Umweltzustandsbericht Schleswig-Holstein - Natur und Landschaft Arten- und Biotopschutz
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Natur und Landschaft Arten- und Biotopschutz Abfallwirtschaft Chancen für die mittelständische Umwelttechnik Klima Klimawandel und -schutz Umweltzustandsbericht Schleswig-Holstein
Herausgeber: Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein Mercatorstraße 3 24106 Kiel Fotos: diekoordinaten, shutterstock, Reimer Stecher September 2009 Konzeption + Gestaltung: diekoordinaten GbR Auflage: 5.000 Diese Broschüre wurde auf Recyclingpapier gedruckt. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Die Landesregierung im Internet: www.schleswig-holstein.de
Vorwort .................................................................................................................................................................... 5 Boden ........................................................................................................................................................................ 7 Bodenzustand ................................................................................................................................................................. 8 Stoffbestand der Böden.................................................................................................................................................. 8 Strukturelle Bodenbelastungen ...................................................................................................................................... 9 Bewertung und regionale Verteilung der stofflichen und strukturellen Bodenbelastungen........................................... 10 Ziele, Maßnahmen und Umsetzungsstrategie des Bodenschutzes in Schleswig-Holstein........................................... 11 Wasser .....................................................................................................................................................................13 Anforderungen aus der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie .....................................................................................13 Anforderungen aus der Europäischen Hochwasserrichtlinie .........................................................................................14 Fließgewässer................................................................................................................................................................14 Seen...............................................................................................................................................................................16 Küstengewässer und Meeresschutz . ............................................................................................................................17 Nationalpark Wattenmeer.............................................................................................................................................. 18 Badegewässer............................................................................................................................................................... 20 Grundwasser................................................................................................................................................................. 20 Trinkwasser ................................................................................................................................................................... 22 Abwasser ...................................................................................................................................................................... 23 Luft ............................................................................................................................................................................ 25 Außenluft....................................................................................................................................................................... 25 Innenraumluft.................................................................................................................................................................27 Natur und Landschaft . .................................................................................................................................. 29 Biodiversität/Arten- und Biotopschutz........................................................................................................................... 29 Sonstige Flächenschutzinstrumente.............................................................................................................................. 31 Landschaftsplanung....................................................................................................................................................... 31 Naturerleben.................................................................................................................................................................. 32 Forst.............................................................................................................................................................................. 32 Abfallwirtschaft . ................................................................................................................................................ 35 Entwicklung der Abfallmengen ..................................................................................................................................... 35 Entsorgungsanlagen und -verfahren ............................................................................................................................. 37 Hohe Verwertungsquote ............................................................................................................................................... 37 Gesicherte „Inlandsentsorgung“ und Abfallimporte ..................................................................................................... 37 Klimaschutz durch Kreislaufwirtschaft........................................................................................................................... 38 Umsetzung der Abfallablagerungsverordnung weitgehend gelungen........................................................................... 38 Sicherung der Verwertungserfolge................................................................................................................................ 38 Chancen für die mittelständische Umwelttechnik......................................................................................................... 39 Effizienter Vollzug und länderübergreifende Zusammenarbeit...................................................................................... 39 Unterstützung der Entsorgungswirtschaft .................................................................................................................... 39 Umwelt und Gesundheit ............................................................................................................................ 41 Hitzewarnsystem .......................................................................................................................................................... 42 Strahlung....................................................................................................................................................................... 42 Lärm.............................................................................................................................................................................. 43 Chemikalien/Schadstoffe............................................................................................................................................... 45 Gentechnik ................................................................................................................................................................... 47 Klima ......................................................................................................................................................................... 51 Klimawandel ................................................................................................................................................................. 51 Klimafolgen . ................................................................................................................................................................. 52 Klimaschutz .................................................................................................................................................................. 52 Glossar ................................................................................................................................................................... 54
Dr. Christian von Boetticher Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Umweltzustandsbericht 2009 als sehr umfassende Mir ist wichtig, dass allen interessierten Bürgerinnen Momentaufnahme zieht für Schleswig-Holstein ein und Bürgern umfassende Informationen zur Verfügung positives Fazit. Die Menschen zwischen Nord- und stehen. Daher gibt es auch die Möglichkeit, sich im Ostsee können sich auch im Hinblick auf den Zustand Internet über das Landwirtschafts- und Umweltportal, der Umwelt über ein sehr hohes Maß an Lebensquali- den Landwirtschafts- und Umweltatlas, das Lärmportal tät freuen. Der Bericht belegt das mit den wichtigsten oder das Seenkataster umfassend über die Umwelt in aktuellen Fakten zur Qualität des Bodens, des Wassers Schleswig-Holstein zu informieren. Durch die Verknüp- und der Luft sowie dem Zustand von Natur und Land- fung mit Fachdatenbanken stehen teilweise hochaktuelle schaft. Ferner enthält er Aussagen zu Badegewässern Umweltdaten ständig zur Verfügung, beispielsweise die und zum Trinkwasser, zur Abfallwirtschaft, dem Lärm, zu stündlich aktualisierten Messwerte zur Luftqualität. den Umwelterkrankungen, schließlich auch zur Strah- lenbelastung, zu Chemikalien und Schadstoffen und zur Nur wer informiert ist, kann seinen Beitrag zum Schutz Gentechnologie. der Umwelt leisten. Eine intakte Umwelt hat sowohl für heutige als auch für nachfolgende Generationen einen Neben einer Situationsanalyse werden bestehende hohen Stellenwert. Daher war es richtig, in der Neufassung Probleme und Herausforderungen mit Ursachen, Wir- des Umweltinformationsgesetzes vom 2. März 2007 kungen, Entwicklungsabläufen und Tendenzen genannt den vorliegenden Umweltzustandsbericht rechtlich zu sowie Belastungen und Gefährdungen anhand objektiver verankern. und fachlicher Kriterien untersucht und bewertet. Bei den einzelnen Themenfeldern wird auch auf die rechtlichen Ich bin sicher, dass Sie mit der Lektüre des neuen Möglichkeiten, die Umsetzungsstrategie und die durch- Berichts viele interessante und aufschlussreiche Fakten geführten Maßnahmen eingegangen. erfahren werden. Trotz des im Grundsatz positiven Resümees gibt es in Teilbereichen weiterhin Aufgaben, auf die das Land mit entsprechenden Programmen und Maßnahmenbün- deln zur Besserung der Situation reagiert hat. Unsere Leitidee dabei: Wir setzen in der Umweltpolitik zentral Dr. Christian von Boetticher auf den Gedanken der Kooperation mit Bürgern und Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Kommunen. ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein 5
Boden Der Boden ist eine unverzichtbare Grundlage für Men- schen, Tiere, Pflanzen und ihre Ökosysteme. Mensch- liches Leben und gesellschaftliche Entwicklung sind auf existenzielle Weise mit dem Zustand des Bodens ver- knüpft. Der Bundesgesetzgeber hat daher mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) vom 17.03.1998 und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12.07.1999 die vielfältigen Funktionen des Bodens unter Schutz gestellt. Der Vollzug dieses Gesetzes wird durch das Landesbodenschutz- und Altlastengesetz vom 14.03.2002 sichergestellt. Ausführliche Informationen zum Thema Boden sind im Themenportal Landwirtschaft und Umwelt unter www.umwelt.schleswig-holstein.de zu finden. 7
Bodenzustand Stoffbestand der Böden Böden erfüllen die unterschiedlichsten Funktionen. Diese Böden weisen unterschiedliche stoffliche Zusammen- reichen von den natürlichen Funktionen als Lebensraum, setzungen auf. Sie vermögen Stoffe zu binden, zu filtern Bestandteil des Naturhaushaltes sowie als Abbau-, Aus- und umzuwandeln. Mit steigendem Ton- und Humus- gleichs- und Aufbaumedium über die Funktion als Archiv gehalt sowie pH-Wert nimmt das Bindungsvermögen der Natur- und Kulturgeschichte bis zu den Funktionen zu. Hinsichtlich des Grundwasserschutzes zeigen die als Rohstofflagerstätte, Fläche für Siedlung und Erho- sandigen Böden also eine wesentlich geringere Toleranz lung, für land- und forstwirtschaftliche Nutzung und gegenüber stofflichen Belastungen als lehmige Böden, sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen. weil hier die Rückhaltefunktion durch ein geringeres Der Boden wird durch den Menschen somit in verschie- Sorptionsvermögen eingeschränkt ist. denster Weise genutzt. Diese Nutzungen sind häufig mit stofflichen oder strukturellen Veränderungen des Aufgrund ihrer Funktion im Nährstoffhaushalt bilden Bodens verbunden. In Abhängigkeit von der Empfindlich- Böden die Grundlage für das Pflanzenwachstum. Gleich- keit der Böden gegenüber diesen Veränderungen und zeitig stellen sie aber auch eine Senke für eingetragene deren Intensität können bei einer Überbeanspruchung Schadstoffe dar und können unter Umständen als des Bodens reversible oder irreversible Beeinträchti- Schadstoffquelle wirken. gungen der Funktionen auftreten. Schleswig-Holstein ist besonders durch die Prozesse der Abbildung 1: Art der Flächennutzung beiden letzten Eiszeiten (Weichsel- und Saale-Eiszeit) in Schleswig-Holstein in % der Gesamtfläche und des darauf folgenden Zeitraumes (Holozän) geprägt. 11,9 2,0 Der Naturraum gliedert sich in das Östliche Hügelland, die Geest mit Vorgeest und Hoher Geest sowie die 4,9 Marsch. Diese naturräumlichen Einheiten weisen auf- grund ihrer unterschiedlichen Entstehungsgeschichten charakteristische Böden mit unterschiedlichen Eigen- 10,0 schaften und Empfindlichkeiten gegenüber natürlichen und anthropogenen Einflüssen auf. Sowohl ihre Eignung für verschiedene Nutzungen als auch ihre stoffliche Vor- belastung und Belastbarkeit, ihre Erosions- und Verdich- tungsgefährdung variieren entsprechend. 71,0 Landwirtschaftsfläche In Schleswig-Holstein werden 71,0 Prozent der Fläche Waldfläche landwirtschaftlich genutzt (Abbildung 1). Daneben Wasserfläche spielen auch die Nutzung als Wald (10,0 Prozent) und als Siedlungs- und Verkehrsfläche Siedlungs- und Verkehrsfläche (11,9 Prozent) eine bedeu- sonstige Flächennutzung tende Rolle (Stand: 2004). 8
Im natürlichen Zustand befinden sich die Nährstoffe und die Gehalte in der Reihenfolge Grünland — Acker — der Humusgehalt im Boden in einem geschlossenen Wald ab. Lehmige Böden weisen im Vergleich zu den Kreislauf. Bei der landwirtschaftlichen und gartenbau- Vorsorgewerten geringere Gehalte auf als Sandböden. lichen Nutzung wird die Bodenfruchtbarkeit nach den Die Überschreitung der Vorsorgewerte bedingt jedoch Grundsätzen der guten fachlichen Praxis langfristig durch nicht zwangsläufig einen Handlungsbedarf, da geogen gezielte Düngungsmaßnahmen aufrechterhalten. Erfolgt und siedlungsbedingt höhere Stoffgehalte der Böden im die Düngung in zu hohem Maße oder zum falschen Einzelfall zu berücksichtigen sind. Zeitpunkt, kann es durch Nährstoffverlagerung zu einer Belastung insbesondere des Grundwassers kommen. Hier ist vor allem Stickstoff zu nennen. Strukturelle Bodenbelastungen Neben Veränderungen der stofflichen Zusammenset- Der Gehalt an Schwermetallen im Boden ist abhängig zung von Böden sind Änderungen der Bodenstruktur vom so genannten Hintergrundgehalt, der sich aus den durch nutzungsbedingte Eingriffe zu verzeichnen. Die natürlichen im Bodenausgangsmaterial vorhandenen Intensivierung und Mechanisierung der landwirtschaft- Gehalten (geogene Grundlast) und dem anthropo- lichen Nutzung hat in den letzten Jahrzehnten stark genen Anteil zusammensetzt. Als anthropogener Anteil zugenommen und geht mit einer Zunahme des Verdich- werden weiträumige diffuse, aber auch kleinräumige tungsgrades von Böden einher. Im Land existiert prak- Einträge durch menschliche Aktivitäten bezeichnet. Für tisch keine Fläche, auf der die Bodenstruktur nicht vom organische Schadstoffe kann eine geogene Grundlast Menschen beeinflusst worden ist. Ob und in welchem nahezu ausgeschlossen werden. Schwermetalle stam- Umfang Bodenverdichtungen auftreten, wird maßgeb- men dagegen häufig auch aus dem Ausgangsgestein lich von den Faktoren Bewirtschaftungsintensität und der Böden. Bewirtschaftungszeitpunkt, Bodenfeuchte und Verdich- tungsempfindlichkeit des Bodens bestimmt. Zur Abgrenzung unterschiedlich starker Belastungen werden die öko- beziehungsweise humantoxikologisch Allgemein lässt sich feststellen, dass lehmige Böden abgeleiteten Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerte der oberflächennah stärker verdichtet sind als sandige BBodSchV herangezogen. Prüf- und Maßnahmenwerte Böden. Sie besitzen allerdings ein stärkeres natürliches markieren die Schwelle des Handlungsbedarfes bei Quellungs- und Schrumpfungsvermögen, wodurch unterschiedlichen Nutzungen und Wirkungspfaden Verdichtungen teilweise reversibel sind. Sandige Böden (Boden–Mensch, Boden–Nutzpflanze und Boden–Grund- sind gelegentlich in tieferen, nicht bearbeiteten Zonen wasser). Die Vorsorgewerte, bei deren Unterschreitung in verdichtet. Besonders beim Pflügen unter ungünstigen der Regel keine Besorgnis einer schädlichen Bodenver- Bedingungen – zu feuchter Boden und Schlupf der änderung besteht, zielen auf die nachhaltige Sicherung Schlepperreifen auf der Pflugsohle – können schädliche der Multifunktionalität der Böden ab. Bodenverdichtungen auftreten. In den schleswig-holsteinischen Böden werden Vor- Unter natürlichen Bedingungen gewährleistet die Vege- sorgewerte für Schwermetalle nur vereinzelt erreicht tationsdecke einen wirksamen Schutz vor Bodenabtrag. beziehungsweise überschritten. Tendenziell nehmen Durch die Bodenbearbeitung mit Einfluss auf die Vegeta- 9
tionsdecke geht dieser Schutz zeitweilig verloren, so dass In den Deichvorländern und den Mündungsbereichen der Boden den Kräften von Wasser und Wind ausgesetzt der Zuflüsse der Elbe sind infolge von Überflutungen ist. Reihenkulturen beziehungsweise Kulturen mit langem mit schadstoffhaltiger Schwebfracht der Elbe erhöhte Jugendstadium und später Bodenbedeckung wie beispiels- Schwermetall- und Dioxingehalte festzustellen. Zusätz- weise Rüben, Kartoffeln und Mais und der Umbruch von lich tragen in dieser Region die erhöhten natürlichen Grünland in Hanglagen verstärken diese Erosionsgefahr. Gehalte von Chrom in den Marschsedimenten zu einer Erosion hat zur Folge, dass die erodierten Böden mit dem stofflichen Vorbelastung bei. Abtrag des fruchtbaren Oberbodens zunehmend an Nähr- stoffen und Humus verarmen. Gleichzeitig können sich in Daneben lässt sich feststellen, dass die Nutzung von Bö- Senken und offenen Gewässern Nähr- und Schadstoffe den durch Siedlung, Verkehr oder andere wirtschaftliche anreichern und zu Belastungen des Grundwassers oder Tätigkeiten häufig mit stofflichen Belastungen im Umfeld der Oberflächengewässer führen. verbunden ist. Die Schadstoffgehalte in Ballungsräumen sowie in ihrer Nähe sind daher in der Regel erhöht. Dies trifft auch auf Flächen mit Sonderkulturen zu. Bewertung und regionale Verteilung der stofflichen und strukturellen Bodenbelastungen Aussagen über die landesspezifische Bodenverdichtung Der Zustand der Böden insbesondere hinsichtlich können lediglich auf Basis von Einzelergebnissen und stofflicher oder struktureller Belastungen muss anhand Literaturauswertungen getroffen werden. Gesetzliche einheitlicher, rechtsgültiger Maßstäbe bewertet wer- Standards bestehen in diesem Bereich nicht. Verdich- den. Für Schadstoffe liegen verbindliche Werte in der tungsgefährdet sind, vor allem bei feuchten Verhältnis- Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vor. Die sen und einer Bearbeitung mit schwerem Gerät, die schleswig-holsteinischen Böden befinden sich aufgrund schluffreichen Böden in der Marsch. Geringere Verdich- des hohen Anteils landwirtschaftlicher Nutzung im tungen sind für leichte Böden aus Sand bei feuchten Bo- Vergleich zu denen in anderen, stärker industrialisierten denzuständen, hauptsächlich im Bereich der Vorgeest zu Bundesländern in einem guten Zustand. erwarten. Bei den meist lehmigen Böden im Östlichen Hügelland sind vorwiegend die stauwasserbeeinflussten Die Gehalte an Schwermetallen und organischen und damit feuchten Böden verdichtet. Schadstoffen liegen in Schleswig-Holstein auf einem insgesamt niedrigen Niveau. Dennoch lassen sich auch Bodenerosion durch Wasser tritt in erster Linie an in schleswig-holsteinischen Böden räumliche Belas- ackerbaulich genutzten Hängen auf Böden aus schluf- tungsschwerpunkte und Gebiete, in denen flächenhaft figem und lehmigem Ausgangsmaterial insbesondere erhöhte Schwermetallgehalte vorliegen, erkennen. Diese im Östlichen Hügelland, aber auch in der Hohen Geest können einen geogenen Ursprung haben oder durch die auf. Im Bereich des Östlichen Hügellandes können Nutzung (zum Beispiel über Dünger) beziehungsweise die durch Wassererosion beeinflussten Flächen einen atmosphärische Deposition wie auch Flusshochwasser erheblichen Anteil eines Gebietes einnehmen. Bodenab- bedingt sein. trag durch Erosion ist nur in dem Maße tolerabel, wie er durch die Bodenneubildung kompensiert wird. Höhere Abtragsmengen werden jedoch in Abhängigkeit von der Bodenbedeckung und -beschaffenheit, der Hanglänge 10
und den Niederschlagsverhältnissen zum Teil schon bei organischen Schadstoffen untersucht. Ergänzt wird geringen Hangneigungen erreicht. Von der Erosion durch das Kataster durch anlassbezogene Untersuchungen. Wind sind vor allem Sandböden mit hohem Fein- und Aus dem Datenbestand des Bodenbelastungskata- Mittelsandanteil („leichte Böden“) betroffen. Zu nennen sters lassen sich Empfehlungen für den vorsorgenden sind hier im Besonderen die Podsole aus Flugsand in der Bodenschutz sowie Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Vorgeest. Für entwässerte Niedermoore unter Acker- ableiten. nutzung stellt die Winderosion ebenfalls eine Gefähr- dung dar. Schleswig-Holstein ist neben Niedersachsen, • Feststellung langfristiger Bodenveränderungen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg das am (Boden-Dauerbeobachtung) stärksten von der Winderosion betroffene Bundesland. Zur Kennzeichnung und Beobachtung der Bodenent- Erheblich erosionsmindernd wirkt in Schleswig-Holstein wicklung und Bodenveränderung sind in Schleswig- das Knicknetz. Holstein seit 1989 auf landesweit repräsentativen Standorten insgesamt 39 Boden-Dauerbeobach- tungsflächen (BDF) eingerichtet worden. Unter einer Ziele, Maßnahmen und Umsetzungsstrategie des für den jeweiligen Standort typischen Bodennutzung Bodenschutzes in Schleswig-Holstein und Bodenbelastungssituation werden kontinuierlich Das im September 1997 vom schleswig-holsteinischen bodenphysikalische, -chemische und -biologische Landtag verabschiedete Bodenschutzprogramm Untersuchungen durchgeführt. Im Rahmen einer (www.umwelt.schleswig-holstein.de, Suchbegriff: umfassenden Auswertung wird zurzeit geprüft, ob „Bodenschutzprogramm“) besitzt in seinen program- bereits Aussagen über Veränderungen der Böden in matischen Aussagen immer noch Aktualität. Es basiert Schleswig-Holstein möglich sind. auf dem Ansatz, dass der Boden als Ökosystem begrif- fen wird. Damit hat die Landesregierung Vorsorge als Ausgangspunkt für den Bodenschutz festgeschrieben. In dem im Aufbau befindlichen Bodeninformationssy- Gleichzeitig sollen die sozioökonomischen Nutzungs- stem BODIS werden die raumbezogenen geowissen- möglichkeiten der Böden durch Land- und Forstwirt- schaftlichen Daten als Grundlage für die Bearbeitung schaft, Siedlung, Wirtschaft, Erholung und Verkehr umweltfachlicher und umweltpolitischer Fragestellungen langfristig gesichert werden. Die Schwerpunkte des bereitgestellt. Bodenschutzes liegen auf der Umsetzung der rechtlichen sowie programmatischen Grundlagen. § 7 BBodSchG regelt in Verbindung mit §§ 9 ff. BBod- SchV die Vorsorge im Bodenschutzrecht. Die unteren Voraussetzung für die Beschreibung und Beurteilung Bodenschutzbehörden der Kreise und kreisfreien Städte von Böden, ihrer aktuellen Beeinträchtigungen und können Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Empfindlichkeiten sowie der Gefährdungspotenziale Bodenveränderungen treffen. Für den Bereich der ist eine genaue Kenntnis der Eigenschaften sowie der Landwirtschaft gilt nach § 17 BBodSchG die Vorsorge stofflichen und strukturellen Belastungen. Vordringlich bei Einhaltung der guten fachlichen Praxis als erfüllt. ist daher die Schaffung von Informations- und Beurtei- Außer durch das Bodenschutzrecht wird der Boden auch lungsgrundlagen, um die umweltpolitischen Ziele eines durch Regelungen anderer Fachgesetze zum Beispiel vorsorgenden Bodenschutzes wie auch die gesetzlichen aus den Bereichen Abfall, Düngung, Naturschutz, Anforderungen umsetzen zu können. Pflanzenschutzmittel, Immissionsschutz- und Baurecht geschützt. So müssen unter anderem die Bodenvorsor- • Ermittlung der Bodenverbreitung und des gewerte beim Aufbringen von Bioabfall und zukünftig Bodenaufbaues auch beim Klärschlamm beachtet werden. Nach der Die geowissenschaftliche Landesaufnahme umfasst GAP-Reform („Gemeinsame Agrarpolitik-Reform“) wird die systematische, flächendeckende Erkundung und die Agrarförderpolitik der Europäischen Union auch an Beschreibung des geologischen und bodenkund- Kriterien des Bodenschutzes geknüpft. Seit 2005 gelten lichen Aufbaues. Bei der Durchführung der geowis- als Teil des so genannten Cross Compliance neue Be- senschaftlichen Landesaufnahme wird neben der wirtschaftungsstandards zum Erhalt der landwirtschaft- aktuellen Erhebung im Gelände auf bereits vorhan- lich genutzten Flächen in gutem landwirtschaftlichen dene Daten zurückgegriffen. Dazu gehören neben den und ökologischen Zustand, die den Schutz des Bodens Daten aus dem Geologischen Landesarchiv vor allem vor Erosion sowie die Erhaltung der organischen Boden- die Daten der Bodenschätzung, die mittlerweile hoch substanz und den Schutz der Bodenstruktur betreffen. auflösend und digital für die gesamte landwirtschaft- Ein Erosionskataster, das alle landwirtschaftlich ge- lich genutzte Fläche Schleswig-Holsteins vorliegen. nutzten Flächen Schleswig-Holsteins nach ihrer Wasser- und Winderosionsgefährdung bewertet, befindet sich • Ermittlung der Belastungssituation zurzeit im Aufbau. (Bodenbelastungskataster) Im Rahmen des Projektes Bodenbelastungskataster Schleswig-Holstein (BBKSH) wurden systematisch an rund 1.400 Standorten Bodenmaterialproben ent- nommen und auf ihre Gehalte an anorganischen und 11
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Wasser Anforderungen aus der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie Mit der im Jahr 2000 erlassenen Europäischen Wasser- rahmenrichtlinie (EG-WRRL) wurden neue, einheitliche Instrumente in die Wasserpolitik eingeführt. Sie beinhal- ten insbesondere eine Bewirtschaftung der Gewässer, die sich auf das gesamte Flusseinzugsgebiet bezieht, und neben chemischen auch strukturelle und biologische Güteziele für die Gewässer. Im Hinblick auf die teilwei- se hohe Besiedlungsdichte, die intensive Landbewirt- schaftung, die vielfältige Nutzung und die strukturellen Veränderungen der Gewässer erfordert die Zielerrei- chung in Schleswig-Holstein erhebliche Anstrengungen. 13
Als wesentliches operatives Ziel wird den europäischen nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Mitgliedsstaaten das Erreichen eines guten ökologischen Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten in Zustandes für Oberflächengewässer und eines guten der Gemeinschaft geschaffen werden. chemischen und mengenmäßigen Zustandes des Grund- wassers vorgegeben. Auf der Basis einer vorläufigen Bewertung für ein poten- ziell signifikantes Hochwasserrisiko sind bis Ende 2015 Für künstliche und stark veränderte Gewässer lässt die Hochwasserrisikomanagementpläne für ausgewählte Richtlinie zu, dass lediglich ein gutes ökologisches Potenzial Gebiete zu erstellen, in denen angemessene Manage- entwickelt wird, wenn durch das Erreichen eines guten mentziele und Maßnahmen zur Zielerreichung dieser ökologischen Zustandes bestehende Nutzungen wie Richtlinie unter Berücksichtigung voraussichtlicher Aus- zum Beispiel die Schifffahrt, die Energiegewinnung, die wirkungen von Klimaänderungen auf das Auftreten von Wasserspeicherung für Trinkwasserzwecke oder die Ent- Hochwasser festgelegt werden. wässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen signifikant beeinträchtigt würden. Unter bestimmten Bedingungen Die Pläne sollen ganzheitlich alle Aspekte des Hochwas- kann die genannte bis 2015 gesetzte Frist maximal zwei- serrisikomanagements erfassen, wobei der Schwerpunkt mal um jeweils sechs Jahre verlängert werden. auf Vermeidung, Schutz und Vorsorge liegt. Schließlich kann die Unterstützung nachhaltiger Flächennutzungs- Details zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie methoden, zum Beispiel mittels raumordnerischer Fest- in Schleswig-Holstein werden unter legungen, ebenfalls in die Pläne einbezogen werden. www.wasser.schleswig-holstein.de bereitgestellt. Die Generalpläne Küstenschutz und Binnenhochwasser- schutz schaffen bereits heute die fachlichen verwaltungs- Anforderungen aus der Europäischen internen Rahmenbedingungen zur Umsetzung konkreter Hochwasserrichtlinie Maßnahmen zum Hochwasserschutz auf Landesebene. Hochwasser ist ein Naturereignis, das in unplanbaren Abständen und wechselnden Höhen auftritt und ein Bestandteil des natürlichen Wasserkreislaufs ist. Ziel Fließgewässer von Vorsorgemaßnahmen ist es, zukünftige Schäden Schleswig-Holstein wird von einem mehr als 30.000 km zu begrenzen oder von vornherein auszuschließen. Die langen Fließgewässernetz durchzogen. Es entwässert Hochwasservorsorge umfasst die Bauvorsorge, die Ver- jeweils etwa ein Drittel der Landesfläche direkt in die haltensvorsorge und die Risikovorsorge. Nordsee (4.565 km²), in die Elbe (5.978 km²) und in die Ostsee (5.303 km²). Vor diesem Hintergrund ist am 26.11.2007 die EG- Hochwasserrisikomanagementrichtlinie in Kraft getreten. Charakteristisch für schleswig-holsteinische Gewässer Durch deren Umsetzung soll zukünftig ein Rahmen für sind wegen der Nähe zu den beiden Meeren relativ die Bewertung und für das Management von Hochwas- kleine Einzugsgebiete, geringes Gefälle und kurze Fließ- serrisiken zur Verringerung der hochwasserbedingten strecken mit entsprechend geringen Sohlbreiten. Neben 14
ihrer Entwässerungsfunktion sind die Fließgewässer Steinen, Kies und Wurzeln, auch auf jahrzehntelanges Lebensraum für spezialisierte Tier- und Pflanzenlebens- Einleiten von Abwässern aus Kläranlagen und sonsti- gemeinschaften. gen Stoffeinträgen aus der Fläche verursacht worden. In den letzten 30 Jahren haben erhebliche Anstrengungen Im Zuge der vielfältigen Veränderungen der Landschaft im Bereich der Abwasserbehandlung dazu geführt, dass durch den Menschen in den vergangenen Jahrhunderten sich die Wasserbeschaffenheit deutlich erholt hat. Trotz- sind auch die Fließgewässer und der Charakter ihrer Ein- dem leiden die Fließgewässer immer noch unter dem zugsgebiete stark verändert worden. Insbesondere we- Verschwinden zahlreicher fließgewässertypischer Orga- gen ihrer entwässernden Funktion wurden sie in einem nismen, die sich ohne entsprechende Restbestände in sehr hohen Maße begradigt und vertieft, um die landwirt- den Gewässersystemen nicht neu ansiedeln können. schaftliche Nutzung zunächst überhaupt zu ermöglichen und nach und nach immer stärker zu optimieren. Dies Fußte in der Vergangenheit die Zustandsbewertung allein gelang gerade in einem Landschaftsraum mit überwie- auf der Beurteilung der Wasserinhaltsstoffe aus Abwas- gend überschaubar kleinen Gewässern und flachem sereinleitungen und ähnlich leicht abbaubaren Stoffen, so Land sehr gut. Der Gewässerausbau und die notwendige wurden seit Mitte der 1980er Jahre auch Bewertungs- Gewässerunterhaltung hatten allerdings zur Folge, dass methoden eingeführt, mit denen die morphologischen die Qualität als Lebensraum drastisch abnahm. Zurzeit Defizite in ihrer Auswirkung auf die biologische Besied- sind die meisten Fließgewässer als biologisch erheblich lung beurteilt werden können. Dazu wurde zunächst die verarmt zu bezeichnen. Untersuchung der wirbellosen Fauna eingeführt. Eine zu- sätzliche Erweiterung der Zustandsbewertungen erfolgte Dies ist neben dem Gewässerausbau und den nachfol- mit der Einführung der Wasserrahmenrichtlinie. Danach genden Defiziten an Strukturen, wie dem Fehlen von stehen nun zusätzlich Bewertungsmethoden für Fische, kleinräumig wechselnden Habitaten, wie Holzstrukturen, Wasserpflanzen (Makrophyten) und Algen zur Verfügung. Abbildung 2: Schleswig-Holsteinisches Gewässernetz (Kartengrundlage: LLUR) 15
Die Anwendung der neuen Methoden auf das nach der gigkeit bedarf es zahlreicher punktueller Maßnahmen, Wasserrahmenrichtlinie zu bewertende Gewässernetz um Abstürze im Fließgewässer für Fische und andere seit 2004 zeigt, dass jeweils 12–15 Prozent der Fließ- Wasserorganismen wieder durchgängig zu gestalten. gewässerabschnitte für die einzelnen Lebensgemein- schaften als gut zu beurteilen sind. Da es aber kaum Überschneidungen hinsichtlich der als gut bewerteten Seen Organismengruppen gibt und jeweils das schlechteste Schleswig-Holstein ist mit über 500 Seen und Teichen Ergebnis den Gesamtzustand bestimmt, sind nur ein wasserreiches Bundesland. Viele der Seen sind 3 Prozent der bisher untersuchten Gewässer in Schleswig- jedoch nicht in einem guten ökologischen Zustand und Holstein in einem guten ökologischen Zustand. entsprechen damit nicht den von der Wasserrahmen- richtlinie vorgegebenen Umweltzielen. Hauptproblem der Für das berichtspflichtige Gewässernetz ergibt sich meisten Seen des Landes sind zu hohe Nährstoffeinträge zurzeit folgendes Bild (Stand Juli 2009): Von den bewer- aus ihrem Einzugsgebiet und damit eine Eutrophierung teten Gewässern beziehungsweise Gewässerabschnitten (Überdüngung), die Auswirkungen auf alle Tiere und Pflan- sind etwa 3 Prozent bereits in einem guten ökologischen zen und auf die Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers Zustand, etwa 30 Prozent in einem mäßigen Zustand, haben kann. 40 Prozent in einem unbefriedigenden und 26 Prozent in einem schlechten Zustand. Mehr Informationen dazu In den 1980er Jahren waren die Nährstoffeinträge aufgrund sind unter www.wasser.schleswig-holstein.de zu finden. phosphorhaltiger Waschmittel und einer schlechteren Schmutzwasserbehandlung noch höher und die Seen Es ist beabsichtigt, im ersten der drei Bewirtschaftungs- noch nährstoffreicher als heute. Paläolimnologische zeiträume (bis 2015, bis 2021, bis 2027) der Wasserrah- Untersuchungen in schleswig-holsteinischen Seen haben menrichtlinie bei circa 30 Prozent der Fließgewässerab- gezeigt, dass zum Beispiel der Kellersee in Ostholstein schnitte Maßnahmen durchzuführen, um diese in einen um 1980 hoch eutroph war, während er sich heute in guten ökologischen Zustand zu überführen. einem schwach eutrophen Zustand befindet. Auch beim Stolper See wurden bis in die 1960er Jahre steigende Hierzu sind Maßnahmen in der Fläche erforderlich, um Phosphorwerte nachgewiesen, aktuelle Werte zeigen die Gewässerstruktur wieder naturähnlich zu entwickeln heute wieder einen nährstoffärmeren Zustand an. Dieser und den Stoffeintrag in die Gewässer zu reduzieren. Prozess der Verbesserung der trophischen Bedingungen Neben der Beratung im Hinblick auf eine stoffverlustarme reicht jedoch für die Erreichung der Ziele der Wasserrah- Landnutzung und Maßnahmen zur Einhaltung der Dün- menrichtlinie bisher nicht aus. geverordnung werden nur noch in Einzelfällen weiter- gehende Abwasserbehandlungen notwendig. Darüber Im Juli 2009 wurden 73 Seen mit einer mehr als 0,5 km² hinaus sind Optimierungen der Gewässerunterhaltungs- großen Seefläche anhand ihrer Lebensgemeinschaften maßnahmen erforderlich. Zur Entwicklung der Durchgän- und chemischen Komponenten gemäß WRRL bewertet. Ökologischer Zustand 400 350 300 Anzahl Wasserkörper 250 200 150 schlecht 100 unbefriedigend mäßig 50 gut 0 sehr gut Phytoplankon Makrophyten/ Makrozoobenthos Fische Gesamt Phytobenthos Abbildung 3: Ergebnisse der biologischen Untersuchungen der einzelnen Qualitätskomponenten (Stand 2009) 16
Dabei wurden nur 5 Seen als gut eingeschätzt: der Se- Küstengewässer und Meeresschutz lenter See, der Suhrer See, der Schluensee, der Schöh- Ein Schwerpunkt im Bereich Küstengewässer und see und der Stocksee. Ein Drittel der Seen befand sich Meeresschutz war in den letzten Jahren die Umsetzung in einem mäßigen Zustand, weitere 39 Prozent in einem der Anforderungen der EG-Wasserrahmenrichtlinie unbefriedigenden Zustand. Fünf Seen wurden als schlecht (Richtlinie 2000/60/EG, kurz WRRL). Danach sind die eingestuft (siehe Abbildung 4). Details dazu sind unter Küstengewässer ökologisch zu bewerten, zusätzlich www.wasser.schleswig-holstein.de einzusehen. ist eine chemische Bewertung vorzunehmen, die das gesamte jeweilige Meeresgebiet umfasst. Der gute 11 Gewässer (Seen, Speicherbecken, Lagunen) sind künst- Zustand muss für beide Bewertungssysteme bis zum lichen Ursprungs. Diese befinden sich ausschließlich an der 22.12.2015, spätestens jedoch bis 22.12.2027 erreicht Westküste. Bei sechs von ihnen ist das gute ökologische werden. Ein weiterer wesentlicher Schritt zur Verbes- Potenzial nach den heutigen Erkenntnissen bereits erreicht. serung des Zustands der Meeresumwelt wird durch die Umsetzung der EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Vordringliches Ziel ist die Verbesserung der Nährstoffsi- vom 17. Juni 2008 erreicht, die am 15. Juli 2008 in Kraft tuation in den Seen durch die Reduzierung insbesondere getreten ist (Richtlinie 2008/56/EG). Sie wird im marinen der Phosphoreinträge aus dem jeweiligen Seeeinzugsge- Bereich dort ansetzen, wo das bisherige Europäische biet. Als Entwicklungsmaßnahmen für Flächen zwecks Umweltrecht endet. Dies betrifft insbesondere die Stoffrückhalts kommen Nutzungsänderungen auf gewäs- WRRL, die Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) und die Vogel- sernahen Flächen wie zum Beispiel Umwandlung von schutzrichtlinie. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich damit Acker zu Grünland, Aufgabe oder Umleitung von Draina- ebenfalls auf die gesamten europäischen Meeresge- gen und Gräben in Betracht. Darüber hinaus bewirken die wässer und fordert dort den guten Umweltzustand. Die Neuwaldbildung und der Erosionsschutz auf Hangflächen Mitgliedstaaten sind aufgefordert, bis zum Jahr 2020 zum Beispiel durch Knickwälle quer zum Hang oder dieses Ziel in ihren Meeresgewässern zu erreichen und Mulden oder eine bodenschonendere Bewirtschaftungs- dazu in den einzelnen Meeresregionen eng zusammen- weise einen Rückhalt von Phosphor. Im Einzelfall ist eine zuarbeiten. weitere Optimierung der Abwasserreinigung wie zum Beispiel das Nachrüsten kleinerer Kläranlagen mit einer Alles, was im Einzugsgebiet der Flussgebietseinheiten Phosphat-Fällung oder der zentrale Anschluss von Haus- ins Gewässer eingeleitet oder eingetragen wird, landet kläranlagen sinnvoll. letztlich im Meer. So sind insbesondere die Einträge von Schad- und Nährstoffen aus den Flussgebietseinheiten Durch die Einleitung von Regenwasser von versiegel- und deren Reduzierung im Rahmen der Maßnahmenum- ten Flächen sind vor allem Seen in stärker besiedelten setzung der WRRL für den Schutz der Meeresumwelt Gebieten betroffen. Bei Einleitungen von verschmutztem von entscheidender Bedeutung. Denn es sind in erster Oberflächenwasser kann eine Behandlung im Regenklär- Linie die erhöhten Nährstoffeinträge aus den Flussein- becken die Stoffeinträge reduzieren. zugsgebieten, die dazu führen, dass sich die deutschen Küstengewässer heute in einem schlechten Zustand Weitere Aspekte wie die Wiederherstellung der Durch- befinden. gängigkeit zwischen den Seen und ihren Zu- und Ab- läufen für Fische sowie Veränderungen der Ufer durch Schon in der Vergangenheit wurden zum Teil umfas- Nutzungen oder infolge Röhrichtrückgangs müssen an sende Programme entwickelt und Maßnahmen ergrif- den betroffenen Seen wie dem Großen Plöner See und fen, um die Eutrophierung der Meeresgewässer zu anderen Schwentine-Seen bei der Erstellung von Rege- bekämpfen und Nährstoffeinträge zu reduzieren. nerationskonzepten berücksichtigt werden. Die Verände- rung des Salzgehaltes in Strandseen, deren Wasseraus- tausch mit der Ostsee durch Bauwerke verringert wurde, beeinträchtigt die typischen Lebensgemeinschaften 5 5 dieser ursprünglich mehr oder weniger brackigen 6 Gewässer. Hier ist im Rahmen der Regeneration der Seen der Wasseraustausch aus der Ostsee in Richtung 23 5 der Strandseen zu erhöhen, unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Seeanlieger. guter ökologischer Zustand Technische Maßnahmen zur Stabilisierung oder Regene- mäßig ration des Stoffhaushaltes in einem See – wie die interne unbefriedigend Phosphat-Fällung – sind höchstens in Einzelfällen und schlecht erst nach einer weitgehenden Sanierung des Einzugs- 29 gutes ökologisches gebietes und einer ausreichenden Reaktionszeit des Potenzial Gewässers zu erwägen. nicht gutes ökologisches Potential Nur ein Teil der schleswig-holsteinischen Seen kann in den nächsten 20 Jahren vollständig saniert beziehungs- Abbildung 4: Ökologischer Zustand der schleswig-holsteinischen weise restauriert werden. Seen (Stand 2009), Angaben in Anzahl Seen 17
Dazu gehört zum Beispiel die so genannte „Common Nährstoff- und Schadstoffbelastung, den seit geraumer Procedure“ des Oslo-Paris-Übereinkommens zum Schutz Zeit beobachteten Verlust der natürlichen Biodiversität der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR), nach sowie schifffahrtsbedingte Auswirkungen – und hier ins- der weite Teile der südlichen und östlichen Nordsee als besondere die Einschleppung gebietsfremder Arten, die Problemgebiete hinsichtlich der Eutrophierung eingestuft Emission von Schiffsabgasen und die illegale Einleitung wurden. Hinzu kommen die zumindest regional sehr um- von wassergefährdenden Stoffen. Zur Lösung dieser fangreichen Aktivitäten zur Sanierung von Kläranlagen. Probleme entwickeln die Meeresübereinkommen Pro- Der Eintrag aus Punktquellen konnte so in Deutschland gramme, Vorschriften und Empfehlungen, die gemein- drastisch gesenkt werden. Die Einträge aus anderen sam mit den Vertragsstaaten abgestimmt und dann offi- Quellen, insbesondere aus diffusen Quellen, sind oftmals ziell eingeführt werden. Diese Regularien sind jedoch oft jedoch noch zu hoch. national nicht rechtsverbindlich und haben daher meist nur politisch appellativen Charakter. Mit Verabschiedung Als Folge der überhöhten Nährstoffkonzentrationen von der EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) wird Stickstoff und Phosphor treten in den Küstengewässern die Arbeit der Übereinkommen jedoch einen höheren unverändert Eutrophierungsmerkmale auf, wie verstär- Stellenwert erhalten, da sie die Umsetzung der Richtlinie kte Mikroalgenkonzentrationen und -blüten, saisonale auf regionaler Ebene maßgeblich mitbestimmen werden. Sauerstoffmangelsituationen mit Tiersterben am Mee- Die HELCOM hat zu diesem Zweck bereits im November resboden und einer Verschlechterung des Lichtklimas 2007 einen so genannten Baltic Sea Action Plan entwi- bedingt durch erhöhte Wassertrübung mit Verlagerung ckelt, der zur Umsetzung der Richtlinie im Ostseeraum des Vorkommens von Makrophyten und Makroalgen beitragen und gleichzeitig Russland als Nicht-EU-Staat in in flache Bereiche. Dadurch haben sich die natürlichen diesen Prozess einbinden soll. Der Bund und die Küsten- Lebensgemeinschaften in der Wasserphase und auf der länder waren an der Abstimmung dieses Plans beteiligt Gewässersohle so verändert, dass der gute ökologische und werden auch bei dessen Umsetzung eng zusam- Zustand nach EG-WRRL in den Küstenwasserkörpern menarbeiten. HELCOM und OSPAR werden 2010 neue derzeit zum Teil nicht erreicht werden kann. Um dem –, Qualitätszustandsberichte für die Ostsee und den Nord- müssen die Einträge der Nährstoffe Phosphor und Stick- ostatlantik, einschließlich Nordsee, vorlegen, die weitere stoff deutlich reduziert werden. regionale Beiträge zur Umsetzung der Richtlinie sind. Die Arbeiten zur Umsetzung der WRRL begannen Eine wichtige Stütze all dieser Prozesse sind die Um- zunächst mit einer Bestandsaufnahme des Zustands weltbeobachtung und die Umweltüberwachung. Bereits der Gewässer und einer Anfangsbewertung hinsichtlich im Jahr 1980 wurde das so genannte Bund-Länder- potenzieller signifikanter Belastungen. Gleichzeitig wurde Messprogramm (BLMP) eingerichtet und seitdem immer der so genannte Interkalibrierungsprozess gestartet, mit wieder an neue Vorschriften und Rahmenbedingungen dem die Klassengrenzen zur Einstufung des Gewässerzu- angepasst. Im Januar 2009 hat Schleswig-Holstein für stands für die in der Wasserrahmenrichtlinie genannten drei Jahre den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft Bund/ chemischen und biologischen Qualitätskomponenten Länder-Messprogramm für die Meeresumwelt von Nord- einheitlich definiert werden sollen. und Ostsee (ARGE BLMP Nord- und Ostsee) übernom- men. Im Jahr 2007 wurde die „Expertengruppe Meer“ Zurzeit werden Bewirtschaftungspläne für die Flussgebiets- unter der Leitung Schleswig-Holsteins gegründet. Ihre einheiten erarbeitet. Sie sollen Maßnahmenprogramme Aufgabe ist es, die Meeresumweltüberwachung auf enthalten, mit denen die signifikanten anthropogenen nationaler Ebene zu koordinieren und das deutsche Mee- Belastungen eingedämmt und letztlich der gute Zustand resmonitoring entsprechend der aktuellen Vorgaben zu der Küstengewässer erreicht werden soll. Die Bewirt- modifizieren. Schwerpunkte sind dabei das Erfassen und schaftungspläne werden im Jahr 2009 vorliegen. Bewerten des Zustands der Meere, das Datenmanage- ment und die Qualitätssicherung der Daten. Die internationalen Meeresübereinkommen bilden die Grundlage für eine enge Zusammenarbeit der Anrai- nerstaaten, die sich bereits seit mehreren Jahrzehnten Nationalpark Wattenmeer für den Schutz der Meere einsetzen. Von Bedeutung Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sind hier vor allem das OSPAR- (www.ospar.org/) über reicht von der dänischen Grenze bis zur Elbe und ist in den Schutz des Nordostatlantiks und das Helsinki- zwei Schutzzonen eingeteilt. Das Ziel der deutschen Na- Übereinkommen (HELCOM: www.helcom.fi/) zum tionalparke lautet „Natur Natur sein lassen“, das Motto Schutz der Ostsee. Deutschland ist Vertragsstaat in der drei deutschen Wattenmeer-Nationalparke: „Meeres- beiden Übereinkommen. Aus diesem Grund engagiert grund trifft Horizont“. Der Erhalt der natürlichen Dynamik sich auch die Landesregierung Schleswig-Holsteins steht im Vordergrund der Schutzziele des Nationalparks. unter Federführung des Bundes in den Fachgremien Daher sind Nutzungen, die diese natürliche Dynamik er- der Übereinkommen und vertritt dadurch die Interessen heblich beeinträchtigen, reglementiert oder, wie die Jagd des Landes im internationalen Meeresschutz. Trotz der oder die Herzmuschelfischerei, verboten. Unzumutbare in vieler Hinsicht erzielten Erfolge der Übereinkommen Beeinträchtigungen der Interessen und herkömmlichen ist der gute ökologische Zustand der Nord- und Ostsee Nutzungen der einheimischen Bevölkerung sind zu gemäß den Kriterien der WRRL in weiten Teilen immer vermeiden. Jegliche Nutzungsinteressen sind mit dem noch nicht erreicht. Das betrifft die nach wie vor zu hohe Schutzzweck im Allgemeinen und im Einzelfall gerecht 18
abzuwägen. Nähere Informationen sind im Internet unter www.wattenmeer-nationalpark.de zu finden. Seit 1990 ist das schleswig-holsteinische Wattenmeer auch Biosphärenreservat nach dem Programm „Man and Biosphere“ der UNESCO, 2005 erweitert um die großen Halligen als Entwicklungszone. Darüber hinaus ist der Nationalpark Natura-2000-Gebiet, Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung nach dem Ramsar-Übereinkommen und Teil des von der Internatio- nalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) ausgewiesenen besonders empfindliches Meeresgebietes („Particularly Sensitive Sea Area“) „Wattenmeer“ sowie des OSPAR- Netzes von Meeresschutzgebieten und seit diesem Jahr auch Weltnaturerbe (siehe unten). Im Nationalpark Wattenmeer kommen ca. 3.200 Tierar- ten vor, 250 Arten sind endemisch, das heißt, sie kom- men nur in den naturnahen Salzwiesen vor. Das Watten- meer ist das vogelreichste Gebiet in Mitteleuropa und die zentrale Drehscheibe auf dem ostatlantischen Zugweg der Küstenvögel. 10 bis 12 Millionen Zugvögel machen hier jährlich Station. Im Nationalpark leben derzeit etwa www.waddensea-secretariat.org zu finden. Der neueste 6.400 Seehunde und mehr als 100 Kegelrobben, für Qualitätsstatusbericht (QSR 2004) wurde in Vorbereitung Schweinswale ist ein besonderes Walschutzgebiet west- auf die Trilaterale Regierungskonferenz 2005 veröffent- lich der Inseln Sylt und Amrum eingerichtet. licht. Zurzeit wird das TMAP an die Erfordernisse und Berichtspflichten der Richtlinien zu Natura 2000 und der Der Schutz des Nationalparks ist überregional zusammen Wasserrahmenrichtlinie angepasst. Eines der wichtigsten mit den Wattenmeer-Nationalparken in Niedersachsen Projekte der Trilateralen Wattenmeerkooperation war der und Hamburg in die „Trilaterale Kooperation zum Schutz Antrag auf Anerkennung des deutsch-niederländischen des Wattenmeeres“ zwischen Deutschland, Dänemark Wattenmeeres als Weltnaturerbe der UNESCO. Dieser und den Niederlanden eingebunden. Die Zusammenar- umfasste die beiden deutschen Wattenmeer-National- beit wird unterstützt durch ein Gemeinsames Watten- parke in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie meersekretariat (Common Wadden Sea Secretariat). das niederländische Wattenmeer-Schutzgebiet. Am Regelmäßige Regierungskonferenzen und Ministerer- 26.6.2009 stimmte das zuständige Komitee der UNESCO klärungen der verantwortlichen Umweltminister der drei dem Gemeinschaftsantrag zu und erkannte dieses Gebiet Staaten sind das Kernstück dieser Kooperation. als UNESCO-Weltnaturerbe an. Der Erhaltungszustand des Nationalparks wird im Rah- Der Nationalpark Wattenmeer ist einer der wenigen Orte men des Trilateralen Monitoring- und Bewertungspro- im dicht besiedelten Europa, an denen man noch „Wild- gramms (TMAP) sowie ergänzender Beobachtungen in nis“ erleben kann. Die Nordseeküste Schleswig-Holsteins Teilbereichen regelmäßig überprüft und in Berichten dar- gehört zu den beliebtesten Reisezielen in Deutschland. gestellt. Beim TMAP handelt es sich um ein integriertes, Die Westküste und der Nationalpark verzeichnen jedes gemeinsames Monitoringprogramm der Wattenmeerlän- Jahr zwei Millionen Übernachtungsgäste. Weitere 14 der Niederlande, Deutschland und Dänemark. Millionen Besucher wählen jährlich die Küste als Ziel für einen Tagesausflug. Die Nationalparkverwaltung arbeitet Das TMAP bezweckt: eng mit Touristikern zusammen. Mittlerweile gibt es in der Region insgesamt 75 Na-tionalpark-Partner von einer • eine wissenschaftliche Beurteilung des Zustands und Bahngesellschaft bis hin zu Gemeinden, Restaurants, der Entwicklung des Ökosystems Wattenmeer zu Hotels und Wattführern. Die Partner sind verpflichtet, ermöglichen, bestimmte Qualitätsstandards zu erfüllen. Jährlich mehr als eine Million Gäste nutzen die Angebote des National- • eine Bewertung des Umsetzungsstandes der parks. Damit ist der Nationalpark Motor für eine nachhal- trilateralen Ziele des Wattenmeerplans, tige Tourismuswirtschaft und eine Regionalentwicklung, die Mensch und Natur gleichermaßen nutzt. Bei den • Management-Maßnahmen als Konsequenz aus der Urlaubern ist das Thema Nationalpark durchweg positiv wissenschaftlichen Beurteilung vorzuschlagen. besetzt, und auch bei der einheimischen Bevölkerung werden inzwischen sehr hohe Akzeptanzwerte erreicht. Das TMAP besteht aus einem gemeinsamen Paket von Monitoringparametern, ergänzt um eine zugehörige Datenhaltung. Nähere Informationen sind unter 19
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