kenia, „National Climate Change Action Plan           Ebene wurde der NCCAP u. a. durch Großbritannien,
     2013 – 2017‟, http://cdkn.org/wp-content/uploads/2013/         Dänemark und Japan unterstützt. Der NCCAP ist ein
     03/Kenya-National-Climate-Change-Action-Plan.pdf
     [28.07.2014].                                                  umfassendes Dokument, welches nicht nur die Auswir-
2|   „President Uhuru’s speech during official opening of 11th      kungen des Klimawandels und die dadurch notwendige
     Parliament‟, Capital FM, 16.04.2013, http://capitalfm.co.      Anpassungsmaßnahmen und die Abgasreduzierung
     ke/eblog/2013/04/16/president-uhurus-speech-during-
     official-opening-of-11th-parliament [28.07.2014].              adressiert, sondern auch die legislativen, finanziellen
3|   Vgl. ebd., Übs. d. Verf.                                       und institutionellen Aspekte im Blick hat. Die Ziele des
92

     NCCAP sind jedoch hochgesteckt und kostenintensiv:
     Allein die Umsetzung in den ersten fünf Jahren würde
     12,76 Milliarden US-Dollar betragen.

     „Kenia ist das einzige afrikanische Land, welches
     den Klimawandel ernst nimmt und ein Gesetz zum
     Klimawandel diskutiert‟.4 Diese Aussage bezieht sich
     auf die Climate Change Bill – ein Gesetzentwurf, der
     bereits 2012 vom Parlament verabschiedet wurde,
     jedoch aufgrund mangelnder Einbeziehung der Zivil-
     bevölkerung vom damaligen Präsidenten zurückge-
     wiesen wurde. Der Entwurf sieht die Einrichtung eines
     Climate Change Councils (CCC) vor, dessen Mitglieder
     die Regierung, den Privatsektor und die Zivilgesell-
     schaft repräsentieren. Dieser soll allein berechtigt
     sein, Richtlinien bezüglich des Klimawandels vorzu-
     geben, alle Maßnahmen der Regierung diesbezüglich                 Ein Geothermiekraftwerk in Olkaria. Kenia erzeugt mit drei
     koordinieren und die nationale sowie die County-                  Kraftwerken dieser Art 200 Megawatt und ist das erste Land
                                                                       Afrikas, das Erdwärme als Energiequelle nutzt.
     Regierungen beraten. Zusätzlich sieht der Entwurf die
     Einrichtung eines Fonds für den Klimawandel vor. Nun
     steht der Gesetzesentwurf wieder zur Debatte und
     soll in den nächsten Monaten vom Parlament verab-                 ENERGIEPOLITIK
     schiedet werden.
                                                                       Die Energiepolitik Kenias konzentriert sich vor allem
     Ö F F E N T L I C H E D E B ATT E Z U M K L I M AWA N D E L I N   auf die Stromerzeugung, dennoch sind die meisten
     KENIA                                                             Haushalte von Holzkohle und Holz abhängig, da ein
                                                                       legaler Stromanschluss häufig zu teuer (ca. 350 Euro)
     Einerseits wird der Klimawandel als solcher kaum                  und in weiten Teilen des Landes gar nicht erst mög-
     in der Öffentlichkeit diskutiert, andererseits gibt es            lich ist. KenGen als größter Stromerzeuger Kenias
     hingegen kaum ein Thema, welches nicht damit in                   gehört zu 70 Prozent der kenianischen Regierung und
     Zusammenhang steht.                                               erzeugt 75 Prozent des Stroms in Kenia. Der Großteil
                                                                       des Stroms wird durch Wasserkraft erzeugt, weitere
     So sind z. B. steigende Strompreise eine Folge der                Quellen sind Wärme- und Erdwärmkraftwerke, Wind-
     Wasserknappheit, da 70 Prozent des Strombedarfs                   kraft, Solarenergie, sowie die Energiegewinnung als
     durch Wasserkraft erzeugt wird. Dies hat Auswir-                  Beiprodukt bei der Zuckerherstellung. Die gesamte zur
     kungen auf fast alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche.             Verfügung stehende Kapazität liegt bei 1.515 Mega-
                                                                       watt. Dies ist für die Deckung des Strombedarfs in
     Forderungen nach genaueren Wetterprognosen                        Kenia unzureichend. Hinzu kommt eine anfällige Infra-
     werden immer lauter, um die negativen Auswirkungen                struktur, was regelmäßige Stromausfälle zur Folge hat.
     auf die Landwirtschaft möglichst gering zu halten.
     Ebenso wird die Regierung von den Medien als zu                   Ein Plan zur Erhöhung der Kapazitäten in den nächs-
     wenig proaktiv bezeichnet. Ausreichende Hilfsstra-                ten 20 Jahren sieht die folgende Aufteilung vor: 26
     tegien für den Fall einer Dürreperiode gibt es nicht.             Prozent Erdwärme, 19 Prozent Kernkraft, 13 Prozent
     Regierungsmaßnahmen werden als unzureichend,                      Kohlekraftwerke, neun Prozent Importe, neun Prozent
     korrupt und nicht nachhaltig kritisiert.                          Windkraft, 20 Prozent Gas- und Dieselturbinen. Solar-
                                                                       kraft wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.5
                                                                       Kenia propagiert auf der einen Seite Grüne Energie
                                                                       und will andererseits Kohle- und Kernkraftwerke ein-
                                                                       führen, die es bisher noch nicht nutzt. Ein Kenya Nuclear
                                                                       Electricity Board (KNEB) wurde bereits eingerichtet,6
                                                                       das erste Kernkraftwerk soll 2022 seine Arbeit aufneh-
     4|   „Kenya is the only country in Africa that is spearheading
          issues of climate change by initiating this vital Climate
          Change Bill.‟ Hon. Ottichilo, aus: „Kenya Climate Change     5|   „Power generation in Kenya‟, Kenya Engineer,
          Bill proposes Establishment of a Council‟, Heinrich-Böll-         http://kenyaengineer.co.ke/index.php/columns/
          Stiftung, 11.04.2014, http://ke.boell.org/2014/03/11/             powertrains/1477 [28.07.2014].
          kenya-climate-change-bill-proposes-establishment-council     6|   Kenya Nuclear Electricity Board (KNEB),
          [28.07.2014].                                                     http://nuclear.co.ke [28.07.2014].
93

men. KNEB wirbt auf seiner Homepage damit, dass                     Kenia ist auf dem richtigen Weg, die Folgen des Kli-
Kernkraft die beste Art ist, sicheren, sauberen und                 mawandels aufzufangen, doch es ist fraglich, ob die
zuverlässigen Strom zu liefern.7 Die internationale                 hochgesteckten Ziele der Regierung realistisch und im
Debatte zur Kernkraft insbesondere in Deutschland                   gesetzten Zeitrahmen zu erreichen sind. Wie in vielen
scheint hier nicht beachtet.                                        Bereichen fehlt es an Koordinierung der verschiedenen
                                                                    Regelungen und Gesetze, aber auch der unterschied-
FA Z I T                                                            lichen Projekte und Maßnahmen. Auch stehen in der
                                                                    politischen und öffentlichen Debatte andere politische
Zusätzlich zur nationalen Klimapolitik finden zahl-                 Themen im Vordergrund. Es besteht die Gefahr, dass
reiche Kooperationen statt, die im kleinen Rahmen                   die Umsetzung der nationalen Pläne durch man-
direkt die kenianische Bevölkerung unterstützen. So                 gelnden politischen Willen und fehlende finanzielle
unterhält die GIZ ein Projekt, welches die Nutzung                  Ressourcen verzögert wird. Es bleibt zu hoffen, dass
effizienterer Holzöfen zum Kochen propagiert und die                dies nicht geschieht, denn – wie es Ali Mohammed,
lokale Erzeugung dieser effizienten Kochöfen ermög-                 ehemaliger Staatssekretär im Umweltministerium for-
licht. Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsge-               mulierte – Kenias „Grünes Wachstum, ist nicht nur als
sellschaft und die KfW kooperieren mit Privatfirmen                 Idee, sondern als Überlebensstrategie‟8 von größter
zum Ausbau der Erdwärmenutzung, um die Stromer-                     Bedeutung.
zeugung zu erhöhen. Weitere Projekte fördern nach-
haltige Bewässerungsmethoden in der Landwirtschaft
und vermitteln effektivere Anbaumethoden. Hinzu
kommen zahlreiche Initiativen zur Aufforstung. Ziel ist
es, die Waldfläche in Kenia von derzeit 5,9 auf zehn
Prozent zu erhöhen.

7|   „Nuclear energy is the best way to produce safe, clean,
     reliable, base load (at a constant supply) electricity. Both
     nuclear and other renewable sources of energy, such as
     wind, solar and geothermal plants could play a major
     role, as the reduction of carbon emissions becomes a           8|   Republik Kenia, Ministry of Environment and Natural Re-
     higher priority.‟ Aus: Vgl. KNEB, „Why Nuclear Electricity‟,        sources, The Climate Change Secretariat, „Kenya Laun-
     http://nuclear.co.ke/index.php/public-information/why-              ches a National Climate Change Action Plan (NCCAP)‟,
     nuclear-electricity [23.05.2014],                                   http://kccap.info [28.07.2014].

SENEGAL

Ute Gierczynski-Bocandé                                             W I E W I R D D E R K L I M AWA N D E L I N S E N E G A L
                                                                    Ö F F E N T L I C H , P O L I T I S C H U N D M E D I A L WA H R­
Senegal, ein Land zwischen atlantischem Ozean,                      GENOMMEN?
Sahelzone und Waldgebieten, gehört zu den 15 afrika-
nischen Ländern, die am stärksten vom Klimawandel                   Die senegalesische Bevölkerung ist zumindest teil-
bedroht sind. Dieser wird in Politik, Öffentlichkeit und            weise für die Umweltthematik sensibilisiert, ergreift
Medien wahrgenommen, insbesondere, wenn die vom                     aber in der Regel nur selten Initiativen, um die
Klimawandel hervorgerufenen Probleme sich unmit-                    Probleme an der Wurzel zu lösen. Auf der akademi-
telbar auf das Leben der Bevölkerung auswirken:                     schen Ebene und im Bereich von Zivilgesellschaft und
Küstenerosion und dadurch hervorgerufene Zerstö-                    Nichtregierungsorganisationen existieren hingegen
rung von Gebäuden, Ausbreitung der Wüstenzonen                      zahlreiche Initiativen, um die Umweltproblematik
und damit einhergehende Reduzierung von Weide-                      anzugehen. Eine Fachzeitschrift, die sich ausschließlich
und Ackerland, Überschwemmungen in der Regen-                       der Darstellung von Lösungsansätzen der Umweltpro-
zeit stehen immer wieder im Zentrum der medialen                    bleme und des Klimawandels beschäftigt, ist die von
Berichterstattung und der politischen Diskussion.                   einem Umweltingenieur der Universität Dakar heraus-
                                                                    gegebene Vie (Leben).
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     Die mediale Berichterstattung über Umweltprobleme         In der Region Kedougou sind große Territorien an
     hat sich in Senegal in den letzten Jahren intensiviert.   ausländische Investoren u. a. Goldgesellschaften
     Hierzu haben verschiedene Klimakonferenzen und die        übertragen worden. Gleichzeitig werden in der Region
     Zuspitzung der ökologischen Probleme des Landes           Kedougou sowie auch im Norden Senegals entlang des
     beigetragen. Der Klimawandel wird in der Öffentlich-      Senegalflusses riesige Territorien für große agrarwirt-
     keit als Resultat des Treibhauseffekts aufgenommen,       schaftliche Unternehmen zur Verfügung gestellt, die
     der letztlich auf die Industrienationen zurückzuführen    dort Pflanzen für Biotreibstoff anbauen. Dieses Pro-
     ist. Aber auch interne und afrikanische Faktoren          zedere steht international in der Kritik, gilt jedoch als
     werden zunehmend als Auslöser und Verstärker des          Vorzeigeprojekt der Regierung und wird von Medien
     Klimawandels erkannt und erklärt.                         und Bevölkerung nur in Einzelfällen kritisiert.

     Wenn noch vor einigen Jahren die Verantwortung für        Ein brandaktuelles Thema ist jedoch die unrechtmäßige
     den Klimawandel ausschließlich auf die Industrie-         Bebauung des Küstenstreifens vor allem in Dakar. Im
     staaten geschoben wurde, erscheinen in den sene-          Laufe der letzten zehn Jahre wurden große Teile der
     galesischen Medien jetzt mehr detaillierte und gut        Küste der Halbinsel Dakar von meist privaten Inves-
     recherchierte Artikel zu selbst erzeugten Problemen.      toren, entgegen der Umweltgesetze, verbaut. Damit
     Die Tagespresse beschränkt sich in diesem Zusam-          wurde der Zugang der Bevölkerung zum Meer auf ein
     menhang vorwiegend auf die akuten Probleme. So            Minimum reduziert und gleichzeitig kommt es zu Luft-
     stehen während der Regenzeit regelmäßig die Über-         zirkulationsproblemen in der Hauptstadt, die ohnehin
     schwemmungen in den stark bevölkerten Feuchtzonen         schon unter massiver Luftverschmutzung leidet. Eine
     von Dakar und St. Louis auf den Titelseiten. Spekula-     weitere Folge dieser Bauaktivitäten ist eine massive
     tion und verfehlte Kontrolle von Bauland haben dazu       Küstenerosion, die durch den Klimawandel und das
     geführt, dass Feuchtzonen nicht geschützt, sondern        Ansteigen des Meeresspiegels noch intensiviert wird.
     mit neuen Wohngebieten zugebaut wurden.                   Als kürzlich ein Teil der Corniche (Küstenstreifen um
                                                               Dakar) in Zentrumsnähe, der noch unbebaut war,
     Unabhängige Medien betonen deutlich die Verant-           mit einer Mauer abgetrennt wurde, organisierten die
     wortung der Regierung und der Behörden im Zusam-          Anrainer regelmäßig große Demonstrationen, die
     menhang mit den nationalen Umweltproblemen. So            teilweise gewaltsam niedergeschlagen wurden. Die
     berichten die Tageszeitungen SUD, Walf Fadjri oder        türkische Botschaft, die hier direkt am Meer errichtet
     die Wochenzeitschrift La Gazette, dass die Umweltzer-     werden sollte, besaß zwar eine Baugenehmigung, die
     störung in vielen Fällen erst durch verantwortungs-       jedoch einer legalen Grundlage entbehrte. Trotz der
     loses Verhalten von Staatsbeamten und Behördenver-        Repression gingen die Demonstrationen weiter, bis der
     tretern möglich wird. Illegales Abholzen ganzer Wälder    Staatschef selber eingriff und mit der türkischen Bot-
     kann beispielsweise nur mit schweigender Zustim-          schaft in Kontakt trat, die darauf die Arbeiten einstellte.
     mung der Forstbeamten stattfinden.                        Sie soll ein neues Grundstück für den Botschaftsneubau
                                                               erhalten und der soziale Friede ist – erst einmal –
     Ebenso gravierend sind die Eingriffe der Regierung im     gerettet. In anderen Teilen des Landes ist die Zivil-
     Grund- und Bodenrecht. Wenn laut Verfassung das land-     gesellschaft noch nicht so aktiv und die Bevölkerung
     wirtschaftlich bebaubare Land sowie die Naturschutz-      nicht über die Umweltprobleme informiert. Die Medien
     gebiete immer noch Staatsland sind, so ist dennoch        machen ihre Arbeit insbesondere dann, wenn es um
     zu beobachten, dass ganze Ländereien an Privatleute       spektakuläre Ereignisse geht oder wenn Wahlen nahen.
     übergeben werden. Beispielsweise erhielten die Kha-
     lifen der großen Bruderschaften in der Region Thies       Die politischen Parteien ziehen vor allem in Wahlpe-
     mehrere Tausend Hektar Land in einem Naturschutz-         rioden Kapital aus der Problematik des Klimawan-
     gebiet, dem zu diesem Zweck der Titel „geschützte         dels. Wenn auch ansonsten die Umweltkomponente
     Zone‟ entzogen wurde.                                     und die Klimaproblematik in den Parteiprogrammen
                                                               eher stiefmütterlich behandelt werden, kommen sie
     Ein weiteres Problem in diesem Bereich wird durch         in Wahlkampf und Vorwahlperioden zum Tragen. So
     den Klimawandel akzentuiert: Konflikte zwischen           versprechen die Kandidaten der Lokalwahlen im Juni
     Ackerbauern und Nomaden. Die Versteppung durch            2014 die Lösung zahlreicher, auch vom Klimawandel
     Abholzung in Nord- und Zentralsenegal führt zu ver-       hervorgerufener, Umweltprobleme: erneuerbare Ener-
     mehrter Wanderbewegung enormer Rinderherden gen           gien als Alternative zu fossilen Brennstoffen, stärkere
     Süden, wo die Nomaden in Konflikt mit dort ansässi-       Reglementierung beim Ressourcenabbau, Sanktionen
     gen Bauern geraten. Dieses Konfliktpotenzial wird von     bei Umweltzerstörung, besseres Ressourcenmanage-
     der betroffenen Bevölkerung wahrgenommen, steht           ment vor allem bei den Ressourcen Wasser und Land.
     jedoch selten auf der Agenda von Presse oder Politik.     Auch zwei Ökoparteien gibt es; sie stellen sogar die
95

                                                             D I S K U S S I O N D E S K L I M AWA N D E L S I N
                                                             ­Z U S A M M E N H A N G M I T N AT I O N A L E R U N D
                                                             ­I N T E R N AT I O N A L E R E N E R G I E - U N D E N E R G I E ­
                                                             SICHERHEITSPOLITIK

                                                             Senegal kann sich ohne einen effizienten Wirtschafts-
Im südlichen Senegal waren Batterien und Dieselgeneratoren   sektor nicht entwickeln, und besonders Unternehmen
die überwiegende Energiequelle. Zunehmend installieren die   benötigen ein Minimum an Energieversorgung, welche
Kommunen Fotovoltaikanlagen und versorgen so auch die
                                                             in Senegal nicht ausreichend gewährleistet ist. Folglich
Krankenstationen.
                                                             steht die Lösung der Energieengpässe ganz oben auf
                                                             der Agenda der senegalesischen Medien und Regie-
Bürgermeister der Dakar vorgelagerten Inseln Gorée           rung. Der Entwicklungsplan für den Energiesektor
und Ngor. Die grundlegenden Probleme wurden bis-             2013 bis 2017, der von der Regierung Macky Salls
lang jedoch nicht oder nur ungenügend angegangen.            nach seiner Wahl 2012 verabschiedet wurde, unter-
                                                             streicht die dringende Notwendigkeit der Energiesiche-
Daran hat auch die Erweiterung des Wirtschafts-              rung, um eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung zu
und Sozialrates um die Umweltkomponente nichts               gewährleisten.
geändert. Diese erscheint umso mehr als Alibi, als
der gesamte Rat, eine Art zweite parlamentarische            Die Präsenz der Geberorganisationen wirkt sich im
Kammer mit beratender Funktion und ernannten Mit-            Zusammenhang mit der Vorbildfunktion der Hinwen-
gliedern, in den Augen der Bevölkerung als überflüs-         dung vieler europäischer Staaten zur Energiewende
sige Mittelverschwendung aufgefasst wird.                    auf die Konzeption der senegalesischen Umweltpolitik
                                                             aus. Im Regierungsprogramm der Koalition um Macky
Andere Instanzen befassen sich intensiv und effizient        Sall sowie in der Regierungserklärung seiner Premi-
mit dem Klimawandel und schlagen Problemlösungen             erministerin Ende 2013 wird die Verantwortung für
vor. Beispielsweise plädieren Architekten für klimaeffi-     die Umwelt unterstrichen. Die Umweltgesetzgebung
zientes Bauen – sie kritisieren die Tatsache, dass quasi     bietet eine juristische Grundlage für Sanktionen bei
alle neuen offiziellen und privaten Gebäude in der           Umweltvergehen, besonders, wenn sie eine Auswir-
Hauptstadt und den Regionalstädten mit klimatisch            kung auf den Klimawandel haben. Ebenso wie auch
nicht adaptierten Baustoffen erbaut werden (Glas,            die Ratifizierung interafrikanischer und internationaler
Beton, etc.) und schlagen nachhaltige Lösungen vor.          Abkommen zum Klimaschutz bieten diese Texte eine
Weiterhin arbeitet das Umweltinstitut der Universität        Handlungsgrundlage. Das Problem liegt allerdings in
Dakar daran, die Auswirkungen des Klimawandels zu            ihrer Umsetzung.
begreifen und zu begrenzen. Auch ein Journalisten-
netzwerk für Umweltfragen existiert, wenn es auch            Die Diskussionen über den Klimawandel in Zusam-
noch nicht sehr bekannt ist.                                 menhang mit nationaler und internationaler Energie-
                                                             und Energiesicherungspolitik findet in kleinen Exper-
Die Notwendigkeit eines Umdenkens der Regierung              tenkreisen und selten in den Medien, noch seltener in
und der Bevölkerung ist angesichts der extremen              Kreisen der Bevölkerung statt. Die Energieversorgung
Umweltprobleme Senegals überall präsent, jedoch              ist zwar ein häufig in der Presse diskutiertes Thema,
wird die Verantwortung vorwiegend auf die politischen        insbesondere angesichts der massiven Stromausfälle
Entscheidungsträger geschoben. Und diese enga-               in den Jahren des vorangegangenen Regimes. Diese
gieren sich lieber für wählerwirksame Themen wie             hatten stark zur Unzufriedenheit der Bevölkerung
die Reduzierung der Grundnahrungsmittel- und der             mit der Regierung Wade beigetragen und häufig zu
Mietpreise sowie den Abbau der Arbeitslosigkeit. Hier        gewaltsamen Demonstrationen geführt. So stand die
spielt der Klimawandel nur eine untergeordnete Rolle,        Normalisierung der Energieversorgung ganz oben auf
wobei gerade die Arbeitsplatz schaffende Komponente          der Agenda des 2012 gewählten Präsidenten Macky
der „Grünen Wirtschaft‟ unterschätzt bzw. ignoriert          Sall. Diese kann allerdings nur gewährleistet werden,
wird. Zur Ehrenrettung des mangelhaften politischen          weil die Energie derzeit mit sehr hohen Kosten durch
Engagements im Rahmen des Klimawandels soll die              gemietete Stromgeneratoren erzeugt werden kann.
Initiative des ehemaligen senegalesischen Staatschefs        Auf Dauer ist diese Situation unhaltbar; das Staats-
Abdoulaye Wade (Amtszeit 2000 bis 2012) erwähnt              budget wird durch die Einfuhr fossiler Energie (Erdöl)
werden: die Umsetzung seiner Idee der „Großen                und die Mietpreise der Generatoren extrem belastet.
Grünen Mauer‟, eines Waldgürtels, der vom Atlantik           Um schnelle Abhilfe zu schaffen, entschloss sich die
(Senegal) bis an den Nil reichen soll, hat in Senegal        Regierung, das Angebot Südkoreas anzunehmen und
schon begonnen.                                              ein Kohlekraftwerk in Küstennähe zu bauen. Dieses
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     Projekt wird von der Opposition als grobe Verletzung                 und Deutschland, in dem die deutsche Entwicklungs-
     der unterzeichneten Abkommen zum Klimaschutz                         zusammenarbeit sich auf einen Schwerpunkt fokus-
     bezeichnet, von der Bevölkerung jedoch quasi nicht                   siert: nachhaltige Entwicklung durch erneuerbare
     wahrgenommen. Durch das geplante Kraftwerk erhöht                    Energien.
     sich nicht nur die Importabhängigkeit Senegals von
     fossiler Energie. Auch die katastrophalen Auswirkun-                 P O S I T I O N S E N E G A L S I N D E R M U LT I L AT E R A L E N
     gen auf die Umwelt und das Klima werden von den                      K L I M A P O L I T I K U N D R O L L E D E R V E R E I N T E N N A-
     Medien unterstrichen.                                                TIONEN IM KLIMADISKURS

     Die Energiesicherheit in Senegal geht primär auf                     In der multilateralen Klimapolitik beteiligt sich Senegal
     Kosten der Umwelt. Die Forschung und Verwendung                      an einer Vielzahl internationaler Initiativen zum
     erneuerbarer Energien werden zwar von Universi-                      Schutz des Klimas. So haben die senegalesischen
     tätsprofessoren und anderen Experten gefordert, in                   Regierungen zahlreiche diesbezügliche Konventionen
     der tagespolitischen Realität jedoch steht die Ener-                 unterzeichnet, angefangenen vom Kyoto-Protokoll bis
     giesicherheit für die Befriedigung der Bedürfnisse der               hin zur Baseler Konvention zur Kontrolle von grenz-
     Bevölkerung vor dem Klimaschutz und einem nachhal-                   überschreitenden gefährlichen Abfallprodukten. Die
     tigen Ressourcenmanagement.                                          senegalesischen Medien berichten dabei teilweise
                                                                          ausführlich über internationale und nationale Klima-
     E U R O P Ä I S C H E K L I M A- U N D E N E R G I E P O L I T I K   konferenzen. Den Vereinten Nationen kommt eine
     UND DEUTSCHE ENERGIEWENDE                                            maßgebliche Rolle im Klimadiskurs zu, die politischen
                                                                          Entscheidungsträger Senegals unterstreichen häufig
     Von den wenigen Experten und Politikern, die sich                    die Bedeutung der zwischenstaatlichen Organisationen
     mit der Frage befassen, wird die Rolle der Energie-                  auf kontinentaler und globaler Ebene im Rahmen der
     wende Deutschlands und Europas als Vorreiter der                     multilateralen Klimapolitik. Die senegalesische Klima-
     internationalen Klimapolitik positiv wahrgenommen.                   politik nimmt die internationalen Konventionen und
     Insbesondere Deutschland gilt als ein Land, in dem                   Abkommen ernst und in der Theorie gehört Senegal
     der Umweltschutz eine zentrale Rolle einnimmt. Deut-                 zu den Ländern, die sich gezielt für alle geeigneten
     sche Projekte zur nachhaltigen Energieversorgung,                    Maßnahmen einsetzen, um den Klimawandel einzu­
     zum Küstenschutz und gegen Entwaldung (GIZ u. a.)                    dämmen bzw. angemessen auf ihn zu reagieren.
     werden als sinnvoll und effizient empfunden.                         Jedoch stehen in der Praxis den edlen Absichten
                                                                          häufig Sachzwänge politischer Art entgegen, die
     Die politische Rolle Deutschlands in der internatio-                 eine nachhaltige Entwicklung verlangsamen oder
     nalen Klimadebatte wird hingegen von der senegale-                   gar aufhalten können. Das Beispiel des (schließlich
     sischen Presse nur anlässlich besonderer Ereignisse                  verhinderten) Baus der türkischen Botschaft im nicht
     hervorgehoben, beispielsweise bei der Unterzeichnung                 bebaubaren Strandstreifen ist geeignet, diese Realität
     des neuen Regierungsabkommens zwischen Senegal                       zu illustrieren.

     TA N S A N I A

     Kristina von Knobelsdorff | Stefan Reith                             wird zur Bedrohung der Küstengebiete, unzuverlässige
                                                                          und unvorhersehbare Regenfälle führen zu Engpässen
     EINLEITUNG                                                           in der Energieversorgung und zu extremen Schäden
                                                                          der ohnehin schlecht ausgeprägten Infrastruktur, der
     Die aktuellen Klimaberichte beschreiben die möglichen                Wasserversorgung sowie der Landwirtschaft und des
     Szenarien, die Tansania für die nächsten Jahre voraus-               gesamten Ökosystems. Auch der Tourismus, laut
     gesagt werden, stets im Superlativ. Es ist eines der                 nationalem Statistikbüro1 aktuell noch einer der am
     Länder, in denen das Risiko sowohl starker Überflu-
     tungen als auch verheerender Dürren als am höchsten
     eingestuft wird, und in denen Menschen, Land und                     1|   Vgl. National Bureau of Statistics (NBS), „Tanzania Tou-
                                                                               rism Sector Survey. The 2010 International Visitor’s Exit
     Gewässer den schlimmsten Folgen des Klimawandels                          Survey Report‟, http://nbs.go.tz/nbs/takwimu/trade/
     ausgesetzt sein werden. Der steigende Meeresspiegel                       Tourism_Sector_Survey_Report_2010.pdf [28.07.2014].
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schnellsten wachsenden Wirtschaftssektoren Tansa-              Durchschnittsbürger interessiert und informiert sich,
nias, wird nicht verschont bleiben. Die Bedrohung der          die Missstände werden intensiv diskutiert. Persönliche
Biodiversität sowie das Abschmelzen des Gletschers             Verhaltensänderungen werden daraus aber kaum
auf dem Kilimandscharo wirken sich negativ auf die             abgeleitet. Schon auf dem Nachhauseweg wundert
Attraktivität der beliebtesten Touristenziele des Landes       sich der Normalbürger nicht mehr über den Müll, der
aus. Steigende Temperaturen erhöhen in Kombination             überall verbrannt wird, und die leere Plastikflasche
mit mehr Regen nicht nur das Risiko für Krankheiten            landet im Straßengraben. Beim Abendessen, das in
wie Malaria und Cholera; laut dem aktuellen Klimabe-           den meisten Haushalten in Daressalaam auf dem
richt des IPPC2 zeigen neueste Untersuchungen einen            Holzkohleöfchen4 zubereitet wird, ist das Thema Kli-
Zusammenhang zwischen steigenden Temperaturen                  mawandel längst vergessen. Meist gibt es wichtigere,
auf der einen Seite sowie schlechter Gesundheit, Ver-          aktuellere Probleme.
lust der Arbeitsfähigkeit und erhöhter Sterblichkeit auf
der anderen Seite.                                             In der Politik finden sich ähnliche Muster. Wurde ins­
                                                               gesamt relativ spät auf die Herausforderung Klima-
Die sozioökonomischen Folgen sind gravierend, hängt            wandel reagiert, existieren heute zumindest zahlreiche
die Wirtschaft Tansanias doch stark vom Klima ab:              Strategien, wie das 2007 entwickelte nationale Anpas-
Knapp die Hälfte des BIP wird durch besonders klima-           sungsaktionsprogramm (NAPA), die 2012 verabschie-
abhängige Wirtschaftssektoren wie die Landwirtschaft           dete nationale Klimastrategie5 und der 2013 entwor-
eingefahren. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung sind              fene nationale REDD+-Strategie- und Aktionsplan.
hier beschäftigt und somit von den Folgen des Klima-           Allerdings entstanden alle Pläne ausnahmslos mit
wandels direkt betroffen. Eine Studie des britischen           Unterstützung und auf Druck der internationalen
Departments for International Development (DFID)3              Geber. Die Gründung einer nationalen meteorolo-
sagt für Tansanias BIP bis 2030 einen durch die Folgen         gischen Agentur, die täglich im Internet für alle frei
des Klimawandels verursachten jährlichen Verlust               zugängliche Wetter- und Klimainformationen liefert
von 1,5 bis zwei Prozent voraus. Die Auswirkungen              und somit laut UNDP6 zu einer Verbesserung der Ein-
des veränderten Klimas sind laut der Studie groß               schätzung von Klimawandel und Klimarisiken beitrage,
genug, um die Erreichung der Entwicklungsziele wie             kann positiv bewertet werden.
wirtschaftliches Wachstum oder die Reduzierung der
Armut in Tansania ernsthaft zu gefährden.                      Die tatsächliche Umsetzung der Strategien vom Papier
                                                               in die Realität lässt jedoch auf sich warten. Es fehle
D I E WA H R N E H M U N G D E S K L I M AWA N D E L S I N     an den nötigen Mitteln, heißt es an offizieller Stelle.
TA N S A N I A                                                 Gleichwohl mangelt es aber vor allem am politischen
                                                               Willen. Die zuständigen Ministerien sind unterbesetzt,
Spätestens seit Tansania 2005 / 06 von einer schweren
Dürre heimgesucht wurde, unter der Millionen von
                                                               4|   In Tansania gesamt werden täglich etwa 2.650 Tonnen
Menschen litten, ist man sich hier der Schäden, die
                                                                    Holzkohle verwendet, davon entfallen 1,5 Tonnen allein
der Klimawandel verursachen kann, durchaus bewusst.                 auf Daressalaam. In einem Jahr entspricht dies tansania­
Beinahe täglich berichten lokale Medien aus unter-                  weit einem Verlust von etwa 125.000 Hektar Wald pro
                                                                    Jahr (von einem Gesamtbestand von etwa 33 Millionen
schiedlichen Regionen Tansanias von zu starkem oder
                                                                    Hektar). Vgl. Neema Msuya, Enock Masanja und Abraha­
von ausbleibendem Regen, von weggespülten Brücken,                  mu Kimangano Temu, „Environmental Burden of Charco-
von verdorrten oder verfaulten Ernten, von Nahrungs-                al Production and Use in Dar es Salaam, Tanzania‟, in:
                                                                    Journal of Environmental Protection, 2011, S. 2.
mittelengpässen und steigenden Lebensmittelpreisen.
                                                               5|   Das tansanische Umweltministerium hatte 2011 in einem
Auch die Veranstaltungen lokaler NGOs oder von                      Schreiben an die Weltbank um Unterstützung bei der
Gebern organisierte internationale Konferenzen und                  Erarbeitung einer effektiven Klimastrategie gebeten.
                                                                    Dabei wurde explizit gefordert, dass sie im Zuge des
Workshops finden in den Medien große Beachtung.
                                                                    Süd-Süd-Projekts in Zusammenarbeit mit anderen Ent-
Wie bei vielen anderen aktuellen Themen, lässt sich                 wicklungsländern stattfinde. In der Strategie sollten mit
an den Zeitungsständen und in den Internetforen                     Experten aus Mexiko, Südafrika und Namibia und Sambia
                                                                    nicht nur die institutionellen Verpflichtungen und Aufga-
jedoch immer wieder ein Phänomen beobachten: Der
                                                                    ben festgelegt werden, sondern auch Anpassungstech-
                                                                    niken und Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels
                                                                    identifiziert werden. Auf der Basis dieses Austauschs, für
2|   Vgl. IPCC, „Chapter 22. Africa‟, Final Draft, IPCC WGII        den 30 Tansanier für eine Woche nach Namibia gereist
     AR5 Chapter 22, 31.03.2014, http://ipcc-wg2.gov/               waren, ist Ende 2012 das nationale Klimastrategiepapier
     AR5/images/uploads/WGIIAR5-Chap22_FGDall.pdf                   hervorgegangen.
     [28.07.2014].                                             6|   Vgl. Marco Corsi, Simon Hagemann und Cândida Salgado
3|   Vgl. Republik Tansania und UKaid, „The Economics of            Silva, „Annual Report 2011‟, UNDP, Africa Adaption
     Climate Change in the United Republic of Tanzania. A           Programme (AAP), 02 / 2012, http://undp-aap.org/sites/
     Study by the Global Climate Adaptation Partnership and         undp-aap.org/files/AAP%20Annual%20Report%202011.
     Partners‟, 01 / 2011.                                          pdf [28.07.2014].
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